Eine bloße Zufuhr auf bestimmte Märkte wird aber nicht
hinreichen, um Überangebote zu vermeiden, weil jene Mengen,
die auf bestimmten Märkten nicht abgesetzt werden können,
im Handel neben dem Markt den Preis drücken werden. Übrigens
wird die Stabilisierung der Preise einen weitverzweigten Berichterstatterdienst
erfordern, eine Aufgabe, die ohne weiteres die landwirtschaftlichen
Organisationen erfüllen könnten. Vor allem müßten
wi rksame Vorkehrungen getroffen werden, um eine entsprechende
Beschickung der Märkte mit lebendem Vieh zu gewährleisten.
Das darf aber niemals zu einer Drosselung der Erzeugung, sondern
nur zu einer Lenkung der Erzeugung führen. Eine Rayonierung
des gesamten Viehverkehrs müssen wir energisch ablehnen,
weil hiezu nicht die organisatorischen Voraussetzungen gegeben
sind. Diese müssen erst geschaffen werden, indem man den
nationalen Genossenschaftsverbänden die Möglichkeit
gibt, entsprechende leistungsfähige Organisationen zu schaffen,
in denen ohne Rücksicht auf parteipolitische Machtverhältnisse
und Bindungen Erzeuger, Veredler, Verteiler un d Verbraucher vertreten
sind. Solange bei allen agrarpolitischen Maßnahmen nicht
der Gemeinschaftsgedanke entscheidet, sondern nur parteipolitische
Machtinteressen, also bei der hierzulande vorhandenen Parteigliederung
der Klassenkampf, werden Sie niemals zu einer gerechten Marktordnung
ko mmen, werden Sie niemals zu einem harmonischen Ausgleich der
widerstreitenden Interessen der Erzeuger, Verteiler und Verbrauch
er, werden Sie niemals zu volkswirtschaftlich gerechtfertigten
Preisen kommen.
Solange wird aber auch der Landwirt nicht den gerechten Lohn seiner
Arbeit einheimsen können. Daß sich durch solche auf
der Basis des Klassenkampfes erfochtene agrarpolitische Maßnahmen
die Landwir tschaft aus ihrer schweren Krise nicht erholen kann,
weil es eben nur halbe Maßnahmen sind, zeigt die Zunahme
der Verschuldung der Landwirtschaft seit dem Jahre 1934 bis einschließlich
1936 um 2211 Millionen Kè, das zeigt die Tatsache, daß
im Jahre 1936 allein 1 0.000 landwirtschaftliche Betriebe zwangsversteigert
wurden, wovon der größte Prozentsatz auf die sudetendeutschen
Gebiete entfällt. Ein Bereich ist es, dessen Ordnung und
Regelung in Anbetracht seiner überragenden Bedeutung in sozialer
und wirtschaftlicher Hinsicht nicht nur für die Landwirtschaft,
sondern für die Gesamtbevölkerung in umfassender Weise
in Angriff genommen werden müßte, das ist die Ordnung
der Milchmärkte; denn 70 % aller Einnahmen der klein- und
mittelbäuerlichen Betriebe fließen aus der Milchwirtschaft.
Der Gesamterzeugungswert der Milcherzeugung von 4 1/2 Milliarden
Liter stellt ei nen Betrag von 4 1/2 Milliarden Kè dar.
Sie stellt also manche Industrieproduktion weit in den Schatten,
ohne jedoch entsprechend gewürdigt zu werden, weil sich ihre
Erzeugung nicht in einer Riesenanlage, sondern in Millionen von
Kleinbetrieben vollzieht. Von dieser Milchmenge werden außerhalb
der landwirtschaftlichen Betriebe 1ÿ6 Milliarden Liter als
Frischmilch im Durchschnittswerte von 2880 Millionen Kè
verbraucht. Der Landwirt als Erzeuger erhält von diesem Betrag
nur 1200 Millionen Kè, während 1600 Millionen Kè
auf die Veredler und vor allem auf die Verteiler entfallen. Diese
ungeheuere Handelsspanne ist volkswirtschaftlich nicht zu rechtfertigen
und müßte gegen eine entsprechende Marktordnung geändert
werden. Seit dem Jahre 1934 stehen dem Herrn Landwirtschaftsminister
11 Verordnungen als gesetzliche Grundlagen zur Regelung der Milchmärkte
zur Verfügung. Aber fast gar nichts ist geschehen. Der Herr
Minister scheint sich hier an das geflügelte Wort: "Gebt
mir vier Jahre Zeit!" gehalten zu haben. (Veselost.) Denn
nur wenig Märkte wurden bis heute geregelt und viele keineswegs
zufriedenstellend. Denn genau so, wie Sie das Viehsyndikat, das
marktordnend wirken soll, zum Zwecke des Geldverdienens bestimmter
Parteiinstitutionen mißbrauchen lassen, genau so mißbrauchen
Sie die Regelung der Milchmärkte zum Nachteil der sudetendeutschen
Landwirtschaft und machen durch die Art der Handhabung der gesetzlichen
Möglichkeiten die in den Verordnungen enthaltenen guten Gedanken
zu schanden.
