Pondìlí 9. prosince 1935

Ich könnte tausende solcher Fälle heranziehen, woraus hervorgeht, daß die gegensätzlichsten Begründungen bei Abweisungen durch die politische Verwaltung vorhanden sind, Sie müßten darüber selbst lachen, wenn ich sie Ihnen vorlegen wollte. Wenn man die Erkenntnisse an den höchsten Instanzen bekanntgibt, geschieht nichts, es kann bei derselben Bezirksbehörde in derselben seelenruhigen Weise weiter amtiert werden. Darum ist festzustellen nötig: wollen Sie den Staat demokratisch oder nichtdemokratisch, im Geiste der Regierungsparteien und gegen die Opposition, oder wie es richtig wäre, im Geiste des Gesamtstaates regieren, sorgen Sie dafür, daß Ihre unteren Instanzen eine Begründung Ihrer Vorgangsweise finden, die nicht die letzte Autorität der politischen Bezirksbehörden oder der Polizeidirektionen in den Augen der deutschen Bevölkerung zerstört. (Výkøiky.)

Es wäre zu diesem Kapitel noch allerhand zu sagen, teilweise werde ich noch darauf zurückkommen. Ich habe gesagt, daß wir auch ungerecht verwaltet werden. Da will ich feststellen, daß z. B. der Herr Ministerpräsident an die Adresse der Sudetendeutschen Partei folgenden Grundsatz als den demokratisch en Grundsatz unseres Staates ausgesprochen hat: daß niemand das Recht hat, seinen Willen oder seine Ansicht schwächeren Gruppen aufzuoktroieren; darum beruhe das èechoslovakische Wahlrecht auf der verhältnismäßigen Vertretung. Ich will beweisen, wie leider dieser Grundsatz bisher nicht eingehalten worden ist, und wir wären begeistert, wenn er wirklich eingehalten werden würde. Da sind erstens einmal die Tatbestände, daß durch das Ernennungssystem unserer Bürgermeister, Vorsteher und eines Teiles der Gemeindevertretungen der Bevölkerung heute noch der Wille der Staatsmacht, also des Stärkeren, der schwächeren Gruppe im Staate aufgezwungen wird, daß hier immer noch Bürgermeister, Vorsteher und Gemeindevertreter verwalten, die weder dem Grundsatze des verhältnismäßigen Wahlrechtes noch dem Grundsatze entsprechen, daß man den Schwächeren nicht den Willen der Stärkeren aufzwingen solle. Wie das im Einzelnen ist, will ich Ihnen an einigen Beispielen anführen. Ich nehme die Ernennungen. Dazu ist zu sagen, daß sie erstens einer Reihe von Grundsätzen der Staatsverfassung nicht entsprechen; zu den Ernennungen in den Bezirksvertretungen ist zu sagen, daß sie dem von Ihnen selbst angenommenen Verwaltungsorganisationsgesetz, und zwar dem Wortlaute nach vollkommen widersprechen. Da ist ganz besonders tragisch und verurteilenswert, daß deutsche Parteien, die selbst Wert darauf gelegt haben, daß wenigstens die verhältnismäßige Ernennung nach der nationalen Hinsicht im Verwaltungsorganisationsgesetz fundiert werde, was im Motivenbericht zu diesem Gesetz ausdrücklich festgesetzt ist, die Ernennungen nicht einmal nach dem nationalen Schlüssel sichergestellt haben. Sie hätten wenigstens dafür sorgen sollen, daß Ihre Leute ernannt werden, wenn Sie schon die Demokratie nicht anders als mit der Parteibrille aufzufassen verstehen. Daß man seitens der èechischen Mehrheitsparteien nicht einmal die deutschen Regierungspartrteien nach dem nationalen Schlüssel eingereiht hat, zeigt, wie Sie die Lösung des Nationalitätenproblems Menschen gegenüber verstehen, die alles eher als radikal und die so gemäßigt sind, daß Sie sich sie nicht gemäßigter vorstellen können. Ich habe mich bemüht, die Ernennungen in 30 deutschen Mehrheitsbezirken zu untersuchen. Da sind von 254 ernannten Mandaten den Deutschen 141 und den Èechen 113 Mandate zugefallen bei einem Stimmenverhältnis allerdings von 880.000 zu 181.000 oder von 76ÿ9% zu 