Sobota 7. prosince 1935

Auch der Industriearbeiterschaft ist durch eine die Landwirtschaft bedrohende Einfuhr nicht geholfen. Wer das Ein- und Ausfuhrproblem kennt, der weiß, daß die Gegensätze der wirtschaftlichen Interessen ungewöhnlich schwer sind. Für eine Gesundung Europas ist vor allem eine Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland notwendig. Die Saarabstimmung hat den Weg freigemacht und Herr Minister Beneš hat in seinem Exposé am 26. November 1934 zu dieser Frage erklärt (ète): "Unser Interesse geht dahin, daß nach der Saarabstimmung es zu einer solchen Regelung der Angelegenheiten kommt, welche der späteren vollen französisch-deutschen Einigung als wahren Bedingung des europäischen Friedens nicht im Wege steht." Damit ist bewiesen, daß auch die èechoslovakische Außenpolitik in der Annäherung Frankreichs und Deutschlands die Grundlagen des europäischen Friedens erkennt. Und warum nicht? Ein neuer Krieg - ein Wahnsinn ohne Ende - das Ende jeder Zivilisation.

"Das Verhältnis der Èechoslovakei zu Deutschland ist korrekt und normal und die Frage des inneren Regimes eines Staates kann für die wahrhafte Einigung und Zusammenarbeit kein Hindernis sein", erklärte Minister Dr. Beneš am 5. November d. J. im Abgeordnetenhause. (Výkøiky.) Wir wünschen, daß aus dem normalen und korrekten Verhältnis im Interesse der Gesundung der èechoslovakischen Wirtschaft und des Friedens ein freundschaftliches Verhältnis sich entwickelt. Bei Beginn der Handelsvertragsverhandlungen mit Deutschland in der nächsten Zeit könnte schon der Anfang gemacht werden. wir werden jede Außenpolitik unterstützen, die freundschaftliche Beziehungen zu allen Nachbarstaaten und politischen und wirtschaftlichen Frieden anstrebt.

Unser Verhältnis zu den Deutschen jenseits der Grenzen ist klar. Wir fühlen uns durch Sprache, Sitte und Kultur verbunden. Politisch trennen uns aber die Wege. Die Einheitsfront aller Deutschen wird auch in Zukunft nie eine staatspolitische, sondern immer nur eine kulturelle sein. Weltwirtschaftliche Vereinbarungen, zwischenstaatliche Maßnahmen, Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens, eine mutige und offene, auf internationale Verständigung und Zusammenarbeit im mitteleuropäischen Lebensraum gerichtete Politik, von der der Herr Ministerpräsident Dr. Hodža in seinem Exposé gesprochen hat, kann uns aus dieser Notzeit herausführen. Herr Minister Dr. Beneš hat aber auch in seinem Exposé am 5. November d. J. gesagt: "Es ist keine Phrase, sondern ich betone es neuerlich kategorisch, allen Nationen, welche ihre Pflicht dem Staate gegenüber erfüllen, alles zugeben, was ihnen gebührt." Und damit komme ich zu den innerpolitischen Verhältnissen.

Sein Hinweis auf die Behandlung der deutschen Minderheiten in anderen Staaten kann für das Sudetendeutschtum nicht Geltung haben, da unsere vorbehaltlose aktive Einstellung zum Staate, unsere jahrelange Mitarbeit eine andere Wertung erfordert. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, daß im November 1934 Ministerpräsident Malypetr Investitionen für das deutsche

Notgebiet versprochen hat. Im Juni 1935 hat Ministerpräsident Malypetr dieses Versprechen wiederholt und darauf hingewiesen, daß den am schwersten von der Arbeitslosigkeit betroffenen Gebieten außerordentliche Unterstützungen gewährt werden. In anerkennenswerter Weise hat der Herr Fürsorgeminister die deutschen Gebiete besucht und die steigende Not und das Elend in Augenschein genommen, auf das wir schon bei Behandlung des Voranschlages vor einem Jahre und anderen Gelegenheiten eindringlich aufmerksam gemacht haben.

