Posl. Kundt (pokraèuje):... daß die
Überlastung der Gerichte und der Häftlinge mit langen
Haften, die oft ohne jede Anklage enden, darauf zurückzuführen
ist, daß die Sicherheitsorgane und die Polizei allerhand
und die kleinlichsten Dinge an die Justiz heranbringen und daß
dieses Material dann von den Staatsanwälten und Untersuchungsrichtern
studiert werden muß. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung
über die Staatspolizei und die Gendarmerie bei Haussuchungen
berichten. Sie - in diesem Falle die Staatspolizei in Prag - nimmt
alles Papier mit, was da ist. Dann heißt es in dem Polizeiberichte:
"Es wurde ein ungeheueres Material gefunden." Ich will
sagen, welches Material bei mir gefunden worden ist: Meine Denkschrift
an den Herrn Kanzler Šámal und an den Herrn Ministerpräsidenten
über die Einführung einer Amnestie, meine ganzen Akten,
wo die Fälle dargestellt sind, die der Amnestie bedürfen,
meine Korrespondenz mit dem Herrn Minister Spina und meine
ganze Korrespondenz mit lauter Größen des Staates wurde
als staatsfeindlich von der Staatspolizei in Prag beschlagnahmt
und ich habe 6 Wochen warten müssen, bis man die Möglichkeit
gefunden hat, in die Dinge einzusehen und überhaupt festzustellen,
daß das kein Beweismaterial ist. Der Herr Justizminister
hat durchaus recht, wenn er die Justiz zum Teil damit entschuldigt,
wenn sie die Untersuchung nicht im Sinne der Strafprozeßordnung
führen kann, weil die politische Polizei und die Gendarmerie
ganz einfach alles als staatsfeindliches Material konfisziern
und so den Richter überlasten. Es hat einen langen Kampf
gekostet und ich wäre beinahe noch gemaßregelt worden,
weil ich darauf verwies, daß das Wilhelm Busch- Album -
die Herren kennen den bekannten Humoristen, er ist schon lange
tot - keine staatsfeindliche Literatur sein kann, weil der politische
Kommissär auch das bei mir konfisziert hat; es hat übrigens
nicht mir, sondern meiner Frau gehört. Ich unterstreiche
die Meinung des Herrn Justizministers und hoffe, daß vom
Herrn Innenminister darauf gesehen wird, daß die Hypertrophie
von Nervosität, oder wie der Herr Ministerpräsident
Hodža gesagt hat, die Schwäche des Nervensystems
bei unserer politischen Polizei und Gendarmerie endlich aufhört.
Dann muß natürlich bei der Schreibweise der Zeitungen
auf Grund solcher Vorgänge auch bei den vernünftigen
èechischen Elementen der Anschein erweckt werden, als wäre
weiß Gott wieviel Irredenta und geheimes Material da, und
schließlich hat jeder Prozeß erwiesen, daß gar
kein Material vorhanden ist.
Erfreulich ist es, daß der Herr Ministerpräsident angekündigt
hat, daß die Staatsbeamtenschaft demnächst wieder eine
Besserung ihrer materiellen Verhältnisse zu erwarten hat.
Es wäre nun auf das Gebiet der Staatsbeamtenschaft noch näher
einzugehen. Ich verweise darauf, daß man entsprechend den
Grundsätzen der Demokratie, welche hier der Herr Ministerpräsident
vorgetragen hat, auch die Gleichberechtigung der Deutschen in
Bezug auf den Staatsdienst durchführen sollte. Die Ausrede,
daß unsere Deutschen nicht èechisch können,
gilt heute nicht mehr. Es sind inzwischen hunderte und tausende
junger Leute durch das Militär gegangen, haben dort treu
gedient und wurden Reserveoffiziere und Unteroffiziere, diese
Massen können èechisch, haben ihre Staatstreue in
der Armee bewiesen und es ist eine Ausrede zu behaupten, daß
diese Leute keine staatstreuen Elemente seien oder nicht èechisch
können. Wenn die Leute gut waren, in der Armee zu dienen,
dann können sie auch der Verwaltung gut sein, als Staatsbeamte
zu dienen. (Potlesk.)
