Pondìlí 9. prosince 1935

Posl. Kundt (pokraèuje):... daß die Überlastung der Gerichte und der Häftlinge mit langen Haften, die oft ohne jede Anklage enden, darauf zurückzuführen ist, daß die Sicherheitsorgane und die Polizei allerhand und die kleinlichsten Dinge an die Justiz heranbringen und daß dieses Material dann von den Staatsanwälten und Untersuchungsrichtern studiert werden muß. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung über die Staatspolizei und die Gendarmerie bei Haussuchungen berichten. Sie - in diesem Falle die Staatspolizei in Prag - nimmt alles Papier mit, was da ist. Dann heißt es in dem Polizeiberichte: "Es wurde ein ungeheueres Material gefunden." Ich will sagen, welches Material bei mir gefunden worden ist: Meine Denkschrift an den Herrn Kanzler Šámal und an den Herrn Ministerpräsidenten über die Einführung einer Amnestie, meine ganzen Akten, wo die Fälle dargestellt sind, die der Amnestie bedürfen, meine Korrespondenz mit dem Herrn Minister Spina und meine ganze Korrespondenz mit lauter Größen des Staates wurde als staatsfeindlich von der Staatspolizei in Prag beschlagnahmt und ich habe 6 Wochen warten müssen, bis man die Möglichkeit gefunden hat, in die Dinge einzusehen und überhaupt festzustellen, daß das kein Beweismaterial ist. Der Herr Justizminister hat durchaus recht, wenn er die Justiz zum Teil damit entschuldigt, wenn sie die Untersuchung nicht im Sinne der Strafprozeßordnung führen kann, weil die politische Polizei und die Gendarmerie ganz einfach alles als staatsfeindliches Material konfisziern und so den Richter überlasten. Es hat einen langen Kampf gekostet und ich wäre beinahe noch gemaßregelt worden, weil ich darauf verwies, daß das Wilhelm Busch- Album - die Herren kennen den bekannten Humoristen, er ist schon lange tot - keine staatsfeindliche Literatur sein kann, weil der politische Kommissär auch das bei mir konfisziert hat; es hat übrigens nicht mir, sondern meiner Frau gehört. Ich unterstreiche die Meinung des Herrn Justizministers und hoffe, daß vom Herrn Innenminister darauf gesehen wird, daß die Hypertrophie von Nervosität, oder wie der Herr Ministerpräsident Hodža gesagt hat, die Schwäche des Nervensystems bei unserer politischen Polizei und Gendarmerie endlich aufhört. Dann muß natürlich bei der Schreibweise der Zeitungen auf Grund solcher Vorgänge auch bei den vernünftigen èechischen Elementen der Anschein erweckt werden, als wäre weiß Gott wieviel Irredenta und geheimes Material da, und schließlich hat jeder Prozeß erwiesen, daß gar kein Material vorhanden ist.

Erfreulich ist es, daß der Herr Ministerpräsident angekündigt hat, daß die Staatsbeamtenschaft demnächst wieder eine Besserung ihrer materiellen Verhältnisse zu erwarten hat. Es wäre nun auf das Gebiet der Staatsbeamtenschaft noch näher einzugehen. Ich verweise darauf, daß man entsprechend den Grundsätzen der Demokratie, welche hier der Herr Ministerpräsident vorgetragen hat, auch die Gleichberechtigung der Deutschen in Bezug auf den Staatsdienst durchführen sollte. Die Ausrede, daß unsere Deutschen nicht èechisch können, gilt heute nicht mehr. Es sind inzwischen hunderte und tausende junger Leute durch das Militär gegangen, haben dort treu gedient und wurden Reserveoffiziere und Unteroffiziere, diese Massen können èechisch, haben ihre Staatstreue in der Armee bewiesen und es ist eine Ausrede zu behaupten, daß diese Leute keine staatstreuen Elemente seien oder nicht èechisch können. Wenn die Leute gut waren, in der Armee zu dienen, dann können sie auch der Verwaltung gut sein, als Staatsbeamte zu dienen. (Potlesk.)