16ÿ9%. Es hätte in Anbetracht von 72 gewählten èechischen Mandaten ganz nach dem Grundsatz des Herrn Ministerpräsidenten, den er uns zur Beachtung empfohlen hat, entsprochen, wenn nicht 113, sondern 24 ernannt worden wären. Das hätte auch dem Organisationsgesetz entsprochen. So aber hat man um 89 mehr ernannt als dem Gesetz, dem Recht und dem Grundsatz der Demokratie entspricht. So kommt es, daß in nationaler Hinsicht die demokratische Gleichberechtigung in den deutschen Bezirken dadurch zum Ausdruck kommt, daß auf ein èechisches Mandat 976 Stimmen entfallen, für ein deutsches Mandat aber 1136 Stimmen erforderlich sind. Diese Zahlen sind charakteristisch für das Maß von Gleichberechtigung, welche selbst den Deutschen gewährt wird, die alles tun, um Ihre Wünsche in der Regierung auch im weitesten Maße zu befriedigen. Wenn ich die Zahlen aufzählen würde, die die Sudetendeutsche Partei betreffen, so würden sie noch schlechter sein. Es ist typisch, daß nicht einmal die deutschen Regierungsparteien das volle Maß der Gleichberechtigung genießen. Auf Grund der Wahlen wäre es rechtens gewesen, daß in diesen 30 Bezirken, wo die Deutschen 85ÿ2%, die Èechen 14.8% Mandate erhalten haben, die Mandate diesen Zahlen entsprechend aufgeteilt worden wären. So hat man nach dem Prinzip der Gleichberechtigung und bei Beachtung des Grundsatzes, daß dem Schwächeren nicht der Wille des Stärkeren aufzuzwingen ist, die Verschiebung gemacht, daß die Deutschen 75 und die Èechen 259 Mandate erhalten haben. Das ist in diesen Bezirken eine Bevorrechtung der Èechen um genau 100%. Das ist die Gleichberechtigung, die immer betont wird. Wenn man einzelne Bezirke herausnimmt, dann sieht die Sache noch krasser aus. Ich will bloß den Bezirk Bärn herausnehmen, ich könnte ebensogut die Bezirke Elbogen, Asch, Graslitz usw. hernehmen. Die Zeit reicht aber nicht dazu aus. Im Bezirke Bärn entfällt nach dem Grundsatz des verhältnismäßigen Wahlrechtes ein Mandat auf 93 èechische und ein Mandat auf 746 deutsche Stimmen. (Hört! Hört!) Die Gleichberechtigung drückt sich im Verhältnis von 93 zu 746 aus. Wenn man nach den Parteien die Dinge beurteilt, muß ich feststellen, daß immer gesagt wurde, und im Referate des Herrn Ministerpräsidenten klingt es durch, daß die Parteien die Repräsentanz der Bevölkerung sind, die Gleichberechtigung zu genießen haben. Er beruft sich auf die Staatsverfassung. Da ergibt sich nun Folgendes. In den 30 Bezirken bekommt die Sudetendeutsche Partei ihre Mandate mit 1885 Stimmen, die sozialdemokratische Partei mit 866 Stimmen, der Bund der Landwirte mit 657 Stimmen und die Èechen mit 956 Stimmen. Oder in Bärn: die sudetendeutsche Partei mit 308 Stimmen, der Bund der Landwirte mit 599 Stimmen, die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei mit 499 Stimmen und die Èechen mit 93 Stimmen. Das ist die Gleichberechtigung, die Gleichbewertung der politischen Parteien im Geiste unserer Staatsverfassung. Man hat in den 30 Bezirken das wahre Verhältnis, den Willen des Volkes, der nach § 1 unserer Verfassungsurkunde ausdrücklich festgelegt ist und der auch dem Motivenberichte des Verwaltungsorganisationsgesetzes zugrunde liegt, in folgender Weise verschoben: Durch die Wahl hat die sudetendeutsche Partei in diesen 30 Bezirken 59.25%, die übrigen deutschen Parteien 40ÿ75% der deutschen Mandate erhalten. Nach der Ernennung hat die sudetendeutsche Partei nur mehr 39ÿ5%, alle übrigen Parteien aber 60ÿ5% aller Stimmen. So zeigt sich die Demokratie und die Gleichberechtigung und so wurde bisher der Grundsatz gehandhabt: Der Stärkere soll dem Schwächeren seinen Willen nicht aufzwingen.

