Es wurden in letzter Zeit in diesem Hause große Worte über
die Verständigung des Sudetendeutschtums mit dem èechischen
Volk, über die Beseitigung der psychologischen Hindernisse,
über die Beseitigung der Mauern gesprochen, die von unverantwortlicher
Seite zwischen den Völkern errichtet wurden, und es wurde
über die Möglichkeiten dieser Beseitigung debattiert.
Ich will nur einige Haupthindernisse, die größten Mauern,
die sich gegenwärtig zwischen der Bevölkerung und Staatsgewalt
einschieben, behandeln. Es handelt sich hier um die Tätigkeit
unserer Verwaltungsbehörden, unserer Bezirksbehörden,
der Kommissariate der Staatspolizei, der Gendarmerie und der Staatspolizisten
selbst. Die Grundlage unseres politischen Lebens ist die öffentliche
Versammlung. Diese Versammlungsfreiheit ist in der Verfassung
garantiert und durch das Vers ammlungsgesetz näher geregelt.
Es hat den Anschein, alsob den Bezirksbehörden und den Kommissären
scheinbar nicht sehr viel daran gelegen ist, daß dieses
verfassungsmäßig garantierte Recht auch allen Staatsbürgern
in gleichem Maße zukomme. Denn wie wäre es sonst möglich,
daß z. B. eine Bezirksbehörde erklärt, die "freie
Aussprache" als Tagesordnungspunkt entspreche nicht den Erfordernissen
über die Angaben des Zweckes der Versammlung. Der ehemalige
Präsident Masaryk hat das Wort "Demokratie ist
Diskussion" geprägt. Der Leiter der Bezirksbehörde
in Saaz scheint jedoch dieser Ansicht nicht zu sein und will die
freie Aussprache unmöglich machen. Eine andere Bezirksbehörde
wieder ist der Meinung, die "Aussprache eines Abgeordneten"
sei zu allgemein und zu unbestimmt, um eine Versammlung derartigen
Inh alts bewilligen zu können. Im allgemeinen kann man sagen,
daß jede Bezirksbehörde unter dem Titel "Störung
der öffentlichen Ruhe und Ordnung" jede Kundgebung und
jede Versammlung verbietet, wenn es ihr nicht in den Kram paßt
oder wenn irgend jemand will, der vielleicht irgend ein Interesse
daran hat. Mit dieser Motivierung hat man uns die großen
Kundgebungen im Laufe dieses Sommers, in Falkenau, Teplitz und
sogar unseren Reichsparteitag verboten, während man die Reichsparteitage
anderer Parteien, der Regierungsparteien nicht nur nicht verboten,
sondern noch mit allen zulässigen Mitteln gefördert
hat. Man verbietet uns das Spielen von Märschen, Musik, das
Singen von Liedern. Man beruft sich da auf ein Patent Ferdinands
des Gütigen aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts. Wir
glauben doch, daß es notwendig wäre, die so moderne
Verfassung der Èechoslovakei und die moderne Rechtspraxis
der Èechoslovakei nicht auf Patente aus dem Beginn des
vorigen Jahrhunderts zu gründen.
Ein weiterer sehr beliebter Vorwand zu Verboten von Kundgebungen
ist die Nähe der Grenze. Dieses Verbot gilt wohl für
die Sudetendeutsche Partei, nicht aber für die Sozialdemokraten,
im Gegenteil man unterstützt diese sogenannten Grenzlandkundgebungen,
indem man aus dem Innern Böhmens mit Autobussen und Sonderzügen
Verstärkungen der Sozialdemokraten in die deutschen Grenzgebiete
führt, um diese Kungebungen recht kräftig zu gestalten.
Wem will man damit imponieren? Uns Sudetendeutschen kann man mit
zugeführten èechischen Genossen nicht imponieren.
Und ob man drüben über der Grenze damit etwas erreichen
wird, bezweifle ich gleichfalls.
