Hohes Haus! Die in Verhandlung stehende Vorlage, die so recht
symptomatisch ist für die Entwicklung innerhalb unseres Staates
gibt uns Anlaß, gerade jetzt, mit Beginn der Herbstarbeiten
wieder einmal auf einige sehr wesentliche und grundsätzliche
Fragen hinzuweisen.
Mein Kamerad Neuwirth hat ja schon in dem, was er jetzt
ausführte, darauf hingewiesen, in welch hohem Maße
an der gegenwärtigen Vorlage die Entwicklung sichtbar wird,
und ich glaube, es muß immer wieder unsere Aufgabe sein,
dann, wenn wieder ein kleiner Schritt in jener verhängnisvollen
Entwicklung getan wird, die wir schon durch 17 Jahre kennen, davor
zu warnen, daß hier Konsequenzen heraufbeschworen werden,
die weder im Sinne der Staatsraison noch aber im Sinne einer Wahrung
der Interessen der diesen Staat bewohnenden Volksgruppen gelten
können. Wir treten als sudetendeutsche Partei in die Herbstarbeit
der gesetzgebenden Körperschaften mit der Feststellung ein,
daß wir die politische Linie, die wir seit den ersten Tagen
unserer Arbeit eingehalten haben, auch weiter einzuhalten gedenken,
weil uns mehr denn je offenbar wird, daß es sich hier in
diesem Staate für die sudetendeutsche Volksgruppe nicht um
kleine und nichtssagende Tageserfolge handelt, sondern daß
es tatsächlich ums große Ganze geht. (Výkøiky
komunistických poslancù.) Die Entwicklung, wie
wir sie hier im sudetendeutschen Lager, insbesondere zum Unwillen
der Sendboten und Bevollmächtigten von Moskau vorgetragen
haben, wird von uns beibehalten werden, weil wir mehr denn je
überzeugt sind, daß der Weg, den wir gegangen sind
und den wir weiter zu gehen gedenken, der einzig mögliche
Weg zu einer Besserung der Lage des Sudetendeutschtums ist. (Potlesk
poslancù strany sudetskonìmecké.) Ich
gebe zu, daß das, was wir während der letzten Jahre
getan haben, nicht nur Sie von den kommunistischen Bänken
reichlich nervös gemacht hat, sondern wohl im selben Maße
Nervosität auf Seiten der èechischen Parteien erzeugt
hat und insbesondere Nervosität erzeugt in den Reihen jener
èechischen Kreise, die daran gewöhnt waren, in den
Trägern sudetendeutscher Politik politische Faktoren von
geringem Gewicht, geringer Qualität und geringer Initiative
zu sehen. (Rùzné výkøiky.)
Als vorhin die Rede davon war und Dr. Neuwirth davon sprach,
fiel von kommunistischer Seite der Zwischenruf: "Da, die
Henleinovci sind es, die die Panikstimmung auslösen".
Meine Herren, jawohl, wir sind es, aber die Paniksti mmung lösen
wir aus bei Ihnen und mit gutem Grund. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany. - Výkøiky.)
Daß wir eine gewisse Panikstimmung und Nervosität
auch auf der èechischen Seite auslösen, kann bei der
Entwicklung besonders der letzten Monate nicht Wunder nehmen.
