Ètvrtek 3. prosince 1936

Gleichzeitig unnd in ähnlicher Form sind Bestrebungen im èechischen Teil der Industrie zu verzeichnen. In Brünn - ich erwähne dieses Beispiel, weil es charakteristisch ist für die Einstellung des Unternehmertums - fordern die Arbeiter eine Teuerungszulage. Die Industrie ist gut beschäftigt, es werden immer neue Arbeiter eingestellt, die Leistung wird gewaltig gesteigert. Die Unternehmer erklären aber, daß sie nicht gewillt sind, diese Forderungen der Arbeiter nach Teuerungsaushilfen zu erfüllen. Der Direktor einer Brünner Textilfirma erklärte, daß die Brünner Industrie zwar Geld für eine Teuerungszulage zur Verfügung hätte, daß aber die ganzen Brünner Arbeiter streiken müßten, wenn sie zu ihren Teuerungsaushilfen komme wollen. Ganz zynisch erklärt also das Unternehmertum, daß die Arbeiter, wenn sie auf die Lohnerhöhung reflektieren, zu Mitteln des Kampfes zu greifen haben. Dann wird man rufen: Bolschewistischer Putsch! Soziale Unruhen, von Kommunisten angezettelt! Wir prangern diese Methode hier an, um aufzuzeigen, wie diese Kreise des Unternehmertums neben den Methoden der politischen Propaganda auch die Methode betreiben, soziale Unruhen hervorzurufen und so ihre fascistischen Abenteurerpläne zu rechtfertigen. Wir erklären auch von dieser Stelle aus wieder: Der Kampf um höhere Löhne ist nicht nur berechtigt, er liegt im Interesse der breitesten Schichten des werktätigen Volkes, er ist notwendig im Interesse der Verteidigungsfähigkeit der Arbeiter gegen Fascismus und Reaktion. Wir sagen aber auch: die Regierung hat nicht nur kein Recht, gegen die Bestrebungen der Arbeiter auf höhere Löhne aufzutreten, sondern sie hätte vielmehr die Pflicht, alle Bestrebungen der Arbeiter nach Besserung ihrer Existenz und nach Schutz ihrer Löhne zu unterstützen.

Eine dritte Frage, die mit diesem Probleme zusammenhängt, ist die Arbeitsvermittlung. Wir haben immer die Notwendigkeit eines wirklich entsprechenden Gesetzes über die Arbeitsvermittlung betont. Wir wissen, daß gerade auf dem Gebiete der Arbeiteraufnahme von jeher das Tätigkeitsfeld für Terrormaßnahmen - seitens der Unternehmer liegt. Es werden da Maßnahmen angewendet, die vielleicht nicht im Widerspruch stehen, mit den Paragraphen des Terrorgesetzes, die aber darauf basieren, daß das Unternehmertum seine wirtschaftliche und soziale Macht dazu mißbraucht, von den Arbeitern ein solches politisches Bekenntnis zu fordern, wie es den Unternehmern genehm ist. Ich habe schon im Budgetausschuß darauf aufmerksam gema cht, daß uns das Gesetz über die Arbeitsvermittlung nicht befri edigigen kann. Die Arbeiterschaft hat auf dieses Gesetz große Hoffnungen gesetzt. Die sozialdemokratischen Regierungsparteien haben durch dieses Gesetz einen großen Vertrauensvorschuß durch die Arbeiter erhalten. Heute besteht aber die ernste Gefahr, daß eine große Enttäuschung über die Zweckmäßigkeit und die Möglichkeiten, die dieses Gesetz bietet, in den Reihen der Arbeiterschaft platzgreift.

