Pátek 28. února 1936

2. Øeè posl. Kirpalové (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Lange Zeit war die deutsche Öffentlichkeit beunruhigt, weil sie vermutete, daß ein Anschlag auf den Privatunterricht vorgesehen sei. Diese Beunruhigung war sicherlich berechtigt, weil man nach der ersten Vorlage der lex Uhlíø annehmen mußte, daß eine Zwangseingliederung vieler Kinder in anderssprachige Schulen erfolgen könnte. Diese Beunruhigung hat sich nun gelegt. Nach der österreichischen Schulgesetzgebung, und sie gilt ja für uns, besteht die Möglichkeit, daß Kindern Privatunterricht erteilt werden kann, aber nach der alten Schulgesetzgebung gibt es keinen Schulzwang. Wenn wir auch von der rein grundsätzlichen Seite aus erklären, daß wir für den Schulzwang sind, so müssen wir ihn im gegebenen Moment doch deshalb ablehnen, weil wir wissen, daß noch nicht für alle Kinder dieser oder jener Nation genügend Schulen vorhanden sind, damit sie alle in ihrer eigenen Muttersprache unterrichtet werden können. Wenn wir uns aber grundsätzlich für einen Schulzwang aussprechen, so nur deshalb, weil wir Privilegien, die man sich insbesondere durch Kapital erkaufen kann, ablehnen müssen. Bis jetzt war es so - und das ist unvereinbarlich mit den demokratischen Grundsätzen - daß kapitalskräftige Eltern die Möglichkeit hatten, ihre Kinder dem öffentlichen Schulunterricht zu entziehen und sie privat unterrichten zu lassen. Ich habe im Kulturausschuß Beweise dafür erbracht, daß es heute trotz wiederholter Zusicherung des früheren Schulministers Hodža, des Herrn Ministers Dr. Krèmáø und auch des jetzigen Herrn Ministers Dr. Franke Seelenfang auf anderssprachige Kinder gibt. Ich will in Einzelheiten auf diese Tatsachen hier nicht zu sprechen kommen, zumal ich bereits Gelegenheit hatte, in zwei Kulturdebatten im Kulturausschuß Tatsachenbeweise vorzutragen. Wir halten diese Beschwerden aufrecht, so wie sie vorgetragen worden sind, und wir wollen unsere Bemühungen dahin wirken lassen, daß diesem Übelstande ehestens abgeholfen wird. Ich will summa summarum nur eine Feststellung machen: Bis zum heutigen Tage müssen noch immer 321 deutsche Schulkinder den privaten Unterricht erteilt erhalten, deshalb, weil es in ihrem Wohngebiet und auch im weiteren Gebiet keine öffentliche deutsche Schule gibt. Wir haben also schon aus dieser einen Tatsache heraus unsere ganze Tatkraft darauf verlegt, die lex Uhlíø so zu gestalten, daß auch weiterhin die Möglichkeit bestehe, daß diesen 321 Kindern und allen anderen Kindern, die eben keine Möglichkeit haben, in öffentlichen Schulen unterrichtet zu werden, dieser Unterricht auch weiter gesichert und gewährleistet bleibt.

Die Arbeit im Subkomitee gestaltete sich im Einvernehmen mit unseren èechischen Kollegen - ich will das unumwunden zugeben - als außerordentlich friedlich und entgegenkommend. Dem Herrn Koll. Karmasin, der gestern hier zu Worte kam, beliebte es, uns wegen dieser dort geleisteten Arbeit zu höhnen. Er zitierte den "Sozialdemokrat", insbesondere jene Stelle, wo darauf verwiesen wird, daß ich mich bemüht habe, daß die lex Uhlíø jenes Gesicht bekommt, das sie eben hat. Aber der Herr Abg. Karmasin befindet sich mit seinen eigenen Kameraden voraussichtlich in Zwiespalt. Er war selbst Zeuge im Kulturausschuß, als sein Kamerad Volksgemeinschaftler Hodina dort erklärt hat, daß die lex Uhlíø nun ein anderes Gesicht bekommen habe; er hat sogar lobende Worte für die Vorlage gefunden. (Výkøiky poslancù sudetskonìmecké strany.) In dieser Sitzung war ja auch Herr Abg. Karmasin, der, wenn es also eine persönliche Meinung des Herrn Hodina gewesen wäre, sofort hätte aufstehen und erklären müssen: Das, was mein Koll. Hodina hier sagt, damit kann ich mich unmöglich identifizieren. Sein Stillschweigen kann also nicht anders gewertet werden als eine Zustimmung zu den Ausführungen seines Koll. Hodina, der in voller Form ... (Posl. inž. Karmasin: Habe ich nicht dagegen gesprochen?) Sie haben gesprochen. (Posl. inž. Karmasin: Dagegen gesprochen!) Nein, Sie haben den Koll. Hodina nicht widerlegt. Ich will den Wortlaut der Rede des Koll. Hodina hier wiedergeben, der gesagt hat, er freue sich und hebe das lobend hervor, daß der lex Uhlíø alle Giftzähne ausgebrochen worden sind. Das sind nicht meine Worte, das sind Worte des Koll. Hodina. Es ist anzunehmen, daß vielleicht ein Teil der Volksgemeinschaft mit diesen Ausführungen nicht zufrieden war. Man schickte deshalb heute den Abg. Karmasin vor, um gegen das in Beratung stehende Gesetz loszugehen.

Vielleicht darf ich noch eine Ergänzung machen. Die Ausführungen des Herrn Abg. Hodina waren nicht bestimmt für die große Öffentlichkeit. Die Sitzungen des Kultur- oder eines anderen Ausschusses sind ja nicht öffentlich und werden auch nicht im Wortlaut aufgenommen, wogegen eine Rede, die hier im offenen Hause gehalten wird, stenographisch aufgenommen wird, ja man kann sogar aus einer Rede mehr machen als sie in Wirklichkeit war. - Siehe die Rede des Koll. Karmasin, die in der "Zeit" mit dem Sensationstitel versehen wurde: "Ein Rededuell des Abg. Karmasin mit dem Antragsteller Uhlíø." Dieses Rededuell, das nicht ich allein angehört habe, sondern so und soviele meiner Kollegen, bestand darin, daß Herr Koll. Uhlíø in Zwischenrufen zwei Fragen gestellt hat, die der Herr Koll. Karmasin schon im Wortlaut niedergelegt hatte, denn sie standen bereits in seinem Konzept. Aber die große Aufmachung soll bewirken, daß der uninformierte Leser annehmen muß, daß es tatsächlich im offenen Hause ein großes politisch-kulturelles Rededuell mit dem Antragsteller Koll. Uhlíø und dem Redner Karmasin gab. Meine Herren, wenn Sie so die Möglichkeit gehabt hätten, an der lex Uhlíø im Subkomitee zu arbeiten und wenn diese Vorlage dann, so wie wir sie ausgearbeitet haben, herausgekommen wäre, was für großes Wesen hätten Sie daraus gemacht, in Ihren Zeitschriften und in der gleichgeschalteten Provinzpresse! Da wäre gestanden: "Ein großes Verdienst der Sudetendeutschen Partei." Sie mußte erst kommen, um das Deutschtum zu retten. So aber haben Sie nicht daran mitgewirkt, es bleibt also ein Verdienst der Mitglieder des Subkomitees. (Posl. inž. Karmasin: Das ist wohl Demokratie!) Sie haben ja gar nicht einmal den Wunsch, ehrlich mitzuarbeiten! Ich werde es Ihnen schon in meinen nächsten Ausführugen beweisen.

Nun haben Redner von der oppositionellen Seite Klage darüber geführt, daß die lex Uhlíø den Privatunterricht vollkommen unterbindet. Wir sind uns dessen bewußt, daß in diesem Gesetz das Wörtchen "kann" steht und nicht das von uns auch gewünschte Wörtchen "muß". Aber der Herr Koll. Karmasin hat selbst auf den § 2, Abs. b) hingewiesen und hat diesen Absatz lobend hervorgehoben und erklärt, der Paragraph hätte gar nicht in dieses Gesetz hineinkommen müssen, weil er auf Grund der Verfassung eine Selbstverständlichkeit ist. Ich lege insbesondere Wert darauf, hier zu erklären, daß wir uns freuen, daß dieser § 2, Abs. b), in das Gesetz hineingekommen ist, weil auf Grund dieser Bestimmung der Privatunterricht erteilt werden kann, wenn die erste, aber für uns auch wichtigste Vorbedingung erfüllt ist, die bedingt, daß jedes Kind in seiner Muttersprache unterrichtet wird, also aus dem "kann", Herr Koll. Karmasin, wird dann das bindende "muß", denn es kann die Schulbehörde unter keinen Umständen auch der kapitalskräftigsten Familie den Privatunterricht für ihr Kind erlauben, wenn nicht diese wichtigste Vorbedingung erfüllt ist. Es muß - ich wiederhole mit Nachdruck - der Unterricht in der Muttersprache erfolgen. (Posl. inž. Karmasin: Was ist mit Öls und Öhlhütten?) Herr Kollege, ich habe selbst über diese Fälle unumwunden im Kulturausschuß gesprochen und habe die Ungerechtigkeiten aufgezeigt, ich habe auch hier die Erklärung abgegeben, daß unsere Bemühungen darauf gerichtet sind, diese Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen. Diese Arbeit ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Sie wurde immer geleistet, als wir in der Opposition waren, und für uns war es selbstverständlich, daß diese Arbeit unter keinen Umständen eine Unterbrechung erfahren dürfe, etwa deshalb, weil wir in der Regierung sind. Das zum Gesetz selbst.

Nun gestatten Sie mir, daß ich die heutige Kulturdebatte dazu benütze, um auf das große soziale Elend der armen deutschen Hochschüler hinweisen. Mehr als alle Beweise, die ich schon fr üher vortrug und die ich heute nur wiederholen könnte, sagt ein Schreiben, das uns gestern von den deutschen Hochschülern zugeschickt wurde. Dieses Schreiben ist nicht nur eine Anklageschrift, sondern ist direkt ein SOS-Ruf. Es heißt darin (ète): "Ende voriger Woche kam mit mehrmonatiger Verspätung endlich die Erledigung der Gesuche um staatliche Wohnstipendien. Über 300 mittellose Studenten wurden entgegen den ohnehin strengen Anträgen unserer Stipendienreferenten ungerecht mit den niedrigsten Stipendienquoten beteilt oder überhaupt nicht berücksichtigt. Dabei bietet die niedrige Miete im Studentenheim dem Schulministerium ohnehin die Möglichkeit, die deutschen Studenten mit einem geringen Aufwand zu befriedigen. Während für die 960 Bewohner der deutschen Heime kaum 137.000 Kè bewilligt wurden, erhalten 950 Bewohner des Masaryk-Studentenheimes 570.000 Kè, das ist um 15.000 Kè mehr, als alle deutschen Einrichtungen und alle deutschen Staatsstipendien für die gesamten deutschen Hochschüler in Prag und Brünn zusammen. Gestern war Auszahlung der Jännerrate der Staatsstipendien in der Zemská banka. Unsere deutschen Studenten mußten zusehen, wie beim gleichen Bankfenster zu gleicher Zeit der slovakische Kollege vierbis fünffach so hohe Stipendienbeträge ausbezahlt erhielt als der gleich arme deutsche Hochschüler. Bekamen wir zumeist 70 Kè monatlich, so sahen wir, daß den slovakischen Hochschülern zumindest 300 Kè bis 450 Kè ausbezahlt wurden."

Ich möchte bei dieser Gelegenheit das wiederholen, was ich bereits im Kulturausschuß gesagt habe: Wir wollen unter keinen Umständen etwa eine Schmälerung jener Beträge, die vorgesehen sind für Subventionen und Stipendien der èechischen und slovakischen Hochschüler, sondern wir wollen nur die Bereitstellung höherer Subventionsbeträge für die deutschen Hochschüler. In diesem Zusammenhang erinnere ich mit allem Nachdruck daran, daß der Kulturausschuß einen von mir gestellten diesbezüglichen Antrag annahm, auf dessen Durchführung wir heute beharren.

Und nun ein paar Worte zur Altersgrenze bei der Schulentlassung. Ich würde darüber nicht sprechen, wenn ich nicht auf ein erfreuliches Moment hinweisen könnte. Im Mai 1935 hat das Internationale Arbeitsamt in Genf die Überprüfung des Arbeitslosenproblems vorgenommen. Das Internationale Arbeitsamt hat sich bei dieser beabsichtigten Regelung auch bemüht um die Regelung der Festsetzung einer Minimalgrenze, von der ab Jugendlichen Arbeiten in Handel, Gewerbe, in Landwirts chaft, Industrie usw. zugänglich sein dürfen. Das Internationale Arbeitsamt empfahl allen Staaten als oberste Grenze das 15. Lebensjahr. Ich bringe diese Anregung Genfs dem Herrn Schulminister und den Schulbehörden in Erinnerung. Wenn ich mir auch dessen bewußt bin, daß wir hier mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, glaube ich doch, daß man ehestens an die Festsetzung der 9jährigen Schulpflicht wird heranschreiten müssen.

Und nun lassen Sie mich ein paar Wo rte zur letzten Kundgebung des Herrn Henlein sagen, die in Form - wie möchte ich mich da nur ausdrücken - in Fo rm eines großen Zirkus-Sonntags im Deutschen Haus abgehalten wurde. (Výkøiky sudetsko-nìmeckých poslancù: Sie haben aber dort gefehlt!) Ich bedauere es gar nicht. Auf die Lehren, die dort kolportiert wurden, kann ich ruhig verzichten. (Výkøiky sudetsko-nìmeckých poslancù: Warum regen Sie sich dann auf?) Ich rege mich nicht auf, sondern mache nur Feststellungen. (Posl. Kundt: Das ganze Parlament unterhält sich schon zwei Tage darüber!)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Kirpalová (pokraèuje): Das scheint Ihnen außerordentlich unangenehm zu sein. Befremdend hat nur eine Tatsache gewirkt: an der Kundgebung Henleins, die das Gepräge des Dritten Reiches und der Methoden des Herrn Goebbels trug, haben fremde Gesandtschaften teilgenommen. (Výkøiky poslancù sudetsko-nìmeckých). Ich weiß nicht, es ist auch durchaus nicht meine Aufgabe, das zu untersuchen, darüber müssen sich andere Faktoren den Kopf zerbrechen, ob die Teilnahme der fremden Gesandtschaften ein Bekenntnis zum Dritten Reich gewesen ist, oder eine offene Demonstration gegen die Demokratie, gegen den èechoslovakischen Staat. Gestatten Sie mir nun ein paar Worte zur Goebbels'schen Aufmachung dieser Kundgebung zu sagen. Bei der Kundgebung versah nach reichsdeutschem Muster SA ... (Posl. Kundt: Haben Sie die schon gesehen?) Doch, doch, ich habe schon solche Kundgebungen gesehen. (Výkøiky sudetsko-nìmeckých poslancù: Wir noch nicht!) Ich werde Ihnen schon antworten, lassen Sie mich nur aussprechen. Ich habe mir von ganz authentischer Seite sagen lassen, daß SA- und SS- Ordner den Dienst dort versehen haben (Smích sudetsko-nìmeckých poslancù.) Die SA waren jene Ordner, die mit einer roten Armbinde und dem Abzeichen versehen waren. Die SS-Ordner waren aber uniformiert. (Rùzné výkøiky.) Ich spreche über die Aufmachung, Herr Kollege, regen Sie sich nicht auf; die SS-Ordner waren uniformiert. Sie trugen weiße Hemden und schwarze Kravatten. Aber die SA und SS in der Uniform würden nichts bedeuten, wenn nicht gleichzeitig auch alle Kommandorufe von drüben übernommen worden wären, man hörte genau dieselben preußischen Feldwebelkommandos, die man von drüben gewohnt ist. (Rùzné výkøiky.) Meine Herren von der Sudetendeutschen Partei, haben Sie nicht bei dieser Kundgebung eine Wahrnehmung gemacht? Haben Sie nicht beobachtet, daß bei dieser Kundgebung Ihre Volksgemeinschaft in Brüche gegangen ist? (Posl. dr Neuwirth: Wo?) Sofort werde ich Ihnen darauf antworten. An der Kundgebung - (Posl. inž. Karmasin: Prager Sender!) aber nein! - haben nicht Ihre Kameraden Arbeiter und Ihre Kameraden Arbeitslosen gefehlt? (Posl. dr Neuwirth: Wer sagt denn das, woher wissen Sie das?) Ich gebe Ihnen sofort die Antwort darauf, warten Sie doch! Weil sie erstens keine Einladung für diese Kundgebung bekommen haben, und dann, Herr Kollege, wenn sie diese Einladung bekommen haben, so hätten sie doch an der Kundgebung gar nicht teilnehmen können (Posl. dr Neuwirth: Wir können kein Reisegeld zahlen!) - machen Sie sich nicht so lächerlich - weil Sie nicht über den dunklen Anzug verfügen, den Herr Henlein vorschreibt, wenn er eine Rede vorliest.

Einige Zeitungen, ich bitte, ich kann es nicht beweisen, aber einige Zeitungen schrieben sogar darüber, daß man sich dieses Theater natürlich wie jedes andere Theater bezahlen mußte. Es wurde angeblich - ich sage, was die Zeitungen schrieben - ein Eintritt von 6 Kè verlangt (Posl. Birke: 60!) obwohl es nicht einen einzigen Heller, geschweige denn diese 6 Kronen wert war. (Posl. Birke: Wir haben 600.000 Kè eingenommen!) Gehen Sie noch einmal in die Schule, um rechnen zu lernen, wenn Sie sagen 6 Kè und daß 3000 dort waren, so stimmt Ihre Rechnung nicht, wie Ihre Rechnungen im allgemeinen nicht stimmen!

Eines ist an dieser Kundgebung erfreulich: Henlein hat ein offenes Bekenntnis (Výkøiky: Zum sudetendeutschen Volk abgelegt!) zum Dritten Reich abgelegt. (Posl. dr Neuwirth: Das müssen Sie erklären!) Allerdings nicht in einer ganz offenen Form. (Výkøiky: Jawohl!) Er lüftete nur halb die Maske. (Posl. dr Neuwirh: Er lüftete nur den Zipfel, das andere dichten Sie dazu!) Er identifizierte sich mit Goebbels, Goering und Hitler, gleichzeitig aber auch mit einem Streicher. (Výkøiky: Wieso denn?) Er zeigte sich doch als dessen gelehrigster Schüler. Henlein verlangte die Besetzung der Lehrkanzeln der deutschen Hochschulen mit ausschließlich völkischen Professoren und die Ausschaltung artfremder, d. h. nicht rassenreiner Lehrkräfte. Es hat noch gefehlt, daß er gesagt hätte, man müsse nachprüfen, ob die Großmutter oder die Urgroßmutter arisch ist oder nicht. Das ist gut abgeguckt von den Methoden eines Herrn Streicher. Es war beschämend, tief beschämend, daß nach Zeitungsberichten gerade bei dieser Stelle die Zuhörer, also das von Ihnen selbst einberufene und ausgewählte Auditorium, stürmischen Beifall klatschte.

Henlein hat das umschrieben, sein Kollege und Kamerad Hodina kann diese Umstellung noch nicht so klug machen. Er tapst einfach mit beiden Füßen hinein. Es ist nicht so einfach, sich so schnell von heute auf morgen etwa eines Mandats wegen ummzustellen. Der Herr Hodina hat in der letzten Sitzung des Kulturausschusses mit aller Offenheit erklärt (Rùzné výkøiky.) - Sie wollen die Wahrheit nicht hören, weil Sie bitter ist - "Weg mit allen jüdischen Direktoren". Wieder ein Widerspruch zwischen dem Abg. Karmasin und dem Abg. Hodina. Gerade gestern berief sich der Abg. Karmasin auf die èechoslovakische Verfassung und verlangte ihre Einhaltung. Ich brauche hier seine Rede nicht zu wiederholen. Sie ist heute auch groß im Fettdruck in der "Zeit" erschienen. Der eine Herr der Volksgemeinschaft verlangt die Demokratie und die Einhaltung der demokratischen Verfassung und das andere Mitglied desselben Klubs rennt gegen den § 106 der- Verfassung, der Ausnahmen des Standes, der Religion und der Geburt absolut nicht zuläßt.

Der Herr Henlein hat in seiner Rede erklärt, er fühle sich kulturell mit dem Deutschen Reich verbunden. (Výkøiky: Mit dem deutschen Volke!) Also mit dem deutschen Volke. (Výkøiky: Mit dem Sie die Verbindung verloren haben!) Mit dem Dritten Reich kann man keine Bindungen aufrecht erhalten, dort herrscht Barbarei, dort haben Kulturmenschen nichts zu suchen. (Posl. dr Neuwirth: Nicht mogeln, beim Text bleiben!) Ich ergänze den Text, u. zw. ohne Rücksicht auf das Regime. Der Herr Henlein erklärt sich wieder mit dem Dritten Deutschen Reich - jetzt kommt die Definition seiner Ausführungen - einverstanden und solidarisch. (Výkøiky: Zu der Definition hat man Sie gebraucht!) Wir sind mit dieser Demaskierung noch nicht voll zufrieden, wir wünschen noch eine etwas dezidiertere Erklärung und ich gestatte mir deshalb an Henlein und an Sie, meine Herren, die diese Idee vertreten und verteidigen, einige klar formulierte Fragen zu stellen und ich setze voraus, es wird Ihnen durchaus nicht schwer fallen, alle diese Fragen auch mit derselben Klarheit zu beantworten. Und nun fragen wir den Herrn Henlein: Wie stellt er sich zu der deutschen Unkultur der Bücherverbrennungen? Wir erwarten darauf eine klare Antwort. Wie stellt sich der Herr Henlein und seine Mitanbeter zu dem Verjagen von deutschen Wissenschaftlern, von Gelehrten, Professoren, von sozialistischen und freiheitlich denkenden Lehrern und anderen Menschen? Wir fragen in aller Offenheit: Verurteilt Herr Henlein und Sie, meine Herren, die Konzentrationslager, erklärt er sich auch solidarisch damit, daß Räubermoral zur Staatsmoral werde? Ich bin neugierig, ob wir auf diese klar formulierten Fragen auch eine solche klare Antwort erhalten. (Posl. dr Neuwirth: Sie haben es ja gehört, nur nicht verstanden!) Meine Herren, ich möchte Ihnen eine Ausrede vorwegnehmen. Der Herr Henlein hat einmal erklärt, und zwar in seiner ersten öffentlichen Rede in Böhmisch Leipa, er könne auf die reichsdeutschen innerpolitischen Verhältnisse durchaus nicht eingehen, er habe keine Möglichkeit, diese studieren zu können. Heute, meine Herren, fällt diese Ausrede weg, denn er hatte schon die Möglichkeit, diese Verhältnisse persönlich zu studieren. Er war draußen, er wurde empfangen in Aachen, er war in München, er hatte die große "Ehre", mit Herrn Hitler zus ammensein zu können, mit ihm zu speisen. Ihre Zeitung selbst schrieb doch so. (Výkøiky: Eintopfgericht! - Veselost.) Aber er hatte auch die Möglichkeit und er nützte sie wahrlich genug aus, geistige Kost von Herrn Hitler zu übernehmen. Ich will durchaus nicht untersuchen, wir sind ja auch gar nicht so neugierig zu hören, wer Patenschaft gestanden war beim Entwurf der sonntägigen Rede.

Aber meine Herren, wir haben noch eine Frage, die mit dem Dritten Reich nichts zu tun hat, sondern die Sie uns auf Grund der hiesigen Verhältnisse klar beantworten können. (Posl. Birke: Wo sind die sozialdemokratischen Arbeiter hin? - Posl. Katz: Die sind bei uns!) Wenn Sie keine andere Frage haben, so können Sie beruhigt sein. Die sozialdemokratischen Arbeiter sind nach wie vor bei der sozialdemokratischen Partei. (Posl. Katz: Richtig! - Posl. Birke: Von 21 Mandaten - 11 Mandate!)


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