Das beste Beispiel hiefür bietet die im August des Vorjahres
getroffene Regelung des Karlsbader Milchmarktes, mit der auch
die Kontingentierung und die Einführung des Pasteurisierungszwanges
verbunden war. Diese Regelung brachte aber dem Landwirt weder
die Deckung der Gestehungskosten, noch die Sicherung des Absatzes
in dem für Karlsbad in Betracht kommenden Einzugsgebiet.
Der Bauer erhält heute, sofern er eine Milch mit 3.6 % Fettgehalt
liefert, nur 80 Heller, während die Gestehungskosten bei
einer Durchschnittsleistung von 2600 Liter pro Kuh jährlich
1 Kè bis 1.20 Kè betragen. Aber auch die Molkereien
können bei der geschaffenen Preisregelung nicht existieren.
Denn die Preisfestsetzung wurde ganz mechanisch nach der Mengenabnahme
getroffen, ohne die gute Verwertungsmöglichkeit der meisten
Großabnel er zu berücksichtigen. Sie haben die Gelegenheit
benützt, um eine große Zahl èechischer Milchkontrollore
nach Karlsbad zu entsenden, die aus deutschen Bauerngeldern gezahlt
werden. Aber was das untragbarste ist, sie haben die Regelung
bzw. Kontingentierung des Karlsbader Milchmarktes dazu mißbraucht,
um èechischen Molkereien, die weit ab vom natürlichen
Karlsbader Milcheinzugsgebiet liegen, Milchkontingente in einer
Höhe zuzuteilen, die nicht nur eine krasse Benachteiligung
der im engeren Einzugsgebiet liegenden und vollauf genügenden
Molkereien darstellt, sondern direkt jeder Raumordnung Hohn spricht,
weil die für Karlsbad benötigte Milch ohneweiters aus
dem engeren Einzugsgebiet aufgebracht werden könnte. Die
Marktordnun g soll ja die Verkürzung des Absatzweges vom
Erzeuger zum Verbraucher bringen. Sie haben aber den beiden weit
entferntliegenden èechischen Molkereien in Pröllas
bei Podersam und Laun, die ihr natürliches Absatzgebiet ganz
wo anders haben, mehrere tausend Liter täglich betragende
Kontingente zugeteilt und dadurch viele deutsche klein- und mittelbäuerliche
Betriebe um ihren Milchabsatz gebracht. Diese Kontingentzuteilung
wurde selbst vom Direktor des Ausgleichsfonds als ungerecht empfunden.
Ich will hier nicht die Rolle des zuständigen Ministerialrats
im Landwirtschaftsministerium näher kritisieren, aber vielleicht
kann uns der Herr Eisenbahnminister Bechynì darüber
Auskunft geben, warum sein Neffe, dem der Großgrundbesitz
und die Molkerei in Pröllas bei Podersam gehören, ein
so hohes Milchkontingent zugeteilt erhielt. Dabei hat diese Gutsverwaltung
noch die Frechheit, im deutschen Gebiet Werbeprospekte herumzuschicken
mit dem Titel "An die Bauern, Milchhändler und Hausfrauen
von Karlovy Vary, Doupov, Kadaò usw.", in denen sie
die Gegend von Bodenbach bis Eger, von Prag bis Pilsen als ihr
natürliches Absatzgebiet bezeichnet, in dem sie billig Milch
liefern kann, wahrscheinlich billiger als zu den amtlich festgesetzten
Preisen. Wir protestieren gegen diese Kontingentzuteilung an beide
èechischen Molkereien und verlangen ihre Streichung, weil
sie auch unsere Genossenschaftsmolkerei in Karlsbad schwer schädigt,
für deren Erhaltung die Bauern neuerlich hunderttausen de
von Kè geopfert haben. Gleichzeitig verlangen wir die Absetzung
der èechischen Milchkontrollore und ihren Ersatz durch
Deutsche. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.)
