Schließlich einen Fall, der meines Erachtens besonders charakteristisch
ist für die ganz ungewöhnliche Einstellung unserer Anklagebehörden.
Wer heute im Sommer bei der Olympiade in Berlin war, weiß,
daß dort eine Unmenge von Erinnerungszeichen verkauft wurden,
darunter auch Seidenschals, Schultertücher usw., auf denen
die Staatsflaggen und Wappen sämtlicher Staaten, die an der
Olympiade beteiligt waren, eingewebt oder aufgedruckt waren. Es
ist unglaublich, aber Tatsache, daß nun ein Fall aus Mies
vorliegt, wo eine Besucherin der Olympiade, die auch ein derartiges
Schultertuch gekauft hatte, von der Polizei festgestellt und angezeigt
wurde und in einen § 14-Schutzgesetzprozeß verwickelt
worden ist, weil sie ein Schultertuch trug, in dem auch eine Hackenkreuzflagge
eingewebt war. Wir sind der Meinung, daß der Fall besonders
typisch ist, weil er ebenfalls in jene Erscheinungen hineingehört,
die letzteren Endes bekannt sind und nicht dazu angetan sein können,
die Beziehungen zu Deutschland, die nicht nur korrekt, sondern
auch freundnachbarlich sein sollen, zu bessern. In diesem Falle
sowie in anderen läßt sich deutlich aufzeigen, daß
es nicht nur um eine einseitige Empfindlichkeit bei den Anklagebehörden
geht, sondern daß auch mit zweierlei Maß vorgegangen
wird.
Ein Fall war bereits Gegenstand einer Interpellation und sei in
diesem Zusammenhang noch einmal aufgerollt, weil auf diese Interpellation
bis heute keine eindeutige Antwort erteilt worden ist. Am 15.
Juni 1936 fuhr im Zug Rakonitz-Petschau Senator Schösser
und mit ihm ein Beamter der Steuerverwaltung in Luditz, namens
Øihák. Øihák begann zu polemisieren
und zuletzt zu schimpfen. Insbesondere sagte er vor mehreren Leuten:
"Všichni Nìmci jsou buzeranti." Dann sagte
er: "A co je Hitler? Hitler je nejvìtší
buzerant!" Bis heute ist nicht bekannt, daß in diesem
Falle das Strafverfahren eingeleitet worden ist.
Ein besonders krasser Fall ist nachstehender: Ein gewisser Johann
Janosch aus Šepankovitz, Bezirk Hultschin, hat als Mitglied
der Gemeindevertretung am 2. November 1935 bei einem Punkt der
Tagesordnung vom èechischen Gemeindevorsteher-Stellvertreter
Harazin den Sachverhalt in deutscher Sprache genauer erläutert
zu hören verlangt. Gegen Janosch wurde daraufhin ein Verfahren
nach dem Schutzgesetz eingeleitet. Er ist 11 Tage im Kreisgericht
Troppau inhaftiert gewesen und es wurde bei ihm eine Hausdurchsuchung
vorgenommen. In weiterer Folge wurde Janosch doch nicht verurteilt.
Ich komme nun zu einem besonderen Kapitel, das ständig Anlaß
zu Klagen in der deutschen Bevölkerung gibt und beweist,
wie berechtigt jene Forderung ist, die wir in Böhm. Leipa
aufgestellt haben und die ich im Anfang meiner Rede verlesen habe,
nämlich zum Kapitel "Boykott".
Der Hohenstädter Bürgermeister Dr. Koutecký zeigt
im Amtsblatt der Národní Jednota Severomoravská
"Stráž Moravy" in aller Deutlichkeit die
systematische Èechisierungsarbeit auf, die er verfolgt
und auf die er dann noch sehr stolz ist. Er betont, daß
in größtem Maße Veränderungen in nationaler
Beziehung eingetreten sind und daß die Stadt Hohenstadt
ein besonders typisches Beispiel darstellt. Koutecký führt
weiter aus, daß das der systematischen allgemeinen Èechisierungsarbeit
und nicht zuletzt vor allem dem Umstand zu verdanken ist, daß
der Zeitspruch "Svùj k svému" unablässig
gepredigt wird.
Der "Severoèeský list" schreibt in seiner
Folge vom 27. Juli 1936: "Ein trauriges Zeichen der heutigen
Zeit ist es, daß èechische Lehrer anstatt bei èechischen
bei deutschen Händlern kaufen, wo ihnen doch der èechische
Händler die Ware in der gleichen Qualität und zum gleichen
Preis liefern könnte. Deswegen èechisches Geld nur
in èechische Hände!" Dazu ein Parallelstück,
daß gerade auch behördliche Elemente diese Bestrebunbungen
unterstützen. Die Ortsgruppe der SdP. in Chotìschau
hat anläßlich eines Festes in diesem Sommer um die
Bewilligung des Verkaufes von Rauchwaren angesucht. Sie erhielt
von der Bezirksfinanzdirektion in Pilsen unter Z. DK-2073/36 mit
dem Datum vom 25. August 1936 folgenden Bescheid: "Auf Ihr
Gesuch vom 10. August 1936 bewilligen wir Ihnen den Verkauf aller
Arten von Rauchwaren am Festplatz bei dem am 30. August 1936 in
Chotìschau veranstalteten Fest unter der Bedingung, daß
Sie die Tabakwaren von Josef Hájek, Trafikant in Chotìschau,
abnehmen und daß Sie alle Arten von Tabakwaren zu den für
die Verbraucher bestimmten Preisen verkaufen." Hájek
ist ein Legionär-Trafikant. Unter diesen Umständen darf
sich niemand von èechischer Seite wundern, wenn sich in
unserer deutschen Heimat entscheidende Rückwirkungen ergeben.
Noch einen Fall: Bei der Firma Otto Behr, Strickwarenfabrik in
Neubistritz, gibt es ein Plakat, bezw. gedruckte Anstellungsbedingungen,
in denen es heißt: "In meinem Betrieb können nur
treue èechoslovakische Staatsbürger aufgenommen werden,
welche nachweisbar der jüdischen Religion freundlich gesinnt
sind."
Das èechische Lagerhaus in der Ottendorfer-Straße
in Troppau trägt eine Aufschrift "Svùj k svému".
Demgegenüber habe ich festzustellen, daß der Wirt des
"Hotel Schäfer" in Nieder-Lichtenwalde im heurigen
Sommer folgendes Plakat veröffentlicht hat: Täglich
bietet Ihnen die sudetendeutsche Gaststätte "Hotel Schäfer",
Nieder-Lichtenwalde, angenehmen Aufenthalt. Zum Mittagstisch als
Spezialität: Geflügel, Gansbraten, Back- und Brathuhn,
Huhn mit Nudeln usw. Dieses Plakat mußte entfernt
werden auf Grund der Entscheidung der Bezirksbehörde Deutsch-Gabel,
weil der Ausdruck "sudetendeutsche Gaststätte"
unzulässig sei und zum Boykott aufreize.
Místopøedseda Košek (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka, že
øeènická lhùta uplynula.
Posl. dr Neuwirth (pokraèuje): Ich könnte
derartige Fälle noch zu Dutzenden anführen. Nur einen
noch: Die "Volkshilfe" in Großschönau hat
Gutscheine herausgegeben und auf diesen Gutscheinen war zu lesen:
Gutschein gültig für 5 Kè, einzulösen
bei jedem Geschäft, das von der "Volkshilfe" mit
dem Verkauf von Waren für die "Volkshilfe" betraut
ist. Im gegenständlichen Falle wurde ein Strafverfahren
nach § 14 Schutzgesetz geführt.
Ich hätte noch über den Mißbrauch der Untersuchungshaft,
über die furchtbaren Auswirkungen der Novelle zum §
6 des Schutzgesetzes zu sprechen. Meine Redezeit ist aber abgelaufen
und ich kann nur mit der Feststellung schließen, daß
die allgemeinen Zustände sich in keiner Weise gebessert,
sondern vielfach verschlechtert haben. Wir können nur hoffen,
daß der Herr Justizminister den Mut hat, diese Beschwerden
zur Kenntnis zu nehmen und nicht etwa bloß in einzelnen
Fällen Abhilfe zu schaffen, sondern mit einer großzügigen
Erziehungsarbeit zu beginnen, die darauf ausgeht, die ganze Tendenz
und Mentalität der Justiz umzukrempeln, zu ändern, weil
nur von einer grundsätzlich geänderten Denkungsweise
eine Änderung des Gesamtzustandes kommen kann. (Potlesk
poslancù sudetskonìmecké strany.)
Hohes Haus! Wenn wir im Staatsvoranschlag das Kapitel für
Schulwesen und Volkskultur vom sudetendeutschen Standpunkt aus
betrachten, so fallen uns natürlich eine Menge Wünsche
ein, denen in diesem Staatsvoranschlag nicht Rechnung getragen
wurde. Ich möchte nur kurz die geringen Dotationen für
deutsche kulturelle Institute erwähnen, wie z. B. für
die deutsche Akademie für Musik und darstellende Kunst, ferner
möchte ich auf die deutsche Musikschule in Petschau hinweisen,
die gerade für dieses Gebiet eine große Bedeutung hat,
ferner auch auf den schlechten Zustand, in dem sich unsere deutschen
Kliniken befinden, sowie auf die Tatsache, daß die im Vorjahr
aufgelassenen drei deutschen Mittelschulen in Reichenberg, Mähr.
Ostrau und Brünn nicht wieder reaktiviert wurden.
Aber ich sehe heute meine Aufgabe vor allem darin, einmal mich
mit Fragen im Zusammenhang mit dem Staatsvoranschlag zu beschäftigen,
die zwar nicht ziffernmäßig zum Ausdruck kommen, aber
trotzdem von entscheidender Bedeutung für die kulturelle
Existenz des Sudetendeutschtums sind. Das èechische Volk
hat durch die Erringung der Selbständigkeit im Jahre 1918
alle Möglichkeiten zu politischer, kultureller, wirtschaftlicher
und sozialer Entfaltung bekommen, es hat aber auch gleichzeitig
diesem Staate große Volksgruppen einverleibt und damit die
Aufgabe übernommen, für die wirtschaftliche, politische
und selbstverständlich auch kulturelle Existenz dieser Volksgruppen
zu sorgen. Denn letzten Endes hat ja die Freiheit überhaupt
nur einen Sinn, wenn sie sich in erhöhten Leistungen auswirkt.
Von offizieller Seite wird bei uns immer die Tendenz einer Entnationalisierung
geleugnet und immer betont, daß die Existenzgrundlage der
anderssprachigen Volksgruppen unangetastet bleiben soll. Eine
Existenzgrundlage aber für das Sudetendeutschtum ist die
geistige Verbindung mit dem Deutschtum in aler Welt, vor allem
mit dem Deutschtum des Deutschen Reiches und Österreichs.
Diese Verbindung ist unabhängig von den politischen Systemen
in diesen Staaten. Sie ist immer dagewesen und sie wird immer
da sein, solange Deutsche in diesem Raume leben, und sie wird
daher auch in Zukunft sich aufrechterhalten müssen, wenn
das Sudetendeutschtum auch weiterhin ein kulturschaffendes Volk
sein und nicht herabsinken soll auf die Stufe eines Fellachenvolkes.
Das erfordert nicht nur das Sudetendeutschtum, sondern auch der
Gesamtstaat, der erst durch eine weitgehende Dezentralisierung
zur richtigen Entfaltung seiner Kräfte gelangen kann. Wenn
wir aber das, was in den letzten Jahren auf dem Gebiete der offiziellen
Kulturpolitik geschah, mit jenen Worten vergleichen, die von den
verantwortlichsten Männern unseres Staates gesprochen wurden,
so muß festgestellt werden, daß es in krassem Widerspruche
steht zu diesen Worten und daß wir auch auf diesem Gebiete
eine Menge von unerfüllten Versprechungen haben. Ich erinnere
an die Worte des Herrn Staatspräsidenten, die er gelegentlich
einer Vorsprache der Obmänner der deutschen Schutzverbände
äußerte: "Es wird in diesem Staate an verantwortlicher
Stelle niemanden geben, der Sie an dieser unpolitischen Kulturarbeit
hindern wollte. Wir wünschen keinen auf Ausrottung oder Einengung
des Gegners abzielenden Kulturkampf. Der Respekt vor der nationalen
Kultur, die Pflege der nationalen Bedürfnisse der deutschen
Bevölkerung im Staate schließt es nicht aus, diesem
Ideale nachzugehen." Trotzdem aber wird in jeder nationalen
Betätigung unserer deutschen Kulturarbeiter und vor allem
unserer deutschen Lehrer- und Professorenschaft bei unpolitischen
Schutzverbänden gleich eine gegen den Staat gerichtete Tätigkeit
gesehen.
Es ist unbestreitbar, daß heute in Europa um neue Ideen
gerungen wird. Kamerad Frank hat bereits heute nachmittag
darauf hingewiesen, daß die Tendenz der èechischen
Kulturentwicklung auch nicht dahin gehen kann, die Ideologien
des Jahres 1918 zu stabilisieren. Es ist bei allem Verständnis,
das wir sonst in dieser Richtung dem èechischen Volke entgegenbringen,
da es ja die Ideen sind, die ihm die politische Freiheit gebracht
haben, doch nicht zu verstehen, daß man sich mit einer solchen
Hartnäckigkeit der Dynamik einer kulturellen Entwicklung
widersetzt. Auch die Èechen sollten einsehen, daß
das Gesetz der Entwicklung auch für sie zu gelten hat, und
wenn sie sich diesem Gesetze entgegenstellen, wird es leicht möglich
sein, daß sie ein Opfer dieses Gesetzes werden. Wenn man
sich dauernd gerade aus èechischen Kreisen gerade auf Herder
und Goethe beruft, muß man bedenken, daß diese Berufung
auf Herder und Goethe nur dann einen Sinn hat, wenn man auch die
großen geistigen Kräfte, aus denen diese Geistesheroen
geschöpft haben, anerk ennt. Und diese geistigen Kräfte
bestanden nicht in einer nebulosen internationalen Gesinnung,
sondern in einer eindeutig nationalen Haltung. Wir sind der Überzeugung,
daß große Leistungen auf kulturellem Gebiete wie auf
jedem anderen Gebiete nur in einem Volke möglich sind, das
von einer eindeutig nationalen Gesinnung durchdrungen ist. Ich
glaube, auch in diesem Sinne die Worte eines der größten
Männer unserer Zeit, Ihres T. G. Masaryk, zu verstehen:
"Je nationaler, desto menschlicher, und je menschlicher,
desto nationaler!"
Eine erfolgreiche Erziehung ist nur dann möglich, wenn sie
sich freimacht von einer falschen Humanitätsduselei und aus
den ewigen Kräften wahren Volkstums lebt. Man sollte auch
hier einmal von èechischer Seite sich mit dem Problem der
deutschen Schule in unserem Staate beschäftigen und einmal
die Dinge so sehen, wie sie sind, und nicht so, wie man sie vielleicht
gerne haben möchte. Die deutsche Schule in der Èechoslovakei
hat die Aufgabe, zwei großen Kräften zu dienen: dem
Volkstum und dem Staate. Sie kann nur eine nationale Erziehung
sein, sie kann nur auf der Grundlage einer nationalen Kultur vor
sich gehen. In diesem Sinne ist auch der Entwurf zum neuen Lehrplan
aus dem Jahre 1932 abgefaßt. Wenn wir aber die Praxis beobachten,
sehen wir, daß gerade diejenigen Kreise, die die Beaufsichtigung
des deutschen Schulwesens überhaben, kein Verständnis
dafür aufbringen. Wenn Sie eine staatsbürgerliche Erziehung
an den deutschen Schulen verlangen, dann müssen Sie diesem
Staate auch eine Idee geben, die für alle Völker dieses
Staates erstrebenswert ist. Wenn Sie vielleicht diese meine Frage
damit beantworten sollten, daß sie eine solche Idee in der
Verteidigung der Freiheit haben, so ist das verständlich,
wenn man sich auf den Standpunkt der Èechen und Slovaken
stellt. Wenn Sie mir sagen, daß eine solche Idee die Verteidigung
der Demokratie ist, müßte ich antworten: Dann müssen
Sie uns erst einmal eindeutig beweisen, daß hier die Demokratie
wirklich mehr ist als eine Formel, daß dieser Begriff nicht
mehr weiterhin derartig entwertet wird, wie wir es täglich
erleben können. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)
Das sind keine Ideen, die die Grundlagen für eine staatsbürgerliche
Erziehung sein könnten, so wie sie sich uns darstellen. Wenn
daher heute an den deutschen Schulen immer wieder festgestellt
werden muß, daß Männer, die im Sinne dieses Entwurfes
zu den Lehrplänen ihren Unterricht halten, der Hakenkreuzlerei
verdächtigt, den ungeheuerlichsten Schikanen innerhalb und
außerhalb der Schule ausgesetzt werden, dann beweist das
nur, daß die entscheidenden Kräfte und Männer
den Entwurf der Lehrpläne nicht richtig studiert haben. Wir
sind aber auch der Überzeugung, daß Menschen, die ihre
Haltung nicht eindeutig bewiesen haben, niemals Vorbilder für
die Jugend sein können, deren Erziehung ihnen anvertraut
wurde. Es gibt eine Menge von Beispielen dafür, daß
die eifrigsten Patrioten von gestern auch die eifrigsten Patrioten
von heute sind.
Hohes Haus! Es kann unmöglich der Sinn der Erziehung sein,
daß aus unseren Kindern Duckmäuser erzogen werden,
daß sich unsere Lehrer verkriechen müssen und dadurch
eine lächerliche Figur für die Schüler abgeben.
Es kann nicht Sinn der Erziehung sein, daß man einen neuen
schwarz-gelben Patriotismus, wenn auch diesmal in anderen Farben,
aufzieht. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)
Denn gerade die Ereignisse von 1918 haben bewiesen, daß
dieser schwarzgelbe Patriotismus keinen Schuß Pulver wert
gewesen ist. Es kann auch unmöglich Ihre Absicht sein, daß
Sie aus unseren Kindern Männer erziehen wollen, die nur vor
reinen Äußerlichkeiten ihre Reverenz erweisen. Es kann
auch nicht Ihre Absicht sein, daß Sie unser Schulwesen der
Kontrolle der Gendarmerie aussetzen. Es ist im höchsten Sinne
unpädagogisch, wenn die Gendarmen nach dem Staatsfeiertag
in die Schule zum Schuldiener oder zu einem Schulkinde fragen
kommen: "Wie habt ihr den Staatsfeiertag gefeiert?"
Da macht man die Kinder zu Aufsichtsorganen für die Lehrer.
Weil ich bei diesem Kapitel über die Schule bin, möchte
ich auf eine andere Sache mit eingehen, die uns ebenfalls ungeheuer
am Herzen liegt und die zeigt, wie Sie bereits in das deutsche
Geistesleben einfach durch Verordnungen eingreifen. Es handelt
sich hier um ein wichtiges Kapitel unserer Rechtschreibung. Sie
haben sich zwar vorige Woche darüber lustig gemacht, als
Kamerad Dr. Klieber eine Interpellation eingebracht hat,
dahingehend, man möge in den Protokollen endlich die Rechtschreibung
"È" beseitigen und dafür das deutsche Lautzeichen
"Tsch" einführen. Sie haben sich lustig gemacht,
daß wir keine anderen Sorgen haben. Ich habe einen derartigen
Artikel in "Národní osvobození"
gelesen. Aber Sie machen aus solchen Kleinigkeiten Prestigefragen
für Ihr Volk. Sie haben uns in einem Wörterbuch, auf
das sich gerade die Interpellationbeantwortung bezieht, in dem
Wörterbuch von Velbinger und Stejskal "Regeln und Wörterverzeichnis
für die deutsche Rechtschreibung", erschienen im Staatsverlag,
für alle Ableitungen des Wortes Èech vorgeschrieben,
das Lautzeichen è èechisch und nicht deutsch zu
schreiben. Bis zur 5. Auflage war es möglich, das Wort "èechisch"
mit tsch zu schreiben. Jetzt müssen wir auf einmal ein unserer
Sprache fremdes Lautzeichen einführen. Bedenken Sie doch,
wie höchst unpädagogisch es ist, wenn in der Volksschule
der Lehrer den Kindern sagen muß: "Ihr müßt
das Wort Èeche mit einem fremden Wortzeichen schreiben,
weil das Wort ein Fremdwort ist." Sie machen dadurch selbst
den Staat zu einer Sache, die dem Kinde entfremdet wird. (Potlesk
poslancù sudetskonìmecké strany.) Der
Staat, der des Kindes Heimat sein soll, darf unmöglich mit
deutschen Lautzeichen geschrieben werden. Für diesen Staat
muß dem Kind ein fremdes Lautzeichen erst vorgemacht werden.
Ich glaube nicht, daß das im Sinne einer wahren staatsbürgerlichen
Gesinnung gelegen ist. Stellen Sie sich einmal vor, in Ihren "Pravidla
èeského pravopisu" würde einmal ein deutsches
Lautzeichen wie "tsch" erscheinen. Ich glaube, das ganze
èechische Volk stünde auf und würde sich dagegen
verwahren, daß man es auf diese Weise germanisieren wolle.
Und eine andere Sache, die uns ebenfalls sehr nahe geht, ist jene
Abschnürung vom deutschen Kulturleben, die wir fast jede
Woche aufs neue bestätigt bekommen. Denn das Verbot von deutschen
Zeitschriften und Büchern gehört fast zur täglichen
Rubrik einer jeden deutschen Zeitung. Dabei geht man soweit, daß
man nicht nur parteipolitische Literatur verbietet, sondern auch
wissenschaftliche Werke, die nicht nur das geistige Rüstzeug
darstellen für jeden Deutschen, sondern für jeden Menschen,
welcher Sprache er auch immer sein mag, der überhaupt wissenschaftlich
arbeiten will. Sie haben erst in jüngster Zeit den ersten
Band von Meyers Konversationslexikon verboten und wenn man dann
nachschaut, was eigentlich der Stein des Anstosses ist, dann sind
es manchmal nur 3 oder 4 Zeilen, weswegen ein ganzes Lexikon verboten
wird.