Pátek 4. listopadu 1932

So gibt die Regierungserklärung auf diese für das Sudetendeutschtum wichtige Frage keinerlei Antwort, die doch allein unser gegenseitiges Verhältnis etwas klarstellen könnte, sie schweigt sich vollständig aus und wird gerade durch dieses Schweigen außerordentlich klar und beredt. Wir stellen erneut fest, daß die Zugehörigkeit deutscher Parteien zu einer èechoslovakischen Regierung, daß zwei deutsche Minister keinerlei Erfüllung unserer nationalen Forderungen, ja heute nicht einmal mehr ein Versprechen bedeuten.

Auch sonst ist das Programm der neuen Regierung in wirtschaftlicher Hinsicht außerordentlich dürftig ausgefallen, die arme und geplagte Bevölkerung erhält auf die sie interessierenden Fragen, wie die Regierung die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen gedenkt, keinerlei Antwort. Man kommt über nichtssagende Redensarten nicht hinaus, ein Beweis, daß ein großzügiger Wirtschaftsplan fehlt. Mit kleinlichen Sparmaßnahmen, wie sie der Finanzminister vorschlägt, ist aber dem Staate keineswegs gedient. Man wird schon etwas tiefer hineingreifen müssen, man wird das Übel an der Wurzel anfassen müssen. Wie oft haben wir z. B. darauf hingewiesen, daß der staatliche Verwaltungsapparat der Größe des Staates nicht entspricht und vielfach das doppelte von dem des alten Österreich ausmacht! Wir haben die Posten und Stellen im Verwaltungsapparat aufgezeigt, wo ganz leicht und ohne besondere Schwierigkeiten Ersparungen gemacht werden könnten, im Militarismus, bei der Auslandsvertretung, bei der Auslandspropaganda, bei dem Bau von Minderheitenschulen usw. Wir sehen aber in der Regierungserklärung nicht, daß man ernstlich bemüht sein will, gerade an diese Posten heranzugehen.

Auch darüber schweigt sie sich vollständig aus. Ist es nicht ein Wahnsinn, wenn der èechoslovakische Staat in den Jahren 1922 bis 1932 nach dem Voranschlag rund 831 Millionen allein für Minderheitsschulwesen aufgewendet hat, wenn in den Jahren seit 1927 für 543 Millionen Sch ulbauten, davon allein wieder mehr als 183 Millionen für Minderheitsschulbauten verausgabt wurden, wobei wir noch festhalten wollen, daß davon jährlich höchstens 3 bis 5% deutschen Zwecken dienen! Welch eine ungeheuere Benachteiligung sudetendeutscher Kulturbedürfnisse liegt doch in diesem Perzentsatz allein! Nach übereinstimmenden Blättermeldungen hat der Minister für Schulwesen und Volkskultur Dr. Dérer jüngst bei der feierlichen Eröffnung einer èechischen Minderheitsschule in Nestomitz erklärt, der Staat habe beinahe 400 Millionen für das Minderheitsschulwesen ausgegeben. Angesichts der trostlosen Finanzlage des Staates mag das, sagen wir, ein äußerst geschickter Griff des Ministers Dérer gewesen sein, die wirkliche Summe zu verschweigen und sie auf die Hälfte herabzusetzen. In Wirklichkeit ist sie also doppelt so hoch. War es nicht eine ganz unverantwortliche Verschwendungssucht, die wir doch oftmals und ernst gegeißelt haben, wenn in kleinen Orten mit deutscher Bevölkerungsmehrheit für wenige èechische Schüler Prachtpaläste als Minderheitsschulen aufgeführt wurden? Und so wie auf diesem Gebiete wurde auf allen anderen Gebieten ohne Vernunft ins Blaue hineingewirtschaftet, so daß nicht bloß die in guten Zeiten reichlich fließenden Steuererträgnisse vollständig aufgebraucht, sondern darüber hinaus die nicht unbeträchtlichen jährlichen Überschüsse, die nach dem Staatsrechnungsabschluß in die hunderte Millionen gehen, vollständig aufgezehrt worden sind. Wäre es nicht vernünftiger gewesen, in guten Zeiten Rücklagen zu machen, Schulden abzustoßen und damit die Lasten herabzusetzen? So aber wurden die Einkünfte und Überschüsse verwirtschaftet, in der Hoffnung, daß es immer so bleiben werde, daß wir immer eine "Insel der Seeligen" sein werden. Jetzt aber heißt es sparen, weil die Konjunkturzeiten vorüber sind, sparen und drosseln bis zum Weißbluten, ohne daß selbst die größte Sparsamkeit imstande sein wird, das gestörte Gleichgewicht wieder herzustellen. Der Traplsche Finanzplan sieht ja neue Belastungen und Besteuerungen für die nächste Zeit vor. Wir wollen die Vorlage erst abwarten, bevor wir Kritik üben. Doch schon heute kann ich eines erklären: Wir werden jede neuerliche Belastung der breiten Bevölkerungsschichten schärfstens bekämpfen und nicht zugeben, daß die ohnehin unter den unerträglichen Steuerlasten seufzenden Stände vollständig erdrückt werden. Wir warnen die deutschen Regierungsparteien, das ohnehin bereits verzweifelte Volk bis zur äußersten Auflehnung zu treiben, die kommen muß, weil ja ein Mensch in seiner Verzweiflung schließlich zu allem fähig ist. Schon die jetzigen Eintreibungsmethoden mit Taschenpfändungen und anderes grenzen ja an Wahnsinn und zwingen uns zum nachdrücklichsten Protest gegen diese mittelalterlichen Sitten und Gebräuche.

Es wäre auch gefehlt anzunehmen, daß die Bevölkerung vielleicht in Form einer Inlandsanleihe dem Staate Millionengelder zur Verfügung stellen werde. Nach den gemachten Erfahrungen mit der Kriegsanleihe und mit den Staatspapieren wird wahrscheinlich eine solche Anleihe keinerlei Begeisterung finden; das Volk verlangt mit Recht, daß der Staat sich zuerst von seinen Schmarotzern und Nutznießern säubere, wodurch allein hunderte von Millionen zum Ersparen kämen. Hat doch erst dieser Tage Staatspräsident Masaryk, der doch die Verhältnisse gründlich kennt, in einer aufsehenerregenden Rede öffentlich gegen das hier herrschende Korruptionssystem gesprochen, das noch größer sein soll als wir glauben. Wir glauben allerdings nicht, daß diese blamablen Zustände damit in Hinkunft viel besser werden und daß die verantwortlichen Staatsmänner die Kraft aufbringen werden, hier durchzugreifen und Ordnung zu machen, weil diese Korruption ihren Grund in der Auffassung der Èechen vom Staate hat, der doch nur für viele die Melkkuh sein soll. Doch was wollen wir uns darüber den Kopf zerbrechen? Das soll nicht unsere Sorge sein. Den Staat zu erhalten ist die Aufgabe derer, die ihn geschaffen haben. Für uns Deutschnationale ist ja mit dem Schicksal des èechischen Staates nicht auch das Schicksal unseres Volkes verbunden. Wir wissen vielmehr und erkennen es bei dem täglichen Vernichtungskampfe, der im èechischen Staate unerbitterlich und folgerichtig mit allen Mitteln gegen das Sudetendeutschtum geführt wird, daß unsere Zukunft und Entwicklung nur gesichert und gestärkt wird in engster Verbindung mit unserem deutschen Vaterland, mit dem wir mit allen Fasern unseres Blutes verbunden sind und verbleiben.

Wir bringen auch der jetzigen Regierung das größte Mißtrauen entgegen, verweigern der Regierungserklärung unsere Zustimmung und werden gegen sie unsere Stimmen abgeben. (Potlesk.)

7. Øeè posl. Jelinka (viz str. 54 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Sowie das neue Kabinett nur geringe Änderungen in den Personen aufweist, so hat sich auch nach der Regierungserklärung im Wesen der neuen Lenker des Staates nicht geändert. Die Erklärung hätte auch das Ministerium Udržal abgeben können. Der Hinweis auf die Krise, die wie der neue Regierungschef sagt, die Sorgen um die Zukunft erhöht, der Hinweis auf die Arbeitslosigkeit, die bei dem katastrophalen Niedergang der Industrie und hiedurch bei Handel und Gewerbe in Zukunft noch größer werden wird, der Hinweis auf die Erstellung des notwendigen Gleichgewichtes im Staatshaushalte genügt nicht, um eine Besserung der trostlosen Verhältnisse herbeizuführen. Es genügt auch nicht, wenn die Erklärung besagt, die Regierung wird alles hiezu erforderliche unternehmen. Das ist nur ihre Pflicht, wir würden aber gerne erfahren, was sie unternehmen will, wie sie sich die Änderung, die Besserung der Lage vorstellt.

Die Bevölkerung, die durch die Krise unendlich leidet, hätte wohl das Recht zu erfahren, welche Mittel die Regierung in Anwendung bringen wird. Sie möchte gerne konkrete Vorschläge, nicht nur die Aufzählung bekannter trauriger Tatsachen hören Die Regierungserklärung wird die Bevölkerung nicht mit Hoffnung auf eine durch eine Maßnahme der Regierung begründete Verbesserung erfüllen können, sie erfährt nur, daß sich die Regierung "fleißig mit den schwierigen Problemen der Störung der Wirtschaft befassen und für eine sukzessive Regelung derselben Sorge tragen" wird - das ist ein Wechsel auf lange Sicht; die Einlösung desselben auf Grund vorerwähnter Zusagen sehr problematisch.

Bei aller Anerkennung der wiederholten Versicherung, fleißig sein zu wollen, fürchte ich, daß diese schöne Tugend zur Erfüllung der großen, der Regierung harrenden Aufgaben, der großen übernommenen Verantwortung nicht genügt. In dieser fürchterlichen Situation, in der sich Staat und Volk befinden, reichen auch die schönsten Worte nicht hin, um Abhilfe zu schaffen. Der Mangel eines Programmes, das Fehlen positiver Vorschläge ist der Unterton der Regierungserklärung, sie kann niemanden befriedigen und wird den Druck, der alle Arbeit, alle Freude am Schaffen den im Volke ruhenden Arbeitswillen lähmt, nicht beheben. Man kann über das Regierungsprogramm des deutschen Reichskanzlers von Papen denken, wie man will, einen Erfolg hat es bereits insoferne erzielt, als sich bereits viele Tausende Arbeitswilliger zur Ausführung sogenannter "zuständiger Arbeiten" gemeldet haben, welche die in Arbeit stehenden Leistungen außergewöhnlicher Art zu vollbringen im Begriffe sind.

Auf die großen Fragen, die gegenwärtig im Vordergrunde der allgemeinen Erörterung stehen und auch für die Èechoslovakei von großer Bedeutung sind, geht die Regierungserklärung nicht ein. Seit langem beherrscht z. B. das Thema "Mitteleuropa" die öffentliche Diskussion. In Versammlungen, Kongressen, wird diese Frage diskutiert, eine ganze Literatur hat man aus dem Boden gestampft, die Diplomaten besprechen das Thema hinter verschlossenen Türen, es will aber nicht vorwärts gehen. Obzwar man davon überzeugt ist, daß nur die Schaffung eines großen Wirtschaftskörpers das Zusammenfassen mehrerer durch die gegenwärtige Krise in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete Hilfe bringen kann, stockt die Errreichung des allseits gewünschten Zieles nur aus dem Grunde, weil man diese Frage nicht vom wirtschaftlichen, sondern vom politischen Standpunkt behandelt. Und doch wird allen politischen und diplomatischen Intriguen zum Trotz Mitteleuropa in den natürlichen, ich möchte sagen, von Natur aus gezogenen Grenzen entstehen, entstehen müssen, weil endlich doch die Vernunft, aber auch die große Not werden siegen müssen. Diese eine Tatsache, daß über kurz oder lang ein aus politischen und Machtgründen auseinandergerissener Körper wieder wird gebildet werden müssen, beweist am deutlichsten die ungeheueren folgenschweren Fehler der Friedensverträge, die - dies muß immer wieder betont werden - von Leuten gemacht wurden, von denen einige von den mitteleuropäischen Verhältnissen keine Ahnung hatten, einige, ohne an die Zukunft zu denken, ein Jahrhunderte altes Gebilde unter allen Umständen zerschlagen wollten. Und an der Spitze dieser Welterneuerer, die uns ins gelobte Land führen wollten, stand bekanntlich ein Mann, der kurze Zeit danach an Paralyse starb und von dem Präsident Masaryk an einer Stelle sagte: "Der Präsident betrachtet die Dinge in Europa wie durch ein umgekehrtes Fernrohr" und an einer anderen Stelle den groß en Mann ein Kind in europäischen Fragen" nennt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.)

Wenn man weiters bedenkt, daß wir gegenwärtig mit fast allen unseren Nachbarn in vertragslosem Zustand uns befinden und daß man sich auch nicht besonders bemüht, die notwendige Änderung herbeizuführen, so muß man wohl mit großem Bedauern feststellen, daß dieser für uns lebenswichtigen Frage nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird, daß unsere gesamte Wirtschaft noch lange Zeit durch Zollgrenzen, Devisenbestimmungen usw. in ihrer Entwicklung zum Schaden des Ganzen gehemmt wird.

Wie nicht anders zu erwarten war, spricht die Regierung viel vom Sparen. Auch diese Phrase haben wir in den früheren Besprechungen schon gehört und sind doch in ein Riesendefizit gekommen. Wer würde dem Rufe nach Sparsamkeit nicht zustimmen? Niemand mehr als die Steuerzahler, die unter der Last der Abgaben zugrundegehen. Was Sparen anlangt, soll der Staat mit gutem Beispiel vorangehen. Wie aber gespart wird, zeigen uns die mehr als luxuriösen verschwenderischen Bauten für die Ministerien und deren kostbare Einrichtungen, zeigen uns die Rechnungsabschlüsse mit ihren in die Millionen gehenden Überschreitungen, zeigt uns das Bodenamt, die Affären der Restgutbesitzer usw. Wie gespart wird, möchte ich noch an einem Beispiel zeigen: In den Motivenberichten des Ministeriums für öffentliche Arbeiten für das Jahr 1932 lesen wir, daß mit dem Bau eines Gesandtschaftsgebäudes in Ancara begonnen wurde. Warum ich aus dem Wust der Begründungen gerade diese Stelle hervorhebe? Ich tue dies, um zu beweisen, daß die unglückselige Prestigepolitik, die seit dem Bestande dieses Staates geübt wird und die Millionen und Milliarden aus den Taschen der Steuerzahler gezogen hat, noch weiter besteht, und daß es den Machthabern wichtiger zu sein scheint, in fernen und fernsten Ländern, mit denen wir in fast gar keinen Beziehungen stehen, durch Prunkgebäude die finanzielle Lage des Staates vorzutäuschen, als sich um das Wohl und Wehe der Staatsbürger zu kümmern.

Sie werden zur teilweisen Bedeckung des Abganges im Staatshaushalte, zur Kürzung der Beamtengehälter, zur ungerechtesten und gefährlichsten Maßnahme schreiten, ohne deren soziale und wirtschaftliche Folgen zu bedenken. Diese werden in der begreiflichen Abnahme der Arbeitswilligkeit zutage treten und in der selbstverständlichen Einschränkung des Haushaltes in so und so vielen tausenden Familien, die auf die steuerzahlende Geschäftswelt nicht ohne Einfluß bleiben wird. Sie entziehen hiedurch der Wirtschaft 600 Millionen, von denen der Herr Finanzminister weder Umsatz- noch Erwerbsund Einkommensteuer wird einheben können. Sie werden aber trotzdem weiters Steuern vorschreiben, werden deren Bezahlung verlangen und werden sich endlich nach fruchtlosen Exekutionen, die sie heute schon in geradezu grausamer Weise durchführen, ohne Rücksicht darauf, ob hiedurch Existenzen zugrundegehen, überzeugen müssen, daß die Eingänge den Vorschreibungen nicht entsprechen.

Der Herr Finanzminister muß doch über den gegenwärtigen Geschäftsgang informiert sein, er muß wissen, daß es ein schlechteres Jahr als das Jahr 1932 nicht gab und muß darauf gefaßt sein, daß Industrie, Handel und Gewerbe im Jahre 1933 bei weitem geringer werden fatieren müssen, daher bei weitem geringere Steuern zur Einhebung werden gelangen können. Was dann? Hat die Regierung geheime Pläne? Wird sie einen Weg aus diesem Dilemma finden? Heute schon verlautet es, daß man an eine Erhöhung der Wein-, Bier-, Spiritussteuer, an eine Erhöhung des Zolles für Kaffee und Tee denkt. Ob über diese Steuern hinaus eine Einnahmsmöglichkeit noch besteht, muß dem Gewissen der leitenden Kreise überlassen werden.

Von den nationalen Verhältnissen, deren Vorhandensein die innerpolitische Entwicklng wie früher so auch heute hemmt, sagte die Regierungserklärung kein Wort. Seit Švehla sein geflügeltes Wort von Gleichen unter Gleichen gesprochen, das leider gar keine praktische Auswirkung fand und nur als Geste anzusehen ist, spricht überhaupt keine Regierungserklärung über dieses Thema. Und wenn sie es auch verschweigen, anscheinend als nichtbestehend oder unbedeutend ansehen - diese Frage besteht und in keinem Augenblicke sind die Klagen und Beschwerden der Deutschen in dieser Republik gerechtfertigter als in dem gegenwärtigen, da der Chauvinismus auf èechischer Seite in der letzten Zeit in einem schwer zu überbietenden Maße zugenommen hat. Auf allen Gebieten, ob es sich um den Gebrauch der deutschen Sprache, um unsere Schulen und Beamte handelt, merken wir den verschärften nationalen Kurs, der an die ersten Jahre der Republik erinnert. Es ist wie eine Welle, die sich da über unser ganzes öffentliche Leben ergießt, überall Zwietracht und Haß verbreitet. Diese Welle hat auch Funktionäre des Staates ergriffen, wie die Verhandlungen des Volkssportprozesses in Brünn beweisen. Über das Meritum des Prozesse will ich nicht sprechen. Ich will nur zwei Aussprüche des öffentlichen Anklägers hervorheben, die uns klar und unzweideutig die Mentalität unserer nationalen Gegner beweisen. Der Herr Staatsanwalt hat bei Besprechung des Verhältnisses zwischen Deutschen und Èechen das große Wort gesprochen: "Wir werden uns niemals verstehen! " Wie wenn dies in einem Gesetze stünde, in so apodiktischer Schärfe wurde dieses Wort gesprochen. Während man sich an leitenden Stellen wenigstens platonisch bemüht, ein Nebeneinanderleben der diesen Staat bewohnenden Völker zu erreichen und während ich es immer für möglich gehalten habe, daß wir eventuell auf der Grundlage des sogenannten Mährischen Ausgleiches eine Plattform zum gegenseitigen Verständnis finden, lehnt dies der Staatsanwalt, wahrscheinlich in Übereinstimmung mit seinen Gesinnungsgenossen, rundweg ab. Noch einen zweiten Ausspruch leistete sich der Genannte, indem er den Angeklagten zurief: "Gehen Sie weg von hier und geben Sie Ruhe!" (Výkøiky poslancù nìm. strany národní.) So einfach ist das doch nicht. Solchen Extratouren eines staatlichen Beamten steht noch die natürliche Macht eines Volkes gegenüber, die derlei Aussprüche mit tiefster Entrüstung zurückweist.

Ich möchte noch auf eine Episode, die sich heuer im Frühjahr in diesem Hause abgespielt hat, hinweisen: Nachdem im Namen der nicht in der Regierung vertretenen deutschen Parteien Koll. P. Fritscher eine Erklärung abgab, in der unsere Beschwerden und Wünsche angeführt wurden, erklärte der nächste Redner, Abg. Dubický in seiner bekannten forschen, etwas rustikalen Art, daß alle diese Angriffe selbstverständlich unbegründet sind und daß wir - so etwa war der Sinn seiner Worte - Gott danken müssen, in dieser Republik leben zu dürfen. So kann doch nur ein Mann sprechen, der weder die Friedensverträge, noch die Minderheitsschutzgesetze, noch das Memoire Ill kennt, dem alle diese sogenannten Friedensinstrumente nur als ein Fetzen Papier erscheinen, die man dem Ausland zuliebe mit einigen schönen Worten beschrieb. Uns aber sind diese Verträge und Gesetze von höchster Bedeutung und wir werden nicht aufhören, die mageren Rechte, die man uns dort einräumte, mit aller Entschiedenheit und Leidenschaft zu verteidigen.

Ich bitte, mir noch folgende Worte zu gestatten: Ich wiederhole nur oft Gesagtes, wenn ich auf die noch immer verhängnisvolle Tätigkeit der Národní Jednota's zu sprechen komme, welche besonders bei uns in Mähren in Schulfragen ein großes Wort mitzureden haben. Ich kann meiner Verwunderung nicht genug Ausdruck geben, daß der gegenwärtige Herr Innenminister, der an dem Zustandekommen der Verwaltungsreform nicht ganz unschuldig ist und der seiner Einstellung und seinem Werdegang nach am liebsten die ganze Regierungsgewalt in den Händen der Bürokratie vereinigt sehen möchte, den Jednota's noch immer Gehör schenkt, denn sonst wäre es nicht möglich, daß Gesuche um Errichtung von Schulen und Kindergärten jahrlang beim Landseamt unerledigt liegen bleiben.

Zum Schlusse möchte ich sagen: Noch 14 solche Jahre wie die verflossenen, auf die Sie nicht stolz zu sein brauchen, weil sie keine große Taten aufweisen, noch ein solcher 28. Oktober wie der diesjährige, der uns die ganze Ohnmacht Ihrer Regierungskunst, die furchtbar verworrene Lage, die von der von Ihnen jederzeit betonten finanziellen und wirtschaftlichen Stabilität weit entfernt ist, bringen den Staat an den Rand des Abgrundes. Wenn Sie dies wollen, brauchen Sie nur in der bisherigen Regierungsmethode fortzufahren. (Potlesk.)

8. Øeè posl. Eckerta (viz str. 69 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das vom neuen Chef der Regierung, dem Herrn Ministerpräsidenten Malypetr vorgetragene Regierungs-Exposee zeichnet sich insbesondere durch seine Kürze aus und gibt durch den nichtssagenden Inhalt die Note der neuangetretenen Regierung, welche nach schweren, inneren parteipolitischen Kämpfen erstanden ist.

Es wird auch diese neue Regierung kaum im Stande sein, die Not der gesamten Bevölkerung zu lindern und der Verelendung Einhalt zu tun, wenn nicht zugleich mit diesem Regierungswechsel auch ein Wechsel des Systems eintritt, was jedoch nach unserer Befürchtung kaum zu erwarten ist. (Posl. inž. Kallina: Kaum?) Oder überhaupt nicht!

Endlich reift die Erkenntnis, daß auch die Èechoslovakei keine "Insel der Seligen" und von der Krise ergriffen ist, was man bis nun in strafwürdiger Überhebung zu übersehen beliebte.

Wir fürchten sehr, daß die Mittel, die zur Behebung dieser Krise in Aussicht gestellt sind, nicht die geeigneten sind, um die Wirtschaft wieder ankurbeln zu können.

Im Oktober des Vorjahres hat der vorhergehende Ministerpräsident Udržal in seiner damals abgegebenen Regierungserklärung, welche eine Menge Eigenlob, verkleidet mit den üblichen Phrasen, beinhaltete, mit einer gewissen Schadenfreude festgestellt, daß es der Èechoslovakei besser als allen anderen Staaten geht. Und schon nach Jahresfrist muß von dem Chef der neuen Regierung festgestellt werden, daß die Staatskassen vollständig leer und daß drakonische Mittel in Anwendung gebracht werden müssen, um ein ausgeglichenes Staatsbudget zu erreichen.

Die Èechoslovakei, die beim Entstehen ihrer Eigenstaatlichkeit ungeheuere Aktivwerte übernommen hat, steht heute geradezu vor einem Staatsbankrott, mit einer vollkommen ausgesogenen Wirtschaft. Dies ist wohl das allerdeutlichste Zeichen einer vollkommen verfehlten Staatspolitik, die sich im Gegensatze zu unserer natürlichen geopolitischen Lage, bisher immer nur als Anhängsel Frankreichs, betrachtet hat.

Statt eine vernunftmäßige Handels- und Finanzpolitik zu betreiben, hat man im Gegenteil gefühlsmäßig eine größenwahnsinnige Prestigepolitik betrieben und hat dadurch naturgemäß jede Wirtschaftsannäherung an unsere Nachbarstaaten unmöglich gemacht, wenn nicht gar diese in offene Gegnerschaft gedrängt. Das Unheil, daß bei uns handelspolitische Abmachungen durch das Außenministerium, statt, wie in allen anderen Staaten, durch die Handelsbezw. Ackerbauministerien geführt und abgeschlossen werden, hat es mit sich gebracht, daß wir in eine vollkommen verfehlte wirtschaftspolitische Lage hineingeraten sind.

Diese Isolierung in wirtschaftspolitischer Beziehung hat auch die einseitige parteimäßige Beeinflussung der stärksten Regierungspartei, der èechischen Agrarier, mit herbeigeführt.

Denn es ist doch klar, daß, wenn wir im übertriebenen Sinne eine Einfuhr agrarischer Produkte aus anderen Staaten behindern, naturgemäß von den anderen Staaten nicht verlangen können, daß sie unsere Industrieerzeugnisse abnehmen. Auch einen Umstand sollten die Führer der heutigen Regierungsmehrheit mehr als bisher in Berücksichtigung ziehen, nämlich daß die Prosperität von Industrie, Handel und Gewerbe innig mit dem Gedeihen der Landwirtschaft verbunden ist, denn erhöhte Arbeitsfähigkeit in Gewerbe-, Handel und Industrie erhöht die Kaufkraft der Arbeiterschaft und Angestellten, des Großteils der Bevölkerung. Die Nachfrage wird erhöht und führt indirekt zu einer Erhöhung des Preisniveaus für Lebensmittel, an welchem hauptsächlich die landwirtschaftlichen Kreise interessiert sind. Gerade für die deutschen Landwirte ist dies besonders wichtig, sind doch die deutschen Gebiete vornehmlich mit Industrie, Handel und Gewerbe mehr durchsetzt, as das innere èechische Gebiet von Böhmen und Mähren.

Es ist bezeichnend, daß unsere staatspolitischen Bindungen im direkten Gegensatz zu den wirtschaftspolitischen Erfordernissen stehen, wie dies ja auch auf der Konferenz zu Stresa deutlich zu Tage trat. Deshalb vermissen wir ganz besonders in der Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten den Standpunkt den die künftige Regierung einnehmen will. Man muß doch auch den Mut haben, die Tatsachen zu erkennen, auch dann, wenn diese Tatsachen unangenehmer Natur sind.

Das einzig Erfreuliche der Regierungserklärung tritt damit zu Tage, daß man scheinbar doch endlich erkennt, daß man die ganzen Jahre hindurch über die Verhältnisse gelebt hat, und, wie dies der Herr Staatspräsident in einer seiner letzten Ansprachen selber zugibt, schwere Fehler begangen hat. Diese schweren Fehler, die seitens der bisherigen Machthaber begangen wurden und die Bevölkerung, ohne Ausnahme der Nationalität, an den Rand des wirtschaftlichen Ruins gebracht haben, werden von uns Sudetendeutschen besonders schwer empfunden.

Wir waren immer die Mahner und haben stets darauf aufmerksam gemacht, daß auch in dem bisherigen System einmal die Zeit kommen wird und muß, wo auch die Führer des èechischen Volkes keinen Ausweg aus dem Elende finden werden. Für uns Sudetendeutsche kommt auch noch die durch die Schuld der unglückseligen Machtpolitik der herrschenden Nation verursachte wirtschaftliche Verelendung, die unerhörte Unterdrükkung und Entrechtung unseres Volkstums hinzu. Wir vermissen ganz besonders, daß der Regierungschef diese einschneidende Frage in der Regierungserklärung nicht einmal der Erwähnung wert gefunden hat, trotzdem auch deutsche Parteien in der Regierung vertreten sind.

Dies wirft ein besonders eigenartiges Licht auf die neue Regierung und hat es daher den Anschein, als ob die herrschende Persekution, mit der gerade in letzter Zeit das sudetendeutsche Volk bedacht wird, fortgesetzt werden soll.

Ich will nicht der einzelnen Fälle der lächerlichen Verbote von Versammlungen, von Sängersprüchen und sonstigen bösartigen Nadelstichen Erwähnung tun, aber ich will nur auf die schon abgeführten und noch in Schwebe befindlichen Prozesse hinweisen, wo junge, unerfahrene Menschen mit den schwersten Strafen belegt und dadurch ganze Familien ins Unglück gestoßen werden. Auf der anderen Seite wird aber, wie wir aus dem im Vorjahre abgeführten Horák-Prozeß wissen, ein Mensch èechischer Nationalität, welcher nachweislich einige slovakische Juden ermordet und beraubt hat, freigesprochen.

Daraus ist ganz deutlich zu erkennen, daß sogar schon die Justiz zur Entrechtung und Knebelung der Minderheitsvölker mißbraucht wird.

Was wir zu bemängeln haben, ist hauptsächlich das, was in der Regierungserklärung verschwiegen wurde.

Man müßte vor allem hierzulande dem Korruptionsunwesen mit den schärfsten Mitteln an den Leib rücken, um einmal das Vertrauen der Bevölkerung gegen die Staatsverwaltung zu schaffen. Denn wie soll ein Vertrauen für die höchsten Stellen vorhanden sein, wenn man nur allein aus den Gerichtsprozessen erfährt, welche ungeheuere Summen an Steuergeldern für korrupte Zwecke Verwendung finden.

Es ist ja der Bevölkerung nicht unbekannt, daß in dem im September des Vorjahres in Berlin stattgefundenen Beleidigungsprozeß des Geschäftsführers der deutschen Friedens-
gesellschaft Dr. Küster gegen verschiedene Journalisten, auch die Methoden des èechischen Außenministeriums eine eigentümliche Beleuchtung erfuhren. Es konnte dort festgestellt werden, daß die Gelder für die Tätigkeit der deutschen Friedensgesellschaft zu ihrer Propaganda gegen die deutsche Reichswehr, gegen nationale Organisationen im Reiche, ja sogar gegen die Wahl Hindenburgs zum Staatspräsidenten, zum Großteil von ausländischen Regierungen gegeben wurden. Und es ist interessant dabei, daß auch das èechische Außenministerium eine Unterstützung für diese Gesellschaft gegeben hat und zwar im Betrage von 85.000 RM, das sind 680.000 Kè. Ebenso werden Unsummen für Blätter der niedrigsten In- und Auslandspresse vergeudet, nur zu dem Zwecke, um in der Bevölkerung ganz falsche Anschauungen zu erwecken.

Es ist daher begreiflich, daß nicht nur die Steuerträger, die heute bis zum Weißbluten ausgepreßt werden, sondern auch die vom Abbau der Gehälter bedrohten Staatsbeamten mit großem Mißtrauen erfüllt sind. Wir haben volles Verständnis für die Sorgen der niedrigbesoldeten Staatsbeamten, welchen die Kürzung ihrer Gehälter als unausweichlich, mit ziemlich viel Worten plausibel gemacht wird.

Es ist eigenartig, daß von dem großen Sparprogramm der Regierung nur dieses eine Kapitel in der Regierungserklärung aufgenommen wird, während die Kürzungen der Sachausgaben mit Schweigen übergangen werden. Der Herr Ministerpräsident verlor nicht ein Wort darüber, welche Ersparungen zum Beispiel beim Ministerium für nationale Verteidigung und beim Außenministerium Platz greifen sollen. Scheinbar sind diese Herren Minister nicht geneigt, die notwendigen Ersparungen auch in ihrem Ressort durchzuführen.

Desgleichen wird auch mit Schweigen übergangen die für uns wichtigste Frage der Steuerpolitik. Der Herr Ministerpräsident beschränkte sich auf die Feststellung, daß das Maß einer erträglichen Belastung für die Bevölkerung nahezu erreicht ist. Dieser Auffassung muß mit aller Entschiedenheit entgegen getreten werden. Denn heute ist die Steuerbelastung bei weitem überschritten. Es ist kein Geheimnis, daß ein Großteil der Betriebe bereits von der Substanz lebt und nur unter Anwendung er rücksichtslosen Methoden die tatsächlich untragbaren Steuern und Soziallasten hereingebracht werden können.

Ganz besonders hart wirken sich diese Steuererpressungen bei den Kleingewerbetreibenden und Kaufleuten aus, die nicht in der Lage sind, ihr Hab und Gut vor den oft ungerechtfertigten Zugriffen der Steuerbehörden zu schützen.

Ich will hier nicht die ungezählten Fälle von himmelschreiender Steuerwillkür aufzählen, durch die ein Großteil der kleinen Handwerker und Kaufleute zur Verzweiflung gebracht werden.

Ich muß aber die Regierung nochmals darauf aufmerksam machen, daß das Maß des Erträglichen bereits überschritten ist und zu einer Katastrophe des Gewerbe- und Handelsstandes führen muß, wenn nicht baldigst Einhalt geboten wird.

Wie weit die Finanzverwaltung die Geduld der Steuerträger mißbraucht, geht aus der Tatsache hervor, daß trotz der herrschenden Wirtschaftskrise die Steuerbehörden über höhere Weisung die Steuersätze für das Jahr 1931 oft auf das Doppelte und Dreifache erhöht haben. Gestützt auf die gesetzliche Bestimmung, daß durch Rekurse, die oft 3 bis 4 Jahre unerledigt bleiben, die Zahlungspflicht nicht aufgehoben wird, trachtet die Finanzverwaltung auf diese Art und Weise das Letzte aus dem selbständig erwerbenden Mittelstand herauszupressen. Ich kann Ihnen heute versichern, daß diese verwerfliche Spekulation auf die Geduld der Steuerträger scheitern wird und muß, weil Verzweiflung vor Nichts halt macht.

Wenn die Regierungserklärung sich daher über die Steuerpolitik ausschweigt und nicht den Mut hat, offen Farbe zu bekennen, ist das schärfste Mißtrauen gegen die neue Regierung nur allzu gerechtfertigt. Denn so viel von dem neuen Finanz-Plan der neuen Regierung durchgesickert ist, ist eine ganze Reihe neuer, sowohl direkter als indirekter Steuern geplant. Steuern, die vor allem wieder der schaffende und erwerbende Mittelstand tragen soll. Es sollen die Zölle auf Kaffee und Tee, die Steuern auf Spiritus, Bier, Wein und Fleisch, sowie die Motorfahrzeugsteuer erhöht werden.

Diese Absichten der neuen Regierung müssen uns als Vertreter des Handels und Gewerbes mit den schwersten Bedenken erfüllen und wir warnen die Regierungsparteien auf das eindringlichste, diesen Absichten des Finanzministers zuzustimmen. In einer Zeit schwerster wirtschaftlicher Depression der Bevölkerung neue Steuern zuzumuten, ist Totengräberarbeit an der Volkswirtschaft.

Aus all dem geht hervor, daß wir auch der neuen Regierung kein Vertrauen entgegenbringen können und können daher die abgegebenen Regierungserklärung nicht zur Kenntnis nehmen. (Potlesk.)

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