Ètvrtek 25. èervna 1936

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 57. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 25. èervna 1936.

1. Øeè posl. dr Mayr-Hartinga (viz str. 3 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Steuervorlagen sind immer unerfreuliche Gesetze, sie sind sozusagen geradezu ein Schulbeispiel der Unerfreulichkeit und wenn man es besonders scharf aus drücken will, sie sind eine Art Prüfstein, weil auch die unverläßlichste Regierungspartei für eineSteuervorlage stimmen muß, mag sie noch so schlecht sein, weil andererseits auch die wohlwollendste Opposition gegen eine Steuervorlage stimmen muß, mag sie noch so gut sein. Das ist gewissermaß en eine eiserne parlamentarische Regel. Immerhin aber halte ich es für die Pflicht einer Opposition, die nicht auf dem Standpunkt der absoluten Verneinung steht, sondern die nur das ablehnt, was sie im Interesse der Bevölkerung ablehnen zu müssen glaubt, und die unbeschadet ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Regierung sich nicht scheut, für das zu stimmen, was sie im Interesse der Bevölkerung gelegen erachtet, ich halte es für die Pflicht einer solchen Opposition anzuerkennen, daß die vorliegende Steuervorlage in zweifacher Hinsicht begrüßenswert ist: einerseits vermöge der Art und Weise ihres Zustandekommens und andererseits zum Teil auch wegen ihres Inhaltes. Wir leben, um ein allmählich zu Tode gehetztes Wort zu gebrauchen, in einer Zeit des Umbruches. Das äußert sich auf politischem Gebiet in einem scharfen Kampfe zwischen der Demokratie auf der einen Seite und Autokratie oder, wie man es heute lieber nennt, Faszismus oder Führertum andererseits.

Die sichtbaren Fehler der Demokratie, namentlich der bei uns geübten Demokratie, dienen vielfach als Beweis oder zumindest als Vorwand dafür, sie durch etwas anderes zu ersetzen, u. zwar umsomehr, als man - ich betone, von èechischer Seite - gerade unsere Demokratie bereits als "sogenannte Demokratie" bezeichnet hat, die immer mehr und mehr den Charakter einer Diktatur anzunehmen entschlossen zu sein scheint, allerdings nicht der Diktatur eines Einzelnen, aber der Diktatur von Parteien, der Diktatur einer Koalition, wobei die Opposition als solche nahezu völlig ausgeschaltet ist, ja infolge einer immer weitergehenden Ermachtigung der Regierung das Parlament selbst nahezu so gut wie lahmgelegt ist. In diesem Kampfe zwischen Demokratie und Autokratie haben wir uns von allem Anfang an entschlossen auf die Seite der Demokratie gestellt und sind entschlossen, sie auch weiterhin mit allen Kräften zu verteidigen, weil wir einerseits grundsätzlich von der Berechtigung dieser Staatsauffassung überzeugt sind und weil wir andererseits aus gesamtstaatlichen und nationalpolitischen Gründen gerade für unsere Verhältnisse die Demokratie als die einzig mögliche Staatsform ansehen. Die Demokratie ist gerade für uns eren Staat die einzig geeignete und die Demokratie ist die einzige Staatsform, die uns die Erreichung der uns vorschwebenden politischen Ziele ermöglicht.

