Über die enormen Ausgaben für den doch ganz zwecklosen Militarismus wird bei jeder Gelegenheit, selbst auch von jenen Parteien Klage geführt, die sich heute in der Regierung befinden, und trotzdem wird gerade von diesem Ministerium der heftigste Widerstand - das ist wohl die einzige aktive Leistung - jeder Sparmaßnahme entgegengesetzt. Wenn man schon über Frankreichs Befehl Militärstaat sein muß, was uns jährlich über 2 Milliarden kostet, so könnte man wenigstens doch infolge der ungeheuren Notzeit, in der wir uns befinden, einige Ausgaben einschränken, und da käme wohl doch in allererster Linie die für die französische Militärmission verausgabte Summe von nahezu 1 1/4 Millionen Kronen in Betracht. Ebenso dürfte kaum das strategische Wissen und Können unserer Heerführer beeinträchtigt werden, wenn man die für die Militärattaches verausgabte Summe von über 3 Millionen etwas einschränken würde. Weiters dürfte kaum der Schlagfertigkeit der Armee und deren Treffsicherheit ein Abbruch getan werden, wenn man die für das Jahr 1932 präliminierte Post von nahezu 77 Millionen Kronen für Schießübungen herabmindern würde. (Sehr richtig!)
Und so gäbe es noch eine ganze Reihe von Posten in diesem Ministerium, wo wirklich Ersparnisse erzielt werden könnten, ohne dieses Fundament des Staats zu schwächen.
Millionenbeträge könnte man auch sparen, wenn man sich entschließen würde, vollständig überflüssige Ministerien, wie dies die für Volksernährung und Unifizierung sind, aufzulösen und mit anderen Ministerien zusammenzulegen. Das Bodenamt, das, wie man hört, seine Aufgabe erfüllt hat, wäre doch längst auch reif, liquidiert zu werden, zumal meines Wissens im deutschen Gebiet kein Grund und Boden mehr vorhanden ist, der für èechische Protektionskinder enteignet werden könnte, und diese nationalen Transaktionen überdies uns alljährlich ganz ansehnliche Passivposten bringen. (Výkøiky.) So weist der Rechnungsabschluß ja nach, daß uns der in Staatswirtschaft überführte Boden im Vorjahre 26 Millionen Kè Verlust gebracht hat. Außerdem kosten uns die dort noch immer angestellten 668 Beamten jährlich 23 Millionen Kè. Riesige Summen an Ersparnissen könnten auch erzielt werden, wenn man sich entschließen würde, den ganz ungeheuerlichen aufgeblähten Verwaltungsapparat etwas einzudämmen und in mehr wirtschaftlichem Sinne zu rationalisieren.
Wir sind doch heute schon ein Beamtenstaat, zumindestens zahlenmäßig, allerersten Ranges. Ich will nicht Vergleiche mit dem viel gelästerten Österreich anstellen, aber nur ein Beispiel möchte ich hervorheben, welches auch hier die Überbürokratisierung ganz deutlich aufzeigt. Im alten Österreich leiteten die Agenda der Binnenschifffahrt 5 Beamte der mittleren und unteren Gehaltsstufen des Handelsministeriums. Die Èechoslovakei, die doch bekanntlich etwas kleiner ist, als jenes Österreich war und naturgemäß auch eine viel geringere Binnenschiffahrt besitz, benötigt zu dieser Agenda über 100 Beamte, ohne dabei noch die Abteilungen der Landesbehörden hinzuzurechnen. Wahrscheinlich soll damit die maritime Bedeutung der Èechoslovakei zum Ausdrucke kommen.
