Ètvrtek 3. prosince 1936

Wir verlangen in diesem Zusammenhang auch, daß die Kollektivverträge endlich einmal gesetzlich geregelt werden und daß darüber hinaus die Mindestlohngesetzgebung endlich durchgeführt werde. Denn der heutige Zustand ergibt, daß der unsoziale Unternehmer es bisher ablehnte, im Betriebe mit der Arbeiterschaft zu verhandeln, es ablehnte Lohnverträge mit der Arbeiterschaft einzugehen, Löhne nach Belieben festsetzen konnte und der Arbeiter hatte kein Recht, sich dagegen zu wehren. Wir fordern deshalb, daß eine klare gesetzliche Regelung der ganzen Frage der Kollektivverträge und durch die Verbindlichkeitserklärung der Kollektivverträge endlich einmal Abhilfe geschaffen wird. Weiters ist es notwendig, daß die regionalen Lohnunterschiede verschwinden und an ihre Stelle eine Mindestlohngesetzgebung tritt, wobei ich keineswegs die heutige Stabilisierung des Lohnelends gutheiße, im Gegenteil, ich betone nochmals, wir fordern die Erhöhung der Löhne. Der Arbeiter hat ein Recht auf den gerechten Anteil seiner Arbeit und nicht wie bisher, daß er einfach mit jenen Schundlöhnen, die der Unternehmer festsetzt, zufrieden sein muß. Deshalb verlangen wir die sofortige Vorbereitung der Herausgabe eines Mindestlohn- und Kollektivvertragsgesetzes sowie die Errichtung von Schieds- und Einigungsämtern, für die Zwischenzeit die Erweiterung der Rechtsverbindlichkeit der Kollektivverträge für alle Industriegruppen. Es ist in Friedland, Rumburg und Reichenberg schon lange der Beschluß gefaßt worden, daß der Kollektivvertrag für verbindlich erklärt werden soll. Die gesetzliche Frist ist verstrichen, es sind weit über 70% der Arbeiterschaft dafür und bis heute hat man noch mit keiner Wimper gezuckt. Dieser Zustand muß endgültig abgeschafft werden.

In diesem Zus ammnmenhang muß auch das Überstundenwesen - ich möchte sagen Überstundenunwesen - eine Regelung finden. In dem letzten Jahre wurden 318.320 Überstunden geleistet und bewilligt; von diesen wurden nicht weniger als 235.264 im èechischen und slovakischen Gebiete gearbeitet. Den Hauptanteil aber der Überstunden hat die Schwerindustrie, d. h. die Maschinenindustrie, die im letzten Jahre 131.598 Überstunden geleistet hat, wovon auf das deutsche Gebiet ganze 240 Stunden entfallen.