Denn es ist nun einmal durch 17 Jahre hindurch ein Gefühl
der Sicherheit auf der anderen Seite entstanden, daß die
sudetendeutschen Angelegenheiten nun tatsächlich zu dem geworden
sind, als was man sie so gerne gesehen hätte, zu einer Angelegenheit,
die man hinter den 4 Wänden unseres Staatshaushaltes, verborgen
vor den Augen der Weltöffentlichkeit, entrückt den Einflüssen
des Weltgewissens, lösen zu können glaubte. Daß
die sudetendeutsche Partei durch ihren Wahlsieg vom 19. Mai und
durch ihre zielbewußte Aufklärungsarbeit dem sudetendeutschen
Problem wieder jenen Rahmen gegeben hat, den es schon vor 17 Jahren
am 10. September 1919 in St. Germain hatte, als vor einem internationalen
Forum von internationalen Mächten das Schicksal der Volksgruppe
entschieden wurde, das, meine Herren, begreifen wir selbstverständlich
als einen Anlaß für Sie, unzufrieden zu sein mit der
Entwicklung, wie wir sie vorgetragen haben. Wir stellen aber fest:
Die Entwicklung konnte keinen anderen Verlauf nehmen als sie ihn
genommen hat, denn man hätte sich auf èechischer Seite
schon vor 17 Jahren darüber im klaren sein müssen, daß
jeder planmäßige und in alle Lebensbereiche des Sudetendeutschtums
vorgetragene èechische Imperialismus eines Tages, früher
oder später, die gemeins ame Abwehrreaktion im Sudetendeutschtum
hervorrufen mußte (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.), wenn es auch so war, daß die Führer sudetendeutscher
Politik vor 17 Jahren selbst nicht imstande waren, die großen
Änderungen in den sozialen und politischen Voraussetzungen
des sudetendeutschen Daseins zu begreifen, . . . (Výkøiky.
Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Sandner (pokraèuje): . . . wenn sie
auch damals nicht in der Lage waren, zu erkennen, daß mit
der Einbeziehung des Sudetendeutschtums in diesen Staat auch unsere
sozialen und unsere wirtschaftlichen Belange unter andere Voraussetzungen
gestellt wurden, als sie gewohnter Art für ein Volk mit eigener
Staatssouveränität galten. Die siebzehn Jahre, die Sie
uns in diesem Staate Leid, Hunger, Elend, Zurücksetzung erleben
ließen, die haben jeden Sudetendeutschen erkennen lassen,
daß es für unsere Volksgruppe in diesem Staate zunächst
einmal um ein Problem geht: um die Lösung der nationalen
Frage. Sie haben jeden Sudetendeutschen, ob Arbeiter, Bauer oder
Gewerbsmann, erkennen lassen, daß unsere wirtschaftlichen,
unsere sozialen Belange, alle Bereiche unseres Daseins zunächst
einmal unter den übermächtigen Schatten des nationalen
Problems gestellt werden. (Výkøiky posl. Beuera
a Appelta.) Wir haben es erlebt, wie die sudetendeutschen
politischen Parteien, Sozialdemokraten, Bündler, Christlichsoziale,
es wie in der Opposition, so in der Regierung versucht haben,
für die sudetendeutsche Volksgruppe irgendwelche Erfolge
zu erzielen. (Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Sandner (pokraèuje): Wir haben es erlebt,
wie selbst die bescheidensten Forderungen unserer Regierungsparteien,
dort wo es um Belange der sudetendeutschen Volksgruppe ging, immer
wieder auf das harte Nein der anderen Seite gestoß en sind.
Und wenn sich auch die Führer der Parteien täuschen
ließ en, draußen der hellhörige sudetendeutsche
Volksgenosse hat sehr bald begriffen, daß eine da erhandelte
Subvention und eine dort erbettelte Hypothek und eine erschlichene
Steuerabschreibung nicht erfolgsmäßig gesehen werden
können, wenn zur gleichen Zeit dort, wo es um den Volksbesitz,
um die Existenz des Sudetendeutschtums ging, eine ununterbrochene
Kette von Entrechtungen, von politischen Niederlagen, von der
Abnahme des deutschen Arbeitsplatzes den Beweis dafür lieferten,
daß die èechische Welle eines zielbewußt vorgetriebenen
Imperialismus ihren Weg weiter ging. Hohes Haus! Da kann es nicht
wundernehmen, daß eines Tages die Entwicklung dahin führt,
daß der sudetendeutsche Mensch erkennt, daß in diesem
Staate vor allem einmal das nationale Problem seine Lösung
finden muß, so daß nationaler Haß, nationale
Spannungen und nationale Gegensätzlichkeiten nicht so wie
heute dazu führen, daß unter Umständen auch die
segensreichsten gesetzlichen Einrichtungen in der Hand einer chauvinistischen
Behörde gerade in das Gegenteil von dem umgekehrt werden,
als was sie beabsichtigt sind. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany. - Posl. Beuer: Wie wollen Sie die lösen? -
Hluk.) Ich komme darauf zu sprechen.