Aber nicht nur diese Riesenarmee von Beamten verschlingt Riesensummen von Steuergeldern, sondern auch die durch dieselben hervorgerufene Arbeitsmethode preßt den Steuerträgern ganz ungeheuere Summen aus der Tasche. Es werden die einfachsten Akte wiederholt von einem Amt in das andere dirigiert und dabei ganz unnötiger Weise die Erledigungen hinausgezogen. Es ist ja bekannt, daß es gerade heute schon Methode geworden ist, wenn man einen Akt nicht erledigen will, daß man ihn einfach an eine andere Abteilung abtritt oder aber an die Behörden erster Instanz mit der lakonischen Weisung "zur Ergänzung" zurückleitet. Nicht nur daß man damit eine unnütze Arbeitsbürdung schafft und Kosten verursacht, verzögert man auch noch die Entscheidungen, die in den einfachsten Fällen Monate, wenn nicht Jahre beanspruchen. Solche Fälle könnte man Tausende als Beweis führen und es zeigen diese entweder die Unfähigkeit oder aber die Böswilligkeit der betreffenden Amtsstellen. Auch diese Dinge gehören mit in das Kapitel von Sparmaßnahmen, weil auch eine rasche Erledigung von Eingaben unter Umständen für die Bevölkerung Geldeswert darstellt.
Die Nichterledigung von Rekursen in Steuersachen ist eine schon zur Genüge bekannte Klage und bringt gerade diese schleppende Behandlung von Eingaben dem Steuerträger immensen Schaden und der Steuerbehörde viele Steuerentgänge. Es ist dies mit jenes Kapitel, welches man mit "Steuermoral" überschreiben könnte, und daß das vollständige Versagen der Steuerämter aufzeigt. Steuerfatierungen, selbst wenn sie noch so gewissenhaft einbekannt und durch ordentlich geführte Bücher belegt werden, wird kein Glauben geschenkt und geradezu jeder Steuerträger von Haus aus schon zum Betrüger gestempelt. In der Praxis werden die Steuergesetze seitens der Steuerämter in den seltensten Fällen beachtet und die eingebrachten Rechtsmittel zumeist nicht berücksichtigt, so daß heute jedes Vertrauen gegenüber der Finanzverwaltung geschwunden ist.
Man täuscht sich, wenn man glaubt, durch drakonische Eintreibungsmethoden die Steuermoral zu heben, denn die Dinge liegen doch heute so, daß auch der schärfste Steuerexekutor nicht in der Lage ist, dort etwas zu nehmen, wo nichts mehr vorhanden ist, und das ist leider heute bei den meisten kleinen und mittleren Gewerbe- und Handelstreibenden der Fall. Der Staat schadet sich nur selbst, wenn er den kleinen Gewerbetreibenden auch noch die paar zum Betriebe notwendigen Kreuzer durch den Steuerexekutor wegnehmen läßt und erzieht damit bestimmt nicht jenen Patriotismus, den über kurz oder lang der Staat anzurufen bemüssigt sein wird. Die wirtschaftliche Lage des gewerblichen und kaufmännischen Mittelstandes ist heute derart katastrophal, daß in diesen Reihen schon vollständige Gleichgiltigkeit obwaltet und daß diese Kreise heute schon ihren letzten Spargroschen aufgebraucht haben und vollständig verelendet sind.
Es beweisen dies die unzähligen Offenbarungseide, die heute schon en masse mit demselben Gefühl abgelegt werden, als seinerzeit im Kriege die Generalbeichten. Diese Tatsachen beweisen aber auch mit aller Deutlichkeit, daß es ganz unmöglich ist, aus dem Mittelstande noch mehr herauspressen zu können, wie dies die vorgelegten Steuergesetze beabsichtigen und es wird bestimmt nicht jener erhoffte Erfolg eintreten, den sich die Finanzbürokratie mit diesem Gesetzen errechnet hat.
Auch die unklare Fassung des Gesetzes scheint beabsichtigt zu sein, um den breiten Maßen nicht jene Klarheit damit zu verschaffen, welche doch wohl der Zweck eines Gesetzes sein sollte. Ein Nichtjurist braucht eine unglaubliche Geduld, um sich in dem Wirrwarr der darin zitierten Paragraphen zu Recht zu finden. Es ist auch in dem Motivenberichte nicht mit der entsprechenden Deutlichkeit ausgedrückt, bei welchen Bezügen des Festbesoldeten die Rückwirkung eintritt. Diese in dem Gesetze bestimmte rückwirkende Kraft muß jedes Rechtsgefühl auf das tiefste verletzen. Durch derartige Maßnahmen muß ja in den breitesten Maßen der Bevölkerung jede Moral und jedes Vertrauen auf Recht schwinden, wenn der Gesetzgeber selber die bestehenden Staatsgrundgesetze einfach über den Haufen wirft und nicht einhält.
