Hohes Haus! Lange Zeit war die deutsche Öffentlichkeit beunruhigt,
weil sie vermutete, daß ein Anschlag auf den Privatunterricht
vorgesehen sei. Diese Beunruhigung war sicherlich berechtigt,
weil man nach der ersten Vorlage der lex Uhlíø
annehmen mußte, daß eine Zwangseingliederung vieler
Kinder in anderssprachige Schulen erfolgen könnte. Diese
Beunruhigung hat sich nun gelegt. Nach der österreichischen
Schulgesetzgebung, und sie gilt ja für uns, besteht die Möglichkeit,
daß Kindern Privatunterricht erteilt werden kann, aber nach
der alten Schulgesetzgebung gibt es keinen Schulzwang. Wenn wir
auch von der rein grundsätzlichen Seite aus erklären,
daß wir für den Schulzwang sind, so müssen wir
ihn im gegebenen Moment doch deshalb ablehnen, weil wir wissen,
daß noch nicht für alle Kinder dieser oder jener Nation
genügend Schulen vorhanden sind, damit sie alle in ihrer
eigenen Muttersprache unterrichtet werden können. Wenn wir
uns aber grundsätzlich für einen Schulzwang aussprechen,
so nur deshalb, weil wir Privilegien, die man sich insbesondere
durch Kapital erkaufen kann, ablehnen müssen. Bis jetzt war
es so - und das ist unvereinbarlich mit den demokratischen Grundsätzen
- daß kapitalskräftige Eltern die Möglichkeit
hatten, ihre Kinder dem öffentlichen Schulunterricht zu entziehen
und sie privat unterrichten zu lassen. Ich habe im Kulturausschuß
Beweise dafür erbracht, daß es heute trotz wiederholter
Zusicherung des früheren Schulministers Hodža,
des Herrn Ministers Dr. Krèmáø und
auch des jetzigen Herrn Ministers Dr. Franke Seelenfang
auf anderssprachige Kinder gibt. Ich will in Einzelheiten auf
diese Tatsachen hier nicht zu sprechen kommen, zumal ich
bereits Gelegenheit hatte, in zwei Kulturdebatten im Kulturausschuß
Tatsachenbeweise vorzutragen. Wir halten diese Beschwerden aufrecht,
so wie sie vorgetragen worden sind, und wir wollen unsere Bemühungen
dahin wirken lassen, daß diesem Übelstande ehestens
abgeholfen wird. Ich will summa summarum nur eine Feststellung
machen: Bis zum heutigen Tage müssen noch immer 321 deutsche
Schulkinder den privaten Unterricht erteilt erhalten, deshalb,
weil es in ihrem Wohngebiet und auch im weiteren Gebiet keine
öffentliche deutsche Schule gibt. Wir haben also schon aus
dieser einen Tatsache heraus unsere ganze Tatkraft darauf verlegt,
die lex Uhlíø so zu gestalten, daß
auch weiterhin die Möglichkeit bestehe, daß diesen
321 Kindern und allen anderen Kindern, die eben keine Möglichkeit
haben, in öffentlichen Schulen unterrichtet zu werden, dieser
Unterricht auch weiter gesichert und gewährleistet bleibt.
Die Arbeit im Subkomitee gestaltete sich im Einvernehmen mit unseren
èechischen Kollegen - ich will das unumwunden zugeben -
als außerordentlich friedlich und entgegenkommend. Dem Herrn
Koll. Karmasin, der gestern hier zu Worte kam, beliebte
es, uns wegen dieser dort geleisteten Arbeit zu höhnen. Er
zitierte den "Sozialdemokrat", insbesondere jene Stelle,
wo darauf verwiesen wird, daß ich mich bemüht habe,
daß die lex Uhlíø jenes Gesicht bekommt,
das sie eben hat. Aber der Herr Abg. Karmasin befindet
sich mit seinen eigenen Kameraden voraussichtlich in Zwiespalt.
Er war selbst Zeuge im Kulturausschuß, als sein Kamerad
Volksgemeinschaftler Hodina dort erklärt hat, daß
die lex Uhlíø nun ein anderes Gesicht bekommen
habe; er hat sogar lobende Worte für die Vorlage gefunden.