Ich will hier anschließend noch kurz das Margarineproblembehandeln.
Mit dem Gesetz Nr. 241/1937 wurde die Margarinesteuer erhöht.
Zur Beruhigung der Margarinefabriken wurde gleichzeitig der Fettbeimischungszwang
bei der Erzeugung von Kunstspeisefetten aufgehoben, den die Regierungsverordnung
Nr. 21/34 eingeführt hatte. Dadurch wurden mehrere Hundert
Waggons Schweinefett frei, die zufolge handelspolitischer Bindungen
aus den Staaten der Kleinen Entente eingeführt werden müssen.
Wenn nun schon der Zwang zur Einfuhr dieser Fettmengen gegeben
ist, um den ohnedies geringfügigen industriellen Export nach
diesen Ländern aufrecht zu erhalten, und man den Margarinefabriken
eine Beimischung von Schweinefett nicht zumuten will, dann muß
man wenigstens dauernd dafür Sorge tragen, daß dieses
Fett nicht zu einem Preise und in einer Weise auf den Markt geworfen
wird, die einen weiteren Zusammenbruch der Schweinepreise zur
Folge haben müßte. Auch hier müßte sich
das Viehsyndikat bzw. die zu schaffende Organisation als ein Instrument
zum Marktausgleich und zur Preisstabilisierung bewähren,
denn es ist unverständlich, warum der billige Einkauf in
einem anderen Staate sich zum Unheil und Ruin des eigenen Staates
auswirken muß. Meine Herren! Wir können allen Ihren
planwirtschaftlichen Maßnahmen deswegen kein Vertrauen entgegen
bringen, weil wir in ihnen keinen richtigen Ordnungsgedanken,
kein System entdecken können, wir können nur ein System
erkennen, die sudetendeutsche Landwirtschaft zu benachteiligen.
Die sudetendeutsche Bauernschaft hat zwar die Festpreisregelung
in der Getreidewirtschaft begrüßt. Wir haben aber schon
immer darauf hingewiesen, daß solche Versuche halb autoritärer
Regelungen in der Wirtschaft nur dann möglich sind, wenn
sie das Vertrauen aller daran Beteiligten genießen. Leider
kann man dies auch von der heutigen Getreidewirtschaft nicht behaupten.
Zwar wurden durch die letzte Regelung die gröbsten Mängel
beseitigt. Es wurde das Preismißverhältnis der einzelnen
Getreidearten gemildert, das auf nationalegoistische Motive zurückzuführen
war. Es wurden die Preisabzüge bis auf Weizen beseitigt,
das Ausfuhrverbot behoben, dafür wurde aber eine straff zentralisierte
Zuteilung von Mahlgetreide eing führt. Aufrecht erhalten
blieb die Zurücksetzung der deutschen Landwirtschaft in der
Verwaltung der Getreidegesellschaft, obzwar es gerade der ungeheueren
Leistung der deutschen Genossenschaftskommissäre zu danken
ist, daß trotz der nationalen Störungsversuche von
èechischer Seite die Ordnung im Getreideabsatz aufrecht
erhalten werden konnte. Aufrecht erhalten blieb aber die bürokratische
Führung der gesamten Getreidewirtschaft durch rein parteimäßig
zusammengesetzte Verwaltungsräte. Auch in diesem Sektor ist
diese parteimäßig gestaltete Zusammensetzung von größtem
Nachteil, weil sie für die Beschlußunfähigkeit
des Präsidiums als veran twortlich bezeichnet werden muß.
Ich will hier nur auf die dadurch hervorgehobenen Übelstände
im Gerstenexport hinweisen.
