Hohes Haus! Steuervorlagen sind immer unerfreuliche Gesetze, sie
sind sozusagen geradezu ein Schulbeispiel der Unerfreulichkeit
und wenn man es besonders scharf aus drücken will, sie sind
eine Art Prüfstein, weil auch die unverläßlichste
Regierungspartei für eineSteuervorlage stimmen muß,
mag sie noch so schlecht sein, weil andererseits auch die wohlwollendste
Opposition gegen eine Steuervorlage stimmen muß, mag sie
noch so gut sein. Das ist gewissermaß en eine eiserne parlamentarische
Regel. Immerhin aber halte ich es für die Pflicht einer Opposition,
die nicht auf dem Standpunkt der absoluten Verneinung steht, sondern
die nur das ablehnt, was sie im Interesse der Bevölkerung
ablehnen zu müssen glaubt, und die unbeschadet ihrer ablehnenden
Haltung gegenüber der Regierung sich nicht scheut, für
das zu stimmen, was sie im Interesse der Bevölkerung gelegen
erachtet, ich halte es für die Pflicht einer solchen Opposition
anzuerkennen, daß die vorliegende Steuervorlage in zweifacher
Hinsicht begrüßenswert ist: einerseits vermöge
der Art und Weise ihres Zustandekommens und andererseits zum Teil
auch wegen ihres Inhaltes. Wir leben, um ein allmählich zu
Tode gehetztes Wort zu gebrauchen, in einer Zeit des Umbruches.
Das äußert sich auf politischem Gebiet in einem scharfen
Kampfe zwischen der Demokratie auf der einen Seite und Autokratie
oder, wie man es heute lieber nennt, Faszismus oder Führertum
andererseits.
Die sichtbaren Fehler der Demokratie, namentlich der bei uns geübten
Demokratie, dienen vielfach als Beweis oder zumindest als Vorwand
dafür, sie durch etwas anderes zu ersetzen, u. zwar umsomehr,
als man - ich betone, von èechischer Seite - gerade unsere
Demokratie bereits als "sogenannte Demokratie" bezeichnet
hat, die immer mehr und mehr den Charakter einer Diktatur anzunehmen
entschlossen zu sein scheint, allerdings nicht der Diktatur eines
Einzelnen, aber der Diktatur von Parteien, der Diktatur einer
Koalition, wobei die Opposition als solche nahezu völlig
ausgeschaltet ist, ja infolge einer immer weitergehenden Ermachtigung
der Regierung das Parlament selbst nahezu so gut wie lahmgelegt
ist. In diesem Kampfe zwischen Demokratie und Autokratie haben
wir uns von allem Anfang an entschlossen auf die Seite der Demokratie
gestellt und sind entschlossen, sie auch weiterhin mit allen Kräften
zu verteidigen, weil wir einerseits grundsätzlich von der
Berechtigung dieser Staatsauffassung überzeugt sind und weil
wir andererseits aus gesamtstaatlichen und nationalpolitischen
Gründen gerade für unsere Verhältnisse die Demokratie
als die einzig mögliche Staatsform ansehen. Die Demokratie
ist gerade für uns eren Staat die einzig geeignete und die
Demokratie ist die einzige Staatsform, die uns die Erreichung
der uns vorschwebenden politischen Ziele ermöglicht.
