Pátek 4. listopadu 1932

Wenn die Regierung versichert, daß ihre Außenpolitik dem Schutze und der Festigung des Friedens sowie der politischen und wirtschaftlichen Verständigung der Völker dienen soll, so erklären wir, alles daran setzen zu wollen, daß hinter diesen Worten (Hluk.) der ernste Wille und die aufrichtige Bereitschaft zu praktischem Handeln in diesem Sinne steht. (Posl. dr Hassold: Das glaubt kein Mensch!) Sie haben keinen Grund, an unserer Auffassung zu zweifeln, wir haben Ihnen dazu keinen Anlaß gegeben. Wir sprechen von unserer Einstellung, das sollten Sie wissen, Herr Doktor; als eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Befriedigung der politisch und wirtschaftlich zerklüfteten Welt sehen wir den ehesten und entschlossenen Abbau der Rüstungen an (Výkøiky.), der durch die damit verbundene Herabsetzung des militärischen Aufwandes auch zur Lösung der finanziellen Probleme wesentlich beitragen würde. (Výkøiky a hluk.) Wir sind uns dessen bewußt, daß eine wirksame Abrüstung nur möglich ist durch internationale Vereinbarungen, wir wissen aber auch, daß die internationale Abrüstung nur zum Ziele
geführt werden kann, wenn jeder einzelne Staat zum Abbau des eigenen Militarismus bereit ist. (Posl. dr Hassold: Was zeigt die Èechoslovakei in dieser Hinsicht?) Mehr als andere Staaten in Europa. Wir fordern daher, daß die mit der Verkürzung der Dienstzeit eingeleitete Politik konsequent weitergeführt wird. Wenn Sie, Herr Dr. Hassold, sagen, daß die Verkürzung der Dienstzeit nichts war, gar nichts ist . . . (Posl. dr Hassold: Zeigen Sie die Zahl, um die das Militärbudget wesentlich gekürzt wird!) Das weiß ich genau so wie Sie Aber es ist ein Abrüstungszeichen nach Außen und wenn Sie, Herr Dr. Hassold, von Abrüstung reden wollen, gehen Sie doch zum General Schleicher, zu dem Sie näher haben, als wir!

Zum Schlusse möchte ich sagen: Wir sind uns der Grenzen, die unserer Wirkungsmöglichkeit in der Koalition gesetzt sind, bewußt. Das darf und wird uns aber nicht hindern, in Fortführung der treuen Gemeinschaft mit der èechischen Sozialdemokratie den Interessen der Arbeiterklasse mit dem Einsatz aller Kräfte zu dienen. Wir schützen und erhalten damit die physische und moralische Kraft der Arbeiterklasse im Krisensturme und bereiten damit die kommenden Siege des Proletariats vor. (Potlesk. - Výkøiky komunistických poslancù. - Hluk.)

5. Øeè posl. Kunze (viz str. 48 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der diesmalige Regierungswechsel ist lediglich eine innere Angelegenheit der Parlamentsmehrheit, die im Jahre 1929 die Führung der politischen Geschäfte dieses Staates übernommen hat. Denn die Parteien haben gar nicht erst den Versuch unternommen, andere Parteien zur Verantwortung heranzuziehen, weil dieser Versuch unter den gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen, die ausschließlich den heutigen Regierungsparteien zur Last fallen, ohne vorausgegangene Neuwahlen vergeblich gewesen wäre. Gerade Wahlen aber, die in einem Augenblick, wo die politische und wirtschaftliche Existenz des Staates und seiner Völker auf dem Spiele steht, dringend geboten wären, um den wahren Willen des Volkes erkennen und die von ihm geforderten Wege gehen zu können, wollen die heutigen Regierungsparteien aus der wohlbegründeten Sorge vor dem Urteil der Wählerschaft ängstlich vermieden wissen. Die neue Regierung ist nichts anderes als ein Personenwechsel, der sich überdies auf die Vertreter einer Partei beschränkt, deren innere Zerwürfnisse den Bestand der Koalition bedrohten, und deren persönlichen Wünsche daher befriedigt werden mußten, wenn das Gespenst der Neuwahlen noch einmal beschworen werden sollte.

