Ètvrtek 2. února 1933

Wir sind mit dem Ausgang der Genfer Konferenz nicht voll zufrieden. Es wäre eine andere und wertgvollere Arbeit geleistet worden, wenn man sich für die Resolution die die Arbeitergruppe eingebracht hat, erklärt haben würde. Aber es ist schließlich in der Resolution, die angenommen wurde, in dem Einbekenntnis, daß die Verkürzung der Arbeitszeit auf 40 Stunden in der Woche mit ein Schritt ist, der in dieser Krisenzeit zur Bekämpfung der Not angewendet werden muß, ein Fortschritt zu sehen und es kommt nun darauf an, daß aus den weiteren Auswirkungen der Wirtschaftskrise die verantwortlichen Staatsregierungen lernen, das Richtige zu tun, der internationalen Forderung der Arbeiterklasse Rechnung zu tragen und die Verkürzung der Arbeitszeit durchzuführen.

Diese beiden Probleme, Arbeitslosenfürsorge und Arbeitszeit, hängen miteinander zusammen. Die Arbeitslosenfürsorge ist eine Verpflichtung des Staates, die Menschen, die aus dem Produktionsprozeß ausgeschieden sind nicht zugrunde gehen zu lassen und die Verkürzung der Arbeitszeit ist ebenso notwendig, weil dadurch möglich wäre, einem Bruchteil der Beschäftigungslosen wieder die Rückkehr in die Betriebe zu ermöglichen. Lassen Sie mich über die Arbeitslosenfürsorge noch kurz ein paar Worte sagen. Es wird so darüber gesprochen, als ob sie ein Entgegenkommen, eine Konzession an die Arbeiterklasse wäre. Die Arbeiter wissen, daß an ihrem Lose die kapitalistische Wirtschaftsordnung schuld ist, aber daß der Staat verpflichtet ist, durch gesetzliche Maßnahmen jeden Bürger, und der Arbeiter ist auch Bürger des Staates, vor dem völligen Zugrundegehen zu bewahren. Der Staat greift sofort ein, wenn Wirtschaftsunternehmen oder Banken in Verlegenheit kommen. Er muß auch mitunter eingreifen, weil damit sehr oft die Aufrechterhaltung industrieller Betriebe verbunden ist. Der Staat ist also da sofort geschäftig bei der Hand, um zu helfen. Wenn ein Mensch, der sein Leben lang gearbeitet hat, plötzlich aufs Pflaster geworfen wird, weil ein paar Kapitalisten eine Konzentration ihrer Betriebe vornehmen und im Verlaufe solcher Experimente ganze Werke still legen und die Arbeiter deswegen hinausfliegen und keine Beschäftigung mehr haben, so ist an diesem Los nicht der Arbeiter schuld, sondern die Vorgänge im Wirtschaftsleben. Wenn der Staat da nicht eingreift, wenn er es unterläßt, durch gesetzliche Maßnahmen die Stillegung von Betrieben zu verhindern, dann muß der Staat zum Schutz dieser Menschen das Notwendige veranlassen. Kann der Staat dem Arbeiter keine Arbeit verschaffen, dann muß er die Mittel bereitstellen, um die Arbeiter vor dem Verhungern zu schützen und man kommt über diese Aufgabe nicht mit Redensarten hinweg, wie wir sie über die Arbeitslosen oft hören können. Deswegen muß besonders in der gegenwärtigen Zeit das wenige, das wir an Arbeitslosenfürsorge haben, erhalten bleiben. Es ist unsozial, eine Hetze gegen die Arbeitslosenfürsorge planmäßig zu organisieren. Eine solche Hetze besteht, die haben wir.

Es ist eigentümlich, daß manche Herren, die sich an der Hetze gegen die Arbeitslosenfürsorge beteilien, an die Spitze von Abordnungen treten, die nach Prag gehen und Verbesserungen in der Arbeitslosenfürsorge verlangen. Ganz bezeichnend, daß manche, die über die Arbeitslosenfürsorge nicht abfällig genug urteilen können, die in jedem Arheitslosen einen Menschen erblicken, der nicht arbeiten will, der faul ist, und keine Lust zur Arbeit hat, sich an Hungermärschen beteiligen und sich in demagogischen Redensarten ergehen, als ob sie Einsicht und Verständnis für die furchtbare Not der Arbeitslosen hätten. (Posl. Kaufmann: Die die Löhne abgebaut haben!) Ja, dieselben Herren, die sich nicht darüber aufgehalten haben, als nach Beginn der Wirtschaftskrise die Industriellen die Löhne abgebaut haben, als das zweimal, dreimal und viermal geschah. Aber dieselben Herren greifen die sozialistischen Parteien in der Koalition an und stellen es so hin als ob die Politik der Sozialisten die Kaufkraft der arbeitenden Menschen herabgesetzt hätte. Nun weiß ich, welche Absicht bei gewissen bürgerlichen Parteien hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung der Arbeitslosenfürsorge in der Èechoslovakei besteht. Eines müssen wir feststellen: was immer in der Arbeitslosenfürsorge in der Èechoslovakei besteht, ist lange nicht das, wozu der Staat verpflichtet wäre. In Deutschland haben wir einige Notverordnungen gehabt, so eine Notverordnung Papens, die die Arbeitslosenunterstützung sehr scharf hergenommen hat. Aber wenn Sie das, was drüben noch dem Arbeitslosen gesichert ist, mit der Relation vergleichen, auf welcher der Arbeitslose in der Èechoslovakei gesetzt ist, werden Sie finden, daß wir im Hintertreffen sind. Wie lange das drüben noch so sein wird, weiß ich nicht. Aus dem politischen Umschwung, der sich in Deutschland vollzieht, kann manches Schlimmere hervorgehen als unter Papen geschehen ist und es ist sehr bezeichnend, daß dieser politische Umsturz, wie man so sagt, in der Èechoslovakei auch von deutschen Parteien bejubelt wird, bejubelt wird von Parteien, die vorgeben, Arbeiterpolitik zu machen und keinen Augenblick daran denken, daß das, was jetzt in Deutschland droht, alles übertreffen wird, was den Arbeitern bisher zugemutet und auferlegt wurde, von Brüning über Papen bis zu Schleicher.

Man braucht ja nur die Liste derKabinettsmitglieder anzusehen, um zu wissen, wohin die Reise geht. Der sozialen Gesetzgebung in Deutschland droht schwere Gefahr. Denn daß die Junker und Schwerindustriellen eine Hitlerregierung bejubeln, wenn diese in der sozialpolitischen Gesetzgebung vorwärts schreiten will, kann man doch nicht annehmen. Da sind uns die Reden viel zu sehr in Erinnerung, die der jetzige Reichskanzler von Deutschland in der hohen Gesellschaft der Schwerindustrie gehalten hat, wo er erklärte, daß es mit der Einmischung der Gewerkschaften in das Wirtschaftsleben aufhören muß, daß die deutsche Witrschaft diese Einmischung der Gewerkschaften nicht ertrage und daß damit Schluß gemacht werden muß. Wir erkennen sehr gut seine Stellung zu den Gewerkschaften, er meint, daß sie ausgerottet werden müssen, wenn Deutschland hochkommen soll; er macht gegen sie den Sturmbock, und für diese Arbeit, die er den Industriellen angekündigt hat, wird er von den reichsten Herren Deutschlands unterstützt, wird er vorgeschoben. Machen wird er als Reichskanzler doch nur das dürfen, was ihm die Schwerindustriellen und die ostelbischen Junker erlauben. Aber er wird es tun, weil er ja von Anfang an seine Politik darauf eingestellt hat. (Posl. Köhler: Herr Schäfer, Sie dürfen ja auch nichts anderes tun, als was die èechischen Agrarier erlauben! - Veselost. - Posl. Hackenberg: Das glauben Sie ja selbst nicht! - Výkøiky.) Dann kennen sie von Deutschland wenig. Ich will nur zwei Beispiele anführen, die scharf beleuchten, was jetzt in Deutschland zu erwarten ist. Zunächst die Entlassung des Staatssekretärs Dr. Grieser. Es ist das ein Mann von internationalem Ruf, ein Sozialpolitiker und Kenner des Sozialversicherungswesens, wie es in der Welt keinen zweiten gibt, der sich überall des besten Ansehens erfreut, den deshalb natürlich Hitler nicht mehr brauchen kann. Wie kann man dennoch weiter einen Mann verwenden, der internationale Bedeutung hat und dessen soziale Einsicht und sozialpolitischen Kenntnisse auch von den Franzosen anerkannt und zugegeben werden! Das ist der eine Fall. Der andere Fall ist, daß man die ganze Zeit hindurch offen erklärt hat, mit den Gewerkschaften muß ein Ende gemacht werden. Hitler hat in seinem Buche geschrieben, daß er die Gewerkschaften grimmig hasse. (Posl. Köhler: Das Gegenteil steht in seinem Buche "Mein Kampf"!) Im Buche "Mein Kampf" steht es. Herr Kollege, Adolf Hitler war einmal in Wien als Anstreichergehilfe auf einem Bau beschäftigt. Da hat man von ihm verlangt - haben Sie es in Erinnerung, was er sagt? Damals ist man an ihn herangegangen. Wie jeder andere Arbeiter auf dem Bau sollte er sich gewerkschaftlich organisieren. (Pøedsednictví se ujal pøedseda dr Stanìk.) Denn was er dort an Arbeitsbedingungen vorfindet, ist auf dem Wege des gewerkschaftlichen Kampfes errungen worden. Man hat ihm gesagt, es sei unmoralisch, an etwas Anteil zu nehmen, was andere erkämpft haben. Aber er hat es als etwas Schimpfliches zurückgewiesen, daß man verlangte, in die Gewerkschaft einzutreten. (Posl. Köhler: So ist es nicht, er hat abgelehnt, in eine sozialdemokratische Gewerkschaft einzutreten!) Mit solchen Ausreden werden Sie nicht viel ausrichten. In Österreich, in Wien, hat es damals nur sozialdemokratische Gewerkschaften gegeben. (Posl. Köhler: Auch sozialdemokratische Gewerkschaften sind keine Zwangsgewerkschaften!) Es gab noch nicht diese Auch-Gewerkschaften, die man später aus politischen Bedürfnissen von den bürgerlichen Parteien errichtet hat. Es waren moderne Gewerkschaften. Koll. Köhler weiß doch auch, daß die Gewerkschaften niemals ein politisches Programm vorangestellt, sondern immer erklärt haben, alle Arbeiter des gleichen Berufes, mögen sie politisch denken wie sie wollen, zusammenzufassen, um sich auf dem Boden des Arbeitsplatzes mit den Unternehmern wirkungsvoll auseinandersetzen zu können. Natürlich waren die sozialdemokratischen Arbeiter auch die besten freien Gewerkschafter. Wer hat denn zuerst in Deutschland, in Österreich, in allen Staaten Europas den Kampf der Arbeiter, die Zusammenfassung der Arbeiter in den Betrieben befürwortet? Wer ist denn zuerst daran gegangen, die Kräfte der Arbeiter zu sammeln und auszusprechen, daß der einzelne Arbeiter gegenüber dem Unternehmer nichts bedeutet, sondern erst geschlossen und zusammengefaßt mit den übrigen Arbeitern seine Forderungen durchsetzen könne? Das waren die Sozialdemokraten. Herr Koll. Köhler, glauben Sie denn, daß die Unternehmer jemals für wirkliche Gewerkschaften etwas übrig haben? Glauben Sie denn wirklich, daß in Deutschland der Schwerindustrielle Thyssen, einer der reichsten Männer, mit Hitler Kameradschaft geschlossen hat, ihm zujubelt, sich in nationalistische Organisationen eintragen ließ, weil er in der nationalsozialistischen Partei eine Partei der Arbeiterklasse erblickt, die das Los der Arbeiter verbessern und einen Ausgleich der wirtschaftlichen Gegensätze auf dem Wege des gewerkschaftlichen Kampfes herbeiführen will? Glauben Sie das? (Posl. Köhler: Was haben die Regierungen getan, die von Ihrer Partei geführt wurden? Sie hab en ja lange regiert!) Sie haben noch nicht regiert. Die Sozialdemokraten in Deutschland haben von der konstituierenden Nationalversammlung angefangen, nie die Möglichkeit gehabt, allein zu regieren, sie haben immer in Koalitionsregierungen mit den anderen sich auseinandersetzen müssen . . . (Posl. Köhler: Und jetzt machen Sie Hitler zum Vorwurf, daß er dasselbe tut!) Dem Hitler machen wir nichts zum Vorwurf. Wir stellen aber fest, daß der Mann erst vor wenigen Wochen erklärt hat, daß Papen zu den vornehmen Leuten gehöre, die die große Partei und ihren Umschwung ausgenützt haben, um in die Amtlichkeit zu klettern, daß man Papen und seinen Anhang auf alle mögliche Weise beschimpft hat und sich jetzt . . . (Posl. Köhler: Ich möchte nicht zitieren, was Bauer, Scheidemann und die anderen gegen ihre frühere Koalitionsgenossen gesagt haben!) Das können Sie zitieren, wir werden uns aber darüber hier nicht auseinandersetzen.

Ein Adeliger, der Junker Januschau-Oldenburg, hat einmal, vor wenigen Wochen gesagt, man müsse Adolf Hitler erst ordentlich entlausen, dann werde er schon brauchbar sein. Wahrscheinlich hat Papen jetzt gemerkt, daß die Entlausungsperiode vorüber und daß Hitler jetzt als Reichskanzler zu gebrauchen sei gegen die Marxisten, gegen die Novemberverbrecher. Es geht aber um mehr. Es geht um die Demokratie. Und da, meine Herren, möchte ich nur Folgendes sagen: Wenn wir im Laufe des gestrigen Tages hier so heiße Worte gehört haben, die über die Grenze an die Nationalsozialisten Deutschlands und an Hitler gerichtet wurden, Worte, die förmlich aufzeigten, wie sehr es die Herren schmerzt, daß sie sich nicht an den Fackelzügen für Hitler haben beteiligen können, so möchten wir dem gegenüber sagen, wir blicken ebenfalls nach Deutschland hinüber, aber unsere Sympathien und Wünsche sind an die Arbeiterklasse, an das Proletariat Deutschlands gerichtet, das vor den schwersten und geschichtlich bedeutungsvollsten Entscheidungskämpfen steht, die sich jetzt in Deutschland abspielen. Wir verfolgen mit Spannung, was sich drüben ereignet, beseelt von dem Wunsche, daß es der deutschen Arbeiterklasse gelingen möge, in diesem Entscheidungskampfe das zu retten, was in Deutschland noch an Demokratie vorhanden ist. Es geht heute in Deutschland um viel, es geht den neuen Herren um die Wiederaufrichtung einer brutalen Junkerherrschaft. Unsagbar traurig ist es, daß eine Partei, die vorgibt eine Arbeiterpartei zu sein, an dieser Wiederaufrichtung der Junkerherrschaft beteiligt ist, ja sich zum Träger in der Herrschaft macht. (Posl. Köhler: Sie sitzen ja auch mit den èechischen Agrariern in einer Regierung, die unsere ganze deutsche Wirtschat vernichtet hat!) Da besteht schon ein gewaltiger Unterschied. Das läßt sich nicht miteinander vergleichen.

Unsere Sympathie gehört dem deutschen Proletariat. Ich habe die Hoffnung, daß der von Hitler, nicht aus übermäßigem Mut heraufbeschworene Wahlkampf nicht nur ausgehen wird wie es die Demokratie erwartet, sondern so, daß der Wiederaufstieg der Demokratie in Deutschland ermöglicht wird. Was wir als Proletarier der Èechoslovakei werden tun können, um das arbeitende Volk in Deutschland in einem so schweren Abwehrkampf gegen die Feinde der Arbeiterklasse zu unterstützen wird geschehen. Wir gönnen den Nationalsozialisten den Reichskanzler Hitler. Wir sehen in ihm den Mann, der erfüllt ist von Gehässigkeit gegen alles, was mit der Arbeiterbewegung nur irgendeinen Zusammenhang hat. Wir sehen in ihm den Mann, der den Mörder von Poremba als seinen Kameraden jubelnd begrüßt hat, der seine Tat gefeiert hat als die Vollstreckung eines Volksurteils. Wir sehen in ihm den Herrn, den sich die Schwerindustriellen und die ostelbischen Junker ausgesucht haben, um die Demokratie zu erschlagen, um die Aufdeckung der Osthilfeskandale zu verhindern, die in den letzten Wochen ruchbar geworden sind. Wir sehen in ihm den Mann, der sich zum Kameraden auserkoren hat einen Menschen, der nicht nur ein ganz feiger Meuchelmörder war, sondern von dem heute bekannt ist, daß er den Vorwurf verdient, den man dem Ermordeten gemacht hat. Jetzt in den letzten Tagen ist aufgedeckt worden, daß der SA-Mann Gräupner, der an dem Morde in Poremba beteiligt war, in Oberschlesien mit den Waffen in der Hand gegen die Deutschen gekämpft und 10 Jahre in der Fremdenlegion in Frankreich gedient hat. Man kann nicht bestreiten und aus der Welt schaffen, daß im politischen Kampf in Deutschland von den Nationalsozialisten Methoden eingeführt worden sind, wie sie in der Kulturwelt bisher nicht üblich waren, Messer, Dolche und Revolver.

Die reichsdeutsche sozialdemokratische Partei sieht mit Entschlossenheit und Ruhe den kommenden Dingen entgegen. Wir sozialdemokratischen Arbeiter in der Èechoslovakei betrachten es als unsere höchste Aufgabe Hand in Hand mit unseren èechischen Kampfgenossen geschlossen dafür einzutreten, alle Versuche die Demokratie zu zerschlagen, gleich am Anfang zurückzuweisen. Wir wollen das, was in Mitteleuropa noch an Demokratie besteht, gegen die faszistische Welle schützen und verteidigen.

Wir wissen, daß der Staatsvoranschlag, der jetzt verhandelt wird, noch lange nicht ein Staatsvoranschlag ist, der die Bedürfnisse des Proletariats zufriedenstellt. Aber wir haben dazu beitragen können und beigetragen, daß in diesem Staatsvoranschlag doch so weit als es die Wirtschaftszustände und die Staatsfinanzen erlauben, bedacht worden sind, die Ausgabeposten, die für die Arbeiterschaft wichtig und nötig sind. Unsere schwerste Aufgabe ist jetzt die Verteidigung der Demokratie. Das deutsche Proletariat, das sich in Verteidigung befindet, hat unsere Sympathie und wir hoffen und sind überzeugt, auch diese Welle des Rückschritts und der Reaktion wird vorüber gehen. Aber die Arbeiterklasse wird zielbewußt fortschreiten bis an die Aufrichtung einer Planwirtschaft, in der nicht auf der einen Seite Vorräte an Waren zerstört, verbrannt und vernichtet werden, weil man sie nicht anbringen kann, und auf der anderen Seite die Leute bei vollen Lagerhäusern verhungern. Wir glauben an diese Zukunft, wir lassen uns nicht irre machen in unserem Ziele. Auf dem Boden der Demokratie und vom Boden der Demokratie aus wollen wir diesem Ziele zustreben, bis es erreicht ist. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Kaspera (viz str. 49 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Bevor ich mich mit den heute zur Verhandlung stehenden Fragen beschäftige, muß ich kurz zu einem Vorfall von heute Vormittag Stellung nehmen. Der Herr Abg. Schäfer hat es als Angehöriger der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei für notwendig befunden, sich in echt marxistischer Art mit dem neuen Kanzler des Deutschen Reiches zu beschäftigen. Es erübrigt sich, auf die im üblichen sozialdemokratischen Versammlungston vorgebrachten Angriffe näher einzugehen, dies umsomehr, als Koll. Köhler die gröbsten Unwahrheiten bereits durch Zwischenrufe richtiggestellt hat. Im übrigen aber sind diese Ausfälle für die Art der marxistischen Kampfmethoden gegen den Nationalismus recht bezeichnend. Die Exponenten einer Partei, die Deutschland in vieljähriger Zusammenarbeit mit den großkapitalistischen Finanzmagnaten hart an den Rand des Abgrundes gebracht hat, erkühnen sich, bereits am zweiten Tage nach dem Amtsantritt des nationalsozialistischen Führers des Deutschen Reiches, sich ein Urteil über die kommende Aufbauarbeit anzumaßen. Aller Niedertracht und allen Gehässigkeiten zum Trotz dreht sich das Rad der Zeit weiter. Das wahre Urteil werden die deutschen Arbeitsmenschen durch die geschichtliche Entwicklung fällen. Herr Schäfer und seinesgleichen hätten besser daran getan, anstatt ein voreiliges Urteil über die künftigen Maßnahmen der deutschen Reichsregierung abzugeben, den hunderttausenden hungernden und darbenden sudetendeutschen Arbeitsmenschen durch Regierungstaten eine Erleichterung ihrer trostlosen Lage zu bringen und ihnen den Weg zu Arbeit und Brot zu erschließen. Auch darüber wird die sudetendeutsche Arbeiterschaft trotz aller Tiraden ein abschließendes Urteil fällen und gründliche Abrechnung halten. Dafür werden auch wir recht reichlich Sorge tragen.

Die diesjährigen Budgetberatungen stehen noch weit mehr als jene der Vorjahre im Zeichen einer furchtbaren Wirtschaftsnot. Die sich daraus ergebende, allgemeine Unsicherheit läßt alle Berechnungen und Voraussagen für die Zukunft recht ungewiß erscheinen. Wohl prophezeiten die sogenannten Wirtschaftsführer schon zu wiederholten Malen - und tun es auch gegenwärtig wieder - eine kommende Besserung, indessen es immer schlechter und schlechter wurde. Schon mehrmals sahen diese Art von Propheten den berühmten "Silberstreifen" am wirtschaftlichen Horizont aufleuchten. Inzwischen geht der wirtschaftliche Verfall unaufhaltsam weiter und nimmt geradezu katastrophale Formen an. Alle Länder und Staaten bekommen gegenwärtig die furchtbare Geißel der Wirtschaftskrise zu spüren; denn die schwere wirtschaftliche Erschütterung hat in einem mehr oder minder großen Ausmaße nicht nur alle europäischen, sondern auch außereuropäischen Staaten ergriffen. Selbst das geradezu im Golde schwimmende Amerika ist nicht verschont geblieben. Nur in Frankreich macht sich die Krise verhältnismäßig schwächer bemerkbar, indessen in den großen Industriestaaten zum Großteil ein Viertel, in manchen sogar ein Drittel der gesamten Arbeitnehmerschaft arbeitslos ist. Schon vor längerer Zeit wurde vom "Internationalen Arbeitsamt" die Zahl der Arbeitslosen in der Welt mit rund 30 Millionen angegeben. Die Hinzurechnung der Familienangehörigen ergibt, daß mindestens 70 bis 80 Millionen Menschen direkt unter den Auswirkungen der Wirtschaftskatastrophe zu leiden haben. Der jährliche Lohnausfall wurde mit 672 Milliarden Kronen festgestellt. Diese überaus gigantischen Zahlen und Summen bezeugen mit aller Deutlichkeit das vollständige Versagen des heutigen kapitalistischen Systems und die furchtbare wirtschaftliche Verwüstung, die das Zeitalter der liberalistischen Wirtschaftsauffassung angerichtet hat. Der Wirtschaftsverfall aber dauert weiter an. Das gewaltige Heer der Hungernden und Darbenden wächst von Tag zu Tag. Es wird solange weiter wachsen, solange man sich nicht zu grundlegenden Änderungen und damit zur vollständigen Beseitigung des heutigen liberalkapitalistischen Systems entschließt. Der katastrophale Wirtschaftsverfall wird solange weiter andauern, solange es an dem notwendigen Mut gebricht, die Irrtümer und Verbrechen der vergangenen Epoche zu korrigieren, die Methoden zu ändern, die die Welt in das heutige Unglück geführt haben und jenes System zu beseitigen, unter dem, oder besser gesagt, durch das sich solche grauenhafte Zustände entwickeln konnten.

Sicherlich hat es schon vor dem Kriege sogenannte Konjunkturschwankungen gegeben. Es wäre jedoch ein großer Irrtum, zu glauben, daß die gegenwärtige Desorganisation des internationalen Wirtschaftsapparates weiter nichts als eine ins riesenhafte gesteigerte Konjunkturkrise sei, die nach einiger Zeit von selbst wieder ins Gleichgewicht kommen werde. Diese Ansicht wäre vollkommen falsch, weil es sich nicht um eine konjunkturelle, sondern vielmehr um eine strukturelle Krise handelt, deren Ursachen mannigfacher Art, und zwar sowohl wirtschaftlicher, wie politischer Natur sind. Es besteht durchaus kein Zweifel darüber, daß sich eine gewisse Umlagerung bereits vor dem großen Völkerringen anbahnte. Der Krieg und seine Folgeerscheinungen haben diese Umstellung gefördert und beschleunigt. Die vollständige Absperrung der Mittelmächte vom Weltmarkte bedingte einen Um- und Ausbau der Wirtschaft. Dazu gesellten sich tiefgreifende Veränderungen in den überseeischen Gebieten, vor allem eine ständig zunehmende Industrialisierung der Überseeländer. Außer der fast vollständigen Abschließung Rußlands vom Weltmarkte, wurden auch in Indien, Kanada, Australien, Japan usw. neue Industrien in großem Ausmaße geschaffen. Der Krieg, noch mehr aber die Vorgänge in der Nachkriegszeit, brachten eine Verschiebung des Weltwirtschaftszentrums von Europa nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika mit sich. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)

Damit sind wir jedoch zugleich auch bei den wahren Ursachen der heutigen furchtbaren Weltwirtschaftskrise angelangt. Sie sind in erster Linie rein politischer Natur und liegen vornehmlich in den Friedensverträgen von Versailles und St. Germain verankert. Durch diese Wahnsinnsdiktate wurde der Weltkrieg wohl formell beendet, aber keineswegs der so dringend notwendige Frieden begründet. Ein neuer, in seinen Formen und Auswirkungen keineswegs milderer Krieg wurde durch sie entfacht. Es begann ein folgenschwerer Wirtschaftskrieg, der ungeheure Verwüstungen angerichtet hat. Aber auch das Massensterben hält weiter an. Allerdings sterben heute nicht mehr Tausende und Abertausende durch die Kugel - es sei denn durch die eigene, um dem Jammerdasein ein Ende zu bereiten oder durch jene der staatlichen Gewalten, zum Zwecke jener vielgerühmten Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Sie gehen vielmehr an einem erbärmlichen Hungertode zugrunde oder leben in dumpfer Verzweiflung. Die Schuld an diesem Zustande tragen jene, die die heutigen Verhältnisse künstlich heraufbeschworen haben. In einem blinden Tributwahne glaubten die Siegermächte durch Vernichtung der deutschen Wirtschaft auf leichtem Wege zu Wohlstand und Reichtum gelangen zu können. Bald mußten sie jedoch einsehen, daß sie sich arg verrechnet und dadurch selbst in die ärgsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher Natur hineinlaviert hatten, von denen sie sich bestimmt in Versailles nichts träumen ließen. Durch die Bezahlung von Kriegsschulden, Tributen und die Leistung von Reparationen wurde die Kaufkraft von Millionen Menschen nicht nur stark beeinflußt, sondern geradezu vernichtet. Es ist sicher richtig, wenn man heute von einer Überindustrialisierung spricht. Die Weltwirtschaftskrise aber nur als eine Krise der Überproduktion zu bezeichnen, ist vollkommen falsch. Eine derartige Feststellung wäre schon deshalb unrichtig, weil auf der einen Seite ein riesiger Überschuß an Waren zu verzeichnen ist, während auf der anderen Seite dieselben Waren mehr als dringend benötigt werden, aber nicht erworben werden können. Die arbeitende Menschheit, ganz gleich, ob aus Industrie, Handel, Gewerbe oder Landwirtschaft besitzt im Gegenteil eine ungeheuere Aufnahmsfähigkeit. Mangelnde Kaufkraft und unerhörte Profitsucht sind vielmehr die Ursachen des Versagens und der Vernichtung von Waren und Lebensmitteln. Arbeitslos oder ausgesogen durch ungeheure Lasten sind die Menschen in der heutigen Zeit des kapitalistischen Systems mit seiner Tribut-, Schuld- und Zinsknechtschaft ihrer Kaufkraft beraubt.

Darüber hinaus brachte es die Verschuldung Europas an Amerika auch mit sich, daß uns die Geldgeber dieses Landes das heutige Wirtschaftstempo aufzwangen: War schon durch den rieg die technische Vervollkommnung der Wirtschaft um Jahrzehnte beschleunigt worden, so vollzog sich diese Entwicklung unter dem Drucke Amerikas noch viel rascher und artete unter dem Schutze der liberalistischen Wirtschaftsauffassung zur Katastrophe aus. Durch die Rationalisierung wurden ungeahnte Produktionskräfte geweckt und eine Vermehrung der Produktionsmengen herbeigeführt. Zur Zeit der Konjunktur kann die Rationalisierung ein Helfer zu allgemeinem Wohlstand sein. In Zeiten der wirtschaftlichen Depression vermehrt und vergrößert sie jedoch das Übel. Die Aufgabe der Rationalisierung ist es, dieselbe Gütermenge mit einem kleineren Lohnaufwand herzustellen. Von der Lohns umme jedoch hängt die Kaufkraft ab. Infolge der allgemeinen Verarmung verminderte sich der Konsum, anstatt sich entsprechend der Mehrerzeugúng zu vergrößern. Dadurch ist die Rationalisierung unter dem heutigen, kapitalistischen Wirtschaftssystem zum Unheil und die Maschine zum Unglück für die Gesamtheit der arbeitenden Menschen geworden. Die überhastete Rationalisierung hat damit in der heutigen Zeit der liberalen Wirtschaftsauffassung, in der einzig und allein Anbot und Nachfrage den Preis, Profit und Unternehmerinteressen die Produktionsmenge bestimmen, jenes Ergebnis gezeitigt, das zu erwarten war: Ein Millionenheer von Arbeitslosen, das gebieterisch nach Arbeit und Brot verlangt! Dieser Zustand beweist, wie reif die heutigen, sogenannten Wirtschaftsführer zum Abtreten sind; denn das durch sie vertretene kapitalistische System hat sowohl die Wirtschaft, als auch die mit ihr auf Gedeih und Verderb verbundenen Menschen in den Abgrund geführt. Der heutige wirtschaftliche Zusammenbruch ist damit nichts anderes, als die natürliche Folge politischer Gewaltmaßnahmen, sowie des Zusammenbruches des herrschenden liberalistischen Wirtschaftssystems. Damit geht aber auch das Zeitalter des Kapitalismus, also der nackten Herrschaft des Geldes, die zur Zinsknechtschaft und zur völligen Versklavung der Arbeit führt, einem unrühmlichen Ende entgegen, um neuen Formen und neuen Ideen Platz zu machen.

Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, daß die allgemeine wirtschaftliche Erschütterung auch vor den weiß-rot-blauen Grenzpfählen der Èechoslovakei, mit seiner ausgesprochenen Exportindustrie, nicht halt machte. Im Gegenteil, außer den Auswirkungen der allgemeinen Weltwirtschaftskrise trug auch die Art der Entstehung dieses Staates wesentlich zur wirtschaftlichen Vernichtung bei. Die durch die Friedensdiktate gewaltsam heraufbeschworene Neugestaltung Europas führte zur unheilvollsten Zertrümmerung jahrhunderte alter Wirtschaftsgebiete. Dadurch wurden die Grundlagen für die verhängnisvollste und am nachhaltigsten wirkende Strukturwandlung Europas geschaffen. Aus 26 Zollgebieten wurden 38. Die Zollgrenzen vermehrten sich um 11.000 km. Die Zahl der selbständigen Währungen stieg von 13 auf 27. Das einheitliche Vertragszollgebiet der Österreich-Ungarischen Monarchie wurde über Nacht durch eine ganze Reihe von Zollschranken zerschnitten. Ein 51.3 Millionen Menschen umfassendes Reich hatte mit einem Schlage auch als geschlossenes Wirtschaftsgebiet zu bestehen aufgehört. Daß dieser gewaltsame Eingriff in eine bewährte und alt eingelebte Wirtschaftsordnung nicht ohne die nachhaltigsten Folgen bleiben konnte, hätte müssen jedem Denkenden klar sein, dies umso mehr, als nicht alle Nachfolgestaaten zu gleichen Teilen Erben der vorhandenen Industrie wurden. Die künstliche Zerstückelung Europas mußte daher notgedrungen zu einer sehr unwirtschaftlichen Industrialisierung führen. Jeder Staat setzte seinen ganzen Eh rgeiz darein, unabhängig zu werden und daher möglichst viel im eigenen Lande zu erzeugen. Unter Zuhilfenahme staatlicher Subventionen und unter dem Schutze hoher Zollschranken wurden in den Nachfolgestaaten auf Kosten der bereits bestehenden, neue Industrien geschaffen. Das mußte sich vor allem in der Èechoslovakei in Form von Absatzstockungen, Betriebsstillegungen und Schaffung eines gewaltigen Arbeitslosenheeres äußern. Schuld daran fällt jenen zu, die aus Unwissenheit oder aus politischem Haß die Karte Europas in einem so weitgehenden Maße umgestalteten und sich zu diesem Zwecke unverantwortlicher Eingriffe in eine jahrhundertealte wirtschaftliche Verbundenheit schuldig machten.


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