Nun hat uns der Herr Ministerpräsident eine Vorlesung über
Demokratie gehalten und auch auf den Geist der Verfassungsurkunde
hingewiesen. Ich habe einleitend gesagt, daß bei uns immer
autoritär verwaltet wird. Ich könnte an der Hand der
Artikel unserer Verfassungsurkunde auseinandersetzen, wie ihre
Grundsätze seit dem Jahre 1919 bis heute immer in autoritärem
Sinne ausgelegt und angewendet wurden. Es sei die Rückfrage
gestattet, welche Demokratie der Herr Ministerpräsident versteht:
die Demokratie, die in den Grundsätzen unserer Verfassungsurkunde
festgelegt ist, oder die Demokratie, die sich durch parteipolitische
Einflüsse im Laufe der Zeit so entwickelt hat, daß
man sie unter Umständen nicht mehr "Demokratie",
sondern "autoritäres System" nennen kann? Wir können
uns vielleich mit gewissen politischen Parteien deswegen nicht
mehr verstehen, weil die Herren zwar oft "demokratisch"
sagen, aber autoritär und geradezu diktatorisch handeln und
denken.
Wir möchten auch einmal Klarheit über die Begriffe haben,
die Sie mit "autoritär" bezeichnen. Es wurde uns
z. B. nachgesagt, daß wir das Streben haben, die gesamte
deutsche Wählerschaft zu erfassen, das sogenannte Streben
nach der Totalität. Das Wort "Totalität" ist
ein Schlagwort, mit dem man den Staatsanwalt aufmerksam zu machen
sucht. Bitte sehr, meine Herren, der Herr Ministerpräsident
hat an unsere Adresse gesagt, daß es in gewissem Sinne dem
Geist der Staatsverfassung nicht entspricht, weil wir den Willen
haben, wie überdies alle Parteien, möglichst viel Wählerschaft
zu haben. Wir beschränken uns auf die Deutschen, wir wollen
die gesamte deutsche Wählerschaft erfassen. Da ist es nun
interessant, daß hier an dieser Stelle Herrn Koll. Teplanský
zur Erklärung des Ministers Dr. Hodža gesagt
hat, es wäre notwendig, eine große kollektive Staatspartei
ohne Rücksicht auf die politische Zugehörig.keit zu
bilden. Ich frage: Ist das keine Totalität, wenn unser Streben,
die Wählerschaft zu erfassen, als Totalität bezeichnet
wird? Ist das Demokratie, dann ist unser Streben auch Demokratie,
denn es entspricht durchaus der Verfassungsurkunde, die jedem
Staatsbürger das Recht gibt, sich politischen Gruppen anzuschließen,
wie er will. In der Verfassungsu rkunde ist die Koalitionsfre
iheit festgesetzt. Wenn Koll. Teplanský als Kollege
des Herrn Ministerpräsidenten Hodža für
sich das Recht des Gedankenganges einer Zusammenfassung zu einer
Staatspa rtei in Anspruch nimmt und das als Demokratie betrachtet,
dann dürfen wir doch wohl unsere bescheidenen Grundsätze,
die Sudetendeutschen in einer Partei zu erfassen, als Demokratie
qualifizieren. Wenn Koll. Patejdl gesagt hat, eine einheitliche
große demokratische Staatspartei sei noch ein langer Wunsch,
dann hat er es nicht als undemokratisch abgelehnt, sondern gesagt,
man kann darüber reden. Wenn die Herren Hampl, Klofáè
und Bechynì sich jüngst in Versammlungen klar
ausgedrückt haben, daß der Tag nahe sei, an dem der
demokratische Sozialismus die Macht in unserem Staate übernehmen
werde, so ist das ein ausgesprochen totalitäres Bestreben
auf den ganzen Staat. Denn wenn es mit wahrer Demokratie zugeht,
dann wird eben diese Macht ohne Machtmittel nicht erreicht werden
können. Ich sehe nicht ein, warum auf der einen Seite die
Dinge als undemokratisch, totalitär, fascistisch und weiß
Gott wie noch qualifiziert werden, die man für sich als selbstverständlich
in Anspruch nimmt und kurz nach unserer Ablehnung als fascistisch
von diesem Platze aus deklariert. Sie sehen schon aus diesem Beispiel,
daß in Ihrem Denken ein bißchen Revision in dem Sinne
wird platzgreifen müssen, daß das, was Ihnen erlaubt
ist, auch uns gestattet sein muß. (Potlesk.)
