Ja, man geht noch weiter, man verbietet auch gewisse Gesangsbücher,
weil vielleicht das Lied von Friedrich Schiller darin ist "Frisch
auf, Kameraden; aufs Pferd, aufs Pferd!" Sie berufen sich
auf den Geist Schillers und weisen uns immerhin auf die Klassiker
und dort, wo wir uns der Klassiker selbst erinnern, verbieten
Sie uns diese Werke der Klassiker. Ich könnte da von "Wilhelm
Tell" auch was erzählen, das wäre ein sehr ausgiebiges
Gebiet.
Aber man geht noch weiter bis an die Grenze des Lächerlichen.
Man verbietet sogar Modezeitschriften und Kochbücher. Wodurch
solche Bücher staatsgefährlich sein sollen, ist mir
allerdings unbegreiflich.
Freilich, ein Haupthindernis oder besser gesagt eine Hauptursache
dabei ist, daß heute die geistigen Mittler zwischen Sudetendeutschtum
und èechischem Volk nicht Männer aus dem Lande sind,
sondern Emigranten, die ihre Aufgabe darin sehen, nicht zu verbinden
und zu vermitteln, sondern die Gegensätze erst aufzureißen.
Da sieht man aus solchen Wendungen, wie sie im deutschen Rundfunk
zu hören sind, wo deutsche Emigranten plötzlich ein
Interesse für das Sudetendeutschtum entdecken, wo sie sich
ausgeben als Apostel für das Sudetendeutschtum und am liebsten
eine geistige Führerrolle spielen möchten. Ich sage
Ihnen, solche Führer lehnt das Sudetendeutschtum ab.
Eine weitere Sache ist das Verbot des Schülerturnens. Es
ist Ihnen allen bekannt, daß ein Erlaß des Unterrichtsministeriums
vom 24. Mai d. J. den Direktionen der Schulen aufgetragen hat,
sie möchten feststellen, in welchen Vereinen der Arierparagraph
sich in den Satzungen findet und welche Turnvereine eine Zeitschrift,
die hier von der èechoslovakischen Zensur zensuriert wurde,
"Der Riegenabend" halten. Die Folge war, daß heute
eine Menge deutscher Schuldirektionen den Turnunterricht für
ihre Schüler verboten haben und es besteht die Gefahr, daß
90.000 Kinder, die diesen Turnunterricht genossen haben, und wofür
der Staat eigentlich dankbar sein sollte, plötzlich nicht
mehr die Möglichkeit haben, diesen Turnunterricht zu genießen.
Auf der einen Seite betont man bei jeder Gelegenheit die Erziehung
zur Wehrhaftigkeit und dort, wo ein großer Verband diese
Aufgabe auf sich genommen hat, ohne daß der Staat einen
Heller dazu beitragen muß, nimmt man ihm die Möglichkeit
dazu. Dabei sind die Satzungen vom Innenministerium genehmigt.
Es wäre die Frage zu stellen, ob man auch noch bei anderen
Vereinen, die nicht dem Turnverbande angehören, Erhebungen
pflegt, ob man auch in den jüdischen Turnvereinen, die einen
jüdischen Paragraphen haben, deswegen den Kindern verbietet
hinzugehen, weil angeblich dieser Paragraph Anlaß gibt zur
Erziehung zur Intoleranz.
Das sind Fragen, die das Sudetendeutschtum ungeheuer beschäftigen.
Auf diese Weise wird man in der Jugend keinen Sinn für den
Staat erziehen, der ihr jede Möglichkeit nimmt. Die Jungen,
die erst durch dieses Turnverbot aufmerksam gemacht werden, in
welchem Staate sie leben, werden niemals gute Demokraten werden.
Bei der staatsbürgerlichen Erziehung ist es notwendig, daß
man sie auch im Leben übt und daß man nicht draußen
im Leben die Menschen selbst durch unnötige Verbote entfremdet.
Wenn Sie hier Wandel schaffen wollen, dann schaffen Sie ihn auch
in Ihren Lehrbüchern. Sorgen Sie dafür, daß auch
Ihre èechischen Lehrbücher entsprechen, wie Sie es
von unseren deutschen Lehrbüchern verlangen, daß nicht
immer wieder die These in den Geschichtsbüchern auftaucht,
die heute immer noch eigentlich die wissenschaftliche Grundlage
Ihrer Geschichtsauffassung ist, die These Palackýs, daß
der Sinn der böhmischen Geschichte der Kampf zwischen Deutschen
und Èechen sei.
Sorgen Sie auch dafür, daß in Ihren Lehrbüchern
die Sudetendeutschen nicht als Kolonisten hingestellt werden und
damit als minderwertige Leute, die keinen Anspruch auf irgendwelche
kulturelle Gleichberechtigung haben. So wird keine Toleranz erzogen.
Sie wollen Toleranz in den deutschen Schulen, sorgen Sie auch
für eine Toleranz in den èechischen Schulen! Wir richten
uns in unserer ganzen Kulturpolitik nach einem Worte Masaryks,
das ich an den Schluß meiner Rede setzen möchte: "Es
gibt kein natürliches Recht eines Volkes über ein anderes
Volk, es gibt kein natürliches Recht, einem Volke nicht die
Möglichkeit zu geben, daß es sich auf seine Weise zu
den Idealen der Humanität entwickle." (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.)
Hohes Haus! Das Kapitel soziale Fürsorge im Staatsvoranschlag
ist ein Spiegel der Sozialpolitik unseres Landes, der Sozialpolitik,
die in der Zeit der langen Wirtschaftskrise zu noch größerer
Bedeutung gelangt ist, als das einstmals der Fall war. Wir können
feststellen, daß das große Werk der Sozialpolitik
früherer Jahre in unserem Lande während der Krisenzeit
erhalten geblieben ist. Das ist nicht in allen Ländern der
Fall. Im heutigen Deutschland, wo einst das Prachtstück der
Weimarer Verfassung das große soziale Arbeitsrecht war,
hat die Totalität dieses Prachtstück vernichtet. Im
heutigen Österreich, im Ständestaat, erfolgt der fortgesetzte
Abbau der sozialen Rechte der Arbeiter und Angestellten. Die Krisenzeit
erfordert ein besonderes Stück Sozialpolitik und Arbeitsrecht.
Heute fließen Wirtschaft und Sozialpolitik ineinander und
vor allem braucht die Wirtschaft den Staat auf dem Wege aus der
Krisenzeit zur neuen Konjunktur. Wir verzeichnen das Entstehen
bestimmter Organisationsformen einzelner Industriezweige, die
sogenannte Syndizierung. Wenn diese neuen Organisationsformen
entstehen, so wird der Staat den Anspruch geltend machen, an diesem
neuen Wirtschaftsgebilde mitzuarbeiten, aber auch die Arbeiter
und Angestellten.
Der Berichterstatter zum Budget hat ebenfalls erklärt, daß
die diesmalige Verhandlung des Staatsvoranschlages doch im Zeichen
einer Wirtschaftsbelebung erfolgt. Tatsächlich, so wurde
hier schon festgestellt, verzeichnen wir eine Senkung der Arbeitslosigkeit,
aber unsere Notstandsgebiete an den Grenzen unseres Landes bleiben
ungefähr um die Hälfte in der Senkung der Arbeitslosenziffer
zurück. Deshalb begrüßen wir es, daß durch
den Herrn Staatspräsidenten Dr. Beneš in Reichenberg
und durch den Herrn Ministerpräsidenten Dr. Hodža
in den Verhandlungen des Budgetausschusses und sonst verkündet
wurde, daß der staatlichen Aktion für die Wiederaufrichtung
der Industrie in den deutschen Gebieten das Wort geredet wird,
welchem Worte die Tat folgen soll. Die deutsche sozialdemokratische
Arbeiterpartei und der deutsche Gewerkschaftsbund beteiligen sich
mit Vorschlägen an diesem wirtschaftlichen Wiederaufbau und
dem Aufbau der sozialen Erfordernisse für unsere Notstandsgebiete.
Das hat in der Generaldebatte zum Budget auch in meritorischer
Beziehung mein Parteigenos se Kögler gestern hier
ausgeführt. Ich füge bei, daß wir nach einer Erhebung,
die unsere Gewerkschaften im Jahre 1934 durchführten, in
unseren Notstandsgebieten 560 größ ere stillgelegte
Betriebe zu verzeichnen sind. Unter diesen sind viele, wo die
Möglichkeit der Wiederbelebung gegeben ist; manche Betriebe
können mit staatlicher Hilfe wieder in Bewegung gesetzt werden.
So wird es gut und richtig sein, wenn nach der Devalvation weitere
Exporthilfe folgt, insbesondere in der Porzellan-, Glasund Textilindustrie.
Einer Sorge will ich hier namens meines Klubs neuerlich Ausdruck
geben. Wir erwarten nach den offiziellen Erklärungen, daß
der Aufnahme deutscher Arbeiter und Angestellten im Staatsdienste,
im Verwaltungsdienste, bei der Eisenbahn, Post, in den Tabakfabriken
und in den privaten Betrieben, die unter staatlichem Einfluß
stehen, das notwendige Augenmerk zugewendet wird, um mit der nationalen
auch eine bedeutende wirtschaftliche Befriedung zu erzielen.
Wir möchten bezüglich der Investitionsarbeiten, die
nun in größerem Ausmaße erfolgen, hier wieder
unserem Wunsche Ausdruck geben, daß bei der Vergebung der
Aufträge an die Unternehmer in den Notstandsgebieten die
Beschäftigung der heimischen Arbeiter zum Grundsatz genommen
wird, daß aber sonst die Beschleunigung in der Erledigung
eingereichter Projekte immer wieder Gegenstand unseres Vorbringens
ist. Es ist manchmal erforderlich, daß, um die entsprechende
Anzahl von Arbeitern wieder in die Betriebe einzustellen, die
Liefertermine bei Staatsaufträgen nicht allzu kurzfristig
gestellt werden, eben unter Berücksichtigung der möglichst
weitgehenden Einstellung und Beschäftigung von Arbeitskräften.
In dies em Zusammenhang möchte ich die Verhandlung über
die vorliegenden Anträge zur Verkürzung der Arbeitszeit,
der Vierzigstundenwoche reklamieren. Es handelt sich bei der Verkürzung
der Arbeitszeit um eine wirtschaftliche Maßnahme, um eine
Krisenmaßnahme ersten Grades, nicht so, wie der Herr Kasper
von der SDP am 10. März in einer gesamtstaatlichen Arbeitertagung
sagte, daß nur die Marxisten erklären. es handle sich
um ein Allheilmittel gegen die Wirtschaftskrise. Nein, das durfte
Herr Kasper wahrscheinlich den vertretenen Unternehmern
nicht antun. Daher meinte er, es ist das zwar eine schöne
Sache, aber kein Allheilmittel. Wir aber erklären, wie gesagt,
daß die Verkürzung der Arbeitszeit eine Krisenmaßnahme
ersten Grades ist und es ist richtig, was Herr Minister Neèas
im Budgetausschuß sagte, daß die Verkürzung
der Arbeitszeit nicht nur in unserem Staate, sondern in allen
Krisenländern am Anfang der Krise stehen sollte.
Nach der technologischen Rationalisierung ist die Verkürzung
der Arbeitszeit unerläßlich und es ist unser Wunsch,
daß die vorliegenden Anträge im Abgeordnetenhaus zur
Verhandlung gelangen. Noch verzeichnen wir gesamtstaatlich 439.000
Arbeitslose nach der letzten amtlichen Monatsstatistik. Wir sind
trotz unserer Feststellung einer Wirtschaftsbelebung mit dieser
Ziffer noch lange nicht bei der Arbeitslosenziffer des Jahres
1931, also beim Anlauf der großen Krise, angelangt. Besonders
in unseren Gebieten haben wir, was zu unterstreichen ist. jahrelang
Arbeitslose. Zum Schutz für die Arbeitslosen, ihrer Lebenserhaltung,
haben wir als Arbeitslosenversicherung die ganze Zeit nur den
Staatszuschuß zur Unterstützung der Arbeitslosen, das
Genter System, für welches die Gewerkschaften ungeheuere
finanzielle Leistungen erbracht haben.
Im Laufe der Krisenzeit wurden Veränderungen in den Leistungen
des Gesetzes vorgenommen, der Staatszuschuß wurde mit Rücksicht
auf die immer größer werdende Zahl der Arbeitslosen
verringert, er erfuhr dann im Jahre 1935 wieder eine teilweise
Besserung. Daneben wurden den Gewerkschaften weitgehende administrative
Vorschriften für die Durchführung der Auszahlung des
Staatszuschusses zur Arbeitslosenunterstützung auferlegt.
Nun hören wir gegenwärtig von Vorschlägen des Finanzministeriums,
die, so scheint es uns, sehr zur Unzeit kommen. Sie gipfeln, soweit
wir davon Kenntnis haben, in der Absicht, die Abarbeitung der
Unterstützungen, soweit der Staatszuschuß zur Arbeitslosenunterstützung
in Betracht kommt, zu verlangen. Das ist eine unmögliche
Forderung, weil es sich um erworbene Versicherungsleistung handelt
und für Arbeit muß man Lohn verlangen. nicht Arbeit
für Unterstützungen. Es wird die Einschränkung
der Unterstützungsleistungen für die Saisonarbeiter
verlangt, ohne die Wandlungen und technischen Veränderungen
zu berücksichtigen, die in mehreren Berufen vor sich gegangen
sind und ohne die Unmöglichkeit zu berücksichtigen,
daß die Saisonarbeiter nicht wie früher im Winter in
einer Fabrik Beschäftigung finden können. Das Finanzministerium
hat in seinen Vorschlägen die Forderung enthalten, daß
die Gewerkschaftsverbände höhere Leistungen in die Unterstützungsfonde
geben sollen. Das Finanzministerium erklärt auch, daß
die Gewerkschaften in dieser Zeit sich nahezu ausschließlich
der Arbeitslosenunterstützung widmen sollen. Wir können
sagen, daß es bei unseren Verbänden die größten
Krisenberufe waren, die im Laufe des Jahres 1932, insbesondere
aber im Jahre 1933 bis zu 100% und über 100% ihrer Einnahmen
den Unterstützungsleistungen nach dem Genter System widmen
mußten. Aber es ist selbstverständlich, daß diese
Leistungen nur Vorschüsse an die Arbeitslosenfonds sein konnten.
In der Verwaltungsarbeit sind die Gewerkschaften bereits so überladen,
daß tatsächlich neue Vorschriften nicht mehr erforderlich
sind. Die Gewerkschaften tragen bereits heute die Verantwortung
für die Verwaltung des Staatszuschusses im vollen Umfange.
Ferner wird angedeutet, daß das Finanzministerium für
die Aufhebung der produktiven Arbeitslosenfürsorge sei. Wir
meinen, daß das keine Förderung der Arbeitsbeschaffung
wäre, die in der letzten Zeit wirklich erfolgreich betrieben
wurde. Schließlich spricht sich das Finanzministerium für
die Einschränkung der Ernährungsaktion aus, die seinerzeit
unter der Wirksamkeit des Ministers für soziale Fürsorge
Dr. Czech ins Leben gerufen und seither ausgebaut wurde
und, obwohl auf keinem Gesetz beruhend, die einzige Unterstützungsaktion
für jene Arbeitslosen ist, die nicht nach dem Genter System
unterstützt werden oder ausgesteuert sind. Schon die heutigen
Ausscheidungen, die seit einiger Zeit vorgenommen werden, wirken
sich unheilvoll aus. Wir bekommen aus den einzelnen Gebieten Mitteilungen,
nach welchen z. B. in einem Bezirke meines Wahlkreises, weil die
in der Ernährungsaktion Stehenden sich weigerten, für
90 Heller Stundenlohn auf einem staatlichen Meierhof zu arbeiten,
aus der Ernährungsaktion ausgeschieden wurden, ohne daß
der Leiter der Bezirksbehörde die zuständige Sozialkommission
befragt hätte.
Wir wollen in Besprechung dieses Kapitels, als wichtigste Sache
der nächsten Zeit, betonen, daß mit der Wirtschaftsbelebung
es notwendig wird, die Löhne und Gehälter unserer Arbeiter
und Angestellten zu erhöhen. Wir sind ein Land der niedrigen
Löhne und Gehälter geworden. Lohnerhöhungen sind
heute eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit, um die Konsumkraft
unserer Massen endlich zu steigern. Der Herr Minister für
soziale Fürsorge hat in seiner Darstellung im Budgetausschuß
ein umfassendes Bild der Lohnsenkungen während der Krisenzeit
gegeben. Es ist in den sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen
Einzelfragen, die wir als Krisenmaßnahme zu verzeichnen
haben, die jetzige Verordnung über das Verbot der willkürlichen
Betriebsstillegungen zu verzeichnen, das ebenfalls nach dem Bericht
des Fürsorgeministers ein gutes Ergebnis zeitigte, indem
rund 48.000 Arbeitern dadurch die Arbeit erhalten wurde. Notwendig
ist die Verlängerung der Verordnung über die Betriebsstilllegungen
und ebenso notwendig ist die Schaffung eines Kollektivvertragsgesetzes
anstelle der bisherigen Krisenverordnungen. Anstelle der jetzigen
Verordnung über die Betriebsstillegungen muß nach den
geltenden Bestimmungen ein dauerndes Schutzgesetz geschaffen werden.
Mit der Verordnung vom 9. Juni d. J. ist endlich der Anfang zur
Regelung der Arbeitsvermittlung erfolgt, und zwar wurde sie obligatorisch
gemacht. Diese Verordnung wird vielfach bekämpft und wir
haben bei uns in Nordböhmen festgestellt, daß in verschiedenen
Betrieben bei der Aufnahme von Arbeitern Terror geübt wird.
(Rùzné výkøiky.) Vielleicht
hören Sie sich das an. Im März d. J. lesen wir in der
"Reichenberger Zeitung" folgenden Aufruf: "Wir
teilen unseren Kameraden mit, daß die SdP. in Reichenberg
für unsere Kameraden eine Stellenvermittlung eingerichtet
hat. Die Volksgemeinschaft erfordert hier die restlose Mitarbeit
aller. Daher treten wir an unsere Arbeitgeber mit der Bitte heran,
alle zu besetzenden Arbeitskräfte unserer Arbeitsvermittlung
bekanntzugeben. Für die Arbeitsvermittlung: Franz Schuster,
Arbeitsvermittlungsstelle, Spitalsgasse 35." Die SdP. macht
also als politische Partei (Posl. Kundt: Wo denn?) - ich
habe es gerade hier verlesen, Sie müssen eben aufpassen -
eine Arbeitsvermittlung in der Absicht auf, den Betriebsterror,
auf den ich eben verwies, mit Hilfe ihrer Kameraden Unternehmer
zu betreiben.
Es ist daher notwendig, der Regierungsverordnung über die
Arbeitsvermittlung faktisch Geltung zu verschaffen und diesen
Terror zurückzudrängen.
Aus dem Komplex der Sozialversicherungsfragen seien folgende erwähnt:
Die Unterstützung der Überalten, die nicht mehr in die
Sozialversicherung kamen, muß nach unserem Antrag Druck
Nr. 144 vom Jahre 1935 durchgeführt werden. Der finanzielle
Aufwand ist so erträglich, daß diese notwendige Einbeziehung
endlich auf gesetzlichem Wege erfolgen kann. Dringend notwendig
ist das Überweisungsgesetz, das im Ministerium für soziale
Fürsorge bereits vorbereitet ist und die Übertritte
zwischen Sozialversicherung und Pensionsversicherung regeln soll.
Ebenso dringlich ist die Heilfürsorge für die Arbeitslosen,
die jetzt auf den Bezirken beruht; hier muß ein Ausbau erfolgen
und der ist ebenfalls für den Staat mit einem verhältnismäßig
geringen Kostenaufwand möglich. Ferner sei noch an die land-
und forstwirtschaftlichen Arbeiter erinnert, wir wünschen
diesbezüglich die Ausdehnung der Unfallversicherungspflicht
auf alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
Zu der Angelegenheit der Privatangestellten will ich bemerken:
Das Privatangestelltengesetz vom 11. Juli 1934 stößt
auf den Widerstand vieler Unternehmer, deutscher Unternehmer,
gegen die Einbeziehung der technischen Angestellten, gewisser
Kategorien der Meister. Auch hier muß durch die Durchführungsbestimmungen
dieser Widerstand beseitigt werden. Dringend notwendig ist auch
die Verabschiedung des Gesetzes über die Reisenden und Vertreter,
um deren Rechtsstellung zu sichern und die endliche Einführung
der ganzstaatlichen Sonntagsruhe im Handelsgewerbe. Die beabsichtigte
Krankenversicherung der Privatangestellten ist auf der Grundlage
von Gebietsanstalten bei Selbstverwaltung der Versicherten aufzubauen.
Die Arbeitslosigkeit unserer Jugend ist gewiß das schwerste
Problem. Hier bedarf es vorbereitender Maßnahmen, die ja
auch bei den behördlichen Stellen liegen. Notwendig ist die
stärkere Berufsausbildung und Einschulung der Jugendlichen,
weil bereits heute bei dem schwachen Wiederaufleben der Industrie
in verschiedenen Berufen und Betrieben ein Mangel an Nachwuchs
von Fachund Qualitätsarbeitern besteht. Im Gegensatz zu gewissen
Vorschlägen des Finanzministeriums, von denen ich vorher
sprach, soll die besondere Ernährungsaktion für Kinder
und Jugendliche bei langdauernder Arbeitslosigkeit in unserem
Gebiet eingerichtet werden. Wir haben gewiß mit Bewegung
die Ausführungen des Herrn Gesundheitsministers im Ausschuß
über die gesundheitliche Lage der Kinder und Jugendlichen
zur Kenntnis genommen, die durch die lange Dauer der Wirtschaftskrise
verschuldet wird. Mit einem nochmaligen Hinweis auf gewisse andere
Vorschläge bedauern wir es, wenn man feststellen will, ob
Jugendliche vielleicht durch die Unterstützung zum Müssiggang
verleitet würden. Man muß ihnen vorher einmal Brot
geben. Notwendig ist aber auch ein Gesetz, durch das die einjährige
Weiterbeschäftigung der Lehrlinge -nach der Auslehre gesichert
wird.
Ich habe diese Bemerkungen zum Kapitel Soziale Fürsorge gemacht
in der Überzeugung, daß sie der raschesten Erwägung
wert sind. Wir erwarten, daß die Tätigkeit des Abgeordnetenhauses
in der nächsten Zeit sozialpolitischen Gesetzesvorlagen wieder
stärker gewidmet sein wird. Die Hebung der Lebenslage der
Arbeiter und Angestellten und der arbeitenden Jugend ist wirtschaftlicher
und sozialpolitischer Fortschritt im Interesse unseres Staates.
(Potlesk.)