Die Arbeitermassen ersehen aus der Praxis, daß das Unternehmertum besonders in den Krisengebieten genau so wie vorher Maßnahmen trifft und Mittel findet, jene Arbeiter einzustellen, die mit gewissen Legitimationen sich ausweisen können oder die bereits vorher vorgemerkt wurden, ohne Rücksicht darauf, ob sie von der Arbeitsvermittlung vermittelt wurden oder nicht. Herr Abg. Kögler hat bereits beredte Klage über diese Praxis des deutschen Unternehmertums geführt. Es genügt aber nicht, diese Praxis anzuprangern, die nur möglich ist, weil das Gesetz entsprechende Lücken aufweist, es isst vielmehr erforderlich, daß so rasch als möglich Regierungsmaßnahmen getroffen werden, um dem Unternehmertum dieses Handwerk zu legen. Vor allem müßte dafür gesorgt werden, daß jene Verordnung, die eine Sonderregelung für die Krisengebiete vorsieht, von Seite der Regierung herausgegeben wird, um wenigstens für die Notstandsgebiete einen gewissen Schutz für die Arbeiterschaft bei der Aufnahme in die Betriebe zu schaffen. Weiters glauben wir, daß eine Reihe weiterer sozialpolitischer Probleme einer dringenden Lösung bedarf, vor allem die Qualifizierung der jugendlichen Arbeiter in der Richtung der Reform der Bes timmungen über das Lehrlingswesen, Regelung der Lohnund Arbeitsbedingungen in der Heimindustrie in der Richtung der Sicherstellung der Löhne und der Krankenversicherung für die Heimarbeiter, die Selbständigenversicherung und schließlich die Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse für die Chauffeure und eine Reihe anderer sozialpolitischer Maßnahmen.

Wir stellen diese Forderungen, sagen aber auch in aller Offenheit, daß zur Brechung aller Widerstände von Seite reaktionärer Kreise gegen diese Lösung wichtiger sozialpolitischer Probleme die einheitliche Kraft aller Arbeiter und besonders der Gewerkschaftsorganisationen notwendig ist. Die Überwindung der gewerkschaftlichen Zersplitterung und die Herstellung der Einheit der Gewerkschaften ist daher eine äußerst dringende Notwendigkeit. Kreise, die mit dem Faszismus liebäugeln, deren Politik auf die Unterminierung der Demokratie und der Republik orientiert ist, erklären, daß die Vereinigung der Gewerkschaften ein Anschlag auf die Demokratie, ein Versuch der Bolschewisierung und was sonst ist. Es gibt Elemente, die erklären, daß die Vereinigung der Gewerkschaften unvereinbar sei mit dem Verbleiben der sozialistischen Parteien in der Regierung.

Ich möchte dazu einige kurze Bemerkungen machen: Die Vereinigung der Gewerkschaften richtet sich nicht und kann sich niemals gegen die arbeitenden Bevölkerungsschichten richten. Richtig ist, daß die Vereinigung der Gewerkschaften sich richtet und sich richten muß gegen die Pläne der Reaktion, gegen die Ausbeu tungspläne des Unternehmertums, gegen den Faszismus und gegen reaktionäre Angriffe auf die Sozialpolitik. Die sozialdemokratisch denkenden Kreise der Bevölkerung mögen sich vergegenwärtigen, daß die Vereinigung der Arbeitergewerkschaften einen entscheidenden Schritt in der Sammlung aller fortschrittlich en Elemente gegen die faszistische Barbarei in aller Form darstellen würde. Deswegen kämpft die kommunistische Partei für die Vereinigung der Gewerkschaften um jeden Preis und so rasch als möglich. Die Arbeiter werden und dürfen sich in ihrem eigenen Interesse, im Interesse der Sammlung aller demokratischen, fortschrittlichen Kräfte in ihrem Streben nach Verwirklichung der Gewerkschaftseinheit den Wünschen der Reaktion nicht beugen. Wir sind der Meinung, daß derjenige, der die Republik und die Demokratie schützen und erhalten will, nicht gegen eine Vereinigung der Gewerkschaften sein kann und für die rasche Überwindung der Zersplitterung im Gewerkschaftslager sein muß, denn die Einheit der Arbeitergewerkschaften ist das Rückgrat für die Verteidigung der Existenz der arbeitenden Schichten gegen Faszimus und Reaktion. (Potlesk komunistických poslancù.)

3. Øeè posl. Wollnera (viz str. 32 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Vor einem Jahre hat die Sudetendeutsche Partei als einzige Partei des Staates das traurige Vergnügen gehabt, auf die besondere Not und das Elend im sudetendeutschen Gebiete hinzuweisen. Wir haben damals mit besonderer Schärfe auf die sozialen Auswirkungen in unseren Gebieten hingewiesen. Geschehn ist seit dieser Zeit nichts. Geredet wurde viel, gehandelt wurde überhaupt nicht. Ich möchte daher feststellen, daß sich die Situation im sudetendeutschen Gebiete nicht gebessert, sondern im Gegenteil eine Verschlechterung erfahren hat. Ich will deshalb an den sozialen Mißständen Kritik üben nicht der Kritik wegen, sondern will vor allem unsere Forderungen konkretisieren und darüber hinaus alle die falschen Behauptungen widerlegen, die von èechischer, aber auch ganz besonders von deutscher Seite aufgestellt wurden, in den Notstandsgebieten sei eine wesentliche Besserung zu verzeichnen, die Arbeitslosigkeit sei im Schwinden begriffen. Ich möchte geradezu sagen: es ist eine Utopie, solche Behauptungen aufzustellen, und es kommt einem Verrat an dem deutschen Arbeiter gleich, wenn ein angeblicher Vertreter der deutschen Arbeiterschaft, Herr Abg. Kögler hier diese Behauptungen aufstellt. Er fügt aber gleichzeitig hinzu, daß an dieser Not insbesondere die Sudetendeutsche Partei schuld sei, wirft sich dabei in die marxistische Brust und macht für all die Tragik, die Not und das Elend im sudetendeutschen Gebiete die Sudetendeutsche Partei verantwortlich, die kein Recht habe, im Namen der sudetendeutschen Arbeiterschaft zu sprechen.