Im übrigen sind ja auch auf deutscher Seite Parteien vorhanden,
die in ihren unveränderten Parteiprogrammen die Ziele nach
entsprechender totalitärer Richtung enthalten haben. Ich
nehme nur die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei, die
uns nicht genug an Fascismus nachschreien kann. Sie hat unverändert
in ihrem Parteitagsprogramm: "Die unmittelbarste programmatische
Aufgabe der Partei ist es, die Mehrheit der Bevölkerung für
den Sozialismus zu gewinnen," - sie will auch die Mehrheit
gewinnen, wie wir - "und unter Ausnützung der demokratischen
Einrichtungen des Staates die politische Macht erobern, die Regierung
und die Verwaltung des Staates übernehmen." Ist das
nicht totalitärer Anspruch, nicht Fascismus, um mit ihren
Argumenten zu sprechen? Das ist bekanntlich - das kommt noch hinten
nach - das Ziel der Diktatur. Ist das Demokratie oder Nicht-Demokratie?
Ich möchte bitten, daß ich in dieser Richtung belehrt
werde. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Mlèoch.)
Da könnte man vielleicht sagen: "Das war einmal."
Ich nehme also aus der Zeit der Regierungsteilnahme der deutschen
Sozialdemokratie ähnliche Äußerungen her. Da erscheint
ein Arbeiterkalender vom Jahre 1931, herausgegeben vom Parteivorstand.
Was steht da über die Koalitionspolitik? Aber es gibt ja
auch keinen Sozialdemokraten, der an die Verwirklichung des Sozialismus
durch eine sozialdemokratisch-bürgerliche Regierungskoalition
denkt. Ja, wodurch denn? Durch die Rote Wehr wahrscheinlich. Da
heißt es weiter: Sagt es den Arbeitern immer wieder, daß
die großen Kampfgebiete des Proletariates außerhalb
des Parlamentes liegen. Da heißt es weiter, daß nichts
geschehen ist, als daß der Klassenkampf in den Ministerrat
getragen wurde, und hintenan wird als Endziel festgelegt die Abschaffung
des Kapitalismus, die Errichtung einer Gesellschaft, worin kein
Privateigentum an den Produktionsmitteln existiert. Wenn Sie uns
bei unseren Zielen, die durchaus sich an den Geist der Staatsverfassung
anpassen, als undemokratisch disqualifizieren, bitte, wollen Sie
auch einmal die anderen entsprechend untersuchen, wie die Demokratie
bei denen aussieht, die uns nicht genügend als fascistisch
angreifen können. (Potlesk.)
Wenn man die Praxis dieser Demokraten untersucht, findet man,
daß sie in den Wiener Wohnungsfürsorgebauten bereits
Maschinengewehre eingebaut haben, und daß man in Wien die
Demokratie mit Maschinengewehren erfüllen wollte. (Potlesk.
- Výkøiky.) Und wenn man die Praxis der
anderen Demokraten von Links untersucht, so genügt es, dieses
Büchlein zu studieren (ukazuje knížky),
und Sie werden dann erst sehen, was das für Demokraten sind,
die Sie uns Muster-D emokraten empfohlen haben. Dieses Büchlein
kann man merkwürdigerweise in Prag kaufen. Ich bin überzeugt,
wenn so ein Buch von uns erscheinen würde, man hätte
es schon längst konfisziert, wir selbst wären schon
unter Anklagezustand. Die Kommune aber hat aus besonders geheimnisvollen
Gründen das Recht, Broschüren zu verbreiten, wo ausdrücklich
enthalten ist: "Nicht auf legalem Wege werden wir die Macht
erreichen, der Sowjetstaat muß in allen Staaten irrichtet
werden", und es werden genaue Vorschreibungen gegeben, wie
man besser schießen soll als in Wien, und es wird gesagt,
wie man in Wien schlecht geschossen hat und allerhand anderes
wird darin genau ausgeführt. Aber vor lauter Geschäftigkeit
haben Sie keine Zeit, die Demokratie in Sowjetrußland und
ihre Fremdenlegionäre hier in Prag zu untersuchen, Sie freuen
sich, Demokraten gefunden zu haben, die nichts anderes als Fascisten
sind. (Potlesk. - Výkøiky komunistických
poslancù.) Sie müssen ja Dimitrow gelesen haben
und Ihr Koll. Gottwald war ja in Moskau dabei! Da finden
Sie in der Broschüre die Gedankengänge, die Dimitrow
entwickelt hat; was bisher als bürgerlich und als bourgeois
bezeichnet worden ist, ist nunmehr als fascistisch zu bezeichnen,
und die bürgerlichen Demokraten fallen Ihnen auf Ihren Schwindel
herein (obrácen ke komunistickým poslancùm),
und halten uns für fascistisch, weil Sie sagen, wir sind
Fascisten, weil Sie das behaupten. Und da kommt plötzlich
zum Vorschein: es geht nicht um Fascisten, es geht um die bürgerliche
Demokratie, die man bekämpft hat, und die muß man schützen,
damit man durch sie zur Macht kommt, um die Sowjetmacht zu erreichen.
(Potlesk. - Výkøiky komunistických
poslancù.) Wenn Sie wollen, so können Sie das
hier nachlesen. Und von Ihrer Kultur, die Sie verbreiten wollen,
die uns von Ihnen präsentiert werden soll, könnte ich
als alter Rußlandkämpfer Ihnen viel erzählen,
auch aus letzter Zeit. Erinnern Sie sich an die drei Millionen
Verhungerter vor zwei Jahren in der Ukraine, oder daran, wie wegen
Kyrow 104 Leute zusammengeschossen worden sind, die nichts damit
zu tun hatten, und die Zehntausende, die Sie nach Murmansk und
Sibirien verschickt haben. (Posl. Beuer: Und was ist mit Goering?)
Mein lieber Freund, da ist der Goering noch ein Waisenknabe
gegen Stalin. (Potlesk. - Výkøiky: Und
was ist mit Hitler?) Sie greifen Deutschland wegen seiner
Konzentrationslager an, Sie sagen, es ist Barbarei, und bei Ihnen
verhungern Hunderttausende. Das ist der Kulturaustausch, der uns
von Ihnen präsentiert werden wird. (Posl. Beuer: Warum
sagen Sie nichts von Hitler, grenzen Sie sich doch ab!) Ich
habe hier keine Politik für Berlin zu machen, wie Sie für
Moskau, sondern deutsche Politik in der Èechoslovakei.
Überdies habe ich nicht das Vergnügen gehabt, Herrn
Hitler zu sehen, wie Sie Herrn Stalin.
Nun möchte ich mich noch ein wenig mit einigen Vorrednern
beschäftigen. Koll. Dr. Novák hat uns in seinen
Ausführungen im allgemeinen Unaufrichtigkeit, Unoffenheit,
Untreue und Unehrlichkeit vorgeworfen. Er hat dies nicht so, sondern
anders gesagt. Ich meine, daß das keine Argumente sind.
Hat Dr. Novák Argumente gegen uns, so soll er sie
vorbringen, wir werden konkret Rede und Antwort stehen; wenn er
uns Untreue, Unoffenheit und ähnliche Dinge beweisen zu können
glaubt. Es ist charakteristisch für die Art der Diskussion
in diesem Hause, daß man immer nur Beschuldigungen erhebt,
aber die Beweisführung immer schuldig bleibt, während
wir das umgekehrte System haben. Wir kritisieren erst dann, wenn
wir bewiesen haben, wie ich es Ihnen an Hand einiger Fälle
vorgebracht habe. Wenn Koll. Dr. Novák gesagt hat,
daß das Bündnis mit Sowjetrußland im Interesse
des Staates und seiner Sicherheitszwecke nicht mit den Ideen,
sondern mit den Millionen russischer Bajonette sowie der gesamten
Ausrüstung Rußlands, die weitaus größer
sei als die in den übrigen Staaten, abgeschlossen wurde,
so ist das interessant. Ich habe immer gut gehört, daß
ein gewisser Staat der größte Rüstungsstaat ist,
und hier ist es auf einmal Rußland. Ich glaube, daß
sich Koll. Dr. Novák als Katholik irrt, wenn er
meint, daß man mit einem Staat und seinen Bajonetten ein
Bündnis schließen kann, ohne daß die kulturelle
Entwicklung dieses Staates hier sich geltend machen könnte.
Sie sehen ja, wie die kommunistische Propaganda in diesem Staate
gestattet ist und Sie sehen, was bereits der Kulturaustausch bringt.
Da wurde hier auch ausgeführt, daß sich in Rußland
die Religiosität wieder zu entwickeln beginnt. Ich kann gegenüber
dem Herrn Koll. von der klerikalen Partei Stalin vom Juni 1930
zitieren, der ausdrücklich ausführt, die Partei könne
sich gegenüber der Religion nicht anders verhalten, sie müsse
eine antireligiöse Propaganda führen. Das ist die neue
Entwicklung zur Religiosität hin! Ich kann Ihnen auch ein
Gedicht vorlesen, das erst jetzt in einer russischen Zeitschrift
erschienen ist. Man muß die Dinge nämlich studieren,
dann wird man sie besser beherrschen. Ausdrücklich wird in
einer Weise die Religion herabgesetzt, wie irgendwo. Anderswo
regt man sich immer auf. Da wurde z. B. die letzte Kirche in Nikolajewsk
geschlossen. Der 60jährige Priester hat sich ausgebeten,
die Heiligenbilder nachhause nehmen zu dü en. Und dann erscheint
in einer staatlichen Schrift, sie heißt "Bezbožník",
ein Bild, wo ein Häuschen, zusammengestellt aus den Heiligenbildern,
zu sehen ist, mit zwei Nullen. Und da ist Folgen.des zu lesen:
Du, lieber Vater, hast uns immer gelehrt, daß die heilige
Dreieinigkeit stets zu verehren sei, und daß die Gotteslästerung
eine der höchsten Sünden darstellt. Was ist daraus geworden?
Von den zu verehrenden Heiligen sind nur zwei Nullen übrig
geblieben. Und die Antwort des Geistlichen lautet: Möge auch
Gott Vater und Gott Sohn vergessen sein. Übrig geblieben
ist nur der heilige Geist. Wer von Ihnen russisch kennt, wird
wissen, daß das Wort "duch" im russischen auch
"Geruch" heißt.
Das, meine Herren, ist das Wachstum der Religiosität im offiziellen
Sowjetrußland, wie es uns vom Prälaten Svìtlík
verkündet wurde. Was dieser Kulturaustausch mit sich bringt
und wie er sich bereits entwickelt, sieht man aus solchen Beispielen.
Und gewiß hat Koll. Novák nicht recht, wenn
er sagt, wir hätten nur mit den Bajonetten und nicht mit
der russischen Kultur ein Abkommen getroffen. Das geht unter anderem
aus Folgendem hervor: Das Schulministerium hat für die deutschen
Bürgerschulen und höheren Volksschulen in einem Erlaß
eine Reihe von Werken empfohlen. Da ist z. B. das Buch "Lenin".
Darin heißt es: "Zu Gottes Thron entschwebte Nikolaj
Lenin im Purpur, welcher Menschenblut bedeutet. Floß Blut?
Gemordet ward. Er tats. Doch Millionen,... dumpfen, stumpfen,
flößt er Glauben ein. Erdhafte Danksagung auf den Gehöften,
die Hymne auf den fortgejagten Hunger..."
Besonders kennzeichnend ist ferner eine "Romanze" von
T. Køièka: "Jeny". Dort heißt es:
"Lieblich duften Prossnitzer Spelunken... Wen auf Erden werde
ich noch erfreuen, wen entzücken sonst mit schmalen Brüsten,
als das böse lallende Getier? Das Portefeuille des Alten
war nicht da. Gestohlen hat es Jeny, diese Hur".
Das ist die Kultur, die im Austausch durch das Schulministerium
in unseren Volks- und Bürgerschulen verbreitet wird. (Výkøiky:
Fuj!)
Da gibt es noch andere Sachen. Da wurden erst jetzt wieder durch
das Schulministerium einige Bücher empfohlen und an deutsche
Bürger- und Mädchenschulen in Deutschböhmen versendet.
Und zwar die schlesischen Lieder des Petr Bezruè, verdeutscht
von Rudolf Fuchs, mit einer Vorrede von Franz Werfel, erschienen
im Kurt Wolff-Verlag München, der bekanntlich seinerzeit
kommunistisch war. Da heißt es z. B.: "Der Pöbel
hat dafür ein unendliches Feingefühl. Er atmet auf.
Denn wodurch einzig er das Große erträgt, ist der stille
Trost, bei dem er sich innerlich die Hände reibt: Auch Goethe
war ein Schwein."
Da heißt es dann weiter in einem Gedicht: "Aber trau
nicht eines Weibes Küssen, pack den Gulden; willst Du durchaus
eine, lauf hinaus, Du wirst nicht darben müssen. Hure, Du,
die jeder kann genießen, donnernd führ ins Haar die
Hacke nieder, Vog.el Rotspecht trollte mir zu Füßen,
mein war sie, Branntweinbruder, Branntwein muß uns bleiben."
Das ist eine Probe des Kulturaustausches, verbreitet durch unser
Unterrichtsministerium in unseren deutschen Bürger- und Mädchenschulen.
Wenn wir uns gegen eine solche Verbundenheit wehren, wenn wir
dagegen sind und dagegen sprechen, dann ist das nicht Staatsfeindschaft,
sondern Besorgnis um die seelische Sauberkeit unserer Kinder und
Kindeskinder, wenn wir von einem Kulturaustausch mit Sowjetrußland
nichts wissen wollen. Die Angst um die Seele und um die Zukunft
unserer Kinder und nicht Feindschaft gegen den Staat läßt
uns so sprechen.
Und nun noch einige Worte zur Koll. Zeminová. Koll.
Zeminová hat in ihren letzten Ausführungen
mit groß em Eifer uns angegriffen. Sie hat hervorgehoben,
daß unsere Gemeinden in hakenkreuzlerischen Gegenden, wie
sie sagte, in sozialpolitischer Hinsicht bevorzugt wären.
Sie hat damit widersprochen den Ausführungen des Herrn Ministers
Dr. Czech im Budgetausschuß und den Ausführungen
des Herrn Fürsorg.eministers Ing. Neèas und
verstieg sich sogar zu der Verdächtigung, daß der Staat
das deutsche Elendsgebiet bevorteile, wo wir beweisen können,
daß dieses Gebiet nicht zulänglich versorgt wird. Mit
einer derartigen Mentalität, wo das behauptet wird, daß
wir mit Hilfe von Fabrikanten und auf Grund unserer starken wirtschaftlichen
Stellung die Demokratie terrorisierten, kann man ganz einfach
nicht polemisieren. Ich staune nur, daß eine Frau, die doch
Mitleid mit den Hungernden und Elenden haben sollte, daß
eine Frau, die berufen wäre, die Vermittlerin zwischen Nationen
zum Frieden zu sein, nichts anderes kann, als Behauptungen aufzustellen,
wie wir sie hier gehört haben, die nichts anderes bedeuten,
als Haß zu predigen zwischen den Nationen. Im übrigen
ist uns Frau Zeminová nicht gerade Vorbild. Ich
erinnere nur daran, daß es gerade Frau Zeminová
gewesen ist, die im Jahre 1926 bei einer Abstimmung im Hause dem
Präsidenten des Hauses die Papiere aus der Hand gerissen
hat. Nach diesem Muster von Demokratie werden wir uns nicht erziehen
lassen. Ich empfehle der Koll. Zeminová, sich vor
allem nach Hus zu richten, nach Hus, den ja gerade diese Partei
immer predigt und der da sagte, daß man dem Feinde auch
Liebe entgegenbringen müsse, und daß man immer bereit
sein soll, dem Feind die Hand zum Frieden und zur Zusammenarbeit
zu reichen. Wenn man dem Volke Hus als Ideal hinstellt, sollte
man sich doch selbst nach Hus richten und halten.
Und nun noch ein Wort zu den Ausführungen des Koll. Böhm.
Die Zeit ist allerdings sehr vorgeschritten und ich muß
mich kurz halten. Koll. Böhm hat in seinen Ausführungen
eigentlich die Behauptung des Herrn Ministerpräsidenten Dr.
Hodža in seiner Rede widerlegt, in der er gesagt hat,
daß die Aktivisten bisher Erfolgt hatten und daß die
Minderheitenfrage im Parlament musterhaft gelöst sei. Böhm
hat des langen und breiten ausgeführt, daß die nicht
der Fall ist. Und Koll. Viereckl hat im Budgetausschuß
bei einer kleinen Schulforderung erklären müssen: geben
Sie uns wenigstens das Wenige, was wir verlangen. Ich würde
dem Koll. Böhm raten, diese doppelzüngige Politik
aufzugeben, die man hier für die "Landpost" und
die Wählerschaft verfolgt, indem man Unzufriedenheit ausdrückt,
während man auf der anderen Seite uns beschuldigt, daß
wir zu Unrecht Klage führen, sie hätten durch diese
Politik nichts erreicht. Wenn die Herren diese doppelzüngige
Politik weiter betreiben, dann wird es ihnen ganz bestimmt passieren,
daß sie zwischen dem Sudetendeutschtum und dem Staat hindurchrutschen,
wie sie ja hier schon nur so durchgerutscht sind, so daß
nur fünf Mann übriggeblieben sind.
Meine Herren! Ich habe von unserer Redezeit weitgehenden Gebrauch
gemacht. Ich könnte noch stundenlang in konkreten Ausführungen
alle Ihre Behauptung.en widerlegen, die Sie ständig gegen
uns aufstellen. Zusammenfassend will ich nur noch Folgendes sagen:
So lange wir in dieser Form, wie es in diesem Hause und in den
Ausschüssen üblich ist, die Wesensprobleme des Staates,
das soziale und das nationale Problem behandeln, werden wir beide
Probleme zum Schaden des Staates nicht rechtzeitig lösen.
In der Form, wie es geschieht, ist es unmöglich und so geschah
es schon bisher. Wir sind bereit, in einer besseren Form, in Form
einer sachlichen Diskussion, einer sachlichen Beweisführung
die Probleme anzugehen. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß
Verständigung nicht heißt, daß der eine dem andern,
weil der andere stärker ist, und die Macht hat, pariert,
sondern daß Verständigung heißt, daß jeder
die Position aufgibt, die er hat; und da wir keine Positionen
mehr haben, können wir Ihnen keine konzidieren. Sie aber
als Stärkere sind sittlich verpflichtet, das Vorbild der
Verständigung und der Versöhnung zu sein und der Herr
Ministerpräsident Dr. Hodža hat recht, wenn er
sagt, daß die èechoslovakische Nation von der Vorsehung
selbst noch eine u. zw. frei bemessene Gelegenheit bekommen hat,
jetzt auf dem Gebiete des èechoslovakischen Staates mit
allen menschenmöglichen Garantien des Erfolges in diesem
kritischen Punkte in Mitteleuropa ihre Pflicht zu tun, die nicht
nur den eig.enen nationalen Interessen, sondern der europäischen
Zivilisation entspricht. Wir unterstreichen das und sind bereit,
dabei auch unsere Pflicht zu tun. Voraussetzung ist, daß
Sie das Ganze einfach nicht ableugnen: "Es gibt ein nationales
Problem", obwohl Sie täglich darüber sprechen,
schreiben und diskutieren - und nicht ableugnen, "Es gibt
kein soziales Elend im sudetendeutschen Siedlungsgebiet dieses
Staates", obwohl Sie ständig davon sprechen und das
Sprechen durch Ihre Beamten unterdrücken müssen. Solange
Sie nicht den Mut haben, zu sagen, wie die Dinge sind, solange
Sie in Ihrer parlamentarischen Geschäftigkeit über die
ernsten Probleme dieses Staates hinwegdiskutieren und hinwegrutschen
wollen, solange werden Sie die Aufgaben, die die Geschichte Ihnen
jetzt gestellt hat, nicht erfüllen können. (Potlesk.)