Ètvrtek 29. listopadu 1934

Meine Herren und Frauen! Wir haben kein modernes Arbeitslosengesetz und das Genter System, das gegen den Zustand von früher sehr wesentliche Verbesserungen gebracht hat, kann nicht ausreichen für die Zeit einer unendlich lange währenden Krise. Darum fordern wir von dieser Stelle, daß zumindest die Hilfsmaßnahmen, die ergänzend wirken sollen, durchgeführt werden und nicht gestört werden durch eine übelwollende Bürokratie. Eine Kontrolle, die in dem Bezirk Karlsbad durchgeführt wurde, hat 40% aller Empfänger mechanisch gestrichen - heraus alle Frauen, heraus alle Jugendlichen, heraus alle Saisonarbeiter! In unzähligen Stuben wohnen bei uns infolge der Wohnungsnot, hauptsächlich infolge der materiellen Not zwei bis drei Familien zusammen. Da wurde dekretiert, daß für diese Familien nur ein einziger Empfänger der Lebensmittelkarten sein darf und es hat erst einer ganz energischen Intervention bedurft, daß neuerlich eine Kontrolle gekommen ist und die Dinge auf ihr Maß zurückgestellt hat. In Dallwitz allein haben sie 120 Menschen aus dem Lebensmittelkartenbezug herausgeworfen. Erst die Kontrolle hat dann konstatiert, daß lediglich 5 % von diesen Herausgeworfenen nicht mehr in den Lebensmittelbezug einzubeziehen wären.

Seit der Rationalisierung haben sich die Unfälle in den Fabriken in ganz verhängnisvoller Weise vermehrt und darum brauchen wir vor allem eine Ausgestaltung unserer Gewerbeinspektion. Unsere Gewerbeinspektoren haben heute -keine Durchführungsgewalt. Unsere Gewerbeinspektoren sind heute fast durchaus Ingenieure. Herr Abg. Wokurek sagte im Budgetausschuß: "Wir brauchen keine Erweiterung der Gewerbeinspektion, es genügt, wenn das in den Bergarbeitergebieten geschieht. Die Herren haben ihre Vorbildung, sie haben ihr fachliches Wissen, Arbeiter können sie niemals ersetzen." Ja wir wissen, diese Herren haben fachliche Vorbildung, sind fast durchaus Ingenieuere und verstehen sich außerordentlich gut auf die Maschinen in den Fabriken. Aber sie verstehen sich weniger gut auf die lebendigen Anhängsel dieser Maschinen, auf die Menschen. Darum fordern wir, daß in die Fabriken auch Ärzte, daß auch Arbeiter und Arbeiterfrauen hineinkommen, und darum danken wir von dieser Stelle sowohl dem Herrn Minister Dr. Czech als auch dem Herrn Minister Dr. Meissner, daß sie daran gegangen sind, die Gewerbeinspektion so auszubauen, wie es die Zeit erfordert.

Unser Betriebsrätegesetz in der heutigen Form kann uns nicht entsprechen. Wir wissen, daß die Betriebsräte trotz den gesetzlichen Bestimmung.en keinen wirklichen Einfluß auf die Betriebsführung haben, daß sie aber die Verantwortung ihren Arbeitskollegen gegenüber, also nach außen haben. Dennoch schätzen wir dieses Gesetz hoch ein, weil es der Anfang von etwas Revolutionärem ist, der erste Schritt zur Betriebsdemokratie, und darum machen wir die Regierung darauf aufmerksam, daß heute in allen Gebieten Versuche bestehen, da getarnt und dort offen auf die Arbeiterschaft einen Druck auszuüben, um dieses Gesetz zu sabotieren.