Eben darum aber sehen wir in der Art und Weise, wie das vorliegende Steuergesetz zustande gekommen ist, nach fast 10 Jahren zum erstenmal wieder den ehrlichen und ernsthaften und deshalb begrüß enswerten Versuch, einen wirklich demokratischen Parlamentarismus zur Geltung zu bringen. Kein wirklich Vernünftiger konnte erwarten, daß gerade bei einer Steuervorlage die Wünsche der Opposition zu 100% erfüllt werden, aber kein Vernünftiger konnte es auch bisher begreifen, daß man bei parlamentarischen Beratungen Anträge einfach von vornherein deshalb abgelehnt hat, weil sie von der Opposition kamen. In dieser Hinsicht nun war diesmal ein entscheidender Wandel zu bemerken. Es hat nicht bloß die Opposition von sich aus von vornherein energisch und positiv mitgearbeitet, sondern man hat diese Mitarbeit auch begrüßt. Man hat die Opposition nicht nur zum Wort kommen lassen, sondern man hat, wenn auch im bescheidenen Umfang, gewisse Anträge der Opposition akzeptiert. Es hat sich seit langem zum erstenmal eine ernsthafte und, wie man sagen muß, fruchtbringende Zusammenarbeit zwischen Mehrheit und Minderheit ergeben, ja man möchte fast sagen, ein gemeins amer Kampf der Mehrheit und Minderheit gegenüber dem bürokratischen fiskalischen Machtstreben der Finanzverwaltung, das sich ja insbesondere auch in sehr unliebsamer Weise dadurch ausgedrückt hat, daß im Zuge der Verhandlungen das, was schließlich der Finanzverwaltung mühselig abgerungen war, durch die Formulierung, die man dann gewählt hat, wiederum zunichte g.emacht werden sollte. Dieser Wandel ist zu begrüßen und es wäre nur zu wünschen, daß es sich nicht um eine Episode handelt, sondern daß man an dem Grundsatz der parlamentarischen Zusammenarbeit auch in Zukunft festhalten will. Zum zweiten ist die Vorlage begrüßenswert zum Teil auch wegen ihres Inhaltes. Selbstverständlich bedeutet jede Steuervorlage eine Belastung der Bevölkerung. Was an unserer Vorlage erfreulich ist, ist das, daß sie von Haus aus als reine Mehrbelastung der Bevölkerung gedacht war, daß sie aber im Zuge der Verhandlungen zu einer Reform des Steuerwesens überhaupt, wenigstens in bescheidenen Grenzen, geführt hat; um nur einige bemerkenswerte Neuerungen zu erwähnen, die unseres Erachtens allgemeine Zustimmung verdienen, sei das vielumkämpfte Steuerjahr erwähnt, das an sich nichts Neues, sondern nur eine Wiederherstellung des Zustandes ist, wie er vor dem jetzt in Geltung stehenden Steuergesetz bestanden hat. Es war das eine der Kardinalforderungen, die mühselig und in langwierigem Kampfe der Finanzverwaltung abgerungen wurden und es ist nur zu zweifeln, ob durch das Gesetz schon genügend Vorsorge dafür getroffen ist, daß insbesondere für das Übergangsjahr 1937 nicht bloß, wie es die Verhältnisse nun ergeben, ein zweifaches Steuerbekenntnis erstellt werden muß, für das verflossene Jahr 1936 und für das neue Jahr 1937, sondern daß nicht - wie die Gefahr besteht - der Steuerträger in dem einen Jahr auch eine zweifache Steuer wird zahlen müssen. Das muß durch entsprechende Verfügungen im Verordnungswege hintangehalten werden.

Überaus wertvoll sind vor allem die verschiedenen Maßnahmen zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen dem Steuerträger und der Steuerverwaltung, die berufen sind, das Sicherheitsgefühl des Steuerträgers zu erhöhen. Dahin gehört vor allem die Verpflichtung der Steuerbehörde, die Steuervorschreibung schon im ersten Halbjahr vorzunehmen und die Rekurse noch im selben Jahr, längstens innerhalb von zwei Jahren, zu erledigen. Dadurch soll ein Zustand erreicht werden, daß eine Steuersache, Bekenntnis, Vorschreibung, Zahlung und womöglich auch der Rekurs in demselben Jahre erledigt wird, wodurch sich die Sicherheitsverhältnisse der Steuerträger wesentlich erhöhen werden. Wichtig sind auch mancherlei Vereinfachungen des Steuerwesens, die bei der Erwerbsteuer Platz greifen und die der Beseitigung der zahlreichen Steuerungerechtigkeiten dienen sollen und den Schutz der Produktion fördern und andererseits gewissen Mißbräuchen in der Industrie zu steuern bestimmt sind.

Nicht erwähnt bleiben soll endlich auch die Reform des Steuerstrafrechtes. Hier ist insbesondere bemerkenswert die Scheidung zwischen Dolus und Culpa, wie sie dem normalen Strafrecht schon längst geläufig ist, eine Scheidung, die insbesondere dazu führen soll, daß nicht wie bisher jeder, der sich eines Steuervergehens schuldig macht, sozusagen als Verbrecher behandelt wird, sondern daß zwischen dem echten, wenn ich so sag.en darf, Defraudanten und dem unterschieden wird, der fahrlässig oder in Unkenntnis des Gesetzes u. s. w. sich irgendwie schuldig gemacht hat. Es sind zum Teil auch die Strafsätze gemildert und besondnders begrüß enswert ist, daß das Gesetz einem im Steuer-Strafverfahren freigesprochenen Steuerträger einen Anspruch auf den Kostenersatz gegen den Staat wenigstens in gewissen Fällen anerkennt.