Nun hat uns der Herr Ministerpräsident eine Vorlesung über Demokratie gehalten und auch auf den Geist der Verfassungsurkunde hingewiesen. Ich habe einleitend gesagt, daß bei uns immer autoritär verwaltet wird. Ich könnte an der Hand der Artikel unserer Verfassungsurkunde auseinandersetzen, wie ihre Grundsätze seit dem Jahre 1919 bis heute immer in autoritärem Sinne ausgelegt und angewendet wurden. Es sei die Rückfrage gestattet, welche Demokratie der Herr Ministerpräsident versteht: die Demokratie, die in den Grundsätzen unserer Verfassungsurkunde festgelegt ist, oder die Demokratie, die sich durch parteipolitische Einflüsse im Laufe der Zeit so entwickelt hat, daß man sie unter Umständen nicht mehr "Demokratie", sondern "autoritäres System" nennen kann? Wir können uns vielleich mit gewissen politischen Parteien deswegen nicht mehr verstehen, weil die Herren zwar oft "demokratisch" sagen, aber autoritär und geradezu diktatorisch handeln und denken.

Wir möchten auch einmal Klarheit über die Begriffe haben, die Sie mit "autoritär" bezeichnen. Es wurde uns z. B. nachgesagt, daß wir das Streben haben, die gesamte deutsche Wählerschaft zu erfassen, das sogenannte Streben nach der Totalität. Das Wort "Totalität" ist ein Schlagwort, mit dem man den Staatsanwalt aufmerksam zu machen sucht. Bitte sehr, meine Herren, der Herr Ministerpräsident hat an unsere Adresse gesagt, daß es in gewissem Sinne dem Geist der Staatsverfassung nicht entspricht, weil wir den Willen haben, wie überdies alle Parteien, möglichst viel Wählerschaft zu haben. Wir beschränken uns auf die Deutschen, wir wollen die gesamte deutsche Wählerschaft erfassen. Da ist es nun interessant, daß hier an dieser Stelle Herrn Koll. Teplanský zur Erklärung des Ministers Dr. Hodža gesagt hat, es wäre notwendig, eine große kollektive Staatspartei ohne Rücksicht auf die politische Zugehörig.keit zu bilden. Ich frage: Ist das keine Totalität, wenn unser Streben, die Wählerschaft zu erfassen, als Totalität bezeichnet wird? Ist das Demokratie, dann ist unser Streben auch Demokratie, denn es entspricht durchaus der Verfassungsurkunde, die jedem Staatsbürger das Recht gibt, sich politischen Gruppen anzuschließen, wie er will. In der Verfassungsu rkunde ist die Koalitionsfre iheit festgesetzt. Wenn Koll. Teplanský als Kollege des Herrn Ministerpräsidenten Hodža für sich das Recht des Gedankenganges einer Zusammenfassung zu einer Staatspa rtei in Anspruch nimmt und das als Demokratie betrachtet, dann dürfen wir doch wohl unsere bescheidenen Grundsätze, die Sudetendeutschen in einer Partei zu erfassen, als Demokratie qualifizieren. Wenn Koll. Patejdl gesagt hat, eine einheitliche große demokratische Staatspartei sei noch ein langer Wunsch, dann hat er es nicht als undemokratisch abgelehnt, sondern gesagt, man kann darüber reden. Wenn die Herren Hampl, Klofáè und Bechynì sich jüngst in Versammlungen klar ausgedrückt haben, daß der Tag nahe sei, an dem der demokratische Sozialismus die Macht in unserem Staate übernehmen werde, so ist das ein ausgesprochen totalitäres Bestreben auf den ganzen Staat. Denn wenn es mit wahrer Demokratie zugeht, dann wird eben diese Macht ohne Machtmittel nicht erreicht werden können. Ich sehe nicht ein, warum auf der einen Seite die Dinge als undemokratisch, totalitär, fascistisch und weiß Gott wie noch qualifiziert werden, die man für sich als selbstverständlich in Anspruch nimmt und kurz nach unserer Ablehnung als fascistisch von diesem Platze aus deklariert. Sie sehen schon aus diesem Beispiel, daß in Ihrem Denken ein bißchen Revision in dem Sinne wird platzgreifen müssen, daß das, was Ihnen erlaubt ist, auch uns gestattet sein muß. (Potlesk.)

