Ich könnte tausende solcher Fälle heranziehen, woraus
hervorgeht, daß die gegensätzlichsten Begründungen
bei Abweisungen durch die politische Verwaltung vorhanden sind,
Sie müßten darüber selbst lachen, wenn ich sie
Ihnen vorlegen wollte. Wenn man die Erkenntnisse an den höchsten
Instanzen bekanntgibt, geschieht nichts, es kann bei derselben
Bezirksbehörde in derselben seelenruhigen Weise weiter amtiert
werden. Darum ist festzustellen nötig: wollen Sie den Staat
demokratisch oder nichtdemokratisch, im Geiste der Regierungsparteien
und gegen die Opposition, oder wie es richtig wäre, im Geiste
des Gesamtstaates regieren, sorgen Sie dafür, daß Ihre
unteren Instanzen eine Begründung Ihrer Vorgangsweise finden,
die nicht die letzte Autorität der politischen Bezirksbehörden
oder der Polizeidirektionen in den Augen der deutschen Bevölkerung
zerstört. (Výkøiky.)
Es wäre zu diesem Kapitel noch allerhand zu sagen, teilweise
werde ich noch darauf zurückkommen. Ich habe gesagt, daß
wir auch ungerecht verwaltet werden. Da will ich feststellen,
daß z. B. der Herr Ministerpräsident an die Adresse
der Sudetendeutschen Partei folgenden Grundsatz als den demokratisch
en Grundsatz unseres Staates ausgesprochen hat: daß niemand
das Recht hat, seinen Willen oder seine Ansicht schwächeren
Gruppen aufzuoktroieren; darum beruhe das èechoslovakische
Wahlrecht auf der verhältnismäßigen Vertretung.
Ich will beweisen, wie leider dieser Grundsatz bisher nicht eingehalten
worden ist, und wir wären begeistert, wenn er wirklich eingehalten
werden würde. Da sind erstens einmal die Tatbestände,
daß durch das Ernennungssystem unserer Bürgermeister,
Vorsteher und eines Teiles der Gemeindevertretungen der Bevölkerung
heute noch der Wille der Staatsmacht, also des Stärkeren,
der schwächeren Gruppe im Staate aufgezwungen wird, daß
hier immer noch Bürgermeister, Vorsteher und Gemeindevertreter
verwalten, die weder dem Grundsatze des verhältnismäßigen
Wahlrechtes noch dem Grundsatze entsprechen, daß man den
Schwächeren nicht den Willen der Stärkeren aufzwingen
solle. Wie das im Einzelnen ist, will ich Ihnen an einigen Beispielen
anführen. Ich nehme die Ernennungen. Dazu ist zu sagen, daß
sie erstens einer Reihe von Grundsätzen der Staatsverfassung
nicht entsprechen; zu den Ernennungen in den Bezirksvertretungen
ist zu sagen, daß sie dem von Ihnen selbst angenommenen
Verwaltungsorganisationsgesetz, und zwar dem Wortlaute nach vollkommen
widersprechen. Da ist ganz besonders tragisch und verurteilenswert,
daß deutsche Parteien, die selbst Wert darauf gelegt haben,
daß wenigstens die verhältnismäßige Ernennung
nach der nationalen Hinsicht im Verwaltungsorganisationsgesetz
fundiert werde, was im Motivenbericht zu diesem Gesetz ausdrücklich
festgesetzt ist, die Ernennungen nicht einmal nach dem nationalen
Schlüssel sichergestellt haben. Sie hätten wenigstens
dafür sorgen sollen, daß Ihre Leute ernannt werden,
wenn Sie schon die Demokratie nicht anders als mit der Parteibrille
aufzufassen verstehen. Daß man seitens der èechischen
Mehrheitsparteien nicht einmal die deutschen Regierungspartrteien
nach dem nationalen Schlüssel eingereiht hat, zeigt, wie
Sie die Lösung des Nationalitätenproblems Menschen gegenüber
verstehen, die alles eher als radikal und die so gemäßigt
sind, daß Sie sich sie nicht gemäßigter vorstellen
können. Ich habe mich bemüht, die Ernennungen in 30
deutschen Mehrheitsbezirken zu untersuchen. Da sind von 254 ernannten
Mandaten den Deutschen 141 und den Èechen 113 Mandate zugefallen
bei einem Stimmenverhältnis allerdings von 880.000 zu 181.000
oder von 76ÿ9% zu 16ÿ9%. Es hätte in Anbetracht