Ein anderes Gebiet ist der Zustand der Nichtachtung der Gemeindewahlordnungen. Die Gemein-dewahlordnungen schreiben in ganz präziser Form vor, wenn ein Verwaltungskommissär oder eine Verwaltungskommission eingesetzt ist, daß binnen 6 Wochen die Wahlen ausgeschrieben werden müssen. Wir haben Verwaltungskommissäre und Verwaltungskommissionen schon jahrelang und nicht nur das, wir haben auch den Zustand, daß entgegen den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung, entgegen vielfachen Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtes die Gemeindekommissäre, die Regierungskommissäre in den Gemeinden sogar den Wirkungskreis überschreiten, über Vermögen verfügen, Beamte entlassen und anstellen usw. Ich habe im Budgetausschuß ganz genaue Zahlen darüber bezüglich der Betätigung des Verwaltungskommissärs von Brüx angeführt. (Posl. dr Peters: Von dem hat der Herr Minister Spina in Brüx nicht gesprochen!) Nein, davon hat er nicht gesprochen, obwohl er seit 2 Jahren die Akten in seiner Schublade darüber liegen hat, u. zw. von seiner eigenen Partei geliefert, damit er dafür sorge, daß bei uns die Gesetze eingehalten werden. (Posl. dr Peters: Dazu hat er keine Zeit!) Nein, er muß sich ja zu sehr mit uns beschäftigen. Dazu hat er jetzt keine Zeit.

Ebenso ist die Geschichte in Prachatitz, ja es will mir beinahe scheinen, daß man die Verwaltungskommissäre in gewissen Städten solange lassen will, bis durch entsprechende Manipulationen, wie in Prachatitz, eine solche Mehrheit für die nächsten Gemeindewahlen hergestellt ist, daß dann eine èechische Mehrheit in einer bisher deutschen Stadt zur Herrschaft kommt. Wenn man nun diese Manipulationen der Verwaltungsbehörden anzeigt, dann wird vielleicht ein bißchen untersucht, wenn es überhaupt geschieht, und nachher erklärt man, es sei alles in Ordnung. Meine Herren! Wie können Sie von der Bevölkerung verlangen, daß sie Recht für Recht ansieht, daß sie die Gesetze einhält und sich danach richtet, wenn die Verwaltungsorgane u. zw. über Druck der politischen Parteien genötigt werden, die klarsten Gesetzesbestimmungen zu verletzen und zu mißachten? (Potlesk.) Schließlich bekommt jeder Staat die Bevölkerung, die er sich erzieht. Durch eine systematische Verletzung der klarsten Bestimmungen der Gesetze durch die Verwaltungsorgane werden Sie sich keine entsprechende Bevölkerung erziehen. Und da wundern Sie sich noch, daß diese Bevölkerung unzufrieden ist und nicht jene Liebe den Behörden entgegenbringt, die Sie gerne haben möchten. Der Grundsatz der Demokratie im § 1 und den anderen Paragraphen unserer Verfassungsurkunde und Gesetze wird von Ihnen mißachtet. Das geht klar daraus hervor, daß in vielen Gemeinden, wo längst die Frist für die Ausschreibung der Gemeindewahlen abgelaufen ist, die Wahlen nicht ausgeschrieben werden und außerdem noch durch ein besonderes Gesetz die Verlängerung durchgeführt wird.