Im übrigen sind ja auch auf deutscher Seite Parteien vorhanden, die in ihren unveränderten Parteiprogrammen die Ziele nach entsprechender totalitärer Richtung enthalten haben. Ich nehme nur die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei, die uns nicht genug an Fascismus nachschreien kann. Sie hat unverändert in ihrem Parteitagsprogramm: "Die unmittelbarste programmatische Aufgabe der Partei ist es, die Mehrheit der Bevölkerung für den Sozialismus zu gewinnen," - sie will auch die Mehrheit gewinnen, wie wir - "und unter Ausnützung der demokratischen Einrichtungen des Staates die politische Macht erobern, die Regierung und die Verwaltung des Staates übernehmen." Ist das nicht totalitärer Anspruch, nicht Fascismus, um mit ihren Argumenten zu sprechen? Das ist bekanntlich - das kommt noch hinten nach - das Ziel der Diktatur. Ist das Demokratie oder Nicht-Demokratie? Ich möchte bitten, daß ich in dieser Richtung belehrt werde. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Mlèoch.)

Da könnte man vielleicht sagen: "Das war einmal." Ich nehme also aus der Zeit der Regierungsteilnahme der deutschen Sozialdemokratie ähnliche Äußerungen her. Da erscheint ein Arbeiterkalender vom Jahre 1931, herausgegeben vom Parteivorstand. Was steht da über die Koalitionspolitik? Aber es gibt ja auch keinen Sozialdemokraten, der an die Verwirklichung des Sozialismus durch eine sozialdemokratisch-bürgerliche Regierungskoalition denkt. Ja, wodurch denn? Durch die Rote Wehr wahrscheinlich. Da heißt es weiter: Sagt es den Arbeitern immer wieder, daß die großen Kampfgebiete des Proletariates außerhalb des Parlamentes liegen. Da heißt es weiter, daß nichts geschehen ist, als daß der Klassenkampf in den Ministerrat getragen wurde, und hintenan wird als Endziel festgelegt die Abschaffung des Kapitalismus, die Errichtung einer Gesellschaft, worin kein Privateigentum an den Produktionsmitteln existiert. Wenn Sie uns bei unseren Zielen, die durchaus sich an den Geist der Staatsverfassung anpassen, als undemokratisch disqualifizieren, bitte, wollen Sie auch einmal die anderen entsprechend untersuchen, wie die Demokratie bei denen aussieht, die uns nicht genügend als fascistisch angreifen können. (Potlesk.)