von 72 gewählten èechischen Mandaten ganz nach dem
Grundsatz des Herrn Ministerpräsidenten, den er uns zur Beachtung
empfohlen hat, entsprochen, wenn nicht 113, sondern 24 ernannt
worden wären. Das hätte auch dem Organisationsgesetz
entsprochen. So aber hat man um 89 mehr ernannt als dem Gesetz,
dem Recht und dem Grundsatz der Demokratie entspricht. So kommt
es, daß in nationaler Hinsicht die demokratische Gleichberechtigung
in den deutschen Bezirken dadurch zum Ausdruck kommt, daß
auf ein èechisches Mandat 976 Stimmen entfallen, für
ein deutsches Mandat aber 1136 Stimmen erforderlich sind. Diese
Zahlen sind charakteristisch für das Maß von Gleichberechtigung,
welche selbst den Deutschen gewährt wird, die alles tun,
um Ihre Wünsche in der Regierung auch im weitesten Maße
zu befriedigen. Wenn ich die Zahlen aufzählen würde,
die die Sudetendeutsche Partei betreffen, so würden sie noch
schlechter sein. Es ist typisch, daß nicht einmal die deutschen
Regierungsparteien das volle Maß der Gleichberechtigung
genießen. Auf Grund der Wahlen wäre es rechtens gewesen,
daß in diesen 30 Bezirken, wo die Deutschen 85ÿ2%,
die Èechen 14.8% Mandate erhalten haben, die Mandate diesen
Zahlen entsprechend aufgeteilt worden wären. So hat man nach
dem Prinzip der Gleichberechtigung und bei Beachtung des Grundsatzes,
daß dem Schwächeren nicht der Wille des Stärkeren
aufzuzwingen ist, die Verschiebung gemacht, daß die Deutschen
75 und die Èechen 259 Mandate erhalten haben. Das ist in
diesen Bezirken eine Bevorrechtung der Èechen um genau
100%. Das ist die Gleichberechtigung, die immer betont wird. Wenn
man einzelne Bezirke herausnimmt, dann sieht die Sache noch krasser
aus. Ich will bloß den Bezirk Bärn herausnehmen, ich
könnte ebensogut die Bezirke Elbogen, Asch, Graslitz usw.
hernehmen. Die Zeit reicht aber nicht dazu aus. Im Bezirke Bärn
entfällt nach dem Grundsatz des verhältnismäßigen
Wahlrechtes ein Mandat auf 93 èechische und ein Mandat
auf 746 deutsche Stimmen. (Hört! Hört!) Die Gleichberechtigung
drückt sich im Verhältnis von 93 zu 746 aus. Wenn man
nach den Parteien die Dinge beurteilt, muß ich feststellen,
daß immer gesagt wurde, und im Referate des Herrn Ministerpräsidenten
klingt es durch, daß die Parteien die Repräsentanz
der Bevölkerung sind, die Gleichberechtigung zu genießen
haben. Er beruft sich auf die Staatsverfassung. Da ergibt sich
nun Folgendes. In den 30 Bezirken bekommt die Sudetendeutsche
Partei ihre Mandate mit 1885 Stimmen, die sozialdemokratische
Partei mit 866 Stimmen, der Bund der Landwirte mit 657 Stimmen
und die Èechen mit 956 Stimmen. Oder in Bärn: die
sudetendeutsche Partei mit 308 Stimmen, der Bund der Landwirte
mit 599 Stimmen, die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei
mit 499 Stimmen und die Èechen mit 93 Stimmen. Das ist
die Gleichberechtigung, die Gleichbewertung der politischen Parteien
im Geiste unserer Staatsverfassung. Man hat in den 30 Bezirken
das wahre Verhältnis, den Willen des Volkes, der nach §
1 unserer Verfassungsurkunde ausdrücklich festgelegt ist
und der auch dem Motivenberichte des Verwaltungsorganisationsgesetzes
zugrunde liegt, in folgender Weise verschoben: Durch die Wahl
hat die sudetendeutsche Partei in diesen 30 Bezirken 59.25%, die
übrigen deutschen Parteien 40ÿ75% der deutschen Mandate
erhalten. Nach der Ernennung hat die sudetendeutsche Partei nur
mehr 39ÿ5%, alle übrigen Parteien aber 60ÿ5% aller
Stimmen. So zeigt sich die Demokratie und die Gleichberechtigung
und so wurde bisher der Grundsatz gehandhabt: Der Stärkere
soll dem Schwächeren seinen Willen nicht aufzwingen.