Die Handelskammern haben in Erkenntnis dieser Gefahr auch an die Rechtsfakultäten aller Universitäten, juristische Gesellschaften sowie auch alle maßgebenden Faktoren eine diesbezügliche Zuschrift gerichtet, worin sie sich mit aller Entschiedenheit gegen diese Fassung der Rückwirkung verwahren und ganz klar zum Ausdrucke bringen, daß durch derartige Besti mmungen die staatliche Autorität vollkommen untergraben wird. Den entschiedensten Protest muß es aber hervorrufen, wenn in ein und demselben Gesetze mit zweierlei Maß gemessen wird. So wird in dem Gesetze bestimmt, daß die Rückwirkungskraft nicht für jene Lohn- und Gehaltsempfänger bis zu 24.000 Kronen geübt wird, während für den selbständig Erwerbenden die rückwirkende Kraft bei allen Einkommen gilt. Man muß sich nur wundern, wie man es überhaupt wagen kann, einen Teil der Bevölkerung so zu behandeln und den andern Teil anders.
Diese Ungeheuerlichkeit im Gesetze zeigt uns wiederum aufs neue, daß insbesondere die selbständig erwerbenden Mittelständler in diesem Staate vollständig wehrlos sind und infolgedessen auch noch rechtlos gemacht werden sollen. Der Motivenbericht zum Gesetzesantrag läßt jede Objektivität vermissen, weil darin nur ein Teil dessen gesagt wird, was eigentlich gesagt werden sollte. Für die Steuerbelastung des einzelnen Steuersubjektes kann doch wohl nicht bloß das Belastungsprozent der einzelnen Steuergattungen zur Beurteilung herangezogen werden, sondern es muß auch die Belastung durch das Gesamtsystem berücksichtigt werden. Wenn auch gesagt wird, daß die außerordentlichen Verhältnisse außergewöhnliche Maßnahmen und Leistungen bzw. Opfer erfordern, so muß man entgegnen, daß von fiskalischer Seite bereits die Belastung vor der Steuerreform als untragbar für die Wirtschaft bezeichnet wurde und es ist daher rätselhaft, um nicht zu sagen, gewissenlos, wie sich die verantwortlichen Regierungsstellen das Fortbestehen der Wirtschaft für die Zukunft vorstellen, wenn sie ständig von der Substanz nehmen. (Sehr richtig!)
Wenn der Herr Finanzminister sich in der Sitzung des Siebener-Ausschusses gegen den Vorwurf wandte, daß der Grundsatz, daß Gesetze nicht rückwirkend sein können, auf die Einkommensteuer nicht anwendbar sei, weil diese ihrem ganzen Wesen nach mit Rückwirkungskraft ausgestaltet ist, weil sie immer für das bereits vergangene Jahr vorgeschrieben und eingehoben wird, so muß dem gegenüber doch festgestellt werden, daß eine solche Begründung, gelinde gesagt, auf sehr schwachem Fuße steht. Der Herr Finanzminister scheint ganz zu vergessen, daß doch jeder Steuerträger das Recht für sich in Anspruch nehmen bzw. die Gewähr haben muß, die gegenwärtigen bestehenden gesetzlichen Normen als tatsächlich gegeben, das heißt als unabänderlich betrachten zu können.
Es muß aber auch dem Herrn Finanzminister bekannt sein, daß jeder Steuerträger auf Grund des bestehenden Gesetze seine Steuerverpflichtung jederzeit berechnen kann und damit zu kalkulieren imstande ist, ehe die amtliche Vorschreibung kommt.
