Die Arbeit, die die Koalition bei diesem Entwurfe geleistet hat,
wurde unter einige allgemeine Grundsätze gestellt, die ich
hier hervorheben möchte unter gleichzeitiger Kritik der Grundsätze
selbst und dessen, wie sie angewendet wurden.
Es war als maßgeblicher Grundsatz angenommen worden, daß
durch die Novelle die Steuererträge nicht herabgesetzt werden
sollen. Diese Aufgabe hat die Koalition gelöst. Sie hat meines
Erachtens eine Fleißaufgabe gleichzeitig gemacht, indem
sie nicht nur das, was die Finanzverwaltung forderte, genehmigte,
sondern dadarüber hinaus noch Erhöhungen vorgenommen
hat. Sie hat sich jedoch durch Annahme dieses Grundsatzes einen,
ich möchte sagen, ta ktischen Standpunkt geschaffen, mit
dem sie imstande gewesen ist, umso mehr auf dem Gebiete des Verfahrens
zu erzielen. Aber hier können doch nicht Bedenken verschwiegen
werden inbezug auf die Steuerhöhe, die nicht nur unerträglich
hoch ist für Großunternehmungen, und für Gesellschaften
aller Art, sondern auch für den kleinen Mann. Und es ist
die Frage, ob die Steuerbelastung, wie sie auch durch diese Novelle
bestätigt wird, volkswirtschaftlich tragbar ist.
Wenn ich auch den Grundsatz gelten lasse, der bei den Beratungen
ausschlaggebend war, daß nichts an Steuern gekürzt
werden soll, so muß es doch immer vor allem Aufgabe des
Budgetausschusses bleiben, mit der Verabschiedung dieser Novelle
seine finanzpolitische Überprüfungstätigkeit nicht
aufzugeben, Ich habe vor Weihnachten im Budgetausschuß die
Anregung gegeben, daß unsere gesamte finanzpolitische Entwicklung
im Ausschuß ernsten Beratungen unterworfen wird. Ich muß
zugeben, daß seither die Zeit von Arbeiten erfüllt
war, die mit der Steuerreform zusam enhängen. Ich würde
es aber als verfehlt ansehen, wenn meine Kollegen im Budgetausschuß
mit diesen Arbeiten die von mir gemachte Anregung als erfüllt
betrachten würden. Ich behaupte, daß es unter allen
Umständen notwendig ist, weitere Fragen der Finanzpolitik
ernstlich zu behandeln und nicht etwa wieder zu warten, bis uns
die dicken Hefte des Budgets vorgelegt werden, sondern vorher
an diese Aufgabe zu gehen, damit das Haus und der Budgetausschuß
in der Lage sind, zu den ernsten finanzpolitischen Fragen, die
uns beschäftigen müssen, Stellung zu nehmen.
Der zweite Grundsatz war der, an das Problem der Steuerhinterziehung
heranzukommen. Nach den Anschauungen des Finanzressorts ist diese
Frage das eigentliche Problem der Finanzverwaltung. Richtig hat
aber Herr Koll. Dr. Meissner gestern darauf hingewiesen,
daß eigentlich diese Feststellung eine Disqualifizierung
der Finanzverwaltung ist, weil sie ja schon seit 9 Jahren ein
sehr strenges Gesetz in der Hand gehabt hat, ohne es verstanden
zu haben, mit diesem Gesetz die Steuerhinterziehungen zu verhüten.
Es ist ein grundsätzlicher Fehler der Novelle, daß
die Steuerhinterziehungen nur bei den Trägern der allgemeinen
und der besonderen Erwerbsteuer gesucht wurden. Wenn die Finanzverwaltung
recht hat, daß die Haupttendenz des Steuerzahlers bei uns
die sei, Steuern zu hinterziehen, dann gilt dies nicht nur für
die allgemeine und besondere Erwerbsteuer, sondern für alle
Steuergattungen; dieser Grundsatz ist also in der Steuernovelle
nicht glücklich verankert. Es wurde zwar das arbeitende und
das schaffende Einkommen unter starken Druck gesetzt, aber es
ist meiner Ansicht nach in dieser Novelle nicht gelungen, das
arbeitslose Einkommen richtig zu erfassen; ich glaube, daß
gerade innerhalb des arbeitslosen Einkommens viel mehr Steuerhinterziehungen
vorkommen als bei dem arbeitenden und schaffenden.