Ein anderes Gebiet ist der Zustand der Nichtachtung der Gemeindewahlordnungen.
Die Gemein-dewahlordnungen schreiben in ganz präziser Form
vor, wenn ein Verwaltungskommissär oder eine Verwaltungskommission
eingesetzt ist, daß binnen 6 Wochen die Wahlen ausgeschrieben
werden müssen. Wir haben Verwaltungskommissäre und Verwaltungskommissionen
schon jahrelang und nicht nur das, wir haben auch den Zustand,
daß entgegen den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung, entgegen
vielfachen Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtes die
Gemeindekommissäre, die Regierungskommissäre in den
Gemeinden sogar den Wirkungskreis überschreiten, über
Vermögen verfügen, Beamte entlassen und anstellen usw.
Ich habe im Budgetausschuß ganz genaue Zahlen darüber
bezüglich der Betätigung des Verwaltungskommissärs
von Brüx angeführt. (Posl. dr Peters: Von dem hat
der Herr Minister Spina in Brüx nicht gesprochen!) Nein,
davon hat er nicht gesprochen, obwohl er seit 2 Jahren die Akten
in seiner Schublade darüber liegen hat, u. zw. von seiner
eigenen Partei geliefert, damit er dafür sorge, daß
bei uns die Gesetze eingehalten werden. (Posl. dr Peters: Dazu
hat er keine Zeit!) Nein, er muß sich ja zu sehr mit
uns beschäftigen. Dazu hat er jetzt keine Zeit.
Ebenso ist die Geschichte in Prachatitz, ja es will mir beinahe
scheinen, daß man die Verwaltungskommissäre in gewissen
Städten solange lassen will, bis durch entsprechende Manipulationen,
wie in Prachatitz, eine solche Mehrheit für die nächsten
Gemeindewahlen hergestellt ist, daß dann eine èechische
Mehrheit in einer bisher deutschen Stadt zur Herrschaft kommt.
Wenn man nun diese Manipulationen der Verwaltungsbehörden
anzeigt, dann wird vielleicht ein bißchen untersucht, wenn
es überhaupt geschieht, und nachher erklärt man, es
sei alles in Ordnung. Meine Herren! Wie können Sie von der
Bevölkerung verlangen, daß sie Recht für Recht
ansieht, daß sie die Gesetze einhält und sich danach
richtet, wenn die Verwaltungsorgane u. zw. über Druck der
politischen Parteien genötigt werden, die klarsten Gesetzesbestimmungen
zu verletzen und zu mißachten? (Potlesk.) Schließlich
bekommt jeder Staat die Bevölkerung, die er sich erzieht.
Durch eine systematische Verletzung der klarsten Bestimmungen
der Gesetze durch die Verwaltungsorgane werden Sie sich keine
entsprechende Bevölkerung erziehen. Und da wundern Sie sich
noch, daß diese Bevölkerung unzufrieden ist und nicht
jene Liebe den Behörden entgegenbringt, die Sie gerne haben
möchten. Der Grundsatz der Demokratie im § 1 und den
anderen Paragraphen unserer Verfassungsurkunde und Gesetze wird
von Ihnen mißachtet. Das geht klar daraus hervor, daß
in vielen Gemeinden, wo längst die Frist für die Ausschreibung
der Gemeindewahlen abgelaufen ist, die Wahlen nicht ausgeschrieben
werden und außerdem noch durch ein besonderes Gesetz die
Verlängerung durchgeführt wird.
