Auch der Industriearbeiterschaft ist durch eine die Landwirtschaft
bedrohende Einfuhr nicht geholfen. Wer das Ein- und Ausfuhrproblem
kennt, der weiß, daß die Gegensätze der wirtschaftlichen
Interessen ungewöhnlich schwer sind. Für eine Gesundung
Europas ist vor allem eine Verständigung zwischen Frankreich
und Deutschland notwendig. Die Saarabstimmung hat den Weg freigemacht
und Herr Minister Beneš hat in seinem Exposé
am 26. November 1934 zu dieser Frage erklärt (ète):
"Unser Interesse geht dahin, daß nach der Saarabstimmung
es zu einer solchen Regelung der Angelegenheiten kommt, welche
der späteren vollen französisch-deutschen Einigung als
wahren Bedingung des europäischen Friedens nicht im Wege
steht." Damit ist bewiesen, daß auch die èechoslovakische
Außenpolitik in der Annäherung Frankreichs und Deutschlands
die Grundlagen des europäischen Friedens erkennt. Und warum
nicht? Ein neuer Krieg - ein Wahnsinn ohne Ende - das Ende jeder
Zivilisation.
"Das Verhältnis der Èechoslovakei zu Deutschland
ist korrekt und normal und die Frage des inneren Regimes eines
Staates kann für die wahrhafte Einigung und Zusammenarbeit
kein Hindernis sein", erklärte Minister Dr. Beneš
am 5. November d. J. im Abgeordnetenhause. (Výkøiky.)
Wir wünschen, daß aus dem normalen und korrekten
Verhältnis im Interesse der Gesundung der èechoslovakischen
Wirtschaft und des Friedens ein freundschaftliches Verhältnis
sich entwickelt. Bei Beginn der Handelsvertragsverhandlungen mit
Deutschland in der nächsten Zeit könnte schon der Anfang
gemacht werden. wir werden jede Außenpolitik unterstützen,
die freundschaftliche Beziehungen zu allen Nachbarstaaten und
politischen und wirtschaftlichen Frieden anstrebt.
Unser Verhältnis zu den Deutschen jenseits der Grenzen ist
klar. Wir fühlen uns durch Sprache, Sitte und Kultur verbunden.
Politisch trennen uns aber die Wege. Die Einheitsfront aller Deutschen
wird auch in Zukunft nie eine staatspolitische, sondern immer
nur eine kulturelle sein. Weltwirtschaftliche Vereinbarungen,
zwischenstaatliche Maßnahmen, Wiederherstellung des gegenseitigen
Vertrauens, eine mutige und offene, auf internationale Verständigung
und Zusammenarbeit im mitteleuropäischen Lebensraum gerichtete
Politik, von der der Herr Ministerpräsident Dr. Hodža
in seinem Exposé gesprochen hat, kann uns aus dieser Notzeit
herausführen. Herr Minister Dr. Beneš hat aber
auch in seinem Exposé am 5. November d. J. gesagt: "Es
ist keine Phrase, sondern ich betone es neuerlich kategorisch,
allen Nationen, welche ihre Pflicht dem Staate gegenüber
erfüllen, alles zugeben, was ihnen gebührt." Und
damit komme ich zu den innerpolitischen Verhältnissen.
Sein Hinweis auf die Behandlung der deutschen Minderheiten in
anderen Staaten kann für das Sudetendeutschtum nicht Geltung
haben, da unsere vorbehaltlose aktive Einstellung zum Staate,
unsere jahrelange Mitarbeit eine andere Wertung erfordert. In
diesem Zusammenhang erinnere ich daran, daß im November
1934 Ministerpräsident Malypetr Investitionen für
das deutsche
Notgebiet versprochen hat. Im Juni 1935 hat Ministerpräsident
Malypetr dieses Versprechen wiederholt und darauf hingewiesen,
daß den am schwersten von der Arbeitslosigkeit betroffenen
Gebieten außerordentliche Unterstützungen gewährt
werden. In anerkennenswerter Weise hat der Herr Fürsorgeminister
die deutschen Gebiete besucht und die steigende Not und das Elend
in Augenschein genommen, auf das wir schon bei Behandlung des
Voranschlages vor einem Jahre und anderen Gelegenheiten eindringlich
aufmerksam gemacht haben.
Wir wissen, daß die primären Ursachen der Not im sudetendeutschen
Gebiete die Störung der europäischen Wirtschaft und
die Weltnot sind und nicht 16 Jahre sudetendeutsche Politik, wie
Agitatoren behaupten. (Výkøiky.) Dessen ungeachtet
können Maßnahmen der Regierung eine Linderung dieser
Not ermöglichen und wir müssen mit den vielen unglücklichen
und unschuldigen Opfern der Wirtschaftskrise tiefes Mitgefühl
haben. Der Zustand in den deutschen Randgebieten, der sich 1934
zur Katastrophe entwickelte, hat dazu beigetragen, daß die
notleidende Bevölkerung dieses Gebietes für Schlagworte
und Radikalismus zugänglich wurde.
Verfolgt man die verschiedenen Prozesse, so gibt es zu bedenken,
daß die Beteiligten zum Großteil arbeitslose verzweifelte
Menschen sind. Es ist auf èechischer Seite der Fehler geschehen,
daß unsere Mahnungen, namentlich von der Bürokratie,
von einer Bürokratie, die dem deutschen Aktivismus nicht
gut gesinnt ist, zu oft überhört wurden. Wir sind in
diesem Staat durch ausdrücklicher Willen des èechischen
Volkes gekommen und wir haben uns für die Mitarbeit entschieden.
Wir wurden im Jahre 1918 als Staatsnotwendigkeit für den
èechoslovakischen Staat reklamiert und wir erheben den
Anspruch auf gleichmäßige Behandlung. Wir wollen unsere
Kraft nicht in ewigem Kampfe um Aufschriften, sprachenrechtliche
Schikanen usw. zermürben, wir wollen bessere Arbeit leisten.
Unser Volk hat Eigenschaften, die es als Bestandteil des Staates
sehr wertvoll machen.
Wir fühlen uns zu dieser neuerlichen Forderung berufen, da
wir trotz der wichtigen inner- und außenpolitischen Ereignisse
durch 9 Jahre nicht schwankend geworden sind und dem Staate durch
unseren konstruktiven Aktivismus genützt haben, was der Herr
Erstminister in seinem Exposé am Donnerstag ausdrücklich
ausgesprochen hat.
Die Angriffe von èechischer Seite, die in krassem Gegensatz
zu den Ausführungen der Herren Außenminister Dr. Beneš
und Ministerp räsidenten Dr. Hodža stehen und
die sich gegen bestehende Einrichtungen wie deutsche Sektion des
Landeskulturrates und Landesschulrates und gegen die Anstellung
deutscher Beamter richten, sind ungerecht und überflüssig
und nur Wasser auf die Mühlen der radikalen Elemente.
Die nationale Befriedigung wird im Sudetendeutschtum eintreten,
wenn die Erklärungen maßgebender Personen über
die Gleichberechtigung der Deutschen die Taten folgen werden.
Diese Befriedigung wird kommen, wenn man dem deutschen Volke entsprechend
seinem Bevölkerungsschlüssel seinen Anteil an der Verwaltung,
dem Boden, den kulturellen Bedürfnissen und am Arbeitsplatz
geben wird, für den sich der Bund der Landwirte unausgesetzt
aber nur mit teilweisem Erfolg bemühte. Man darf nicht mehr
jenen Glauben schenken, die Nutznießer der nationalen Zwietracht
sind. An diesem inneren Frieden muß jeder Staatsmann schon
mit Rücksicht auf die verworrenen außenpolitischen
Verhältnisse ein Interesse haben. Das Schicksal des deutschen
Aktivismus hängt von der Erkenntnis des èechischen
Partners ab, daß das nationale Zusammenleben nicht durch
Worte herbeigeführt werden kann.
Sorge man auf èechischer Seite dafür, daß Tausende
und Tausende sudetendeutsche Menschen den Glauben an eine friedliche
Lösung der deutschen Frage im èechoslovakischen Staate
nicht verlieren. Man ziehe aus den wirtschaftlichen und nationalen
Verhältnissen des deutschen Gebietes jene Folgerungen, die
es dem willigen Mitarbeiter möglich machen, Mitarbeiter zu
bleiben.
Das Gebiet der Èechoslovakischen Republik war immer ein
heißer Kampfboden für nationale und politische Auseinandersetzungen.
Deutsche und èechische Landvolkspartei kamen über
eine wirtschaftliche Interessengemeinschaft hinweg zur engeren
Zusammenarbeit, Fühlungnahme und Verbindung, zu einer Verständigung.
Der Herr Ministerpräsident Dr. Hodža hat neben
A. Švehla an diesem ersten Schritt der Annäherung
hervorragend Anteil genommen. Der Einfluß dieses Schrittes
äußerte sich in einer Entgiftung der nationalen Atmosphäre
und einer völkischen Verständigung, die sich wiederholt
auch öffentlich zeigte. Und so wie in Goslar das Bauerntum
der europäischen Welt als Hort des Friedens, als Brücke
zwischen den Völkern, als Pioniere der Arbeit und Gerechtigkeit
Europas sich erklärte, so wollen wir in dieser ernsten Stunde
als èechische und deutsche Bauern, die wir an den Boden
des Staates gekettet sind, feierlich betonen: Wir wollen gemeinschaftlich
der Garant des Friedens und der Versöhnung in unserem Staate
sein. Wir gute Deutsche, Ihr gute Èechen. Seinem Volke
treu zu sein, bedeutet nicht den anderen hassen, und Volkstreue
schließt nicht Staatstreue aus. (Výkøiky
posl. Knorreho.)
Es fehlt nicht immer an Einsicht, es fehlt an Mut, gegen Schlagworte
und Bedrückung aufzutreten und den Worten die Taten folgen
zu lassen. Ohne auf die Einzelheiten der Programmrede des Herrn
Ministerpräsidenten Dr. Hodža einzugehen, erklären
wir unsere Zustimmung dazu, da die Person des Herrn Ministerpräsidenten
uns die Gewähr dafür bietet, daß auch der deutsche
Aktivismus in diesem Staate die entsprechende Beachtung finden
wird.
Meine sehr verehrten Herren! Wir haben bisher die Angriffe und
Mißtöne von deutscher Seite vielfach überhört,
weil wir es ablehnten, ein Bild der Zerissenheit zu bieten und
weil wir uns immer wieder sagen, daß wir als Minderheit
nicht Deutsche gegen Deutsche ausspielen dürfen. (Posl.
dr Köllner: Die Rede des Dr. Spina in Brüx!) Wenn
Sie in Ihren Zeitungen, wenn Sie durch Ihre Vers ammlungsredner
jeden Samstag und Sonntag verkünden lassen, daß der
Bund der Landwirte vernichtet wird (Posl. dr Köllner:
Der ist schon tot!), dann können Sie eine andere Antwort
nicht erwarten. Sie brauchen noch nicht zu sparen für den
Kranz, den Sie dem Bund der Landwirte beim Begräbnis spenden
wollen. Ich glaube aber sagen zu müssen, daß man sich
bemüht hat, alle Passivposten des Aktivismus zu summieren,
um eine hohe Schuldsumme zu erzielen. Man hat unsere schwere,
aber nicht erfolglose Arbeit herabgesetzt und verschwiegen. Der
Frieden des Dorfes ist gestört. Gehen Sie heute einmal hinaus
in die Dörfer und betrachten Sie die Verhältnisse dort!,
da kann man ohne Übertreibung von einer Störung des
Friedens sprechen. In letzter Stunde warnen wir die Herren von
der Sudetendeutschen Partei vor Überhebungen, vor schroffem
Verlangen nach Unterwerfung. Die sudetendeutsche Politik wird
auf diesem Wege, den Sie gehen, aus der Erstarrung nicht herauskommen.
Mit den Lebensinteressen des Sudetendeutschtums darf kein Hasardspiel
getrieben und nicht das niedergerissen werden, was wir in 16jähriger
Arbeit als Bund der Landwirte für das Sudetendeutschtum aufgebaut
haben. Wir fühlen uns zu dieser Warnung berechtigt. Ein Mißerfolg
ist eine Schädigung des gesamten Sudetendeutschtums, Leidtragende
sind das Gesamtdeutschtum in unserem Staate. Wir wollten den Bruderkampf
nicht, deshalb auch unsere bisherige Zurückhaltung. Unser
Kampfgeist ist ungebrochen, und läßt man von den Angriffen
gegen uns nicht ab, so werden wir den begonnenen Abwehrkampf weiterführen;
denn wir haben das Gefühl und die Pflicht, die angegriffene
Ehre zu verteidigen. Das Urteil, wer seinem Volke mehr gedient
hat, werden kommende Geschlechter abgeben.
Offen muß zu allem, auch zu den heiklen Problemen Stellung
genommen werden. Unklarheiten führen zu Mißtrauen und
es kommen Unschuldige zum Leiden. Auf deutscher Seite müssen
alle Handlungen unterbleiben, die das dauernde Mißtrauen
auf der anderen Seite hervorrufen.
Die Aussprache über den Staatsvoranschlag gibt Gelegenheit,
auf die kostenlose Durchführung der Verlassenschaften durch
die Gerichte hinzuweisen. Vor dem Jahre 1921 wurde diese kostenlose
Durchführung gehandhabt. Mit Gesetz vom 1. April 1921, Nr.
161, wurde eine Änderung getroffen, infolge der damaligen
Verhältnisse. Man erkannte sofort den gemachten Fehler in
kürzester Zeit und mit Gesetz vom 8. Juni 1923, Nr. 123,
wurde die kostenlose Durchführung der Verlassenschaften durch
die Gerichte wieder eingeführt. Die Justizverwaltung hat
allerdings einen Erlaß herausgegeben, der den gesetzlichen
Bestimmungen vom Jahre 1923 widerspricht, so daß die kostenlose
Durchführung der Verlassenschaften nicht unbedingt eintreten
muß. Die Verhältnisse haben sich aber wesentlich geändert
und die landwirtschaftlichen und gewerblichen Betriebe müssen
von allen drückenden Lasten befreit werden; deshalb: wieder
die kostenlose Durchführung der Verlassenschaften durch die
Gerichte.
Im Budgetausschuß wurde bereits von unserer Seite zu den
verschiedenen kulturellen Angelegenheiten Stellung genommen, und
es bedarf heute nur einer Ergänzung. Wir haben uns unausgesetzt
um die Erhaltung der deutschen Technik in Brünn, die Unterstützung
des deutschen Privatunterrichtes und den Ausbau der deutschen
Sektion des Landesschulrates bemüht. Die Erhaltung dieser
Einrichtungen ist keine Vorherrschaft der Deutschen als ein Überbleibsel
und als eine unselige Herrschaft der Germanisierungsbestrebungen
des alten Österreich, wie sich Herr Abg. Dr. Domin
in der Begründung seines Antrages ausdrückt; eine solche
Forderung zu stellen zu einer Zeit, wo Herr Minister Dr. Hodža
die Regierungsgeschäfte übernimmt, jener Dr. Hodža,
der uns als Schulminister die Schulautonomie versprochen hat -
kann nur ein nationaler Heißsporn stellen. Die Begründung
im Antrag des Herrn Abg. Domin erweckt den Anschein, als
müßten neue Generationen kommen, um den Ausgleich von
Volk zu Volk zu schaffen. Wir erheben Anspruch auf die deutsche
Sektion des Landesschulrates, die deutsche Technik in Brünn
und die Erhaltung des deutschen Privatunterrichtes. Bei dieser
Gelegenheit erinnern wir Herrn Abg. Domin nochmals an den
Ausspruch seines Parteigenossen Herrn Abg. Dr. Kramáø
im Jahre 1929: "Wir müssen den Deutschen bei der Mitarbeit
das belassen, was sie in der Opposition gehabt haben." Abg.
Dr. Kramáø hat damals staatspolitisch gehandelt,
weil er die Bedeutung des Sudetendeutschtums für den Staat
zu schätzen weis, und ich füge hinzu, daß Gewalt
nicht zum Richter über Kultur werden darf.
Die deutsche Studentenfürsorge ist unzulänglich, und
das Ministerium für Schulwesen wird dringend ersucht, den
deutschen Studenten eine entsprechende Unterstützung zu gewähren
und dadurch vielen Studenten die Möglichkeit des weiteren
Studiums zu verschaffen.