Diesen unleugbaren Vorzügen des Gesetzes steht aber natürlich eine ganze Reihe von Schattenseiten gegenüber. Es ist z. B., wie bereits bemerkt, die Vorlage nicht mehr lediglich dazu bestimmt, neue Steuern einzuführen, bzw. die alten zu erhöhen, die Vorlage will vielmehr den Interessen des Steuerträgers dienen. Immerhin bedeutet sie aber eine wesentliche Mehrbelastung des Steuerträgers, was gerade in Zeiten einer anhaltenden Wirtschaftskrise mit Bedauern aufgenommen werden muß. Auch hiezu nur einige Beispiele. In den Kurorten ist begrüßenswerterweise bei der Hauszinssteuer den Kurhäusern ein Abzug von 60%, bzw. in den nächsten zwei Jahren sogar von 70 % vom Bruttoertrag als Grundlage der Steuer zugestanden worden. Andererseits wird aber die als Minimalsteuer zu errichtende allgemeine Erwerbssteuer von einem halben auf drei Viertel und sogar ein ganzes Promille erhöht, was natürlich eine schwere Belastung bedeutet, da die Bewertung dieser Häuser ohnedies schon erheblich gestiegen ist, so daß für einen imaginären Wert eine verhältnismäßig große Steuer zu tragen ist. Man hat zwar im letzten Moment auch dies für die nächsten zwei Jahre vorbehalten, d. h. in den nächsten zwei Jahren gilt noch für die Kurhäuser der alte Steuersatz von 1/2 Promille, aber zwei Jahre sind eine kurze Frist und da sollen diese Häuser von der ganzen Schärfe dieses Gesetzes getroffen werden.

Unangebracht erscheint auch die Behandlung der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, unangebracht deshalb, weil sie als großkapitalistische Unternehmungen gelten sollen, obwohl es sich hier vielfach um Unternehmungen handelt, die mit geringen Kapitalien arbeiten und nur Familieninteressen dienen. Es wäre daher wünschenswert gewesen, wenn gerade Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Kapital nicht über 1 Million beträgt, überhaupt von der Erwerbsteuer befreit wären. Jedenfalls widerspricht es den Grundsätzen der Gerechtigkeit, wenn die Gesellschaft selbst keinen Gewinn abwirft, auch die Arbeit der Gesellschafter sozusagen unbelohnt zu lassen, indem man ihren Dienstbezügen den Charakter der Abzugsfähigkeit verweigert.

Ebenso ist zu begrüßen, daß die Geschäftsreisenden, die pensionsversichert sind oder deren Umsaz nicht mehr als 40.000 Kè beträgt, von der allgemeinen Erwerbssteuer befreit wurden. Andnererseits ist aber bedauerlich, daß bei dieser Gelegenheit nicht auch die umstrittene Frage der Kassenärzte bezüglich der Erwerbssteuerpflicht definiitiv außer Zweifel gestellt wurde. Man hat die Frage vielmehr nach wie vor dem Kampf zwischen der Finanzverwaltung und dem Obersten Verwaltungsgericht überlassen, vermutlich in der Hoffnung, daß das neue Verwaltungsgerichtsgesetz dann die Finanzverwaltung ohnedies an die den Kassenärzten günstige Praxis binden wird.

Auch gewisse Mängel des Verfahrens dürfen nicht unerwähnt bleiben. So sei darauf verwiesen, daß die Zuständigkeit der Steuerstrafgerichte abhängig gemacht ist von der Höhe der in Betracht kommenden Strafen. Das scheint mir unangebracht zu sein, weil eine kleine Sache sich für einen kleinen Mann unter Umständen bedeutsamer auswirken kann als eine große Sache für einen größeren Mann. Es wäre daher nicht die Höhe der Strafe, sondern die wirtschaftliche Bedeutung der Frage für den Betreffenden zur Kompetenzgrenze zu wählen, wie überhaupt diie allgemeine Bemerkung nicht unterlassen werden soll, daß es im Interesse des Schutzes des Steuerträgers gelegen wäre, wenn nicht die Steuervorschreibung, Steuereintreibung und das Steuerstrafrecht in die Hand eines einzigen Machtfaktors gelegt, sondern wenn hier auf eine Teilung der Gewalten, die eine gewisse Gerechtigkeit und Sicherheit für den Steuerträger mit sich bringt, Rücksicht genommen wäre. Endlich sei in diesem Zusammenhange auch darauf verwiesen, daß das Kontumazialverfahrahren, d. h. das Verfahren gegen lässige Steuerträger, die sich dem Verfahren nicht rechtzeitig stellen, an allzuleichte Voraussetzungen geknüpft wird, daß es der Behörde nicht so leicht gemacht werden sollte, sondern vielmehr als ultima ratio in Betracht zu kommen hätte.