Meine Herren! Ernennungen betrachten Sie als Ausdruck eines autoritären
Systems, wenn es anderswo vorkommt. Es ist bezeichnend, daß
bei uns das Ernennungssystem zuerst des einen Drittels der Landes-
und Bezirksvertreter und dann der Gemeindevorsteher und Bürgermeister
und von vielen Gemeindevertretungen eingeführt worden sind.
Das ist nicht der Ausdruck eines autoritären Systems, sondern
der besten Demokratie, obwohl das Ernennungssystem der Verfassungsurkunde
widerspricht, in der es ausdrúcklich heißt, daß
das Laienelement in höchstem Maße durch die Wahl heranzuziehen
ist. Es ist merkwürdig, daß Sie uns immer als Fascisten
und weiß Gott was qualifizieren wollen und wir in Wirklichkeit
die einzigen im Hause sind, die die klaren Bestimmungen unserer
Verfassung und unserer demokratischen Gesetzgebung verteidigen
müssen. (Potlesk.) Anscheinend hat man noch immer
nicht genug an diesem demokratischen System der autoritären
Ernennungen, um mich Ihrer Terminologie zu bedienen. Man will
außerdem noch jetzt ein Drittel oder zwei Drittel der Gemeindevertretungen
ernennen und das Wahlsystem abschwächen bzw. ganz einstellen.
Dazu will man den Vorstehern noch eine Kontrolle hinsetzen in
Form der Distriktssekretäre, die unsere slovakischen Kollegen
sicherlich kennen. Man weiß ja, in welchem Geiste und zu
welchem Zweck seinerzeit in Ungarn die Einrichtung der Notäre
geschaffen worden ist, und ich betrachte es als eine Unifizierung
zum Schlechteren, wenn man dieses System aus den slovakischen
Ländern jetzt nach Böhmen übertragen will. Vielleicht
will man damit einigen Leuten eine Existenz schaffen, natürlich
nicht Deutschen, sondern anderen. Aber die Distriktssekretäre
sind das größte Mißtrauensvotum, das die Regierung
ihren eigenen Parteiangehörigen, den Bürgermeistern
und Vorstehern vor allem aussprechen kann.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich doch auf den interessanten
Geist verweisen, der aus einem Artikel des Herrn Senators Klofáè
spricht. Herr Sen. Klofáè hat im "Èeské
slovo" vom 4. Dezember eine Bewertung unserer Bürgermeister,
Gemeindevorsteher und Rathausstuben zum Ausdruck bringen zu müssen
geglaubt, wobei er unter anderem sagt: "Die deutschen Gemeinden
sehen ihre Aufgabe hauptsächlich auf dem Felde der nationalen
Expansion. Die Erziehung, die die deutschen Rathäuser dem
Volke geben ist derart, daß im Grenzgebiet eine Angst vor
der Abrechnung entstand. Die Gemeindevorsteher sind gegen den
Staat. Die Bürgermeister sollen die Verkörperer des
Selbstbewußtseins der deutschen Einwohnerschaft sein. Die
Intelligenz der deutschen Bürgermeister soll die Fähigkeit
der èechischen Bürgermeister überragen. Die Gemeindesekretäre
und -Funktionäre sind ohne eigene Verfassung die Instruktoren
der Einwohnerschaft auf dem Felde der nationalen Kleinarbeit.
Der Druck der deutschen Rathäuser auf die Minderheiten ist
deshalb so hart, weil die Bezirzksbehörde in Gemeindeverhältnisse
nicht einzugreifen hat. Was der Vorsteher will, das gilt, und
den Bezirkshauptmann geht das nichts an. Für die nationale
Kleinarbeit werden eigene Kurse unter Beteiligung von Gemeindefunktionären
abgehalten und in ihnen gibt man die Anleitung dazu, wie zu handeln
ist, um die Gesetze formal nicht zu übertreten."
Meine Herren! Es ist das eine sehr interessante Erscheinung deswegen,
weil hier das Mitglied einer Regierungspartei, dessen Klubkollege
sehr große und ideale Friedenstöne spricht, die Bürgermeister
und Vorsteher beschuldigt, die im Grunde genommen alle den deutschen
Regierungsparteien angehören. (Hört! Hört! -
Posl. Hatina: To není pravda!) Ich habe keine Ursache
hier an dieser Stelle die Vorsteher und Bürgermeister des
Bundes der Landwirte des Herrn Ministers Spina und der
deutschen Sozialdemokraten zu verteidigen. Die Bürg.ermeister
und Vorsteher sind durchweg.s Personen aus diesen Lagern. Was
sind denn das für Bürgermeister und Vorsteher, die von
Ihnen und vom Ministerrat als verläßlich bestellt worden
sind, als die, die Sie abgesägt haben, wenn ein hohes Mitglied
einer bedeutsamen Regierungspartei eine derartige Bewertung ausspricht.
Es ist kennzeichnend, daß Koll. Böhm, der hier
vor mir gesprochen hat, nicht einmal mehr die Kurage gefunden
hat, seine Gemeindevorsteher gegen derartige Pauchalverdächtigungen
der Staatsfeindlichkeit, der Illoyolität und der Umgehung
der Gesetze zu verteidigen. Es soll uns eine Ehre sein, daß
wir auch Menschen verteidigen, die uns nicht angehören. Aber
die Schreibweise dieser Herren ist bezeichnend für den Geist,
aus welchem vom Ihnen Verständigungspolitik gemacht wird
mit dem deutschen Volk in diesem Staate, wenn Sie derartige Männer
verdächtigen, die sicherlich zu den treuesten im Sinne Ihrer
Auffassung gehören.
Der Herr Ministerpräsident hat in seinen Ausführungen
auf dem Gebiete der Verwaltung wieder darauf verwiesen, daß
bei der öffentlichen Beamtenschaft hinreichende Kenntnis
und bester Wille für die Erfüllung ihrer Aufgaben vorhanden
sei. Ich will diese Feststellung im allgemeinen nicht bezweifeln,
ich will aber im einzelnen auf Erscheinungen hinweisen, die zumindest
oft den Willen bezweifeln lassen. Da ist zunächst einmal
der Umstand, daß Beamte, Gendarmerie und Polizei von hohen
Instanzen in eine Lage versetzt werden, wonach sie ihre Pflicht
in unzureichender und oft falscher Weise erfüllen müssen.
Man versetzt in deutsche Gebiete, die nicht nur vollkommen deutsch
sind, sondern oft einen schweren Dialekt sprechen, Gendarmen und
Polizisten - jüngst erst in Brüx wieder 104 - die nicht
einmal die deutsche Sprache beherrschen, geschweige denn den Dialekt
dieses Gebietes. Ja, wenn Sie vom Gesichtspunkt der Sicherheit
des Staates ausgehen, müssen Sie Menschen hingeben, die wenigstens
die Bevölkerung verstehen, um dieser Sicherheit entsprechend
dienen zu können. Aber es handelt sich dabei scheinbar weniger
um die Sicherheit des Staates, als den Staat der deutschen Bevölkerung
gegenüber in gebührender Weise in Erscheinung treten
zu lassen und außerdem wiederum eine Menge Leute in Posten
unterzubringen.
Was die Beamtenschaft betrifft, gibt es einen § 4 im Verwaltungsorganisationsgesetz,
der vorschreibt, daß in einer höflichen Formmit der
Bevölkerung zu verkehren ist. Ich kann aus meiner eigenen
Erfahrung feststellen, daß es politische Beamte gibt - ich
kenne die Bezirksbehörde z. B. in Luditz, da gibt es einen
Beamten, der es absolut nicht der Mühe wert findet, wenn
man sich ihm vorstellt, die gewöhnliche gesellschaftliche
Pflicht zu erfüllen, seinen Namen zu nennen - die sich nach
diesem Paragraph nicht richten und daß selbst viele politische
Beamte der Bevölkerung mit einem solchen Gesicht entgegenkommen,
daß diese absolut kein Vertrauen schöpfen kann. Wenn
man jemandem mit einem C-esicht gegenübertritt, aus dem man
mehr Haß und Mißtrauen als Liebe und Willen zur Verständigung
mit der Bevölkerung herauslesen kann, ist das kein Wunder.
(Posl. dr Hodina: Sie können nicht einmal grüßen!)
Von Gruß und ähnlichen Dingen ist keine Rede. Es
wäre daher zu empfehlen, daß man auch der Beamtenschaft
ein gewisses Maß von Verhalten beibringt, und vielleicht
einen Knigge herausgibt für gewisse Beamte - ich gebe zu,
es gibt eine Reihe von Beamten, die außerordentlich zuvorkommend
und höflich sind - einen Knigge des Umgangs mit der Bevölkerung.
Wohl hat auch die Beamtenschaft, insoferne als es an ihr liegt,
durchaus ein gewisses Maß von Sachkenntnis; aber man reibt
bei uns die Beamtenschaft durch Überlastung auf. Heute ist
es so, daß die politische Beamtenschaft - und ich spreche
mehr für die èechischen als für die deutschen,
denn die gibt es fast heute nicht mehr - nicht in der Lage ist,
sich die nötige Literatur zu kaufen, sich vielleicht auszubilden
und es ist so, daß bei dem Wust der Gesetzgebung, bei dem
Durcheinander von Rechtsprinzipien, die in diesem Hause herausko
mmen, der Be amte nicht mehr Rat und Recht weiß, und vielfach,
obwohl er den besten Willen hat, schlecht entscheiden muß,
weil er einfach nicht mehr das Rüstzeug und die nötige
Vorbildung mitbekommt. Der politische Beamte, der aus der Hochschule
sofort in eine der heikelsten Gegenden versetzt wird und der von
Lebenserfahrung keinen Dunst hat und haben kann, wird meist in
eine einzelne Materie hereingeworfen und soll mit Lebenserfahrung
und zu einem politischen Beamten, der der Bevölkerung gegenüberstehen
soll, gehört Lebenserfahrung - den Staat repräsentieren,
er soll die Brücke zwischen der Bevölkerung und dem
Staat sein. Was kommt dabei heraus? Er kann es nicht sein, im
Gegenteil, vielfach ist der ein zelne Beamte nicht die Brücke
zzwischen Staat und Bevölkerung, sondern ein Sperrfort zwischen
beiden. Dazu kommt noch ein Zweites. Sie haben nach bestimmter
Richtung hin genau dafür gesorgt, daß die politischen
Beamten sich politisch nicht betätigen. Auf der anderen Seite
aber betrachtet es jede èechische Partei geradezu als selbstverständlich,
politische Beamte in ihren Reihen zu haben, und auf diese Weise
wird der parteipolitische Kampf in die Verwaltung hineingetragen.
Außerdem gibt es eine Schichte der Bevölkerung, die
es als ihre Aufgabe ansieht, gescheiter, staatstreuer und nationaler
zu sein als die Spitzen der Verwaltung, das sind die Hranièáøi.
Und wehe dem politischen Beamten, der auf dem Standpunkte der
sachlichen Urteilsweise der höheren Stellen steht: die Hranièáøi
wissen immer alles besser als die Staatsführung selbst und
auf diese Weise werden die politischen Beamten und die ganze Beamtenschaft
in den niederen Zweigen aller Ressorts in eine Situation gebracht,
wo sie vor Angst nicht wissen, wem sie Recht geben sollen, dieser
oder jener politischen Partei, dieser oder jener Richtung unter
den Hranièáøi oder den Grundsätzen der
Staatsverfassung. Daher kommt es, daß diese Beamten, verängstigt,
nicht mehr den Mut haben, selbst zu entscheiden und sich in ihren
Entscheidungen an die höheren Instanzen wenden. Damit kommt
die ganze Langsamkeit der Verwaltung und die Schwierigkeit derselben,
aber auch die ganze Schädigung, die vielfach für die
Bevölkerung durch die Ve rwaltung entsteht. Schuld daran
ist aber, daß die politischen Parteien nicht untereinander
ausmachen, daß der Beamte Diener des Staates und nicht einer
Partei sein darf, daß nicht Normen eingeführt werden,
daß politische Beamte nicht Instrumente von Parteien oder
von Vereinen sein dürfen, die nach dem Gesetz nicht einmal
Politik zu machen hätten.