Eines der wichtigsten Gesetze, das wir haben, ist die Sozialversicherung. Ich will nicht zu dem ganzen gewaltigen Problem sprechen, sondern nur zu einem Detail, zum § 126. Ein großes Unrecht wurde an den provisionierten Bergarbeitern verübt, die im Bezug der Sozialversicherungsrente stehen. Bei Novellierung des Sozialversicherungsgesetzes wurde der § 126 in der Weise abgeändert, daß den Bergarbeitern, die eine Bergarbeiterprovision beziehen, auch wenn sie noch so gering ist, keine Invaliditätsrente gebührt. Es ist dies ein Unrecht deshalb, weil diese provisionierten Bergarbeiter, wenn sie sich das Anrecht auf die Rente in der Sozialversicherung erworben haben, die Beiträge für die Sozialversicherung entrichten mußten. Die provisionierten Bergarbeiter mußten also ihre Beiträge an die Sozialversicherung zahlen, haben aber keinen Anspruch auf Rente. Sozial sind diese Menschen durch die Abänderung des § 126 aufs allerschwerste geschädigt. Wenn wir nur in Betracht ziehen, daß die Rente der Bergarbeiter sehr niedrig ist, sie beträgt 95 bis 300 Kronen monatlich und die Höchstrente beziehen nur sehr wenige, so haben diese Leute dadurch, daß sie die Sozialversicherunsgrente von 120 Kronen bezogen, doch eine kleine Beihilfe gehabt. Jetzt hat man ihnen diese Rente genommen, was gerade unter den heutigen Verhältnissen, wo für diese Leute überhaupt keine Verdienstmöglichkeit besteht, große und berechtigte Erbitterung hervorgerufen hat. Wir erwarten diesbezüglich bestimmt eine Zusage des Ministeriums, daß dieses Unrecht auf alle Fälle für jene wieder gutgemacht wird, die schon im Genuß der Sozialversicherungsrente vor dem Inkrafttreten der Novelle gestanden sind.

Lassen Sie mich auch von einer kleinen Gruppe von Bergarbeitern sprechen, von den staatlichen Bergarbeitern in Joachimsthal. Von dieser Stelle aus, in verschiedenen Ausschüssen und bei den Ministern selbst haben wir immer wieder auf die furchtbare Gefährdung der Joachimsthaler Bergarbeiter hingewiesen. Es handelt sich nicht um viele Menschen, kaum um mehr als 300 Leute. Ich weiß wohl, es ist seitens des Gesundheitsministeriums in sozialhygienischer Beziehung einiges geschehen, aber nicht in allen Gruben und unzureichend in jeder Grube. Ich weiß, daß der Herr Minister Dr. Czech noch als Minister für soziale Fürsorge auch legislatorisch für diese Menschen durch das Gesetz über die Berufskrankheiten gesorgt hat, das sich aber für die Joachimsthaler Bergarbeiter bisher nur sehr wenig ausgewirkt hat. Ich weiß wohl, daß sowohl der Herr Minister Dr. Meissner als auch der Herr Minister Dr. Czech den Sorgen der Joachimsthaler ein lebhaftes Interesse widmen, aber wir wissen, daß die Grundschäden weiter bestehen bleiben, daß das Massensterben der Joachimsthaler Bergarbeiter andauert. Darum habe ich gerade von dieser Stelle aus auf diese Notlage hingewiesen, damit nicht unter der allgemeinen Notlage das Interesse für diese ganz besondere Notlage schwindet.