Eine weitere zweite Begründung der Bezirksbehörde Eger,
ist folgendes: Anzeige der Versammlung: "Begrüßung,
Vorrede des Bezirksleiters X X, politischer Lagerbericht des Abg.
Kundt, freie Anträge und Schluß" entspricht nicht
den gesetzlichen Bestimmungen und muß verboten werden, "weil
der Zweck der Versammlung nicht aus der Anmeldung hervorgeht".
Ich glaube, darüber ist überhaupt kein Wort zu verlieren.
Es zeigt besonders klar, wie die Bezirksbehörde Eger ihre
Machtstellung auffaßt. Sonderbar ist, wenn diese Bezirksbehörde
u. zw. der Bezirkshauptmann noch hergeht und einen Mann klagt,
weil er öffentlich sagte, die Behörde gehe schikananös
vor [ ].
Bei der Erntedankfesten hat es die Behörde nicht gerne, wenn
politische Reden gehalten werden. Es ist sogar vorgekommen, daß
überhaupt ein Sprachverbot für die Parlamentarier der
Sudetendeutschen Partei erlassen wurde und uns ist nicht bekannt,
daß für Parlamentarier des Bundes der Landwirte bei
Erntedankfesten ähnliche Verbote erlassen worden sind. Ich
weiß aber auch nicht, ob außer dem angeblich so großen
Erntedankfest in Saaz noch irgendwelche Dankfeste des Bundes der
Landwirte stattgefunden haben, so daß die Behörden
die Möglichkeit gehabt hätten einzuschreiten. Die Regierungskommissäre,
die Vertreter der Behörden bei den Versammlungen maß
en sich nach und nach Rechte an, überhaupt das Thema der
Versammlung zu bestimmen. Es gefällt ihnen z. B. nicht, wenn
über die Selbstverwaltung gesprochen wird. Sie sind nicht
damit einverstanden, wenn in Versammlungen über das Grenzlerproblem
gesprochen wird, ja sie verbieten sogar Versammlungen und verwarnen
den Redner, wenn er die Tätigkeit der deutschen Regierungsparteien
kritisiert. Auch eine Kritik der Verhältnisse der Sowjetunion
halten Regierungsvertreter nicht mehr für angezeigt, fraglos
weil wir ein Bündnis mit Rußland haben. Die sudetendeutsche
Not ist ebenfalls ein Kapitel, das von Regierungsvertretern nicht
gerne gehört wird und auch die Kritik an der Tätigkeit
der Jungaktivisten scheint nicht die Genehmigung der Regierungsvertreter
zu finden.
Ich will über die Schikanen der Gendarmerie und der Behörden
bei § 2-Versammlungen nicht weiter sprechen, darüber
liegen beim Innenministerium Stöße von Interpellationen
vor und wenn der gute Wille besteht, die Versammlungsfreiheit,
die verfassungsmäßig garantiert ist, durchzusetzen,
hat der Innenminister jederzeit die Macht und Möglichkeit,
hier einzugreifen und diese Mißstände und Schikanen
abzustellen. Es ist z. B. unerfindlich, warum ein Regierungsvertreter
den Beifall in der Versammlung verbietet, warum er Ausdrücke
des Mißfallens verbietet, warum er sogar eine Versammlung
auflöst, wenn ein Redner zu laut gesprochen hat. Ich glaube,
für diese Kritiken und für diese Behandlung von Parlamentariern,
von freigewählten Volksvertretern ist wohl auch das Wort
Schikane nicht mehr zutreffend, da müßten schärfere
Worte gefunden werden.
