Støeda 1. února 1933

Wir brauchen, wie Kramáø neuerlich mit Recht betont hat, einen weiten Wirtschaftsraum. Dieser ist aber ohne Einbeziehung von Deutschland und Italien, so ungern das manche hören mögen, nicht möglich. Wir brauchen Handelsverträge gerade mit denen, die unsere Nachbarn sind, Deutschland, Österreich und Ungarn, die immer unsere Hauptabnehmer waren und wieder werden müssen, wenn unsere Industrie gedeihen soll. Daß das möglich ist, trotz aller politischen Spannungen, dafür ist der deutlichste Beweis, daß zwischen Deutschland und Frankreich kürzlich wieder ein Handelsabkommen getroffen wurde, obwohl die Freundschaft zwischen diesen beiden Staaten gewiß nicht korrekter und größer ist, als die zwischen uns und unseren Nachbarstaaten. Wir brauchen das umsomehr, als alles andere versäumt worden ist, was geeignet gewesen wäre, uns große Wirtschaftsgebiete zu sichern. Wir haben seinerzeit von dem Artikel 222 des Friedensvertrages keinen Gebrauch gemacht, der Präferenzzölle zwischen den Nachfolgestaaten gestattet hätte und man hat die deutschösterreichische Zollunion unmöglich gemacht und schließlich mit der Devisenwirtschaft alles erschlagen. Die Devisenwirtschaft ist durchaus gerechtfertigt und notwendig zu dem Zwecke, um die Währung zu schützen, die Vermögensflucht hintanzuhalten, die Beschaffung von Rohstoffen zu ermöglichen und eingefrorene Auslandskredite aufzutauen. Das sind die zweckmäßigen Wirkungen einer gesunden Devisenwirtschaft. Aber man hat darüber hinaus aus der Devisenwirtschaft ein Gewaltorgan geschaffen, das alles in die Hände bekommen und den letzten Rest unserer Industrie vernichtet hat. Darum sagte kürzlich der frühere Gesandte Vavreèka, ich zitiere wieder eine èechische Quelle, daß unser Protektionismus durch Steuerdruck, hohen Zinsfuß, die Zölle und die Devisenwirtschaft und die Autarkie uns aus der Weltwirtschaft vollkommen ausgeschaltet hat, in einer Weise, daß inzwischen andere, allen voran Deutschland, die Gelegenheit ergriffen haben, um unsere ehemaligen Exportgebiete für sich zu gewinnen. Darum ist hier ein grundsätzlicher Wandel notwendig. Dieser ist in einem Satz ausgedrückt: Wir müssen aufhören, die Wirtschaft in den Dienst der Politik zu stellen, wir müssen umgekehrt eine Politik machen, die den Zwecken der Wirtschaft zu dienen geeignet ist. Der Umschwung besteht in dieser Erkenntnis, daß die Politik ja nicht Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck ist, und das müßte uns umso klarer sein, als wir Tag für Tag sehen, daß Wirtschaft in den Dienst der Politik zu stellen nicht vorteilhaft ist.

Wir haben das beste Verhältnis zu Frankreich und gerade mit diesem Land sind unsere wirtschaftlichen Beziehungen am ungünstigsten. Ich denke da nicht an die demütigende französische Militärmission, sondern nur an den französischen Handelsvertrag, der für uns einer der ungünstigsten ist, und an die französische Anleihe, die unter den ungünstigsten Bedingungen zustande gekommen ist. Ebenso ist es mit einem anderen Freund von uns, Polen; stehen wir doch gerade mit Polen in stetem Handelskrieg. Außenpolitisch war es von Haus aus gewiß begreiflich, daß die Politik, in dem Bestreben, die Existenz des neugegründeten Staates zu sichern, sich an Frankreich angeschlossen hat. Das lag nahe aus der Entstehungsgeschichte des Staates und aus gewissen persönlichen Sympathien. Aber diese einseitige Einstellung erweist sich auf die Dauer als Kampf gegen Windmühlen, sie verschärft die Gegensätze in Europa statt sie zu mildern, und überdies ist es eine Politik, die der Politik des großen französischen Freundes nachhinkt. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Denn niemals hat diesem Staat von deutscher Seite oder von Seite Deutschlands irgendeine ernste Gefahr gedroht. Schon vor dem Krieg hat Deutschland niemals an eine Annexion von deutschböhmlschen Gebieten gedacht und auch in der Nachkriegszeit ist nie etwas derartiges geschehen, so daß sogar Beneš selbst erklärt hat, die Gefahr eines Krieges mit Deutschland ist ausgeschlossen. Namentlich seit dem Vertrag von Locarno, der die Grenzen des Staates sichert, ist jede Gefahr beseitigt und an dem wird auch das Deutschland Hitlers nichts ändern. Die Sudetendeutschen aber waren wohl niemals Irredentisten, vielleicht einzelne Parteien oder Anhänger einzelner Parteien, aber daß es nicht so schlimm ist, haben gerade in letzter Zeit verschiedene Erklärungen der Vertreter solcher Parteien gezeigt, die man vielleicht in diesem Verdacht haben konnte. Und wenn so ist das gewiß eine verschwindende Minderheit. Wenn Sie die Staatsfeinde suchen, dann suchen Sie sie in den Reihen der èechischen Korruptionisten. Spione und Putschisten und in den Redaktionen der èechischen Zeitungen, die ihre Nahrung aus der Verhetzung der Völker dieses Staates ziehen. Die Deutschen sind nur, und das in überwältigender Mehrheit ich glaube bis weit in die Reihen der deutschen Regierungsparteien hinein Gegner des Systems, das leider gerade unter der gegenwärtigen Regierung wiederum zur vollen Herrschaft gekommen ist, des Systems der nationalen Verfolgung und solche Gegner bekämpft man nicht durch hochpolitische Hochverratsprozesse, sondern dadurch, daß man den Stoff zur Unzufriedenheit nimmt und ihnen gewährt, was sie nach Recht und Gesetz zu fordern berechtigt sind.

Unsere Außenpolitik wirkt verschärfend auf die Gegensätze in Europa. Es ist heute eine Binsenwahrheit, die jeder politische Analphabet kennt, daß der Friede Europas und der Welt von einem ernstlichen wirklichen Friedensverhältnis zwischen Deutschland und Franreich und eventuell auch Frankreich und Italien abhängt. Darum muß alles geschehen, um diese Aussöhnung wirklich herbeizuführen. Die Èechoslovakei aber mit der Kleinen Entente wirkt in dieser Hinsicht verhängnisvoll. Es ist eine alte Erfahrung: Alliancen, Ententen und Staatsverträge haben schließlich den Weltkrieg hervorgerufen, weil sie von dem unseligen Sprichwort geleitet waren: si vis pacem para bellum, wenn Du den Frieden willst, bereite den Krieg vor. Wer aber den Frieden will, der darf nicht den Krieg vorbereiten, sondern der muß vor allem den Frieden vorbereiten. Solche Abmachungen und Vereinbarungen, wie sie die Kleine Entente darstellt, haben natürlich die Wirkung, daß sich auf der anderen Seite Gegenverbindungen bilden und so sehen wir die Bestrebungen Italiens, über Österreich und Ungarn hinaus, bis nach Bulgarien und Griechenland ein Gegengewicht gegen die Kleine Entente zu schaffen. Wir sehen, daß Rumänien, was sich schon im Kriege gezeigt hat, zwischen diesen beiden Bindungen unsicher hin und herschwankt, daß Frankreich sich mit Rußand zu einigen trachtet und dazu die Brücke Polen benützt, unter Mißachtung der Kleinen Entente, so daß für unseren Staat schließlich als Freund nur Jugoslavien übrig bleibt, dessen Freundschaft ich nicht allzuhoch einschätzen möchte. Man hat darum, nicht von unserer Seite, sondern von maßgebender außenpolitischer Seite die Kleine Entente geradezu als das Pulverfaß Europas bezeichnet. Anderseits ist sie, wenn wir die Entwicklung der Dinge betrachten, eigentlich für die Èechoslovakei das, was seinerzeit Kramáø vom Dreibund gesagt hat, ein abgespieltes Klavier, deshalb ein abgespieltes Klavier weil, wie gesagt, eine Änderung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Frankreich und zwi schen Frankreich und Italien die künstlichen Gebilde in Europa von selbst über den Haufen werfen wird, weil die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich jede solche Verbindung überflüssig machen wird. Und wenn man die letzte schwermütige Rede Herriots gelesen hat, wird man an etwas erinnert, woran sich allerdings nur die Älteren von uns erinnern werden, an die Rede, die seinerzeit der russische Zar Alexander III. gehalten hat, in der er Montenegro als den einzigen wahren Freund Rußlands bezeichnet hat. Es hat das weder dem Kaiser von Rußland, noch Montenegro geholfen (Veselost.) und so glaube ich, wird auch, wenn die Èechoslovakei der einzige wahre Freund Frankreichs ist, dies weder die Zukunft Frankreichs noch die der Èechoslovakei sicherstellen.

Ich sage aber, diese ganze Politik der Kleinen Entente hinkt eigentlich der französichen Politik bereits nach. Denn Frankreich ist schon längst zu der wahren Erkenntnis der Dinge gekommen. Es hat ein geistreicher Mann, ich glaube sogar ein Mitunterzeichner der Friedensverträge, der Italiener Nitti gesagt, die Verfasser des Wiener Vertrages waren Schuster, aber die von Versailles waren Schuhflicker. Das heißt, die beiden Friedensverträge haben den wirklichen Bedürfnissen Europas nicht entsprochen. Der Versailler Vertrag hat den Vorzug, daß er die Möglichkeit von Änderungen ins Auge faßt und von Revisionsmöglichkeiten spricht. Diese Möglichkeit und Notwendigkeit wird heute allgemein zugegeben, nicht bloß von den Besi egten, sondern auch von den Siegern. Der eben abgetretene französische Ministerpräsident Paul Boncour hat, wenn Sie sich erinnern, in einer seiner letzten Reden gesagt, es gebe Texte, die allmählich zusammenschrumpfen, und er hat das in Bezug auf den Friedensvertrag von Versailles gesagt, und sein Unterstaatssekretär Cot, der deshalb hier besonders unbeliebt ist, hat erklärt, daß die Revision in Frankreich eigentlich schon zum Teil durchgeführt ist, z. B. in der sehr wichtigen Anerkennung der militärischen Gleichberechtigung Deutschlands durch Frankreich, die die Änderung des Versailler Friedensvertrages bezüglich seiner militärischen Bestimmungen bedeutet. Und in vielen anderen Dingen. Nehmen Sie Italien! Italien denkt angeblich an eine italienisch-albanische Zollunion. Auch das ist eine Änderung des Friedensvertrages von Versailles. Und Rumänien will sich ohne Bessarabien nicht zufrieden geben. Also nicht bloß auf Seite der Besiegten, auch auf der Seite der Sieger wird die Revision der Friedensverträge ernstlich erwogen.

Das erkennt man auch bei uns, doch man sträubt sich dagegen. Man läßt die gemeinsamen Generalstäbe der Kleinen Entente zusammenkommen, warnt vor einem Erstarken Deutschlands, und selbst Beneš deutet den Krieg an. Allerdings, wie er sagt, nicht mit Deutschland, aber die Gefahr, daß wir in einen Krieg hineingerissen werden. Diese Gefahr ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, wenn diese neueste Freundschaft zwischen der Èechoslovakei und Polen in demselben Sinne weiter so innig gepflegt werden wird, und die Gefahr eines Krieges in Europa ist gewiß massenhaft vorhanden: Spannung zwischen Jugoslavien und Italien, zwischen Italien und Frankreich, Rumänien und Rußland, und es würde nur eine genügen, um einen Krieg zu entfachen, gegen den alles, was wir bisher erlebt haben, ein Kinderspiel wäre. Deshalb bin ich zwar nicht so pessimistisch wie Beneš oder Kramáø oder wie der französische Schriftsteller Cheradame, der geschrieben hat, 1933 werde eine vollkommene Änderung der europäischen Landkarte bringen. Aber ich möchte sagen: Caveant consules, ne quid detrimenti capiat respublica. Das heißt, es ist Sache der offiziellen Faktoren, alles zu tun, um solchen Gefahren vorzubeugen.

Dazu dienen aber meines Erachtens nicht militärische Rüstungen. Wir haben es im Weltkrieg erlebt. Er ist nicht militärisch gewonnen worden, und künftige Kriege werden noch viel weniger militärisch gewonnen werden. Das Richtigste ist, sich rechtzeitig die richtigen Freunde zu sichern, und vor allem angesichts der allmählichen Abbröckelung der Pariser Friedensverträge den Frieden im Innern zu sichern. Frieden mit den Nachbarn, das ist zugleich für uns auch die richtige Wirtschaftspolitik, Umgestaltung des Völkerbundes aus einem Machtinstrument in ein Friedensinstrument, aus dem Warschauer Landtag, wie es Beneš ausgedrückt hat, zu einem europäischen Areopag, vor allem aber durch Ordnung im Innern.

Österreich ist vor allem daran zugrunde gegangen, daß es ihm nicht gelungen ist, aus seinen Bürgern Österreicher zu machen. Bei uns ist es um kein Haar anders. Wir haben bisher noch keine Èechoslovaken, aber wir haben nicht einmal Èechen, Slovaken und Deutsche. Wir haben nur èechische, slovakische und deutsche Parteiangehörige. Daß die Deutschen noch keine Èechoslovaken geworden sind, kann uns eigentlich nicht wundern. Ich will mich auf die berühmte theoretische Streitfrage nicht einlassen, ob die Gesetze des Staates den Deutschen mehr gewähren, als wozu der Staat durch die Minderheitenschutzverträge verpflichtet ist. Denn selbst dies zugegeben, so steht es höchstens auf dem Papier. Ich will auch nicht auf die immer wiederholten Klagen über die Schulen, die Staatsangestellten, die Enteignung, das Prozeßwesen zurückkommen. Ich möchte nur zur Beleuchtung der Situation ein paar kleine Beispiele aus dem Sprachenrechte anführen.

Nur ein paar kleine Beispiele. Ich will nicht davon sprechen, daß das Oberste Verwaltungsgericht seine Praxis in Sprachenfragen in sehr betrübender Weise geändert hat, umso mehr betrüblich, als diese Änderung wenigstens zeitlich zusammenfällt mit der unüberlegten Äußerung eines den deutschen Regierungsparteien angehörigen Führers, der sich gerühmt hat, daß das Oberste Verwaltungsgericht so entschied, weil Deutsche in der Regierung sitzen, eine Ungeheuerlichkeit einem Gerichte gegenüber so etwas zu behaupten. Tatsache aber ist, daß das Oberste Verwaltungsgericht seitdem seine Praxis geändert hat. Aber ich will nur von Kleinigkeiten sprechen.

Ich möchte hinweisen auf die neueste Regelung der Sprachenfrage im Autogesetz. Die Herren Sozialisten rühmen sich, daß es ihrem nationalen Verständnis gelungen ist, diese Bestimmung schließlich zu mildern. Aber die Herren, zumindest die von deutscher Seite, scheinen sich nicht bewußt zu sein, daß damit etwas gesetzlich anerkannt ist, was das Verwaltungsgericht bis heute als im Widerspruch mit dem Sprachengesetz stehend erklärt hat. Was heute im Autogesetz steht, steht im wesentlichen im § 99 der Sprachenverordnung und diesen § 99 hat das Verwaltungsgericht für ungesetzlich erklärt. Aber die Regierungsparteien haben sich bereit gefunden diese Lücke des Gesetzes auszufüllen, indem sie das, was dem Sprachengesetz zuwider ist, nun in die Form eines Gesetzes gekleidet haben, daß man privaten Unternehmungen Vorschriften in sprachlicher Hinsicht bezüglich ihrer Angestellten machen dürfe.

Etwas zweites sind die Sprachprüfungen für die Bezirksschulinspektoren. Der Herr Schulminister hat sich zwar beeilt, das zu dementieren. Wir sind aber im allgemeinen mißtrauisch gegen Dementis, selbst wenn sie ein so ehrenwerter Mann macht. Auch diesmal scheint es nicht ganz zutreffend zu sein, denn hinterher haben wir doch gehört, daß es zwar keine Sprachprüfungen sind, daß man sich aber auf andere Weise versichert, ob die Leute genügend Sprachkenntnisse besitzen.

Ganz merkwürdig ist ein Vorgang bei den Eisenbahnern. Die Eisenbahner werden wiederholt Sprachprüfungen unterzogen, auch wenn sie die Sprachprüfung bestanden haben und da ist etwas, was geradezu amüsant wäre, wenn es nicht so traurig wäre. Es wurden vor einigen Monaten in einem Bahnamte - ich will es nicht näher bezeichnen - durch einfachen Anschlag etwas über 100 Leute, die bereits die Sprachprüfung mit Erfolg abgelegt hatten, aufgefordert, sich zu einer neuerlichen Sprachprüfung zu melden. Man hat mir mitgeteilt, und ich habe mich an eine sehr maßgebende Stelle und außerdem an den damaligen Minister Hùla gewendet. Er hat mir geantwortet, solche Fälle kommen überhaupt nicht vor, es wäre ihm interessant, wenn ich ihm konkrete Beispiele mitteilen würde. Und der Zufall wollte es, daß an demselben Tage, an dem ich dieses Schreiben des Ministers bekam, in dem betreffenden Bahnamt der Anschlag, durch den die Leute zur Wiederholung der Sprachprüfungen aufgefordert wurden, abgenommen wurde. Ein Zufall. Es kam ein neuer Eisenbahnminister und es kamen neue Anschläge. Es wurde abermals angeschlagen, daß so und soviel Leute - diesmal hieß es nicht Sprachprüfungen- sich zu einem èechischen Diktat da und da zu melden haben. Als sie fragten wozu das sei, sagte man, es müßte der Direktion vorgelegt werden. Ich habe mich abermals an eine sehr maßgebende Stelle gewendet und eine Antwort bekommen, die ganz interessant ist. Das erstemal hatte mir der Eisenbahnminister mitgeteilt, ihm seien solche Fälle nicht bekannt. Das zweitemal teilte mir die andere Stelle folgendes mit: Grundsätzlich erfolgen solche Wiederholungsprüfungen nicht. Ausnahmen im konkreten Fall mit Rücksicht auf die für die Eisenbahnen vorgeschriebenen Sicherheitsmaßregeln kommen jedoch vor.

Ich bin nicht gescheit genug, dies ganz deutlich zu verstehen, mir genügt, daß man auf dem Gebiete des Sprachenrechtes doch noch mit Sekkaturen vorgeht. Wir hören immer Klagen über Überfluß an Angestellten bei den Eisenbahnen und fürchten sehr, daß die Sicherheit der Eisenbahnen in diesem Falle auf die Weise gesichert werden soll, daß man die Leute, die nicht genügend tadellos èechisch schreiben, bei dieser Gelegenheit entläßt. Dem gegenüber möchte ich nur an den Ausspruch eines sehr bekannten und großen nationalen Führers erinnern, der einmal gesagt hat: Ärmlich und klein ist ein Nationalgefühl, das sich nur im Gegensatz zu anderen Völkern betätigen zu können glaubt. Praktisch möchte ich mit dem Herrn Obmann des Budgetausschusses, dem Herrn Koll. Dr. Èerný, sagen, daß die Entpolitisierung der Staatsverwaltung und der Staatsbetriebe eine der wichtigsten Aufgaben wäre.

Jedenfalls aber haben Sie es nur der Loyalität der Deutschen, dieser den Deutschen eingeborenen - man weiß nicht, soll man sagen Gott sei Dank oder leider - dieser eingeborenen Loyalität gegen die jeweilige Obriggkeit und der Heimatsliebe der Deutschen zu danken, daß sie trotz allem ihre Pflicht gegen den Staat voll und ganz erfüllen. Ich will hier nicht wieder auf den Fall von Brünn verweisen, wo sich ein deutscher Soldat bewährt hat, ich will hier nur auf eine Äußerung einer èechischen wirtschaftlichen Zeitschrift hinweisen, die betont, daß die Deutschen im Gegensatz zu den staatstreuen Èechen an die èechische Krone glauben, daß sie heimische Anleihen kaufen und sich gegen die Inflation stellen, während in allen diesen Dingen die Èechen zum Teil gegenteiliger Meinung sind.

Aber viel verwunderlicher ist es, daß auch die Èechen und Slovaken dieses Staates noch immer keine Èechoslovaken geworden sind. Aber auch das dafr uns nicht zu sehr wundern, denn man erzieht ein Volk nicht hundert oder wie Sie sogar behaupten, dreihundert Jahre in Feindschaft gegen den Staat, dem sie angehören, man erzieht sie, sage ich, nicht straflos in Feindschaft. Die Leute brauchen zumindest einige Zeit, bis sie sich an den neuen Staat gewöhnen und darin einen Staat erkennen, den man nicht hassen darf und den man nichts übles antun soll. Heute sind wir noch nicht so weit. Heute ist náš stát nur so weit der Staat, soweit er die melkende Kuh darstellt. Und auf diese Weise haben Sie sich in erster Linie auch um das reiche Erbe gebracht, das Sie aus dem alten Österreich mitgebracht haben, insbesondere auch um eine wirklich verläßliche und aufopfernde Beamtenschaft. Denn hätten wir eine solche, d. h. wäre der Staat der, daß ihm die Beamtenschaft wirkliches Vertrauen entgegenbrächte, dann hätte die Beamtenschaft vielleicht das Opfer des Gehälterabbaues mit Verständnis aufgenommen und verständnisvoll getragen. Aber man kann von einer Beamtenschaft, die man nur gering schätzt und die man bei jeder Gelegenheit ihre Minderwertigkeit fühlen läßt, und das von Leuten, die ihrerseits den Staat nur als melkende Kuh betrachten, nicht erwarten, daß sie für einen Staat Opfer bringen, der sich ihnen nur feindselig gegenüberstellt. Der größte Feind des Staates aber ist die Korruption. Man hat den Kampf gegen die Korruption eröffnet. Ich will mich über den letzten großen Korruptionsprozeß, der sich nun schon zum zweitenmale in erster Instanz abgespielt hat und der mit einem kläglichen Erfolg für die sogenannten Antikorruptionisten geendet hat, nicht weiter äußern. Ich möchte da re chtzeitig aufmerksam machen: Korruption muß rechtzeitig und energisch bekämpft werden, nicht aber so, daß man den Verdacht gewinnt, als ob es sich weniger um einen Kampf gegen Korruption als vielmehr um einen persönlichen Rachefeldzug handeln würde. Wenn man die Korruption bekämpfen will, so findet sich rechtzeitig dazu Gelegenheit.

Ich möchte dabei ebenfalls rechtzeitig aufmerksam machen auf den berüchtigten Holzvertrag, der zwischen dem Staat oder dem Bodenamt und einer Privatgesellschaft abgeschlossen worden ist und der nach alledem, was man darüber hört nur wiederum die Quelle neuer Schädigungen des Staates und schwerer Korruption werden soll.

Meine Herren! Es ist gewiß angenehmer Geschichte zu lesen als Geschichte zu machen. Wir sind leider in die traurige Lage versetzt, daß wir heute, ob wir wollen oder nicht. Geschichte machen müssen. Dieser Aufgabe sollen wir uns würdig erweisen. Sehr richtig hat neulich Minister Dr. Beneš gesagt, daß die Weltrevolution, in die wir unerfreulicherweise geraten sind, noch nicht zu Ende ist. Solche Revolutionen erfordern notgedrungen Blut und Tränen. Es ist erfreulich, daß sie bei uns relativ wenig Blut gekostet hat. Es wären aber auch bei uns schon der Tränen genug. Ich will damit nicht einer Reaktion das Wort reden. Auch wir sind gegen jede Reaktion, auch uns ist bekannt, daß man das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen kann und darf. Auch wir haben die Erkenntnis, daß jede Revolution, so schmerzliche Opfer sie auch kostet doch einen Fortschritt für die gesamte Menschheit bedeutet, und daß eine neue Weltordnung nur unter Schmerzen geboren werden muß. Aber wir müssen uns auch dessen bewußt sein, daß wir eine neue Weltordnung schaffen wollen, und daß wir sie nicht schmerzlicher gestalten sollen als es sein muß. Dazu müssen wir uns vor allem von Schlagworten freihalten. Wir wollen nicht über Worte streiten, sondern uns an das Sachliche halten.

Wir wollen in diesem Staate nicht einen Nationalstaat anerkennen. Daran kann uns auch das letzte Werk eines Staatsrechtslehrers aus Brünn nicht irremachen. Zur Vermeidung von Mißverständnissen konstatiere ich, daß es sich nicht um den auch in der deutschen Wissenschaft hochgeschätzten Staatsrechtslehrer Weyr handelt. Dieser Staatsrechtslehrer hat versucht, die Èechoslovakei wissenschaftlich als Nationalstaat zu erweisen. Er hat das in der Weise getan, daß er erst einmal die Èechoslovakei hergenommen hat und aus ihrer Existenz den Begriff des Nationalstaates abgeleitet hat. Und dann hat er bewiesen, daß infolgedessen die Èechoslovakei ein Nationalstaat ist. Also ein Schulbeispiel einer petitio principii. Sie wieder andererseits wollen um keinen Preis etwas hören was wie Autonomie klingt. Lassen wir die Worte und sprechen wir über die Dinge. Machen Sie den Grundsatz, den bisher nur eine Regierung, die ich aus Bescheidenheit nicht nenne, verkündet hat, den Grundsatz der Gleichen unter Gleichen zur Wirklichkeit, dann werden wir nichts dagegen haben, wenn Sie den Staat auch Nationalstaat nennen, und stellen wir in diesem Staate das richtige Verhältnis her zwischen Zentralregierung und Lokalverwaltung, so wie es das englische Recht getan hat. Dann werden wir gerne auf das Wort Autonomie verzichten. Stellen Sie die richtige Ordnung her, sowie es das Interesse der Länder und der Völker dieses Staates erfordert. Dazu brauchen wir eine entsprechende Verwaltungsreform. Das und nicht mehr ist der Sinn des sog. Minderheitsantrages, den seinerzeit Luschka und Genossen und alle deutschen Parteien gemeinsam eingebracht haben, der weiter nichts will, als daß man sich einmal an den grünen Tisch setzt, um über diese Dinge zu sprechen. Eine lokale Verwaltung, die die Befriedigung der nationalen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse nach dem Grundsatze des freien Bürgers im freien Staat ermöglicht. Damit werden Sie insbesondere auch die slovakischen Wünsche befriedigen, damit werden Sie die Frage der wirtschaftlichen Mitarbeit in der berühmten Frage der Landeskulturräte lösen und damit werden Sie insbesondere auch das dornige Schulproblem erledigen können. Timeo Danaos et dona ferentes, d. h. der Schulantrag des Ministers Dérer sieht auf den ersten Blick recht sympathisch aus, aber es ist doch keine Lösung in dem Sinne, wie wir sie wollen. Denn es ist im großen und ganzen doch nichts anderes als im scheinbaren Gewande der Autonomie die Verwirklichung des schärfsten staatlichen Schulmonopols. Wir aber wollen keine Verstaatlichung, wir wollen keine Sozialisierung der Seelen, sondern wir brauchen eine Sanierung der Seelen. Wir wollen in diesem Staate die freie Schule im freien Staate - nehmen Sie etwa wenn Sie wollen das Muster von Holland. In allen diesen grundlegenden Fragen geschah bisher nichts. Wenn ich mich erinnere, mit welchem Lärm seinerzeit die Verwaltungsreform und die Sozialversicherungsreform aufgenommen und wie deren dringende Umänderung gefordert wurde, und wenn ich erinnere, daß in diesen 3 1/2 Jahren Ihrer Regierung gar nichts geschehen ist, daß nicht einmal die notwendigen Wahlen in die Krankenversicherungsanstalten durchgeführt worden sind, geschweige denn, daß man heute auch nur von einer Ausdehnung der Sozialversicherung auf die Selbständigen spricht, die gerade in der Zeit des heutigen wirtschaftlichen Niederganges geboten wäre, so müßte ich mich eigentlich wundern. Aber es ist begreiflich, weil wir es zwar mit einer großen, aber mit einer ebenso schwerfälligen wie unhomogenen Mehrheit zu tun haben. Diese Mehrheit zeichnet sich nicht durch freundschaftliche Zusammenarbeit aus, sondern es ist im Gegenteil der stete Versuch einander hineinzulegen, oder wenn ich so sagen darf, der Kampf um einen günstigen Wahltermin, wobei sie sich allerdings allmählich alle mit Sünden so sehr belastet haben, daß sie vorläufig nur darüber einig sind, möglichst lange überhaupt keine Wahlen zu machen. Wir haben mit anderen Worten in diesem Staate zwar ein Parlament, aber wir haben keinen Parlamentarismus. Denn man kann sich für zweierlei entscheiden: Man kann sich entscheiden für lange Wahlperioden, in denen ein Haus beis ammen bleiben soll, wo aber dann im Laufe der Jahre, weil ja nichts ewig ist, mit wechselnden Mehrheiten gerechnet werden muß, d. i. das französische Prinzip. Oder man entscheidet sich für Neuwahlen jederzeit, wenn sich zeigt, daß die derzeitige Mehrheit mit der Volksstimmung nicht im Einklang ist - das ist das englische Prinzip. Bei uns hat man keines von beiden gewählt und die Folge ist, daß wir von einer Mehrheit regiert werden, die weder die Volksstimmung hinter sich hat, noch andererseits von einem gemeinsamen Programm geleitet ist. Gesund ist einzig und allein bei einem Koalitionssystem das Prinzip der kleinsten Mehrheit, das heißt eine Mehrheit, der eine Minderheit gegenübersteht, die eine gewisse Bedeutung hat, und die man auch daher für die Mitarbeit in Betracht ziehen muß. Jedenfalls ist nur eine gesunde und arbeitsfähige Mehrheit aufbauwilliger und zusammenarbeitender Parteien in Zusammenarbeit mit einer starken und zur Mitarbeit fähigen Opposition imstande, die Wirtschaftsnot grundsätzlich zu beseitigen und dem Staat eine Form zu geben, die er zu seinem Gedeihen braucht und den Völkern dieses Staates Luft und Licht für eine gesunde Entwicklung zu gewähren und damit den Staat zu dem zu machen, was er sein soll, ein wertvolles Zentrum für den friedlichen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenschluß Europas. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)

Dazu halten wir die gegenwärtige Mehrheit und Regierung nicht für geeignet und darum lehnen wir den Voranschlag ab, nicht weil wir dem Staate die Lebensmöglichkeiten entziehen wollen, das ist nicht unsere Absicht, dazu brauchen Sie die Stimmen der Opposition auch nicht, sondern weil wir dieser Regierung und Mehrheit unser Vertrauen versagen. (Potlesk.)

3. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 46 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Beratung, der angeblich der Staatsvoranschlag im Budgetausschuß unterzogen wurde und die sich nunmehr unter dem Knüppel der Polizeigeschäftsordnung dieses Hauses vollzieht, ist in Wahrheit nur eine Farce auf einen wirklichen Parlamentarismus. (Hluk. - Místopøedseda Roudnický zvoní.) Man hat zwar den Versuch unternommen, den diesmaligen Budgetberatungen ein sog. parlamentarisches Mäntelchen umzuhängen. . . (Hluk.)

Místopøedseda Roudnický (zvoní): Prosím o klid.

Posl. inž. Kallina (pokraèuje): . . . indem man einen Siebenerausschuß der koalierten Parteien beauftragte, hinter verschlossenen Türen mit den einzelnen Sektionschefs eine Überprüfung des seinerzeit vorgelegten Staatsvoranschlags vorzunehmen, um auf dem Wege der Durchführung gewisser Abstriche im schwersten Krisenjahr 1933 das sog. Gleichgewicht im Staatshaushalt herzustellen. Eine Überprüfung des uns nunmehr vorliegenden Voranschlags läßt aber erkennen, daß sich in Wirklichkeit an den Aufstellungsmethoden des Staatsvoranschlags gegen früher nicht das geringste geändert hat und es ist vor allem irreführend, wenn sich heute die Vertreter der Regierungsparteien ständig bemühen, der Öffentlichkeit einzureden, es sei gelungen, auf Grund weitreichender Abstriche am Sach- und Personalaufwand das Gleichgewicht im Staatshaushalt herzustellen. Schon der Generalberichterstatter Koll. Remeš hat ja im Budgetausschuß mit aller Offenheit zugegeben, daß ein Verwaltungsbudget in der Höhe von 9 1/2 Milliarden, wie es bisher immer ausgewiesen wurde, in Wirklichkeit aber nach der Ausgabenseite sich immer auf 11 bis 12 Milliarden erhöhte, für einen kleinen 14 Millionen- Staat viel zu hoch sei und daß diesem Staat nur ein Verwaltungsbudget in der Höhe von 7 Milliarden zukommen dürfe. Trotz alledem hat der Generalberichterstatter Remeš auch das nunmehr vorliegende Budget in der Höhe von 8.6 Milliarden dem Hause zur Annahme empfohlen, obwohl also die Ausgaben des Staates um mehr als 11/2 Milliarden die von ihm selbst als richtig gekennzeichnete Grenze überschreiten, wobei nicht vergessen werden darf, daß in Wirklichkeit die Ausgaben des Verwaltungsbudgets sich nicht auf 8.6 Milliarden belaufen, sondern auf 10.689 Millionen, und dies auch dann noch, wenn der Betrag von 1640 Millionen als Überweisung für die Selbstverwaltungsverbände bereits in Abrechnung gebracht wird. Wir sehen also in Wirklichkeit, daß auch für das schwerste Krisenjahr 1933 ein 101/2 Milliarden-Budget vor uns steht, also ein Budget, das unter keinen Umständen für die vollständig ausgebeutete Wirtschaft tragbar ist.


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