Wir haben dann unsere Aufgabe darin gesehen, die Lösung des
nationalen Problems vorzubereiten (Hluk.) und wir sind
heute noch der Meinung, daß es unsere erste Aufgabe sein
muß, . . . (Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Sandner (pokraèuje): . . . das nationale
Problem so darzustellen, daß wir in der Lage sind, seine
Lösung unter-Anwendung aller legal zulässigen Mittel
zu erzwingen. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)
Denn ich habe schon gesagt: in diesem Staate helfen uns die
schönsten sozialen Einrichtungen nichts, wenn sie unter der
verhängnisvollen Einflußnahme der ungelösten Fragen
immer in ihr Gegenteil umschlagen, wenn sie zur Anwendung auf
das Sudetendeutschtum gelangen sollen. Wenn in der vorjährigen
Budgetdebatte Kamerad Abg. Richter nachweisen konnte, daß
von 393 öffentlichen Arbeiten, die im sudetendeutschen Siedlungsgebiet
zur Linderung der Not vergeben wurden, nur ganze 63 an deutsche
Firmen, aber 330 an irgend welche Firmen aus Innerböhmen
vergeben wurden, dann zeigt das, meine Herren, daß hier
der nationale Haß immer wieder seine Orgien feiert, sowie
beim Staustufenbau an der Elbe bei Schreckenstein, wo man von
80 arbeitslosen Menschen, die man für die Arbeiten einstellte,
nur ganze 8 Deutsche anstellte, die 72 èechischen
Arbeiter aber noch ihre Kantine mitbrachten, damit sie nicht im
deutschen Gasthaus zu Mittag essen sollten. Unter solchen Umständen
kann es Sie unter besonderer Berücksichtigung, daß
ja von sudetendeutscher Seite 17 Jahre lang versucht wurde, die
Dinge innerpolitisch zur Lösung zu bringen, nicht Wunder
nehmen, wenn, was man uns immer vorwirft, die sudetendeutsche
Partei den Weg ins Ausland gesucht hat. (Potlesk. - Posl.
Beuer: Zu Hitler!) Und meine Herren, durchaus, nicht, wie
hier der Zwischenruf fällt, zu Hitler, sondern wir haben
den Weg zu jenen Mächten gesucht, die schließlich und
endlich vor 17 Jahren in St. Germain am grünen Tisch, an
dem die Diplomaten der alliierten Großmächte beisammen
saßen, in Form eines Kollektivbeschlusses und unter gewissen
Garantien, von denen noch die Rede sein muß, der Einbeziehung
des Sudetendeutschtums in diesen Staat zugestimmt hatten. Es ist,
glaube ich, unser gutes Recht, da wir Sudetendeutschen hungern,
Not leiden und entrechtet sind, daß wir heute, nachdem 17
Jahre vergeblich versucht wurde, die Dinge innerpolitisch zur
Lösung zu bringen, einen Beitrag zur Lösung des sudetendeutschen
Problems von denen verlangen, die vor 17 Jahren über unser
Schicksal mit entschieden haben. (Potlesk.) Im übrigen
aber sind wir der Meinung, daß das sudetendeutsche Siedlungsgebiet
vor 17 Jahren doch kein Okkupationsgebiet war, wir glauben uns
richtig zu erinnern, wenn wir feststellen, daß die èechoslovakische
nationale Revolutionsregierung seinerzeit eine ganze Reihe von
Memoranden den alliierten Großmächten vorlegte, mit
denen man begründete, warum man Anspruch erhob auf die Einbeziehung
des Sudetendeutschtums in diesen Staat. Und wir glauben uns sehr
wohl zu erinnern, daß die Zustimmung der alliierten Großmächte
dazu erfolgte auf Grund der geleisteten Unterschriften unseres
heutigen Herrn Staatspräsidenten Dr. Beneš und
des Vorsitzenden der Nationaldemokraten Dr. Kramáø,
jener Unterschriften, mit denen sich die Èechoslovakische
Revolutionsregierung feierlich verpflichtete, die Bestimmungen
der Minderheitenschutzverträge einzuhalten, und zu verwirklichen.
(Potlesk.) Wir sind in der Lage festzustellen, daß
man die Bestimmungen der Minderheitenschutzverträge nicht
eingehalten hat. (Posl. Bátková: To není
pravda!) Denn was hilft es uns, wenn Sie in ihre Verfassung
die Art. 2 bis 8 hinübergenommen haben, was hilft
es uns, wenn sie sich verpflichtet haben, kein Gesetz, keinen
Erlaß und keine Amtshandlung durchgehen zu lassen, die mit
den Bestimmungen der Minderheitenschutzverträge in Widerspruch
stehen, wenn wir tagtäglich in der Lage sind, zu registrieren,
wie nicht nur jeder Bezirkshauptmann, sondern jeder Gendarmerieposten
den Geist der Minderheitenschutzverträge vergewaltigt! (Potlesk.)
Wir sind der Meinung, daß unser Weg durchaus legal ist.
Wenn wir hinausgegangen sind, um der Welt die Wahrheit zu sagen,
so muß ich feststellen, daß es die èechische
Seite war, die das Sudetendeutschtum auf diesen Weg gedrängt
hat, denn wenn hunderttausende von Menschen hungern, wenn tagtäglich
aus den unsinnigsten Anlässen heraus Dutzende von Verhaftungen
zu registrieren sind, wenn wir tagtäglich hunderte von Arbeitsplätzen
verlieren, dann kann es uns niemand verübeln, wenn wir, die
wir Deutsche sind, von deutschen Menschen zu Volksvertretern gewählt
wurden und die Verantwortung tragen, wenn wir dorthin gehen, wo
heute scheinbar die letzte Instanz ist, um das sudetendeutsche
Problem überhaupt noch zur Sprache zu bringen.
Ihre Vorwürfe, wir hätten mit unserer Politik die Kompetenzen,
die einer Partei gebräuchlicher Weise zustehen, überschritten,
wären vielleicht dann richtig, wenn es die 17 Jahre nicht
geben würde, die hinter uns liegen. Aber ich habe schon gesagt:
in diesen 17 Jahren standen deutsche Parteien in der Regierung,
standen in der Opposition, suchten sich den Partner auf èechischer
Seite, es wurde getan, was getan werden konnte. Sie aber haben
die deutschen Parteien mit lächerlich kleinen Erfolgen abgespeist
und haben auf der anderen Seite aus sich heraus nicht Einhalt
getan dort, wo es um einen konzentrischen Angriff auf die deutsche
Lebenssubstanz in diesem Staate ging. Geben Sie sich keiner Täuschung
hin: Entwicklungen, die von Ihrer Seite provoziert wurden, Entwicklungen,
die als logische Konsequenz Ihres eigenen Verhaltens eintraten,
sind nicht mehr aufzuhalten. Sie können heute meinetwegen
Organisationsformen zerschlagen, Sie können da und dort zugreifen,
aber eines wird nicht mehr geändert werden: die Tatsächlichkeit
des am 19. Mai 1935 im Sudetendeutschtum statuierten politischen
Kollektivwillens. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.) Dieser politische Kollektivwille wird immer wieder
seinen Ausdruck finden, denn man hat dafür gesorgt, daß
wir Sudetendeutsche uns heute als gleichgemachte Einheit fühlen,
gleichgemacht, weil wir, ob wir nun aus dieser oder jener sozialen
Schicht stammen, eines gemerkt haben: daß es uns an den
Lebensnerv geht. (Výkøiky na levici.)
Wenn Ihnen die Entwicklung der letzten Monate unangenehm ist,
dann liegt es an Ihnen und nicht an uns, diese Entwicklung umzubiegen
und sie in andere Bahnen zu leiten. Denn ich erkläre hier
in aller Offenheit: es ist uns ganz egal, ob das sudetendeutsche
Problem seine Lösung findet vor einem internationalen oder
einem innerpolitischen Forum; aber seine Lösung muß
es finden, darum geht es uns. Und wenn Sie uns durch 17 Jahre
davon überzeugt haben, daß für eine innerpolitische
Lösung unserer Angelegenheiten auf Ihrer Seite der gute Wille
fehlt, dann wundern Sie sich nicht, wenn das Sudetendeutschtum
nach 17 Jahren bittersster Erfahrung eben ei nmal einen anderen
Weg geht. (Posl. A. Köhler: Welchen Weg?) Den
Weg nach Genf, bestimmt nicht nach Moskau.
Wir werden unseren Weg weiter gehen. Wenn, fraglos hervorgerufen
durch die politische Entwicklung im Sudetendeutschtum während
der letzten Monate, fraglos hervrvorgerufen durch den Weg der
SDP ins Ausland während der letzten Zeit, eine ganze Reihe
- wenn nicht die Erfahrung wäre, könnte man sich darüber
freuen - von so viel versprechenden Reden gehalten wurden - ich
denke an die Reden von Reichenberg, an die Rede des Herrn Ministerpräsidenten
- so stellen wir fest, daß wir Sudetendeutschen nicht mehr
in der Lage sind, auf Worte zu geben, wir sind nicht mehr in der
Lage Versicherungen zu glauben, die letzten Endes nichts Neues
besagen und so oft nachgelesen werden konnten in der Presse der
einzelnen Parteien und der einzelnen politischen Richtungen. Wir
müssen feststellen, daß die sudetendeutsche Partei
ihren Weg so lange weitergehen wird und so lange weitergehen muß,
so lange die schönen Worte von Reichenberg oder die schönen
Worte des Herrn Ministerpräsidenten nicht unterstrichen werden
durch jene überzeugenden Taten, denen allein zu glauben das
Sudetendeutschtum noch in der Lage ist.
Dabei aber liegen die Dinge so, daß die Entwicklung der
letzten Monate - und ich bitte sich die Dinge einmal von der Seite
aus zu überlegen - durchaus nicht danach angetan ist, jenen
polit. Kredit, den dieser Staat bisher im Ausland genossen hat,
zu erhalten oder zu vermehren. Im Gegenteil, die Entwicklung der
letzten Jahre zeigt eindeutig auf, daß die Èechoslovakei
dank ihrer kurzsichtigen Politik bereits in die Lage kommt, den
Kredit, den sie im Auslande besaß, zu verlieren. Geben Sie
sich keiner Täuschung darüber hin, was es beispielsweise
heißt, wenn vor wenigen Monaten ein Seton Watson, ein Freund
des Staatspräsidenten, ein Freund des Altpräsidenten,
in der èechischen Zeitschrift "Pøítomnost"
erklärte: "Ich gebe Euch Èechen den guten Rat,
Euch so schnell als möglich mit dem Deutschtum zu verständigen,
damit es Euch mit den Deutschen im eigenen Staate nicht einmal
so geht, wie es uns Engländern mit Irland gegangen ist".
Ich verweise auch auf jene anderen Stimmen aus dem Auslande, die
alle eindeutig beweisen, daß man zu merken beginnt, wie
hier in diesem Staate etwas nicht stimmt und etwas nicht in Ordnung
ist. Geben Sie sich keiner Täuschung darüber hin, daß
jene Mächte Europas, die an einem Frieden Europas interessiert
sind, gar nicht mehr in der Lage sind, über das Anwachsen
und Größerwerden und Drängenderwerden eines Problems
von dem Ausmaße des sudetendeutschen Problems hinwegzusehen.
Denn auch auf der anderen Seite erkennt man, daß der Friede
in Europa, die Konsolidierung vor allem Mitteleuropas so lange
nicht möglich ist, als im Herzland Europas es Gegensätze
gibt, Spannungen gibt, solange im Herzland Europas es Volksgruppen
gibt, gegen die man eine Politik macht, die diese Volksgruppen
nahezu in den Abgrund führt.
Ich weiß nicht: vielleicht hat man èechischerseits
nie daran gedacht, daß die Entwicklung im sudetendeutschen
Lager und der Weg der sudetendeutschen Partei, auch der ins Ausland,
geeignet wäre, der Staatsführung die große Gelegenheit
zu geben, durch eine wirklich staatsmännische Tat wirklich
das schwerste Problem Mitteleuropas - und das ist das sudetendeutsche
Problem - aus der Welt zu schaffen. Statt sich aber diesen Dingen
gegenüber zu stellen, statt hier den Weg der Konsolidierung
der Lage zu suchen, bescheidet sich unsere Staatsführung
damit, in kleinen Dingen, beispielsweise in der Herausstellung
eines dritten deutschen Regierungsministers, sich selbst und dem
Auslande die Dinge so vorzumachen, als genüge es, eine neue
Restpartei in die Regierung zu nehmen, um das sudetendeutsche
Problem wieder einmal, wie schon so oft, als gelöst darzustellen.
Wir sind der Meinung, daß es auch an der Zeit ist und appellieren
insbesondere jetzt angesichts des neuen Notwinters an die èechische
Seite, endlich einmal zu begreifen, daß es ein Ausweichen
vor dem sudetendeutschen Problem nicht gibt, endlich zu erkennen,
daß sich der kollektive Wille der Massen, der heute seinen
Ausdruck in der SDP findet, nicht beseitigen läßt und
daß eine Ignorierung dieses tatsächlichen Massen- und
kollektiven Willens letzten Endes nur zu den schwersten Schädigungen
des Staates selbst führen kann. Im übrigen aber sind
wir der Meinung, daß Sie sich auf èechischer Seite
viel zu wenig Gedanken darüber machen, welche Rolle die Sudetendeutsche
Partei heute im öffentlichen Leben dieses Staates überhaupt
spielt. Die Tatsache, daß sich Her Šverma in
seiner Rede zu vier Fünfteln ausschließlich mit der
SDP beschäftigt. oder die Tatsache, daß in Teplitz
rund 80.000 bis 100.000 Menschen aufmarschiert sind, oder die
Tatsache, daß die SDP immer wieder im Mittelpunkt der öffentlichen
politischen Diskussionen steht, sind symptomatisch dafür,
daß die sudetendeutsche Volksbewegung nach wie vor im Mittelpunkt
der politischen Geschehnisse dieses Staates steht, daß die
SDP nach wie vor Motor vor allem auch des innerpolitischen Geschehens
in diesem Staate ist. (Potlesk.)
Sie sollten sich aber auch einmal Gedanken darüber machen,
wie die Entwicklung vielleicht gegangen wäre, wenn die Sudetendeutsche
Partei nicht geschaffen und nicht gegründet worden wäre.
(Rùzné výkøiky, smích na
levici.) Man lacht auf kommunistischer Seite, das begreife
ich auch, denn es ist das das Lachen der Verlegenheit, weil man
auf kommunistischer Seite nie in der Lage sein wird, die Tatsache
zu widerlegen, daß die sudetendeutsche Partei im Sudetendeutschtum
mit dem Spuk von Moskau endgültig Schluß gemacht hat.
(Potlesk. - Hluk na levici.)
Aber nicht nur im Sudetendeutschtum! Denn das Schlußmachen
mit dem Kommunismus im sudetendeutschen Gebiet hat - und da bitte
ich, das bei Ihnen nicht zu vergessen, - auch seine sehr wesentliche,
bedeutsame staatspolitische Seite. Es ist sehr leicht, der sudetendeutschen
Partei Staatsfeindlichkeit vorzuwerfen, es ist sehr leicht, der
sudetendeutschen Partei dort, wo ihre Kolonnen in Ordnung und
Disziplin marschieren, militante Gesinnung nachzusagen. Aber haben
Sie sich schon einmal die Frage vorgelegt, was im sudetendeutschen
Gebiet hätte geschehen können, wenn nicht ein Konrad
Henlein, sondern beispielsweise ein Herr Appelt die Führung
des Sudetendeutschtums übernommen hätte? Jener Herr
Appelt, der vor ungefähr einem Jahre in Neudek sehr
offen erklärte: "Wenn wir die Massen der SDP hinter
uns hätten, wir hätten die Taschen der Reichen schon
geöffnet!" (Rùzné výkøiky.
- Hluk.)