Was die eigentliche Bedeutung der Steuernovelle ausmacht, ist
der Versuch, wiederum den Rechtsgrundsatz der steuerlichen Gerechtigkeit
einzuführen. Ich habe schon angedeutet, daß lieber
auf dem Gebiete der manteriellen Bestimmungen eine Nachgiebigkeit
gezeigt wurde, um auf dem Gebiete des Verfahrens endlich Ordnung
zu machen. Und da muß ich als objektiver Mensch zugeben,
daß im Bereich des Verfahrens außerordentlich viel
Gutes geleistet worden ist. Wenn noch manches zu tun übrig
bleibt, so ist dies selbstverständlich, weil als Grundlage
dieser jetzigen Reform das alte Gesetz gedient hat und gewisse
gesetzliche Bestimmung.en nicht nur eine Retouche verlangen, sondern
eine Änderung an Haupt und Gliedern. Dazu war nicht der Mut
vorhanden, vielleicht auch nicht die Zeit, vielleicht auch nicht
die wirtschaftlichen Voraussetzungen. Ich darf vielleicht auch
hier anmerken, daß ich die Anschauung vertrete, daß
auch hier noch eine ganze Menge zu tun übrig bleibt und es
Sache des Parlamentes sein wird, auch in dieser Richtung initiativ
zu werden.
Es hat sich zunächst im Bereich des Steuerstrafverfahrens
als notwendig erwiesen, einmal überhaupt die Verfahrensbestimmungen
zu überprüfen. Hier bin ich insofern enttäuscht
worden, als es entscheidend sein müßte, möglichst
das Strafen von der Behörde zu trennen, die bisher eine dreifache
Funktion hatte: sie schreibt Steuern vor, sie klagt an und sie
verurteilt. Da sich dies bei einer einzigen Administration abspielt,
wäre es von großer Wichtigkeit gewesen, daß die
Spruchsenate öfter in Funktion getreten wären. Das frühere
Gesetz kannte zwar schon Spruchsenate, aber nicht die Praxis,
weil es z. B. nach meinen Erfahrungen und Informationen nur einen
Fall gab, wo der Spruchsenat in Funktion getreten ist. Es handelte
sich also darum, die Voraussetzungen für eine gerechte Beurteilung
eines Straffalles in Steuersachen zu schaffen, indem man ein anderes
Forum dafür wählt als jenes, welches es während
des ganzen Strafverfahrens in der Hand hat, im großen ganzen
mit dem Steuerträger zu machen, was ihm beliebt. Wenn hier
die Novelle die Bestimmung enthält, daß entweder die
dreifache Strafe der Steuerverkürzung oder die Möglichkeit,
auch eine Arreststrafe zu verhängen, Voraussetzung dafür
ist, daß der Spruchsenat in Wirksamkamkeit tritt, so erscheint
es mir zu wenig. Es ist allerdiings notwendig, daß man zunächst
einmal überprüft, wie sich diese Bestimmung in Bezug
auf die Strafen auswirkt. Die Strafquoten sind ja beiläufig
auf die Hälfte herabgesetzt. Die phantastischen Strafen des
Zehnund Zwanzigfachen sind verschwunden. Wenn das Dreifache nun
die Entscheidung darüber fällt, ob eine Sache bei der
Behörde oder beim Senat behandelt wird, so ist fraglos schon
auch diese Tatsache ein Hindernis, daß über das Dreifache
hinaus gestraft wird. Ich glaube dennoch, es wäre besser
gewesen, die Grenze herabzusetzen, weil mancher, der es nicht
verdient, auf diesem Wege nur zur dreifachen Strafe kommt. Die
Anträge, die ich in dieser Richtung einbrachte, waren schon
aus dem Grunde berechtigt, weil schon im Jahre 1926, als die Steuerreform
gemacht wurde, die ursprüngliche Bestimmung, daß ein
Fall vor den Spruchsenat kommen muß, wenn die Verkürzung
der Steuer 5.000 Kè beträgt, unter den Tisch gefallen
ist. Wenn ich diesen Spruchsenaten eine große Bedeutung
beilege, so deshalb, weil drei entscheidende Menschen den Grundlagen
des Strafaktes sicherlich näher kommen als nur einer. Denn
der Strafreferent der Steuerverwaltung hat, wenn nicht der Spruchsenat
entscheidet, das absolute autonome Recht, mit dem Beschuldigten
zu machen, was ihm beliebt. Immerhin bedeutet jedoch die Festsetzung
des Dreifachen einen Fortschritt, und wir wollen hoffen, daß
wir bald neben die Judikatur des Strafreferenten der Steueradministration,
der Finanzlandesdirektion oder des Finanzministeriums nunmehr
auch Entscheidungen der Spruchsenate stellen können, wodurch
eine Ausgeglichenheit zwischen der rechtlichen Auffassung, aber
auch zwischen der Interpretation der einzelnen Bestimmungen herbeigeführt
werden kann.