Ebenso ist es mit der Arbeitsvermittlung. Das Gesetz über die Arbeitsvermittlung, das am 1. Oktober in Kraft getreten ist, kann von der Sudetendeutschen Partei nicht gutgeheißen werden, denn es sind die Voraussetzungen für die unparteiliche Handhabung dieses Gesetzes nicht gegeben. Der § 3, Abs. 2 ist eine Bestimmung, die einfach willkürlich ausgelegt werden kann. Es ist geradezu eine Fußangel bei der Auswahl der Kräfte. Dabei beruft sich aber das Gesetz noch darauf, daß in erster Linie Anspruch auf Arbeit derjenige hat, der im Genuß des Genter Systems oder im Genuß einer staatlichen Unterstützung ist und nicht der schon jahrelang arbeitslos, aus jeder Unterstützungsaktion ausgeschaltet ist, der Kinder und auch eine Familie zu Hause hat. Der hat in erster Linie Anspruch auf Arbeit und wenn heute die Pflicht auf Arbeit auferlegt wird oder wenn die maßgebenden Herren sich damit befassen, so ist ebenso das Recht auf Arbeit für den deutschen Arbeiter festzulegen. Daher muß auch die Bewilligung und Weiterführung der Stellenvermittlung nach § 6 grundsätzlich allen Organisationen zuerkannt werden, die sich darum bewerben. Es muß auch hier der Grundsatz der Gleichberechtigung zum Ausdruck kommen. Ebenso darf die Arbeitsvermittlung niemals irgendwelchen Nationalisierungsbestrebungen dienen. Gegen alle Nationalisierungsbestrebungen muß energisch eingeschritten werden und es darf nicht vorkommen, daß zum Beispiel der Verband der Werkmeister und Angestellten der Textilindustrie in Náchod in seinen Mitteilungen Werkmeister für die Firma Pollak in Fulnek sucht, welche die deutsche Sprache beherrschen müssen, da die Stadt deutsch ist und es daran liegt, èechische Bewerber unterzubringen. Ebenso darf es nicht vorkommen, daß man bei der Auswahl der Arbeiter die Gendarmerie heranzieht, wie das zum Beispiel beim Bau der Staatsstraße Pilsen-Karlsbad der Fall gewesen ist. Ebenso ist es auch nicht gutzuheißen, daß sich insbesondere jene chauvinistischen Grenzlerverbände draußen in unserem deutschen Gebiet der Arbeitsvermittlung annehmen. Sie haben auch kein gesetzliches Recht dazu. Wir haben jetzt zum Beispiel in Brandau einen Fall gehabt, wo man Arbeiter, die schon jahrelang bei der Firma F. A. Lange, Metallwerke in Grünthal beschäftigt waren, infolge Rückgangs der Konjunktur entlassen hat und jetzt, wo wieder in der Schwerindustrie und namentlich in der Rüstungsindustrie Hochkonjunktur eingetreten ist, stellt man Arbeiter wieder ein, aber nicht die Arbeiter, die jahrelang in diesem Betrieb gearbeitet haben, sondern nimmt Arbeiter aus èechischem Gebiet, die keine Ahnung von den Metallarbeiten haben, und berücksichtigt nicht die Arbeiter, die ein Recht dazu hätten. Gegen dieses Vorgehen müssen wir ganz energisch protestieren. Wir verlangen auch die sofortige Entlassung aller dieser Arbeiter, die in den letzten 6 Wochen bei der Firma F. A. Lange angestellt wurden und die Einstellung jener Arbeiter, die ein Recht darauf haben, bei dieser Firma Arbeit zu erhalten. Aber hier wirkt sich nicht nur die Arbeitsvermittlung, sondern auch das Staatsverteidigungsgesetz mit aus. Dieser Betrieb ist vor kurzer Zeit in èechisch-jüdische Hände übergegangen, ist demnach ein staatswichtiger Betrieb geworden und man hat nun ein Interesse daran, zuverlässige Staatsbürger in diesem Betriebe zu beschäftigen, und die unzuverlässigen stellt man einfach nicht ein. Hier wirkt sich das Staatsverteidigungsgesetz, insbesondere jener § 21 aus, der von uns unter keinen Umständen gutgeheißen werden kann. Ich habe keine Absicht, hier das Staatsverteidigungsgesetz zu kritisieren, denn wir haben unsere Stellungnahme dazu bereits genügend klar bekanntgegeben. Aber eines stelle ich hier fest, daß die deutschen Arbeiter und Angestellten weder staatlich unzuverlässig sind, noch bilden sie in anderer Weise eine Gefahr für den Staat. Sie kämpfen um nichts anderes als um ihr Recht und wir Deutschen haben ein Recht, diesen Kampf durchzuführen, weil es eben ein soziales Unrecht ist. So wie wir auf dem Boden dieses Staates stehen und seine Lebensbedürfnisse bejahen, so muß der Staat den Lebensbedürfnissen der Arbeitnehmer der deutschen Minderheit Rechnung tragen.