Im allgemeinen muß heute festgestellt werden, daß
jeder kleine Konzeptsbeamte, jeder Vertreter der Polizeibehörde
und der Bezirksbehörde sich heute das Recht anmaßt,
die freigewählten Volksvertreter, die staatlich anerkannten
Gesetzgeber einer Zensur zu unterziehen und ihnen vorzuschreiben,
worüber sie und was sie zu reden haben. Ich glaube, daß
diese Ansicht der Vertreter der Regierung bei Versammlungen nicht
nur der Verfassungsurkunde und den geltenden Gesetzen, sondern
auch jeder Praxis der in diesem Staate heute gebräuchlichen
Demokratie widerspricht. (Výkøiky: Provokateure
sind sie!) Es ist eine ausgesprochene Mißachtung der
Versammlungsfreiheit, der Redefreiheit des Parlamentariers durch
diese Behördenvertreter eingetreten. Ich möchte hier
nur ein Wort zitieren, das Altpräsident Masaryk geprägt
hat: "Der Staat, der sich vor den Kundgebungen seiner Bürger
fürchtet, der unbequeme Äußerungen oder gedruckte
Worte mit Gewalt unterdrückt, kann heute keine Achtung finden".
Ich glaube, es wäre notwendig, daß die Regierung diesen
Grundsatz allen Vertretern der Behörde bei Vers ammlungen
beibringt, damit sie sich künftighin gegenüber den gewählten
Gesetzgebern anständiger benehmen.
Ich möchte nun kurz auf die Tätigkeit der Staatspolizei
und Gendarmerie im sudetendeutschen Gebiet eingehen. Mein Kamerad
Rosche hat bereits erwähnt, daß man heute im
sudetendeutschen Gebiet das Gefühl hat, daß man in
einem Konzentrationslager sitzt. Ich möchte nur die verantwortlichen
Herren der Regierung und des Innenministeriums ersuchen, doch
einmal in das sudetendeutsche Gebiet persönlich hinauszugehen
und nach der Meinung des Volkes herumzufragen oder sich nur die
Relationen der Vertreter bei unseren Versammlungen geben zu lassen.
Dann werden Sie die wahre Meinung des Volkes erfahren. Natürlich,
von den Herren Ministern Zajièek, Spina und
Dr. Czech werden Sie diese wahre Meinung des Volkes nicht
erfahren, weil sie begründete Ursache haben, diese Meinung
des Volkes zu verheimlichen.
Ich erinnere hier nur an die Troppauer Vers ammlung der sudetendeutschen
Arbeiterpartei vom 29. Feber 1936, wo der Regierungsvertreter
[ ] Vorgehen zugunsten der deutschen Arbeiterpartei an den Tag
legte, den Vertreter der SdP. nicht sprechen ließ und durch
blindes brutales Einschlagen auf die Versammlungsteilnehmer die
Ursache einer Panik war, die vielleicht noch zu Schlimmerem hätte
führen können.
Die Karlsbader Staat spolizei, die Polizei im "Auge des Staates",
die Polizei im Weltkurort Karlsbad hat nachgerade bereits [ ]
Berühmheit erlangt. Ich erinnere daran, als eine Gewerbedeputation
am 28. Juni v. J. sich zur Bezirksbehörde begeben wollte,
wie damals diese Deputation dieser Marsch [ ] ausartete, [ ].
Ich erinnere weiter an die Arbeitslosenvers ammlung vom 6. Feber,
wo ebenfalls ohne vorherige Warnung von der Karlsbader Polizei
sofort mit der Prügelei begonnen wurde. Ich will nicht über
die Nadelstiche und Sekaturen sprechen, die heute durch die Gendarmerie
vorgenommen werden. Ich will nicht von den weißen Strümpfen,
von den Hakenkreuzknöpfen an Hubertusmänteln, von den
Lebensmittelkarten, den Erhebungen aller Art, von Beanständungen
von Abzeichen, von Gutachten über die Verläßlichkeit
bei Arbeitereinstellungen, von der Entfernung von Henleinbildern
in Gasthäusern, von der Feststellung der Parteizugehörigkeiten
von Rekruten, von der Verweigerung von Grenzscheinen wegen der
Zugehörigkeit zu Oppositionsparteien, von der Forderung der
Vorlage der Mitgliederlisten usw. sprechen. Das sind nur die kleinen
Dinge, die aber doch im ganzen die Gesinnung und das System, mit
dem heute in diesem Staate von Seite der Exekutive gegen die Bevölkerung
vorgegangen wird, aufzeigen.