Bekanntlich wird die Frage des Gerstenexports im August jedes
Jahres angeschnitten, da die ausländischen Käufer sich
schon in dieser Zeit für das Geschäft zu interessieren
beginnen. Die politischen Geschäftemacher im Präsidium
der Gesellschaft konnten sich nun über die Anteilung der
Exportquoten nicht einigen. Auch die Regierung hat sich vollkommen
unfähig gezeigt, derartige schwerwiegende Entscheidungen
rasch zu fällen. Der normale Ablauf des Gerstenexports wurde
dadurch schwer gestört. Nach viermaliger Entscheidung wurde
endlich die Ausfuhrquote festgesetzt, und es wäre sehr zu
verwundern gewesen, wenn dabei nicht wiederum eine Benachteiligung
der sudetendeutschen Landwirtschaft herausgekommen wäre,
indem auf deren Ancienität gar keine Rücksicht genommen
wurde. In der Zwischenzeit haben sich aber die ausländischen
Käufer anderweitig eingedeckt, andere Staaten haben die Geschäfte
gemacht. Bei uns aber sind 7000 bis 9000 Waggons Gerste unverkäuflich
liegen geblieben. Statt 5000 Waggons sind nur 2000 Waggons Gerste
abgesetzt worden. Die Kommissionäre der Getreidegesellschaft
haben sich auf Grund der Erfahrungen des Wirtschaftsjahres 1936/37
- damals war bekanntlich ein fühlbarer Gerstenmangel - auf
einen größeren Gersteneinkauf eingerichtet, weil sie
selbstverständlich mit ungefähr gleichen Expo rtmengen
rechneten wie im Vorjahre. Kein Kommissionär war in der Lage,
Gerste zum normalen Preis zu kaufen, sondern es mußten die
sogenannten Qualitätszuschläge in der Höhe von
15 Kè gezahlt werden. Wenn Präsident Feierabend dieses
Vorgehen der Kommissionäre als Spekulation bezeichnet, müssen
wir ihm widersprechen, denn die Kommissionäre haben den Bauern
so viel als möglich zu bezahlen, solange sie diesen Preis
beim Verkauf wieder erwarten können. Das wäre bei einem
no rmalen Export möglich gewesen, den aber die Getreidegesellschaft
und die Regierung verhindert haben. Jetzt versucht man zum Schaden
der Kommissionäre die Gerste ohne Monats- und ohne Qualitätszuschläge
den hiesigen Brauereien abzugeben. Ein solches Vorgehen muß
das Vertrauen in die Führung der Getreidegesellschaft untergraben.
Wir. verlangen daher von der Getreidegesellschaft, daß sie
den Kommissionären die geleisteten Zuschläge bis zur
Höhe von 15 Kè vergütet.
Eine ähnliche Kritik an der bürokratischen Verwaltung
muß ich vom Standpunkt der Müller vorbringen. Es ist
unverständlich, daß bei Roggenanforderungen den Müllern
Anweisungsscheine für Kommissionäre zugehen, die längst
keinen Roggen mehr haben. Das müßte ja doch die Getreidegesellschaft
aus den regelmäßig eingehenden Berichten wissen. Es
scheint dies also entweder auf eine heillose Unordnung oder auf
eine gewisse Bevorzugung bestimmter Kommissionäre hinzudeuten.
(Posl. May: Auf Beides.) Denn andererseits müssen
die Müller feststellen, daß bei den in ihrer nächsten
Nähe liegenden Kommissionären Korn lagert, für
welches allerdings von der Getreidegesellschaft ke ine Anweisungen
und kein Anweisungsschein zu erlangen ist. Man führt also
den Roggen durch falsche Kontingentzuteilung ebenso spazieren
wie die Milch bei der Milchabsatzregelung in Karlsbad.
Bei den fast 19 Millionen Kè betragenden Personalausgaben
dürften wohl alle Beteiligten verlangen können, daß
die Durchführung reiner Verwaltungsangelegenheiten reibungslos
vor sich geht. Daß dies nicht der Fall ist, scheint allerdings
auch darin zu liegen, daß auch in der Getreidegesellschaft
der Schlüsselanteil an deutschen Beamten nicht eingehalten
ist. Wird fordern daher auch hier energisch die Einführung
einer Sektion, die einzig und allein von deutschen Beamten geleitet
wird, einer Sektion, die für die Zus ammenarbeit mit dem
sudetendeutschen Genossenschaftswesen (Potlesk poslancù
strany sudetskonìmecké), mit den sudetendeutschen
Mühlen und mit dem sudetendeutschen Getreidehandel zuständig
ist.