Es mag sein, daß für den einen oder anderen Steuerträger die Rückwirkung nicht von so ausschlaggebender Natur ist, als daß er sich in seinen Dispositionen hätte beeinträchtigen lassen, so ist dennoch eine solche Einstellung der Finanzverwaltung eine unabsehbare Gefahr für den Fiskus selbst, da sie das offene Mißtrauen gegen die Rechtsbeständigkeit in der Staatsverwaltung ungeahnt fördert. In der Bevölkerung aber wird das letzte Gefühl der Rechtssicherheit vollständig ausgerottet.
Mit dieser neuen Steuerforderung wird bestimmt die Kaufkraft der Bevölkerung derart geschmälert werden, daß der in peinlicher Lage befindlichen Staatskassa nicht jene Mittel zufließen, die man sich mit den neuen und den erhöhten alten Steuerarten erhofft. Außerdem wird aber auch eine große Zahl der selbständig Erwerbenden mit dieser Belastung vollständig dem Ruine zugeführt. Die. Verschuldung wird weiter überhand nehmen und der Staat selbst wird sich damit nur ein neues Heer arbeitloser Menschen schaffen. Es kann heute schon mit Sicherheit gesagt werden, daß mit diesen neuen Belastungen der Steuerfiskus nur einen Bruchteil dieser vorgesehenen Steuern hereinbringen wird, dafür aber eine ungeheuere Masse verbitterter und verarmter Menschen schafft, welche für den Staat bisher das beste und auch sicherste Fundament abgegeben haben.
Es ist zwecklos über die einzelnen Gesetzesbestimmungen weiter zu sprechen; ich halte es auch für überflüssig, auf das ebenfalls vorliegende Gesetz über die Erhöhung der Hefesteuer näher einzugehen, weil ich die Auffassung meiner Partei über dieses Gesetz bereits im Gewerbeausschusse klargelegt habe und meine Partei die entsprechenden Anträge eingebracht hat.
Es ist ja bekannt, daß nach den hier zu Lande bestehenden Methoden auch die beste Meinung nicht Gehör findet und das herrschende System in seiner Art die Gesetze einfach diktiert. Es ist ungeheuerlich, wenn man sieht, wie gegen jede Vernunft die Wirtschaft zu Tode besteuert wird, wie aus den kleinsten Steuerträgern der letzte Heller herausgepreßt wird und wie auf der anderen Seite in der unverantwortlichsten Weise Millionenbeträge an Steuergeldern verschleudert werden.
Zur Illustrierung dieser Behauptung möchte ich nur anführen, daß zu den jetzt stattfindenden Sokolfestlichkeiten von staatswegen Riesensummen beigetragen werden. So hat allein der Staat zur Errichtung des Sokolstadions in Prag 23 Millionen Kronen geopfert. Das Gesundheitsministerium hat für das Sokolfest alein 7 Millionen beigetragen (Hört! Hört!) und außerdem eine, wenn auch zwecklose, aber umso umfangreichere Festschrift für den Sokolkongreß herausgegeben, die sicherlich auch einige Millionen Kronen verschlingen wird.
Man sieht, daß in diesem Ministerium, und das muß anerkennend hervorgehoben werden, die Tarnkappe nicht zum politischen Requisit gehört. Hoffentlich wird aber auch endlich erkannt, daß die vermeintliche Macht in Wirklichkeit nur Ohnmacht ist.
Wir würden uns freuen, wenn für das deutsche Turnwesen nur ein Bruchteil dieser genannten Summen und jener Beträge, welche in verschleierter Form zu den Sokolfestlichkeiten Verwendung fanden, gewidmet würde.
Wir sind aber so bescheiden und würden uns schon damit begnügen, wenn man unseren Festen und Veranstaltungen im deutschen Gebiete den entsprechenden Schutz angedeihen lassen würde. Daß wir selbst das nicht haben, beweisen die unerhörten sonntägigen Vorfälle in Dux, wo unsere deutschen Turner von einer organisierten, bewaffneten èechischen Bande überfallen wurden und die Behörden sich vollständig passiv verhielten.