Bei dieser Gelegenheit muß ich auf ein Problem verweisen, das im deutschen Gebiet besonders aktuell ist, nämlich auf die aus verschiedenen Ursachen erfolgten Betriebsstilllegungen und Industrieverschleppungen in das bisherige Kundenland oder auch in das èechische Gebiet. Auch sie sind eine weitere Anklage gegen die Rationalisierungs- und Nationalisierungsbestrebungen. Aus den hunderten und tausenden Fällen will ich nur das Elend von Rothau und den Kampf der Mauthner-Arbeiter in Grünwald herausgreifen, aber auch feststellen, daß der Kampf der Arbeiter mit gesetzlichen Mitteln um den Arbeitsplatz durchaus unzureichend ist und die Verordnungen über Betriebsstillegungen und Massenentlassungen gleichfalls nur unzureichenden Schutz gewähren. Insbesondere hat sich das beim Kampfe gegen die Verlegung des Betriebes der Apollo-Mineralöl-Raffinerie A. G. von Mähr. Schönberg nach Preßburg gezeigt, wo trotz der Erschöpfung aller gesetzlichen Mittel infolge des Dividendenhungers französischen Kapitals über 100 Menschen geopfert wurden.

Ich verweise in diesem Zusammenhange auch auf die Auswirkungen des Banken- und Kartellwesens und führe als Beispiel das Abkommen der Verkaufsstelle der èechoslovakischen Eisenwerke mit der Firma "Stefanauer und Zöptauer Eisenwerke" an, die für eine Betriebsstillegung von 10 Jahren eine Abfindung von 4 Millionen erhalten haben. Dadurch wurden in diesem Eisenwerk mehr als 1000 Menschen arbeitslos. Bedenken Sie, meine Herren, mit welchen Mitteln man hier zu Lande vorgeht. Einzig und allein die Profitgier und die Kapitalssucht ist es, die mit zum Teil die Not im sudetendeutschen Gebiet verursacht. Man soll uns nicht kommen und sagen, daß daran die Wirtschaftskrise schuld ist. Jawohl, wir wissen, daß diese Wirtschaftskrise eine in der Geschichte der Menschheit beispiellos dastehende Ausplünderung der Menschen ist, aber darüber hinaus wissen wir, daß besonders die Not im deutschen Gebiet auf die ungleiche Verteilung der Guter in unserem Staate hinzielt. Ebenso ist es mit den Betriebsverlegungen ins èechische Gebiet aus nationalen Gründen. Es gehört zu den bedauerlichsten Erscheinungen im nationalen Wirtschaftskampf, daß Betriebe im sudetendeutschen Siedlungsraum stillgelegt und Betriebe im èechischen Gebiet errichtet und in Gang gesetzt werden. Die Gardinenfabrik Pacovský & Co. in Bautsch wurde 1934 infolge Konkurses stillgelegt. Die Proßnitzer Konfektionsfirma Sborowitz und Söhne, bekannt als Kleiderhaus "Sbor", setzte das Unternehmen, das sie bei der exekutiven Versteigerung erworben hatte, nicht mehr in Gang, sondern verkaufte das Fabriksgebäude an den Zentralverband der landwirtschaftlichen Genossenschaften für Lagerhauszwecke, um dadurch die Wiederinbetriebsetzung der Fabrik nicht mehr zu ermöglichen.

Weiter ist der Kampf um den deutschen Arbeitsplatz in den öffentlichen Diensten ebenso ein Kapitel, das uns berechtigt zu sagen, daß wir nicht gleichberechtigt behandelt werden, denn fast noch krasser als in der Privatindustrie tritt die Benachteiligung des deutschen Elements in den staatlichen Diensten in Erscheinung und aus der ungeheueren Materialfülle über Disziplinierungen deutscher Staatsangestellter, Lehrer usw., will ich wiederum ein Beispiel herausgreifen, das der Disziplinierung deutscher Tabakarbeiter in St. Joachimsthal und in Landskron, die ganz besonders krasse Fälle ungerechter Beurteilung und Verurteilung darstellen. In St. Joachimsthal wurden einfach wegen Zugehörigkeit zur deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei und wegen der Kandidatur auf deren Listen, also infolge Ausübung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten, ein Tabakarbeiter auf 3, ein anderer auf 2 Jahre und eine Arbeiterin auf immer bei Verlust ihrer Pensionsansprüche von der Arbeit ausgeschlossen. Nicht viel anders ist es in Landskron. Dort wurde deutschen Tabakarbeitern und Arbeiterinnen ein Disziplinarverfahren angehängt, weil diese eben Mitglieder der aufgelösten nationalsozialistischen Arbeiterpartei waren. Es waren 15 Beschuldigte und in allen diesen Fällen konnte nicht ein einziger konkreter Tatbestand erbracht werden, aber sie wurden zum Ausschluß auf 6 Jahre, 5 Monate und 13 Tage Gesamtdauer verurteilt. Trotz dieser offensichtlichen Fehlentscheidung der Disziplinarkommission ist ein eingebrachtes Gnadengesuch bis heute unerledigt geblieben.

