Úterý 8. listopadu 1932

Zum Schlusse muß ich noch auf einen Passus der Regierungserklärung zu sprechen kommen, der mir von außerordentlicher Tragweite und Wichtigkeit zu sein scheint. Es wäre zu erwarten gewesen, daß sich die Regierungserklärung mit einer Frage unseres ganzen öffentlichen Lebens weit eingehender befaßt hätte, als dies der Fall ist, das ist die brennende Frage der Lage unserer Gemeinden und Selbstverwaltungskörper. Die Regierungserklärung macht sich in diesem Falle die Arbeit sehr leicht. Es wird lediglich kurz eine Reform der öffentlichen Verwaltung angekündigt, die unter Mitarbeit von Sachverständigen aus dem praktischen Leben durchgeführt werden soll. Es ist das mehr oder weniger eine Redewendung, eine Redewendung ohne Inhalt, die nach keiner Richtung hin ein Ziel erkennen läßt, oder die erkennen ließe, daß vielleicht in praktischer Weise eine Novellierung unserer Verwaltung beabsichtigt wäre. Es wird noch ausdrücklich angeführt, daß eine Erleichterung der Lage der Gemeinden und Selbstverwaltungskörper durch den natürlichen Abgang von Bediensteten und durch eine wesentliche Herabsetzung der Zahl der Bediensteten erwartet wird. Wenn die Regierung so bescheiden wird, daß sie auf den Tod derjenigen, die zu viel sind, wartet, dann glaube ich, daß diese Totgesagten wahrscheinlich die Regierung im weiten Maße überleben werden und daß auf diesem Wege für die Selbstverwaltungskörper bestimmt keine Erleichterung gefunden wird. Nur im letzten Teile der Regierungserklärung wird noch an einer Stelle zugegeben, daß es notwendig sein wird, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, damit auch die autonomen Verbände an ihrer Fortentwicklung mitarbeiten können. Ich will wirklich nicht gehässig sein, aber diese Stelle erinnert fast an den alten österreichischen General, der in einer verzweifelten Situation erklärt hat: "Jetzt muß was g'schehn!" Denn mehr als das ist nicht gesagt, daß es notwendig sein wird, die autonomen Verbände zur Mitarbeit überhaupt zu befähigen. Das wird zu einer Zeit gesagt, wo die Frage notwendig zu erörtern wäre, wie es überhaupt möglich ist, daß die Selbstverwaltungskörper noch fortkommen können.

Ich muß von dieser Stelle auf die ungeheuerliche Gefahr aufmerksam machen, die den Selbstverwaltungskörpern, Gemeinden und Bezirken droht, weil der größte Teil derselben vor dem finanziellen Zusammenbruch steht, vor einem Zusammenbruch, der durch die eigene Kraft der Gemeinden nicht mehr aufgehalten werden kann. Die ungeheuerliche Verschuldung unserer Gemeinden, nicht nur der deutschen, sondern langsam auch der èechischen geht ins Uferlose. Wenn eine Gemeinde z. B. einen Anspruch von einer Million Kè an den Landesfond stellt, so bekommt sie auf diesen Anspruch 50.000 Kè zugesagt; von diesen 50.000 Kè bekommt sie nach einem Jahr 30.000 Kè ausbezahlt und die weiteren 20.000 Kè werden überhaupt schuldig geblieben. Wie stellt sich der Staat die Erhaltung der Grundpfeiler jedes Verwaltungslebens, jedes gemeinsamen Lebens vor, wenn die Verwaltungskörper, unsere Gemeinden und besonders die deutschen Gemeinden, an den Rand des Bankrotts gebracht werden? Es kann für diese Gemeinden kein Trost sein, daß sie in diesem Falle nicht viel schlechter dran sind als der Staat selbst, aber das ist ein Zusammenbruch, der eine Unzahl von Existenzen nach sich ziehen wird und es ist kein Trost, wenn der Staat auf die eigenen leeren Taschen hinweist, wenn die Gemeinden kommen und Unterstützungen vor dem Zusammenbruch haben wollen. In diesem Falle wäre es wohl notwendig gewesen, wenn die Regierungserklärung zu dieser brennenden Frage des öffentlichen Lebens ausführlich Stellung egnommen und den Weg gewiesen hätte, wie es möglich ist, die Zahlungsunfähigkeit von hunderten und hunderten von Gemeinden und von einer Unzahl von Bezirken irgendwie aufzuhalten. Wer Einblick in die Haushaltungspläne der Gemeinden hat, weiß, daß eine ganze Anzahl von ihnen sozusagen sich im Zustande der fahrlässigen Krida befinde. Ein einfacher Kaufmann müßte den Bankerott anmelden, um nicht ins Kriminal zu kommen, bei den Gemeinden liegt die Sache ähnlich wie beim Staat. Auch der Staat treibt fahrlässige Krida und es wäre notwendig, daß auf Grund der strengen gesetzlichen Bestimmungen und der moralischen Grundsätze eines ordentlichen Kaufmanns die Zahlungsunfähigkeit angesagt und auch zugestanden werden müßte. (Posl. inž. Kallina: Du verlangst moralische Grundsätze?) Ich fordere sie nicht, weil ich wohl weiß, daß sie nicht vorhanden sind. Deshalb wird so weiter gewirtschaftet. Es soll nicht unterlassen sein darauf hinzuweisen, besonders in der Zeit der Aufstellung der Gemeindevoranschläge, daß die Passiven, die ungeheuerlichen Schulden der Gemeinden auf normalem Wege nicht mehr aus der Welt geschafft werden können. Wie man sich allerdings eine Übernahme dieser Schulden durch den Staat vorstellt, wenn der Staat selbst in mehr als in einer verzweifelten Lage ist, ist eine außerordentlich schwierige Frage und ich wundere mich, daß die Regierungserklärung es nicht für notwendig erachtet hat, auf diese brennende Frage in irgendeiner Form einzugehen.