Demgemäß bringt auch das Programm dieser sogenannten neuen Regierung nichts neues, jedenfalls nichts, was unsere bisherige Haltung gegenüber der herrschenden Mehrheit verändern könnte. Dieses Programm erschöpft sich im wesentlichen in der Ankündigung, das arg erschütterte Gleichgewicht des Staatshaushaltes herstellen zu wollen. Das ist sicherlich zu begrüßen. Und auch wir sind im Interesse gerade unseres, von der Krise besonders betroffenen deutschen Volkes und zum Gedeihen der Gesamtheit jederzeit bereit, ernste und zweckmäßige Maßnahmen in dieser Richtung zu unterstützen, wie wir es stets auch in der Opposition als unsere Aufgabe ansehen, dem Wohle unseres Volkes und der Gesamtheit zu dienen. Wir lehnen aber schon jetzt Maßregeln ab, die gerade die schwächeren Schichten, die Festbesoldeten und Pensionisten besonders hart treffen, und verlangen statt neuer Belastungen Sparsamkeit vor allem dort, wo sie ohne Schaden für diese Schichten und für das Ganze leicht und erfolgreich geübt werden könnte. Wir könnten uns überdies angesichts der Tatsache, daß der Staatshaushalt trotz der scheinbar ständig aktiven Voranschläge schon bisher unter der Herrschaft der gegenwärtigen Mehrheit Jahr für Jahr, wie die jeweiligen Rechnungsabschlüsse ausweisen, einen stetig steigenden Abgang aufweist, der Sorge nicht erwehren, daß die verkehrten Bemühungen um das finanzielle Gleichgewicht abermals mit einem Mißerfolg enden werden, solange man das Übel nicht an der Wurzel faßt und unsere Politik, ebenso die Außen- wie die Innenpolitik, statt auf Frieden auf Krieg einstellt, auf Krieg gegen den Nachbarn und gegen die Völker im eigenen Staate. In diesem Sinne vermissen wir insbesondere auch in der Erklärung der neuen Regierung jede Andeutung über das trotz allem noch immer ungelöste nationale Problem, namentlich die Stellung der Regierung zu den Deutschen des Staates. Die weitere Teilnahme der jetzigen deutschen Regierungsparteien an der Regierung bildet für sich allein umso weniger eine Gewähr in dieser Hinsicht, als sie schon bisher als Hüter nationaler Interessen völlig versagt haben.

Auch abgesehen davon enthält die Erklärung der Regierung kaum etwas, was über die dringendsten Aufgaben der nächsten Wochen hinausreicht. Mag man darin Vorsicht, Bescheidenheit oder Schwäche erblicken, jedenfalls ist diese Erklärung nicht geeignet, besonders Vertrauen zu erwecken oder einen Wandel unserer Auffassung gegenüber der hinter der neuen Regierung stehenden alten Mehrheit herbeizuführen.

Wir sehen daher keinen Anlaß, unsere bisherige grundsätzliche Stellung zu ändern. Wir werden nach wie vor jede einzelne Handlung der Regierung und Mehrheit gewissenhaft prüfen und unser Verhalten im einzelnen Falle darnach einrichten, getreu unserem Programm: Alles für unser Volk, für unsere Heimat, für unseren Glauben! (Potlesk.)

6. Øeè posl. dr Schollicha (viz str. 49 tìsnopisecké zprávy):

Sehr verehrte Damen und Herren! Nicht mehr als Jubelgeschenk zum Staatsfeiertag am 28. Oktober, sondern mehr schon unter dem Eindrucke der Allerheiligen- und Allerseelen-Stimmung wurde uns endlich nach langandauernden und heftigen Geburtswehen eine neue Regierung, die 12. in der Reihe seit Beginn der Eigenstaatlichkeit des glorreichen èechoslovakischen Staates, das neue Kabinett Malypetr, beschert und hat uns nunmehr gestern sein Programm entwickelt. Bevor wir das neue Ministerium etwas schärfer unter die Lupe nehmen wollen, um zu betrachten, was wir, das Sudetendeutschtum, von ihm zu erwarten haben, wollen wir uns zunächst doch noch ein wenig mit dem abtretenden Kabinett Udržal beschäftigen, ihm noch einige Worte des stillen Gedenkens weihen, um an Hand seiner damals abgegebenen Regierungserklärung den Wert solcher Erklärungen ermessen zu können und um die Frage zu beantworten, wie weit die damals gegebenen Versprechungen auch in Wirklichkeit in Erfüllung gegangen sind. Allerdings: de mortuis nil nisi bene - über die Toten soll man nur Gutes reden - nach dieser pietätvollen Weisung kann ich mich leider bei meinem kurzen politischen Nachruf nicht halten.