Arbeiterschutz, Arbeitsrecht und Sozialversicherung sind im Laufe vieler Jahre, getragen von der wachsenden Kraft der Arbeiterklasse, zu einem wenn auch unvollkommenen, wenn auch ausbaubedürftigen, aber doch systematischen Teile der Sozialpolitik ausgestaltet worden. Aber auf jenen Gebieten der sozialen Fürsorge, die nicht unmittelbar mit dem Arbeitsprozeß zusammenhängen, fehlte den klassenbewußten Arbeitern bis vor kurzer Zeit ein Kampfmittel, wie es die Gewerkschaften sind. Darum ist gerade auf dem Gebiete des Gesundheitswesens, des Armenwesens und der Jugendfürsorge die Sozialpolitik nicht nur eine jämmerlich unzureichende, sondern auch eine jämmerlich unsystematische. Aber dem Staat, der in steig.ender Zahl ungeheuere Rechte beansprucht, der heute Einfluß auf alle Lebenssphaeren nimmt, wächst dadurch in entsprechender Zahl auch eine Pflicht zu, und diese Pflicht besteht in der Ausgestaltung des Armenwesens, des Gesundheitswesens, der Jugendfürsorge und des Wohnungswesens. Darum fordern wir vom Staat die Förderung der Baubewegung, den Bau von hygienischen, schönen und billigen Volkswohnungen, so wie sie das rote Wien gebaut hat, mit technischen Einrichtungen, die den Frauen Zeit und Kraft ersparen, so wie sie das rote Wien geschaffen hat, und wenn mir heute mit Recht entgegnet werden könnte, daß bei der Bauförderung nicht verlangt werden könne, daß in einer Zeit der Finanznot der Bauwerber solche Einrichtungen schafft, so müßte der Staat wenigstens von den Bauwerbern verlangen, daß der Grundriß so gestaltet wird, daß späterhin ohne wesentliche Veränderungen solche Einrichtungen geschaffen werden können. Wir fordern vom Staat einen Ausbau des Wöchnerinnen-, des Schwangeren-, des Säuglings-, des Kinder- und Jugendschutzes, wir fordern eine ganz andere Förderung jener Körperschaften, die sich mit Kinder- und Jugendschutz befassen. Ich weise hin auf die deutsche und die èechische Landeskommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge, die heute jene Aufgaben erfüllt, die der Staat zu erfüllen hätte, die in den letzten Jahren ins ungemessene gewachsen sind, denen aber sinkende Beiträge gegenüberstehen. Die Sammelergebnisse weisen keine Summen mehr auf, Länder und Gemeinden und Bezirke, denen durch das Gemeindefinanzgesetz das finanzielle Rückgrat gebrochen wurde, leisten nur ganz unwesentliche Beiträge, und darum soll der Staat erkennen, was für Pflichten er diesen Körperschaften gegenüber zu erfüllen hat. Da wende ich mich insbesondere an das Gesundheitsministerium, das an diese Pflichten scheinbar ganz vergessen hat.

Wir fordern Heimstätten für die Kinder, Tagesheimstätten für die Kinder der berufstätigen Frauen, fachmännisch geleitet und modern eingerichtet für alle Arten von Kindern, für rekonvaleszente Kinder, für Waisenkinder, für tuberkulöse, für taubs tumme, für blinde, für idiotische Kinder. Wir fordern eine Ausgestaltung unserer Schulhygiene, Schulspeisungen, denn die Kindernot ist die tragischeste Erscheinung dieser Zeit. Und darum richten wir von dieser Stelle an die Regierung, an das Fürsorgeministerium das Ersuchen, nicht zu warten, gleich noch vor Weihnachten der Kinder zu gedenken, die drauß en keine Schuhe, keine Kleider, nicht genügend Lebensmittel mehr haben. Wir fordern Schulausspeisungen, die Ausgestaltung der Schulhygiene auch nach der Richtung, daß die Kinder von Fachärzten untersucht werden, die Ausgestaltung der Schulzahnpflege nach dem Bonner System, dem ökonomischesten und modernsten, das es gibt und das überall, wo es durchgeführt wurde, prachtvolle Ergebnisse gezeitigt hat. Fragen Sie nur in den Schulen in Aussig nach, wie dort die kleinen Kinder schon bei jedem kleinsten Zahnschaden behandelt werden, so daß es zur Behandlung eines großen Zahnschadens niemals kommen muß. Da haben wir schon jahrelang, ich glaube, drei Jahre in Aussig gesehen, wie die 14jährigen Kinder die Schule mit ganz gesundem Gebiß verlassen. Wenn wir heute wissen, wie gerade die Zahnfäule es ist, die mit schweren Erkrankungen im Zusammenhang steht, und daß der junge Arbeiter in den Lebenskampf um seine Existenz nichts anderes mitbringt als bestenfalls seine Gesundheit, dann müssen auch die einschlägigen Ministerien wissen, wie wichtig diese unserew Forderung ist. Wir fordern die ärztliche Untersuchung aller Kinder, die die Schule verlassen, die Ausgestaltung der Berufsberatung nach den neuesten Ergebnissen der Wissenschaft, Heimstätten für Jug.endliche, Subventionierung der Arbeitslager, die Verpflichtung, ausgelernte Jugendliche zu behalten, Erholungsstätten für Jugendliche, eine besondere Verkürzung der Arbeitszeit für Jugendliche.

Nun lassen Sie mich, bevor ich zum Schlusse komme, noch von einer Forderung sprechen, die heute noch vielfach auf Unverständnis stößt und abgelehnt wird, nicht nur vom Bürgertum, sondern auch von manchen Arbeiterfamilien selbst, nämlich die Forderung nach Erhöhung der Schulzeit, vorderhand um ein Jahr, nicht nur aus kulturellen Gründen schlechthin und aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, sondern aus sozialhygienischen Gründen. Ich weiß schon, daß es heute eine Forderung ist, die vielleicht über die Kraft eines Durchschnittsarbeiterhaushaltes hinausgehen mag, wenn wir verlangen, daß ein Kind ein Jahr länger erhalten werde. Aber wie schaut es denn drauß en mit den 14jährigen Kindern aus, die aus der Schule kommen? Lernen sie arbeiten? Bekommen sie eine Arbeit? Mit 14 Jahren tritt schon die graue Sorge an diese jungen Menschen heran und bringt sie um die Freude und den Genuß dieser einzigen, einmaligen, nie wiederkehrenden Jugendzeit. Wie schaut es draußen aus? Wir haben vor kurzem eine Jugendschule abgeführt. 40 junge Menschen waren die Schüler. Wir haben unter ihnen Erhebungen gepflogen und da hat sich herausgestellt, daß 10 von diesen 40 ein halbes Jahr, 3 ein Jahr, 7 anderthalb Jahre, 6 zwei, 3 drei und 2 junge Leute 4 Jahre lang arbeitslos gewesen sind. Aber bei diesen 40 jungen Leuten hat es sich um Leute gehandelt, die durch eine Weltanschauunng gefestigt waren, die durch ein hohes Ideal über sich selbst sich hinausgehoben haben. Aber wie sieht es im allgemeinen aus? Langandauernde Arbeitslosigkeit wirkt auf junge Menschen ganz anders als auf gefestigte ältere, sie ist im hohen Grade geeignet, junge Menschen ganz aus dem seelischen Gleichgewicht zu schleudern. Da erwächst nicht nur für die proletarische Familie eine materielle Gefahr, sondern auch für die gesamte Gesellschaft. Denn die Zukunft, die neue Zeit stellt die höchsten Anforderungen an den Geist, an die Kraft, vor allem an die Sittlichkeit jener Menschen, die dazu berufen sind, ihr den Weg zu bereiten. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Zajièka (viz str. 56 tìsnopisecké zprávy):

Es ist ein Verdienst Otto Willmanns, nicht nur die Paedagog.ia perennis, sondern auch die Einheit des Lehrstandes gefordert zu haben. Nicht eine Einheit im Sinne einer Einheitsschule, einer Uniformierung, sondern einer organischen Einheit. Willmann verstand unter dem Lehrstand nicht nur die Volksschullehrer, sondern auch die Kindergärtnerinnen, aber auch den Universitätsprofessor. Von dieser höheren Warte aus gesehen müssen wir sagen, daß alle Schulkategorien gleich wichtig sind. Es scheint so, als ob in den letzten Jahren die Volksschulen vernachlässigt worden wären, denken wirnur an die Schließung tausender Schulklassen.

Auf der anderen Seite wurden, wenigstens auf èechischer Seite, zahlreiche Kindergärten und Krippen errichtet. Die meisten dieser èechischen Kindergärten wurden nicht nur aus Staatsmitteln erbaut, sie werden auch vom Staate erhalten. Im Jahre 1928 gab es in Böhmen, Mähren und Schlesien keine staatlichen Kindergärten, heute haben wir deren über 800! Warum wurden vom Staate so gut wie keine deutschen Kindergärten errichtet? Sie wären für unsere Notstandsgebiete und Bauerndörfer sehr nötig.

Schon seit Jahren verlangen die Kindergärtnerinnen, daß in Krippen und Kindergärten nur geprüfte Kräfte angestellt werden dürfen. Ferner fordern sie eine einheitliche Besoldung. Der betreffende Gesetzentwurf ist schon seit vielen Jahren fertig, wurde bisher aber noch immer nicht dem Parlament vorgelegt. Bei dieser Gelegenheit mache ich darauf aufmerksam, daß es hoch an der Zeit wäre, die Gesetzgebung und die Verordnungen über die Kindergärten, Bewahranstalten und Krippen zu vereinheitlichen und zum Teil neu zu fassen. Die betreffenden Gesaetze sind zumeist schon einige Jahrzehnte alt.

Nach langen Kämpfen sind unsere Volksund Bürgerschulen in den letzten Jahren in ruhigere Zeiten eingetreten. Steigt an einer Schule die Kinderzahl, dann erhält die Schule meist ohne Schwierigkeiten eine Parallelklasse. Wir freuen uns dessen aufrichtig. Leider erfreut sich der Lehrbetrieb nicht dieser Stetigkeit und Ruhe. In den letzten Jahren erschienen immer wieder Verordnungen über neue Unterrichtsmethoden, über Lernmittel und Leh rmittel. Oft wurden Lehrmittel verboten, die noch vor einigen Jahren zugelassen worden waren. Durch dieses
ewige Herumreformieren wurde in die Lehrerschaft und in die Schulstube Unruhe hineingetragen, die durch die Gehaltskürzungen und Disziplinierungen verschärft wurde. Was unsere Schule, was unsere Lehrerschaft braucht, ist Ruhe.

Wir Christlichsozialen haben immer den größten Wert darauf gelegt, daß die Schule nicht nur dazu da ist, den Kindern das Lesen, Rechnen und Schreiben beizubringen. In der Schule soll nicht nur das Wissen, sondern auch das Gewissen geschärft werden. In der Schule soll nicht nur unterrichtet, sondern vor allem erzogen werden. Die Kinder sollen nicht nur ihr zeitliches Ziel, sondern auch ihr ewiges Ziel erreichen. Wir verlangen, daß unsere christlichen Kinder in der Sch ule im Geiste unserer Weltanschauung erzogen werden. Der Lehrer ist mehr als Staatsbeamter, er ist in der Schule Stellvertreter der Eltern, er ist Stellvertreter unseres Herrgotts. Niemals werden wir zzu fordern aufhören, daß unsere christlichen Kinder von christlichen Lehrern zu erziehen sind. Diese Forderung ist gerechter, sie ist demokratischer, als die Forderung, die Schule müsse in religiösen Dingen neutral sein. Abgesehen davon, daß es in religiösen Dingen eine Neutralität überhaupt nicht geben kann, sagen wir: In den weitaus meisten Schulen sind jene Eltern in der Majorität, die da wünschen, daß ihre Kinder in der Schule christlich erzogen werden. Diese Forderung der Eltern zu mißachten, ist undemokratisch. Nicht nur als Katholiken, auch als Demokraten treten wir für die christliche Erziehung unserer Kinder ein.

Von diesem Standpunkte aus verlangen wir, daß in allen Schulen, wo die Mehrzahl der Kinder christlichen Bekenntnissen angehört, das Kruzifix einen Ehrenplatz erhält. In einem Bezirke Böhmens wurde ein nicht ganz klarer Erlaß einer Schulbehörde falsch ausgelegt: Die Kruzifixe wurden von der Stirnseite entfernt. Für uns ist die Forderung, daß das Kruzifix wieder seinen Ehrenplatz erhält, gleichbedeutend mit der Forderung nach der christlichen Erziehung der Kinder in der Schule. Das Kruzifix in der Schule ist uns mehr als ein Symbol, es ist der Ausdruck dafür, daß in diesem Lehrzimmer, wo in der Nähe des Präsidentenbildes auch das Kruzifix hängt, dem Kaiser gegeben wird, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.

Das Parlament wird in einig.en Tagen die 24monatige Dienstzeit bewilligen. Wird denn der Staat nur durch Bajonette und Gasgranat en geschützt? Verankern wir in unserem Staate die Autorität Gottes, die Autorität der Religion, die ihren Anhängern die Achtung vor der staatlichen Obrigkeit einschärft, die uns Bürgern die heilige Pflicht auferlegt, für den Staat, in dem wir leben, alles, selbst das Leben, zu opfern.

Es ist uns unbegreiflich, warum der Schulminister heute, 16 Jahre nach dem Umsturz, noch immer nicht den Mut gefunden hat, die antireligiösen Verordnungen abzubauen. Auf religiösem Gebiet ist in der Èechoslovakischen Republik die Umsturzpsychose einer konservativen Haltung gegenüber der Religion gewichen. Würde heute der Unterrichtsminister die Haberman,schen Erlässe revidieren, er würde wahrscheinlich nicht einmal bei allen Sozialdemokraten mehr auf Widerstand stoßen.

Ich habe vor Jahren im Parlament einen Antrag eingebracht, es möge ein Fond errichtet werden, aus dem alle Privatschulen im Verhältnis zur Schülerzahl eine Unterstützung erhalten müssen. Diese Forderung ist gerecht. Es geht nicht an, daß jene Eltern, die ihre Kinder in Privatschulen schicken, nicht nur diese Privatschulen, sondern auch die öffentlichen Schulen miterhalten müssen. Unsere deutschen Privatschulen, die den Gemeinden, den Ländern, dem Staate, viel Geld ersparen, sind durch die Wirtschaftskrise hart bedrängt, sie haben ein Anrecht auf entsprech ende Unterstützung.

Im Budgetausschuß haben die deutschen Redner wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß in zahlreichen Orten keine deutschen Schulen bewilligt werden, weder Minderheitsschulen, noch öffentliche Schulen, während für ganz wenige èechische Kinder Schulpaläste errichtet werden. Die Zahl der Minderheitsvolksschulen stieg von 983 im Jahre 1928 auf 1226 Ende 1934, die Minderheitsbürgerschulen vermehrten sich von 157 auf 237! Diese Benachteiligung wird dem èechischen Volke auf die Dauer nichts nützen. Wir gönnen den èechischen Kindern ihre vielen èechischen Volks- und Bürgerschulen, es wäre eine staatsmännische Tat ersten Ranges, wenn maßgebende Èechen für uns Deutsche die Forderung stellen würden, man möge auch unseren deutschen Kindern die Schulen geben, die ihnen gebühren. Wir wollen nicht den Schulkampf verewigen, wir streben den Schulfrieden an. Nicht das sudetendeutsche Volk, das èechische Volk hat den Schlüssel zum Schulfrieden, hat den Schlüssel zum Völkerfrieden in der Hand.

In diesem Zusammenhange lassen Sie mich darauf aufmerksam machen, daß zahlreiche Schülerreklamationen absichtlich liegen gelassen werden. Diese Verschleppungstaktik ist eine unwürdige Kampfesweise. Ferner muß darüber Beschwerde geführt werden, daß in zahlreichen Orten noch immer Räume für deutsche Schulen und Klassen beschlagnahmt sind, Räume, die von deutschen Schulen und deutschen Familien dringend benötigt werden.

Im Eingange meiner Rede hatte ich auf die Disziplinierung vieler Lehrer hingewiesen. Es ist bekannt, daß die mährisch-schlesischen Lehrer wegen ihrer Zugehörigkeit zur NSDAP. weit schwerer bestraft wurden, als ihre Kolleg.en in Böhmen. Ich will hier nic-nt jene Ziffern wiederholen, die in den Zeitungen standen, weil diese Ziffern wohl nicht ganz der Wahrheit entsprechen dürften. Wir erwarten aber vom Unterrichtsministerium, daß baldigst die amtlichen Ziffern veröffentlicht werden und daß die Regierung klipp und klar die Frage beantworte, ob ein Teil der bestraften Lehrerschaft auf einen Gnadenakt hoffen dürfe.

Schon seit 7 Jahren wird über die Reform der Lehrerbildung gesprochen, leider hat sich der Herr Unterrichtsminister im Budgetausschuß dazu nicht konkret geäuß ert. Ohne Frage ist die Vertiefung der Lehrerbildung dringend nötig.

Nun einige Worte zum Kapitel "Mittel- und Fachschulen". Die Eltern wurden durch die Mitteilung beunruhigt, das Schulgeld werde erhöht werden und die Schulgeldbefreiung solle eingeschränkt werden. Leider hat der Schulminister im Budgetausschuß diesen Vorschlag des Finanyministeriums nicht abgelehnt. Es geht aber nicht an, daß in den heutigen Notzeiten bei sinkenden Einnahmen die Eltern wachsende Aus aben für ihre studierenden Kinder zu tragen haben und nun auch noch erhöhtes Schulgeld zahlen und keine Schulgeldbefreiung haben sollen. Allgemein wurde über die sehr schleppend vor sich gehende Ernennung neuer Direktoren geklagt, weil hier parteipolitische Einflüsse mitspielen, während doch ausschließlich fachliche und persönliche Eignung maßgebend sein sollen.

Heuer wurden 12 deutsche Mittelschulen gesperrt und von gewissen èechischen Zeitungen wird die Schließung weiterer Mittelschulen verlangt. Wir erwarten von der Regierung, daß sie klipp und klar erklärt, die noch bestehenden deutschen Mittel- und Fachschulen zu schützen.

Bei den Prager Straßendemonstrationen der letzten Tage wurde das Stichwort geprägt: "Nehmt den Deutschen eine Technik weg und gebt sie den Slovaken! " Ohne Zweifel wird diese zugkräftige Forderung bald die Runde machen. Daß die Slovaken auf eine Technik Anspruch haben, ist unbestritten. Wir wünschen den Slovaken vom ganzen Herzen eine eigene technische Hochschule. Unbegreiflich ist nur, warum die slovakischen Minister, die das Schulministerium verwaltet haben, die Errichtung einer slovakischen Technik nicht durchgesetzt haben. Kann denn die Forderung der Slovaken nur verwirklicht werden, wenn man eine deutsche Technik sperrt? Könnte nicht die slovakische Technik errichtet werden, ohne daß eine deutsche Technik gesperrt wird? Ich will nicht alle Argumente wiederholen, die für die Weiterbelassung der beiden deutschen technischen Hochschulen sprechen. Ich verweise nur auf folgendes: Sind denn die beiden Techniken nur für die Sudetendeutschen da? Werden nicht beide Hochschulen von zahlreichen Ausländern besucht? Diese Ausländer werden einmal, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, Pioniere des èechoslovakischen Staates sein. Alle Regierungen der Welt bemühen sich, fremde Studenten ins Land zu bringen. Wollen wir das Gegenteil tun? Karl IV. gründete 1348 die Prager Universität nicht als Landesuniversität, sondern als Weltuniversität, das Kuttenberger Edikt vom 18. Jänner 1409 bewirkte, daß sie zur Landesuniversität herabsank. Ein zweites Argument: Wollen die Vertreter des èechischen Volkes ihren großen Comenius, der durch die starke Betonung der technischen, der realistischen Fächer, zum Wegbereiter der technischen Hochschulen wurde, dadurch ehren, daß sie eine Technik sperren?

Unser Klubobmann Abg. Dr. Luschka sprach gestern über die Durchführung des Universitätsgesetzes vom Standpunkt der Sudetendeutschen. Ich will seine Ausführungen vom Standpunkte des Gesamtstaates aus ergänzen.

Die "Deutsche Landpost" schrieb: "Unsere Öffentlichkeit ist sich darüber vollkommen klar, daß die würdige Liquidierung dieser Angelegenheit nur der Teilnahme der Deutschen an der Regierung und dem Fürspruch der Regierungsdeutschen zuzuschreiben ist." Nun, meine Herren, ich behaupte, daß in diesem Kampfe nicht die Regierungsdeutschen Sieger sind, auch die Regierung hat nicht gesiegt. Nicht die Regierung, nicht die Staatsautorität, sondern die Gasse hat gesiegt! Nicht die Demokratie, der Fascismus hat triumphiert. Der Sieger heißt leider nicht Jan Malypetr, sondern Jiøí Støíbrný.

Durch die Art und Weise, wie das Universitätsgesetz durchgeführt werden sollte, wurde das gesamte deutsche Volk gedemütigt. Während der allnationalen Koalition, selbst zu einer Zeit, als Støíbrný Stellvertreter des Ministerpräsidenten war, selbst damals hat man das Universitätsgesetz nicht durchgeführt, vor allem deswegen nicht, weil man das sudetendeutsche Volk nicht kränken wollte. Und dabei war damals die gesamte parlamentarische Delegation der Sudetendeutschen in der Opposition, nicht nur in der Opposition zur Regierung, sondern zum Teil sogar in Opposition zu dem Staate selbst.

Das Gesetz vom 19. Feber 1920 ist nicht durch den Unterrichtsminister allein durchzuführen, laut § 11 dieses Gesetzes braucht er dazu die Zustimmung aller Minister, in diesem Falle auch der beiden deutschen Minister. Unsere Bevölkerung weiß, daß die beiden deutschen Minister vorher gefragt wurden, gefragt werden mußten. Ich enthalte mich von dieser Stelle aus jeder Kritik an dem Tun und Lassen der beiden deutschen Minister, eines muß aber gesagt werden: Nicht nur das Ansehen der beiden deutschen Minister hat gelitten, leider ist in den Augen der Sudetendeutschen auch der Wert der deutschen Mitarbeit sehr gesunken. Der deutsche Aktivismus hat ohne Zweifel eine schwere Niederlage erlitten Jede Schädigung des deutschen Aktivismus ist aber auch eine Schädigung des Staates.

Wir deutschen Aktivisten stehen ohne Vorbehalt auf dem Boden des Staates. Einige Fragen müssen uns aber erlaubt sein: Ist das der Dank für den 24. Mai, wo fast alle deutschen Parlamentarier dem Präsidenten Masaryk die Stimme gegeben haben? Ist das der Dank dafür, daß sich in zahlreichen Orten bei den Wehrtagen die deutsche Bevölkerung für den Staat entschieden hat. Und sind vielleicht die Prager Vorfälle geeignet, der Bevölkerung die 24monatige Dienstzeit schmackhafter zu machen?

So haben denn die Vorgänge der letzten Zeit die Demokratie geschädigt, sie haben den Fascismus gestärkt, sie haben den Aktivismus verwundet. Und das Entscheidende ist: Diese Vorfälle waren weder für den Staat noch für das èechische Volk ein Gewinn.

Die beklagenswerten Ereignisse haben uns auch im Auslande geschadet. Zunächst muß hier gesagt werden: Daß man in Wien, in Berlin und Köln gegen den èechoslovakischen Staat, gegen das èechische Volk demonstriert hat, müssen wir schärfstens verurteilen. Der Abg. Krejèí hatte im Jahre 1919 beantragt, die deutsche Universität ganz aufzuheben und später eine neue deutsche Universität zu gründen. Es ist bekannt, daß dieser Antrag vor allem mit Rücksicht auf das Ausland nicht angenommen wurde.

Bald nach den Straßendemonstrationen konnte man in unseren Zeitungen lesen, das deutsche Eigentum sei geschützt. Meine Herren, leben wir denn in Mazedonien, wo solche Erklärungen notwendig sein mögen? Wir leben in einem Rechtsstaat, wo der Schutz des Eigentums eine Selbstverständlichkeit sein muß. Als ich diese Zeitungsnachricht las, dachte ich unwillkürlich an die Stiftungsurkunde vom Jahre 1348, in der es heißt, daß die Magister und die Scholaren freies Geleite erhalten. Die Èechoslovakei galt im Auslande als ein Hort der Demokratie. In den letzten Tagen haben Èechen - und leider auch Deutsche - das ihre dazu beigetragen, diesen Nimbus zu zerstören. Ohne Zweifel hat das Ansehen der Èechoslovakei stark gelitten.

Aufgabe der Regierung ist es, das mühselig begonnene Werk der Versöhnung und der inneren Befriedung wieder aufzunehmen und entschieden fortzusetzen. Auf den Akt der Demütigung muß der Akt der Großmut folgen. Das Gesetz vom Jahre 1920 wurde restlos durchgeführt, so weit es die Deutschen beschwert. Es muß auch noch durchgeführt werden, soweit es den Staat betrifft. Durch dieses Gesetz wurde die Regieru ng verpflichtet, für die deutsche Universität die nötigen Neubauten durchzuführen. Hier ist so gut wie nichts geschehen.


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