Innerhalb des Strafverfahrens gibt es auch einzelne Bestimmungen,
die ihrerseits sicherlich auch wesentlich dazu beitragen werden,
daß der heutige Zustand der Willkür nicht aufrecht
erhalten bleibt. Ich halte es für ungeheuer viel, wenn heute
der Beschuldigte zu dem. selbstverständlichen Recht kommt,
innerhalb von 45, höchstens 60 Tagen erfahren zu müssen,
wessen er beschuldigt wird. Ich habe hier Fälle, wo jemand
im Jahre 1933 verständigt wurde, daß gegen ihn ein
Strafverfahren eingeleitet wurde, der im Jahre 1934 eine Hausdurchsuchung
nicht nur seines Geschäftsbetriebes, sondern contra legem
auch seiner eigenen Wohnung mitmachen mußte und der bis
heute noch nicht weiß, warum gegen ihn ein Strafverfahren
eingeleitet worden ist. Wenn nun diese Bestimmung der 45- bzw.
60-tägigen Frist festgesetzt worden ist, so muß ich
feststellen, daß dies ein ungeheuerer Fortschritt ist, selbstverständlich
unter der Voraussetzung, daß die hohe Finanzbehörde
dem Willen des Parlaments, das sie wie mit einem Minderwertigkeitskomplex
betrachtet, in entsprechender Weise Rechnung tragen wird. Vorderhand
war es so, daß sich die Finanzbehörde über den
Willen des Gesetzgebers gestellt und darnach gehandelt hat!
Einen Fortschritt sehe ich auch darin, daß der Beschuldigte
heute bei dem Verhör der Zeugen anwesend sein kann, vor allem
jener ominösen Auskunftspersonen, welche in seiner Steuersache
aussagen. Wie weit diese Bestimmung dem Denuntiantentum in Steuersachen
entgegenwirken kann, bleibt dahingestellt. Daß es aber eine
gesetzliche Bestimmung gibt, die es zu verhindern sucht, ist ein
Beweis einer neuen Rechtlichkeit in der Gesetzgebung und in der
Steuergesetzgebung im besonderen. Der arme Teufel von Steuerpflichtigen
darf jetzt sogar an diese ominöse Auskunftsperson Fragen
stellen, und es ist Pflicht, ihn von jedem derartigen Verhör
zu verständigen. Lauter Bestimmungen also, die an sich gut
gemeint sind, die sich gut auswirken können. Allerdings,
wenn wir alle, ohne Unterschied, sofort mit aller Entschiedenheit
dagegen einschreiten, wenn sich irgendwo ein Fall der Mißachtung
dieser gesetzlichen Bestimmungen ereignet.
Es ist auch ganz wesentlich, daß die Hausdurchsuchungen
in Steuersachen, die bisher zum größten Mißbrauch
dieser Amtshandlungen geführt haben, nunmehr an gewisse Normen
gebunden sind, die es nicht möglich machen, daß, wenn
es einem Strafreferenten gefällt, eine ganze Stadt, ein ganzes
Dorf, ein großer oder kleiner Fabriksbetrieb auf den Kopf
gestellt werden kann. Wir haben Fälle, die man nicht mehr
als ordnungsmäßige Hausdurchsuchungen oder Revisionen,
sondern als Einsetzung eines Überfallskommandos bezeichnen
kann, wofür jede gesetzliche Grundlage fehlt. Ich könnte
Ihnen da wieder eine ganze Reihe von Fällen darlegen, die
unserer Finanzverwaltung sicherlich nicht zur Ehre gereichen.
Was man bei diesen Maßnahmen an Werten vernichtet hat, und
wie man stimmungsmäßig die Bevölkerung gegen den
Staat eingestellt hat, das überschreitet jedes Maß
von Vorstellung, die man sonst in politischen Kreisen hat. Wie
es in Zukunft werden wird, hängt eben davon ab, wie das neue
Gesetz in Wirksamkeit gesetzt wird und wie wir alle, das betone
ich nochmals, darauf achten werden, daß die Finanzverwaltung
das Gesetz beachtet! (Posl. Kundt: Jeder Finanzbeamte ...)
Ich glaube nicht, daß es an den kleinen Beamten gelegen
ist. Die Sache hat an dem Kommando von oben gehangen und dieses
Kommando wurde gegeben, obgleich es geleugnet wird! Was soll der
arme Teufel von Beamten machen, wenn er den Auftrag hat, aus irgendeinem
Bezirk etwas herauszupressen? So lange das weltfremde Kommando
von Prag erfolgt, ist auch der Beamte wehrlos. Ich habe kein Interesse
daran, die Finanzverwaltung zu verteidigen, ich habe aber auch
kein Interesse daran, die Finanzverwaltung im Bausch und Bogen
anzuklagen. Deshalb sprach ich ja bereits eingangs davon und wiederhole
bei dieser Gelegenheit nochmals, daß der Erfolg dieses Gesetzes
davon abhängt, ob man sich dazu entschließen wird,
Personen auszutauschen, und ob man bereit ist, diejenigen, die
diese Zustände herbeigeführt haben, zu amovieren.
In dem Verfahren gibt es eine zweite große Frage, die sich
in der Wirtschaft katastrophal ausgewi rkt und wo sich die Finanzverwaltung
ein System zurechtgelegt hat, das außerordentlich raffiniert
ist, und wo die Finanzverwaltung einfach das Recht suspendiert
hat: das ist das grauenhafte Spiel mit der Kontumazierung des
Steuerpflichtigen. Was an den Bestimmungen über die Kontumaz
geändert worden ist, ist meines Erachtens leider zu wenig,
denn es ist noch immer der Finanzbehörde möglich, den
Steuerpflichtigen mit Anfragen, Vorhalten unter dem Zwange, Beweise
zu erstellen, dahin zu bringen, daß er am Schluß darauf
verzichtet, mit der Finanzbehörde überhaupt noch zu
verhandeln, wodurch sie in die "angenehme" Lage kommt,
ihn zu kontumazieren, d. h. ihm die Steuerschuldigkeit nach eigener
Schätzung zu bestimmen. Sie können sich vorstellen,
wie eine solche Schätzung von Seite einer Behörde ausfällt,
die sich in ihrer Allmacht, mit dem Steuerträger verfügen
zu können, wie es ihr gefällt, getroffen fühlt!
Sie können sich vorstellen, daß diese Schätzung
natürlich in der Regel eine wahnwitzige Überschätzung
der Leistungsfähigkeit des Betreffenden ist. Wenn man damit
irgendeinen trifft, der es verdient, haben wir an ihm kein Interesse;
wenn aber auf diese Weise Fleiß, hingebungsvolle Arbeit
zunichte gemacht werden und viele Betriebe in eine Situation getrieben
werden, bei der sie zu arbeiten aufhören müssen, dann
müssen wir sagen, ist dieses Vorgehen der Finanzverwaltung
absolut unmoralisch; es wäre daher nötig gewesen, die
Hintanhaltung der Kontumazierung noch viel stärker im Gesetz
zu betonen und zu verhindern, daß ein Beamter, der nicht
das Gewissen hat, mit den Verhältnissen des Einzelnen und
der Volkswirtschaft zu rechnen, schließlich doch mit dem
Steuerzahler machen kann, was er will!
Es sind in dieser Richtung, wie ich schon sagte, einige ungenügende
oder nicht weit genug gehende Bestimmungen im Gesetz. Doch möchte
ich hervorheben, daß die ungeheuren Schikanen, mit der der
Steuerpflichtige, der gar nicht einer bestimmten Steuerbehörde
zugehörig zu sein brauchte, bedacht werden konnte, gemildert
sind. Es hat sich eingebürgert, daß eine Finanzbehörde,
die meinetwegen in Böhmen liegt, einer Firma, die in Schlesien
liegt, einen Bogen mit 40, 50 oder 60 Fragen vorlegt und deren
Beantwortung verlangt, ja sogar das Recht für sich in Anspruch
nimmt, die Nichtbeantwortung von z. B. sieben dieser 50 Fragen
zu bestrafen. Nun ist wenigstens das eine eingetreten, daß
die Beantwort ung solcher Fragen nicht auf schriftlichem Wege
erfolgen muß, sondern bei der zuständigen Finanzbehörde
jener Firma, die befragt worden ist. Das ist eine sehr wichtige
Bestimmung. Es ist auch sehr wertvoll, daß bezüglich
der Beweiskraft der Bücher und überhaupt der Verwendung
ordnungsgemäß geführter Bücher im Verfahren
neu geregelt wurde und zwar so, daß die Beweiskraft erhöht
worden ist. Allerdings mußte erst der Budgetausschuß
eingreifen, damit nicht eine ganz unmögliche Bestimmung,
die die Finanzverwaltung in diese Novelle hineingebracht hat,
zur Tatsache werde, daß nämlich auf kurzem und kaltem
Wege die Finanzverwaltung die Beweiskraft der Bücher aufheben
kann.