Wenn man die Praxis dieser Demokraten untersucht, findet man, daß sie in den Wiener Wohnungsfürsorgebauten bereits Maschinengewehre eingebaut haben, und daß man in Wien die Demokratie mit Maschinengewehren erfüllen wollte. (Potlesk. - Výkøiky.) Und wenn man die Praxis der anderen Demokraten von Links untersucht, so genügt es, dieses Büchlein zu studieren (ukazuje knížky), und Sie werden dann erst sehen, was das für Demokraten sind, die Sie uns Muster-D emokraten empfohlen haben. Dieses Büchlein kann man merkwürdigerweise in Prag kaufen. Ich bin überzeugt, wenn so ein Buch von uns erscheinen würde, man hätte es schon längst konfisziert, wir selbst wären schon unter Anklagezustand. Die Kommune aber hat aus besonders geheimnisvollen Gründen das Recht, Broschüren zu verbreiten, wo ausdrücklich enthalten ist: "Nicht auf legalem Wege werden wir die Macht erreichen, der Sowjetstaat muß in allen Staaten irrichtet werden", und es werden genaue Vorschreibungen gegeben, wie man besser schießen soll als in Wien, und es wird gesagt, wie man in Wien schlecht geschossen hat und allerhand anderes wird darin genau ausgeführt. Aber vor lauter Geschäftigkeit haben Sie keine Zeit, die Demokratie in Sowjetrußland und ihre Fremdenlegionäre hier in Prag zu untersuchen, Sie freuen sich, Demokraten gefunden zu haben, die nichts anderes als Fascisten sind. (Potlesk. - Výkøiky komunistických poslancù.) Sie müssen ja Dimitrow gelesen haben und Ihr Koll. Gottwald war ja in Moskau dabei! Da finden Sie in der Broschüre die Gedankengänge, die Dimitrow entwickelt hat; was bisher als bürgerlich und als bourgeois bezeichnet worden ist, ist nunmehr als fascistisch zu bezeichnen, und die bürgerlichen Demokraten fallen Ihnen auf Ihren Schwindel herein (obrácen ke komunistickým poslancùm), und halten uns für fascistisch, weil Sie sagen, wir sind Fascisten, weil Sie das behaupten. Und da kommt plötzlich zum Vorschein: es geht nicht um Fascisten, es geht um die bürgerliche Demokratie, die man bekämpft hat, und die muß man schützen, damit man durch sie zur Macht kommt, um die Sowjetmacht zu erreichen. (Potlesk. - Výkøiky komunistických poslancù.) Wenn Sie wollen, so können Sie das hier nachlesen. Und von Ihrer Kultur, die Sie verbreiten wollen, die uns von Ihnen präsentiert werden soll, könnte ich als alter Rußlandkämpfer Ihnen viel erzählen, auch aus letzter Zeit. Erinnern Sie sich an die drei Millionen Verhungerter vor zwei Jahren in der Ukraine, oder daran, wie wegen Kyrow 104 Leute zusammengeschossen worden sind, die nichts damit zu tun hatten, und die Zehntausende, die Sie nach Murmansk und Sibirien verschickt haben. (Posl. Beuer: Und was ist mit Goering?) Mein lieber Freund, da ist der Goering noch ein Waisenknabe gegen Stalin. (Potlesk. - Výkøiky: Und was ist mit Hitler?) Sie greifen Deutschland wegen seiner Konzentrationslager an, Sie sagen, es ist Barbarei, und bei Ihnen verhungern Hunderttausende. Das ist der Kulturaustausch, der uns von Ihnen präsentiert werden wird. (Posl. Beuer: Warum sagen Sie nichts von Hitler, grenzen Sie sich doch ab!) Ich habe hier keine Politik für Berlin zu machen, wie Sie für Moskau, sondern deutsche Politik in der Èechoslovakei. Überdies habe ich nicht das Vergnügen gehabt, Herrn Hitler zu sehen, wie Sie Herrn Stalin.

Nun möchte ich mich noch ein wenig mit einigen Vorrednern beschäftigen. Koll. Dr. Novák hat uns in seinen Ausführungen im allgemeinen Unaufrichtigkeit, Unoffenheit, Untreue und Unehrlichkeit vorgeworfen. Er hat dies nicht so, sondern anders gesagt. Ich meine, daß das keine Argumente sind. Hat Dr. Novák Argumente gegen uns, so soll er sie vorbringen, wir werden konkret Rede und Antwort stehen; wenn er uns Untreue, Unoffenheit und ähnliche Dinge beweisen zu können glaubt. Es ist charakteristisch für die Art der Diskussion in diesem Hause, daß man immer nur Beschuldigungen erhebt, aber die Beweisführung immer schuldig bleibt, während wir das umgekehrte System haben. Wir kritisieren erst dann, wenn wir bewiesen haben, wie ich es Ihnen an Hand einiger Fälle vorgebracht habe. Wenn Koll. Dr. Novák gesagt hat, daß das Bündnis mit Sowjetrußland im Interesse des Staates und seiner Sicherheitszwecke nicht mit den Ideen, sondern mit den Millionen russischer Bajonette sowie der gesamten Ausrüstung Rußlands, die weitaus größer sei als die in den übrigen Staaten, abgeschlossen wurde, so ist das interessant. Ich habe immer gut gehört, daß ein gewisser Staat der größte Rüstungsstaat ist, und hier ist es auf einmal Rußland. Ich glaube, daß sich Koll. Dr. Novák als Katholik irrt, wenn er meint, daß man mit einem Staat und seinen Bajonetten ein Bündnis schließen kann, ohne daß die kulturelle Entwicklung dieses Staates hier sich geltend machen könnte. Sie sehen ja, wie die kommunistische Propaganda in diesem Staate gestattet ist und Sie sehen, was bereits der Kulturaustausch bringt. Da wurde hier auch ausgeführt, daß sich in Rußland die Religiosität wieder zu entwickeln beginnt. Ich kann gegenüber dem Herrn Koll. von der klerikalen Partei Stalin vom Juni 1930 zitieren, der ausdrücklich ausführt, die Partei könne sich gegenüber der Religion nicht anders verhalten, sie müsse eine antireligiöse Propaganda führen. Das ist die neue Entwicklung zur Religiosität hin! Ich kann Ihnen auch ein Gedicht vorlesen, das erst jetzt in einer russischen Zeitschrift erschienen ist. Man muß die Dinge nämlich studieren, dann wird man sie besser beherrschen. Ausdrücklich wird in einer Weise die Religion herabgesetzt, wie irgendwo. Anderswo regt man sich immer auf. Da wurde z. B. die letzte Kirche in Nikolajewsk geschlossen. Der 60jährige Priester hat sich ausgebeten, die Heiligenbilder nachhause nehmen zu dü en. Und dann erscheint in einer staatlichen Schrift, sie heißt "Bezbožník", ein Bild, wo ein Häuschen, zusammengestellt aus den Heiligenbildern, zu sehen ist, mit zwei Nullen. Und da ist Folgen.des zu lesen: Du, lieber Vater, hast uns immer gelehrt, daß die heilige Dreieinigkeit stets zu verehren sei, und daß die Gotteslästerung eine der höchsten Sünden darstellt. Was ist daraus geworden? Von den zu verehrenden Heiligen sind nur zwei Nullen übrig geblieben. Und die Antwort des Geistlichen lautet: Möge auch Gott Vater und Gott Sohn vergessen sein. Übrig geblieben ist nur der heilige Geist. Wer von Ihnen russisch kennt, wird wissen, daß das Wort "duch" im russischen auch "Geruch" heißt.

Das, meine Herren, ist das Wachstum der Religiosität im offiziellen Sowjetrußland, wie es uns vom Prälaten Svìtlík verkündet wurde. Was dieser Kulturaustausch mit sich bringt und wie er sich bereits entwickelt, sieht man aus solchen Beispielen. Und gewiß hat Koll. Novák nicht recht, wenn er sagt, wir hätten nur mit den Bajonetten und nicht mit der russischen Kultur ein Abkommen getroffen. Das geht unter anderem aus Folgendem hervor: Das Schulministerium hat für die deutschen Bürgerschulen und höheren Volksschulen in einem Erlaß eine Reihe von Werken empfohlen. Da ist z. B. das Buch "Lenin".

Darin heißt es: "Zu Gottes Thron entschwebte Nikolaj Lenin im Purpur, welcher Menschenblut bedeutet. Floß Blut? Gemordet ward. Er tats. Doch Millionen,... dumpfen, stumpfen, flößt er Glauben ein. Erdhafte Danksagung auf den Gehöften, die Hymne auf den fortgejagten Hunger..."

Besonders kennzeichnend ist ferner eine "Romanze" von T. Køièka: "Jeny". Dort heißt es: "Lieblich duften Prossnitzer Spelunken... Wen auf Erden werde ich noch erfreuen, wen entzücken sonst mit schmalen Brüsten, als das böse lallende Getier? Das Portefeuille des Alten war nicht da. Gestohlen hat es Jeny, diese Hur".

Das ist die Kultur, die im Austausch durch das Schulministerium in unseren Volks- und Bürgerschulen verbreitet wird. (Výkøiky: Fuj!)

Da gibt es noch andere Sachen. Da wurden erst jetzt wieder durch das Schulministerium einige Bücher empfohlen und an deutsche Bürger- und Mädchenschulen in Deutschböhmen versendet. Und zwar die schlesischen Lieder des Petr Bezruè, verdeutscht von Rudolf Fuchs, mit einer Vorrede von Franz Werfel, erschienen im Kurt Wolff-Verlag München, der bekanntlich seinerzeit kommunistisch war. Da heißt es z. B.: "Der Pöbel hat dafür ein unendliches Feingefühl. Er atmet auf. Denn wodurch einzig er das Große erträgt, ist der stille Trost, bei dem er sich innerlich die Hände reibt: Auch Goethe war ein Schwein."

Da heißt es dann weiter in einem Gedicht: "Aber trau nicht eines Weibes Küssen, pack den Gulden; willst Du durchaus eine, lauf hinaus, Du wirst nicht darben müssen. Hure, Du, die jeder kann genießen, donnernd führ ins Haar die Hacke nieder, Vog.el Rotspecht trollte mir zu Füßen, mein war sie, Branntweinbruder, Branntwein muß uns bleiben."

Das ist eine Probe des Kulturaustausches, verbreitet durch unser Unterrichtsministerium in unseren deutschen Bürger- und Mädchenschulen. Wenn wir uns gegen eine solche Verbundenheit wehren, wenn wir dagegen sind und dagegen sprechen, dann ist das nicht Staatsfeindschaft, sondern Besorgnis um die seelische Sauberkeit unserer Kinder und Kindeskinder, wenn wir von einem Kulturaustausch mit Sowjetrußland nichts wissen wollen. Die Angst um die Seele und um die Zukunft unserer Kinder und nicht Feindschaft gegen den Staat läßt uns so sprechen.

Und nun noch einige Worte zur Koll. Zeminová. Koll. Zeminová hat in ihren letzten Ausführungen mit groß em Eifer uns angegriffen. Sie hat hervorgehoben, daß unsere Gemeinden in hakenkreuzlerischen Gegenden, wie sie sagte, in sozialpolitischer Hinsicht bevorzugt wären. Sie hat damit widersprochen den Ausführungen des Herrn Ministers Dr. Czech im Budgetausschuß und den Ausführungen des Herrn Fürsorg.eministers Ing. Neèas und verstieg sich sogar zu der Verdächtigung, daß der Staat das deutsche Elendsgebiet bevorteile, wo wir beweisen können, daß dieses Gebiet nicht zulänglich versorgt wird. Mit einer derartigen Mentalität, wo das behauptet wird, daß wir mit Hilfe von Fabrikanten und auf Grund unserer starken wirtschaftlichen Stellung die Demokratie terrorisierten, kann man ganz einfach nicht polemisieren. Ich staune nur, daß eine Frau, die doch Mitleid mit den Hungernden und Elenden haben sollte, daß eine Frau, die berufen wäre, die Vermittlerin zwischen Nationen zum Frieden zu sein, nichts anderes kann, als Behauptungen aufzustellen, wie wir sie hier gehört haben, die nichts anderes bedeuten, als Haß zu predigen zwischen den Nationen. Im übrigen ist uns Frau Zeminová nicht gerade Vorbild. Ich erinnere nur daran, daß es gerade Frau Zeminová gewesen ist, die im Jahre 1926 bei einer Abstimmung im Hause dem Präsidenten des Hauses die Papiere aus der Hand gerissen hat. Nach diesem Muster von Demokratie werden wir uns nicht erziehen lassen. Ich empfehle der Koll. Zeminová, sich vor allem nach Hus zu richten, nach Hus, den ja gerade diese Partei immer predigt und der da sagte, daß man dem Feinde auch Liebe entgegenbringen müsse, und daß man immer bereit sein soll, dem Feind die Hand zum Frieden und zur Zusammenarbeit zu reichen. Wenn man dem Volke Hus als Ideal hinstellt, sollte man sich doch selbst nach Hus richten und halten.

Und nun noch ein Wort zu den Ausführungen des Koll. Böhm. Die Zeit ist allerdings sehr vorgeschritten und ich muß mich kurz halten. Koll. Böhm hat in seinen Ausführungen eigentlich die Behauptung des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Hodža in seiner Rede widerlegt, in der er gesagt hat, daß die Aktivisten bisher Erfolgt hatten und daß die Minderheitenfrage im Parlament musterhaft gelöst sei. Böhm hat des langen und breiten ausgeführt, daß die nicht der Fall ist. Und Koll. Viereckl hat im Budgetausschuß bei einer kleinen Schulforderung erklären müssen: geben Sie uns wenigstens das Wenige, was wir verlangen. Ich würde dem Koll. Böhm raten, diese doppelzüngige Politik aufzugeben, die man hier für die "Landpost" und die Wählerschaft verfolgt, indem man Unzufriedenheit ausdrückt, während man auf der anderen Seite uns beschuldigt, daß wir zu Unrecht Klage führen, sie hätten durch diese Politik nichts erreicht. Wenn die Herren diese doppelzüngige Politik weiter betreiben, dann wird es ihnen ganz bestimmt passieren, daß sie zwischen dem Sudetendeutschtum und dem Staat hindurchrutschen, wie sie ja hier schon nur so durchgerutscht sind, so daß nur fünf Mann übriggeblieben sind.

Meine Herren! Ich habe von unserer Redezeit weitgehenden Gebrauch gemacht. Ich könnte noch stundenlang in konkreten Ausführungen alle Ihre Behauptung.en widerlegen, die Sie ständig gegen uns aufstellen. Zusammenfassend will ich nur noch Folgendes sagen: So lange wir in dieser Form, wie es in diesem Hause und in den Ausschüssen üblich ist, die Wesensprobleme des Staates, das soziale und das nationale Problem behandeln, werden wir beide Probleme zum Schaden des Staates nicht rechtzeitig lösen. In der Form, wie es geschieht, ist es unmöglich und so geschah es schon bisher. Wir sind bereit, in einer besseren Form, in Form einer sachlichen Diskussion, einer sachlichen Beweisführung die Probleme anzugehen. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß Verständigung nicht heißt, daß der eine dem andern, weil der andere stärker ist, und die Macht hat, pariert, sondern daß Verständigung heißt, daß jeder die Position aufgibt, die er hat; und da wir keine Positionen mehr haben, können wir Ihnen keine konzidieren. Sie aber als Stärkere sind sittlich verpflichtet, das Vorbild der Verständigung und der Versöhnung zu sein und der Herr Ministerpräsident Dr. Hodža hat recht, wenn er sagt, daß die èechoslovakische Nation von der Vorsehung selbst noch eine u. zw. frei bemessene Gelegenheit bekommen hat, jetzt auf dem Gebiete des èechoslovakischen Staates mit allen menschenmöglichen Garantien des Erfolges in diesem kritischen Punkte in Mitteleuropa ihre Pflicht zu tun, die nicht nur den eig.enen nationalen Interessen, sondern der europäischen Zivilisation entspricht. Wir unterstreichen das und sind bereit, dabei auch unsere Pflicht zu tun. Voraussetzung ist, daß Sie das Ganze einfach nicht ableugnen: "Es gibt ein nationales Problem", obwohl Sie täglich darüber sprechen, schreiben und diskutieren - und nicht ableugnen, "Es gibt kein soziales Elend im sudetendeutschen Siedlungsgebiet dieses Staates", obwohl Sie ständig davon sprechen und das Sprechen durch Ihre Beamten unterdrücken müssen. Solange Sie nicht den Mut haben, zu sagen, wie die Dinge sind, solange Sie in Ihrer parlamentarischen Geschäftigkeit über die ernsten Probleme dieses Staates hinwegdiskutieren und hinwegrutschen wollen, solange werden Sie die Aufgaben, die die Geschichte Ihnen jetzt gestellt hat, nicht erfüllen können. (Potlesk.)

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