Ein besonderes Kapitel sind einzelne Fälle der Tätigkeit
der Staatspolizei und der Gendarmerie. Ich will sie einzeln nicht
wiederholen, ich stelle nur fest, daß wir wiederholt, aktenmäßig
belegt, nachweisen mußten, daß die Gendarmerie und
Polizei ihre Tätigkeit in einzelnen Orten nicht nur darin
sieht, die Sicherheit zu wahren, sondern auch oft Leute, die gar
kein Verschulden haben, zu schlagen und tätlich zu werden.
Wir haben diese Fälle bereits gemeldet, es sind unerhörte
Fälle und sie mehren sich noch. Damit wird natürlich
nicht das Vertrauen der Bevölkerung zur Staatspolizei - es
ist immer die Staatspolizei - vermehrt. Ich erinnere nur an den
Vorfall in Brüx, wo sich die Staatspolizei gleich durch die
Verprügelung einiger Staatsbürger eingeführt hat.
Und was ist geschehen? Nichts ist geschehen. Die Beamten sind
nicht einmal versetzt worden, vielleicht haben sie noch eine Erhöhung
erfahren, während andererseits der kleinste Fehler eines
Staatsbürgers mit allerhand Paragraphen bestraft wird. Sorgen
Sie dafür, daß lhre Staatspolizei und Gendarmerie nicht
in eine Verängstigung und Mentalität durch gewisse Zeitungen
hineingehetzt wird, daß sie aus Nervosität ihre Pflicht
überschreitet und sich die Bevölkerung sie vielfach
als Vertreter weniger der Staatsgewalt als der Gewalt an sich
vorstellt.
Ein anderes Kapitel ist der soziale Sinn der Bez irksbehörden.
Wenn sich in einem Elendsgebiet Frauen finden, die Lebensmittelpakete
- ich meine den Bezirk Warnsdorf - sammeln, um Hungernden zum
Nikolo und Weihnachten Lebensmittel zu schenken, und dann der
Bezirkshauptmann aus irgendwelchem Fo rmalismus heraus den Organisator
dieser Lebensmittelpaketsammlung noch mit Geld oder Arrest bestraft,
dann ist das soziale Empfinden der Verwaltungsorgane gekennzeichnet.
(Rùzné výkøiky.) Solche Vorfälle
sind oft zu verzeichnen. Wir haben darauf hingewiesen, geschehen
ist aber nichts, es kann in derselben Weise weiter amtiert werden
wie bisher. Wenn es z. B. - und das ist ein besonderes Kapitel
- vorkommt, daß aus parteipolitischen Argumenten die Volkshilfe
zu spät bewilligt wird, so ist das auch wieder kennzeichnend
für den Geist der Humanität. Wenn schon der Staat nicht
in der Lage ist, für die notleidende hungernde Bevölkerung
in zureichendem Maße zu sorgen, dann gestatten Sie wenigstens
der deutschen Bevölkerung, ihre eigenen Geldmittel herzugeben,
daß die Menschen zu essen bekommen. Wenn aber politische
Parteien, noch dazu solche, die sich sozial nennen, alles tun,
daß das Innenministerium diesen Akt recht lange nicht erledigt,
dann ist das für die soziale Gesinnung dieser Parteien kennzeichnend.
(Posl. Heeger: Warum zentralisieren Sie das nicht bei den Gemeinden?)
Ja, die Zentralisierung bei der Gemeinde, Herr Abg. Heeger:
Wenn man kein Sozialdemokrat ist, kriegt man keine Unterstützung.
(Rùzné výkøiky.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. Kundt (pokraèuje): Ich will noch auf
ein anderes Gebiet zurückkommen. Der Herr Minister Dérer
hat im Budgetausschuß zu den Ausführungen meines Kameraden
Dr. Neuwirth erklärt... (Rùzné výkøiky.)