Weiter ist auch die Ben chteiligung der Deutschen im Staatsdienste ein unerhörtes Unrecht, von Tag zu Tag werden immer mehr deutsche Angestellte aus dem Staatsdienst entfernt und durch èechische ersetzt. Diese Èechisierung wird auf èechischer Seite, wie schon Abg. Kundt im Ausschuß gesagt hat, mit der mangelnden Vertrauenswürdigkeit begründet. Gegen dieses machiavellistische Schlagwort müssen wir uns mit aller Schärfe wenden, denn es geht nicht an, daß man einfach nur aus Gründen der staatlichen Unzuverlässigkeit, die nirgends gegeben ist, die deutschen Staatsangestellten aus dem Staatsdienste entfernt. Man hat doch von hoher und höchster Stelle zu wiederholtenmalen von Gerechtigkeit und gerechter Arbeitsverteilung gesprochen und sie auch in Aussicht gestellt. Den deutschen Arbeitern und Unternehmern wurde ein gerechter Anteil an den Arbeitsund Erwerbsmöglichkeiten zugesagt. Wie aber die untergeordneten Behörden diese Zusicherungen auslegen, beweist folgende Begebenheit. Beim Bau der Staatsstraße Wallern-Prachatitz wurden zwar deutsche Arbeiter eingestellt, aber trotz der anbefohlenen 40 Stundenwoche arbeiteten die èechischen Arbeiter 80 Stunden und mit einem viel höheren Lohnsatz als die deutschen Arbeiter. Daraufhin brachten wir einen Protest ein, dem Protest wurde stattgegeben, dahin, daß die èechischen Arbeiter ebenfalls nur 40 Stunden und mit dem gleichen Lohn wie die deutschen zu arbeiten hatten. Daraufhin verließ en alle èechischen Arbeiter am anderen Tag den Arbeitsplatz. Ebenso ist es mit der Vergabe der öffentlichen Arbeiten. Es wurde schon gesagt, daß in der Zeit von 1933 bis 1936 547 öffentliche Arbeiten vergeben wurden, davon haben die Èechen in unserem deutschen Gebiet 448 und die deutschen Unternehmer in unserem deutschen Gebiet nur 99 erhalten. Das ist ein Verhältnis von 82:10, während uns rechtmäßig, wenn die Gleichberechtigung auch praktisch angewendet würde, 100% zustehen müßten, weil es Arbeiten sind, die in unserer deutschen Heimat geleistet werden.

Noch krasser ist aber das Beispiel von Eger. Seit 1918 wurden in Eger 21 staatliche Hochbauten mit einer Bausumme von 19 Millionen durchgeführt. Von diesen 21 Bau ten wurde nicht eine einzige an eine gebietsansässige deutsche Firma vergeben, sondern lediglich untergeordnete Lieferungen und Arbeiten im Gesamtbetrag von 125.000 Kronen an ortsansässige Gewerbetreibende vergeben. Von 19 Millionen haben die Deutschen in der deutschen Stadt Eger 125.000 Kronen für untergeordnete Arbeiten erhalten, alle anderen Arbeiten wurden von èechischen Firmen und èechischen Arbeitern durchgeführt.

Mit dieser Benachteiligung hängt natürlich die direkte Verdrängung des deutschen Arbeiters und Angestellten zus ammen. Ich will nicht davon sprechen, in welcher Weise deutsche Arbeiter und deutsche Angestellte in großen Industriewerken, die irgendwie unter èechischem Einfluß stehen, behandelt werden. Der Abbau der deutschen Arbeiter und Angestellten z. B. in den Škodawerken. bei den Tatrawerken, ist bekannt und ich möchte hier nur ein Beispiel herausgreifen, das Beispiel jenes Mannes, der zum Ehrenmitglied der Národní Jednota ernannt wurde, weil er den Èechisierungsbestrebungen im deutschen Gebiet gewaltig Vorschub leistete. Es ist das der Direktor der Moravia-Werke in Hombok-Marienthal.

Es könnten noch sehr viele Fälle angeführt werden, aus denen ersichtlich ist, daß man auf èechischer Seite bloß von Glei chberechtigung spricht, damit aber die systematische Zugrunderichtung des Sudetendeutschtums meint. Wie man bei Arbeitseinstellungen vorgeht, zeigt der Fall des Arbeiters Franz Hradil in Olmütz, der als Straßenarbeiter aufgenommen wurde. Einige Tage nach der Aufnahme fragte der leitende Ingenieur den Arbeiter, ob er ein Èeche sei oder nicht, ob er seine Kinder in die èechische Schule schicke. Darauf antwortete dieser biedere einfache deutsche Arbeiter: "Ich bin ein Deutscher und schicke meine Kinder in die deutsche Schule." Da sagte ihm der leitende Ingenieur: "Das hätte ich einige Tage vorher wissen sollen, dann wären Sie nicht beschäftigt worden." Am anderen Wochenanfang wurde dieser biedere deutsche Arbeiter aus dem Straßenbau wieder entlassen. Man könnte also noch sehr viele Beispiele anführen, aus denen festzustellen wäre, daß die Verdrängung des deutschen Arbeiters und Staatsangestellten von seinem Arbeitsplatz ganz systematisch erfolgt. Wir müssen auch feststellen, daß dieser Kampf gegen die deutschen Bürger des Staates von den èechischen Schutzvereinen geführt wird, die ihre besondere Aufgabe darin erblicken, deutschen Besitzstand an Boden, Produktionsmitteln und Arbeitsplätzen in èechischen Besitzstand umzuwandeln. Das ist eine bekannte Tatsache, die nicht weiter ausgeführt werden muß. Die Benachteiligung des deutschen Staatsbürgers ist in allen Bereichen festzustellen.

Nur einen Vergleich der Steuerleistung will ich hier noch vorführen, denn es ist nicht so, wie es vielfach dargestellt wird. Das Aufkommen an direkten Steuern betrug im Jahre 1933 1.893 Millionen. Das entspricht einer Kopfquote von 128ÿ50 Kronen im gesamten Staatsgebiete. Vergleicht man nun ein annähernd gleich großes deutsches und èechisches Gebiet, so findet man, daß z. B. auf das Gebiet Reichenberg-Aussig, Teplitz und Karlsbad mit 470.239 Einwohnern ein Steueraufkommen von 102.5 Millionen entfällt, somit eine Kopfquote von 215.80 Kronen, während im Gebiete Königgrätz, Pardubitz, Jungbunzlau, Náchod und Pilsen bei 527.281 Einwohner das Steueraufkommen nur 64.4 Millionen beträgt, somit eine Kopfquote von 122.10 Kronen aufweist. Die Kopfquote für das deutsche Gebiet ist nicht nur weit höher als der Steuerdurchsch nitt für das gesamte Staatsgebiet und für die historischen Länder, sie ist beinahe doppelt so hoch, wie der Steuerdurchschnitt für ein gleichwertiges èechisches Gebiet. In diesem Zusammenhang wäre eine Aufstellung über die Steuerbelastung bzw. das Steuereinkommen sehr lehrreich, die aus einer èechischen Zeitung stammt. Aber mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit muß ich mich auf das Wichtigste beschränken und werde mir erlauben, ein eingehendes Memorandum an die Regierung zu richten, woraus sie ersehen kann, wie die Gleichberechtigung im deutschen Gebiete durchgeführt wird. Wir müssen deswegen verlangen, daß diesen schönen Worten, von denen man nicht sattwerden kann, endlich einmal Taten folgen.

Nun zur Bautätigkeit im deutschen und èechischen Gebiet; ich will da nur einige Zahlen anführen, die zu bedenken geben müssen. Der Herr Fürsorgeminister hat festgestellt, daß die günstige Wirkung aller getroffenen Maßnahmen der Regierung in einer Erhöhung der Baubewegung um etwa 15% zum Ausdruck kommt und er hat ausgeführt, daß im ersten Quartal 1935 in 38 Städten für 587.000 Kubikmeter Bauraum die Baubewilligung erteilt wurde, im ersten Quartal 1936 für 815.000 Kubikmeter, für das zweite Quartal 1935 für 865.000 Kubikmeter, für das zweite Quartal 1936 hingegen 1,890.000 Kubikmeter. Unter den vom Fürsorgeminister angeführten 38 Städten befinden sich 23 èechische, 14 deutsche Städte und Prag. Unter den angeführten 38 Städten befinden sich nun nicht vielleicht, entsprechend dem Bevölkerungsschlüssel 22.4% deutsche, sondern es wurden für Prag allein 592 Baubewilligungen erteilt, für die èechischen Städte 499 und für die deutschen Städte lediglich 160. Ebenso ist es mit dem Benützungskonsens für Neubauten vom Jänner bis Juli 1936, die 668 an der Zahl erteilt wurden. Wiederum in Prag 283, in èechischen Städten 292, aber nur 93 in deutschen Städten, das 22.4%, also nahezu 1/4 der gesamten Einwohnerschaft des Staates darstellt. Diese Ziffern zeigen mit aller Deutlichkeit, welche Gebiete es sind, die von der Belebung der privaten Bautätigkeit noch nicht erfaßt wurden, wie der Minister sagt. Mit doppeltem Rechte können daher die deutschen Gebiete verlangen, bei den staatlichen Bauaufträgen berücksichtigt zu werden, sowie bei Ausbau von Einrichtun gen, an denen insbêsondere im deutschen Gebiete besonderer Mangel ist. Dazu gehören auch Krankenhausbauten, welche die Länder nur in unzureichendem Maße im deutschen Gebiete durchführen. Man kümmert sich im besten Falle darumn, daß alle Ärzte und Angestellte öffentlicher Krankenhäuser die èechische Sprache zu erlernen haben, aber nicht auch darum, daß die Einrichtungen solcher Art den an sie gestellten Anforderungen entsprechen.

Der Herr Fürsorgeminister hat weiters vor einiger Zeit festgestellt, daß das Ziel einer wahren und modernen Sozialpolitik nicht nur in der Durchsetzung sozialpolitischer und schützender Gesetze, sowie einer Hilfeleistung für die Menschen, die ohne eigene Schuld in Verzweiflung unter der Arbeitslosigkeit leiden, liege, sondern daß der Sinn einer wirklichen Sozialpolitik sei, Wege der wirtschaftlichen Belebung, der Vermehrung der Arbeitsgelegenheiten und der Erhöhung des Lebensniveaus der Bevölkerung zu suchen. Wir sind der gleichen Ansicht, aber wir sind auch der Ansicht, daß solche Erkenntnis rascbest in die Praxis umgesetzt werden muß und daß auf dem bisherigen Wege nicht weiter fortgeschritten werden kann. Wir können nicht erwarten, daß der Verbrauch eine Erhöhung erfährt, wenn eine arbeitslose Familie mit mehr als 3 Köpfen eine Unterstützung von 20 Kè erhält, ein kg Schweinefleisch aber 18 Kè kostet, oder wenn ein lediger Arbeiter 10 Kè erhält, ein Brot aber 3.60 Kè kostet. Wir sind uns der Schwierigkeiten bewußt, die einer Einführung der obligatorischen Arbeitslosenversicherung gegenwärtig entgegenstehen. Schwierigkeiten aber sind da, um überwunden zu werden. Jedenfalls aber darf, so lange nicht eine grundlegende Neuordnung des Unterstützungswesens gesichert ist, ein Abbau der bestehenden Unterstützungseinrichtungen nicht platzgreifen, wie dies aus kühl berechneten Erwägungen heraus schon projektiert ist. Im Gegenteil, es müssen alle Maßnahmen für den Ausbau der bestehenden Fürsorgeeinrichtungen getroffen werden.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP