Pátek 1. prosince 1933

Eine ganz besondere Härte ergibt sich aus der Anordnung der sogenannten fliegenden Kommissionen. Die Leute kommen zu dem Kleinhandwerker, der vielleicht 4.000 bis 5.000 Kè Steuern schuldet und sie infolge seines Zusammenbruches nicht mehr aufbringen konnte. Das erste ist eine Taschenvisitation. Der arme Tischler steht im Schurzfell da, man sucht ihm die Taschen durch, und findet zwei Kronen bei ihm. Und auch die nimmt man ihm, weil es eben sein Bargeld ist. Wenn in der Zeit vom Jahre 1926 bis zum Jahre 1929 Erlässe hinausgingen, die rückständigen Steuern mit Schonung einzuheben, müssen wir jetzt mit Bedauern feststellen, daß ein Erlaß den anderen jagt, die rückständigen Steuern rücksichtslos einzuheben. Dadurch wird eine große Anzahl von Existenzen zugrunde gerichtet. Wir hätten es begrüßt, wenn man die Umsatzsteuer weiter pauschaliert hätte. Wir wissen, daß heute die Umsatzsteuer über 4 Millionen Kè täglich bringt, und daß sie nicht von heute auf morgen abgeschafft werden kann. Aber bei den notwendigsten Bedarfsartikeln sollte man mit der Pauschalierung der Umsatzsteuer fortschreiten, wie in den Jahren 1926 bis 1929 mit ihr begonnen worden ist.

Ein anderes Kapitel sind die Verzugszinsen bei rückständigen Steuern. Die Verzugszinsen werden auf die gesamten Steuerrückstände einschließlich sämtlicher Zuschläge berechnet und weder ein Bezirk, noch eine Gemeinde, noch ein Land erhält aus diesen Verzugszinsen einen Heller überwiesen. Der Staat kassiert die Verzugszinsen ein, treibt sie auch im Zwangswege ein, aber dem Staat gehört das wenigste davon, weil die Zuschläge bedeutend höher sind. Die Gemeinden, welche die Verzugszinsen so notwendig brauchen würden, erhalten keinen Heller. Wenn die Verzugszinsen den Gemeinden überwiesen würden, könnten sie so manchen notleidenden Gewerbetreibenden unterstützen, oder wenn die Strafgelder, welche für Gewerbeübertretungen eingehoben werden, den Bezirksverwaltungen überlassen blieben und für die Unterstützung notleidender Gewerbetreibender verwendet würden, wäre schon ein kleiner Fond für eine gute Sache geschaffen. Es sollte als bewußter und selbständiger Grundsatz gelten, daß der Steuerträger durch Exekution zur Erfüllung einer Pflicht gezwungen werden soll, daß seine Existenz aber nicht vernichtet werden darf, da die Erhaltung jedes Steuerzzahlers im Interesse des Staates liegt.

Ein weiteres Kapitel, welches sowohl mit Handel und Gewerbe, wie auch mit unserem Grenzverkehr in Verbindung steht, ist die Hebung des Fremdenverkehrs. Für das nächste Jahr ist in unserem Staatsvoranschlag zur Förderung des Fremdenverkehrs kaum eine Million Kè eingestellt. Damit sind wir nicht einmal in der Lage, die bestehenden Fremdenverkehrsverbände entsprechend zu subventionieren. Wenn wir uns die Nachbarstaaten ansehen, wie z. B. die Schweiz, welche 30 Millionen, Frankreich 64 Millionen, Belgien 11 Millionen, Deutschland 80 Millionen für den Fremdenverkehr opfern, müssen wir mit Bedauern feststellen, daß unsere Regierung für den Fremdenverkehr nicht jenes Verständnis aufbringt, welches zur Hebung der Wirtschaft erforderlich wäre. Denn der Fremdenverkehr bedeutet eine Hebung der Wirts chaft und besonders der Bäder und Sommerfrischen. In den letzten Jahren mußten wir einen kolossalen Rückgang des Besuches, sowohl der Bäder als auch der Sommerfrischen feststeellen. Wenn unser Nachbarstaat Deutschland 80 Millionen für Fremdenverkehrspropaganda ausgibt, dürfen wir uns nicht wundern, daß so wenig Leute herüberkommen, nachdem uns für eine Propaganda größere Mitttel- überhaupt nicht zur Verfügung stehen. In einer unangenehmen Situation befinden sich gegenwärtig unsere Grenzgebiete. Die Gebiete an der reichsdeutschen Grenze sind durch Jahrzehnte mit der Bevölkerung des Nachbarstaates auf das innigste verbunden. Diese Gegenden sind auf den Durchzugsverkehr eingestellt, sämtliche Geschäfte, nicht nur die Gasthäuser, Bäcker und Fleischer, sondern sämtliche Erwerbsberufe sind auf den Durchzug der Reichsdeutschen eingestellt. Nun ist dieser Durchzugsverkehr durch drei Vierteljahre zum großen Teil unterbunden und darauf ist auch die große Anzahl der Insolvenzen des letzten Halbjahres in den Grenzgegenden zurückzuführen. Wir möchten die Regierung bitten, mit dem Nachbarstaate möglichst in Fühlung zu treten, damit man die Leute nicht hindert, die Grenze zu überschreiten. Wir wissen, daß es nicht die oberen Organe des Reiches sind, welche diesen Verkehr hindern - ich habe selbst bei dem Präsidenten in Oppeln und beim Oberzollrat in Neustadt interveniert es sind die unteren Stellen, die SA- und SS-Formationen, welche die Leute nicht hinüberlassen. Wir sind geographisch auf einander angewiesen, die unangenehmen Verhältnisse werden nicht immer bestehen, inzwischen aber gehen hunderte Existenzen unserer sudetendeutschen Grenzbewohner zugrunde.

Ein besonderes Kapitel bei unserer Propaganda für den Fremdenverkehr ist die sprachliche Aufmachung. Wir müssen trachten, daß in den Grenzgebieten die deutsche Sprache gebraucht wird, sei es in den Eisenbahnwaggons, sei es in den Reklamedru cksorten, besonders aucn in deen Almanachs, die sich in den Waggons befindenn und in denen selte ein deutsches Wort zu finden ist. Hiier muß Rücksicht auf die Deutschen genommen werden, denn nur dann werden wir das Interesse der Zuzügler erwecken.

Unser Voranschlag weist Kürzungen über eine Milliarde auf. Es sind die Gehälter und Pensionen gekürzt worden und weitere Kürzungen sind zu gewärtigen. Wir haben die Arbeitsanleihe gezeichnet, um uns über die größte Krise hinwegzuhelfen. Es ist dies nur ein Notbehelf. Die Kürzung der Gehälter ist unsozial und die der Pensionen noch unsozialer, ganz besonders dort, wo es sich um die niederen Kategorien, um die wirtschaftlich Schwachen handelt. Wenn man mit der Kürzung der Gehälter und Pensionen bei Einkommen über 30.000 Kè beginnen würde, ließe sich darüber reden. Aber alle Einkommen unter 30.000 Kè würden der Volkswirtschaft entzogen, sie gehen der Wirtschaft verloren und bei unserem nächsten Weihnachtsgeschäft werden wir wieder die Kürzungen der Gehälter und Pensionen auf das schwerste empfinden. Unser Sparsystem, in dem wir uns gegenwärtig befinden, ist ein Notbehelf. Aus den Exposés des Herrn Ministerpräsidenten und des Herrn Finanzministers geht hervor, daß wir, dieser reiche Staat, arm geworden sind, nicht ganz ohne unsere Schuld. Es wird nun Sache der jetzigen Regierung sein, dahin zu trachten, normale Handelsbeziehungen anzubahnen. Unser Herr Außenminister ist einer der geachtetsten Diplomaten Europas und es wird ihm sicherlich möglich sein, Handelsverträge abzuschließen, um auch die gegenwärtig bestehenden Mißverständnisse in Mitteleuropa, namentlich gegenüber unserem Nachbarstaate Deutschland aus der Welt zu schaffen.

Nur durch die Schaffung eines starken Wirtschafts-Mitteleuropas können wir eine Gesundung unserer Wirtschaft erwarten. Alles andere ist nur Notbehelf. Wir wünschen und hoffen, daß sich endlich die Vernunft Bahn bricht, daß wir zu einem guten Verhältnis mit unseren Nachbarstaaten kommen, um der Arbeitslosigkeit in unserem Staate sowie in ganz Europa beikommen zu können. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Baumgartla (viz str. 32 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Herr Minister des Innern hat im Budgetausschuß über die trostlosen Verhältnisse in den Gemeinden und Bezirken gesprochen. Seinen Ausführungen zufolge beläuft sich die Schuld in den Selbstverwaltungsverbänden mit Ende 1933 auf 11 Milliarden Kè. In dieser Summe veranschaulicht sich wohl das ganze finanzielle Elend in den Selbstverwaltungskörpern, unter welchen die Gemeinden und Bezirke heute so schwer zu leiden haben. Dabei will ich aber unterstreichen, daß der Herr Minister hervorgehoben hat, daß die Schuld an diesen unhaltbaren trostlosen finanziellen Verhältnissen der Selbstverwaltung nicht in der schlechten Verwaltung derselben liegt, sondern in den Auswirkungen der so lange dauernden Wirtschaftskrise. Sowie die Staatsfinanzen durch die Krise ungünstig beeinflußt werden, trifft dies auch auf die niederen Selbstverwaltungsverbände zu und sogar noch in erhöhtem Maße. Viele Gemeinden und Bezirke, besonders in den deutschen Industriegebieten, sind finanziell vollständig zus ammengebrochen und gänzlich außerstande, die Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises auch nur teilweise zu erfüllen, sie können ihre vertraglichen und gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr leisten, und so wird eine Änderung in dieser Lage zur unerläßlichen Notwendigkeit, wie es ja der Herr Minister des Innern auch selbst als notwendig erklärt hat. Wie es heute mit der Finanzlage der Selbstverwaltungskörper steht, geht am besten aus folgendem Ziffernmaterial hervor, das sich ausschließlich auf Böhmen beschränkt. Der Schuldenstand in der Selbstverwaltung hat bereits eine Höhe von 6.274,232.000 Kè erreicht. Der Zinsenund Annuitätendienst pro Jahr macht 586,517.000 Kronen aus. Der unbedeckte Abgang in der Selbstverwaltung betrug im Jahre 1933 389,414.289 Kronen. Von dem bei der Landesbehörde errichteten Fond wurde der ungedeckte Abgang mit 246,144.414 Kronen anerkannt. Die Zuteilung aus diesem Fonde an die Selbstverwaltungskörper für das laufende Erfordernis betrug 74,446.179 Kè und zur teilweisen Bestreitung des Zinsendienstes wurde ein Beitrag von 29,557.676 Kronen geleistet. Aus diesen wenigen Ziffern ersehen wir, daß dieser Fond völlig ungenügend dotiert ist, da die Zuteilung aus demselben an die Selbstverwaltungskörper nur ein Viertel der von diesen geforderten Beträge ausmacht.

Um Ihnen zu zeigen, wie es heute in einzelnen Industriegemeinden bestellt ist, will ich unter vielen nur ein einziges Beispiel anführen, den Fall Rothau. Der Voranschlag der Gemeinde Rothau im Bezirk Graslitz hat im Jahre 1934 ein Gesamterfordernis von 1,217.876 Kronen. Die Gesamtbedeckung des Voranschlags beträgt 518.456 Kronen. Es verbleibt somit ein ungedeckter Abgang von 699.456 Kronen. Wie sich die Krise auf einzelne Industriegemeinden auswirkt, geht am besten aus der Steuervorschreibung für die einzelnen Jahre hervoor. Noch im Jahre 1930 betrug die Steuervorschreibung bzw. die Steuergrundlage in dieser Gemeinde 187.563 Kronen, sie sank im Jahre 1931 auf 49.710 Kronen und beträgt im Jahre 1934 nur noch 13.583 Kronen. In Prozenten ausgedrückt ergibt sich also eine Senkung der Steuergrundlage von 1930 bis 1934 um 93%. Ähnlich ist es auch in anderen Industriegemeinden und ich verweise da noch insbesondere darauf, daß die Steuervorschreibung in der Gemeinde Schindelwald im Bezirk Neudek im Jahre 1929 noch 51.200 Kronen betrug, im Jahre 1934 aber nur mehr 4400. Das ist also wiederum eine Senkung um 91%. Wir müssen da die Frage aufwerfen, ob die Finanznot der Industriegemeinden, besonders der in den deutschen Gebieten, ausschließlich eine Folgeerscheinung der Krise ist oder ob nicht auch andere Umstände mitspielen, daß diese Gemeinden zum gänzlichen finanziellen Ruin verurteilt sind. Hier möchte ich besonders auf das Gemeindefinanzgesetz vom 12. August 1921 verweisen. Durch dieses war es jenen Industriegemeinden, in denen die Betriebe ihren Sitz hatten, anheimgestellt, von diesen Betrieben auf Grund des § 27 gesonderte Beiträge für das Mehrerfordernis einzuheben, das den Gemeinden durch den Bestand des Unternehmens erwachsen ist. Durch das neue Gesetz vom 15. Juli 1927 wurde der zitierte § 27 durch den § 17 abgeändert und dadurch ist den Industriegemeinden ein besonders großer finanzieller Verlust erwachsen. Auch noch andere Umstände tragen da sehr viel mit dazu bei und die Not in den Gemeindeverwaltungen, besonders in den Industriegemeinden müßte nicht so groß sein als sie ist. Diese Umstände sind vor allem die Rationalisierung in der Industrie und vorgenommene Besitztransaktionen. Ich will auch hier nur ein Beispiel anführen. Die Eisenwerke Rothau beschäftigten im Jahre 1922 2350 Arbeiter und Angestellte und die ges amte Jahresproduktion betrug 14.480 Tonnen Blech. Im Jahre 1929 wurde die Rationalisierung durchgeführt, die Arbeiterschaft bekam sie am stärksten zu spüren, die Belegschaft wurde nämlich auf 1733 Arbeiter vermindert und die Jahreskapazität der Erzeugung an Blechen betrug 31.760 Tonnen. (Hört! Hört!) Also mehr als eine Verdoppelung der Produktion, anderseits wurden aber 600 Arbeiter aus dem Betrieb entlassen. Das hat auch seine finanzielle Auswirkung, indem der Reingewinn dieser Werke vom Jahre 1923 bis zu dem Zeitpunkte, wo sie sich mit den Berg- und Hüttenwerken fusionierten, 66 Millionen Kè gegenüber der Steuerbehörde ausgewiesen wurden. Man kann also sagen, daß wohl kaum irgendwelche wirtschaftliche Momente dafür hätten sprechen können, daß diese bis zum Torschluß prosperierenden Werke geschleift und in ein fremdes Gebiet verlegt wurden, wodurch nicht nur Rothau selbst, sondern auch die Schwesterwerke von Neudek und viele andere Gemeinden in Mitleidenschaft gezogen wurden. Welchen Schaden durch die Überrationalisierung der Staat erleidet, kann daraus ermessen werden, daß z. B. der Export der Eisenindustrie in Rothau und Neudek durchschnittlich pro Jahr 87% betragen hat, der ausgeführte Warenwert 70 Millionen Kè repräsentierte. Wenn ein solcher Betrieb aufgelassen wird, erwächst nicht nur der Selbstverwaltung, sondern auch dem Staat ein ungeheuerer Schaden. Die Spekulation, die Qualität durch Quantität zu ersetzen und dadurch mit den großen Wirtschaftskolossen des Auslands in Wettbewerb zu treten, kann nur eine Fehlspekulation sein. Die ganze Gegend in dem Graslitz-Neudeker Bezirk ist durch diese planlose Werkverlegung finanziell schwer in Mitleidenschaft gezogen und die Menschen dort dem Hunger preisgegeben.

Leider hat dieses schlechte Beispiel auch schon Nachahmung gefunden und es wäre hoch an der Zeit, daß der Staat hier endlich einschritte und der privaten Willkür ein Ende bereitete, die über Wohl und Wehe vieler tausender Menschen durch einige Wenige entscheiden läßt. So ist es gekommen, daß außer der kulturellen, wirtschaftlichen und hygienischen Schädigung den dortigen Gemeinden ein Schuldenstand von 4.6 Millionen aufgelaufen ist. Zurückgeblieben sind nur 1100 arbeitslose Bergarbeiter. Hier muß endlich ein Gesetz eingreifen und diesem Treiben der Industriekapitäne Einhalt gebieten. Nicht nur aus sozialpolitischen und kommunalpolitischen, sondern auch aus allgemein staatswirtschaftlichen Gründen müssen solche Betriebsauflassungen und Einschränkungen unter staatliche Kontrolle gestellt werden. (Sehr richtig!)

Aus dieser Erkenntnis heraus hat unsere Fraktion einen Antrag auf Erlassung eines Gesetzes zur Kontrolle über die Betriebsstillegungen und Einschränkungen in ihrem Antrag vom 6. September 1930, Druck 775, eingebracht. Es wäre die höchste Zeit, daß dieser Antrag dem sozialpolitischen und dem Budgetausschuß überwiesen würde. Welch furchtbare Auswirkungen die Wirtschaftskrise auf die Lebenshaltung der Arbeiterschaft in den deutschen Grenzgebieten, insbesondere im Erzgebirge hat, davon können sich viele keine Vorstellung machen. Alle Bemühungen der Gemeinden, die unverschuldet aus den Betrieben herausgeschleuderten Arbeiter einer produktiven Tätigkeit zuzuführen, sind aus Mangel an Mitteln gescheitert. Über Initiative der Sozialdemokraten in der Regierung wurde das Gesetz über die Arbeitsanleihe erlassen. Wir waren nun der Meinung, daß jene Gebiete, die am schwersten unter der Arbeitslosigkeit zu leiden haben, aus dem Ertrag der Arbeitsanleihe vor allem werden berücksichtigt werden. Leider trifft das nicht zu. (Výkøiky.) Die Gemeinden und Bezirke, die gegenüber der Landesbehörde bzw. dem Innenministerium nicht die Garantie übernehmen können, daß sie den Zinsendienst für die aufgenommenen Darlehen werden bestreiten können, werden zurückgewiesen. Die Anforderungen der Selbstverwaltungsverbände wegen Arbeitsanleihezuteilung haben bei uns 665 Millionen Kè betragen, zugewiesen wurden ihnen insgesamt nur 265,870.000 Kè. Der Bezirk Graslitz hat 300.000 Kè angefordert, die Stadt Graslitz ebensoviel, Rothau 250.000 Kè. Alle diese Ansuchen wurden wegen des nichtgarantierten Zinsendienstes abgewiesen. Das ist doch eine allzu große Härte. Wenn also für das Jahr 1934 ein größerer Betrag aus der Arbeitsanleihe noch zur Verfügung steht, so muß er unbedingt jenen Gemeinden zugewiesen werden, die durch die Wirtschaftskrise am schwersten betroffen sind. Welchen Kontrast stellt es dar, wenn wir heute sehen, daß Lebensmittel, Güter und Waren in Hülle und Fülle vorhanden sind und andererseits in unserem deutschen Erzgebirge die Arbeitslosen in Lumpen herumgehen und mit Bangen und Schrecken dem Krisenwinter entgegensehen. Hier wäre es jedenfalls Aufgabe der Regierung, jene vom Sozialministerium geplanten Hilfsaktionen, die sich als außerordentlich notwendig erweisen, auch entsprechend zu fördern und zu unterstützen, um unsere Menschen über diese schwere Zeit des schrecklichen Winters hinwegzuretten. Wir können mit Genugtuung feststellen, daß der größte Teil der deutschen Arbeiterklasse, soweit sie in der deutschen Sozialdemokratie vereinigt ist, eine feste Stütze des Staates darstellt. Sie hat dies unzähligmale bewiesen uund darum wollen wir dieses Vertrauen, das sie in den Staat und in die Demokratie gesetzt hat, rechtfertigen dadurch, daß wir diesen Menschen die Lebensberechtigung nicht absprechen und sie so unterstützen, wie es die Notwendigkeit erfordert. Dies ist nicht nur eine sozialpolitische, sondern auch eine staatspolitische Notwendigkeit.

In diesem Sinne schließe ich meine Ausführungen und betone nochmals, daß die deutsche Arbeiterklasse dieses Landes voll und ganz auf dem Boden dieses Staates steht. Deswegen soll man die Opfer der Wirtschaftskrise auch dieser Gebiete so unterstützen, wie es unerläßlich notwendig ist, denn sie werden die besten Verteidiger der Demokratie und des Staates sein. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Kirpalové (viz str. 43 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Im Rahmen dieser Debatte möchte ich auf einige sehr wichtige Kulturund Schulfragen zu sprechen kommen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) In der Überzeugung, daß die Schule das wichtigste Instrument und unser größtes Kulturgut bedeutet und in der Überzeugung, daß eine gute Schulbildung den Daseinskampf erleichtert und nicht zuletzt, daß eine gute Schulbildung viel persönliches Glück und Wohlergehen für die Menschheit bedeutet, bedauern wir es außerordentlich, daß im Kapitel für Kulturwesen auch Abstriche gemacht worden sind. Wir begreifen es, daß im Rahmen der Ersparungstendenzen auch hier nicht Halt gemacht werden konnte, aber wir hätten es recht gerne gesehen, wenn man diese Ersparungen auf einem anderen Gebiet gemacht hätte. Die Streichungen, die vorgenommen worden sind, treffen uns gerade in dieser Zeit äußerst hart. Bei der Zusammenstellung des Kapitels "Schulwesen" hätten wir gewünscht, daß man sich von dem Gedanken hätte leiten lassen, daß Mehrausgaben für Schul- und Kulturwesen niemals eine Passivpost bedeuten. Wir hätten gewünscht, daß die Zusammenstellung von dem Gedanken getragen gewesen wäre, daß die Schulausgaben immer produktiv sind.

Ich möchte nun Ihre Aufmerksamkeit auf einige Kapitel lenken, deren Ersparungen sich gerade im heurigen Jahr katastrophal auswirken müssen. Der größte Abstrich entfällt auf das Kapitel "Sachaufwand". Allein von 54 Millionen werden 4 8,768.000 Kè abgestrichen. Gerade in diesem Jahre hätten wir aber eine Erhöhung dieser Post gewünscht. Wir haben uns überzeugen können, daß die Krise vor der Schule nicht Halt gemacht hat und daß die Schulerhalter schon in den vergangenen Jahren nicht in der Lage gewesen sind, allen an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Wir konnten uns überzeugen - und dies gilt insbesondere für die verarmten Gemeinden - daß man genötigt war, Kinder in ungeheizten und kalten Räumen unterrichten zu lassen. Aber nicht allein, daß die Schulerhalter, die Selbstverwaltungskörper, in sozialer Hinsicht ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden können - ich will in diesem Zusammenhang durchaus nicht von dem Zusammenbruch der Gemeindefinanzen reden, das haben bereits die Vorredner meiner Partei getan, ich will nur darauf verweisen, daß wir es recht gerne gesehen hätten, daß gerade in dieser furchtbaren Zeit, wo in die Wohnungen der arbeitslosen Menschen Not, Elend, Hunger und Entbehrung eingezogen sind und die Kinder dieser Menschen so furchtbar zu leiden haben, daß gerade in dieser furchtbaren Zeit die Schule den Kindern wenigstens ein paar Stunden der Freude gewährt hätte.

Statt dessen sehen wir, daß man bei der so erfolgreich begonnenen Schülerfürsorge nun einhalten muß. In diesem Zusammenhange möchte ich der rühmlichen Arbeit der Elternvereinigungen Erwähnung tun. Haben sie schon in früheren Jahren ersprießliche Arbeit geleistet, so sind umso mehr diese Vereinigungen und ihre Arbeiten in diesem Krisenwinter zu begrüßen. Wissen wir doch, daß die begonnene soziale Arbeit von ihnen sicherlich fortgesetzt werden wird. Es tut uns nur außerordentlich leid - das will ich hier ohne weiters zum Ausdruck bringen daß nicht überall der Erlaß des Ministeriums für Schulwesen befolgt worden ist. Wir haben noch sehr, sehr viele Schulen, wo eine Elternvereinigung noch nicht gebildet worden ist. Es mag sein, daß wohl da und dort auch die Eltern die Schuld trifft, die nicht gewillt sind, Elternvereinigungen zu gründen, aber ich glaube, daß die weit größere Schuld doch die Lehrerschaft trifft, die es unterläßt, mit den Eltern im ständigen Kontakt zu bleiben, die es nicht versteht, die Brücke zwischen der Schule und den Eltern zu bauen. Vielleicht hängen diese Lehrer zu sehr an den alten Gewohnheiten, vielleicht ist es die Angst vor den Schwierigkeiten, die wir uns durchaus nicht verhehlen, vielleicht ist es die Angst vor der Mehrarbeit. Aber wenn sich die Lehrerschaft überall überzeugen konnte, mit was für einer Liebe unsere Eltern an der sozialen Arbeit und an dem Erziehungswerk hängen, so würde sie keine Minute zurückstehen und würde ihre Hand zur Schaffung solcher Elternvereinigungen bieten.

In diesem Zusammenhang möchte ich nur an den Herrn Minister einen Wunsch richten. Wir haben den Erlaß zur Schaffung der Elternvereinigungen sehr begrüßt, wir sind aber mit ihm nicht vollständig einverstanden. Wir würden um seine Novellierung in der Richtung bitten, daß eine Verpflichtung zur Schaffung von Elternvereinigungen in allen Schulen ausgesprochen wird.

Jetzt möchte ich auf eine äußerst wichtige pädagogische Frage zu sprechen kommen. In allen Staaten mit hoch entwickeltem Schulwesen ist man bereits dazu übergegangen, die neunjährige Schulpflicht einzuführen. Für die Einführung der neunjährigen Schulpflicht sprechen in erster Linie pädagogische Notwendigkeiten. Weenn man vielleicht vor zwei oder drei Jahren diese Forderung aufgestellt hätte, so hätte man sich gegen die Argumente, die von verschiedenen Seiten vorgebracht worden wären, wappnen müssen. Die Wirtschaft hätte erklärt, es sei unmöglich, daß man etwa 250.000 junge Menschen der Wirtschaft entziehe. Es hätten sich vielfach - ich will das zugeben - auch Eltern dagegen gewehrt, daß die Kinder ein Jahr länger in die Schule gehen müssen, mit der alleinigen Begründung, daß die Arbeitereltern nicht auf den Verdienst ihrer Kinder verzichten können, die erklärt hätten, daß sie es kaum erwarten können, bis ihre Kinder mithelfen, ihr Brot zu verdienen. Diese Argumente sind heute bereits hinfällig geworden. In der Zeit der großen Arbeitslosigkeit, wo der Familienvater nicht mehr in der Lage ist, einen Arbeitsplatz zu bekommen, um so weniger also die schulentlassene Jugend, entfällt auch das Argument, daß man die Jugend der Wirtschaft entzieht und dadurch die Wirtschaft schädigt. Es entfällt auch das eventuelle Argument der Eltern, daß der Verdienst den Familien entgeht, und so stellen wir heute mit voller Berechtigung die pädagogische Forderung auf, daß man endlich einmal dazu übergehen muß, die Schulpflicht auf neun Jahre zu erhöhen. Ich bin mir vollkommen bewußt, daß dies heute und morgen nicht möglich sein wird, daß hier auch das finanzielle Problem des Staates eine große Rolle spielt. Aber bei einer guten Organisation ist schon die Möglichkeit vorhanden, nach und nach die neunjährige Schulpflicht einzuführen.

Ich bin ersucht worden, auch einmal über die Mängel des Fortbildungsschulwesens zu sprechen. Hier sehen wir große pädagogische und soziale Mängel. In sehr vielen Orten kommt es noch sehr häufig vor, daß unsere Lehrjungen und Lehrmädchen gezwungen sind, Sonntags oder an Wochentagen abends die Fortbildungsschule zu besuchen. Wir lehnen das selbstverständlich ab und erklären auch gleichzeitig, daß der Schulbesuch am Sonntag und an den Wochentagen abends dem Arbeitszeitgesetz widerspricht. Diese Jungen und Mädchen kommen um ihre Sonntagsruhe. Ich will in diesem Zusammenhange nicht darüber sprechen, daß sie sich kaum der körperlichen Ertüchtigung widmen können, daß sie Sonntags nicht ausschlafen können, weil nicht alle Schulbesuchenden im Zentrum wohnen, also wo die Schule ist, sondern stundenlange Wege in die Schule und in den Lehrplatz machen müssen, ich will nur darauf verweisen, daß man diesen Kindern ihre kostbare freie Zeit raubt. Wir wenden uns insbesondere energisch dagegen, daß heute noch viele Lehrmeister und Geschäftsleute die Lehrjungen und Lehrmädchen die während der Arbeitszeit in der Schule verbrachte Zeit in den späten Abend- oder in den frühen Morgenstunden nacharbeiten lassen. Wir bitten das Unterrichtsministerium dieser so äußerst wichtigen Frage besonderes Augenmerk zu widmen und hier Abhilfe zu schaffen. Es wäre verlockend, in diesem Zusammenhang auch von der sozialen Not der Lehrjungen und Lehrmädchen zu sprechen, die Zeit verbietet es mir aber, und ich muß es mir versagen, über die Forderung nach dem Ausbau eines modernen Fortbildungsschulwesens zu sprechen.

Wenn ich das Kapitel der Not unserer Jugend bespreche, so muß ich mit größtem Bedauern vorbringen, daß auch die Studentenfürsorge im Budget eine Kürzung von mehr als einer Million erfahren hat. Das bedeutet vielfach Unterbindung des Studiums und der Existe nzmöglichkeiten der armen Studenten. Wir wissen, daß die Studenten unbemittelter Eltern sich ihren Lebensunterhalt auf verschiedene Weise verdienen, durch Stundengeben oder Handlangerdienste und daß sie nebenbei auf die staatlichen Unterstützungen angewiesen sind. Werden Ihnen diese entzogen, so können sie vielfach ihr Studium nicht zu Ende führen, denn die Erwerbsmöglichkeiten sind jetzt in der Krise sehr eingeschränkt. Wenn ich für die Unterstützung der unbemittelten Studenten spreche, so denke ich selbstverständlich nur an die begabten Studenten, denn wer keine Begabung zum Studium hat, der soll nicht studieren. Das gilt für die ganze studierende Jugend. Wir wissen, daß es heute noch sehr viele studierende Geldsäcke gibt, die selbstverständlich von uns abgeleehnt werden.

Ich möchte auch auf die Not unserer Theater zu sprechen kommen. Auch hier sehen wir im Budget eine Kürzung von über zwei Millionen Kronen. Die große finanzielle Not unserer Selbstverwaltungskörper bringt es mit sich, daß fast alle Subventionen, die den Theatern früher gegeben wurden, nun eingestellt werden müssen. Das bedeutet natürlich, daß sich die Theater in einer kolossalen Not befinden, sie können aus dieser Not nur herauskommen, wenn sie entweder die Eintrittspreise erhöhen oder aus der Kulturstätte eine reine Vergnügungsstätte machen. Gehen sie mit den Preisen in die Höhe, so nehmen Sie vielfach der wenig bemittelten Bevölkerung, der Arbeiterklasse, die Möglichkeit des Theaterbesuchs; wir wünschen aber auch nicht, daß das Kulturniveau der Theater gesenkt wird, um so mehr jetzt, weil wir wissen, daß auch die Bildungsarbeit infolge der Beschränkung der Mittel nicht so geleistet werden kann, wie es im Interesse der Bevölkerung notwendig ist. Ich denke dabei vor allem an das Volksbildungswesen.

Ein Schmerzenskind der Pestalozzi-Gesellschaft ist die deutsche pädagogische Akademie. Sie wird unter den schwierigsten finanziellen Verhältnissen bis jetzt aufrecht erhalten. Ihr Sachaufwand beträgt 142.000 Kronen jährlich und sie erhält - sie erhielt, muß man sagen, denn für das heurige Jahr hat sie noch nichts erhalten - sage und schreibe 15.000 Kronen Subvention. Der ganze Rest des Aufwandes muß durch Spenden aufgebracht werden. Wie es in dieser Zeit mit den Spenden aussieht, können Sie sich selbst vorstellen. Die pädagogische Akademie leidet auch furchtbar an Raummangel. Die Schüler sind gezwungen, wenn der Unterricht regelrecht aufrecht erhalten werden soll, aus einem Raum in den anderen zu wandern, die Bücherei kann nicht untergebracht werden, die Bücher verderben, kurz und gut, man kann überhaupt nicht von einer pädagogischen Akademie in dieser Beziehung reden. Die èechischen Akademien sind bereits verstaatlicht. Es wäre nur recht und billig, wenn man auch daran ginge, die deutsche pädagogische Akademie so bald als möglich zu verstaatlichen, käme man doch damit dem Wunsche näher, den die gesamte Lehrerschaft hegt, daß man endlich einmal zu einer Reform der Lehrerbildung gelangt und die Lehrerbildungsanstalten in Lehrerakademien umwandelt.


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