Meine Herren! Ernennungen betrachten Sie als Ausdruck eines autoritären Systems, wenn es anderswo vorkommt. Es ist bezeichnend, daß bei uns das Ernennungssystem zuerst des einen Drittels der Landes- und Bezirksvertreter und dann der Gemeindevorsteher und Bürgermeister und von vielen Gemeindevertretungen eingeführt worden sind. Das ist nicht der Ausdruck eines autoritären Systems, sondern der besten Demokratie, obwohl das Ernennungssystem der Verfassungsurkunde widerspricht, in der es ausdrúcklich heißt, daß das Laienelement in höchstem Maße durch die Wahl heranzuziehen ist. Es ist merkwürdig, daß Sie uns immer als Fascisten und weiß Gott was qualifizieren wollen und wir in Wirklichkeit die einzigen im Hause sind, die die klaren Bestimmungen unserer Verfassung und unserer demokratischen Gesetzgebung verteidigen müssen. (Potlesk.) Anscheinend hat man noch immer nicht genug an diesem demokratischen System der autoritären Ernennungen, um mich Ihrer Terminologie zu bedienen. Man will außerdem noch jetzt ein Drittel oder zwei Drittel der Gemeindevertretungen ernennen und das Wahlsystem abschwächen bzw. ganz einstellen. Dazu will man den Vorstehern noch eine Kontrolle hinsetzen in Form der Distriktssekretäre, die unsere slovakischen Kollegen sicherlich kennen. Man weiß ja, in welchem Geiste und zu welchem Zweck seinerzeit in Ungarn die Einrichtung der Notäre geschaffen worden ist, und ich betrachte es als eine Unifizierung zum Schlechteren, wenn man dieses System aus den slovakischen Ländern jetzt nach Böhmen übertragen will. Vielleicht will man damit einigen Leuten eine Existenz schaffen, natürlich nicht Deutschen, sondern anderen. Aber die Distriktssekretäre sind das größte Mißtrauensvotum, das die Regierung ihren eigenen Parteiangehörigen, den Bürgermeistern und Vorstehern vor allem aussprechen kann.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich doch auf den interessanten Geist verweisen, der aus einem Artikel des Herrn Senators Klofáè spricht. Herr Sen. Klofáè hat im "Èeské slovo" vom 4. Dezember eine Bewertung unserer Bürgermeister, Gemeindevorsteher und Rathausstuben zum Ausdruck bringen zu müssen geglaubt, wobei er unter anderem sagt: "Die deutschen Gemeinden sehen ihre Aufgabe hauptsächlich auf dem Felde der nationalen Expansion. Die Erziehung, die die deutschen Rathäuser dem Volke geben ist derart, daß im Grenzgebiet eine Angst vor der Abrechnung entstand. Die Gemeindevorsteher sind gegen den Staat. Die Bürgermeister sollen die Verkörperer des Selbstbewußtseins der deutschen Einwohnerschaft sein. Die Intelligenz der deutschen Bürgermeister soll die Fähigkeit der èechischen Bürgermeister überragen. Die Gemeindesekretäre und -Funktionäre sind ohne eigene Verfassung die Instruktoren der Einwohnerschaft auf dem Felde der nationalen Kleinarbeit. Der Druck der deutschen Rathäuser auf die Minderheiten ist deshalb so hart, weil die Bezirzksbehörde in Gemeindeverhältnisse nicht einzugreifen hat. Was der Vorsteher will, das gilt, und den Bezirkshauptmann geht das nichts an. Für die nationale Kleinarbeit werden eigene Kurse unter Beteiligung von Gemeindefunktionären abgehalten und in ihnen gibt man die Anleitung dazu, wie zu handeln ist, um die Gesetze formal nicht zu übertreten."