Wir protestieren mit aller Leidenschaft dagegen, daß man die deutsche Bevölkerung vollständig schutzlos läßt und es läßt die Vermutung aufkommen, daß von amtswegen darin eine bestimmte Absicht vorherrscht.
Diese Vermutung bestätigen die Tatsachen, daß man gegenüber deutschen Korporationen in der unglaublichsten Weise vorgeht. Den deutschen Turnern verbietet man im deutschen Gebiete sogar auf ihren Turnplätzen das Singen und Spielen, wie man überhaupt jetzt scheinbar die vollständig unpolitischen Turn- und Gesangsvereine als das nächste Verfolgungsobjekt betrachtet.
So hat jetzt auch das staatliche Polizeikommissariat in Aussig dem sudetendeutschen Sängerbunde, der seinen Sitz in Außig hat, die Führung des Bundesbanners wegen des eingestickten Wahlspruches "Einig durch des Liedes Band, schirm dich Gott, Sudetenland", verboten, obwohl schon durch Jahre dieses Banner und die Führung desselben durch die Landesbehörde für Böhmen bewilligt ist. Ebenso verbieten einzelne politische Bezirksbehörden den Gesangsvereinen das Singen des Bundeswahlspruches mit dem gleichen Wortlaute. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Malypetr.)
Man sieht, daß die Verfolgung alles dessen, was deutsch ist, immer schärfere Formen annimmt, denn wenn diese harmlosen Wahlsprüche vor Jahren den Bestand des Staates nicht schädigen konnten, so muß es jetzt in dem Gebälke des Staates schon verdammt knistern, wenn jetzt auf einmal diese harmlosen Sprüche dem Staatswesen schaden können. Auf der einen Seite drosselt man das völkische Eigenleben bestimmter Staatsbürger und auf der anderen Seite vernichtet man mit Hilfe des Steuerfiskus die Einzelexistenzen und vergißt dabei, daß durch derartige Maßnahmen letzten Endes der Staat selbst in eine Lage gebracht wird, die man bestimmt nicht als beneidenswert bezeichnen kann.
Wir Vertreter des deutschen Handels
und Gewerbes, welche die Hauptpfeiler des Mittelstandes darstellen,
protestieren daher gegen die ungeheuerliche Ausbeutung der Wirtschaft
im besonderen und gegen die unerhörte Bedrückung des sudetendeutsches
Volkes im allgemeinen. Aus diesem Gründen können wir auch nicht
für die uns vorliegenden Gesetze stimmen und warnen die Regierung
im letzten Augenblick, weil nicht nur die Mittel des erwerbenden
Mittelstandes schon völlig erschöpft sind, sondern weil auch die
Geduld desselben zu Ende ist. (Potlesk.)
Hohes Haus! Als Feriengeschenk sollen die Abgeordneten ihren Wählern ein neues Gesetz heimbringen, das das Volk mit schweren Bürden belastet. Schweres wird den Abgeordneten zugemutet, noch schwereres den Steuerträgern. Sanierung der Staatsfinanzen durch Erhöhung der Einnahmen und der Steuern statt Sanierung der Staatsfinanzen durch Verringerung der Ausgaben, die in diesem Staate herzlich überflüssig sind. Der Steuerträger wird fragen, ob er von der erhöhten Steuerleistung etwas hat, ob er sie irgendwie wieder spürt und ob er eine Gegenleistung des Staates in erhöhtem Maße erhält. Wächst die Fürsorge des Staates angesichts der Notlage, wächst die Fürsorge des Staates für den verhungernden Gewerbestand, wächst die Fürsorge des Staates für die öffentliche Ruhe und Ordnung?