Wir wissen, daß die primären Ursachen der Not im sudetendeutschen Gebiete die Störung der europäischen Wirtschaft und die Weltnot sind und nicht 16 Jahre sudetendeutsche Politik, wie Agitatoren behaupten. (Výkøiky.) Dessen ungeachtet können Maßnahmen der Regierung eine Linderung dieser Not ermöglichen und wir müssen mit den vielen unglücklichen und unschuldigen Opfern der Wirtschaftskrise tiefes Mitgefühl haben. Der Zustand in den deutschen Randgebieten, der sich 1934 zur Katastrophe entwickelte, hat dazu beigetragen, daß die notleidende Bevölkerung dieses Gebietes für Schlagworte und Radikalismus zugänglich wurde.

Verfolgt man die verschiedenen Prozesse, so gibt es zu bedenken, daß die Beteiligten zum Großteil arbeitslose verzweifelte Menschen sind. Es ist auf èechischer Seite der Fehler geschehen, daß unsere Mahnungen, namentlich von der Bürokratie, von einer Bürokratie, die dem deutschen Aktivismus nicht gut gesinnt ist, zu oft überhört wurden. Wir sind in diesem Staat durch ausdrücklicher Willen des èechischen Volkes gekommen und wir haben uns für die Mitarbeit entschieden. Wir wurden im Jahre 1918 als Staatsnotwendigkeit für den èechoslovakischen Staat reklamiert und wir erheben den Anspruch auf gleichmäßige Behandlung. Wir wollen unsere Kraft nicht in ewigem Kampfe um Aufschriften, sprachenrechtliche Schikanen usw. zermürben, wir wollen bessere Arbeit leisten. Unser Volk hat Eigenschaften, die es als Bestandteil des Staates sehr wertvoll machen.

Wir fühlen uns zu dieser neuerlichen Forderung berufen, da wir trotz der wichtigen inner- und außenpolitischen Ereignisse durch 9 Jahre nicht schwankend geworden sind und dem Staate durch unseren konstruktiven Aktivismus genützt haben, was der Herr Erstminister in seinem Exposé am Donnerstag ausdrücklich ausgesprochen hat.

Die Angriffe von èechischer Seite, die in krassem Gegensatz zu den Ausführungen der Herren Außenminister Dr. Beneš und Ministerp räsidenten Dr. Hodža stehen und die sich gegen bestehende Einrichtungen wie deutsche Sektion des Landeskulturrates und Landesschulrates und gegen die Anstellung deutscher Beamter richten, sind ungerecht und überflüssig und nur Wasser auf die Mühlen der radikalen Elemente.

Die nationale Befriedigung wird im Sudetendeutschtum eintreten, wenn die Erklärungen maßgebender Personen über die Gleichberechtigung der Deutschen die Taten folgen werden. Diese Befriedigung wird kommen, wenn man dem deutschen Volke entsprechend seinem Bevölkerungsschlüssel seinen Anteil an der Verwaltung, dem Boden, den kulturellen Bedürfnissen und am Arbeitsplatz geben wird, für den sich der Bund der Landwirte unausgesetzt aber nur mit teilweisem Erfolg bemühte. Man darf nicht mehr jenen Glauben schenken, die Nutznießer der nationalen Zwietracht sind. An diesem inneren Frieden muß jeder Staatsmann schon mit Rücksicht auf die verworrenen außenpolitischen Verhältnisse ein Interesse haben. Das Schicksal des deutschen Aktivismus hängt von der Erkenntnis des èechischen Partners ab, daß das nationale Zusammenleben nicht durch Worte herbeigeführt werden kann.

Sorge man auf èechischer Seite dafür, daß Tausende und Tausende sudetendeutsche Menschen den Glauben an eine friedliche Lösung der deutschen Frage im èechoslovakischen Staate nicht verlieren. Man ziehe aus den wirtschaftlichen und nationalen Verhältnissen des deutschen Gebietes jene Folgerungen, die es dem willigen Mitarbeiter möglich machen, Mitarbeiter zu bleiben.

Das Gebiet der Èechoslovakischen Republik war immer ein heißer Kampfboden für nationale und politische Auseinandersetzungen. Deutsche und èechische Landvolkspartei kamen über eine wirtschaftliche Interessengemeinschaft hinweg zur engeren Zusammenarbeit, Fühlungnahme und Verbindung, zu einer Verständigung. Der Herr Ministerpräsident Dr. Hodža hat neben A. Švehla an diesem ersten Schritt der Annäherung hervorragend Anteil genommen. Der Einfluß dieses Schrittes äußerte sich in einer Entgiftung der nationalen Atmosphäre und einer völkischen Verständigung, die sich wiederholt auch öffentlich zeigte. Und so wie in Goslar das Bauerntum der europäischen Welt als Hort des Friedens, als Brücke zwischen den Völkern, als Pioniere der Arbeit und Gerechtigkeit Europas sich erklärte, so wollen wir in dieser ernsten Stunde als èechische und deutsche Bauern, die wir an den Boden des Staates gekettet sind, feierlich betonen: Wir wollen gemeinschaftlich der Garant des Friedens und der Versöhnung in unserem Staate sein. Wir gute Deutsche, Ihr gute Èechen. Seinem Volke treu zu sein, bedeutet nicht den anderen hassen, und Volkstreue schließt nicht Staatstreue aus. (Výkøiky posl. Knorreho.)

Es fehlt nicht immer an Einsicht, es fehlt an Mut, gegen Schlagworte und Bedrückung aufzutreten und den Worten die Taten folgen zu lassen. Ohne auf die Einzelheiten der Programmrede des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Hodža einzugehen, erklären wir unsere Zustimmung dazu, da die Person des Herrn Ministerpräsidenten uns die Gewähr dafür bietet, daß auch der deutsche Aktivismus in diesem Staate die entsprechende Beachtung finden wird.

Meine sehr verehrten Herren! Wir haben bisher die Angriffe und Mißtöne von deutscher Seite vielfach überhört, weil wir es ablehnten, ein Bild der Zerissenheit zu bieten und weil wir uns immer wieder sagen, daß wir als Minderheit nicht Deutsche gegen Deutsche ausspielen dürfen. (Posl. dr Köllner: Die Rede des Dr. Spina in Brüx!) Wenn Sie in Ihren Zeitungen, wenn Sie durch Ihre Vers ammlungsredner jeden Samstag und Sonntag verkünden lassen, daß der Bund der Landwirte vernichtet wird (Posl. dr Köllner: Der ist schon tot!), dann können Sie eine andere Antwort nicht erwarten. Sie brauchen noch nicht zu sparen für den Kranz, den Sie dem Bund der Landwirte beim Begräbnis spenden wollen. Ich glaube aber sagen zu müssen, daß man sich bemüht hat, alle Passivposten des Aktivismus zu summieren, um eine hohe Schuldsumme zu erzielen. Man hat unsere schwere, aber nicht erfolglose Arbeit herabgesetzt und verschwiegen. Der Frieden des Dorfes ist gestört. Gehen Sie heute einmal hinaus in die Dörfer und betrachten Sie die Verhältnisse dort!, da kann man ohne Übertreibung von einer Störung des Friedens sprechen. In letzter Stunde warnen wir die Herren von der Sudetendeutschen Partei vor Überhebungen, vor schroffem Verlangen nach Unterwerfung. Die sudetendeutsche Politik wird auf diesem Wege, den Sie gehen, aus der Erstarrung nicht herauskommen. Mit den Lebensinteressen des Sudetendeutschtums darf kein Hasardspiel getrieben und nicht das niedergerissen werden, was wir in 16jähriger Arbeit als Bund der Landwirte für das Sudetendeutschtum aufgebaut haben. Wir fühlen uns zu dieser Warnung berechtigt. Ein Mißerfolg ist eine Schädigung des gesamten Sudetendeutschtums, Leidtragende sind das Gesamtdeutschtum in unserem Staate. Wir wollten den Bruderkampf nicht, deshalb auch unsere bisherige Zurückhaltung. Unser Kampfgeist ist ungebrochen, und läßt man von den Angriffen gegen uns nicht ab, so werden wir den begonnenen Abwehrkampf weiterführen; denn wir haben das Gefühl und die Pflicht, die angegriffene Ehre zu verteidigen. Das Urteil, wer seinem Volke mehr gedient hat, werden kommende Geschlechter abgeben.

Offen muß zu allem, auch zu den heiklen Problemen Stellung genommen werden. Unklarheiten führen zu Mißtrauen und es kommen Unschuldige zum Leiden. Auf deutscher Seite müssen alle Handlungen unterbleiben, die das dauernde Mißtrauen auf der anderen Seite hervorrufen.

Die Aussprache über den Staatsvoranschlag gibt Gelegenheit, auf die kostenlose Durchführung der Verlassenschaften durch die Gerichte hinzuweisen. Vor dem Jahre 1921 wurde diese kostenlose Durchführung gehandhabt. Mit Gesetz vom 1. April 1921, Nr. 161, wurde eine Änderung getroffen, infolge der damaligen Verhältnisse. Man erkannte sofort den gemachten Fehler in kürzester Zeit und mit Gesetz vom 8. Juni 1923, Nr. 123, wurde die kostenlose Durchführung der Verlassenschaften durch die Gerichte wieder eingeführt. Die Justizverwaltung hat allerdings einen Erlaß herausgegeben, der den gesetzlichen Bestimmungen vom Jahre 1923 widerspricht, so daß die kostenlose Durchführung der Verlassenschaften nicht unbedingt eintreten muß. Die Verhältnisse haben sich aber wesentlich geändert und die landwirtschaftlichen und gewerblichen Betriebe müssen von allen drückenden Lasten befreit werden; deshalb: wieder die kostenlose Durchführung der Verlassenschaften durch die Gerichte.

Im Budgetausschuß wurde bereits von unserer Seite zu den verschiedenen kulturellen Angelegenheiten Stellung genommen, und es bedarf heute nur einer Ergänzung. Wir haben uns unausgesetzt um die Erhaltung der deutschen Technik in Brünn, die Unterstützung des deutschen Privatunterrichtes und den Ausbau der deutschen Sektion des Landesschulrates bemüht. Die Erhaltung dieser Einrichtungen ist keine Vorherrschaft der Deutschen als ein Überbleibsel und als eine unselige Herrschaft der Germanisierungsbestrebungen des alten Österreich, wie sich Herr Abg. Dr. Domin in der Begründung seines Antrages ausdrückt; eine solche Forderung zu stellen zu einer Zeit, wo Herr Minister Dr. Hodža die Regierungsgeschäfte übernimmt, jener Dr. Hodža, der uns als Schulminister die Schulautonomie versprochen hat - kann nur ein nationaler Heißsporn stellen. Die Begründung im Antrag des Herrn Abg. Domin erweckt den Anschein, als müßten neue Generationen kommen, um den Ausgleich von Volk zu Volk zu schaffen. Wir erheben Anspruch auf die deutsche Sektion des Landesschulrates, die deutsche Technik in Brünn und die Erhaltung des deutschen Privatunterrichtes. Bei dieser Gelegenheit erinnern wir Herrn Abg. Domin nochmals an den Ausspruch seines Parteigenossen Herrn Abg. Dr. Kramáø im Jahre 1929: "Wir müssen den Deutschen bei der Mitarbeit das belassen, was sie in der Opposition gehabt haben." Abg. Dr. Kramáø hat damals staatspolitisch gehandelt, weil er die Bedeutung des Sudetendeutschtums für den Staat zu schätzen weis, und ich füge hinzu, daß Gewalt nicht zum Richter über Kultur werden darf.

Die deutsche Studentenfürsorge ist unzulänglich, und das Ministerium für Schulwesen wird dringend ersucht, den deutschen Studenten eine entsprechende Unterstützung zu gewähren und dadurch vielen Studenten die Möglichkeit des weiteren Studiums zu verschaffen.


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