Meine Herren! Es ist das eine sehr interessante Erscheinung deswegen, weil hier das Mitglied einer Regierungspartei, dessen Klubkollege sehr große und ideale Friedenstöne spricht, die Bürgermeister und Vorsteher beschuldigt, die im Grunde genommen alle den deutschen Regierungsparteien angehören. (Hört! Hört! - Posl. Hatina: To není pravda!) Ich habe keine Ursache hier an dieser Stelle die Vorsteher und Bürgermeister des Bundes der Landwirte des Herrn Ministers Spina und der deutschen Sozialdemokraten zu verteidigen. Die Bürg.ermeister und Vorsteher sind durchweg.s Personen aus diesen Lagern. Was sind denn das für Bürgermeister und Vorsteher, die von Ihnen und vom Ministerrat als verläßlich bestellt worden sind, als die, die Sie abgesägt haben, wenn ein hohes Mitglied einer bedeutsamen Regierungspartei eine derartige Bewertung ausspricht. Es ist kennzeichnend, daß Koll. Böhm, der hier vor mir gesprochen hat, nicht einmal mehr die Kurage gefunden hat, seine Gemeindevorsteher gegen derartige Pauchalverdächtigungen der Staatsfeindlichkeit, der Illoyolität und der Umgehung der Gesetze zu verteidigen. Es soll uns eine Ehre sein, daß wir auch Menschen verteidigen, die uns nicht angehören. Aber die Schreibweise dieser Herren ist bezeichnend für den Geist, aus welchem vom Ihnen Verständigungspolitik gemacht wird mit dem deutschen Volk in diesem Staate, wenn Sie derartige Männer verdächtigen, die sicherlich zu den treuesten im Sinne Ihrer Auffassung gehören.

Der Herr Ministerpräsident hat in seinen Ausführungen auf dem Gebiete der Verwaltung wieder darauf verwiesen, daß bei der öffentlichen Beamtenschaft hinreichende Kenntnis und bester Wille für die Erfüllung ihrer Aufgaben vorhanden sei. Ich will diese Feststellung im allgemeinen nicht bezweifeln, ich will aber im einzelnen auf Erscheinungen hinweisen, die zumindest oft den Willen bezweifeln lassen. Da ist zunächst einmal der Umstand, daß Beamte, Gendarmerie und Polizei von hohen Instanzen in eine Lage versetzt werden, wonach sie ihre Pflicht in unzureichender und oft falscher Weise erfüllen müssen. Man versetzt in deutsche Gebiete, die nicht nur vollkommen deutsch sind, sondern oft einen schweren Dialekt sprechen, Gendarmen und Polizisten - jüngst erst in Brüx wieder 104 - die nicht einmal die deutsche Sprache beherrschen, geschweige denn den Dialekt dieses Gebietes. Ja, wenn Sie vom Gesichtspunkt der Sicherheit des Staates ausgehen, müssen Sie Menschen hingeben, die wenigstens die Bevölkerung verstehen, um dieser Sicherheit entsprechend dienen zu können. Aber es handelt sich dabei scheinbar weniger um die Sicherheit des Staates, als den Staat der deutschen Bevölkerung gegenüber in gebührender Weise in Erscheinung treten zu lassen und außerdem wiederum eine Menge Leute in Posten unterzubringen.

Was die Beamtenschaft betrifft, gibt es einen § 4 im Verwaltungsorganisationsgesetz, der vorschreibt, daß in einer höflichen Formmit der Bevölkerung zu verkehren ist. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung feststellen, daß es politische Beamte gibt - ich kenne die Bezirksbehörde z. B. in Luditz, da gibt es einen Beamten, der es absolut nicht der Mühe wert findet, wenn man sich ihm vorstellt, die gewöhnliche gesellschaftliche Pflicht zu erfüllen, seinen Namen zu nennen - die sich nach diesem Paragraph nicht richten und daß selbst viele politische Beamte der Bevölkerung mit einem solchen Gesicht entgegenkommen, daß diese absolut kein Vertrauen schöpfen kann. Wenn man jemandem mit einem C-esicht gegenübertritt, aus dem man mehr Haß und Mißtrauen als Liebe und Willen zur Verständigung mit der Bevölkerung herauslesen kann, ist das kein Wunder. (Posl. dr Hodina: Sie können nicht einmal grüßen!) Von Gruß und ähnlichen Dingen ist keine Rede. Es wäre daher zu empfehlen, daß man auch der Beamtenschaft ein gewisses Maß von Verhalten beibringt, und vielleicht einen Knigge herausgibt für gewisse Beamte - ich gebe zu, es gibt eine Reihe von Beamten, die außerordentlich zuvorkommend und höflich sind - einen Knigge des Umgangs mit der Bevölkerung.

Wohl hat auch die Beamtenschaft, insoferne als es an ihr liegt, durchaus ein gewisses Maß von Sachkenntnis; aber man reibt bei uns die Beamtenschaft durch Überlastung auf. Heute ist es so, daß die politische Beamtenschaft - und ich spreche mehr für die èechischen als für die deutschen, denn die gibt es fast heute nicht mehr - nicht in der Lage ist, sich die nötige Literatur zu kaufen, sich vielleicht auszubilden und es ist so, daß bei dem Wust der Gesetzgebung, bei dem Durcheinander von Rechtsprinzipien, die in diesem Hause herausko mmen, der Be amte nicht mehr Rat und Recht weiß, und vielfach, obwohl er den besten Willen hat, schlecht entscheiden muß, weil er einfach nicht mehr das Rüstzeug und die nötige Vorbildung mitbekommt. Der politische Beamte, der aus der Hochschule sofort in eine der heikelsten Gegenden versetzt wird und der von Lebenserfahrung keinen Dunst hat und haben kann, wird meist in eine einzelne Materie hereingeworfen und soll mit Lebenserfahrung und zu einem politischen Beamten, der der Bevölkerung gegenüberstehen soll, gehört Lebenserfahrung - den Staat repräsentieren, er soll die Brücke zwischen der Bevölkerung und dem Staat sein. Was kommt dabei heraus? Er kann es nicht sein, im Gegenteil, vielfach ist der ein zelne Beamte nicht die Brücke zzwischen Staat und Bevölkerung, sondern ein Sperrfort zwischen beiden. Dazu kommt noch ein Zweites. Sie haben nach bestimmter Richtung hin genau dafür gesorgt, daß die politischen Beamten sich politisch nicht betätigen. Auf der anderen Seite aber betrachtet es jede èechische Partei geradezu als selbstverständlich, politische Beamte in ihren Reihen zu haben, und auf diese Weise wird der parteipolitische Kampf in die Verwaltung hineingetragen. Außerdem gibt es eine Schichte der Bevölkerung, die es als ihre Aufgabe ansieht, gescheiter, staatstreuer und nationaler zu sein als die Spitzen der Verwaltung, das sind die Hranièáøi. Und wehe dem politischen Beamten, der auf dem Standpunkte der sachlichen Urteilsweise der höheren Stellen steht: die Hranièáøi wissen immer alles besser als die Staatsführung selbst und auf diese Weise werden die politischen Beamten und die ganze Beamtenschaft in den niederen Zweigen aller Ressorts in eine Situation gebracht, wo sie vor Angst nicht wissen, wem sie Recht geben sollen, dieser oder jener politischen Partei, dieser oder jener Richtung unter den Hranièáøi oder den Grundsätzen der Staatsverfassung. Daher kommt es, daß diese Beamten, verängstigt, nicht mehr den Mut haben, selbst zu entscheiden und sich in ihren Entscheidungen an die höheren Instanzen wenden. Damit kommt die ganze Langsamkeit der Verwaltung und die Schwierigkeit derselben, aber auch die ganze Schädigung, die vielfach für die Bevölkerung durch die Ve rwaltung entsteht. Schuld daran ist aber, daß die politischen Parteien nicht untereinander ausmachen, daß der Beamte Diener des Staates und nicht einer Partei sein darf, daß nicht Normen eingeführt werden, daß politische Beamte nicht Instrumente von Parteien oder von Vereinen sein dürfen, die nach dem Gesetz nicht einmal Politik zu machen hätten.