Wenn ich am Anfang meiner Ausführungen den ersten Satz der Regierungserklärung kritisiert habe, will ich am Schluß die letzten Worte der Regierungserklärung herausgreifen, weil mir diese nicht mehr zutreffend erscheinen als die ersten. Im letzten Absatz hat der Herr Ministerpräsident feierlich mitgeteilt: "Ich bin überzeugt, daß diese Entschlossenheit und Kraft nicht nur die Regierung und die gesetzgebenden Körperschaften, sondern auch das gesamte Volk der Republik haben." Ich stoße mich an dem Ausdruck "das gesamte Volk der Republik". Jetzt, wo die Not auch an diese Tore zu pochen beginnt, wo man sie wenigstens theoretisch kennen lernt, entdeckt man plötzlich in der Republik ein "gesamtes Volk", von dem man überzeugt sein soll, daß die Entschlossenheit und Kraft des Gesamtvolkes helfen wird, die Schwierigkeiten, in der sich Regierung und Staat befinden, zu überwinden. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) Wenn unter diesem Gesamtvolk das èechische Staatsvolk gemeint ist, so möge die Regierungserklärung an die Adresse gehen, an die sie gerichtet ist. Wir fühlen uns nicht mitgenannt. Es gibt kein Gesamtvolk. Das hat vor wenigen Tagen in drastischerer Weise als ich Pater Hlinka gesagt, der erklärte, daß es nicht einmal ein èechoslovakisches Volk gibt. Es besteht lediglich die Tatsache, daß es eine Anzahl von Bewohnern dieses Staates gibt.

Wir lassen uns unter diesem Ausdruck nicht mit den anderen in einen Topf werfen, wir betonen unsere Eigenart als sudetendeutscher Teil des gesamten deutschen Volkes und wissen auch, wie wir uns in diesem Falle zur Regierungserklärung zu stellen haben. (Potlesk.)

2. Øeè posl. dr Hodiny (viz str. 17 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Gelegentlich des Weltspartages sprachen vor dem èechoslovakischen Rundfunk unter anderem auch Finanzminister Dr. Trapl und der Gouverneur der Nationalbank Dr. Pospíšil.

Am nächsten Tage spricht Präsident Masaryk zu den Staatsbeamten und schon am folgenden Tag werden die herzerfrischenden, klar die Situation beleuchtenden Worte in einem Blatt der èechischen Beamtenorganisation wiedergegeben. Merkwürdigerweise werden diese Präsidentenworte nur von den deutschen Blättern wiedergegeben, was mich bei dem von allen èechischen Parteien angekündigten Streben nach Wahrheit mehr als Wunder nimmt.