Was also das Verfahren anlangt, so ist es nun geeignet, die bisher
geübte und üblich gewordene Willkür des Verfahrens
zumindest im bescheidenen Maße aufzuhalten. Es wird aber
natürlich notwendig sein, daß wir alle den Steuerpflichtigen
über die neuen Bestimmungen des Gesetzes aufklären.
Es besteht ein riesiges Mißtrauen aus der jetzigen Zeit,
und es war sehr interessant - ich hebe das mehr als Vorwurf denn
als Feststellung hervor - daß, als die Novelle 266 eingebracht
worden ist, man von keiner wirtschaftlichen Stelle zunächst
einmal eine Äußerung darüber erhalten konnte,
welche Bestimmungen des Steuergesetzes, mit welchen diese wirtschaftlichen
Stellen vollkommen unzufrieden waren, in dieser Novelle umgearbeitet
werden sollten. Ein solcher Pessimismus herrschte in der wirtschaftlichen
Öffentlichkeit. Man war bereits so weit gekommen, daß
man dem Parlament gar nicht zugetraut hat, in das Wirken der Finanzbehörden
einzugreifen. Man dachte, das Parlament habe im großen und
ganzen vor der Finanzverwaltung liquidiert. Erst als dann die
Verhandlungen über die Novelle begannen, hat man endlich
eingesehen, daß es dafür steht, sich mit allen Mißbräuchen
und Beschwerden zu beschäftigen und mitzuwirken, daß
die Novelle wenigstens halbwegs den Zustand von gestern verbessert.
Eine Frage konnte das Subkommitee nicht beantworten, da es sich
an die Novelle Nr. 266 gehalten hat, das ist die Frage der gesamten
Reform der Finanzverwaltung. Es ist nur zweierlei geschehen: Das
Eine ist die Einführung des neuen Steuerjahres, die ich an
sich als ein Wagnis, gleichzeitig aber auch als einen notwendigen
Zwang für die Finanzverwaltung ansehe, in ihrem eigenen Bereich
Ordnung zu machen. Es ist einigermaßen riskant, das Steuerjahr
so brüsk einzuführen, aber es wird das Gute mit sich
bringen, daß das Chaos bei der Finanzverwaltung von Grund
auf überprüft und neue Grundlagen für eine Ordnung
geschaffen werden müssen. Das Zweite im Bereich der Verwaltungsreform
ist Folgendes: Die Finanzbehörde wird gezwungen sein, innerhalb
eines Jahres, in komplizierten Fällen höchstens innerhalb
von zwei Jahren, einen Rekurs zu erledigen, widrigenfalls der
Rekurs zugunsten des Rekurierenden entschieden ist.
Diese zwei Bestimmungen sind für die Finanzverwaltung eine
ganz ernste Mahnung, Ordnung zu machen. Wenn noch eine ganze Reihe
von technischen Fragen innerhalb der Finanzverwaltung gelöst
werden, wenn dazu auch eine glücklichere, überlegtere,
volkswirtschaftlich ausgeglichenere Auftragserteilung von oben
kommt, so kann es möglich sein, daß die Finanzverwaltung
in ein bis zwei Jahren in Ordnung kommt. Dieses in Ordnung bringen
ist deshalb notwendig, weil die ganze Steueraufbringung davon
abhängt, wie die Steuerkonti geführt und in Evidenz
gehalten werden und die Buchungen erfolgen.
Was uns an der Vorlage nicht gefällt und was ich ausdrücklich
hervorheben möchte, ist Folgendes: Erstens, daß der
Ausschuß und das Parlament nicht den Mut haben, die Minimalsteuer
aus der Welt zu schaffen. Die Minimalsteuer ist in sämtlichen
Steuersystemen sehr anzweifelbar, vom finanziellen, rechtlichen
und sittlichen Gesichtspunkt aus. Denn von jemandem, der keinen
Ertrag hat, eine Minimalertragssteuer zu verlangen, ist gegen
den Sinn der Ertragssteuer. Weil die Minimalsteuer gerade bei
den Erwerbsteuern zur Vorschreibung gelangen kann, hätte
alles daran gesetzt werden müssen, um die Arbeitsfähigkeit
der Unternehmungen zu erhalten und ihnen zu einer Zeit, wo sie
mit ihrer Existenz ringen, die Lage zu erleichtern. Es kommt dabei
auch Folgendes in Erwägung. Der Budgetausschuß hat
ja anerkannt, daß die ev. 100%ige Erhöhung der Minimalsteuer
ganz bösartige Auswirkungen haben kann, und er hat deshalb
Bestimmungen aufgenommen, die sich auf die Kurhäuser beziehen.
Es wäre notwendig gewesen, dies auch anderen den beiden Erwerbsteuern
unterworfenen Unternehmungen zuzubilligen. Ich habe auch schon
im Budgetausschuß die Fassung des § 78 i) als unglücklich
gelöst angesehen, nicht vom Standpunkt der großen Gesellschaften,
sondern vom Standpunkt der Gesellschaften mit beschränkter
Haftung. Die Lösung des § 78 i) ist volkswirtschaftlich
unrichtig, sie trägt der großen Voreingenommenheit
Rechnung, die man im Finanzministerium und auch im Parlament gegen
die Gesellschaften mit beschränkter Haftung hegt. Ihnen kommt
aber eine große volkswirtschaftliche Bedeutung zu, die gerade
in der jetzigen Krise gehoben werden sollte, um ihnen gerade jetzt
Ausbreitung und Ausweitung zu ermöglichen.
Wenn ich im Allgemeinen zu der Novelle Stellung nehme, so möchte
ich sagen, daß ich sie als einen Versuch anseansehe, unhaltbare
Auffassungen der Finanzverwaltung über ihren Sinn und Zweck
zu berichtigen. Wenn wir es durch diese Novelle erreichen, daß
die Finanzverwaltung einen neuen Gesichtspunkt in Bezug auf ihre
Aufgaben bekommt, wenn sie erkennt, daß sie nicht bloß
Fiskus, sondern auch volkswirtschaftlicher Faktor ist, so wäre
viel geschehen. Ich betrachte diese Novelle als eine Etappe, der
bald eine andere folgen muß, die sich in concreto mit unserem
ganzen Steuersystem beschäftig.en muß, weil meines
Erachtens die Voraussetzungen, unter denen dieses System geschaffen
wurde, heute ganz andere sind, und es daher notwendig ist zu überprüfen,
wie die steuerlichen Lasten aufzubringen und zu verteilen sind
und ob die Kompliziertheit und Verteilung in Verbrauchs, direkte
und indirekte Steuern aufgegeben werden müsse oder nicht.
Ich würde wünschen, daß wir sehr bald im Budgetausschuß
über diese Grundlagen sprechen.
Ich möchte aber noch einen Gedanken aussprechen, nämlich
den, daß zu einer Zeit, wo die Finanzverwaltung in so starkem
Maße angeklagt wird, für uns doch einmal eines klar
sein muß, daß sie sich zwischen zwei Feuern befindet:
einerseits wird von ihr verlangt, all das aufzubringen, was auf
Grund der gesetzlichen Bestimmungen oder auf Grund von Regierungsbeschlüssen
notwendig ist. Auf der anderen Seite hat die Krise und ihre verheerenden
Folgen in der Wirtschaft und daher auch im Steuerertrag (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Langr.) die Steueraufbringung
wesentlich geschmälert. Das scheint mir auch von grundsätzlicher
Bedeutung zu sein, zu überprüfen, wieweit bei uns gespart
wird und ob richtig gespart wird, d. h. es ist notwendig, daß
wir uns ins Klare darüber kommen, ob wir nicht auf jenes
Maß der öffentlichen Lasten zurückkomen sollten,
das volkswirtschaftlich tragbar ist. Und wenn bei den so ausführlichen
Beratungen über diese Novelle auch die Notwendigkeit dieser
Überprüfung erkannt worden ist und in kürzester
Zeit auch wirklich in dieser Richtung durch einen Entschluß
des Parlamentes positiv gehandelt wird, so soll es uns freuen,
weil wir in der finanzpolitischen Situation von heute die Gefährdung
des gesamten volkswirtschaftlichen Lebens sehen, aus der wir herauskommen
müssen, weil hier ein viel stärkerer Feind droht, als
man ihn sehr einseitig in vermeintlichen politischen Feindschaften
sehen will. (Potlesk poslancù sudetonémecké
strany.)