An den Beginn meiner Betrachtung kann ich wohl das setzen, was in der neuen Regierungserklärung so recht zum Ausdruck kam, nämlich die nicht mehr zu verbergende und nicht mehr zu beschönigende Tatsache, daß die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Staates derzeit eine geradezu katastrophale ist, was doch nichts anderes ist als der sichtbare Ausdruck der wirtschaftlichen Situation des Staates und seiner Bevölkerung. Angesichts dieser traurigen Erkenntnis - nach 3 1/2jähriger Tätigkeit des Ministeriums Udržal - konnte ich schon in meiner letzten Rede unlängst sagen, daß keine von den vielen Regierungen, die seit der Eigenstaatlichkeit des Staates die verantwortliche Stellung einnahmen, so schmählich versagt hat wie gerade die so starke Koalitionsregierung Udržal, die doch eine Zweidrittelmajorität hatte und infolgedessen schon nach ihrer Stärke fähig gewesen wäre, die schwierigsten Probleme einer zufriedenstellenden Lösung zuzuführen.

Ich frage: was ist von dem großen Regierungsprogramm des Herrn Ministers Udržal, das er am 13. Dezember 1929 in diesem Hause mit hohem Pathos vortrug, übriggeblieben und in Erfüllung gegangen? Er sagte damals: "Unsere finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind Dank der Voraussicht Dr. Rašín's und seiner Nachfolger konsolidiert und entwickeln sich durchaus ersprießlich." Und heute, 3 1/2 Jahre später, muß der Staat die krampfhaftesten Anstrengungen machen, um den Staatsvoranschlag ins Gleichgewicht zu bringen und um die Bedeckung für seinen Haushalt zu schaffen. Ist es nicht geradezu eine Ironie des Schicksals, daß das Ministerium Udržal schließlich an der Unlöslichkeit der Probleme gescheitert ist, die es in seiner Regierungserklärung als bereits vollständig gelöst hingestellt hat, daß es zugrundegegangen ist daran, weil es ihm nicht gelang, die finanzielle und wirtschaftliche Situation des Staates zu ordnen und zu sichern? Denn wir verraten kein Geheimnis, wenn wir feststellen: die Staatskassen sind leer und selbst vom Staate übernommene Verpflichtungen können nicht erfüllt, bereits zugesagte Subventionen nicht mehr ausbezahlt werden. Trotz des unerträglich und maßlos gesteigerten Steuerdrucks, unter dem bereits alle produzierenden Stände, Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe in gleicher Weise zusammengebrochen sind, trotz einer bisher unbekannten Schärfe in der Eintreibung der laufenden Steuern und Steuerrückstände ist der Staat nicht in der Lage, aus seiner unerhört geduldigen Bevölkerung das herauszupressen, was er zu seinem Leben braucht. Ja, er sieht sich sogar gezwungen - und daran ermessen wir ganz den Ernst der Situation - seinen ohnehin zum Teil kläglich bezahlten Beamten noch von dem Wenigen wegzunehmen und sie auf eine bessere Zukunft zu vertrösten. Ist das der Dank, den Udržal seinerzeit in seiner Erklärung den Beamten in Aussicht stellte, wenn er sagte, der Staat werde niemals in seiner Sorge für die nachlassen, die die ganze Last der Administrative zu tragen haben und noch tragen? Diese damaligen Worte mußten doch bei der Beamtenschaft den Eindruck erwecken, daß es sich Udržal angelegen lassen sein wird, die Gehälter und Löhne dem Lebensmittelindex anzugleichen und aufzuwerten, was eben zu einer besseren Zeit versäumt worden war, und jetzt wird die ohnehin gedrückte Lebenshaltung der Beamtenschaft erbarmungslos noch mehr verkürzt, nur um auf diesem Wege ein paar hundert Millionen ersparen zu können. Sind das die Zeichen einer finanziellen Konsolidierung? Wohl gelang es vorläufig, unter schweren Opfern, die Krone zu halten. Auch die jetzige Regierung erklärte ausdrücklich, daß das ihre Hauptsorge sein wird. (Posl. Horpynka: Wie lange wird ihr das gelingen?) So ist es!

Es äußert sich ja die offenbare Angst der Bevölkerung, die Furcht vor der Krone. In den ganz bedenklichen Abhebungen, die in der letzten Zeit bei allen Kreditanstalten erfolgt sind und die in die Hunderte von Millionen gehen, in der Flucht von Kapital- zu Sachwerten.

Ebenso trostlos und katastrophal wie die Lage des Staates ist die finanzielle Situation der Länder, Bezirke und Gemeinden, die vielfach nicht mehr imstande sind, infolge der geschwundenen Steuerkraft und der dadurch ständig fallenden Gemeindeumlagen die Gehälter und Löhne ihrer Angestellten bezahlen zu können. Wir stehen vor einer ungeheueren Not und nirgends ist ein Weg zu sehen, nirgends auch nur festzustellen, daß sich die Regierung, die verantwortlichen Staatsmänner dessen bewußt sind, was in den nächsten Wochen und Monaten kommen wird und kommen muß, die sich mit schönen Worten über diese gefährliche Situation hinwegzutäuschen versuchen. So sind wir also finanziell konsolidiert, dank der Nachfolger des Herrn Rašín.

Und wie sieht die wirtschaftliche Konsolidation aus, auf die sich Udržal auch soviel zugute tat? Unser Wirtschaftsleben zeigt die Ruhe eines Friedhofes. Tausende eingestellte Fabriken und Betriebe, ständig zurückgehende Erzeugung, sinkende Ausfuhr, passive Handelsbilanz, abnehmende Steuerleistung, uneinbringliche Steuerrückstände auf der einen Seite und auf der anderen Seite über eine halbe Million Arbeitsloser, deren Zahl täglich zunimmt. Mit den Kurzarbeitern und Familienangehörigen zusammen handelt es sich vielleicht um 2 1/2 Millionen Menschen, die dauernd zur Untätigkeit und zum Verhungern verurteilt sind. Dazu kommt, daß ein durchaus hoffnungsloser, furchtbarer Winter vor der Tür steht. Die einzelnen Stände sind ruiniert: eine vollständig verschuldete, verelendete Landwirtschaft, da es den Patentagrarparteien nicht gelungen ist, die Getreidepreise auf einer erträglichen Höhe zu halten und die Ernte zu sichern, wie sie versprochen hatten, ein täglich immer mehr in Schulden geratender Handels- und Gewerbestand, dem infolge der ständig sinkenden Kaufkraft jede Lebensmöglichkeit genommen ist, der durch eine unselige Besteuerung erdrückt wird, eine zum Massentod verurteilte Industrie, das sind die Zeichen der wirtschaftlichen Konsolidierung, wie sie Udržal vor 3 1/2 Jahren angetroffen hat.

Wo ist die zugesagte Unterstützung der wirtschaftlich Schwachen, wo die Förderung
der Landwirtschaft - ich zitiere wörtlich die zielbewußte Unterstützung der Industrie, des Handels und aller Gewerbe geblieben? Wie hat sich die Regierung, beziehungsweise der verantwortliche Herr Außenminister Dr. Beneš der versprochenen Zielsetzung der Befestigung des allgemeinen Friedens während dieser Jahre genähert? Hat Herr Beneš seine bekannte und bereits lächerlich gewordene Geschäftigkeit in den Dienst dieses hohen Gedankens gestellt? Es hieße Bekanntes sagen, wenn ich in diesem Hause aufzeigen wollte, wie unsere Außenpolitik durchaus im französischen Fahrwasser segelt, wie Beneš überall dort zu finden ist, wo es gilt, den berechtigten Ansprüchen, Forderungen und Wünschen des deutschen Volkes nach Gleichberechtigung, nach Abrüstung, nach Wehrhaftmachung entgegenzutreten, Forderungen, die doch unerläßliche Voraussetzung eines allgemeinen Friedens in Europa, ja der ganzen Welt sind, wie er ständig in der schärfsten Weise erst kürzlich wieder gegen die Erweiterung des Minderheitenschutzes eingetreten ist, obwohl ohne Befriedigung der Minderheiten keine Beruhigung der Beziehungen der Völker untereinander eintreten kann. So ließe sich an der Hand gegebener Versprechungen der damaligen Ministererklärung eingehend und ausführlich darlegen, wie schmählich die Regierung Udržal auf allen Gebieten versagt hat und nicht die Kraft fand, auch nur teilweise an die großen Probleme der Zeit und des Staates heranzugehen. Geradezu stümperhaft sind die Versuche, die Wirtschaftskrise zu bekämpfen, ihr durch geeignete Maßnahmen entgegenzutreten oder wenigstens auf diese Weise zu versuchen, ihr die ärgsten Härten, die härtesten Auswirkungen zu nehmen.

In anderen Staaten - ich verweise hier auf England und Deutschland - werden die kühnsten Versuche unternommen, mit allen möglichen Mitteln der stagnierenden Wirtschaft aufzuhelfen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Gewiß sind das oft sehr verzweifelte, leidenschaftlich radikale Schritte, die die bereits ausgetretenen Wege, die bisher in der Volkswirtschaft geltenden Ansichten verlassen und neue Wege versuchen; aber es geschieht doch wenigstens etwas und ständig sind die Verantwortlichen bemüht, aufgrund gemachter Erfahrungen weiter zu arbeiten. Bei uns geschieht gar nichts. Hier raufen die in der Regierung sitzenden Parteien schon seit Monaten um die Futterkrippen und die einzige Sorge, könnte man sagen, des Vorsitzenden der Regierung besteht nur darin, diese ewig streitende Gesellschaft beisammen zu halten, sie zu beschwichtigen, um den Zerfall der Koalition zu behindern. Besonders für Udržal gilt das deutsche Sprichwort: "Auf dem Dache sitzt ein Greis, der sich nicht zu helfen weiß." Wenn er jetzt abgetreten ist, brauchen wir ihm wahrlich keine Träne nachzuweinen. Wir brauchen bei dieser Tatsache ein Bedauern unsererseits nicht zu bekunden. Aber nunmehr geht es weiter aufwärts und vorwärts, es wird besser werden, wir haben eine neue Regierung, neue Männer, neue Ziele, neue Pläne, neue Hoffnungen. (Výkøiky na levici.)

Es wäre gefehlt, und ich warne davor, mit solchen Gedanken an das Kabinett Malypetr heranzutreten; denn schon die Tatsache, daß die Koalition aus denselben Parteien wie bisher besteht, daß keine wesentliche Veränderungen vorgenommen wurden, daß es nur zum Austausch einiger Ministerien untereinander kam, daß die bisherigen Richtlinien in der Politik weiter eingehalten werden sollen, was ja auch Malypetr gestern ausdrücklich feststellte, das zeigt, daß unter den beteiligten Parteien lediglich dahin eine Einigung zustande kam, wie bisher weiter fortzuwursteln; und man fragt sich angesichts dieser kleinen Verschiebungen, wozu diese wochenlange Komödie, wozu der Sturz Udržals, wenn Malypetr nunmehr vor denselben Problemen steht, ohne daß vorher unter den Regierungsparteien festgelegt worden wäre, wie sie zu meistern sind. Es ging doch nicht um den Machthunger der Parteien, oder richtiger gesagt, einiger ehrgeiziger Streber innerhalb der Partei, es ging doch nicht darum, den angeblich schwachen und unfähigen Ministerpräsidenten Udržal durch den fähigeren und tatkräftigeren Malypetr zu ersetzen! Wir bezweifeln, daß Malypetr für die heutige Wirtschaftskrise größere Fähigkeiten mitbringen wird. Es geht doch nicht darum, daß der Soziademokrat Bechynì das ohnehin zur Liquidation reife Ernährungsministerium verließ und ohne Fachkenntnisse das Eisenbahnministerium besetzt, um hier den Fachmann Hùla zu verdrängen, der eben erst vernünftige Reformen zur Sanierung dieses Unternehmens eingeleitet hatte. Es ging doch nicht darum, daß der bisherige Landwirtschaftsminister Bradáè als wirklicher Agrarier einsah, daß er der Landwirtschaft nicht helfen könne und daß dazu ein Doktor und Professor notwendig sei, daß er darum seinen Platz seinem Klubkollegen Dr. Hodža einräumte! Es ging nicht darum, daß Bradáè auf einmal nunmehr kriegerische Anlagen bei sich entdeckte und daher seinen Klubkollegen Dr. Viškovský von diesem im Ernstfall so wichtigen Posten verdrängte. Es ging doch nicht darum, daß Dr. Slávik als Innenminister vielleicht die Jahre über in Deutschenverfolgungen zu wenig Schneid bewiesen hatte und nunmehr durch den in Unterdrückung gefährlicher Bewegungen bekannten Fachmann Èerný ersetzt werden mußte, und es ging doch nicht darum, daß vielleicht Herr Malypetr als Kammerpräsident durch den ehrgeizigen Stanìk ersetzt werden mußte, den bekanntlich der Staatspräsident schon als Politiker vor Jahren schärfstens abgelehnt hat. Diese Schiebungen der Parteien und Personen durcheinander und gegeneinander treffen doch nicht das wesentliche. Es ging dort um das Programm der Regierung, über das innerhalb der Koalitionspolitik keine Einigung zu erzielen war, weil eben die die Koalition bildenden Parteien bei ihrer Einstellung und ihren Handlungen das Wohl ihrer Parteien über das Wohl und die Notwendigkeiten des Staates stellten und nur dadurch trotz der schweren Notlage des Staates möglichst viel aus der staatlichen Futterkrippe herauszuholen und ihren Parteiangehörigen die fettesten Bissen zu sichern bedacht waren.

Die gestern hier vorgetragene Regierungserklärung vermochte in ihrer orakelhaften Unklarheit nicht den Eindruck zu erwecken, daß es nunmehr besser werden wird. Worte, nichts als Worte, Phrasen, von denen das arme Volk wirklich nicht satt werden wird. Es wird nach dieser Regierungserklärung in der Èechoslovakei wahrscheinlich keinen Gläubigen mehr geben, der nunmehr frohen Mut hätte und der festen Überzeugung wäre, daß alle Not ein Ende hat, daß die neue Regierung weiß, was sie will, daß sie schon die Wirtschaft ankurbeln werde. Nein, auch diese Regierung Malypetr weiß nichts, sie zeigt keine neuen Wege auf und wird, wie sie sagt, nur bemüht sein, den Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen. Sie will sparen, sie baut zu diesem Zweck die Beamtengehälter und die Arbeitslosenunterstützungen ab und appelliert in einer geradezu rührenden Hilflosigkeit an die Mildtätigkeit der Besitzenden, die helfen sollen, durch reichlichere Spenden der Not zu steuern. Das ist alles, was die neue Regierung in einer so wichtigen Zeit der hoffnungsvoll wartenden und vertrauenden Bevölkerung zu sagen hat. Die deutsche Nationalpartei steht dem gegenüber auf dem Standpunkt, daß die schwere Krise der jetzigen Zeit, die auch mit aler Schwere die Èechoslovakei erfaßt hat, nicht mit kleinlichen Mitteln und Mittelchen bekämpft und beseitigt werden kann. Es zeigt sich wahrlich, was wir die ganzen Jahre vorher gesagt haben, daß die Èechoslovakei eben keine Insel der Glückseligkeit ist und der wirtschaftliche Wellenschlag der umliegenden Länder und Staaten auch die èechoslovakische Volkswirtschaft treffen muß und stärkstens beeinflußt. Es war lächerlich zu glauben, daß die Weltwirtschaftskrise ausgerechnet an den Grenzen des Staates haltmachen und daß die Èechoslovakei von den wirtschaftlichen Verfallserscheinungen in Mitteleuropa verschont bleiben wird. Großzügige Staatsmänner hätten dies voraussehen müssen, und es ist geradezu kindisch und lächerlich, wenn der neue Ministerpräsident in seinen Ausführungen für all das den Weltkrieg verantwortlich macht. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.)

Wir haben die ganzen Jahre darauf verwiesen, daß der Grund aller Übel in allen Staaten, in der ganzen Welt, doch nur die durch die Zwangsfriedensverträge vorgenommene irrsinnige Neuordnung der Welt, die willkürliche Zerreißung natürlicher und in Jahrhunderten auf einander eingespielter Volkswirtschaften ist, die Abtrennung lebenswichtiger Gebiete von Deutschland und Ungarn, die Zerreißung dieser Staaten, die drückende widernatürliche Kleinstaaterei in Mitteleuropa, und daß nicht früher Ruhe und Ordnung eintreten kann, bevor nicht dieser der Zeit und Entwicklung hohnsprechende Irrsinn wieder beseitigt werden wird. Die Revision der Friedensverträge, die Anerkennung der vollkommenen Gleichberechtigung Deutschlands sind das Gebot der Stunde. Leider zeigt das Verhalten der verschiedenen Staatsmänner, vor allem Frankreichs und auch des Herrn Beneš, daß die gesunde Vernunft bisher noch nicht zum Durchbruch gekommen ist. Auch hierzulande glaubt man, daß diese Zwangsfriedensverträge Ewigkeitswert besitzen und bekämpft jegliche Revision. Es kann wohl klar ausgesprochen werden, daß insolange keine Gesundung eintreten kann, als diese Friedensverträge nicht einer vollständigen gründlichen Revision unterzogen werden und das dem deutschen Volk angetane Unrecht restlos wieder gutgemacht wird. Wir haben die ganzen Jahre über auf diese Zusammenhänge hingewiesen, wir haben die durchaus verfehlte Außen- und Innenpolitik, die unsinnige Wirtschafts- und Handelspolitik des Staates einer heftigen Kritik unterzogen. Wir haben immer wieder auf diese unumstößlichen Tatsachen verwiesen und empfohlen, sie sich auch stets vor Augen zu halten und niemals bei den verschiedenen staatlichen Maßnahmen zu vergessen, daß die Èechoslovakei ein Kleinstaat in Mitteleuropa ist, der von drei Seiten vom deutschen Einfluß und Sprachgebiet umgeben ist und daß sich aus dieser Größe oder richtiger gesagt, Kleinheit, aus dieser geographischen Lage und geopolitischen Bedingtheit des Staates seine Politik in Anlehnung an Deutschland von selbst ergibt, daß die èechoslovakische Auß enpolitik das lebhafteste Streben haben müßte, mit den Nachbarn, Deutschland, Österreich und Ungarn die bestmöglichen Beziehungen zu unterhalten.

Wie unsinnig die Außenpolitik des Herrn Beneš als getreuen Vasallen und Gefolgsmann Frankreichs in Wirklichkeit geführt worden ist, haben wir genügend oft früher dargelegt, ich will Bekanntes nicht wiederholen. Wir können nur bei dieser Gelegenheit erneut feststellen, daß auch die Zugehörigkeit zweier deutscher Parteien den Herrn Beneš nicht veranlaßt, den Kurs seiner deutschfeindlichen Außenpolitik einer Überprüfung zu unterziehen, und da auch in der neuen Regierungserklärung eine diesbezügliche Wendung vorkommt, daß in der Außenpolitik nach den Grundsätzen wie bisher weiter fortgefahren werden soll, besteht auch für das neue Kabinett keinerlei Aussicht, daß sich hier eine Änderung vollziehen wird. Es wird nach unserer Auffassung bei zunehmender Erstarkung des Deutschen Reiches einmal die Zeit kommen, wo die Èechoslovakei das lebhafteste Bestreben haben wird, ihre feindselige Einstellung zu Deutschland, ihre zahlreichen Böswilligkeiten und Nadelstiche so rasch als möglich vergessen zu machen, weil sie eben dann erkennen wird, daß sie nur in Anlehnung an Deutschland wird bestehen können. Wir werden allerdings zu diesem Zeitpunkt dafür sorgen, daß in der Schlußabrechnung nichts vergessen wird und die Èechoslovakei dann das erntet, was sie an ihrer Deutschfeindlichkeit in früheren Jahren gesät hat.

Wir stellen auch bei dieser Gelegenheit in der Innenpolitik fest, daß eine Befriedigung in der wichtigsten innerpolitischen Frage, der nationalen Frage, bisher nicht eingetreten ist. Es hat sich nach Švehla nicht einmal mehr ein geschickter, geriebener Staatsmann gefunden, der das betörende Schwindel- und Schlagwort von den Gleichen unter Gleichen noch einmal wiederholt hätte. Die diesmalige Regierungserklärung sagt darüber kein Wort mehr. Es war ja auch nicht mehr notwendig, nachdem es einmal seine Wirkung getan hatte, nachdem sich der deutsche Gimpel in Form der deutschen Regierungsparteien auf diese Leimspindel gesetzt hatte, es war ja nicht mehr notwendig, die gleichen Sirenengesänge noch einmal anzustimmen. Nur für das Ausland hält man es für notwendig, hie und da nach dieser bewährten Methode zu versichern, daß die Deutschen durchaus befriedigt seien. Es wird aber auch das auf die Dauer nicht gelingen, das Weltgewissen über die Rechtlosigkeit der deutschen Minderheit im èechoslovakischen Staate mit schönen Worten hinwegzutäuschen, wie es jüngst der Staatspräsident Masaryk dem reichsdeutschen Journalisten Behrend gegenüber versucht hat, indem er sagte: "Ich will keine Rekriminationen machen, doch muß ich es aussprechen, daß die Klagen von heute und ihre Art und Weise unberechtigt sind. Es wird in der Politik viel gelogen, und auch in diesem Staate. Wir wollen weder unsere Deutschen, noch die Ungarn unterdrücken."

Ich stelle hiezu fest und bitte die gesamte Öffentlichkeit, besonders die im Deutschen Reiche, zur Kenntnis zu nehmen, daß diese Worte des Staatspräsidenten mit der Wirklichkeit in schärfstem Widerspruche stehen, daß die Klagen von sudetendeutscher und ungarischer Seite über fortgesetzte und rücksichtslose Bedrückung, über soziale, wirtschaftliche, nationale und kulturelle Entrechtung im èechoslovakischen Staate durchaus berechtigt und wahr sind und sich auf tausendfache Tatsachen gründen. (Výkøiky.) Die Tatsachen werden einfach nicht dadurch aus der Welt geschafft, daß man sie leugnet und in Abrede stellt. Man soll an Königsworten nicht viel deuteln und kriteln, so hieß es früher. Heute allerdings, in republikanischen Staaten, scheint das bei Worten der Präsidenten anders zu sein. Wir können, wir dürfen die Worte Masaryks nicht unwidersprochen lassen, weil ja sonst leicht der falsche Einrduck entstehen könnte, daß sie wahr sind, daß das sudetendeutsche Volk zu Unrecht seine Klagen in der Öffentlichkeit vorbringt.

Nur darin allerdings stimmen wir mit Herrn Masaryk überein, wenn er sagt: "Es wird in der Politik sehr viel gelogen, und auch in diesem Staate." Wir können dies auch feststellen, wenn wir die Tätigkeit des Außenministers Beneš, des Schnittlauchs auf allen internationalen Suppen, betrachten, der in der Art gewandter Taschenspieler bei jeder Gelegenheit immer wieder zu versichern weiß, daß die nationalen Verhältnisse der Èechoslovakei durchaus konsolidiert sind, daß die 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen restlos befriedigt wurden, daß im Gegenteil der èechische Staat ihnen freiwillig mehr gegeben hat, als er nach dem Minderheitenschutzvertrag zu geben verpflichtet gewesen ist. Wenn dies der Fall wäre, dann wäre es nicht notwendig gewesen, daß sich die Èechoslovakei jüngst wieder gegen den großzügigen Vorschlag des deutschen Vertreters Rosenberg im politischen Ausschuß des Völkerbundes in Genf stellte, der doch nichts anderes bezweckte, als die einzelnen Staaten zum Einhalten der Minderheitenverträge zu verpflichten und damit die Lage der vielen Minderheiten einer befriedigenden Gestaltung zuzuführen. Beneš stützte sich bei seinen Ausführungen am 6. Oktober des laufenden Jahres auf die seinerzeit in der Völkerbundversammlung im Jahre 1922 angenommene Entschließung, worin den Minderheiten die Loyalität zu ihren Herbergstaaten zur Pflicht gemacht wurde, und er sprach bei diesem Anlasse sehr ausführlich über die Pflichten der nationalen Minderheiten zu den Staaten, in denen sie leben. Fühlt denn nicht Herr Dr. Beneš, wie lächerlich eine solche Forderung nach Loyalität ist bei einer so starken Minderheit, wie es die sudetendeutsche ist, die an den Grenzen ihres Vaterlandes siedelt, die gegen das heilige Recht auf Selbstbestimmung und ohne Befragung in diesen Fremdstaat hineingedrängt wurde, die hier bis aufs Blut gepeinigt, national bedrückt, entrechtet, wirtschaftlich zugrundegerichtet und kulturell auf ein niedrigeres Niveau herabgedrückt wird. Wenn die Herbergstaaten von den Minderheiten Pflichten verlangen, Loyalität fordern, dann müssen sich diese Staaten doch zunächst einmal bemühen, den Minderheiten selbst gegenüber loyal zu sein, ihre Pflicht zu erfüllen, ihnen das Leben im Fremdstaate angenehm und erträglich zu gestalten, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich national und kulturell auszuleben. Dann werden sich vielleicht die Minderheiten mit ihrer Zugehörigkeit zum fremden Staate zufrieden geben, dann werden sie möglicherweise aufhören, ein Gefahrenmoment für diese Staaten zu sein. Man erspare sich also in Zukunft, dem sudetendeutschen Volke Loyalität zu predigen; zeigen doch gerade die jetzigen Deutschenverfolgungen, daß selbst täglich bis zum Überdruß abgegebene Loyalitätsversicherung vor dem Verdacht der Staatsfeindlichkeit, vor Verfolgungen nicht schützt. Selbst die Verfolgung eines innerpolitischen Zieles, wie es die Erringung der Selbstverwaltung ist, wird heute als Hochverrat qualifiziert und mit schwersten Strafen belegt.


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