Es geht uns jetzt aber um etwas anderes. Wenn Sie heute in das
Volk hinaushorchen und über die Gendarmerie und Staatspolizei
sprechen, dann hören Sie aus den Mitteilungen der Menschen
heraus, daß heute irgendetwas nicht in Ordnung ist, und
man erfährt so nach und nach, daß sich heute bei der
Staatspolizei und auch bei der Gendarmerie ein System eingebürgert
hat, [ ]. Gehen Sie hinaus und reden Sie auch mit den Rechtsanwälten!
Es wird ihnen jeder unter vier Augen nicht nur einen, sondern
mehrere Fälle sagen können, [ ]. Die Verfolgung derartiger
Fälle ist außerordentlich erschwert, denn es kommt
ein Mann auf die Gendarmerie, wird von 3 oder 4 Gendarmen verprügelt
und hinausgeworfen, und wenn der Mann vielleicht dann eine Beschwerde
machen oder Anklage erheben würde, so stände seiner
unwichtigen Aussage der Amtseid von 4 Gendarmen entgegen und die
Angelegenheit würde, wie bereits in natura vorliegt, damit
enden, daß der Mann auf Monate wegen Verleumdung von Amtsorganen
in den Kerker wandert. Aus diesem Grunde also hören Sie sogar
von Rechtsanwälten, daß sie von einer Verfolgung derartiger
Angelegenheiten Abstand nehmen wollen und keine Möglichkeit
sehen, hier einzugreifen. Wir haben einige ganz drastische Fälle
ges ammelt, bei denen es möglich ist, den Beweis zu erbringen.
[ ].
Einige Fälle werde ich Ihnen zur Kenntnis bringen. Zum Beispiel
der Fall des Bauern aus Südmähren, der nach Znaim fährt,
nie in seinem Leeben ein Einbahnzeichen gesehen hat, und deshalb
weil er in einer Einbahnstraße falsch fährt, auf die
Polizei geführt und dort so gescblagen wird, daß man
noch an diesen Photographien (ukazuje fotografie) die Striemen
von den Gummiknütteln sehen kann.(Výkøiky:
Pfuj!) Wenn dann der Mann, der zufälligerweise auf Grund
seines eigenen corpus delicti Beweise erbringen kann, die Strafanzeige
macht, bekommt dieser Polizist 24 Stunden bedingt, bleibt weiter
Polizist und kann sein Schindluder mit der Bevölkerung weiter
treiben. (Hluk.)
Auch die Finanzwache will hinter diesen Methoden nicht zurückstehen
und bemüht sich, gleichen Schritt mit Gendarmerie und Polizei
zu halten. Ein gewisser Willy Kunzmann aus Böhm. Hammer wurde
im Orte in der Nacht von jemandem mit der Taschenlampe angeleuchtet,
und als er um Legitimierung desjenigen ersuchte, der in anleuchtete,
erhielt er bereits einen Hieb mit dem Gewehrkolben über den
Schädel, so daß er ohnmächtig zus ammenbrach.
Er wurde weiters auf die Gendarmeriestation in Schmiedeberg geführt
und dort mit Gummiknüppeln weiter traktiert mit dem Bedeuten,
man werde es ihm schon beibringen. Als Kunzmann dagegen protestierte,
wurde er noch von dem Gendarmen wiederholt mit der Faust auf den
Schädel geschlagen.
Der Fall Rosshaupt liegt bereits ein Jahr zurück, ist aber
für die Vorgangsweise besonders des Gendarmeriefahndungskommandos
in Eger darart typisch, daß ich ihn vorbringen muß.
Damals fand eine Demonstration gegen die Parzellierung eines Restgutes
statt und im Anschluß an die Demonstration wurde von unbekannten
Tätern der Telephondraht zwischen Rosshaupt und Pfraumberg
zerschnitten. Am nächsten Tagage erschien das Fahndungskommando
in Rosshaupt und setzte den ganzen Ort unter Belagerungszustand,
verhaftete beinahe die ganze männliche Einwohnerschaft, verprügelte
alle Verhafteten und ging auf die Straße, um auch alle auf
der Straße gehenden Zivilisten, Frauen und Kinder zu verprügeln.
(Výkøiky: Pfuj!) Dieser Tatbestand wurde
erhoben, auch den Behörden gemeldet, bisher ist aber nichts
geschehen. Ich war wenige Tage nach diesem Vorfalle selbst in
Rosshaupt, habe mit dem Stationskommandanten gesprochen und ihm
vorgehalten, daß man bis auf 100 m das Prügeln und
das Geschrei der Verprügelten hören konnte. Darauf erwiderte
er mir, es ist niemand geprügelt worden, aber er erinnere
sich, daß an jenem Tage der Polizeihund schlimm gewesen
sei und Hiebe bekommen habe, woher wahrscheinlich das Gebrülle
und die Hiebe kamen. Ich bin überzeugt, daß alle dort
anwesenden Gendarmen - vielleicht sieben oder zehn an der Zahl
- ohne weiters den Diensteid schwören würden, daß
nicht ein einziger von den Rosshauptern verprügelt wurde,
sondern daß nur der Hund Prügel bekommen habe.
Die Staatspolizei in Marienbad hat sich ebenfalls diesen Methoden
angeschlossen. Es wurde ein gewisser Richard Pohl aus Auschowitz
zum Verhör zur Staatspolizei nach Marienbad gebracht, und
zwar wegen eines Vorfalls, der sich angeblich am Turnplatz abgespielt
haben sollte. Junge Burschen hatten miteinander eine Streiterei,
und da ein Teil derselben von der Streitigkeit am Turnplatz war,
nahm man an, daß es sich hier um eine Übung handelt.
Der Mann wurde nun zum Polizeinspektor Fürst gebracht und
ins Verhör genommen, und als Inspektor Fürst nicht die
Antwort bekam, die er erwartete, gab er dem Pohl eine derartige
Ohrfeige, daß er sofort Nasenbluten bekam. (Hluk. -
Výkøiky posl. Wollnera.) Auf seinen Protest
kam noch ein weiterer Polizeiinspektor dazu, und zwar der Polizeiinspektor
Veèera, und Fürst schrie dabei: "Bleiben Sie
sitzen!" und verabfolgte ihm weitere Ohrfeigen. Als zufällig
ein anderer Zeuge ins Zimmer kam, sah er, wie sich Pohl seine
blutende Nase mit der Hand abwischte. Deshalb erhielt Pohl von
Polizeiinspektor Fürst wiederum Ohrfeigen. Da er nicht sofort
die Hand abwischen wollte, gewissermaßen zur Beseitigung
des corpus delicti, wurde er noch einmal geprügelt. (Hluk.)
[ ]. Bei einem sofort nachher durchgeführten Augenschein
durch den Arzt Dr. Gnad wurde eine Verletzung des Auges konstatiert.
Bei einem Verhör bei der Polizeibehörde zieht man sich
also eine Augenverletzung zu.
Ein weiterer sehr interessanter Fall ereignete sich bei der berüchtigten
Staatspolizei in Karlsbad. Als ein gewisser Herr Goblirsch an
einer falschen Stelle parkte, wofür man sonst eine Strafe
von 5 bis 10 Kè bezahlt, wurde er mit auf die Wachstube
genommen. Ein Wachmann erklärte dem Goblirsch vorher, der
sagte, daß er die èechische Sprache nicht beherrsche,
es sei seine Pflicht, die Staatssprache zu beherrschen, wenn er
in Karlsbad etwas verrichten wolle. Als der Mann in das Wachzimmer
kam, brüllte ihn der diensthabende Wachmann, Inspektor Kadidlo,
sofort an: Stehen sie gerade! Und zur Begrüßung gab
er ihm einen Hieb mit der Faust auf den Kopf. Dann bekam Goblirsch
mehrere Ohrfeigen ins Gesicht und weitere Faustschläge auf
den Kopf. Er rief um Hilfe, und zufällig sah sein Bruder,
welcher gerade an der Türe stand, wie er geprügelt wurde.
