Støeda 26. dubna 1933

Herr Dr. Beneš hat uns in seinem Referat eine Analyse der Friedensdiktate vorgelegt, indem er die einzelnen Bestimmungen nach 5 Gesichtspunkten zusammenfaßte. Er war auch so gnädig zuzugestehen, daß es eine natürliche Entwicklung sei, wie sie ja schon immer in der Geschichte zu verzeichnen war, daß sich der Besiegte bemühte, eine Abänderung, Milderung und letzten Endes Beseitigung solcher Diktatbestimmungen zu erstreben. Nun ist Dr. Beneš bereit, wenigstens mit vorsichtig verklausulierten Redewendungen eine Revision gewisser Bestimmungen zuzulassen, aber er macht diese seine Stellungnahme von einer für seine Politik typischen Voraussetzung abhängig, die so recht zeigt, daß es in diesem gewaltigen Ringen seit 1918 um die Revision der Friedensdiktate, die so schweres Unglück über die europäischen Völker und die Welt gebracht haben, den französischen Blockstaaten einzig und allein darum zu tun ist, ihre militärische Vormachtstellung und damit die Hegemonie Frankreichs ungeschmälert zu erhalten. Die Voraussetzung Dr. Beneš's geht eben dahin, daß nur bestimmte Kategorien der Friedensdiktatbestimmungen, wie die zeitliche Besetzung des linken Rheinufers, die zeitliche Verwaltung des Saargebietes, die Verpflichtung der Tributzahlungen und ähnliche abgeändert werden dürfen, während es, wie er ausdrücklich erklärt, auch andere Vertragsbestimmungen gibt - ich zitiere wörtlich: "Welche dauernd oder nahezu unabänderlich bleiben sollten" oder wie er sich wenige Sätze später noch deutlicher ausdrückt: "Wo eine Änderung der Vertragsbestimmungen absolut ausgeschlossen ist." Dies hindert aber Herrn Dr. Beneš nicht, zu erklären, daß es das Streben der Völkerbundpolitik sei, "zielbewußt und würdevoll zu der Gleichberechtigung aller Sieger und Besiegten, zu dem Gleichgewicht der Kräfte in Europa ohne Hegemonie von irgendeiner Seite zurückzukehren."

Wie wenig ernst dieses Bekenntnis zu werten ist, geht aus einer anderen Stelle hervor, in welcher er als Richtschnur seiner Politik, und das ist doch gleichzeitig die Politik der französischen Blockstaaten, wörtlich erklärt: "Da es jedoch manchmal zu Änderungen der Verträge, sei es im Guten, sei es im Bösen, infolge der veränderten Machtpositionen der Staaten kommt, wende ich alles auf, damit unsere Machtposition nicht geschwächt werde und wir unsere Verträge weder im guten noch im bösen ändern müssen." Wer sich diesen letzten Satz vor Augen hält, wird verstehen, daß auf Grundlage dieses einseitigen Machtstandpunktes, naturgemäß gestützt auf die übergerüsteten französischen Blo ckstaaten, es so lange nicht zu einer Entspannung der nur allzu ernsten europäischen Lage kommen kann, als nicht England oder Amerika durch einen Machtspruch die Fortsetzung dieser nur zu einem kriegerischen Konflikt treibenden Politik unterbindet oder Italien gestützt auf ein erstarktes Deutschland dieser Bedrohung des Weltfriedens ein Ende bereitet. Letztere Erkenntnis dürfte auch Herrn Dr. Beneš dazu verleitet haben, aus seiner bisher durch mehr als 1 1/2 Jahrzehnte geübten Reserve herauszutreten und eine so unerhört scharfe Attacke gegen die italienische Außenpolitik zu reiten. Ob er damit seinem Staate einen guten Dienst erwiesen hat, wird ja erst die kommende Entwicklung zeigen. Auf uns hat dieses Vorgehen mehr den Eindruck gemacht, als ob hier in der Verzweiflung eine letzte Trumpfkarte ausgespielt worden wäre, auf die man alles zu setzen gewillt sei. Es bleibt nur fraglich, inwieweit selbst der dritte Partner im Kleinen Ententepakt, Rumänien die Politik dieses Auftrumpfens gegenüber dem Großstaate Italien mitzumachen bereit sein wird. Daß Dr. Beneš die Staaten Europas in demokratische Staaten einerseits und in Diktatur- bzw. faszistische Staaten andererseits zu gliedern versucht, hat wohl nur seinen Grund darin, die angelsächsische Demokratie für seine politischen Gedankengänge zu gewinnen, als ob es sich hier grundsätzlich um die Verteidigung demokratischen Gedankengutes handeln würde. Dr. Beneš verschweigt hiebei nur geflissentlich, daß sogar die beiden Partner seines Kleinen Entente-Blockes absolute Königreiche sind und daß sowohl in Rumänien als auch in Südslavien seit Jahren Militärdiktaturen schlimmster Sorte die Regierungsgewalt ausüben, während das demokratische Nachkriegsdeutschland durch die 15jährige brutale Aufrechterhaltung der unsinnigen Friedensdiktatbestimmungen, die zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft und zu katastrophaler Arbeitslosigkeit führten, aus der Not des Volkes heraus und gestützt auf eine absolute demokratische Mehrheit des Volkes erst eine nationale Regierung geschaffen wurde, welcher der Reichstag mit Zweidrittelmehrheit auf streng demokratischer Grundlage die Ermächtigung gegeben hat, in den nächsten vier Jahren alles vorzukehren, um dem Notzustand des Volkes endlich ein Ende zu bereiten.

Wer sich wahrhaft zur Demokratie bekennt, muß auch den Mehrheitswillen eines anderen Volkes innerhalb seines Staates zu achten wissen. (Souhlas.) Jeder objektive Beurteiler wird mir beipflichten müssen, daß eines der wichtigsten Hindernisse einer Befriedung Europas in der von den französischen Blockstaaten systematisch betriebenen Politik zu suchen ist, die auf der Grundlage des Nachkriegs-Bündnissystems Europa neuerlich in zwei Lager auseinanderreißt, welche Entwicklung, wenn es nicht rechtzeitig gelingt, ein Einvernehmen zwischen den vier europäischen Großmächten herbeizuführen, naturnotwendig zu einem neuen blutigen Krieg führen müßte. Hier ist also ein Nichtverstehenwollen der Tatsachen. Ein Ausgleich zwischen Deutschland und Frankreich ist eben praktisch nur im Rahmen eines Viermächtep aktes denkbar und möglich, dessen entscheidender Wert auch nicht dadurch herabgesetzt wird, wenn man mit bestimmter Absicht nur von einem Großmächtedirektorium spricht, dessen Aufgabe es angeblich nur wäre, eine Revision der Grenzbestimmungen herbeizuführen. Dr. Beneš's große Sorge geht eben nur dahin, die Schaffung eines "europäischen Gleichgewichtes" zu verhindern. Er erblickt darin fälschlicherweise eine Gefährdung der kleinen Nation. Hier klafft ein großer Widerspruch. Einerseits erklärte er, daß es nur zu naturgemäß ist, daß die besiegten Staaten eine Revision der Friedensverträge erstreben, die doch naturgemäß zu einer Gleichberechtigung aller Sieger und Besiegten zu führen hat. Ja er bekennt sich sogar dazu - ich zitiere wörtlich: "daß die Autoren der Friedensverträge gar nicht angenommen haben, daß es möglich wäre, Deutschland und die übrigen besiegten Staaten dauernd oder allzulange in der Situation eines geschlagenen oder ungleichen Partners der europäischen Friedenspolitik niederzuhalten". Aber aus seinen weiteren Ausführungen ist zu ersehen, daß er ihnen eine Gleichberechtigung nur insoweit zuzuerkennen gewillt ist, als dadurch die militärische Vorherrschaft der französischen Blockstaaten nicht angetastet wird. Die italienische Politik hat den schlechtverhüllten Zorn der französischen Blockstaatenpolitiker bezeichnenderweise dadurch wachgerufen, daß die italienischen Staatsmänner es wagten zu erklären, daß kein Vertrag ewig sei. In diesem Zusammenhang versteigt sich Dr. Beneš zu einer schlecht verhüllten Kriegsdrohung, wie wir sie schon in der Frage der wirtschaftlichen Zollunion zwischen Deutschland und DeutschÖsterreich gehört haben, indem er sagte - ich zitiere wieder-wörtlich: "Es ist daher absolut nebensächlich, ob wir das Propaganda-Schlagwort, welches in letzter Zeit von Seiten Italiens so oft wiederholt wird, daß kein Vertrag ewig sei, anerkennen oder nicht anerkennen. Die Hauptsache ist, ob wir bereit sind, eine Änderung dieses oder jenes konkreten Artikels des Friedensvertrages zuzulassen oder unter allen Umständen und mit allen Mitteln - also Krieg - uns einer solchen Änderung zu widersetzen oder die Einhaltung des Vertrages zu erzwingen".

Unwillkürlich fragt man sich in diesem Zusammenhang, was bisher die Völkerbundstaaten anläßlich des kriegerischen Überfalles Japans auf das wehrlose China in der Richtung der Einhaltung des Völkerbundpaktes und des Kellog-Paktes unternommen haben. Welcher Sorte die von Dr. Beneš und Genossen vertretene Demokratie ist, erhellt im übrigen auch aus seinem Bekenntnis, "daß wir - also die französischen Blockstaaten - das definitive Gleichgewicht zwischen den beiden Staatengruppen in Europa zu bestimmen haben werden", während er kurz vorher noch feierlich erklärte "daß es das Streben der Autoren der Friedensverträge sei, zielbewußt und würdevoll zu der Gleichberechtigung aller Sieger und Besiegten in Europa zu kommen, ohne Aufrichtung einer Hegemonie von irgendeiner Seite."

Wir sehen hier Widerspruch auf Widerspruch, weil man eben mit noch so viel schönen Worten die Tatsache nicht wegleugnen kann, daß Frankreich, gestützt auf die Kleine Entente und die anderen Vasallenstaaten nur bestrebt ist, seine Vormachtstellung unter allen Umständen zu erhalten.

Für ein Eingeständnis kann man Dr. Beneš dankbar sein, daß auch er endlich mit der Deutschland angelasteten Kriegsschuldlüge aufräumt, indem er wörtlich sagt: "heute ist es doch schon genügend klar, daß der Weltkrieg entstanden ist wegen des Kampfes der Großmächte um die türkische Erbschaft auf dem Balkan, wegen der Differenzen zwischen Österreich-Ungarn, Italien, Rußland und Deutschland in Mitteleuropa, auf dem Balkan und in Vorderasien, sowie wegen der Befürchtungen des Habsburger Reiches vor dem inneren Zerfall, welche Befürchtung es umso mehr zur Rivalität mit den anderen auf dem Balkan geführt haben." Wir sehen, auch hier bricht sich langsam aber sicher ein Teil der Wahrheit Bahn.

Im übrigen ist es mehr als interessant, wenn Dr. Beneš immer von den Zielen der Autoren der Friedensdiktate spricht und sich dabei unablässig gezwungen sieht, gegen Italien zu polemisieren, welches doch mit ein Schöpfer dieses unseligen Friedensdiktatwerkes gewesen ist. Beneš versucht gleichzeitig die italienischen Revisionsbestrebungen dadurch zu diskreditieren, daß er es so darzustellen beliebt, als ob es Italien nur darum zu tun wäre, anstelle der bisherigen die eigene Vormachtstellung zu setzen. Er kann es nicht verstehen, daß eine Revision auf der Grundlage voller Gleichberechtigung der Völker ein wahres Friedenswerk wäre, auf welcher Grundlage allein es doch nur zu einem Wiederaufbau der in seinen Grundfesten erschütterten europäischen Wirtschaft durch Schaffung großer Wirtschaftsgebiete kommen kann. Die Gefühle der Freundschaft für Italien sind trotz der scharfen Kritik an der italienischen Revisionspolitik in einem Punkte nicht erkaltet, setzt doch Dr. Beneš seine größte Hoffnung darauf, daß Italien nach wie vor, wie er sich ausdrückt, in Kenntnis der alldeutschen Pläne und Programme der nationalsozialistischen Partei, wie er das berechtigte Streben des deutschen Volkes nach Schaffung eines einheitlichen Volksstaates über sein ganzes Volksgebiet kennzeichnet, den Anschluß Deutsch-Österreichs verhindern werde. Es ist bezeichnend, daß der Demokrat Beneš bei Verfolgung dieses undemokratischen Zieles: Verhinderung des Anschlusses Deutsch-Österreichs an Deutschland auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechtes der Völker, wieder auf die Mitwirkung des von ihm angeblich bekämpften faszistischen Italiens hofft.

An anderer Stelle hat Dr. Beneš auch ein Mussoliniwort zitiert, das er nur gegen die Kleine Entente gerichtet sieht, das aber in Wirklichkeit allgemeinen Wert besitzt, und sich mit der Zeit ohne Rücksicht darauf, ob an der Spitze der einzelnen Staaten Diktatoren oder sog. Demokraten stehen, letzten Endes durchsetzen wird, soll nicht ewig Unverstand die Welt regieren und unser Erdteil in neue Kriegsgreuel gestürzt werden. Es lautet: "Auch die Friedensverträge sind nicht ewig, weil die Welt nicht steht, weil die Völker leben, wachsen, vergehen und manchmal auch sterben. Die Ewigkeit der Friedensverträge würde bedeuten, daß die Menschheit zu einer Mumie werde." Deshalb fordert auch mit Recht Mussolini in seinem Viermächte-Pakt-Vorschlag von den für die weitere Entwicklung hauptverantwortlichen Staaten Europas eine Neuordnung auf der Grundlage wahrer Gleichberechtigung. Dr. Beneš sieht in dem Viermächte-Pakt und der Verkündigung einer mindestens zehnjährigen Friedenspause vor allem nur die Gefahr, daß im Punkte 2 des Paktvoranschlages, wie er ihn liest: "ein neues europäisches Gleichgewicht geschaffen werden solle, durch welches die militärische Schwächung Frankreichs und seiner Freunde durch die militärische Stärkung der ehemals besiegten Staaten bedroht werden soll". Es ist doch nur selbstverständlich, daß, wenn man, wie man immer vorgibt, ehrlich einen Erfolg der Abrüstungskonferenz erstrebt, die übergerüsteten Staaten, und das sind einmal die französischen Blockstaaten, auf den Stand der abgerüsteten Staaten abrüsten müssen, sonst hat doch alles Herumreden von der Abrüstung keinen Sinn und Zweck. Die Weltöffentlichkeit hat aufgeatmet, als MacDonald anläßlich seines Rom-Besuches sich grundsätzlich zu dem Viermächtepakt-Vorschlag bekannte. Den Einflüssen Frankreichs und der Kleinen Entente ist es nur leider allzubald auf dem Wege über den englischen Außenminister gelungen, diesen von allen Friedensfreunden in der Welt begrüßten Standpunkt des englischen Premiers zu revidieren. Neuerlich ist damit die englische Politik der leidenschaftlichen Kampagne der französischen Presse erlegen und auch Dr. Beneš kann sich neuerlich damit brüsten, daß es dem Eingreifen der Kleinen Entente mitgelungen sei, der Verwirklichung praktischer Grundlagen für die Überwindung des jetzigen Unruhezustandes in der Welt, den er selbst noch vor wenigen Tagen als Chaos bezei chnet hat, neuerlich große Hindernisse in den Weg gerollt zu haben. Solange England mit Frankreich durch Dick und Dünn ging, in dem Streben der unbedingten Aufrechterhaltung der Friedensdiktatbestimmungen, wurde Englands Mitwirken begrüßt. In dem Augenblicke, wo aber England den Versuch unternimmt, in der Rolle des Vermittlers oder Schiedsrichters zwischen Frankreich und Deutschland aufzutreten, und das wäre seine Aufgabe im Rahmen des Viermächtep aktes, wird sofort wegen der möglicherweise damit verbundenen Revision unhaltbarer Bestimmungen der Friedensverträge gegen eine solche Regelung Sturm gelaufen.

Nach wie vor ist Dr. Beneš's größte Sorge, daß es zu einer Regelung der deutschösterreichischen Frage kommt, die nicht dem Konzept der Kleinen Entente entspri cht. Der französische Blockplan geht darauf hinaus, wenn es auch nicht offen eingestanden wird. Ungarn und Deutsch-Österreich auf dem Wege einer wirtschaftlichen Eingliederung reif zu machen für die politische Eingliederung. Solange mit einem schwachen Deutschland, das von Erfüllungspolitikern regiert war, zu rechnen war, hoffte man dieses Konzept im Wege der berüchtigten Anleihepolitik allein zu erreichen. Wie es denn überhaupt die stärkste Seite der französischen Politik ist, die wirtschaftliche Not der Ostund Südost-Staaten im Wege der Anleihepolitik zur Durchsetzung ihrer Wünsche und Forderungen zu benützen. Es wird aber niemand behaupten können, daß es im Wege dieser Politik möglich gewesen sei, der wirtschaftlichen Notlage dieser Staaten abzuhelfen ja im Gegenteil, diese steigert sich immer mehr und mehr zur Katastrophe. Der von Dr. Beneš verfolgte Ausbau der Kleinen Ententepakte zu einer Wirtschaftseinheit muß in einer oder der anderen Richtung zum Zusammenbruch führen. Entweder besteht der Plan, die Hunderttausende ernährende Exportindustrie der Èechoslovakei aufrecht zu erhalten und gleichzeitig auch den inneren Konsum zu heben, dann ist das ins Auge gefaßte Wirtschaftsgebiet vollständig unzulänglich, oder aber man denkt, worauf auch alle Anzeichen schließen lassen, daran, den dauernden Zusammenbruch dieser Exportindustrie - und hier handelt es sich vor allem um die sudetendeutsche Industrie mit in Kauf zu nehmen, so ist dies eine selbstmörderische Politik, deren weitere Förderung durch sudetendeutsche Regierungsparteien wohl ein Verbrechen am Volke wäre.

Wer sich freilich die Berechnungen Dr. Beneš's vor Augen führt, wie er die Bevölkerungsverhältnisse der Èechoslovakei in den Jahren 1960 bis 1970 beurteilt, wird die erschreckende Tatsache feststellen müssen, daß man in Regierungskreisen die Auswirkung der èechischen Politik auf wirtschaftlichem, sozialem Gebiete so beurteilt, daß in diesem Zeitpunkte sich die Bevölkerungszahl der Èechen, Slovaken und Ruthänen verdoppelt, während das Sudetendeutschtum zum dauernden Stillstand, also zum Absterben veruteilt wird. Aufgabe der sudetendeutschen Führung muß es daher endlich sein, alles vorzukehren, um nicht auch weiterhin nur Objekt dieser èechischen Nationalstaatspolitik zu bleiben. Staatspräsident Masaryk sagte doch einmal, daß das Sudetendeutschtum ein integrierender Bestandteil der Republik sei. Schuld der Innen- und Außenpolitik der bisherigen unterschiedlichen Regierungen aber ist es, daß dem Sudetendeutschtum nicht die ihm zukommenden Rechte als Volkspersönlichkeit zuerkannt wurden und es ist daher auch von Dr. Beneš vollständig verfehlt, zu erwarten, daß sich das Sudetendeutschtum, welches nicht nur von jedweder Einflußnahme auf die Führung der èechoslovakischen Anßen- und Innenpolitik ausgeschaltet ist, hinter diese seine Politik stellen könne, da diese nicht nur keine Rücksicht auf die sudetendeutschen Belange nimmt, sondern überdies in allen ihren Auswirkungen sich gegen den gesicherten Fortbestand unserer deuts chen Heimat und unseres Volksbesitzstandes richtet. Es ist bezeichnend, daß Dr. Beneš der Zusammenarbeit der Großmächte, also dem Wirken des von ihm ansonst bekämpften Viermächteplanes, beizupflichten bereit wäre, wenn sich diese vier Mächte zu einer definitiven Entscheidung über das Problem Österreich einigen würden. Jede andere Einigung dieser vier Großmächte einschließlich Frankreichs hält hingegen Dr. Beneš für eine Gefährdung des Friedens und erinnert sich sofort der Souverenität der einzelnen Staaten und macht er auch die Anwendung des Artikels 19 der Völkerbundsatzung von der Zustimmung der betroffenen Staaten abhängig. Diese Auslegung der Besstimmung des Artikels 4, daß jedes im Rate nicht vertretene Bundesmitglied zur Tagung einen Vertreter entsenden kann, wenn eine seine Interessen besonders berührende Frage auf der Tagesordnung steht, beweist doch nur, daß die Schöpfer des Völkerbundes gar nicht ernstlich daran dachten, selbst dann eine Revision unhaltbar gewordener Vertragsbestimmungen zu ermöglichen, wenn durch deren Aufrechterhaltung der Weltfrieden gefährdet werden würde. Deutsch-Österreich genießt aber eine Sonderstellung. Bei der Lösung des Problems Deutsch-Österreichs gestattet man sogar den vier Großmächten eine endgültige Lösung herbeizuführen, freilich darf diese nicht in der gesunden und vernünftigen Richtung, die überdies die einzig wahre demokratische wäre, gelegen sein - im Anschlusse an Deutschland.

Wie im übrigen englische Politiker über das Problem Deutsch-Österreich denken, geht aus den Verhandlungen des englischen Unterhauses hervor, anläßlich der Verhandlungen über das Lausaner Protokoll. Die Ausführungen einer Reihe von Mitgliedern des Unterhauses bilden auch eine niederschmetternde Kennzeichnung der vollständig verfehlten Völkerbundpolitik, die ja gerade in Dr. Beneš in dieser Beziehung ihren wärmsten Verfechter findet. So erklärte Mr. Boothy ich zitiere aus dem stenographischen Protokoll des englischen Unterhauses: " . . . die französische Regierung hat der Ergänzung dieser Anleihe und der gemeinsam mit uns zu leistenden Garantie einfach aus dem Grunde zugestimmt, um Österreich daran zu hindern, das Einzige zu tun, was es zur Schuldenrückzahlung befähigen würde, nämlich eine Wirtschaftsvereinigung mit einem größeren Gebiet einzugehen, möglicherweise mit Deutschland. Eine Bedingung dieser Anleihe ist, daß dieser Anschluß nicht stattfindet. Diese Verwirrung geht geradewegs auf den Vertrag von St. Germain zurück. Der egenwärtige Zustand in Mitteleuropa ist sowohl vom politischen als auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus unmöglich." Ein weiteres Unterhausmitglied A. Bevan: "Eine der Schwächen des Völkerbundes besteht darin, daß der Bund lediglich eine Verschwörung zur Aufrechterhaltung der Grenzen ist, die durch den Friedensvertrag gezogen wurden. Jeder Versuch diese Völker finanziell am Leben zu erhalten, wenn sie wirtschaftlich tot sind, muß mit einem Zusammenbruch enden. Das deutsch-österreichische Volk versuchte das Problem durch eine Zollunion mit Deutschland zu lösen, mit dem es viele geschichtliche und wirtschaftliche Beziehungen hat, doch dies paßte der französischen Politik nicht und die Franzosen liehen Österreich Geld, um es bankerott zu erhalten, denn der Bankerott ist das Objekt der französischen Außenpolitik. Unsere Nation, die sich stets ihrer liberalen und humanitären Außenpolitik gerühmt hat, erlaubt es, daß sie zu einem Trabanten der französischen Finanzpolitik wird, um in Mitteleuropa ein System der Anarchie aufrecht zu erhalten, das schließlich zum Krieg führen muß."

Diesen Zitaten ist zu entn ehmen, daß es auch im englischen Untterhaus Stimmen gibt, die auf Grund genauer Kenntnis der mitteleuropäischen Verhältnisse und der Auswirkungen der entscheidend von Frankreich und seinen Vasallen beeinflußten Völkerbundpolitik sich nicht sccheuen, den Geist der Undulds amkeit und die Gefahren der Fortsetzung dieser Politik offen zu kennzeichnen. Alle diese Stimmen werden in der èechischen Öffentlichkeit gefließentlich überhört und man begeistert sich nur an dem Abschluß des Kleinen Ent entepaktes, der weder zur wirtschaftlichen Gesundung der am Boden liegenden èechoslovakischen Wirtschaft, noch in politischen Fragen, die die Èechoslovakei betreffen, wirksam werden kann, sondern nur eine Belastung der Èechoslovakei, die dadurch in allfällige Konflikte Südslaviens und Rumäniens und seit der Vertiefung der Beziehungen zu Polen auch in einen allfälligen Konflikt dieses Staates mit hineingerissen wer den kann.

Besondere Aufmerkssamkeit hat es erregt, daß Dr. Beneš diesmal das Verhältnis zu Deutschland nicht einmal mehr als "loyal und korrekt" bezeichnet hat, sondern diesmal hiefür den Ausdruck "weiterhin gute Beziehungen" prägt, wobei er hervorhebt, daß es allerdings immer heikel sei, in der Nachbarschaft eines Staates zu sein, der sich in revolutionärer Gärung befindet. Wäre Deutschland im Laufe der vergangenen 14 Jahre entgegen den Waffenstillstandsbestimmungen nicht so versklavt und ausgebeutet worden, hätte man seine Wirtschaft nicht zerschlagen, ein Drittel des Volkes in Not und Elend gestürzt, so hätte sich die Wiedergesundung des Volkes, besser gesagt der. Volkswerdungsprozeß und die Überwindung der Kleinstaaterei, in wenn möglich noch größerer Ruhe und Ordnung vollzogen, als dies jetzt im letzten Augenblick, wo bereits der Bolschewismus seine Fangarme zur letzten Umfassung ausgebreitet hatte, auf dem Wege der Aufrichtung einer nationalen Regierung - sollte nicht das deutsche Volk und mit ihm die europäische Kultur vollends zusammenbrechen - ermöglicht wurde. Erst einer späteren ruhigeren Zeit wird es vorbehalten bleiben, die große Tat, die das völkische Deutschland in der Richtung der Niederwerfung des Kommunismus und seiner offenen und stillen Förderer in diesen Wochen und Monaten für die Erhaltung der europäischen Kultur geleistet hatte. Für die an der Niederwerfung des Bolschewismus Unbeteiligten ist es zwar leicht, heute zu frohlocken, daß die Voraussage des Sieges der bolschewistischen Revolution nicht eingetreten sei. Niemand wird aber leugnen können, daß, wenn das nationale Deutschland nicht im letzten Augenblicke die Vernichtung der bolschewistischen Pest unter Einsatz seiner Jugend niedergeschlagen hätte, keine Grenzbefestigung die angrenzenden Staaten von der Überflutung durch den Bolschewismus hätte retten können.

Wir betrachten ruhig und klar die Entwicklung der Verhältnisse und wir sehen immer deutlicher, daß die èechische Innen- und vor allem die èechische Außenpolitik in ihrer engherzigen Einstellung auf die Unabänderlichkeit der Friedensdiktate und der èechischen Nationalstaatspolitik und dadurch immer mehr und mehr zum Gefangenen jener verhängnisvollen Blockpolitik wird, die Europa immer deutlicher dem drohenden Verhängnis entgegenführt. Die Innenpolitik hierzulande ist nur ein Spiegelbild der Außenpolitik. Den diesen Staat bewohnenden nichtèechischen Nationen, vor allem uns Sudetendeutschen, wird immer gepredigt, daß man nichts Böses im Schilde führe, daß man uns doch die Gleichberechtigung vor dem Gesetze zuerkannt habe und daß es doch undankbar sei, wenn wir uns dieses Entgegenkommens nicht dadurch würdig erweisen wollen, daß wir zu all den gegen unser Volkstum, gegen unsere Wirtschaft und vor allem gegen unseren bodenständigen Arbeitsplatz, der uns zu Zehntausenden widerrechtlich abgenommen wurde, geführten Schlägen, noch immer nicht bereit sind, unseren Segen zu geben. Dr. Beneš, der in außenpolitischen Fragen so gerne den status quo des Jahres 1918 verteidigt, hätte ja durch seinen weitgehenden Einfluß in der Innenpolitik die Möglichkeit, die Ehrlichkeit seiner status quo Forderung dadurch zu bekräftigen, daß die von ihm geistig geführte Regierung vor allem auch den status quo des Sudetendeutschtums auf seinem Volksboden, wie er 1918 bestand, wieder herzustellen und gemäß zumindest dem Bevölkerungsschlüssel, wenn schon nicht dem Steuerschlüssel, den Sudetendeutschen im Rahmen des Staates den ihnen zustehenden Anteil an Stellen bei den Zentralbehörden, an der Staatswirtschaft, vor allem auch bei den Staatsbetrieben, wie überhaupt den ihnen zustehenden Einfluß auf die Innen- und Außenpolitik zu gewährleisten.

Seit 15 Jahren geschieht aber genau das Gegenteil. Die damit verbundenen schweren Folgen innerhalb der sudetendeutschen Wirtschaft und des Arbeitsplatzes, der Kultur, der Bodenpolitik sind geradezu verheerend. Dazu kommt noch die seit Jahresfrist sich immer mehr verschärfende Verfolgungswelle, die Aufstellung tausender Geßlerhüte, wobei man, wie bei dem letzten Rundfunkerlaß, sogar das freie Verfügungsrecht innerhalb der eigenen Wohnung antastet und in weiterem Gefolge ein Denunziantentum heranzüchtet - welche Maßnahmen wohl eines ausgesprochenen Polizeistaates würdig sind, aber niemals in einem sich demokratisch nennenden Staate geübt und verhängt werden dürfen. Dieses sich immer mehr ausbreitende Niederknüppelungssystem gegen das völkische Sudetendeutschtum wird nur dazu beitragen, die Wiederstandskraft zu stählen. Welche Erlässe auch in Zukunft immer ersonnen werden mögen, unser Volk wird in seinem gerechten Kampfe um Deutscherhaltung seines Heimatbodens und seines Arbeitsplatzes nicht erlahmen. Aus der Liebe zu dieser unserer Heimat werden wir die Kraft schöpfen, um auch uns das Recht auf unseren Heimatboden, das Recht auf Leben, Arbeit und Brot in der Heimat zu erkämpfen. Es ist müßig zu glauben, sich durch schöne Worte allein die Zustimmung unseres Volkes zu dieser Politik holen zu können. Parteien sind nicht das Volk und wer die Stimme des Volkes nicht fürchtet, möge, soweit er sich zur Demokratie bekennt, nicht davor zurückschrecken, das Volk im Wege einer Wahl um seine Stellungnahme zu den ernsten uns bewegenden Fragen zu hören.

Wir Nationalparteiler vertrauen auf die Gesundung unseres Volkstums, auf seinen Lebenswillen in allen seinen Gliedern und wir wissen, daß die Massen der arbeitslosen deutschen Arbeiter genau so wie der vor dem Ruin stehende deutsche Bauer, der Handwerker und Gewerbetreibende, wie die Beamten und Angestellten schärfstens eine Politik verurteilen, die uns den Heimatboden raubt und uns brot- und arbeitslos macht. Wir alle verlangen eine wahrhaft demokratische Politik, d. h. eine Politik, die durch die Tat bereit ist, nicht nur auf die Interessen des Staatsvolkes, sondern gleichermaßen auf die nichtèechischen Staatsbürger Rücksicht zu nehmen. Wir wissen aber auch, daß eine solche Politik naturgemäß nicht auf dem Boden der französischen Blockpolitik, sondern nur auf dem Boden wahrer Gleichberechtigung der Völker im Kleinen wie im Großen möglich ist, nur möglich ist auf den gegebenen geopolitischen und wirtschaftspolitischen Grundlagen, die mit der Schaffung eines großen mitteleuropäischen Wirtschaftsgebietes aufgerichtet und gekrönt werden müßten. Das Herz dieses Wirtschaftsgebietes ist - und diese Tatsache kann nicht weggeleugnet werden - Deutschland. Während Dr. Beneš in einem seiner letzten Referate noch ausdrücklich erklärt hat, daß keine Lösung ohne und gegen Deutschland und Italien gefunden werden solle und könne, müssen wir heute neuerlich feststellen, daß die von ihm verkündete Politik den Ausbau dieser so dringend notwendigen Beziehungen in der Praxis nur hemmt und stört und aus all diesen Gründen lehnen wir daher mit aller Entschiedenheit den Bericht Dr. Beneš's ab. (Potlesk.)


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