Ich möchte einmal ein ganz offenes Wort dazu sagen. Abgesehen davon, daß die Herren von der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei die Handarbeit kaum kennen dürften und daher auch keine Berechtigung haben, von den besonderen Sorgen und Nöten des deutschen Arbeiters zu sprechen, muß ich feststellen, daß es den deutschen Arbeitern noch nie so schlecht gegangen ist wie zu der Zeit, wo sie von den sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiterführern vertreten worden sind. Abg. Kögler sagt unter anderem, wir hätten nichts gegen die Industrieverschleppung in das Ausland getan. Es war in der Zeit der Konjunktur und nachher, 1931 und 1932, wo man insbesondere daran ging, die Betriebe in das Ausland zu verschleppen. Damals bestand die SdP. noch nicht, aber die sozialdemokratische Arbeiterpartei hätte dafür Sorge tragen müssen, daß die Betriebe nicht ins Ausland verschleppt werden. Aber sie war machtlos. Im Gegenteil, mit ihren sozialdemokratischen Gewerkschaftssekretären und im Verein mit dem Großkapitalismus hat man die Betriebe ins Ausland verschleppt. Ich kann hiefür ohne weiters Tatsachen zum Wahrheitsbeweis vorbringen. Im übrigen ist es so, daß die sozialdemokratische Arbeiterpartei in unseren deutschen Gebieten kein Recht mehr hat, im Namen des deutschen Arbeiters zu sprechen. Die Volkszählung von 1931 ergibt, daß 866.217 deutsche Personen dem Arbeiterstande angehören. Nun ist es so, daß nahezu 250.000 deutsche Arbeiter heute bereits in der Sudetendeutschen Partei organisiert sind. Das entspricht ungefähr einem Drittel aller deutschen Arbeiter. Hinzu muß aber gerechnet werden, daß im Jahre 1930 die Arbeiter vom 14. Lebensjahr gezählt wurden, die Sudetendeutsche Partei aber Mitglieder erst vom 18. Lebensjahr aufnimmt. Nehmen wir also jene Zahl noch in Abzug und jene Kameraden, die gesinnungsgemäß in der Sudetendeutschen Partei sind und für sie arbeiten und kämpfen, aber infolge des sozialdemokratischen marxistischen Terrors ebenfalls einfach nicht in der Lage sind, sich frei und offen zu uns zu bekennen, so ergibt sich daraus, wer das Recht hat, im Namen der sudetendeutschen Arbeiterschaft zu sprechen. Jedenfalls hat es die Sozialdemokratie nicht. Sie haben heute ein Recht, im Namen jener Menschen zu sprechen, die noch wirtschaftlich gebunden sind, bei der sozialdemokratischen Partei zu stehen: die Krankenkassenangestellten, die Gewerkschaftsangestellten, die Konsumangestellten sind es, die heute noch der sozialdemokratischen Partei das Rückgrat steifen.

Meine Aufgabe ist es nicht, mich mit diesen Dingen heute zu befassen, sondern ich habe wieder jene Aufgabe, die die traurigste ist, u. zw. über die Not und das Elend draußen in unseren Randgebieten zu sprechen. Ich sage Ihnen ehrlich, daß wir noch nie mit größerer Bangigkeit einem Krisenwinter entgegengesehen haben, als dem, der vor uns steht. Wir können angesichts der ungeheueren Not im Sudetendeutschtum die scheinbaren Anzeichen einer beginnenden Wirtschaftsbelebung nicht anerkennen, wie es z. B. erst unlängst wieder der deutsche Regierungssozialdemokrat Rind in Trautenau erklärt hat, der sagte: Wir können der Regierung keinen Vorwurf machen, daß sie das Budget für die Arbeitslosenfürsorge um 100 Millionen herabgesetzt hat. Es ist geradezu ein Verdienst, sagte er, daß sie das vermochte, im Zug der allgemeinen Besserung der Lage ist diese Herabsetzung sehr gerechtfertigt. Wie sieht aber diese allgemeine Besserung der Lage aus? Die Begründung für dieses Absinken und die Folgeerscheinungen, die man daran knüpft, sind aber zum großen Teile abwegig und lassen allzu deutlich erkennen, daß hier der Wunsch der Vater des Gedankens ist. Es ist bekannt, daß in der Arbeitslosenziffer in überwiegendem Maße lediglich jene Zahlen genannt werden, wo es sich um Arbeitslosenunterstützung handelt. Jene, die nicht im Genusse der Arbeitslosenunterstützung sind, werden auch von der Arbeitsvermittlung und vom statistischen Staatsamt nicht gezählt. Durch die rigorose Auslegung dieser Richtlinien werden Zehntausende aus dieser Zahl ausgeschlossen und nicht registriert. Daran knüpft man die Behauptung, daß eine Wirtschaftsbelebung zu bemerken sei. Ich sage Ihnen Folgendes: Die Arbeitslosigkeit im sudetendeutschen Gebiete ist dreieinhalbmal so groß als im èechischen Gebiet. Das statistische Staatsamt gibt z. B. an, daß auf 100 èechische Arbeitslose im Juli dieses Jahres 303, im August 310, im September 311 und im Oktober 351 deutsche Arbeitslose entfallen sind. Ende Oktober dieses Jahres hat das statistische Staatsamt im deutschen Gebiet mit 3 1/4 Millionen Einwohnern nur um 19.000 Arbeitslose weniger gezählt als bei den 11 Millionen anderer Staatsbürger des Staates. Und hier ist auch dann die besondere Not. das besondere Elend im sudetendeutschen Gebiet begreiflich, das sich heute in der Erregung der Bewohnerschaft, in dem Verfall der Behausungen. in der Unterernährung und in den Krankheiten der Kinder und Jugendlichen bemerkbar macht. Das sind Anklagen gegen das herrschende System, das die Not einfach nicht zur Kenntnis nehmen will. Wir haben einen Beweis in den ärztlichen Berichten. worin festgestellt wird, daß 90% der Jugendlichen unterernährt sind und daher Krankheitserscheinungen aufweisen.

Aus einer Aufstellung des Fürsorgeministeriums ergibt sich das Wohnungselend im Jahre 1930, das damals 2000 Familien mit 9000 Personen und im Jahre 1935 11.000 Familien mit 90.000 Personen in Elendswohnungen umfaßte; daß hiebei der weitaus größere Teil im sudetendeutschen Gebiete ist, brauche ich nicht weiter zu erzählen.

Ich habe nun ein Interesse, nachdem man uns nicht glauben will, daß die Not eine weitaus größere im sudetendeutschen Gebiet ist als im èechischen, Ihnen den Bericht einer Augenzeugin vorzulesen, die drei Wochen hindurch im vorigen Sommer im sudetendeutschen Elendsgebiet gewesen ist und sich davon überzeugt hat. Es ist dies Frau Dr. Anna Linder, die schwedische Rote-Kreuzschwester, die in den Zeiten der Revolution im Sowjetstaat sich große Verdienste in der Pflege der Gefangenen erworben bat. Frau Dr. Linder berichtet: Ich kann gar nicht fassen, wie es eigentlich möglich ist, daß es die Welt ruhig mit ansieht, wie ein Volk ausstirbt. Hier ist nicht mehr von einem Volke die Rede, das hungert, es ist dem Untergange preisgegeben, wenn nicht Hilfe und zwar baldige Hilfe ohne alle politische Nebenabsichten gegeben wird. Was würden wohl unsere Schweden zu solchen Behausungen sagen, wie man sie z. B. in Reichsdorf oder in Fischern antrifft? Sie müßten als ein Schandfleck für den Staat angesprochen werden, der sie als menschliche Wohnstätten dienen läßt. Es waren nur üble Baracken, verfallene Eisenbahnunterschlüpfe, durch die der Schnee oder Regen eindrang. Eine alte Frau in Sauersack äußerte fragend, ob wir ihr zu einem neuen Bettkissen verhelfen könnten: das war ihr höchster Wunsch im Leben. Im Armenhaus in Reichsdorf wohnten 120 Menschen in einem Raume, der für 40 berechnet war. In Kohling wurde 1 kg Hundefleisch mit 4 Kè verkauft. In Graslitz besuchten wir das Krankenhaus, das. obwohl nur für 40 Personen eingerichtet, jetzt mit der dreifachen Zahl belegt ist. Die Patienten, die in dieses Krankenhaus eingeliefert werden, seien, wie uns die Ärzte versicherten, von Hunger und Entbehrung so mitgenommen, daß sie, bevor man überhaupt einen Eingriff wagen dürfe, 14 Tage lang besonders gepflegt werden müssen, wenn man bei den kümmerlichen Nahrungsmittelbeständen sogar der Krankenhäuser überhaupt von einer besonderen Pflege sprechen könne. Frau Dr. Linder stellte dann weiter fest, daß in den Notstandsgebieten Milch kein Nahrungsmittel sei, sondern bereits eine Medizin. Sie berichtet weiter: Ein anderer Arzt war geradezu verzweifelt; eine Mutter kam mit ihrem kranken Kinde, um zu fragen, was zu machen wäre. Der Arzt konnte ohne Schwierigkeit feststellen, daß die einzige Medizin, die benötigt würde, Milch und bessere Nahrung sei. Aber wie sollte man die verordnen können?

So berichtet die Dr. Linder über die Tragik und das Elend im sudetendeutschen Gebiete. Sie ging dann zu jenem berühmt gewordenen Gesundheitsinspektor Dr. Schulz, der Vorstand des Èechoslovakischen Roten Kreuzes ist. Dort klagte Frau Dr. Linder über das Gesehene und bat um Abhilfe, und zwar um schnelle Hilfe. Die Antwort dieses Herrn Dr. Schulz war: "Das Land ist leider zu klein, um der ganzen Bevölkerung das Auskommen zu sichern. Wenn diejenigen, die noch etwas haben, mit denjenigen teilen müßten, die nichts haben, würde sich nur die Stellung der ersteren verschlechtern. Deshalb müssen wir danach streben, einen Teil der Bevölkerung aufrechtzuerhalten, während wir andere Teile dem Hungertode preisgeben mußten." Wir schraken zus ammen über die Antwort, so berichtet Dr. Linder in den schwedischen Zeitungen, welche Berichte leider in unseren Zeitungen verboten wurden, weil man einfach Meldungen über die Not und das Elend mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterdrücken will. Es ist traurig, wenn ein Mann, der gerade dazu berufen ist, hier auf die Regierungsstellen einzuwirken, daß endlich einmal Abhilfe geschaffen wird, da dieses Elend nicht mehr lange zu ertragen ist, solche Worte gebraucht. Glauben Sie uns, wenn wir darüber sprechen, daß wir annehmen müssen, daß ein Großteil derjenigen, die heute verantwortlich sind, das Schicksal der Sudetendeutschen zu ändern, sich mit diesen Gedankengängen tragen. Deshalb müssen wir auf das energischeste und entschiedenste darauf verweisen, daß die Geduld der Sudetendeutschen einmal ein Ende hat. Die Katastrophe, sie ist unausbleiblich, wenn sich die Regierung nicht ernsthaft mit diesen Dingen befaßt.

Wenn wir nun die Lebenshaltung unserer Arbeiterschaft betrachten, so müssen wir feststellen, daß das Lebensniveau der Arbeiterschaft in der Èechoslovakei mit an letzter Stelle in Europa steht. Ein Bericht von der Zentralsozialversicherungsanstalt vom Jahre 1935 zeigt, daß 44.6% aller Versicherten einen Lohn von wöchentlich nicht über 60 Kè haben, der Lohndurchschnitt im sudetendeutschen Gebiet liegt natürlich vielfach noch tiefer. So hat z. B. die Bezirkskrankenversicherungsanstalt in Freudenthal von 8900 Versicherten 7045 unter dem Existenzminimum von 6000 Kè jährlich. Diesen Schundlöhnen gegenüber steht aber eine Preissteigerung und verschlechtert dadurch die Lebenshaltung der deutschen Arbeiter von Tag zu Tag. Wir verlangen deshalb, daß gegen diese unbegründete Preissteigerung, die jetzt wiederum nach der Devalvation festzustellen ist, ganz energisch eingeschritten werde. Zugleich aber verlangen wir eine Erhöhung der Löhne, die heute auch nichts mehr mit einem gerechten Lohn zu tun haben.


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