Bisher wurden ähnliche Worte zur Kennzeichnung der innerstaatlichen Verhältnisse nur von deutschen Politikern gebraucht und erinnere ich daran, daß wir Vertreter des Bundes der Landwirte infolge unserer ehrlichen und aufbauenden Kritik von unseren èechischen Kollegen wegen dieser wahrhaften Schilderung der in der Èechoslovakei eingebürgten Gepflogenheiten immer wieder als Nachläufer der deutschen Opposition hingestellt wurden. Deshalb seien unsere Mahnungen nicht ernst zu nehmen! Es sei dies doch nichts anderes als deutsches Querulantentum, wodurch wir dem Staat im Auslande nur Unannehmlichkeiten bereiten wollen Außenminister Dr. Beneš konnte die Verhältnisse im eigenen Staate nicht genug herausstreichen, Alles sei in Hülle und Fülle vorhanden, der Staat sei finanziell gut und stark.

Und nun plötzlich, welche böses Erwachen aus dem wüsten Traum des Siegesrausches vom Jahre 1918 und 1919. Kurze 14 Jahre des Bestandes dieses Staates zeigen uns, in welch unverantwortlicher Weise große Teile der Verantwortlichen des èechischen Volkes mit den Mitteln des Staates gewütet und gewüstet haben. Die Worte der deutschen Warner verhallten - erst die schon drohende Katastrophe scheint diesem Wüten Einhalt gebieten zu wollen.

In dieser Zeit der Not muß uns das "veritas vincit" im großen Staatswappen wie ein Menetekel erscheinen. In dieser Notzeit begrüßen wir Deutsche es mit Genugtuung, wenn wenigstens einige èechische Männer auf führenden Posten den energischen Versuch machen, der Wahrheit zum Siege zu verhelfen.

Der Präsident des Staats sprach schon vor Jahren die Worte: "Arbeiten und nicht stehlen." Sicherlich lagen Gründe vor, die ihn schon damals zu dieser Satzbildung zwangen. Der Präsident hat ähnliche Worte vor wenigen Tagen wieder gebraucht. Finanzminister Dr. Trapl brauchte vor dem Mikrophon gelegentlich der festlichen Ansprachen zum Weltspartage folgende Sätze: "Wir verwendeten mehr Mittel als für unsere Wirtschaft zuträglich waren. Wir lebten dem Optimismus und im Optimismus. Wir waren nie so reich, als wir uns einbildeten. Was ist nun zu tun? Sparen in jeder Beziehung, dazu gehört sicher auch der Umstand, dem Staatsbürger nicht mehr Lasten aufzuerlegen, als er zu tragen vermag."

Gouverneuer Pospíšil sagt bei der gleichen Gelegenheit: "Was heißt Sparsamkeit? Vernünftiges Ausgeben des uns zur Verfügung stehenden eigenen oder von Anderen anvertrauten Vermögens. Die Sparsamkeit muß unsere völkische Eigenschaft bleiben." Er wendet sich dann zu Finanzminister Trapl mit den Worten: "Machet uns eine gute Finanzpolitik und ich mache Euch eine gute Valuta." Und noch ein Zitat aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Malypetr: "Die Analyse dieser Ziffern wird für die Öffentlichkeit die Grundlage für die gehörige Beurteilung der Tatsachen sein, aber auch gleichzeitig ein Schutz gegen eine sei es beabsichtigte, sei es unbeabsichtigte Verzeichnung der Wahrheit". Was mußte nicht alles geschehen sein, um die genannten èechischen Führer zu diesen mehr oder minder verdeckten Worten des Tadels ihrer eigenen Volksgenossen zu veranlassen? Wir deutschen Bauernvertreter begrüßen diese Worte, die uns das mutige Herantreten an bisher vernachlässigte, oft auch mißbrauchte Belange des Staates zeigt. Nur wünschen wir, daß es nicht nur bei diesen Worten bleibt, sondern daß mit aller Kraft und ohne Rücksicht auf die bisherige Liebedienerei jedermann als Feind der Gesamtwirtschaft dieses Staates aufs Schärfste zur Verantwortung gezogen wird, der mit Protektion und damit verbundener Korruption für sich oder seinesgleichen zum Schaden des Staates oder seiner Volkswirtschaft Nutzen zieht.

Wenn dann zu diesen offenen Worten die Volkswirtschaft betreffend ebenso offene und mutige Worte gebraucht werden bei Besprechung des Nationalitätenproblems dieses Staates, und diesen Worten dann auch die ebenso mutige Tat folgt, im Interesse dieses Staates und der Völker dieses Staates, dann hat sich der Leitspruch im Staatswappen "Veritas vincit" durchgerungen und den Völkern dieses Staates insgesamt den Weg gewiesen für die Friedensarbeit im Staate selbst.

Heute sehen wir erst die schüchternen Anfänge. Es muß te dieser, von Natur aus so reiche Staat erst so gründlich ausgeplündert werden, es muß te mit Staatsmitteln zu Gunsten Einzelner eine derartige Mißwirtschaft getrieben werden und der Staat selbst mit seiner Wirtschaft hart an den Abgrund herangeschoben werden, bis sich eine Schar mutiger Männer fand, die in letzter Minute Einhalt gebieten wollen. Ob der Versuch gelingen wird, bleibe dahingestellt. Jedenfalls ist auch der Versuch schon zu begrüßen.

Sicher kommt es schwer an, nun plötzlich sparen zu müssen und sparen zu wollen, da kaum mehr was zu sparen vorhanden ist. Wie weit das Vertrauen zum Staat auch bei den sogenannten Staatsbürgern 1. Klasse, den Èechen selbst, gesunken ist, beweist wohl am besten das "Über die Grenze Schaffen des gesamten ehrlich erworbenen Vermögens" auch durch sonst lautere èechische Elemente, die mit den Räubern im Volk und Staat ansonsten nichts zu tun haben. So tief ist das Vertrauen auch der Èechen zu ihrem eigenen Staat gesunken, das heute große Volksvermögenswerte ins Ausland verschoben erscheinen, während im Inlande Mangel an Mitteln eintritt, sicher auch gefördert durch die zweite Art der Mißtrauensäußerung der Bevölkerung, durch das Sparen in den Strumpf oder in irgend ein Mauerversteck. Das Vertrauen bei der Bevölkerung wieder zu erwecken, nachdem die verantwortlichen èechischen Führer die große Horde der verschiedenartigsten Ausbeuter so lange hat wüten lassen, ist eine außerordentlich schwere Aufgabe. Deshalb muß die Regierung ihren Willen durch die Tat beweisen, das Volk wird dann den Glauben wiederfinden. Wege hiezu wären: Ein Steuerausgleich mit den großen Steuerschuldnern, da die mitgeschleppten 5 Milliarden Steuerschulden nie eine Aktivpost werden können. Zum Teil sind diese Schulden wegen Betriebsauflösung uneinbringlich. Ein großer Teil ist durch Verschiebung großer Vermögenswerte ins Ausland dubios.

Hier wäre leicht nachzuhelfen! Eine kurze Frist für einen Steuerausgleich zu 25 oder 30 Prozent, ansonsten eine hochnotpeinliche Untersuchung auf Herz und Nieren, Beschlagnahme aller Luxusgegenstände, Einschränkung des Haushaltes auf das Äußerste, schärfste Überwachung dieser en gros-Steuerschuldner und ich garantiere - wenn der Wille hier ist - sind in kürzester Zeit 1 1/2 bis 2 Millarden Steuerschuld gedeckt und der ganze Staat und die gesamte Wirtschaft spürt die Erleichterung. Warum werden denn einem alten Mütterchen die 5 Kè Steuerschulden durch exekutiven Verkauf der einzigen Ziege abgeknöpft? Dem Kleinwirt und dem Bauer, ebenso wie dem Hausbesitzer und dem Gewerbetreibenden wird oft das zu seiner und seiner Familie Existenz Notwendigste gepfändet, um ein paar lumpige hundert Kronen Steuern exekutiv einzutreiben, während dem Großschuldner in der Konjunkturzeit alles gestundet wurde und jetzt wenig und nichts eingetrieben werden kann, da womöglich alles über die Grenze verschoben ist. In dieser Beziehung fo dern wir gleiches Maß. Der kleine und mittlere Steuerträger wird oft durch Personen recht anrüchigen Charakters eingeschätzt - das berüchtigte Vertrauensmännersystem der Steueradministrationen setzte ich als bekannt voraus. In einem Dorfe wurden dem Dorfschmied 2 Kühe und 3 Schweine gepfändet, wegen ca 2.500 Kè Steuerschulden. Der Hinweis auf sein Zahlungsunvermögen nur deshalb, weil ihm das ganze Dorf die ganze Jahresarbeit schuldig blieb, nützte nichts. Das Ersuchen zu gedulden, bis die Landwirte nach Ausdrusch wenigstens Teilzahlungen vornehmen und darauf der Schmied dann eine Teilzahlung an Steuern vornehme, wurde brüsk abgelehnt und die Durchführung der Exekution aufgetragen. Der Exekutor stellte sich mit einem Ehrenmann von Käufer ein, schlägt die zwei Kühe und die drei Schweine um den niedrigst gehaltenen Ausrufungspreis dem Ehrenmann- Käufer zu und verläßt, hochbefriedigt über den Erfolg, den Schauplatz seiner Schandtat, trotzdem dadurch bei weitem nicht die Steuerschuldsumme von 2.500 Kè erreicht worden ist. Am nächsten Markt wurden die beiden Kühe verkauft um einen Preis, der die Erstehungssumme weit übertraf. Die drei Schweine blieben dem Exekutor und seinem Freunde, dem Ehrenmann-Käufer, als willkommener Reingewinn. Auf die Art muß also der arme Steuerträger auch noch von diesen behördlich geduldeten und geförderten Volksausbeutern bestohlen werden. Warum werden diese zwei Kühe und die drei Schweine, wenn schon verkauft werden muß, nicht zu dem nächsten Fleischhauer getrieben und dort um den Tagespreis verkauft, damit dadurch für den Steuerträger nicht noch größ erer Schaden entsteht? Warum werden von den Steueradministrationen nicht unsere landwirtschaftlichen Organisationen zur intensivsten Mitarbeit herangezogen? Wir wollen Steuern zahlen, wir erzeihen unsere Organisierten zum Steuerzahlen, um ihnen wenigstens die bitteren Verzugszinsen zu ersparen. Herr Finanzminister! Sie selbst sagten gelegentlich des Weltspartages: "Sparen in jener Beziehung. Dazu gehört sicher auch der Umstand, dem Staatsbürger nicht mehr Lasten aufzuerlegen, als er zu ertragen vermag." Wir sind soweit! Der kleine und mittlere Steuerträger, egal welcher Erwerbsgruppe, kann die Lasten nicht mehr ertragen und wundern Sie sich nicht, wenn bald da, bald dort, Widerstand ausbricht gegen die unmenschliche Durchführung der exekutiven Verkäufe und wenn darob dann sonst loyale Staatsbürger aller Völker dieses Staates, ohne Ausnahme, durch Prozesse in ihrem Vertrauen zum Staat schwer getroffen werden! Ich wiederhole nochmals: wir wollen zahlen, wir erziehen durch unsere Organisationen unsere Leute zum Steuerzahlen, aber Menschlichkeit muß herrschen bei der Eintreibung von unerschwinglichen Steuerschulden. Heute verzichtet die Steuerbehörde sogar schon auf den Rechtstitel der Exekution und beschlagnahmt zum Beispiel in der Zuckerfabrik Groß-Wisternitz die Rübengelder der Landwirte, ohne daß gegen die betreffenden Landwirte mit einer Pfändung vorgegangen worden wäre. Und das Ministerium findet noch immer keinen Grund zum Einschreiten und wartet, bis die Empörung ob solcher steuerbehördlicher Gewaltmaßnahmen ausbricht, um dann mit dem Büttel dreinzufahren. Von diesen Büttels wird heute nicht mehr nur der deutsche Landwirt belästigt und bedrängt es ist heute trotz besserer Bonität der Feldlagen und trotz jahrelanger Schonung der èechischen Landwirtschaft durch die Steuerbehörde heute auch der èechische Landwirt ebenso der Verfolgung ausgesetzt. Ein Zeichen, daß die Landwirtschaft in diesem Staate im Allgemeinen vernachlässigt, der Wahnidee eines Industriestaates der Èechoslovakei geopfert, heute zusammenbricht und alles andere mit in den Abgrund reißt. Ein Vergleich zwischen den Einnahmen und Ausgaben der Jahre 1913 und 1932 möge dartun, ob bei den derzeitigen Einnahmen und Ausgabenverhältnissen der Landwirtschaft ein Wiedererstarken der Landwirtschaft, des größten Konsumenten von Industrieartikeln, zu erwarten ist.

Einnahmen:
1913
1932
Weizen 1 q 25.- K 150.- Kè das 6fache
Korn 1 q 18.- K 90.- Kè das 5fache
Gerste 1 q 18.- K 80.- Kè das 4 1/2fache
Rübe 1 q 2ÿ20 K 10.80 Kè das 5fache
Milch 1 l 0ÿ20 K 1.- Kè das 5fache
Rindvieh 1 kg lebend 1.- K 3 bis 4.- Kè das 3- bis 4 fache

Ausgaben:
1913
1932
Steuern und alle autonomen Zuschläge bei einem Objekt 1200.- K 17.000ÿ Kè 14fach
Soziale Belastung -.- K 6000ÿ- Kè
Braunkohle 1ÿ20 K 18.- Kè 15fach
Eisen 1 kg 0ÿ14 K 2ÿ80 Kè 20fach
Arbeiterlohn täglich 1.- K 9 bis 11.- Kè 9- bis 11fach
Maurer täglich 3.- K 45.- Kè 15fach
Ein Hufeisen 0ÿ70 K 10 bis 12.- Kè 14- bis 17fach
Ein Hemd 5.- K 60.- Kè 12fach
Ein Meter guter Stoff 10.- K 200.- K 20fach

Wenn ich noch hinzufüge, daß die Sucht nach Großgewinnen eine geradezu krankhafte Industrieförderung auf gewissen Gebieten hervorrief und dadurch die Produktion der landwirtschaftlichen Rohprodukte erschlagen wurde, so zeigt dieses Moment einen weiteren Schritt zur Vernichtung der Landwirtschaft. Unser Flachsbau ist beinahe gänzlich ausgeschaltet und trotzdem weigern sich die Flachsindustriellen den geringen heimischen Flachsvorrat zu verwenden. Die Anbaufläche ist bereits von 34.000 Hektar auf 4.800 Hektar zurückgegangen. Die Zuckerrübenfläche ist um 50% eingeschränkt. Der Hopfenbau ist gleichfalls zu 50 und mehr Prozent eingeschränkt. Der Gemüse- und Weinbau ist - weil vielfach unverkäuflich unrentabel geworden. Deshalb werden unsere Forderungen nach landwirtschaftsfördernden und landwirtschaftlichen Schutzmaßnahmen erklärlich und berufe ich mich hiebei auf die auch in der Regierungserklärung ausgewiesene Notwendigkeit, die aus den Vergleichszahlen bei Roggen mit 78 % des Friedenspreises gegen Kohle, die 168% und Koks, der 205 % des Friedenspreises kostet. Wir erklären, daß auf dem Gebiete der Drosselung überflüssiger Agrarprodukte durch die Zollerhöhung des Jahres 1930, durch die Devisenvorschriften und das Einfuhrsyndikat mancher Versuch der Besserung der Lage geschehen ist und wissen, daß eine Behebung der Wirtschaftskrise nur durch Zusammenwirken einer vernünftigen Staatspolitik und der Selbsthilfsmaßnahmen der ständisch organisierten Wirtschaft möglich ist. Wir brauchen für das heurige Jahr eine scharfe Einfuhrdrosselung bei Vieh, tierischen Produkten, weiters bei den Rohmaterialien bei dder Margarineerzeugung, da wir den größten Teil unserer überschüssigen und unanbringlichen Getreidemengen verfüttern müssen. Weiters müssen wir verlangen, daß die Weizeneinfuhr gedrosselt wird, um dem Korn als gesundem Nahrungsmittel zum Durchbruch zu verhelfen, und ich sehe nicht ein, daß bei den heutigen Überschüssen in den Städten, besonders in der Reichshauptstadt Prag derart elende Kornbrotqualitäten zum Verkauf angeboten werden, wie sie in keiner Dorfstube vorgefunden werden. Auch hier wäre der Überwachung der Broterzeugung aus reinem Kornmehl erhöhtes Augenmerk zuzuwenden. Die Drosselung der Weineinfuhr ist notwendig, da bei der in quantitativer und qualitativer Hinsicht reichen Weinernte Absatzmöglichkeit geschaffen werden muß. Für die Landwirtschaft sowie für die gesamte übrige Wirtschaft müssen billigere Kredite zur Verfügung gestellt werden und begrüß en wir die Aktion der Regierung auf Herabsetzung der Zinssätze, nur sind hiebei weitere Verminderungen notwendig, da zu den derzeitigen Bedingungen Landwirte keinen Kredit nehmen können. Ebenso wie den Abbau der Staatsausgaben verlangen wir den Abbau der sozialen Ausgaben und insbesondere die Umwandlung der Arbeitslosenunterstützung in eine produktive Arbeitslosenfürsorge, die übrigens schon vor Jahren vorgeschlagen worden ist. Der ungeheuere Verzugszinsendienst ist eine weitere schwere Belastung der steuertragenden Produzenten und ist aus folgenden zwei Zahlen zu ersehen, was für eine günstige Steuerquelle sich das Finanzministerium dadurch geschaffen hat. Die Hereinbringung von 219 Millionen Kronen direkter Steuern bei den verschiedenen direkten Steuergruppen und der Umsatzsteuer, den Zöllen, ist so erschwert, daß hiebei 257.7 Millionen Kronen Verzugszinsendienst erstehen. Daß davon ein großer Teil auf die Landwirtschaft entfällt, ist leicht erklärlich, wenn wir uns die seit Kriegsende neu entstandene Verschuldung der Landwirtschaft im Betrage von 24 Milliarden Kronen vor Augen führen. So glänzend geht es und ging es der Landwirtschaft, so viel Verständnis wurde ihr von allen Seiten entgegengebracht, daß sie heute als erste am Zusammenbrechen ist.

Und warum? Weil sich die Landwirtschaft nicht auf sich selbst besinnt. Weil der Landwirt seine einzige Waffe, seine Stimme zu leicht aus der Hand gibt, besonders gegen die zu Wahlzeiten gern gegebenen guten und schönen Versprechungen, ohne hernach auch nur im geringsten zu überprüfen, ob und wieviel von den Versprechungen erfüllt wird. Jedermann will uns Landwirte verstehen, jedermann will uns vertreten können, um nur die Stimme zu ergattern und hernach an der Landwirtschaft Verrat zu üben und es den landwirtschaftlichen Organisationen zu überlassen, die Existenzbedingungen für die Landwirtschaft zu erkämpfen. So ist und bleibt das Dorf verurteilt, nur immer abgeschöpft zu werden, ohne je wieder diese Werte ersetzt zu bekommen. Was Wunder, wenn im Dorf immer wieder von Generation zu Generation neu aufgebaut werden muß und dort die an dauerndste Arbeit für Staat und Volk unverstanden und nicht entlohnt bleibt. Wo wollen wir noch Verständnis für unsere volk- und staatserhaltende Arbeit suchen, wenn wir bei dem Preisverfall auf dem Viehmarkte von einem èechoslovakischen Minister auf unsere Vorstellungen, hier einzugreifen, hören mußten: "Wir haben viele Tausende von kleinen und größ eren Landwirten unter unseren Wählern, aber solche Klagen, wie sie von Euch vorgebracht werden, hören wir nie." Andere Parteien haben wieder die schönste Landwirtschaft im Programme, stimmen sogar mutig gegen die landwirtschaftlichen Vorlagen und trotzdem werden die Landwirte vom Hakenkreuz nicht alle. Andere wieder fürchten sich vor der Abstimmung und laufen lieber weg, um wieder ihren anderen Wählergruppen den Beweis zu erbringen, daß sie auß er durch die Stimme des Wählers sonst keine Belange mit der Landwirtschaft haben wollen.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP