Ètvrtek 27. dubna 1933

In der äußeren Aufmachung ist der Bericht eine Zusammenstellung der Nachkriegsgeschichte und will eine Festigung des Ansehens und der Stellung der Kleinen Entente ebenso wie eine Warnung vor der Durchkreuzung ihrer Politik bewirken. Die Begründung des Herrn Ministers für sein Werk, das in dem anfangs dieses Jahres vollendeten einheitlichen Organisationsstatut der verbündeten Staaten Èechoslovakische Republik, Jugoslavien und Rumänien seine Krönung gefunden hat, gipfelt darin, das definitive Gleichgewicht Europas zwischen den zwei Lagern, den Siegern und den Besiegten des Weltkrieges auf der Grundlage der bisherigen Gruppierung herzustellen und alle anderen Ansätze einer neuen europäischen Gleichgewichtsordnung mit allen Mitteln bis zum äußersten zu bekämpfen. Der Herr Minister sagt: die Lockerung der Triple-Entente Frankreich. England und Italien seit dem Kriegsende und die nu nmehr schärferen Angriffe auf die Friedensverträge seien der Anlaß, daß die drei Staaten Èechoslovakei, Rumänien und Jugoslavien sich zu einem festen Ganzen organisiert haben und zwar so, wie sie früher auf die Mitarbeit Frankreichs angewiesen waren. Diese Staaten, die alle drei merkwürdigerweise als mitteleuropäische angesprochen werden, haben sich zu diesem Statut vereinigt und dabei habe es sich ihnen nicht nur um die Friedensverträge als solche gehandelt, sondern um ihre lebenswichtigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und nationalen Interessen, um die Rettung des ganzen neuen Zustandes Europas, ja, um ihre gesamte Existenz. Auf dieser Grundlage, behauptet er, war einfach eine andere Politik nicht möglich. Dieser Auffassung des Herrn Ministers können wir nicht beipflichten. Abgesehen von den kulturellen und nationalen Verschiedenheiten unseres Staates gegenüber den beiden verbündeten Staaten Rumänien und Jugoslavien ist doch gerade das angeblich gemeinsame wirtschaftliche Interesse der schwächste Punkt dieser Konstruktion. Denn der wirtschaftliche Charakter der beiden anderen Staaten hat bisher tatsächlich eine wirtschaftliche Entente trotz aller Bemühungen und aller politischen Freundschaften nicht zustande kommen lassen. Was die lebenswichtigen politischen Interessen anlangt, so sind wir der Ansicht, daß da auch eine andere Lösung möglich wäre, nämlich die Neutralisierung des Staates, wie es bei der Schweiz historisch ist und wie es in Oesterreich erst unlängst im letzten Nationalrat über Antrag der dortigen Christlichsozialen als Richtlinie für die österreichische Außenpolitik beschlossen worden ist.

Ich glaube, in einer solchen Politik liegt der beste Schutz gegen den Verdacht, keine wahre Friedenspolitik zu betreiben. Ich muß da in Anlehnung an die Geschehnisse nacch dem Umsturz auuch daran erinnern, daß ohnedies bei der Gründung des Staates öfter auf das Vorbild der Schweiz für unsere Zukunft verwiesen wurde. Die Minderheiten waren vielfach ja um ihr Schicksal sehr besorgt und damals sollte allen Bürgern ohne Unterschied der Nation Freiheit und Wohlfahrt versprochen werden. Ich glaube, eine solche Neutralitätserklärung wäre auch heute noch möglich, und objektiv ist es nicht leicht zu verstehen, warum der Herr Minister die Führung der Gegenaktion gegen den vom italienischen Ministerpräsidenten vorgeschlagenen Viermächtepakt und gegen die gleichzeitig aufgerollte Frage der Revision der Grenzen übernommen hat, warum gerade der Minister der Èechoslovakischen Republik diese Führung übernimmt, obwohl in Bezug auf die Revision der Friedensverträge von ihm festgestellt wird, daß die Frage der Grenzänderung für die Èechoslovakische Republik überhaupt nicht gestellt ist.

Bei der schicksalsschweren Verbundheit, in welcher sich alle Nationen des Staates nach der richtigen Feststellung des Herrn Ministers befinden, ist es selbstverständlich, daß gerade wir Sudetendeutschen ein Lebensinteresse daran haben, daß in diesem Staat eine wahrhaft demokratische Friedenspolitik gemacht wird und deshalb besorgt sind, durch außenpolitische Bindungen in Konflikte für Ziele und Zwecke Dritter hineingezogen zu werden, dies um so mehr jetzt, wo in dem Exposé des Herrn Ministers die Annäherung an Polen bis zur ewigen oder andauernden Freundschaft so auffallend betont wurde. Das ist ein Umstand, der nicht nur für die vorhandenen und künftigen Differenzen in Europa von folgenschwerer Tragweite sein kann, sondern auch, wie mir scheint, etwas übersieht oder übersehen will, daß gerade jetzt, wo unserseits dieser Versuch unternommen wird, in Polen die deutschfeindlichen Ausschreitungen wieder erneut einsetzen und einen täglich immer stärkeren provokatorischen Charakter annehmen. (Sehr gut!) Ich finde es daher nur zu begreiflich, daß die geplante Erweiterung der Kleinen Entente und ihrer Politik auf Polen weitere schwere Bedenken gegen die Frieden politik der Kleinen Entente auslösen muß.

Andererseits wollen wir beim Exposé des Herrn Ministers nicht verkennen, daß seine Ausführungen viele Ansichten enthielten, welche auch wir teilen. So könnte uns die Erklärung, daß in der europäischen Politik die Rechte aller Nationen in gleicher Weise respektiert werden müßen, befriedigen, wenn dieser Grundsatz in der Politik dieses Staates immer auch vorbehaltlos zur Durchführung käme. Das ist die fundamentalste Forderung, welche wir Sudetendeutschen hieran den Staat und an die Regierung zu stellen haben. Wir stimmen weiter dem Herrn Minister auch zu, daß die Freiheit der Minderheiten und das Recht auf ihr politisches Leben sich nur in einem demokratischen Regime wahren läßt. Nur fehlt es leider an den Beweisen dann, wenn es zu entscheidenden Ereignissen hier kommt. Ich erinnere hier nur an die Volkszählung, wo von dem demokratischen Regime absolut nichts zu bemerken war, trotzdem aber gerade dieses Ereignis für die Freiheit und die Rechte der Minderheiten auf ein Jahrzehnt hinaus von ausschlaggeb ender Bedeutung ist. Daher kommt es auch, daß dann bei entscheidenden Anlässen das Gegenteil eines demokratischen Regimes wahrnehmbar ist, daß die Abkehr von dder Demokratie so häufig ist und daß der Glaube an die Demokratie verloren geht.

Nach dem Vorgesagten kann ich wohl behaupten, daß wir bestrebt sind, das Exposé des Herrn Ministers gerecht zu beurteilen. Wir wissen es deshalb auch in dem Exposé zu werten, daß die Republik gewillt ist, bei den heutigen inneren Ereignissen in Deutschland und Oesterreich absolut korrekt nach den Grundsätzen und Gepflogenheiten des internationalen Rechtes vorzugehen und daraus in keinem Falle Differenzen hervozurufen. Wir anerkennen dies und hoffen, daß sich daraus jetzt auch die handelspolitischen Verbindungen wieder herstellen und weiter entwickeln lassen werden zu unserem nächsten Nachbar, was unserer Meinung nach im wirtschaftlichen und sozialen Interesse unserer ges amten Bevölkerung unentbehrlich ist. Weit über die außenpolitischen Kombinationen und Projekte hinaus erscheint uns auch in der gegenwärtigen schweren Wirtschaftskrise als eine viel wichtigere Pflicht der Staatsverwaltung, alles daram zu setzen, um die Rettung unserer Wirtschaft vor ihrer fortschreitenden Verelendung planmäßig durchzuführen. Dazu gäbe der Regierung gerade unsere Außenhandelspolitik die wichtigste Handhabe.

Darüber gerade aber gibt leider das Exposé des Herrn Ministers des Aeußern keine konkreten Aufschlüsse, ja es kommt uns vor, als ob es auffallend unterlassen würde, die notwendige Verbindung des außenpolitischen Kurses mit den wirtschaftlichen Problemen klarzustellen. Ich kann nicht annehmen, daß die wirtschaftlichen Probleme unterschätzt werden. Ich halte es aber nicht für richtig, daß sie bei der Außenpolitik so wenig oder gar nicht berücksichtigt werden und daß die Außenpolitik insbesondere in nationalpolitischen Angelegenheiten einen solchen Vorsprung nach wie vor behält.

Der Herr Minister behauptet, daß wir mit dem Völkerbund, mit der Abrüstung, mit dem Großmächteprojekt eines europäischen Direktoriums und mit den Revisionsbestrebungen der Friedensverträge, welche vielfach in der europäischen Welt trotz alledem sehr populär sind, an einem entscheidenden Wendepunkt der europäischen Politik angelangt sind. Es wird das auch allgemein behauptet und dürfte seine Richtigkeit haben. Dazu muß ich nun bemerken: Wir deutschen Christlichsozialen haben dem Staate unsere Mitarbeit durch vier Jahre diszipliniert und sehr oft unter Preisgabe unserer Popularität in der Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Auch seither haben wir nicht versäumt, die demokratische Mitarbeit in der Republik sachlich und konsequent durchzuführen. Das verpflichtet uns aber auch, mit der Kritik dort nicht zurückzuhalten, wo das Lebensinteresse unseres Volkes es anders gebietet. Wir Sudetendeutschen Christlichsozialen sind bereit, einen friedlichen Fortschritt überall dort zu begrüßen, wo er tatsächlich zu bemerken ist. Wir verlangen aber eine Innenpolitik des Staates, aufgebaut auf der verfassungsmäßigen Gleichberechtigung aller Nationen und Konfessionen im Staate ohne Unterschied, und eine Außenpolitik, welche die kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Notwendigkeiten zur Erhaltung unserer sudetendeutschen Staatsbevölkerung demokratisch gerecht berücksichtigt.

Der Verlauf der Dinge muß und wird da unsere Haltung bestimmen. So lange wir aber dafür keine Tatsachen sehen, sind wir auch nicht in der Lage, der Politik, die der Herr Minister zum Teil auch im Namen der Regierung vorgetragen hat, unsere Zustimmung zu geben. (Potlesk.)

6. Øeè posl. Zierhuta (viz str. 55 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Bund der Landwirte hat mich beauftragt, zum Exposée des Herrn Minister Dr. Beneš Stellung zu nehmen. Der Bund der Landwirte hat in seiner politischen Tätigkeit seit jeher den Standpunkt vertreten, daß die Voraussetzung einer jeden gedeihlichen èechoslovakischen Außenpolitik eine verständige Innenpolitik sein muß, und daß die Èechoslovakische Republik nur dann mit entsprechender Autorität in der internationalen Politik auftreten kann, wenn sie sich auf die Zustimmung und Mitarbeit der diesen Staat bewohnenden Völker zu stützen vermag. Wir sprechen geflissentlich von Völkern und nicht von Minderheiten, weil wir Sudetendeutsche uns in diesem Staate nicht als eine Minderheit, sond ern auf Grund unserer historischen, wirtschaftlichen, kulturellen und nicht zuletzt zahlenmäßigen Positionen und auf Grund der Tatsache, daß wir ein geschlossenes Volkstum in einem geschlossenen Siedlungsgebiet darstellen, als Gleiche unter Gleichen, als gleichberechtigtes deutsches Volk neben unseren èechischen Mitbürgern fühlen. Wir Sudetendeutsche haben nie ein Hehl daraus gemacht und machen auch heute kein Hehl daraus, daß wir uns mit der deutschen Kultur und dem Deutschtum überhaupt organisch verbunden fühlen, daß wir die Entwicklung und das Schicksal Deutschland mit der gleichen inneren Anteilnahme und der gleichen Stammessolidarität verfolgen, mit der sie unsere èechischen Bürger mit der Entwicklung und dem Schicksal stammesverwandter slavischer Völker und Staaten vor und nach dem Krieg verknüpft sahen. Wir Vertreter der sudetendeutschen Bauernschaft haben aber auch nie ein Hehl daraus gemacht und machen auch heute kein Hehl daraus, daß wir unser Siedlungsgebiet und damit den Staat, der es heute einschließt, als unsere Heimat betrachten, und daß wir darum stets heimatstreue und staatstreue Bürger sein wollen. (Potlesk.) In dieser Synthese ist und bleibt der deutsche Aktivismus ausgedrückt und wir dürfen mit gutem Gewissen erklären, daß wir uns dieser Synthese stets bewußt gewesen sind und bleiben werden.

Auf Grund dieser Einstellung waren wir sowohl als Opposition als auch als Regierungspartei stets bemüht, eine friedliche Brücke von unserer Republik zu Deutschland zu schlagen und die èechoslovakische Außenpolitik in diesem Sinne zu beeinflussen. Unsere diesbezüglichen Bemühungen hätten sich viel nachhaltiger auswirken können, wenn wir in dieser Politik von der übrigen deutschen Delegation entsprechend unterstützt worden wären. Auf diese Stellung eines Brückenkopfes zwischen Deutschland und der Èechoslovakei weist uns nicht nur unsere geopolitische Lage als Grenzland, sondern unsere ganze historische Mission hin. Diese Stellungsnahme ist aber auch durch rein wirtschaftliche Notwendigkeiten und Erwägungen vollauf begründet. Ein Blick in die Handelsbilanz und Geschichte der Wirtschaftskrise genügt, um sich darüber klar zu werden, daß die Èechoslovakei wirtschaftlich mit dem Wohlergehen Deutschlands - man darf wohl sagen: auf Gedeih und Verderb - verbunden ist, und daß wir zwischen uns und Deutschland praktisch schon lange eine Art Wirtschaftsunion haben, bevor noch die Projekte der mitteleuropäischen Wirtschaftsunion aktuell geworden sind und konkrete Formen anzunehmen suchten. Aus diesem Grunde haben wir es lebhaft bedauert, daß der Plan eines großen mitteleuropäischen Wirtschaftsblockes oder eines Anschlusses der Èechoslovakei an einen solchen Block bisher nicht zustandegekommen ist und wenn wir der Konzeption des Blocks der Kleinen Entente zustimmen, so geschieht dies aus dem Grunde, weil wir in diesem Block den Beginn zur Schaffung größerer, für die Regenerierung unserer Verhältnisse unbedingt notwendigen Wirtschaftsgebiete erblicken, die früher oder später zu einem Einvernehmen und zu einer Zusammenarbeit mit Deutschland und den übrigen Nachfolgestaaten gelangen müssen, wenn der gedeihliche Beginn nicht später mit einem schweren Fiasko enden soll.

Wir stimmen daher der Konzeption des Kleinen Entente-Paktes nicht als dem Ende, sondern nur als der Etappe einer Entwicklung zu, die ein ha rmonisches Zusammenleben der Völker und Staaten von der Nordsee bis zur Adria herbeiführen soll. Aus diesem Grunde dürfen und müssen wir den Vorwurf, daß wir hiebei die Interessen des Sudetendeuts chtums oder des Deutschtums überhaupt verletzen, auf das Entschiedenste zurückweisen.

Bevor wir uns zum Exposé des Herrn Ministers äußern, müssen wir feststellen, daß wir auch in Übereinsti mmung des weitaus größten Teiles der deutschen Bevölkerung und auch jener èechischen Kreise, deren Überzeugung der èechische Agrarier Ing. Žilka gestern in so mutigen und kompromißlosen Worten Ausdruck gegeben hat, die heutige Zeit für gegeben erachten, einen strengen Trennungsstrich zwischen Demokratie und Fascismus zu ziehen. Wir können dem Koll. Ing. Žilka nur uneingeschränkt zustimmen, wenn er erklärt, daß heute keine Halbheit mehr am Platze ist, daß heute Farbe bekannt werden muß, und daß es das Gebot der Stunde ist, die Demokratie rücksichtslos, konsequent und energisch gegen alle Angriffe von Rechts und Links zu schützen. (Potlesk.) Wären wir nicht schon aus Überzeugung Demokraten, so müßten wir Sudetendeutschen aus wohlerwogenstem Volksinteresse für das demokratische System bis zum letzten Augenblick kämpfen. Ich darf hier auf die Worte verweisen, die unser Minister Spina auf unserem Reichsparteitag in Prag gesprochen hat: "Wenn wir das Argument der brutalen Gewalt und Diktatur gegen uns verwerfen, dann müssen wir es aber auch überall dort ohne Unterschied verwerfen, wo es anderswo in Erscheinung tritt und zur Anwendung gebracht wird. Dann müssen wir fascistische Methoden, ganz gleichgültig, wo sie sich ausleben, aufs entschiedenste verurteilen, ja, dann müssen wir es tief bedauern, wenn die Anwendung solcher Methoden von Deutschen gegen Deutsche dem Chauvinismus in unsereem Staate eine dankbare Handhabe bietet, weil er sich im Kampfe gegen uns auf solche Methoden berufen kann. Beispiele der Gewalt wirken leider immer ansteckend. Wehe einem Minderheitsvolk, das sich von einem Beispiel der Gewalt, auch wenn es von Seiten seiner eigenen Stammesverwandten ausgeübt wird, den Blick verwirren und vernebeln läßt und dem goldenen Knauf eines Schwertes zujauchzt, dessen Schärfe es zu guterletzt selbst zu fühlen bekommen wird. Und wenn Sie sich das Program der èechischen Fascisten ansehen, werden Sie unschwer erkennen, daß das Sudetendeutschtum alles zu verlieren hätte, wenn dieser Fascismus ans Ruder käme und daß die Lebensmöglichkeit des Sudetendeutschtums ausschließlich davon abhängt, daß das Prinzip der Demokratie erhalten bleibt und daß es sich zum Prinzip der Demokratie bekennt."

Wir glauben mit Genugtuung feststellen zu können, daß unser Minister hier so wie im Juni 1932 auf der nordmährischen Tagung unserer Partei in Mähr. Neustadt als einer der ersten sudetendeutschen Politiker die Stellung aufgezeigt hat, die das Sudetendeutschtum um seiner ureigensten Lebensinteressen willen in dem Kampf zwischen Demokratie und Fascismus zu beziehen hat und daß dieser Standpunkt trotz der auch in einem Teil unserer Bevölkerung eingerissenen Psychose alsbald eine Bestätigung aus jenem Lager erhalten hat, das uns wegen unseres Aktivismus so heftig bekämpft. Mit diesem unseren spontanen Bekenntnis zur Demokratie und zum Staat müssen wir aber gleichzeitig an die verantwortlichen Staatsmänner unserer Republik den erneuten ernsten Apell richten, die Schicksalsverbundenheit der Minderheiten mit dem Staate nicht nur vom Standpunkte der Minderheiten, sondern auch vom Standpunkt des Staates in die Praxis umzusetzen. Demokratie ist nicht nur Diskussion, Demokratie muß Tat, Beispiel und Handeln sein.

Wir haben aus dem Exposée des Herrn Minissters Dr. Beneš gerne zur Kenntnis genommen, daß er diese Schicksalsgemeinschaft neuerlich betont hat, aber wir hätten großen Wert darauf gelegt, daß der Herr Außenminister sich über diese Fragen, die uns, als Vertreter einer nationalen Minderheit besonders am Herzen liegen, konkreter und ausführlicher ausgesprochen hätte. Denn wir müssen zu unserem Bedauern feststellen, daß eine solche zufriedenstellende Lösung der wichtigsten innerpolitischen Fragen, der Frage der deutschen Minderheit, bisher noch nicht in dem Maße angebahnt worden ist, wie es sowohl den Interessen dieser Minderheit als auch denen des ganzen Staates entsprochen hätte. Wir brauchen bei dieser Gelegenheit nicht all die berechtigten Wünsche und Forderungen zu wiederholen, die von uns als Vertretern des deutschen Volkes seit Jahren geltend gemacht werd en, aber wir glauben, daß gerade jetzt der historische Augenblick gekommen ist, die Lösung dieser Fragen nicht mehr zu verschieben, da eine Schicksalsgemeinschaft für unser deutsches Volk nur dann einen Sinn haben kann, wenn sie nicht nur von seiner Seite, sondern auch von Seite des Staates in einer so kritischen Zeit wie der heutigen betätigt wird. Das Tempo der innerpolitischen Entwicklung und der innerpolitischen Konsolidierung muß dem Tempo der außenpolitischen Ereignisse in einem viel engeren Maße als bisher angepaßt werden. Darum muß dem Kleinen-Entente-Pakt der èechischen Außenpolitik sobald als möglich ein Kleiner Entente-Pakt der diesen Staat bewohnenden Nationen nachfolgen. Wir werden der Frage des europäischen Direktoriums und der etwaigen Grenzrevision viel ruhiger und sicherer entgegensehen können, wenn wir hierzulande die Frage einer Verständigung, einer nationalpolitischen Grenzberechtigung und eines Direktoriums unserer Nationalitäten im Sinne des Švehla wortes "Gleiche unter Gleichen" großherzig, verständig, die ewigen kleinlichen innerpolitischen Grenzzwischenfälle gelöst haben werden.

Eine èechoslovakische Außenpolitik, die bei allfälligen Störungen des europäischen Gleichgewichtes nicht in Verlegenheit geraten will, muß vorher das innere Gleichgewichtsproblem gelöst haben. Und wenn Dr. Beneš in seinem Exposée eine Parallele zwischen demFascismus undderDemokratie zieht und dem Fascismus mit Recht zum Vorwurf macht, daß er den kleinen Völkern in der internationalen Politik einen weit bescheideneren Platz zuweist, als die demokratische Ideologie, daß er die Gleichheit der Nationen nach der heutigen internationalen Doktrin nicht anerkenne, dann können wir uns nicht verhehlen, daß die bisherige èechische Innenpolitik, was die Frage der Gleichheit und Gleichwertigkeit der einzelnen Nationen betrifft, noch nicht den gleichen ennergischen Trennungsstrich gegenüber dem Fascismus vollzogen hat, dessen Methode Dr. Beneš verurteilt.

Wir sind bereit und erklären dies in dieser ernsten Stunde neuerlich, dem Staat das zu geben, was des Staates ist, wenn der Demokratie gegeben wird, was der Demokratie geb ührt, wenn sich die verantwortlichen èechischen Staatsmänner dessen bewußt werden, daß das Wort "Treue für Treue" für beide Teile gilt und von beiden Teilen redli ch eingehalten werden muß.

Im einzelnen können wir von deutscher Seite mit Befriedigung feststellen, daß der Herr Minister zur Entwicklung in Deutschland rein sachlich Stellung nimmt und betont, daß zwischen Deutschland und der Kleinen Entente kein wesentlicher Gegensatz vorhanden ist, umso weniger, als es auch keinen wesentlichen Streitpunkt zwischen der Èechoslovakei und Deutschland gebe und nach der Hoffnung des Ministers auch in Zukunft nicht geben wird. Wir legen vor allem einen besonderen Wert darauf, daß der Minister im Kapitel über die aktuellen Fragen unserer Außenpolitik an die erste Stelle die Beziehungen zu Deutschland setzt und sie weiterhin als gut bezeichnet und insbesondere seiner Freude dadurch Ausdruck gibt, daß wir mit Deutschland wenigstens die wichtigsten laufenden Fragen des wirtschaftlichen Verk ehres bei den derzeitigen Verhandlungen in Prag im großen und ganzen befriedigend gelöst haben. Dem Wunsche des Ministers, daß durch rasche Weiterverhandlungen dieses Abkommen vertieft und auf andere Gebiete erweitert werde, können wir uns nur aus vollem Herzen anschließen. Wir nehmen auch gerne die Versicherung zur Kenntnis, daß die Èechoslovakei die Neutralität Österreichs auch weiterhin unter allen Umständen respektieren werde und daß es heute tatsächlich keine Frage gebe, die bei gutem beiderseitigen Willen und bei einer normalen Entwicklung die beiden Staaten, die Prager und Wiener Regierung, trennen könnte.

Auch das Bekenntnis zur Souveränität des Parlamentes über die Entscheidung der Außenpolitik muß vom demokratischen Standpunkt voll unterschrieben werden. Wir freuen uns über die Feststellung, daß das Parlament hier absolut Herr sei und keine Regierung und kein Minister ohne das Parlament etwas unternehmen könne. Wir müssen aber darauf bestehen und werden auch sehr sorgfältig darüber wachen, daß dieses vom Herrn Außenminister so solenn erklärte Prinzip jetzt und in Zukunft eingehalten werde, umsomehr, als ja eine schlagfertige und substanzierte Außenpolitik unter den heutigen außerordentlichen Umständen ohne die entsprechende parlamentarische Zustimmung und Rückendeckung ihres festesten Haltes beraubt würde. Diese parlamentarische Rückendeckung und vor allem die Befolgung des vom Außenminister an die politischen Faktoren aller Nationen gerichteten Appells zur Zusammenarbeit ist nur dann möglich, wenn eine zufriedenstellende Lösung der innerpolitischen Fragen erfolgt.

Unseren Standpunkt zur Außenpolitik haben wir bereits eingangs geäußert. Wir vermissen im Exposée, daß Herr Dr. Beneš über die wirtschaftlichen Probleme und Bedenken, die sich nicht von unserer, sondern von mancher èechischen Seite, hinsichtlich einer gedeihlichen Au sbaumöglichkeit des Kleinen Entente-Paktes, als gemeinsamen Wirtschaftsregulators geltend machen, diesmal mehr oder weniger hinweggegangen ist, und wir vermissen auch ein ausführlicheres Eingehen darauf, daß der Kleine Ententeblock nur der Anfang und nicht das Ende der wirtschaftlichen Neuordnung, sondern nur deren Anfang darstellt. Wir stehen nach wie vor auf unserem alten Standpunkt, daß ein vernünftiger Zusammenschluß der mitteleuropäischen Staaten und die Einbeziehung des großen europäischen Wirtschaftsgebietes in diesen Block vom wirtschaftlichen und politischen Standpunkt die vernünftigste Lösung der durch die Zertrümmerung der alten Vorkriegsbildungen geschaffenen krisenhaften Zustände darstellen würde. Wir wissen, daß die Verwirklichung dieser Konzeption nicht allein von dem Willen der Èechoslovakei abhängt und wir wissen insbesondere, daß die durch die Friedensverträge geschaffenen Grenzziehungen bei den in Betracht kommenden anderen Staaten bisher außerordentlich schwere Hemmnisse für die Verwirklichung eines solchen neuen gesünderen Mitteleuropa darstellen. Uund in diesem Zus ammenhange begrüßen wir es, daß Dr. Beneš in seinem Exposée kleinere Korrekturen oder Anpassung irgendwelcher Grenzbestimmungen der Friedensverträge im Guten nicht ausschließt, wenn wir es auch lieber sehen würden, daß im Exposé neben der Berufung auf den Artikel 19 des Völkerbundpaktes der Gedanke einer freundschaftlichen unmittelbaren Aussprache und Verhandlung mit den Nachbarn einen breiteren Raum einnehmen würde.

Im übrigen hat Herr Dr. Beneš auch diesen Gedanken nicht ganz außeracht gelassen, wenn er in der Schlußfolgerung des èechoslovakischen Standpunktes zum Vorschlag über die Grenzrevision erklärt und zugibt, daß eine Änderung der Grenzen lediglich durch eine direkte Einigung der betreffenden Staaten lediglich durch Bereinigung des Völkerbundpaktes erfolgen kann.

Wir stimmen dem Exposée des Herrn Ministers Dr. Beneš unter der Voraussetzung zu, daß sowohl er, als auch die ganze èechische Politik sich unablässig bewußt bleiben, daß Demokratie verpflichte und daß ein Volkstum, das in schweren Tagen zu gleichen Opfern und gleichem Einsatz herangezogen wird, den Anspruch erheben darf, in guten und bösen Tagen als Gleiche unter Gleichen behandelt zu werden. (Potlesk.)

7. Øeè posl. dr Peterse (viz str. 68 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich hätte es begrüßt, wenn bei der innen- und außenpolitischen Lage, in der sich der Staat Mitteleuropa und Europa befinden, nicht allein ein Referat des Herrn Außenministers vorgelegen wäre, sondern auch eine Erklärung der Gesamtregierung, insbesondere deshalb, weil die Außenpolitik nur ein Ausschnitt der Staatspolitik ist und durch die inneren und wirtschaftspolitischen Fragen wesentlich ergänzt werden müssen, wenn überhaupt die Staatspolitik richtig erkannt und gerecht kritisiert werden soll. Wir müssen uns also damit begnügen, ein auf die außenpolitischen Fragen beschränktes Referat des Herrn Außenministers hier zu besprechen und bei dieser Gelegenheit wohl auch auf alles hinzuweisen, was wir glauben, daß der Herr Außenminister hätte sagen müssen, oder, falls er es nicht tun konnte, der Chef der Regierung.

Der Bericht des Außenministers ist ein objektiver Bericht über den Stand der außenpolitischen Fragen und bestimmt den Standort, den die Èechoslovakei in dem großen Fluß der auß enpolitischen Fragen bezogen hat. Ich glaube aber, daß dieses Referat nur die Statik der europäischen Kräfte erfaßt, daß sie eben ein Bericht über den Stand der Dinge ist, aber die wesentliche Frage, die in die Entwicklung hineingehört, übersieht, und daß ist die Dynamik der Entwicklungen. Die Dynamik des weltpolitischen Geschehens ist nicht abhängig von Verträgen, ist nicht abhängig von Vereinbarungen und nicht von Freundschaften, sondern entwickelt sich frei, nach vielleicht zunächst unsichtbaren und unverfolgbaren Impulsen, denn es ist sicherlich nicht genügend, über die Tatsachen des außenpolitischen Geschehens sich klar zu werden, sondern wohl auch über die dynamischen Kräfte, die eben in der Menschheit überall und zu jeder Zeit vorhanden sind und vielleicht viel stärker wirken als Vereinbarungen und Verträge. Jede Zeit hat ihre starken geistigen Strömungen. Jede Zeit befriedigt den einen und macht den anderen unzufrieden, ob es sich nun um politische, wirtschaftliche, soziale oder geistige Fragen handelt; in jedem Volke und in jeder Schicht des Volkes äußern sich Kräfte, die die Dinge gestalten, auch dann, wenn vielleicht alles vollkommen geglättet und geklärt erscheint und wenn man glaubt, daß überhaupt irgendwelche andere treiben den Kräfte im Volke und in der Menschheit nicht vorhanden sind.

Wirtschaftliche Unzufriedenheit, soziale Unzulänglichkeiten der Zeit, seelische und psychologische Ressentiments gestalten die Welt und vielleicht wäre es, mag es auch die Grenzen diplomatischer Zurückhaltung überschreiten, doch auch ganz wertvoll gewesen, wenn sich der Herr Außenminister gerade auch mit diesen dynamischen Fragen des Geschehens beschäftigt hätte. Ich verlange nicht vom ihm, er solle sich vielleicht mit dieser Dynamik der Entwicklung in irgend einem anderen Staate beschäftigen, ich glaube aber - und da scheinen mir Fehler der èechischen Politik vorzuliegen - daß auch hier im Lande selbst solche dynamische Kräfte vorhanden sind, trotz aller Beruhigung, welche die Staatspolitik gerade in dieser Beziehung an den Tag legt, weil wohl z. B. von èechischer Seite mit Ausnahme einiger kleiner Splitterparteien keine einzige èechische Partei außerhalb der Regierung steht.


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