Der Bruder, der gerade zur Tür wollte, wurde von der Polizei
hinausgeworfen, so daß er sich dabei eine Verletzung des
Knöchels des rechten Fußes zuzog. Goblirsch forderte
sodann eine Untersuchung durch den Amtsarzt an. Erst nach mehrfachem
Verlangen wurde diesem Ersuchen entsprochen und es erschien Herr
Dr. Stern, der Goblirsch untersuchte, und zwar auf Geschlechtskrankheiten.
Erst nachdem Goblirsch erklärte, daß er geprügelt
wurde, untersuchte ihn der Arzt auf Verletzungen, lehnte aber
die Herausgabe eines amtsärztlichen Zeugnisses ab. Erst viele
Stunden nachher wurde Goblirsch entlassen. Interessant ist, daß
der Polizist beim Weggehen dem Goblirsch erklärte: Wenn Sie
die Sache auf sich beruhen lassen wollen, werde ich nichts machen,
und Sie brauchen keine Strafe zahlen. Nun erklärte Goblirsch
aber, er werde die Sache nicht auf sich beruhen lassen, und daraufhin,
um sich zu decken, erstattete die Staatspolizei Karlsbad die Anzeige
gegen die Gebrüder Goblirsch wegen Verbrechen nach §
81 und nach § 312 des Strafgesetzes. Deshalb, weil sie sich
nicht prügeln lassen wollten, wird gegen sie die Strafanzeige
wegen öffentlicher Gewalttätigkeit erhoben. Dieser Strafanzeige
liegen noch ärztliche Zeugnisse bei, wonach bei einem Goblirsch
körperliche Verletzungen festgestellt wurden und bei Inspektor
Kadidlo eine Schwellung des rechten Handrückens. Die Hand
ist ihm vom Schlagen geschwollen, jetzt aber wird er wahrscheinlich
sagen, daß Goblirsch ihn vorher geprügelt hat, und
der Beweis dafür ist seine geschwollene Hand.
Das Fahndungskommando Eger, das sich bereits einer traurigen Berühmtheit
in Westböhmen durch die Behandlung des Falles in Rosshaupt
errungen hat, hat weiterhin einige gute Beispiele über die
Methoden des Gendarmerievorgehens in der Republik gegeben. Ein
gewisser Franz Wittur, Händler aus Neudorf, wurde vor einiger
Zeit verhaftet wegen Verdachtes, beim Mord an einem vor zwei Jahren
ermordeten Gustav Albustin beteiligt gewesen zu sein. Dieser Wittur
schildert nun seine Einvernahme folgend ermaßen: "Als
ich auf die Frage eines verhörenden Gendarmen, in welchem
Orte Gustav Albustin erschossen worden sei, nicht gleich Antwort
geben konnte, versetzte mir ein Gendarm der Fahndungsabteilung
Eger von vorn und ein anderer Gendarm von rückwärts
mehrere Ohrfeigen ins Gesicht und Schläge mit der flachen
Hand von rückwärts über die Ohren, so daß
mir die Lippen sofort aufgeschwollen sind. Im Laufe des weiteren
Verhörs wurde ich von den Gendarmen noch einmal geschlagen,
u. zw. wurden mir 5 bis 6 Ohrfeigen versetzt. Am Schlusse des
Verhörs zwangen mich die Gendarmen, auf einen Sessel zu knieen,
die Hände vorzustrecken, auf welche sie ein schweres Buch
legten."