Meine Herren, das gleiche Bild bietet sich in der Kartoffelwirtschaft,
jenem Erzeugungszweig, der für unsere Gebirgslandwirte einer
der wichtigsten ist. Auch h ier müssen wir feststellen, daß
die sudetendeutsche Landwirtschaft sowohl bei der Verwertung von
Speisekartoffeln als auch im Wi rtschaftskartoffelabsatze ungemein
stark bena hteiligt wird. Die Sperre des Großteils des sudetendeutschen
Siedlungsraumes zum Schutz gegen den Kartoffelkrebs beraubt den
deutsch en Kartoffelbauer des Absatzes im freien Gebiete, dabei
sperrt man die Einfuhr krebsimmuner Sorten aus Deutschland, obzwar
wir hier selbst nicht genügend erzeugen. Dagegen aber bewilligt
das Landwirtschaftsministerium verwunderlicherweise die Einfuhr
von Saatkartoffeln aus Französisch-Marokko. Diese Maßnahme
ist um so verwunderlicher, als bekannt sein dürfte, daß
gerade aus Marokkodie gefürchtete Maul- und Klauenseuche
nach Europa eingeführt wurde, jene Seuche, die Sie in letzter
Zeit auch dazu benutz haben, um der sudetendeutschen Partei Versammlungen
zu verbieten. Ich will hier einflechten, daß auch hier seitens
des Landwirtschaftsministeriums nichts getan wurde, um an den
Aufkauf der erkrankten Tiere und an die Konservierung der notgedrungen
geschlachteten Tiere heranzutreten und dies sicherzustellen. Ich
verweise hier auf die von meinem Koll. Ing. Schreiber und
mir eingebrachten Anträge, deren rascheste Verwirklichung
ich hier fordere.
Der Vollständigkeit halber muß ich auch erwähnen,
daß bei der vom Fürsorgeministerium eingeleiteten Kartofffelernäh
rungsaktion drei Viertel der deutschen Bezirke übergangen
wurden. Aus èechischen Bezirken wurden ungenießbare
Futterkartoffeln in deutsche Gebiete verfrachtet, die selbst Überfluß
an Kartoffeln hatten. Die Verwertun g der Wirtschaftskartoffeln
in den entsprechenden wirtschaftlichen Industriezweigen ist den
sudetendeutschen Bauern so gut wie verschlossen. Die bestehenden
Spiritusbrennereien und Stärkefabriken liegen fast durchwegs
im èechischen Siedlungsgebiet. Neugründungen solcher
Industriebetriebe bedürfen der Bewilligung des Handels- und
des Finanzministeriums. Nun sind solche Bewilligungen zur Errichtung
von deutschen Genossenschaften überhaupt nicht zu erreichen.
Es ist daher nicht zu verwundern, daß den 169 èechischen
Brennereien nur 5 deutsche gegenüberstehen. Die Beteiligung
der deutschen Seite beträgt daher nur 3%. Es ist dies ein
Mißverhältnis, wie es nur noch auf wenigen Gebieten
der sudetendeutschen Wirtschaft vorkommt. Die Bewilligung ist
auch heute zur Errichtung neuer Genossenschaftsbrennereien nicht
zu erreichen, obzwar die gesetzliche Möglichkeit insofern
gegeben wäre, als das Höchstkontingent von 1,035.000
hl überschritten und das Erzeugungskontingent seitens des
Finanzministeriums für 1938 um 120.000 hl erhöht wurde.
Sie nehmen sich hier die Ausrede, daß auf die Kapazität
der bestehenden Brennnnereien Rücksicht genommen werden müsse.
Wenn aber dieselbe Brennerei bei einem niedrigeren Kontingent
bereits rationell arbeiten konnte, um so mehr muß es jetzt
der Fall sein, wo dieses Kontingent bedeutend erhöht wurde.
Aber Sie haben es z. B. zustande gebracht, ohne Rücksicht
auf die Kapazität der deutschen Margarinefabriken, ohne Rücksicht
auf deren rationelle Erzeugu g, ohne Rücksicht auf den Regionalbedarf,
ohne Rücksicht auf die Arbeitslosigkeit, im deutschen Gebiete
bzw. auf die dadurch geschwächte Kaufkraft der Bevölkerung
durch die Margarinekontingentierung die Vorrangsstellung der deutschen
Margarineindustrie zu zerschlagen und ihren Anteil an der Erzeugung
auf ein Minimum herabzusetzen.
Ich will hier nur auf die Zahlen, die ich von der Handels- und
Gewerbekammer Reichenberg zur Verfügung gestellt bekommen
habe, hinweis en. Diese Eingabe der Handels- und Gewerbekammer
Reichenberg stellt fest, daß in den Margarinebetrieben des
Kammersprengels Reichenberg noch im Jahre 1932 62.6% der gesammten
Erzeugung an Margarine und Kunstspeisefett hergestellt wurden.
Durch die Kontingentierung ist dieser Anteil im Jahre 1936 auf
40.2 % zurückgegangen. Im Jahre 1937 hat sich dieser Anteil
um weitere 2% verschlechtert.
Und, sehen Sie, meine Herren, wenn man mit den gleichen Argumenten
Spirituskontingente für Westböhmen oder Deutschmähren
fordert, so werden diese Forderungen ohne Rücksicht auf die
volkswirtschaftliche Notwendigkeit zur Errichtung von Spiritusbrennereien
im deutschen Gebiete abgelehnt u. zw. deshalb abgelehnt, weil
die Spiritusindustrie eine Domäne der èechischen Parteien
ist und bleiben soll. So z. B. warten seit vielen Jahren auf die
Bewilligung zur Erri chtung einer Brennerei die genossenschaftlichen
Spiritusbrennereien der Iglauer Sprachinsel in Schlappens und
in Wilenz, ferner d ie Brennereigenossenschaften in Hof, Odrau,
Bautsch, Tepl, Kosterschlag, Schamers, Fulnek, Hotzenplotz, Rolenz
bei Zlabings und Stadt-Olbersdorf.
Wir müssen uns weiter vor Augen halten, daß Sie auch
den sudetendeutschen Waldbesitz durch die Bodenreform, für
die wir das unverjährbare Recht auf Wiedergutmachung geltend
machen, dezimiert haben. Nicht genug damit, versuchen Sie diesen
Waldbesitz durch Belastung des Exportes von Rund- und Schleifholz
aus den den historisch en Ländern mit Exportgebühren
zu schädigen, um auf der anderen Seite den Staatsforsten
eine bevorzugte Stellung einzuräumen. Wir müssen ferner
daran denken, daß Sie durch die vom Landwirtschaftsministerium
eingebrachten Statuten eine Zwangsorganisation der Hopfenbauern
zu gründen beabsichtigen, die das Ende der heutigen deutschen
Hopfenbausektion bedeutet. Denn die im Entwurf des Landwirtschaftsministeriums
niedergelegten Rechte sind so bescheiden, der Wirkungskreis für
die deutsche Sektion ist so beschränkt, die Rechtsbasis eine
so unsichere, daß wir diesen Entwurf auf das Entschiedenste
ablehnen müssen. Wir fordern ein Statut, in dem die wichtigsten
Rechte und Pflichten der deutschen Hopfenbausektion genauestens
festgelegt sind und verlangen deshalb die Aufrechterhaltung der
bestehenden Sektion bzw. die Schaffung eines selbständigen
deutschen Verbandes. Diesem Verbande muß bei Einführung
von Hopfenverkaufskontingenten auch die Festsetzung solcher Kontingente
gemäß der von ihm betreuten Fläche überlassen
bleiben, denn sonst müssen wir auch bei der Einführung
dieser Hopfenverkaufskontingente genau den gleichen Mißbrauch
befürchten, wie wir ihn bei der Milchkontingentierung auf
dem Kalsbader Milchmarkte erlebt haben.
Überall sehen wir das gleiche Bild. Überall treten uns
die gleichen Absichten entgegen. Auf Grund unserer bisherigen
Erfahrungen und angesichts der drohenden Gefahren, die in den
verschiedenen Plänen des Herrn Landwirtschaftsministers liegen
- ich will hier nur auf den Kolonisationsfond hinweisen, muß
ich die gleiche Frage stellen, die Herr Koll. Hampl in
der außenpolitischen Debatte an uns gestellt hat: Glauben
Sie denn, meine Herren auf der èechischen Seite, Ihnen
ist alles erlaubt? Die Zeiten, in denen das der Fall war, sind
endgültig vorüber. Wenn Sie einen Beitrag zur Befriedung
leisten wollen, so muß ich Ihnen auch vom bäuerlichen
Standpunkt zurufen: Lassen Sie ab von der weiteren zentralistischen
Bürokratisierung im agrarpolitischen Bereich! Lassen Sie
ab von einem Zentralismus, der die regionalen Bindungen zwischen
Erzeugung und Verbrauch zerreißt, statt sie zu hegen und
zu pflegen. Weil aber auch im agrarpolitischen Sektor Ihr Bestreben
deutlich erkennbar ist. alle planwirtschaftlichen Maßnahmen
zur Benachteiligung des Sudetendeutschtums zu mißbrauchen,
müssen wir mit besonderem Nachdruck nicht nur die Berücksichtigung
der nationalen Verhältnisse in diesem Staate verlangen.