Außenminister Dr. Beneš hat gestern in einem fast dreistündigen Exposee den Versuch unternommen, seine, d. h. die Außenpolitik der Kapitalisten, zu begründen und zu rechtfertigen. Zweifellos ist das, was gestern Dr. Beneš sagte, auch für die Arbeiterklasse von ungeheuerer Wichtigkeit, denn es gelten heute noch genau so wie vor 1914 im Verhältnis zwischen den kapitalistischen Staaten die Gesetze, die zwangsläufig, mit logischer Konsequenz und rapider Schnelligkeit zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den imperialistischen Staaten führen müssen. Wenn die Ausführungen Dr. Benešs ihrer diplomatischen Ausschmückungen entkleidet, nüchtern betrachtet werden, so bleibt als letzter, aber furchtbarer Rest die Tatsache, daß das letzte Mittel der imperialistischen Politik der Krieg ist. Diesen Krieg ideologisch vorzubereiten, dazu die notwendige Stimmung zu schaffen, die werktätige Bevölkerung in den Taumel chauvinistischer Verhetzung zu treiben, den inneren Frieden durch die Konzentration aller "konstruktiven" Kräfte herzustellen, die destruktiven Kräfte, d. h. also die kommunistische Partei, mit blutigem Terror zu unterdrücken und allen diesen Maßnahmen das Mäntelchen der Demokratie umzuhängen, das war der Sinn der gestrigen Regierungserklärung, die Dr. Beneš vortrug.
Die Außenpolitik der Èechoslovakei war seit ihrem Bestehen französisch orientiert. Um den Dienst an der Seite [ ] des Versailler Vertrages vor den Massen zu tarnen, wurde unter den Fittichen des Völkerbundes mit demokratischen Phrasen über Völkervers öhnung und ewigen Frieden die imperialistische Raubpolitik getrieben. Allerdings hat nach einer kaum 15jährigen Existenz der Völkerbundladen eine vollständige Pleite gemacht. Kein einziges der ganzen Probleme, die zwischen dem imperialistischen Mächten vorhanden sind, konnte vom Völkerbund gelöst werden, sei es das Kriegsschuldenproblem, sei es die Frage der Abrüstung oder eines Krieges, seien es Grenzstreitigkeiten untergeordneter Natur, weder in politischer noch in wirtschaftlicher Beziehung, in keinem einzigen Falle hat der Völkerbund den geringsten positiven Erfolg aufzuweisen. Die mit ungeheuerer Reklame aufgezogene Abrüstungskonferenz ist im Verlaufe von drei Vierteljahren restlos am Ende ihres Lateins angelangt. Die einzig mögliche Voraussetzung einer wirklichen Abrüstung, der Vorschlag Litwinows, wurde hochmütig abgelehnt. Sogar der bescheidene Vorschlag eines Rüstungsfeierjahres ist undurchführbar. Aber während auf der Abrüstungskonferenz und im Völkerbunde schwülstige Reden über Abrüstung, Völkerversöhnung, Gleichberechtigung, ewigen Frieden usw. gehalten werden, arbeiten in den Kriegslaboratorien und Rüstungsfabriken der imperialistischen Mächte Chemiker und Techniker an der Vervollkommnung und Serienerzeugung der modernsten Massenmordwerkzeuge. Während die imperialistischen Staatsmänner von Friedensphrasen triefen, donnern in Ostasien die Geschütze, zerfleischt harter Stahl weiche Menschenleiber. Der Völkerbund, der von Dr. Beneš und allen sozialdemokratischen Staatsmännern verherrlichte Garant des Friedens, steht ohnmächtig diesem Massenmord gegenüber. Japan hat keine Minute gezögert, als Mitglied des Völkerbundes, als Kontrahent des Kriegsächtungspaktes, ein anderes Mitglied des Völkerbundes, einen zweiten Kontrahenten desselben Paktes zu überfallen und zur Durchsetzung seiner imperialistischen Pläne zu den Waffen zu greifen.
Allerdings ist Japan nicht der erste Staat, der sich über alle feierlichen Versprechungen hinwegsetzte und den ohnmächtigen Völkerbund beiseite schob. Noch sind die Wunden nicht verheilt, die unter Toleranz des Völkerbundes sein wichtigstes Mitglied Frankreich den Riffkabylen schlug. Englische Truppen bombardieren indische Dörfer. Französische Truppen zivilisieren Syrien, amerikanische Söldlinge befriedigen Lateinamerika. Der Dollarimarimrimperialismus hetzt die mittelamerikanischen Republiken gegen einander. In keinem einzigen dieser Kriege, in denen mächtige Mitglieder des Völkerbundes gegen schwache, wehrlose und unterdrückte Nationen den Vernichtungskampf führten, hat der Völkerbund auch nur ein leises Veto einzulegen gewagt. Aber das alles sind nur einige markante Fälle, in denen die Unfähigkeit des Völkerbundes zum Ausdruck kam. Auch in allen anderen Fällen war der Völkerbund zur Ohnmacht verurteilt.
Die Verhältnisse zwischen den imperialistischen Staaten verschärfen sich ständig. Der Gegensatz zwischen Frankreich und Italien wegen der Vorherrschaft im mare nostro, im Mittelländischen Meer, der vor drei Jahren bis zur Siedehitze gesteigert war, ist nur mühs am überbrückt. Zwischen Italien und Jugoslavien kann über Nacht der ungeheuere Gegensatz zu einer gewaltsamen Explosion führen. Alle Gegensätze zwischen Jugoslavien und Bulgarien, die sich ständig in den Komitatschikämpfen äußern, sind ungelöst. Der Kampf um die Dobrudscha zwischen Bulgarien und Rumänien ist nicht der einzige Konfliktstoff, wegen dessen es zwischen diesen beiden Staaten zu kriegerischen Konflikten kommen kann. Das Verhältnis zwischen Rumänien und Ungarn ist gespannt. Die Unterdrückung groß er ungarischer Minderheiten durch Rumänien ist ein unerschöpflicher Herd von Konfliktstoffen. Zwischen Ungarn und der Èechoslovakei gibt es ein Dutzend ungeklärter Fragen, nicht nur die Revisionsfrage, die auf Loslösung von Gebietsteilen hinzielt, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiete gibt es eine Fülle von Streitfragen. Seit zweieinhalb Jahren befindet sich die Èechoslovakei mit Ungarn im Handelskrieg. Immer drohender wird die Lage zwischen Deutschland und Polen. Oberschlesien und der Korridor sind zu Konfliktstoffen geworden, die morgen schon mit der Waffe ausgetragen werden sollen. Der Vorstoß Polens gegen Danzig, die Verstärkung der Besatzung auf der Westernplatte, die Kriegsdrohungen der faszistischen Minister Goebbels und Goering sind ein warnendes Signal. Eine Fülle ungelöster, aber zu gewaltsamer Lösung drängender Probleme zwischen den baltischen Staaten, zwischen Deutschland einerseits, Frankreich, Belgien und Dänemark andererseits, zwischen Frankreich, England und Amerika, zeigen der werktätigen Bevölkerung unverhüllt, daß das politische Barometer auf Sturm steht.
Der Völkerbund hat in all diesen Fragen versagt. Aber dieses Versagen ist so eklatant, daß man sich fragen muß, ob dasselbe wirklich nur auf die Unfähigkeit dieser Organisation zurückzuführen ist. Bei nur oberflächlicher Untersuchung dieser Frage kommt man aber zu dem Ergebnis, daß dieses Versagen kein zufälliges ist. Im Gegenteil, der. Völkerbund erfüllt sehr genau seine ihm von den Imperialisten zugedachte Rolle. Er hilft dem Mächtigen gegen den Schwachen, dem Starken gegen den Wehrlosen. Der Völkerbund hat den Siegermächten ihre Mandatsgebiete zugeteilt, in welchen sie nun brutal und schamlos eine Unterdrückungspolitik durchführen. Der Völkerbund ist der Wächter über die [ ] Verträge, die als Atempause zwischen zwei imperialistischen Kriegen abgeschlossen wurden. Der Völkerbund hatte die Aufgabe, unter der Arbeiterschaft pazifistische Illusionen auszulösen. Die zweite Internationale, deren Zerfall nicht zufällig mit der vollständigen Entlarvung des imperialistischen Völkerbundes zusammenfällt, hat durch 15 Jahre versucht, mit dem Hinweis auf den Völkerbund die Arbeiterklasse vom aktivsten Kampf gegen den Krieg abzuhalten. Mit demokratischen pazifistischen Phrasen über den Völkerbund sollten die wahnsinnigsten Kriegsrüstungen der Imperialisten verschleiert werden.
In diesem Zusammenhang möchte
ich jetzt auf eine Frage zu sprechen kommen, die heute der soz.-demokratische
Abg. Dr. Winter von hier aus aufgeworfen hat. Er hat erklärt,
daß die sozialdemokratische Partei in den Friedensverträgen ihre
Niederlage in Deutschland erlitten hat. Ich glaube, daß ist eine
Unterschätzung des Zustandes der deutschen Sozialdemokratie. Man
kann nicht mehr von einer Niederlage der deutschen Partei sprechen,
sie, das wichtigste Mitglied der Zweiten Internationale, hat einen
Zusammenbruch erlebt, der größer und bedeut ender ist, als der
Zusammenbruch, den die deutsche sozialdemokratische Partei und
die Zweite Internationale zu Kriegsbeginn erlebt haben. Aus diesem
Zusammenbruch hilft heute nicht, wenn man Beschuldigungen pazifistischer
Natur in die Welt posaunt, insbesondere nicht, wenn der größte
Teil der Führer offen in das Lager des Klassenfeindes, des Faszismus
übergegangen ist, wie das gerade jetzt festgestellt werden muß
vom markantesten Führer der deutschen Gewerkschaftsbewegung, von
Leipart, und den Weg Leiparts zu gehen ist eine ganze Reihe von
anderen Führern bereit; und die Führer der deutschen Sozialdemokratie,
die diesen Weg nicht gehen, haben sich in das Ausland verzogen,
haben die Flucht ergriffen und die Massen im Stich gelassen. (Hluk.)
Místopøedseda Roudnický (zvoní):
Prosím o klid.
Posl. Hadek (pokraèuje): Es gibt faktisch nur eine Frage, in der der Völkerbund bis heute nicht versagt hat, in der Konzentrierung aller antisowjetistischen Kräfte. In dieser Frage laufen die Interessen aller imperialistischen Mächte, also auch des Völkerbundes, vollständig konform. Der Völkerbund wurde zur Zentrale - der imperialistischen Kriegsrüstungen gegen die USSR. Der gemeinsame Haß aller Imperialisten gegen die USSR, ihr gemeinsamer Wille, diesem verhaßten Gegner die Kehle zuzuschnüren, ist schließlich auch die Ursache der Hinausschiebung der Austragung der imperialistischen Gegensätze. Zuerst soll der sozialistische Staat vernichtet werden, dann soll die gewaltsame Neuaufteilung der Welt vorgenommen werden. In diesem Bestreben sind sich alle Kapitalisten einig. Die faszistischen Machthaber Deutschlands und Italiens, die Demokraten der Èechoslovakei, die Bojaren Rumäniens, die Republikaner Frankreichs und Amerikas und die königlichen Konservativen und die Liberalen Englands, sie alle verbindet heute nichts anderes mehr, als der Haß gegen den den Sozialismus siegreich aufbauenden Arbeiterstaat, die Sowjetunion.
Gleichlaufend mit den politischen Gegensätzen wachsen auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kapitalismus. Immer würgender wird die Last der Weltwirtschaftskrise. 50 Millionen Arbeitslose, ein unübersehbares Heer von Kurzarbeitern, stillgelegte Fabriksfriedhöfe, bankerotte Banken, ein unermeßliches Trümmerfeld ist heute die kapitalistische Weltwirtschaft. Alle bisherigen Versuche der Kapitalisten, aus dieser Katastrophe herauszukommen, sind gescheitert. Es hat an solchen Versuchen nicht gefehlt. Vor kaum drei Vierteljahren hat der ehemalige amerikanische Präsident Hoover einen solchen Versuch unternommen. Von der Wiener "Arbeiterzeitung" bis zur "Times" löste dieser Hoover-Plan einhellige Begeisterung aus. Besonders Hellsichtige auch in der Èechoslovakei gab es solche sahen bereits den Silberstreifen, die Belebung der wirtschaftlichen Lage. Dieser Hoover-Plan war aber nicht bloß ein papierenes Produkt, nein, er war sehr real untermauert. Nicht weniger als 2 Milliarden Dollar, also beim damaligen Kurs 72 Milliarden Kè, standen zur Realisierung dieses Planes bereit. Ich brauche heute nicht zu erzählen, wie auch dieser Plan in nichts zerrann. Allerdings sind noch rascher die 2 Milliarden Dollar in den weiten Taschen der amamerikanischen Kapitalisten verschwunden. Zurückgeblieben ist aber vergrößertes Elend. Wenn vor dem Hoover-Plan die Arbeitslosenziffer 12 Millionen betrug, stieg sie inzwischen auf 18 Millionen, gesteigert durch das Elend einiger Millionen Farmer und Mittelständler, denen die zwei Milliarden abgepreßt wurden.
Auch unter der Kanzlerschaft des jetzigen Vizekanzlers Papen wurde in Deutschland der Versuch unternommen, planmäßig mit Hilfe von 1 1/2 Milliarden Mark die Wirtschaft anzukurbeln. Die deutschen Schlotbarone und Krautjunker haben sich sehr rasch der Summe bemächtigt, aber die Krise wurde weder beseitigt, noch gemildert. Ich bin kein Prophet, aber wer nach diesen Erfahrungen ernstlich glauben würde, daß die èechoslovakische Arbeitsanleihe einen besseren Erfolg erzielen wird, der kann nur ein Fantast oder ein Narr sein.
Die Probleme der Weltwirtschaftskrise sind im Rahmen des Kapitalismus genau so unlösbar, wie die Konflikte politischer Natur. Sie sind untrennbar mit einander verbunden und sie können nur gelöst werden durch den Sturz dieser Gesellschaftsordnung, durch die proletarische Revolution.
Obwohl Außenminister Beneš in seinem Exposé eine Reihe von Problemen vom kapitalistischen Standpunkte aus aufrollte, ist er, wohl nicht ohne Absicht, der brennendsten Frage überhaupt aus dem Wege gegangen. Zumindest hat er dieser Frage nur einen banalen, nichtssagenden Satz gewidmet. Er sagte: "Ich habe den Eindruck, daß, wenn wir dieses Jahr und vielleicht auch noch das bereits einigermaßen bessere kommende Jahr durchhalten, wir in Jahre einer steigenden Konjunktur kommen werden." Warum Dr. Beneš das glaubt, womit er das begründen will, darüber schweigt er sich höflich aus. Aber gerade auf diese Frage, die, auf eine kurze Formel gebracht, lautet: "Hat die werktätige Bevölkerung überhaupt im Rahmen des Kapitalismus eine Aussicht, auskömmlich Brot und Arbeit zu finden?" müssen wir eine klare Antwort geben. Diese Frage wird zur unmittelbaren Schicksalsfrage von einer Armee von 2 1/2 Millionen Arbeitslosen und ihrer Familienangehörigen in der Èechoslovakei. Nicht eine banale Phrase, eine konkrete Antwort fordern diese Menschen. Ich bin überzeugt, daß sich die Redner der verschiedensten Parteien nach dem Muster Beneš's um diese Kernfrage herumdrücken werden.
Aber desto lauter haben wir als Kommunisten diese Frage zu beantworten, und wenn wir auf diese Frage mit einem klaren Nein antworten, wenn wir sagen: "Im Rahmen des kapitalistischen Systems gibt es für die werktätigen Massen keine ausreichende Existenzgrundlage mehr", so ist das keine billige Agitationsphrase, es ist das Ergebnis der Erkenntnis des Unvermögens, gepaart mit Unfähigkeit dieser Gesellschaftsordnung. Wenn die kapitalistische Wirtschaft in eine so tiefe Krise geraten ist, so ist daran nicht zuletzt die verbrecherische Politik auf dem Gebiete des Warenaustausches, des Handels, schuld. Natürlich gibt es Hunderte ande er Ursachen, aber im Zusammenhange mit dem Exposé Dr. Beneš's möchte ich nur auf diese Entwicklung des èechoslovakischen Außenhandels verweisen.
Die Handelspolitik der Èechoslovakischen Republik, an der Dr. Beneš aktiven Anteil hat, sieht so aus, daß in den Jahren 1929 bis 1932 nicht weniger als zwei Drittel des Umsatzes verloren gingen. Wenn noch 1929 der Außenhandel 24 Milliarden betrug, so ist er 1932 auf 8 Milliarden gesunken, und 1933 wird sich der Verfall fortsetzen. Hunderttausende Arbeiter sind im Gefolge dieser Politik um ihre Arbeit gekommen. Seit dem 15. Dezember 1930, also seit 2 1/2 Jahren, hat die Èechoslovakei mit einem wichtigen Abnehmer von Industrieprodukten, mit Ungarn, keinen Handelsvertrag mehr. Wie die Umsatzziffern mit Ungarn aussehen, müssen Sie sich von Ihren Volkswirtschaftlern sagen lassen. Unter Mitwirkung der völkerversöhnenden èechischen und deutschen sozialdemokratischen Führer wird dieser Wirtschaftskrieg bis zum Weißbluten weitergeführt.
Ähnliche Zustände entwickeln sich allmählich mit Österreich und mit Deutschland. Aber nicht nur mit jenen Staaten, mit denen wir nach einem früheren Ausspruch Beneš's nur Nachbarn sind, sind die Handelsbeziehungen schlecht, sie sind nicht besser mit jenen Staaten, die Freunde der Èechoslovakei sind, mit Polen, Jugoslavien, Rumänien, Frankreich, England und Amerika. Eine solche Tendenz zeigt sich zwangsläufig auch in der ganzen Zollpolitik. Was trotz der Zollmauern noch die Grenzen zu übersteigen vermag, wird mittels Devisenmaßnahmen zerschlagen. Es ist leider kein Witz, daß dadurch der einzige noch florierende Industriezweig im deutschen Grenzgebiet, der Schmuggel, vernichtet wurde.
Die Voraussetzung einer wirklichen Beseitigung der Weltwirtschaftskrise müßte also eine gründliche Umstellung in der Zoll- und Handelspolitik sein. Aber daran denkt der Kapitalismus gar nicht, er plant im Gegenteil neue Zollmaßnahmen, neue Steuern, Entlassungen, Lohnherabsetzungen und somit eine weitere Verschärfung der Krise. Die Werktätigen müssen daher erkennen, daß sie nur im Kampfe dem Kapitalismus ihre Existenz abringen können. Der Kapitalismus verteidigt seine Positionen mit Zähnen und Krallen. Im heutigen Deutschland zeigt er in seiner Herrschaftsform, dem Faszismus, seine ganze Bestialität. Wie die Worte des Dr. Beneš zeigen, hat die èechoslovakische Bourgeoisie nicht nur nichts gegen den innerpolitischen Kurs Hitlers einzuwenden, sondern unterstützt ihn noch, wofür wir eine Reihe von Beispielen anführen könnten. Die Staatsapparate diesseits und jenseits der Grenze arbeiten sehr gut zusammen gegen revolutionäre Arbeiter. Während in Deutschland im Namen des Faszismus und Nationalismus die Arbeiterklasse niedergeknüppelt wird, wird in der Èechoslovakei die Demokratie als Schutzschild gegen die Arbeiterklasse verwendet.
Zu welchen Formen der Unterdrückung der klassenbewußten Arbeiter dieser Kampf auch bei uns führt, zeigt uns das Beispiel unserer eingekerkerten Genossen in Reichenberg, die uns ankündigten, daß sie ab Donnerstag in den Hungerstreik treten. Über drei Monate sitzen die Genossen Korb, Ressel und noch 4 andere Genossen eine Genossin hat man nach 3 Monaten freigelassen in der Untersuchungshaft des Kreisgerichtes Reichenberg wegen angeblicher Hochverratsverbrechen nach dem Schutzgesetz. Die Genossen wurden am 20. Jänner 1933 von der Polizei dem Kreisgericht eingeliefert. Das vorgefundene Material war aber unzureichend und die Reichenberger Polizeidirektion fahndete zusammen mit zahlreichen Gendarmeriestationen Nord- und Ostböhmens fieberhaft nach weiterem Material. Eine Menge Hausdurchsuchungen wurden vorgenommen und ganze Ballen Material beschlagnahmt, aber die gerichtliche Untersuchung ergab gleichwohl keine Überführung der Beschuldigten wegen Hochverrates oder gar wegen Spionage. Immer wieder aber, wenn die Enthaftung erfolgen sollte, traf eine ergänzende Anzeige der Polizei ein, sodaß neue Erhebungen erfolgten, wodurch sich die Untersuchungshaft ins endlose hinausschob. Geht es doch gegen Kommunisten! In solchen Fällen zeichnet sich die Reichenberger Polizeidirektion immer besonders aus. Erst unlängst gab Polizeikommissär Dr. Jungwirth, als ein Passant der Polizei vorgeführt wurde, die Weisung: "Das ist ein Kommunist, der bekommt um 3 Tage mehr!" In der Verlängerung der Untersuchungshaft für Korb, Ressel und Genossen entspricht aber die Polizeidirektion Reichenberg auch voll den Intentionen des Prokurators der Reichenberger Staatsanwaltschaft Dr. Georg Štolla, der schon einige Tage nach der Einlieferung der Genannten erklärte: "Die werden Monate sitzen!" Den zahlreichen Arbeiter deputationen, die wegen Freilassung der Häftlinge intervenierten, wurde schließlich mit Pendreks gedroht. Die eigentliche Untersuchung gegen Korb, Ressel und Genossen ist längst abgeschlossen. Die Akten pendeln irgendwo in Prag zwischen Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium. Zu einer Anklage wegen Hochverrat und Spionage reicht es offenbar nicht, aber weil es Kommunisten sind, bleiben sie trotzdem in Haft.
Korb, Ressel und Genossen treten daher in den Hungerstreik. Unterstützet, Arbeiter und Arbeiterinnen, in breitester Arbeitsfront die Aktion der verhafteten Genossen! Entfesselt und steigert die Massenkampagne gegen das Verfolgungssystem! Heraus mit Korb, Ressel und Genossen!
Es ist klar, daß die Arbeiterschaft mit der größten Erbitterung gegen den Unterdrükkungsfeldzug Stellungen nehmen muß. Der Appell Dr. Beneš's an alle konstruktiven Parteien wird im deutschen Gebiet wenig Widerhall finden. Die Positionen jener Parteien einschließlich des Bundes der Landwirte und der Sozialdemokraten schmelzen wie Schnee vor der Frühjahrssonne. Immer klarer wird die werktätige Bevölkerung vor die Entscheidung gestellt: Hier der bankerotte Kapitalismus mit allen seinen Parteien von den sozialdemokratischen Führern bis zu den Hakenkreuzlern und Støíbrný-Faszisten und hier Kommunismus, Aufbau, Arbeit, Brot!
In dieser Entscheidung gibt es
keine Kompromisse, sondern nur kühnen energischen, kaltblütigen
entschlossenen Kampf für den Sozialismus, für den Kommunismus!
(Potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! In der internationalen Lage hat sich in den letzten Wochen ein gewaltiger Umschwung vollzogen, der uns zur Nachprüfung der Situation und zur Stellungnahme zwingt. Die Umwälzung in der internationalen Politik ist hervorgerufen durch den Sieg des Faszismus in Deutschland und durch das Ringen um die Demokratie in Österreich. Der Faszismus, der bisher nur in Ländern mit rückständiger wirtschaftlicher Entwicklung die Macht zu ergreifen und zu behaupten vermochte, hat sich in dem Herzen Europas eingenistet. Er hat das industriell am weitesten entwickelte Land des europäischen Kontinents in seine Gewalt gezwungen, und dieses Ereignis wirft seine Schatten über die ganze Welt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.)
Diese Entwicklung ist die unausweichliche Folge der schweren Krise gewesen, die nun schon seit mehr als drei Jahren das Gefüge der kapitalistischen Wirtschaft in ihren Grundfesten erschüttert. Die Krise hat durch ihren gewaltigen Umfang, durch ihre lange Dauer, durch das katastrophale Ausmaß der Produktionseinschränkung nicht nur ein Millionenheer von Arbeitslosen und damit ein Massenelend der arbeitenden Schichten von nie erhörtem Ausmaß verursacht, sie hat nicht nur durch die Unterbindung des Apparates und die Zerrüttung der Währungen die Weltwirtschaft in Partikel zerschlagen und damit den wirtschaftlichen, aber auch den politischen Nationalismus ungeheuer gestärkt, sondern sie hat die größten sozialen Erschütterungen dadurch hervorgerufen, daß sie die Mittelschichten ökonomisch zerrieb. Die großen Massen des Kleinbürgertums, die Bauernschaft, die Intellektuellen, die dank der Privilegien des Besitzes und der Bildung bisher zu den festen sozialen Schichten des Kapitals gehört hatten, sind durch die Krise ihrer Existenzsicherheit beraubt, deklassiert, ins Elend gestoßen worden. Der nachwachsenden Generation aber hat die Krise den Weg in die Produktionsstätten versperrt. Millionen Menschen sind ökonomisch und seelisch entwurzelt worden, aus ihrer Bahn geworfen, aufs tiefste aufgewühlt und zur Empörung gegen die bestehenden Verhältnisse getrieben.
Aber diese Massen, die nicht, wie das organisierte Proletariat, eine lange und harte politische Schulung durchgemacht haben, fanden nicht den Weg zur sozialistischen Erkenntnis. Sie sahen ihren Feind nicht im Kapitalismus, der gerade in seinem Niedergang die Ausbeutung verschärft und immer breitere Massen ins Elend stürzt, sie sahen ihren Feind im Sozialismus, die Ursache ihres Elends im Aufstieg des klassenbewußten Proletariates. So konnte der Antimarxismus seine giftige Saat ausstreuen, so konnte der Kapitalismus den Zorn und die Empörung der deklassierten Massen von sich ablenken und gegen die Arbeiterklasse kehren, so konnte der Faszismus auf dem Rücken dieser Mittelschichten seinen Aufstieg vollziehen und die Macht ergreifen; freilich nicht, um die von ihm verführten und betörten Massen ¿u befreien, sondern um sie als letztes Machtaufgebot des Kapitalismus, zugleich mit der Arbeiterklasse der Knechtschaft zu unterwerfen. Alle diejenigen, die im deutschen Nationalsozialismus eine Freiheitsbewegung gesehen haben, mögen nicht vergessen, daß er nicht im Kampfe gegen den Kapitalismus zur Macht gekommen, sondern von Junkern und Schwerindustriellen in den Sattel gehoben wurde. Die Bourgeoisie hat, indem sie sich dem Faszismus in die Arme warf, alles verleugnet, was ihre historische Tradition und ihre geschichtliche Leistung gewesen ist. Die Demokratie, in deren Namen sie den Feudalismus überwunden, die politische Freiheit, in deren Namen sie den Absolutismus niedergeworfen hat, aber auch die geistige Freiheit, die Kultur und die Humanität.
Aber wenn der Faszismus innenpolitisch Unterdrückung und Knechtung bedeutet, so bedeutet er außenpolitisch die verhängnisvollste Verschärfung aller internationalen Gegensätze. Das hat der italienische Faszismus in dem Jahrzehnt seines Bestandes durch seine ständigen Beunruhigungen, durch seine Waffenschiebungen, durch seine Versuche zur Schaffung eines agressiven faszistischen Blocks immer wieder bewiesen, das beweist in den kurzen Wochen seines Bestandes der deutsche Faszismus in nicht minderem Maße. Er hat freilich in dieser kurzen Zeit auch schon zu beweisen vermocht, daß seine Außenpolitik nicht nur eine Gefährdung des internationalen Friedens bedeutet, sondern auch ein Unglück für das eigene Volk.
Das kaiserliche Deutschland hat ein blühendes Reich in den schrecklichsten Krieg und in die furchtbarste Niederlage gestürzt. Militärisch besiegt, wirtschaftlich aufs tiefste zerstört, politisch verfehmt ist Deutschland aus dem Krieg hervorgegangen. In vierzehn Jahren übermenschlicher Arbeit, die freilich bei den europäischen Mächten nicht das nötige Verständnis und Entgegenkommen fand, hat die heute so geschmähte republikanische Demokratie Deutschland aus der Verfehmung und Isolierung herausgeführt und sie als gleichberechtigtes Mitglied in die Staatengesellschaft wiederum eingereiht.
Es war gerade die Sozialdemokratie, die heute in Deutschland verfolgt und unterdrückt ist, die Deutschland zu Ansehen und Geltung in der Welt wiederum emporgeführt hat, es war der Demokrat Rathenau, dessen Mörder heute in Deutschland gefeiert werden, der Deutschland, das ein bloßes Objekt der Außenpolitik war, die außenpolitische Aktivität wieder eroberte, es war der sozialdemokratische Kanzler Hermann Müller, der das Rheinland von fremder Besetzung befreit hat. Es war gerade die von internationaler Gesinnung erfüllte Arbeiterklasse, die heute in Deutschland mißhandelt und geknechtet wird, es waren die führenden Geister der Kunst und Wissenschaft, die heute von den Stätten ihres Wirkens vertrieben werden, die für Deutschland Verständnis, Achtung, Anerkennung in der ganzen Welt geworben und erworben haben. Ihnen wird das wirklich erwachte Deutschland einmal den Dank zollen, den die Gegenwart ihnen schuldig bleibt. Unsere Herzen und die Herzen des gesamten internationalen Proletariates aller freiheitlich denkenden Menschen in der ganzen Welt sind bei ihnen.
Heute freilich ist das Werk ihrer Arbeit zerstört. In wenigen Wochen hat der Faszismus Deutschland in eine Isolierung hineingeführt, die schlimmer ist, als es je die Isolierung des Hohenzollern-Deutschland war. Die einmütige Kundgebung des englischen Unterhauses, die Wo rte des französischen Ministerpräsidenten, die eindeutige Ablehnung des deutschen Faszismus just durch die Völker der unverfälschten nordischen Rasse beweisen das deutlich und klar. Aber auch aus Italien sind die deutschen Staatsmänner unbefriedigt zurückgekehrt. So geistig verwandt der italienische und der deutsche Faszismus auch sind in der Ausrottung der politischen Freiheit, in der Unterdrückung der Arbeiterklasse, so wenig vermochten sie sich, trotz immer wieder betonter Freundschaft, über ihre außenpolitischen Ziele zu einigen. Österreich liegt als Zankapfel zwischen ihnen, und es wird zu den wichtigsten Aufgaben einer wahren Friedenspolitik gehören, zu verhindern, daß Österreich zum Spielball rivalisierender faszistischer Gewalten wird.
Wir haben auf die Gefahren, die aus der Politik Italiens gegenüber Österreich hervorgehen, schon wiederholt hingewiesen. Auch heute bilden die Bemühungen Italiens, Österreich in seine Interessensphäre hineinzuziehen, Österreich zum Exponenten des italienischen Faszismus zu machen, indem es die mit italienischem Gelde bezahlte, mit italienischen Waffen ausgerüstete Heimwehrbewegung patronisiert, eine der ernstesten Gefahren für den europäischen Frieden. Darum haben die Nachrichten, daß die Hirtenberger Waffentransporte noch immer nicht zur Gänze zurückgeleitet wurden, eine ernste Bedeutung. Wir begrüßen daher die Erklärung des Herrn Außenministers, daß die Èechoslovakei unter absoluter Respektierung der österreichischen Neutralität die freundschaftlichen Beziehungen mit Wien zu vertiefen wünscht, und seine Feststellung, daß es bei gutem Willen und einer normalen Entwicklung in beiden Staaten keine Streitfrage zwischen den beiderseitigen Regierungen gibt. Zu den wichtigsten Voraussetzungen für die normale Entwicklung gehört zweifellos die Aufrechterhaltung der Demokratie. Darum verteidigen die österreichischen Arbeiter in ihrem Abwehrkampf gegen die Aufrichtung des Faszismus in Österreich, in dem wir mit allen unseren Sympathien und unserer ganzen Solidarität auf ihrer Seite stehen, nicht nur die eigene Freiheit, sie dienen auch dem Frieden Europas. (Souhlas.)