Es muß gesagt werden, daß die Tätigkeit der Behörden in der letzten Zeit bedeutend zugenommen hat. Die einzelnen politischen Behörden entwickeln einen geradezu rühmenswerten Fleiß, die Gendarmerie ist rastlos tätig. Allein der Staatsbürger spürt diese erhöhte Tätigkeit nur in einer Form, die eine weitere Einschränkung seiner so wie so schon beschränkten Bewegungsfreiheit bedeutet. Während die Gendarmerie tüchtig ist, um jedem Maschel, jedem Emblem, Bild oder Abzeichen, Tag und Nacht nachzurennen, überbieten sich die Behörden geradezu in Verboten und Anordnungen, und es ist ein wahrer Fahnen- und Farbenwahnsinn ausgebrochen, der soweit gegangen ist, daß man sogar bei den Firmungen die Staatsflagge verlangt. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie noch den Herrgott blau-weiß-rot anstreichen würden, nur werden sie ihn wahrscheinlich nicht erlangen. Dieser Farbenwahnsinn und die Tätigkeit der Behörden ist ins Ungeheuere gesteigert, aber auf einmal versagt der ganze gewaltige gutgeölte Staatsapparat, wenn es sich darum handelt, deutsche Bürger zu schützen, wie es der Fall von Dux in geradezu erschreckender Weise beweist. Ich kann es mir ersparen, Einzelheiten dieses traurigen Sonntags von Dux hier anzuführen, das haben meine Kollegen Herr Dr. Keibl und Herr Knirsch in ausführlicher Weise getan, so daß es uns unfaßbar bleibt, wie es überhaupt zu diesen Zuständen kommen konnte.
Auf ein Moment möchte ich besonders verweisen. Der Leiter der politischen Verwaltung in Dux, der dortige Bezirkshauptmann, erklärte am Sonntag Vormittag einer Abordnung, daß er bei Abhaltung des Festzuges für die Sicherheit keine Gewähr leisten könne. Das erklärt ein Bezirkshauptmann, dem eine Überfülle staatlicher Machtmittel zur Verfügung steht, auf dessen Wink ganze Bataillone von Gendarmen marschieren, dem alle Bewegungsmittel zur Verfügung stehen, um die Gendarmen herbeizuführen und die Sicherheit zu garantieren. Ich möchte den Herrn Innenminister fragen, was er gegen diesen Mann unternehmen wird, der in so aufgelegter Weise das Staatsprestige schädigt und den Staat mit seinen Machtmitteln lächerlich macht, wenn er sagt, er kann für die Sicherheit nicht garantieren. Es kam doch nicht unvorbereitet, wie ein Elementarereignis. Die Vorfälle des Samstag mußten doch dem Bezirkshauptmann von Dux die Vermutung nahelegen, daß sich diese Vorfälle am Sonntag wiederholen können, und es war vom Samstag Abend bis Sonntag Mittag genug Zeit, um Hunderte von Gendarmen auf die Beine zu bringen und den deutschen Staatsbürgern in Dux auch die Sicherheit zu gewähren, daß sie bei der Abhaltung des Festes nicht von èechischen Banditen gestört werden. Dreißig Gendarmen standen dem Bezirkshauptmann von Dux zur Verfügung. Zu derselben Zeit fand ein Gauturnfest in Zwickau statt. Dort hatte die Behörde 60 Gendarmen hingeschickt. Für was, weiß kein Mensch. Es bestand keine Gefahr, daß die nordböhmischen Turner die dortige bescheidene èechische Minderheit angreifen oder vergewaltigen würden. Alle deutschen Turnfeste haben gezeigt, daß in der deutschen Turnerschaft eine derartige Disziplin herrscht, daß sich der ganze èechische Staat glücklich preisen könnte, wenn nur ein Bruchteil dieser Disziplin in seiner Verwaltung vorhanden wäre. (Výkøiky: Sehr richtig!)
So hat man 60 Gendarmen nach Zwickau geschickt. Ich erinnere an harmlose, belanglose Versammlungen, wo dieselbe Behörde in der Lage war, binnen einer Stunde 50 Gendarmen auf die Beine zu bringen. Siehe Schelesen, das Daubauer Land usw., bei ganz kleinen harmlosen Versammlungen. Hier, wo die Krawalle sozusagen in der Luft hingen, ja schon Samstag Abend begonnen hatten, wäre es die Pflicht der Behörde gewesen, allen Unruhestiftern ihre Autorität zu zeigen und sie durchzusetzen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf ein anderes Fest verweisen. Pfingstsonntag und Pfingstmontag fand ein großes Sokolfest in Tetschen statt. In einer rein deutschen Stadt, ein ungeheuerer Aufmarsch mit allen möglichen, natürlich auch mit den ständigen Rufen: "Es lebe das èechische Tetschen", trotzdem es nach wie vor deutsch bleiben wird, ob solche Rufe gefallen sind oder nicht. Was hat aber die deutsche Stadt Tetschen gemacht? Sie hat zu Ehren der fremden Gäste sogar Ehrenpforten aufgestellt und bekränzt, sie hat die Amtsgebäude beflaggt und hat den Sokolkongreß durch einen Abgesandten des Stadtrates begrüßen lassen. Nun hätte man erwarten können, daß die Sokolen soviel Ritterlichkeit aufgebracht und ihren Konnationalen in Dux gesagt hätten: So behandelt man Sokolfeste in deutschen Städten, es wäre für uns eine Schande, wenn wir nun deutsche Turnfeste von gleicher Art auf andere Weise behandeln würden. Aber diese Ritterlichkeit haben wir vermißt und es tut uns leid, daß das Sokolgefühl eine Ehrenverpflichtung nach dem Tetschener Feste nicht in sich fühlt. Sie haben sich zwar bei dem Stadtrat von Tetschen für die Aufnahme, für die Beflaggung usw. bedankt, aber wir sehen, daß alles Entgegenkommen ohne großen Erfolg ist, das Beispiel von Dux hat uns die Augen deutlich geöffnet. (Posl. Horpynka: Für die Sokolturner Millionen Subventionen, für die deutschen Turner Messerstiche!) Das ist das Prinzip.
In Dux hat man den umgekehrten Weg eingeschlagen. Für gewöhnlich macht man es so, daß deutsche Feste verboten oder durch behördliche Maßnahmen so schikaniert werden, daß die Abhaltung überhaupt unmöglich wird. In Dux bewilligte man das Fest, ließ aber die Straße los, um das Fest zu stören und unmöglich zu machen. Ich will ein Beispiel anführen. Der Unterstützungsverband gedienter Infanteristen im Ergänzungsbezirke Leitmeritz und Böhm. Leipa in Aussig hat am 6. April bei der Bezirksbehörde angesucht, einen Verbandstag in Georgswalde in den Tagen vom 11. bis 13. Juni abhalten zu können. Darauf langte am 10. Juni, am Tage vor dem Festesbeginn, die Bewilligung ein. Und am Nachmittag war ein telephonischer Widerruf, ein Verbot des Festes. Alle Veranstalter lebten im Glauben, das Fest sei bewilligt. Es ist selbstverständlich, daß so ein Verbot unmittelbar am Feste selbst eine fürchterliche Katastrophe für solche wirtschaftlich bedrohte Orte ist und den größten Schaden nach sich zieht. Es ist zwar gelungen, daß Fest in beschränktem Umfange doch bewilligt zu erhalten, der Schaden war aber da und nicht gutzumachen (Výkøiky).
In unserer deutschen Heimat verbietet man uns die Feste und wir müssen Sonntag für Sonntag zum Fenster hinausschauen, wie fremde, mit billigen Fahrkarten herbeigeführte Sokolen unsere Straßen beleben und ihre Feste feiern. Wir haben uns dagegen noch nicht gewehrt, aber zu mindest dasselbe Recht können wir verlangen, daß auch wir in der eigenen Heimat auftreten und uns zeigen können. Es ist wahr, uns ist nicht zum Festefeiern zu Mute, bei Gott nicht. Aber Feste haben auch einen anderen Zweck, den gesunkenen Lebensmut wieder aufzurichten und die Leute vor Verzweiflung zu bewahren.
Ich habe von der großen Tüchtigkeit und Rührigkeit der Gendarmerie gesprochen. Ich kann da ein Beispiel von Hainspach erzählen, wo sich die Gendarmerie zwischen Jagd- und sonstigen Vergnügungen die Zeit vertreibt. Hier beispielsweise ist die Gendarmerie scharf dahinter her und verhaftet uns einen jeden, der einen Flugzettel von uns austrägt oder ihn zustellt. Es können zwar kommunistische Flugblätter in Handwagen herumgeführt werden, das tut nichts, unsere aber werden sofort konfisziert. Jede Woche haben wir irgendeinen bei dem Kreisgerichte in Böhm. Leipa wegen verbotener Kolportage angeklagt (Výkøiky komunistických poslancù). Als die ersten Meldungen von den Vorfällen in Dux kamen, konnte man wirklich glauben, es wäre das die Tat unverantwortlicher Elemente. Das ganze war zu lausbübisch, zu gemein, als daß man ernste Personen dahinter vermuten konnte. Zu unserer größten Überraschung hat die gesamte Prager èechische Presse diese Banditen von Dux für sich reklamiert, nicht nur die Støíbrný - Blätter, sondern auch im unedlen Wettstreit mit Støíbrný alle Blätter bis hinauf zum "Venkov", all der Blätter der Minister, die hier sitzen. Sie haben sie für sich reklamiert. So sind die Vorfälle von Dux herausgehoben worden aus einem Zwischenfall und sind zu einer hohen Gefahr geworden, die uns wohl am allerärgsten beunruhigen kann. Es ist bedenklich, wie dies schon ein Vorredner hervorgehoben hat, daß die èechischen Führer und Abgeordneten sich alle wieder von dieser Presse informieren lassen und das falsche Bild mit sich nachhause tragen, statt darüber zu erröten, in welcher Weise ihre Konnationalen sich dort in Dux aufgeführ haben.
Wir sehen ja auch, daß die èechischen Abgeordneten kein Interesse an der heutigen Debatte haben. Sie nehmen ja an der heutigen Verhandlung buchstäblich nicht teil und daß sie Herrn Zierhut als Horchposten hergeschickt haben, ist natürlich nicht ausschlaggebend. Eines aber ist zu fürchten, daß die Duxer Sache Schule machen wird. Wenn man sieht, daß in Dux auf Deutsche eingehauen wurde, daß sie mit Steinen beworfen wurden [ ], was glauben Sie, was das für ein Selbstbewußtsein hervorrufen wird und was die Deutschen bei einem nächsten Fest zu gewärtigen haben werden, wenn das nicht ein willkommener Anlaß ist für sämtliche Bezirkshauptleute, einfach alle Feste rundweg zu verbieten und die Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. [ ]. (Posl. dr Stern: Unter Euerer Mitregierung ist auf Arbeiter geschossen worden und Ihr habt nicht protestiert!) Wir haben protestiert gegen die Schießerei in Dux wie in Freiwaldau. Da sind Sie einfach nicht dagewesen. (Posl. dr Stern: Wie Sie in der Regierung waren, haben Sie alle diese Schweinereien gedeckt!) Wir haben sie nicht gedeckt.
Wir sehen daß neben der großen und staatlichen Macht eine Nebenregierung der Hranièáøi, der Jednota severoèeská und einiger verwandter Vereine besteht und unter ihrem Kommando stehen leider Gottes auch die Bezirkshauptleute. Es ist hier mehrmals in letzter Zeit der Ruf laut geworden nach der starken Hand. Gut, wir haben nichts dagegen, wenn eine starke Hand hier ist, die tatsächlich Ruhe und Ordnung schafft und die natürlich auch die Leute nicht verhungern läßt. Wir haben nichts dagegen, wenn der Innenminister eine starke Hand zeigen würde, aber er muß auch eine gerechte Hand zeigen, damit nicht 3 1/2 Millionen Deutsche an Recht und Gerechtigkeit in diesem Staate verzweifeln müssen. Wir verlangen vom Innenminister, daß er zu den Duxer Vorfällen Stellung nimmt und wir werden sehen, was er dazu sagen wird oder ob er das Verlangen der deutschen Abgeordneten einfach als belanglos bei Seite legen wird, auf das man nicht zu antworten braucht. Der Minister wird antworten müssen.