Vor allem bleibt noch sehr viel zu tun in der Richtung, die Finanzverwaltung aus einer, ich möchte sagen, Schreckenskammer, die sie bisher darstellt, in ein wirkliches Organ der Staatsverwaltung zu verwandeln, die zwar einerseits die berechtigten finanziellen Interessen des Staates zu wahren hat, andererseits aber auch das berechtigte Schutzbedürfnis des Steuerträgers zu wahren berufen wäre.

Dies und vieles andere veranlaßt uns, unbeschadet der gezollten Anerkennung für einzelne Bestimmungen des Gesetzes, gegen das Gesetz zu stimmen. Wir machen dabei von dem Rechte - man könnte fast sagen - von einer Pflicht der Opposition Gebrauch und wollen damit auch zum Ausdruck bringen,daß dieVorlage an sich mangngelhaft ist, vor allem aber, daß wir damit unzufrieden sind, daß man die schweren finanziellen Opfer und Opfer anderer Art der Bevölkerung gerade in der letzten Zeit im Übermaß aufbürdet, daß man bisher noch immer nicht genügend bemüht ist, diese schweren Opfer durch entsprechende Fürsorge für die Besserung der wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung, insbesondere der deutschen Bevölkerung, auszugleichen. (Potlesk poslancù nìm. køes. soc. strany lidové.)

2. Øeè posl. dr Peterse (viz str. 13 tìsnopisecké zprávy):

Die Novelle, mit der wir uns hier zu beschäftigen haben, ist mehr der Initiative dieses Hauses als der Regierung entsprungen. Ich halte es für sehr wichtig, diese Tatsache hervorzuheben, weil eine solche Initiative zu den Seltenheiten dieses Hauses gehört. Ich halte es auch deshalb für wichtig, es hervorzuheben, weil es gerade in diesem Fall außerordentlich schwierig war, einem Zustande von Unrecht den Krieg zu erklären, der nach der Auffassung der gesamten Bevölkerung so schnell als möglich beendet werden mußte. Wenn sich das Haus, die Mehrheit und der Budgetausschuß dazu entschlossen haben, sich nicht nach dem Entwurf Nr. 266 zu richten, sondern einen eigenen Entwurf Nr. 542 vorzulegen, der etwas wesentlich anderes ist als der erste, so betrachten wir das als ungeheueren Fortschritt, vor allem in der Richtung, daß das Parlament seine Tätigkeit nicht darauf beschränkt, zu verarbeiten, was ihm vorgesetzt wird, sondern selbst schöpferisch zu werden. Es ist bei der Behandlung des Entwurfs Nr. 266 auch noch etwas anderes eingetreten, nämlich das, daß man es endlich als richtig erkannt hat - obgleich es eine Selbstverständlichkeit sein sollte - daß hier das Zusammenwirken aller Schichten und aller parlamentarischen Gruppen notwendig ist. Ich stelle auch fest, daß man uns von der Opposition Gelegenheit gegeben hat, zu der Ausarbeitung dieses Entwurfes Nr. 542 beizutragen. Das war auch aus dem Grund wichtig, weil es natürlich nicht nur auf die verschiedenen Beurteilungen der einzelnen Schichten und Stände der Bevölkerung bei der Besteuerung ankommt, sondern auch auf eine ganze Reihe von Beschwerden spezifisch deutscher Art gegen die Steuerverwaltung. Dadurch, daß es uns möglich war, auch in dieser Beziehung Vorschläge zu unterbreiten, kann man wohl sagen, daß, wenn sich auch nur 7 Herren dieses Hauses um das Zustandekommen des Entwurfes hingebungsvoll bemüht haben, dieser letzten Endes doch eine Leistung des ganzen Parlaments ist. Natürlich enthalt das Werk, das zustande gekommen ist, noch sehr viele Dinge, die nicht befriedigen können.

Es hat sich bei der Ausarbeitung dieses Entwurfes noch einiges andere gezeigt: Vor allem möchte ich zwei Dinge hervorheben. Das eine ist, daß es sich auch hier als ungeheuerer Fehler erweisen mußte, wenn die Regierung nicht rechtzeitig eingreift und den Beschwerden der Bevölkerung und der politischen Parteien erst in einem so späten Zeitpunkt Gehör schenkt, wie es auch in diesem Falle geschehen ist. Denn unsere Bevölkerung hat ohne Unterschied schon Jahr und Tag darauf hingewiesen, was für ein ungesetzlicher Zustand in der Steuerverwaltung eingetreten ist, und die Regierung hätte schon viel früher eingreifen müssen. Das ist das Eine. Das Andere aber ist Folgendes: Es hat sich gezeigt, wie nachteilig es war und ist, daß das Parlament sein Urrecht aus der Hand gegeben hat, nämlich sein Recht auf Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. Unsere Budgetberatungen sind vielleicht viel ernster als in anderen Staaten, aber ihr Fehler besteht darin, daß wir nicht bis auf den Urgrund der Dinge gehen und letzten Endes das Recht der Kontrolle dadurch erledigen, daß wir abstimmen, ob wir den Bericht des Obersten Rechnungskontrollamtes zur Kenntnis nehmen oder nicht. Es ist interessant, daß sich das Haus, obgleich so viel Kritik an der Verwaltung geübt wird, noch niemals entschlossen hat, einem Teil des Berichtes, vor allem dem Teil, den es am meisten kritisiert hat, den Steuern, die Genehmigung zu versagen. Ich gebe zu, daß wir eine Sparund Kontrollkommission haben. Diese hat sich aber auf den engeren Ausschuß zurückgezogen; diese Kontrolle kann daher auch so qualifiziert werden, daß sich ein engerer Ausschuß der Koalition damit beschäftigt, die ganze Staatswirtschaft der Koalition zu über.prüfen. In allen Parlamenten und parlamentarisch geführten Staaten ist das Recht der Kontrolle eigentlich ein Recht der Opposition. Wenn wir dieses Recht ausbauen würden, würde es um die Verwaltung im allgemeinen viel besser stehen; was die Finanzverwaltung anlangt, hätte es niemals so weit kommen können, als es gekommen ist. Wir haben schon öfter und erst kürzlich auf diese Tatsachen hingewiesen und wurden damit vertröstet, daß im Herbst ein Änderung eintreten soll. Wir würden das auf das Lebhafteste begrüßen.

Die Novelle ist eigentlich eine vernichtende Kritik der Finanzverwaltung. Die Zustände, die wir immer so getadelt haben, sind tatsächlich unhaltbar geworden. Aber ich möchte noch auf etwas hinweisen, was meines Erachtens ein sehr wichtiger Grund dafür ist, wieso es zu dem heutigen Zustande ko mmen konnte. Ich komme auf eine nationalpolitische Angelegenheit zu sprechen. Man hat gleich nach dem Umsturz und fortlaufend bis heute immer die Deutschen als die notorischen Steuerhinterzieher darzustellen versucht. Da man dieses Vorurteil hatte, wurde die heute allgemeine Tendenz der Verwaltung bei der Anwendung des Steuergesetzes im deutschen Gebiet ausgeprobt und eingeführt. Ich stelle fest, daß es natürlich, als man sich einmal von dem strengen Wo rtlaut des Gesetzes entfernt hatte, nicht all zu weit dahin war, das Gesetz überhaupt zu verlassen und sich durch das Gesetz überhaupt nicht gebunden zu fühlen. Wenn man rechtzeitig auf uns gehört hätte, als wir uns über die Ungesetzlichkeiten der Finanzbehörden beschwert haben, dann, glaube ich, hätte es niemals so weit kommen können, als nunmehr das ganze Parlament bei der Stellungnahme zur Steuernovelle feststellt. Ich verweise auf diese Dinge auch aus dem Grunde, weil es prinzipiell darauf ankommt, daß man es nicht so weit kommen läßt und nicht erst dann auf die Beschwerden über die Verwaltung hinhört, wenn es allgemein und speziell wehe zu tun beginnt. Den Dingen war schon längst beizukommen, wenn man dem Verhalten einiger Strafreferenten oder Steuerbehörden ein Ende bereitet hätte, die in den deutschen Bezirken mit unerhörter Härte Steuern vorgeschrieben und eingetrieben haben. (Výkøiky posl. dr Hodiny.) Namen kö nnte ich eine ganze Reihe nennen, aber ich will sie nicht nennen, weil ich ein so unverbesserlicher Optimist bin, daß ich glaube, daß einerseits durch das neue Gesetz, andererseits durch den Willen des Parlaments, die Kontrolle an der Steuerverwaltung auszuüben, die Verhältnisse besser werden.

Wie Sie aus meinen Ausführungen sehen, betrachte ich die Leistung des Siebenerausschusses, des Budgetausschusses und des Parlaments inbezug auf diese Novelle als eine beachtenswerte Leistung ... (Posl. Zischka: Warum reden Sie dann dagegen?) Was geht Sie das an!

Es ist eine beachtenswerte Leistung, weil in bester Weise den Dingen entgegengewirkt worden ist, welche schon im breitesten Rahmen den Widerspruch der Öffentlichkeit hervorgerufen haben.

Und nun lassen Sie mich gleich sagen, was ich als Voraussetzung dafür ansehe, daß dieser Optimismus und der des ganzen Hauses nicht enttäuscht werde. Ich meine, zunächst ist notwendig, daß diejenigen, die an oberster Stelle diese Zustände in der Finanzverwaltung herbeigeführt haben, ausgetauscht werden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand, der diese Ungesetzlichkeiten nicht nur gebilligt, sondern auch angeordnet hat, nun imstande ist, eine ganz andere Administrative herbeizuführen. Das andere wäre, daß die Finanzverwaltung gezwungen wird, das Gesetz zu achten. Es ist leider speziell bei der Finanzverwaltung üblich geworden, die gesetzlichen Bestimmungen nach eigenem Gutdünken anzuwenden oder nicht zu befolgen. Hätten wir das Durchführungsgesetz zu § 92 der Verfassung, daß der Staat für die Handlungen seiner Beamten haftet, so wäre es möglich gewesen, den vielfachen und ungeheueren Schaden, den speziell die Finanzbeamten in der Wirtschaft hervorgerufen haben, unter Anrufung dieses Gesetzes zu bestrafen. Das Gesetz hatten wir nicht und haben es auch heute nicht. Da wir also dieses Gesetz noch nicht besitzen, scheint es mir notwendig zu sein, daß der Gesetzgeber seinen Willen bei der Erlassung des neuen Steuergesetzes durchsetzt.

Ich glaube aber, daß bei diesen Arbeiten an dem Regierungs- und dem Koalitionsentwurfe eine Schwäche der ganzen politischen Struktur klargeworden ist. Ich wage hier auszusprechen, ohne daß ich damit jemanden persönlich treffen will, daß es ein notorischer Fehler der Regierung ist, daß bisher das Finanzministerium unpolitisch besetzt ist (Souhlas.), weil ich auf dem Standpunkt stehe, daß es bei der Zusammammenballung aller Kraft und aller Verantwortung bei den politischen Parteien eigentlich ein Unding ist, daß sich niemand so mutig erweist, das Finanzportefeuille zu übernehmen. Es ist eine Schwäche jeder Mehrheit, daß sie sich nicht dazu entschließt, die Verantwortung für das wichtigste und ernsteste Ressort zu übernehmen, das es überhaupt gibt. Meines Erachtens ist fraglos ein großer Fehler auch darin gelegen, daß sich ein beamamteter Finanzminister in einer absoluten Isolation in der Politik - aber nicht in der Parteipolitik, sondern in der Staatspolitik - befindet, einfach deshalb, weil der gesamte Rhytmus des politischen Lebens an ihm vorbeigeht und er dadurch, daß er im letzten Augenblicke kommen kann und sagt: Ich habe dafür kein Geld, oder: Ich will dafür kein Geld aufbringen, den Rhytmus des politischen Lebens selbstverständlich stört. Diese Tatsache hat sich gerade bei der Verhandlung dieser Novelle ganz eindeutig gezeigt, und es wäre unbedingt notwendig, daß in dieser Richtung eine Änderung eintritt. Selbstverständlich kann es sich nicht um die Eroberung einer Position für die oder jene Partei handeln, sondern nur darum, daß die Verantwortung für das Finanzressort von der gesamten Koalition durch die Bestellung eines Mannes übernommen wird, der im politischen Leben steht und das Meiste von der Finanzpolitik versteht.


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