Eben darum aber sehen wir in der Art und Weise, wie das vorliegende
Steuergesetz zustande gekommen ist, nach fast 10 Jahren zum erstenmal
wieder den ehrlichen und ernsthaften und deshalb begrüß
enswerten Versuch, einen wirklich demokratischen Parlamentarismus
zur Geltung zu bringen. Kein wirklich Vernünftiger konnte
erwarten, daß gerade bei einer Steuervorlage die Wünsche
der Opposition zu 100% erfüllt werden, aber kein Vernünftiger
konnte es auch bisher begreifen, daß man bei parlamentarischen
Beratungen Anträge einfach von vornherein deshalb abgelehnt
hat, weil sie von der Opposition kamen. In dieser Hinsicht nun
war diesmal ein entscheidender Wandel zu bemerken. Es hat nicht
bloß die Opposition von sich aus von vornherein energisch
und positiv mitgearbeitet, sondern man hat diese Mitarbeit auch
begrüßt. Man hat die Opposition nicht nur zum Wort
kommen lassen, sondern man hat, wenn auch im bescheidenen Umfang,
gewisse Anträge der Opposition akzeptiert. Es hat sich seit
langem zum erstenmal eine ernsthafte und, wie man sagen muß,
fruchtbringende Zusammenarbeit zwischen Mehrheit und Minderheit
ergeben, ja man möchte fast sagen, ein gemeins amer Kampf
der Mehrheit und Minderheit gegenüber dem bürokratischen
fiskalischen Machtstreben der Finanzverwaltung, das sich ja insbesondere
auch in sehr unliebsamer Weise dadurch ausgedrückt hat, daß
im Zuge der Verhandlungen das, was schließlich der Finanzverwaltung
mühselig abgerungen war, durch die Formulierung, die man
dann gewählt hat, wiederum zunichte g.emacht werden sollte.
Dieser Wandel ist zu begrüßen und es wäre nur
zu wünschen, daß es sich nicht um eine Episode handelt,
sondern daß man an dem Grundsatz der parlamentarischen Zusammenarbeit
auch in Zukunft festhalten will. Zum zweiten ist die Vorlage begrüßenswert
zum Teil auch wegen ihres Inhaltes. Selbstverständlich bedeutet
jede Steuervorlage eine Belastung der Bevölkerung. Was an
unserer Vorlage erfreulich ist, ist das, daß sie von Haus
aus als reine Mehrbelastung der Bevölkerung gedacht war,
daß sie aber im Zuge der Verhandlungen zu einer Reform des
Steuerwesens überhaupt, wenigstens in bescheidenen Grenzen,
geführt hat; um nur einige bemerkenswerte Neuerungen zu erwähnen,
die unseres Erachtens allgemeine Zustimmung verdienen, sei das
vielumkämpfte Steuerjahr erwähnt, das an sich nichts
Neues, sondern nur eine Wiederherstellung des Zustandes ist, wie
er vor dem jetzt in Geltung stehenden Steuergesetz bestanden hat.
Es war das eine der Kardinalforderungen, die mühselig und
in langwierigem Kampfe der Finanzverwaltung abgerungen wurden
und es ist nur zu zweifeln, ob durch das Gesetz schon genügend
Vorsorge dafür getroffen ist, daß insbesondere für
das Übergangsjahr 1937 nicht bloß, wie es die Verhältnisse
nun ergeben, ein zweifaches Steuerbekenntnis erstellt werden muß,
für das verflossene Jahr 1936 und für das neue Jahr
1937, sondern daß nicht - wie die Gefahr besteht - der Steuerträger
in dem einen Jahr auch eine zweifache Steuer wird zahlen müssen.
Das muß durch entsprechende Verfügungen im Verordnungswege
hintangehalten werden.
Überaus wertvoll sind vor allem die verschiedenen Maßnahmen
zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen dem Steuerträger
und der Steuerverwaltung, die berufen sind, das Sicherheitsgefühl
des Steuerträgers zu erhöhen. Dahin gehört vor
allem die Verpflichtung der Steuerbehörde, die Steuervorschreibung
schon im ersten Halbjahr vorzunehmen und die Rekurse noch im selben
Jahr, längstens innerhalb von zwei Jahren, zu erledigen.
Dadurch soll ein Zustand erreicht werden, daß eine Steuersache,
Bekenntnis, Vorschreibung, Zahlung und womöglich auch der
Rekurs in demselben Jahre erledigt wird, wodurch sich die Sicherheitsverhältnisse
der Steuerträger wesentlich erhöhen werden. Wichtig
sind auch mancherlei Vereinfachungen des Steuerwesens, die bei
der Erwerbsteuer Platz greifen und die der Beseitigung der zahlreichen
Steuerungerechtigkeiten dienen sollen und den Schutz der Produktion
fördern und andererseits gewissen Mißbräuchen
in der Industrie zu steuern bestimmt sind.
Nicht erwähnt bleiben soll endlich auch die Reform des Steuerstrafrechtes.
Hier ist insbesondere bemerkenswert die Scheidung zwischen Dolus
und Culpa, wie sie dem normalen Strafrecht schon längst geläufig
ist, eine Scheidung, die insbesondere dazu führen soll, daß
nicht wie bisher jeder, der sich eines Steuervergehens schuldig
macht, sozusagen als Verbrecher behandelt wird, sondern daß
zwischen dem echten, wenn ich so sag.en darf, Defraudanten und
dem unterschieden wird, der fahrlässig oder in Unkenntnis
des Gesetzes u. s. w. sich irgendwie schuldig gemacht hat. Es
sind zum Teil auch die Strafsätze gemildert und besondnders
begrüß enswert ist, daß das Gesetz einem im Steuer-Strafverfahren
freigesprochenen Steuerträger einen Anspruch auf den Kostenersatz
gegen den Staat wenigstens in gewissen Fällen anerkennt.
Diesen unleugbaren Vorzügen des Gesetzes steht aber natürlich
eine ganze Reihe von Schattenseiten gegenüber. Es ist z.
B., wie bereits bemerkt, die Vorlage nicht mehr lediglich dazu
bestimmt, neue Steuern einzuführen, bzw. die alten zu erhöhen,
die Vorlage will vielmehr den Interessen des Steuerträgers
dienen. Immerhin bedeutet sie aber eine wesentliche Mehrbelastung
des Steuerträgers, was gerade in Zeiten einer anhaltenden
Wirtschaftskrise mit Bedauern aufgenommen werden muß. Auch
hiezu nur einige Beispiele. In den Kurorten ist begrüßenswerterweise
bei der Hauszinssteuer den Kurhäusern ein Abzug von 60%,
bzw. in den nächsten zwei Jahren sogar von 70 % vom Bruttoertrag
als Grundlage der Steuer zugestanden worden. Andererseits wird
aber die als Minimalsteuer zu errichtende allgemeine Erwerbssteuer
von einem halben auf drei Viertel und sogar ein ganzes Promille
erhöht, was natürlich eine schwere Belastung bedeutet,
da die Bewertung dieser Häuser ohnedies schon erheblich gestiegen
ist, so daß für einen imaginären Wert eine verhältnismäßig
große Steuer zu tragen ist. Man hat zwar im letzten Moment
auch dies für die nächsten zwei Jahre vorbehalten, d.
h. in den nächsten zwei Jahren gilt noch für die Kurhäuser
der alte Steuersatz von 1/2 Promille, aber zwei Jahre sind eine
kurze Frist und da sollen diese Häuser von der ganzen Schärfe
dieses Gesetzes getroffen werden.
Unangebracht erscheint auch die Behandlung der Gesellschaften
mit beschränkter Haftung, unangebracht deshalb, weil sie
als großkapitalistische Unternehmungen gelten sollen, obwohl
es sich hier vielfach um Unternehmungen handelt, die mit geringen
Kapitalien arbeiten und nur Familieninteressen dienen. Es wäre
daher wünschenswert gewesen, wenn gerade Gesellschaften mit
beschränkter Haftung, deren Kapital nicht über 1 Million
beträgt, überhaupt von der Erwerbsteuer befreit wären.
Jedenfalls widerspricht es den Grundsätzen der Gerechtigkeit,
wenn die Gesellschaft selbst keinen Gewinn abwirft, auch die Arbeit
der Gesellschafter sozusagen unbelohnt zu lassen, indem man ihren
Dienstbezügen den Charakter der Abzugsfähigkeit verweigert.
Ebenso ist zu begrüßen, daß die Geschäftsreisenden,
die pensionsversichert sind oder deren Umsaz nicht mehr als 40.000
Kè beträgt, von der allgemeinen Erwerbssteuer befreit
wurden. Andnererseits ist aber bedauerlich, daß bei dieser
Gelegenheit nicht auch die umstrittene Frage der Kassenärzte
bezüglich der Erwerbssteuerpflicht definiitiv außer
Zweifel gestellt wurde. Man hat die Frage vielmehr nach wie vor
dem Kampf zwischen der Finanzverwaltung und dem Obersten Verwaltungsgericht
überlassen, vermutlich in der Hoffnung, daß das neue
Verwaltungsgerichtsgesetz dann die Finanzverwaltung ohnedies an
die den Kassenärzten günstige Praxis binden wird.
Auch gewisse Mängel des Verfahrens dürfen nicht unerwähnt
bleiben. So sei darauf verwiesen, daß die Zuständigkeit
der Steuerstrafgerichte abhängig gemacht ist von der Höhe
der in Betracht kommenden Strafen. Das scheint mir unangebracht
zu sein, weil eine kleine Sache sich für einen kleinen Mann
unter Umständen bedeutsamer auswirken kann als eine große
Sache für einen größeren Mann. Es wäre daher
nicht die Höhe der Strafe, sondern die wirtschaftliche Bedeutung
der Frage für den Betreffenden zur Kompetenzgrenze zu wählen,
wie überhaupt diie allgemeine Bemerkung nicht unterlassen
werden soll, daß es im Interesse des Schutzes des Steuerträgers
gelegen wäre, wenn nicht die Steuervorschreibung, Steuereintreibung
und das Steuerstrafrecht in die Hand eines einzigen Machtfaktors
gelegt, sondern wenn hier auf eine Teilung der Gewalten, die eine
gewisse Gerechtigkeit und Sicherheit für den Steuerträger
mit sich bringt, Rücksicht genommen wäre. Endlich sei
in diesem Zusammenhange auch darauf verwiesen, daß das Kontumazialverfahrahren,
d. h. das Verfahren gegen lässige Steuerträger, die
sich dem Verfahren nicht rechtzeitig stellen, an allzuleichte
Voraussetzungen geknüpft wird, daß es der Behörde
nicht so leicht gemacht werden sollte, sondern vielmehr als ultima
ratio in Betracht zu kommen hätte.
Vor allem bleibt noch sehr viel zu tun in der Richtung, die Finanzverwaltung
aus einer, ich möchte sagen, Schreckenskammer, die sie bisher
darstellt, in ein wirkliches Organ der Staatsverwaltung zu verwandeln,
die zwar einerseits die berechtigten finanziellen Interessen des
Staates zu wahren hat, andererseits aber auch das berechtigte
Schutzbedürfnis des Steuerträgers zu wahren berufen
wäre.
Dies und vieles andere veranlaßt uns, unbeschadet der gezollten
Anerkennung für einzelne Bestimmungen des Gesetzes, gegen
das Gesetz zu stimmen. Wir machen dabei von dem Rechte - man könnte
fast sagen - von einer Pflicht der Opposition Gebrauch und wollen
damit auch zum Ausdruck bringen,daß dieVorlage an sich mangngelhaft
ist, vor allem aber, daß wir damit unzufrieden sind, daß
man die schweren finanziellen Opfer und Opfer anderer Art der
Bevölkerung gerade in der letzten Zeit im Übermaß
aufbürdet, daß man bisher noch immer nicht genügend
bemüht ist, diese schweren Opfer durch entsprechende Fürsorge
für die Besserung der wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung,
insbesondere der deutschen Bevölkerung, auszugleichen. (Potlesk
poslancù nìm. køes. soc. strany lidové.)
Die Novelle, mit der wir uns hier zu beschäftigen haben,
ist mehr der Initiative dieses Hauses als der Regierung entsprungen.
Ich halte es für sehr wichtig, diese Tatsache hervorzuheben,
weil eine solche Initiative zu den Seltenheiten dieses Hauses
gehört. Ich halte es auch deshalb für wichtig, es hervorzuheben,
weil es gerade in diesem Fall außerordentlich schwierig
war, einem Zustande von Unrecht den Krieg zu erklären, der
nach der Auffassung der gesamten Bevölkerung so schnell als
möglich beendet werden mußte. Wenn sich das Haus, die
Mehrheit und der Budgetausschuß dazu entschlossen haben,
sich nicht nach dem Entwurf Nr. 266 zu richten, sondern einen
eigenen Entwurf Nr. 542 vorzulegen, der etwas wesentlich anderes
ist als der erste, so betrachten wir das als ungeheueren Fortschritt,
vor allem in der Richtung, daß das Parlament seine Tätigkeit
nicht darauf beschränkt, zu verarbeiten, was ihm vorgesetzt
wird, sondern selbst schöpferisch zu werden. Es ist bei der
Behandlung des Entwurfs Nr. 266 auch noch etwas anderes eingetreten,
nämlich das, daß man es endlich als richtig erkannt
hat - obgleich es eine Selbstverständlichkeit sein sollte
- daß hier das Zusammenwirken aller Schichten und aller
parlamentarischen Gruppen notwendig ist. Ich stelle auch fest,
daß man uns von der Opposition Gelegenheit gegeben hat,
zu der Ausarbeitung dieses Entwurfes Nr. 542 beizutragen. Das
war auch aus dem Grund wichtig, weil es natürlich nicht nur
auf die verschiedenen Beurteilungen der einzelnen Schichten und
Stände der Bevölkerung bei der Besteuerung ankommt,
sondern auch auf eine ganze Reihe von Beschwerden spezifisch deutscher
Art gegen die Steuerverwaltung. Dadurch, daß es uns möglich
war, auch in dieser Beziehung Vorschläge zu unterbreiten,
kann man wohl sagen, daß, wenn sich auch nur 7 Herren dieses
Hauses um das Zustandekommen des Entwurfes hingebungsvoll bemüht
haben, dieser letzten Endes doch eine Leistung des ganzen Parlaments
ist. Natürlich enthalt das Werk, das zustande gekommen ist,
noch sehr viele Dinge, die nicht befriedigen können.
Es hat sich bei der Ausarbeitung dieses Entwurfes noch einiges
andere gezeigt: Vor allem möchte ich zwei Dinge hervorheben.
Das eine ist, daß es sich auch hier als ungeheuerer Fehler
erweisen mußte, wenn die Regierung nicht rechtzeitig eingreift
und den Beschwerden der Bevölkerung und der politischen Parteien
erst in einem so späten Zeitpunkt Gehör schenkt, wie
es auch in diesem Falle geschehen ist. Denn unsere Bevölkerung
hat ohne Unterschied schon Jahr und Tag darauf hingewiesen, was
für ein ungesetzlicher Zustand in der Steuerverwaltung eingetreten
ist, und die Regierung hätte schon viel früher eingreifen
müssen. Das ist das Eine. Das Andere aber ist Folgendes:
Es hat sich gezeigt, wie nachteilig es war und ist, daß
das Parlament sein Urrecht aus der Hand gegeben hat, nämlich
sein Recht auf Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. Unsere
Budgetberatungen sind vielleicht viel ernster als in anderen Staaten,
aber ihr Fehler besteht darin, daß wir nicht bis auf den
Urgrund der Dinge gehen und letzten Endes das Recht der Kontrolle
dadurch erledigen, daß wir abstimmen, ob wir den Bericht
des Obersten Rechnungskontrollamtes zur Kenntnis nehmen oder nicht.
Es ist interessant, daß sich das Haus, obgleich so viel
Kritik an der Verwaltung geübt wird, noch niemals entschlossen
hat, einem Teil des Berichtes, vor allem dem Teil, den es am meisten
kritisiert hat, den Steuern, die Genehmigung zu versagen. Ich
gebe zu, daß wir eine Sparund Kontrollkommission haben.
Diese hat sich aber auf den engeren Ausschuß zurückgezogen;
diese Kontrolle kann daher auch so qualifiziert werden, daß
sich ein engerer Ausschuß der Koalition damit beschäftigt,
die ganze Staatswirtschaft der Koalition zu über.prüfen.
In allen Parlamenten und parlamentarisch geführten Staaten
ist das Recht der Kontrolle eigentlich ein Recht der Opposition.
Wenn wir dieses Recht ausbauen würden, würde es um die
Verwaltung im allgemeinen viel besser stehen; was die Finanzverwaltung
anlangt, hätte es niemals so weit kommen können, als
es gekommen ist. Wir haben schon öfter und erst kürzlich
auf diese Tatsachen hingewiesen und wurden damit vertröstet,
daß im Herbst ein Änderung eintreten soll. Wir würden
das auf das Lebhafteste begrüßen.
Die Novelle ist eigentlich eine vernichtende Kritik der Finanzverwaltung.
Die Zustände, die wir immer so getadelt haben, sind tatsächlich
unhaltbar geworden. Aber ich möchte noch auf etwas hinweisen,
was meines Erachtens ein sehr wichtiger Grund dafür ist,
wieso es zu dem heutigen Zustande ko mmen konnte. Ich komme auf
eine nationalpolitische Angelegenheit zu sprechen. Man hat gleich
nach dem Umsturz und fortlaufend bis heute immer die Deutschen
als die notorischen Steuerhinterzieher darzustellen versucht.
Da man dieses Vorurteil hatte, wurde die heute allgemeine Tendenz
der Verwaltung bei der Anwendung des Steuergesetzes im deutschen
Gebiet ausgeprobt und eingeführt. Ich stelle fest, daß
es natürlich, als man sich einmal von dem strengen Wo rtlaut
des Gesetzes entfernt hatte, nicht all zu weit dahin war, das
Gesetz überhaupt zu verlassen und sich durch das Gesetz überhaupt
nicht gebunden zu fühlen. Wenn man rechtzeitig auf uns gehört
hätte, als wir uns über die Ungesetzlichkeiten der Finanzbehörden
beschwert haben, dann, glaube ich, hätte es niemals so weit
kommen können, als nunmehr das ganze Parlament bei der Stellungnahme
zur Steuernovelle feststellt. Ich verweise auf diese Dinge auch
aus dem Grunde, weil es prinzipiell darauf ankommt, daß
man es nicht so weit kommen läßt und nicht erst dann
auf die Beschwerden über die Verwaltung hinhört, wenn
es allgemein und speziell wehe zu tun beginnt. Den Dingen war
schon längst beizukommen, wenn man dem Verhalten einiger
Strafreferenten oder Steuerbehörden ein Ende bereitet hätte,
die in den deutschen Bezirken mit unerhörter Härte Steuern
vorgeschrieben und eingetrieben haben. (Výkøiky
posl. dr Hodiny.) Namen kö nnte ich eine ganze Reihe
nennen, aber ich will sie nicht nennen, weil ich ein so unverbesserlicher
Optimist bin, daß ich glaube, daß einerseits durch
das neue Gesetz, andererseits durch den Willen des Parlaments,
die Kontrolle an der Steuerverwaltung auszuüben, die Verhältnisse
besser werden.
Wie Sie aus meinen Ausführungen sehen, betrachte ich die
Leistung des Siebenerausschusses, des Budgetausschusses und des
Parlaments inbezug auf diese Novelle als eine beachtenswerte Leistung
... (Posl. Zischka: Warum reden Sie dann dagegen?) Was
geht Sie das an!
Es ist eine beachtenswerte Leistung, weil in bester Weise den
Dingen entgegengewirkt worden ist, welche schon im breitesten
Rahmen den Widerspruch der Öffentlichkeit hervorgerufen haben.
Und nun lassen Sie mich gleich sagen, was ich als Voraussetzung
dafür ansehe, daß dieser Optimismus und der des ganzen
Hauses nicht enttäuscht werde. Ich meine, zunächst ist
notwendig, daß diejenigen, die an oberster Stelle diese
Zustände in der Finanzverwaltung herbeigeführt haben,
ausgetauscht werden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß
jemand, der diese Ungesetzlichkeiten nicht nur gebilligt, sondern
auch angeordnet hat, nun imstande ist, eine ganz andere Administrative
herbeizuführen. Das andere wäre, daß die Finanzverwaltung
gezwungen wird, das Gesetz zu achten. Es ist leider speziell bei
der Finanzverwaltung üblich geworden, die gesetzlichen Bestimmungen
nach eigenem Gutdünken anzuwenden oder nicht zu befolgen.
Hätten wir das Durchführungsgesetz zu § 92 der
Verfassung, daß der Staat für die Handlungen seiner
Beamten haftet, so wäre es möglich gewesen, den vielfachen
und ungeheueren Schaden, den speziell die Finanzbeamten in der
Wirtschaft hervorgerufen haben, unter Anrufung dieses Gesetzes
zu bestrafen. Das Gesetz hatten wir nicht und haben es auch heute
nicht. Da wir also dieses Gesetz noch nicht besitzen, scheint
es mir notwendig zu sein, daß der Gesetzgeber seinen Willen
bei der Erlassung des neuen Steuergesetzes durchsetzt.
Ich glaube aber, daß bei diesen Arbeiten an dem Regierungs-
und dem Koalitionsentwurfe eine Schwäche der ganzen politischen
Struktur klargeworden ist. Ich wage hier auszusprechen, ohne daß
ich damit jemanden persönlich treffen will, daß es
ein notorischer Fehler der Regierung ist, daß bisher das
Finanzministerium unpolitisch besetzt ist (Souhlas.), weil
ich auf dem Standpunkt stehe, daß es bei der Zusammammenballung
aller Kraft und aller Verantwortung bei den politischen Parteien
eigentlich ein Unding ist, daß sich niemand so mutig erweist,
das Finanzportefeuille zu übernehmen. Es ist eine Schwäche
jeder Mehrheit, daß sie sich nicht dazu entschließt,
die Verantwortung für das wichtigste und ernsteste Ressort
zu übernehmen, das es überhaupt gibt. Meines Erachtens
ist fraglos ein großer Fehler auch darin gelegen, daß
sich ein beamamteter Finanzminister in einer absoluten Isolation
in der Politik - aber nicht in der Parteipolitik, sondern in der
Staatspolitik - befindet, einfach deshalb, weil der gesamte Rhytmus
des politischen Lebens an ihm vorbeigeht und er dadurch, daß
er im letzten Augenblicke kommen kann und sagt: Ich habe dafür
kein Geld, oder: Ich will dafür kein Geld aufbringen, den
Rhytmus des politischen Lebens selbstverständlich stört.
Diese Tatsache hat sich gerade bei der Verhandlung dieser Novelle
ganz eindeutig gezeigt, und es wäre unbedingt notwendig,
daß in dieser Richtung eine Änderung eintritt. Selbstverständlich
kann es sich nicht um die Eroberung einer Position für die
oder jene Partei handeln, sondern nur darum, daß die Verantwortung
für das Finanzressort von der gesamten Koalition durch die
Bestellung eines Mannes übernommen wird, der im politischen
Leben steht und das Meiste von der Finanzpolitik versteht.