Ein besonderes Kapitel sind einzelne Fälle der Tätigkeit der Staatspolizei und der Gendarmerie. Ich will sie einzeln nicht wiederholen, ich stelle nur fest, daß wir wiederholt, aktenmäßig belegt, nachweisen mußten, daß die Gendarmerie und Polizei ihre Tätigkeit in einzelnen Orten nicht nur darin sieht, die Sicherheit zu wahren, sondern auch oft Leute, die gar kein Verschulden haben, zu schlagen und tätlich zu werden. Wir haben diese Fälle bereits gemeldet, es sind unerhörte Fälle und sie mehren sich noch. Damit wird natürlich nicht das Vertrauen der Bevölkerung zur Staatspolizei - es ist immer die Staatspolizei - vermehrt. Ich erinnere nur an den Vorfall in Brüx, wo sich die Staatspolizei gleich durch die Verprügelung einiger Staatsbürger eingeführt hat. Und was ist geschehen? Nichts ist geschehen. Die Beamten sind nicht einmal versetzt worden, vielleicht haben sie noch eine Erhöhung erfahren, während andererseits der kleinste Fehler eines Staatsbürgers mit allerhand Paragraphen bestraft wird. Sorgen Sie dafür, daß lhre Staatspolizei und Gendarmerie nicht in eine Verängstigung und Mentalität durch gewisse Zeitungen hineingehetzt wird, daß sie aus Nervosität ihre Pflicht überschreitet und sich die Bevölkerung sie vielfach als Vertreter weniger der Staatsgewalt als der Gewalt an sich vorstellt.

Ein anderes Kapitel ist der soziale Sinn der Bez irksbehörden. Wenn sich in einem Elendsgebiet Frauen finden, die Lebensmittelpakete - ich meine den Bezirk Warnsdorf - sammeln, um Hungernden zum Nikolo und Weihnachten Lebensmittel zu schenken, und dann der Bezirkshauptmann aus irgendwelchem Fo rmalismus heraus den Organisator dieser Lebensmittelpaketsammlung noch mit Geld oder Arrest bestraft, dann ist das soziale Empfinden der Verwaltungsorgane gekennzeichnet. (Rùzné výkøiky.) Solche Vorfälle sind oft zu verzeichnen. Wir haben darauf hingewiesen, geschehen ist aber nichts, es kann in derselben Weise weiter amtiert werden wie bisher. Wenn es z. B. - und das ist ein besonderes Kapitel - vorkommt, daß aus parteipolitischen Argumenten die Volkshilfe zu spät bewilligt wird, so ist das auch wieder kennzeichnend für den Geist der Humanität. Wenn schon der Staat nicht in der Lage ist, für die notleidende hungernde Bevölkerung in zureichendem Maße zu sorgen, dann gestatten Sie wenigstens der deutschen Bevölkerung, ihre eigenen Geldmittel herzugeben, daß die Menschen zu essen bekommen. Wenn aber politische Parteien, noch dazu solche, die sich sozial nennen, alles tun, daß das Innenministerium diesen Akt recht lange nicht erledigt, dann ist das für die soziale Gesinnung dieser Parteien kennzeichnend. (Posl. Heeger: Warum zentralisieren Sie das nicht bei den Gemeinden?) Ja, die Zentralisierung bei der Gemeinde, Herr Abg. Heeger: Wenn man kein Sozialdemokrat ist, kriegt man keine Unterstützung. (Rùzné výkøiky.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Kundt (pokraèuje): Ich will noch auf ein anderes Gebiet zurückkommen. Der Herr Minister Dérer hat im Budgetausschuß zu den Ausführungen meines Kameraden Dr. Neuwirth erklärt... (Rùzné výkøiky.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

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