(Výkøiky poslancù sudetskonìmecké
strany.) In dieser Sitzung war ja auch Herr Abg. Karmasin,
der, wenn es also eine persönliche Meinung des Herrn Hodina
gewesen wäre, sofort hätte aufstehen und erklären
müssen: Das, was mein Koll. Hodina hier sagt, damit
kann ich mich unmöglich identifizieren. Sein Stillschweigen
kann also nicht anders gewertet werden als eine Zustimmung zu
den Ausführungen seines Koll. Hodina, der in voller
Form ... (Posl. inž. Karmasin: Habe ich nicht dagegen
gesprochen?) Sie haben gesprochen. (Posl. inž. Karmasin:
Dagegen gesprochen!) Nein, Sie haben den Koll. Hodina nicht
widerlegt. Ich will den Wortlaut der Rede des Koll. Hodina
hier wiedergeben, der gesagt hat, er freue sich und hebe das lobend
hervor, daß der lex Uhlíø alle Giftzähne
ausgebrochen worden sind. Das sind nicht meine Worte, das sind
Worte des Koll. Hodina. Es ist anzunehmen, daß vielleicht
ein Teil der Volksgemeinschaft mit diesen Ausführungen nicht
zufrieden war. Man schickte deshalb heute den Abg. Karmasin
vor, um gegen das in Beratung stehende Gesetz loszugehen.
Vielleicht darf ich noch eine Ergänzung machen. Die Ausführungen
des Herrn Abg. Hodina waren nicht bestimmt für die
große Öffentlichkeit. Die Sitzungen des Kultur- oder
eines anderen Ausschusses sind ja nicht öffentlich und werden
auch nicht im Wortlaut aufgenommen, wogegen eine Rede, die hier
im offenen Hause gehalten wird, stenographisch aufgenommen wird,
ja man kann sogar aus einer Rede mehr machen als sie in Wirklichkeit
war. - Siehe die Rede des Koll. Karmasin, die in der "Zeit"
mit dem Sensationstitel versehen wurde: "Ein Rededuell des
Abg. Karmasin mit dem Antragsteller Uhlíø."
Dieses Rededuell, das nicht ich allein angehört habe, sondern
so und soviele meiner Kollegen, bestand darin, daß Herr
Koll. Uhlíø in Zwischenrufen zwei Fragen
gestellt hat, die der Herr Koll. Karmasin schon im Wortlaut
niedergelegt hatte, denn sie standen bereits in seinem Konzept.
Aber die große Aufmachung soll bewirken, daß der uninformierte
Leser annehmen muß, daß es tatsächlich im offenen
Hause ein großes politisch-kulturelles Rededuell mit dem
Antragsteller Koll. Uhlíø und dem Redner
Karmasin gab. Meine Herren, wenn Sie so die Möglichkeit
gehabt hätten, an der lex Uhlíø im Subkomitee
zu arbeiten und wenn diese Vorlage dann, so wie wir sie ausgearbeitet
haben, herausgekommen wäre, was für großes Wesen
hätten Sie daraus gemacht, in Ihren Zeitschriften und in
der gleichgeschalteten Provinzpresse! Da wäre gestanden:
"Ein großes Verdienst der Sudetendeutschen Partei."
Sie mußte erst kommen, um das Deutschtum zu retten. So aber
haben Sie nicht daran mitgewirkt, es bleibt also ein Verdienst
der Mitglieder des Subkomitees. (Posl. inž. Karmasin:
Das ist wohl Demokratie!) Sie haben ja gar nicht einmal den
Wunsch, ehrlich mitzuarbeiten! Ich werde es Ihnen schon in meinen
nächsten Ausführugen beweisen.
Nun haben Redner von der oppositionellen Seite Klage darüber
geführt, daß die lex Uhlíø den
Privatunterricht vollkommen unterbindet. Wir sind uns dessen bewußt,
daß in diesem Gesetz das Wörtchen "kann"
steht und nicht das von uns auch gewünschte Wörtchen
"muß". Aber der Herr Koll. Karmasin hat
selbst auf den § 2, Abs. b) hingewiesen und hat diesen Absatz
lobend hervorgehoben und erklärt, der Paragraph hätte
gar nicht in dieses Gesetz hineinkommen müssen, weil er auf
Grund der Verfassung eine Selbstverständlichkeit ist. Ich
lege insbesondere Wert darauf, hier zu erklären, daß
wir uns freuen, daß dieser § 2, Abs. b), in das Gesetz
hineingekommen ist, weil auf Grund dieser Bestimmung der Privatunterricht
erteilt werden kann, wenn die erste, aber für uns auch wichtigste
Vorbedingung erfüllt ist, die bedingt, daß jedes Kind
in seiner Muttersprache unterrichtet wird, also aus dem "kann",
Herr Koll. Karmasin, wird dann das bindende "muß",
denn es kann die Schulbehörde unter keinen Umständen
auch der kapitalskräftigsten Familie den Privatunterricht
für ihr Kind erlauben, wenn nicht diese wichtigste Vorbedingung
erfüllt ist. Es muß - ich wiederhole mit Nachdruck
- der Unterricht in der Muttersprache erfolgen. (Posl. inž.
Karmasin: Was ist mit Öls und Öhlhütten?) Herr
Kollege, ich habe selbst über diese Fälle unumwunden
im Kulturausschuß gesprochen und habe die Ungerechtigkeiten
aufgezeigt, ich habe auch hier die Erklärung abgegeben, daß
unsere Bemühungen darauf gerichtet sind, diese Ungerechtigkeiten
aus der Welt zu schaffen. Diese Arbeit ist für uns eine Selbstverständlichkeit.
Sie wurde immer geleistet, als wir in der Opposition waren, und
für uns war es selbstverständlich, daß diese Arbeit
unter keinen Umständen eine Unterbrechung erfahren dürfe,
etwa deshalb, weil wir in der Regierung sind. Das zum Gesetz selbst.
Nun gestatten Sie mir, daß ich die heutige Kulturdebatte
dazu benütze, um auf das große soziale Elend der armen
deutschen Hochschüler hinweisen. Mehr als alle Beweise, die
ich schon fr üher vortrug und die ich heute nur wiederholen
könnte, sagt ein Schreiben, das uns gestern von den deutschen
Hochschülern zugeschickt wurde. Dieses Schreiben ist nicht
nur eine Anklageschrift, sondern ist direkt ein SOS-Ruf. Es heißt
darin (ète): "Ende voriger Woche kam mit mehrmonatiger
Verspätung endlich die Erledigung der Gesuche um staatliche
Wohnstipendien. Über 300 mittellose Studenten wurden entgegen
den ohnehin strengen Anträgen unserer Stipendienreferenten
ungerecht mit den niedrigsten Stipendienquoten beteilt oder überhaupt
nicht berücksichtigt. Dabei bietet die niedrige Miete im
Studentenheim dem Schulministerium ohnehin die Möglichkeit,
die deutschen Studenten mit einem geringen Aufwand zu befriedigen.
Während für die 960 Bewohner der deutschen Heime kaum
137.000 Kè bewilligt wurden, erhalten 950 Bewohner des
Masaryk-Studentenheimes 570.000 Kè, das ist um 15.000
Kè mehr, als alle deutschen Einrichtungen und alle deutschen
Staatsstipendien für die gesamten deutschen Hochschüler
in Prag und Brünn zusammen. Gestern war Auszahlung der Jännerrate
der Staatsstipendien in der Zemská banka. Unsere deutschen
Studenten mußten zusehen, wie beim gleichen Bankfenster
zu gleicher Zeit der slovakische Kollege vierbis fünffach
so hohe Stipendienbeträge ausbezahlt erhielt als der gleich
arme deutsche Hochschüler. Bekamen wir zumeist 70 Kè
monatlich, so sahen wir, daß den slovakischen Hochschülern
zumindest 300 Kè bis 450 Kè ausbezahlt wurden."
Ich möchte bei dieser Gelegenheit das wiederholen, was ich
bereits im Kulturausschuß gesagt habe: Wir wollen unter
keinen Umständen etwa eine Schmälerung jener Beträge,
die vorgesehen sind für Subventionen und Stipendien der èechischen
und slovakischen Hochschüler, sondern wir wollen nur die
Bereitstellung höherer Subventionsbeträge für die
deutschen Hochschüler. In diesem Zusammenhang erinnere ich
mit allem Nachdruck daran, daß der Kulturausschuß
einen von mir gestellten diesbezüglichen Antrag annahm, auf
dessen Durchführung wir heute beharren.
Und nun ein paar Worte zur Altersgrenze bei der Schulentlassung.
Ich würde darüber nicht sprechen, wenn ich nicht auf
ein erfreuliches Moment hinweisen könnte. Im Mai 1935 hat
das Internationale Arbeitsamt in Genf die Überprüfung
des Arbeitslosenproblems vorgenommen. Das Internationale Arbeitsamt
hat sich bei dieser beabsichtigten Regelung auch bemüht um
die Regelung der Festsetzung einer Minimalgrenze, von der ab Jugendlichen
Arbeiten in Handel, Gewerbe, in Landwirts chaft, Industrie usw.
zugänglich sein dürfen. Das Internationale Arbeitsamt
empfahl allen Staaten als oberste Grenze das 15. Lebensjahr. Ich
bringe diese Anregung Genfs dem Herrn Schulminister und den Schulbehörden
in Erinnerung. Wenn ich mir auch dessen bewußt bin, daß
wir hier mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben,
glaube ich doch, daß man ehestens an die Festsetzung der
9jährigen Schulpflicht wird heranschreiten müssen.
Und nun lassen Sie mich ein paar Wo rte zur letzten Kundgebung
des Herrn Henlein sagen, die in Form - wie möchte ich mich
da nur ausdrücken - in Fo rm eines großen Zirkus-Sonntags
im Deutschen Haus abgehalten wurde. (Výkøiky
sudetsko-nìmeckých poslancù: Sie haben aber
dort gefehlt!) Ich bedauere es gar nicht. Auf die Lehren,
die dort kolportiert wurden, kann ich ruhig verzichten. (Výkøiky
sudetsko-nìmeckých poslancù: Warum regen
Sie sich dann auf?) Ich rege mich nicht auf, sondern mache
nur Feststellungen. (Posl. Kundt: Das ganze Parlament unterhält
sich schon zwei Tage darüber!)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. Kirpalová (pokraèuje): Das scheint
Ihnen außerordentlich unangenehm zu sein. Befremdend hat
nur eine Tatsache gewirkt: an der Kundgebung Henleins, die das
Gepräge des Dritten Reiches und der Methoden des Herrn Goebbels
trug, haben fremde Gesandtschaften teilgenommen. (Výkøiky
poslancù sudetsko-nìmeckých). Ich weiß
nicht, es ist auch durchaus nicht meine Aufgabe, das zu untersuchen,
darüber müssen sich andere Faktoren den Kopf zerbrechen,
ob die Teilnahme der fremden Gesandtschaften ein Bekenntnis zum
Dritten Reich gewesen ist, oder eine offene Demonstration gegen
die Demokratie, gegen den èechoslovakischen Staat. Gestatten
Sie mir nun ein paar Worte zur Goebbels'schen Aufmachung dieser
Kundgebung zu sagen. Bei der Kundgebung versah nach reichsdeutschem
Muster SA ... (Posl. Kundt: Haben Sie die schon gesehen?)
Doch, doch, ich habe schon solche Kundgebungen gesehen. (Výkøiky
sudetsko-nìmeckých poslancù: Wir noch nicht!)
Ich werde Ihnen schon antworten, lassen Sie mich nur aussprechen.
Ich habe mir von ganz authentischer Seite sagen lassen, daß
SA- und SS- Ordner den Dienst dort versehen haben (Smích
sudetsko-nìmeckých poslancù.) Die SA
waren jene Ordner, die mit einer roten Armbinde und dem Abzeichen
versehen waren. Die SS-Ordner waren aber uniformiert. (Rùzné
výkøiky.) Ich spreche über die Aufmachung,
Herr Kollege, regen Sie sich nicht auf; die SS-Ordner waren uniformiert.
Sie trugen weiße Hemden und schwarze Kravatten. Aber die
SA und SS in der Uniform würden nichts bedeuten, wenn nicht
gleichzeitig auch alle Kommandorufe von drüben übernommen
worden wären, man hörte genau dieselben preußischen
Feldwebelkommandos, die man von drüben gewohnt ist. (Rùzné
výkøiky.) Meine Herren von der Sudetendeutschen
Partei, haben Sie nicht bei dieser Kundgebung eine Wahrnehmung
gemacht? Haben Sie nicht beobachtet, daß bei dieser Kundgebung
Ihre Volksgemeinschaft in Brüche gegangen ist? (Posl.
dr Neuwirth: Wo?) Sofort werde ich Ihnen darauf antworten.
An der Kundgebung - (Posl. inž. Karmasin: Prager Sender!)
aber nein! - haben nicht Ihre Kameraden Arbeiter und Ihre
Kameraden Arbeitslosen gefehlt? (Posl. dr Neuwirth: Wer sagt
denn das, woher wissen Sie das?) Ich gebe Ihnen sofort die
Antwort darauf, warten Sie doch! Weil sie erstens keine Einladung
für diese Kundgebung bekommen haben, und dann, Herr Kollege,
wenn sie diese Einladung bekommen haben, so hätten sie doch
an der Kundgebung gar nicht teilnehmen können (Posl. dr
Neuwirth: Wir können kein Reisegeld zahlen!) - machen
Sie sich nicht so lächerlich - weil Sie nicht über den
dunklen Anzug verfügen, den Herr Henlein vorschreibt, wenn
er eine Rede vorliest.
Einige Zeitungen, ich bitte, ich kann es nicht beweisen, aber
einige Zeitungen schrieben sogar darüber, daß man sich
dieses Theater natürlich wie jedes andere Theater bezahlen
mußte. Es wurde angeblich - ich sage, was die Zeitungen
schrieben - ein Eintritt von 6 Kè verlangt (Posl. Birke:
60!) obwohl es nicht einen einzigen Heller, geschweige denn
diese 6 Kronen wert war. (Posl. Birke: Wir haben 600.000 Kè
eingenommen!) Gehen Sie noch einmal in die Schule, um rechnen
zu lernen, wenn Sie sagen 6 Kè und daß 3000 dort
waren, so stimmt Ihre Rechnung nicht, wie Ihre Rechnungen im allgemeinen
nicht stimmen!
Eines ist an dieser Kundgebung erfreulich: Henlein hat ein offenes
Bekenntnis (Výkøiky: Zum sudetendeutschen Volk
abgelegt!) zum Dritten Reich abgelegt. (Posl. dr Neuwirth:
Das müssen Sie erklären!) Allerdings nicht in einer
ganz offenen Form. (Výkøiky: Jawohl!) Er
lüftete nur halb die Maske. (Posl. dr Neuwirh: Er lüftete
nur den Zipfel, das andere dichten Sie dazu!) Er identifizierte
sich mit Goebbels, Goering und Hitler, gleichzeitig aber auch
mit einem Streicher. (Výkøiky: Wieso denn?) Er
zeigte sich doch als dessen gelehrigster Schüler. Henlein
verlangte die Besetzung der Lehrkanzeln der deutschen Hochschulen
mit ausschließlich völkischen Professoren und die Ausschaltung
artfremder, d. h. nicht rassenreiner Lehrkräfte. Es hat noch
gefehlt, daß er gesagt hätte, man müsse nachprüfen,
ob die Großmutter oder die Urgroßmutter arisch ist
oder nicht. Das ist gut abgeguckt von den Methoden eines Herrn
Streicher. Es war beschämend, tief beschämend, daß
nach Zeitungsberichten gerade bei dieser Stelle die Zuhörer,
also das von Ihnen selbst einberufene und ausgewählte Auditorium,
stürmischen Beifall klatschte.
Henlein hat das umschrieben, sein Kollege und Kamerad Hodina
kann diese Umstellung noch nicht so klug machen. Er tapst einfach
mit beiden Füßen hinein. Es ist nicht so einfach, sich
so schnell von heute auf morgen etwa eines Mandats wegen ummzustellen.
Der Herr Hodina hat in der letzten Sitzung des Kulturausschusses
mit aller Offenheit erklärt (Rùzné výkøiky.)
- Sie wollen die Wahrheit nicht hören, weil Sie bitter
ist - "Weg mit allen jüdischen Direktoren". Wieder
ein Widerspruch zwischen dem Abg. Karmasin und dem Abg.
Hodina. Gerade gestern berief sich der Abg. Karmasin
auf die èechoslovakische Verfassung und verlangte ihre
Einhaltung. Ich brauche hier seine Rede nicht zu wiederholen.
Sie ist heute auch groß im Fettdruck in der "Zeit"
erschienen. Der eine Herr der Volksgemeinschaft verlangt die Demokratie
und die Einhaltung der demokratischen Verfassung und das andere
Mitglied desselben Klubs rennt gegen den § 106 der- Verfassung,
der Ausnahmen des Standes, der Religion und der Geburt absolut
nicht zuläßt.
Der Herr Henlein hat in seiner Rede erklärt, er fühle
sich kulturell mit dem Deutschen Reich verbunden. (Výkøiky:
Mit dem deutschen Volke!) Also mit dem deutschen Volke. (Výkøiky:
Mit dem Sie die Verbindung verloren haben!) Mit dem Dritten
Reich kann man keine Bindungen aufrecht erhalten, dort herrscht
Barbarei, dort haben Kulturmenschen nichts zu suchen. (Posl.
dr Neuwirth: Nicht mogeln, beim Text bleiben!) Ich ergänze
den Text, u. zw. ohne Rücksicht auf das Regime. Der Herr
Henlein erklärt sich wieder mit dem Dritten Deutschen Reich
- jetzt kommt die Definition seiner Ausführungen - einverstanden
und solidarisch. (Výkøiky: Zu der Definition
hat man Sie gebraucht!) Wir sind mit dieser Demaskierung noch
nicht voll zufrieden, wir wünschen noch eine etwas dezidiertere
Erklärung und ich gestatte mir deshalb an Henlein und an
Sie, meine Herren, die diese Idee vertreten und verteidigen, einige
klar formulierte Fragen zu stellen und ich setze voraus, es wird
Ihnen durchaus nicht schwer fallen, alle diese Fragen auch mit
derselben Klarheit zu beantworten. Und nun fragen wir den Herrn
Henlein: Wie stellt er sich zu der deutschen Unkultur der Bücherverbrennungen?
Wir erwarten darauf eine klare Antwort. Wie stellt sich der Herr
Henlein und seine Mitanbeter zu dem Verjagen von deutschen Wissenschaftlern,
von Gelehrten, Professoren, von sozialistischen und freiheitlich
denkenden Lehrern und anderen Menschen? Wir fragen in aller Offenheit:
Verurteilt Herr Henlein und Sie, meine Herren, die Konzentrationslager,
erklärt er sich auch solidarisch damit, daß Räubermoral
zur Staatsmoral werde? Ich bin neugierig, ob wir auf diese klar
formulierten Fragen auch eine solche klare Antwort erhalten. (Posl.
dr Neuwirth: Sie haben es ja gehört, nur nicht verstanden!)
Meine Herren, ich möchte Ihnen eine Ausrede vorwegnehmen.
Der Herr Henlein hat einmal erklärt, und zwar in seiner ersten
öffentlichen Rede in Böhmisch Leipa, er könne auf
die reichsdeutschen innerpolitischen Verhältnisse durchaus
nicht eingehen, er habe keine Möglichkeit, diese studieren
zu können. Heute, meine Herren, fällt diese Ausrede
weg, denn er hatte schon die Möglichkeit, diese Verhältnisse
persönlich zu studieren. Er war draußen, er wurde empfangen
in Aachen, er war in München, er hatte die große "Ehre",
mit Herrn Hitler zus ammensein zu können, mit ihm zu speisen.
Ihre Zeitung selbst schrieb doch so. (Výkøiky:
Eintopfgericht! - Veselost.) Aber er hatte auch die
Möglichkeit und er nützte sie wahrlich genug aus, geistige
Kost von Herrn Hitler zu übernehmen. Ich will durchaus nicht
untersuchen, wir sind ja auch gar nicht so neugierig zu hören,
wer Patenschaft gestanden war beim Entwurf der sonntägigen
Rede.
Aber meine Herren, wir haben noch eine Frage, die mit dem Dritten
Reich nichts zu tun hat, sondern die Sie uns auf Grund der hiesigen
Verhältnisse klar beantworten können. (Posl. Birke:
Wo sind die sozialdemokratischen Arbeiter hin? - Posl.
Katz: Die sind bei uns!) Wenn Sie keine andere Frage haben,
so können Sie beruhigt sein. Die sozialdemokratischen Arbeiter
sind nach wie vor bei der sozialdemokratischen Partei. (Posl.
Katz: Richtig! - Posl. Birke: Von 21 Mandaten - 11
Mandate!)