Ètvrtek 21. dubna 1932

Es wäre außerordentlich interessant, wenn sich jemand der Aufgabe unterziehen wollte, die seit 14 Jahren seitens der Regierung gemachten überflüssigen Ausgaben zusammenzustellen. Sie würden eine Summe ergeben, die die Kassen des Staates vollständig füllen würde und die Regierung nicht veranlassen müßte, zu derart kleinlichen, die Allgemeinheit drückenden Mitteln zu greifen. Wie die Dinge heute stehen, wird die Regierung selbstverständlich eine Mehrheit für dieses Gesetz bekommen. Ich möchte aber besonders die Herren von den Regierungsparteien warnen, für die Erhöhung der Umsatzsteuer zu stimmen, denn es werden auch viele ihrer Gesinnungsgenossen von dieser Steuer betroffen und diese werden ihnen früher als sie glauben, die schwersten Vorwürfe machen. Ich spreche aber in erster Linie im Namen der Deutschen. Die Èechen haben es in dieser Beziehung ja leichter. Ich komme auf das unglückselige Gebiet der Lieferungen zu sprechen, die von uns, seit dem wir im Parlament sitzen, ununterbrochen und jedesmal aufs Tapet gebracht werden. Ich meine, die Beteiligung der Deutschen an den Lieferungen, die in gar keinem Verhältnis zum Bevölkerungsschlüssel steht. Das ist eines der traurigsten Kapitel der öffentlichen Verwaltung und es wäre hoch an der Zeit, daß endlich auf diesem Gebiete Remedur geschaffen würde. Auf den Fahrten von Brünn nach Prag, die ich so oft zu den Parlamentssitzungen unternehmen muß, sehe ich, wie die Fabriken und Unternehmungen der deutschen Fi rmen entweder ganz stille stehen oder nur noch in beschränkten Tagesschichten arbeiten. Andererseits konnte ich beobachten, daß die Unternehmungen èechischer Firmen, die vor Jahren noch ganz kleine Betriebe waren, heute bereits als große Unternehmungen geführt werden. Das ist der beste Beweis dafür, daß diese Unternehmungen die großen Aufträge des Staates bekommen, während die deutschen Unternehmungen als Aschenbrödl behandelt werden. Es wird wiederholt darauf hingewiesen, daß es notwendig wäre, endlich einmal den Wirtschafrsraum zu vergrößern. Bei allen Tagungen und Konferenzen, die in Genf und anderswo abgehalten werden, wird darauf hingewiesen, daß die Gebiete, die den einzelnen Nachfolgestaaten zur Belebung ihrer Industrie übergeben wurden, viel zu klein sind, als daß si das Auslangen finden könnten, als daß die Industrie und das Gewerbe dort lebensfähig erhalten werden könnte.

Ich möchte schließlich bemerken, daß gegenwärtig in Insbruck eine Art Wirtschaftstagung stattfindet, in der auch über dieses außerordentlich schwierige Thema gesprochen wird. Da hat nun der Vertreter der Èechoslovakei sich den Ausdruck geleistet, daß die Einbeziehung Deutschlands in das Donauprojekt unmöglich durchgeführt werden könne, da das eine Art Vasallentum der einbezogenen Staaten gegenüber Deutschland ergeben würde. Ich halte diese Worte für eine außerordentlich deplacierte Phrase, denn kein Mensch in der Welt wird daran glauben, daß heute das zermürbte, schwache, von Reparationen und anderen Lasten niedergedrückte Deutsche Reich imstande wäre, die Industrie der anderen Staaten, sowie deren landwirtschaftliche Produktion derart zu beeinflussen, daß diese Staaten dadurch Schaden leiden könnten.

Von meinen beiden Vorrednern ist über die Einzelheiten des Gesetzes soviel gesprochen worden, daß ich es nicht für notwendig halte, das hohe Haus noch mit Detailfragen aufzuhalten. Ich erkläre nur zum Schluß, daß wir gegen das Gesetz stimmen werden. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Stenzla (viz str. 27 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! (Výkøiky.) In der breiten Öffentlichkeit hält man es für unverständlich (Výkøiky), daß in einer Zeit der schwersten wirtschaftlichen Not von der Regierung die Erhöhung der Umsatzsteuer verlangt wird. (Hluk. - Výkøiky.) Und doch ist es so gekommen. Trotz der Wirtschaftskrise, der Unterbindung jedweder Produktion soll zur Sanierung der Staatsfinanzen eine neuerliche Erhöhung der Umsatzsteuer platzgreifen. (Výkøiky.) Seit Wochen, seitdem die weite Öffentlichkeit der Steuerträger von diesem Vorhaben erfuhr, finden Protestkundgebungen aller wirtschaftlicher Organisationen statt, in denen begründet und sachlich, ohne Demagogie, ohne Verhetzung in wohlbegründeten Entschließungen und Reden darauf hingewiesen wird, daß die Wirtschaft eine Erhöhung der Kosten der Produktion und deren Erzeugnisse nicht vertragen kann. (Posl. Horpynka: Man hätte protestieren müssen gegen den französischen Kurator, der das hier angeordnet hat!) Das stimmt, ich werde noch darauf zu sprechen kommen, daß die Veranlassung dazu nicht in einer inneren Macht zu finden ist, sondern, daß sie bei einem Diktator außerhalb der Grenzen zu finden sein dürfte. Anders kann ich mir es nicht vorstellen, daß die Regierung daran geht, in Zeiten wirtschaftlicher Not, der Arbeitslosigkeit und der Bedrückung von Handel und Handwerk eine Erhöhung der drückendsten Steuer vorzunehmen. (Výkøiky posl. Horpynky.)

Der letzte Aufschrei, der am 14. April 1932 also vor 8 Tagen von den gewerblichen und kaufmännischen Körperschaften ausging, war ein letzter Versuch in letzter Stunde, noch ehe der Budgetausschuß zusammentrat, die Herren, die dort sitzen, und die Gesetze beschließen, darauf aufmerksam zu machen, daß es unmöglich ist, derartige Steuerlasten zu tragen. Weder den Herren des Budgetausschusses, noch der Regierung ist es leider eingefallen, von diesem Beginnen, neue Steuerlasten einzuführen, abzustehen.

Aber nicht nur, daß man auf diese Kundgebungen in Prag nicht hörte, die politischen Behörden und die Staatspolizei haben - ich glaube sagen zu können, daß es das erstemal gewesen ist - einzelne derartige Protestkundgebungen verboten und die Demonstrationen untersagt. In Friedland wurde friedlichen Staatsbürgern, Handwerkern und Kaufleuten der Zutritt zum Marktplatz durch Gendarmerie mit gefälltem Bajonett unmöglich gemacht. Das sind traurige Zeichen der Zeit, wenn schon mit derartigen Mitteln gegen die eigenen staatserhaltenden Bürger, die jederzeit loyal und brav die Steuern gezahlt haben, vorgegangen wird. Hier ist, glaube ich, eine gewisse Angst mitbestimmend. Ich kann aber nicht annehmen, daß, wenn ruhige Demonstranten zur politischen Behörde marschieren, es nur einem dieser braven Menschen einfallen würde, jemandem bei der Bezirksbehörde ein Leid zu tun oder die Fenster einzuhauen. Um so weniger kann man annehmen, daß die Steuerträger, der Kaufmann oder der Handwerker seine eigenen Geschäfte zertrümmern oder die Fenster einhauen werden. Deshalb ist es unerklärlich, daß diese Behörden und Organe des Staates ein derartiges Verbot erlassen haben.

Aber nicht genug daran. Nachdem die Leute, die dort ihrer Verzweiflung Ausdruck gegeben haben, während der Zeit der Kundgebung eine Stunde lang ihr Geschäft gesperrt hatten, werden sie jetzt verfolgt, und es droht der Bezirkshauptmann von Komotau und wie ich höre auch andere Bezirkshauptleute, die Leute mit 1000 bis 5000 Kè zu bestrafen oder sie einzusperren. (Posl. Horpynka: Der Bezirkshauptmann von Komotau ist ein Sozialdemokrat!) Die Herren werden kein Glück haben mit den 600 Millionen bei der Umsatzsteuer und mit den Strafen überhaupt nicht. Noch schlimmer ist, was man an Verfolgungen sieht, wo niemandem ein Haar gekrümmt worden ist und niemandem wehe getan wurde. So ist z. B. mit dem Vizebürgermeister Max Endler in Neustadt a. d. T. ein Verhör aufgenommen worden, ob er der Anstifter ist, ob er die Sachen angeordnet hat, wo er gedient hat usw. Derselbe Vorgang spielt sich in Tannwald-Schumburg beim Holzwarenerzeuger Walther Albrecht ab. Ist das richtig? Glaubt man, mit einem derartigen Vorgehen die erregten und bedrückten Leute beruhigen zu können? Ist das richtig im demokratischen Staate? Ehrliche Èechen müssen eingestehen und sagen, daß es falsch und unrichtig ist und daß man mit derartigen Mitteln kaum das Vertrauen zum Staate wird gewinnen können. Es ist nicht Demagogie, die wir betreiben, wir sind, wie Sie uns alle kennen, nicht eingestellt auf eine Opposition um jeden Preis. Wir sind jederzeit für Dinge und Beratungen im Parlamente zu haben, die zu Nutz und Frommen der gesamten Volkswirtschaft und deren einzelnen Berufsgruppen dienen. Wir warnen in letzter Stunde davor, diesen Notruf, diesen berechtigten Aufschrei ungehört zu lassen. Ich erkläre es ruhig und offen und meine Kollegen von deutscher Seite werden es zugeben müssen, daß der deutsche Bürger, insbesondere der deutsche Handwerker und der deutsche Kaufmann bis heute stets ein loyaler Staatsbürger gewesen ist. Wenn aber derartige Dinge fort weitergehen, wenn so eine Bedrückung kommt und wenn man ihn förmlich mit Waffengewalt in die Schranken weisen will, wo er kein Verbrechen begeht, dann bezweifle ich, ob in Zukunft bei den erregten Zeiten, in denen wir leben, es so weiter sein wird. Ich bin der Meinung, daß man in Zeiten wirtschaftlichen Wohlergehens, der aufstrebenden Wirtschaft eine Belastung in steuerlicher Hinsicht ertragen kann. Ich kann aber nicht verstehen, daß in Zeiten derartiger schwerer Wirtschaftskrisen, wie wir sie jetzt haben, eine Mehrbesteuerung vorgenommen wird. Wenn es den Menschen, den Bürgern, wirtschaftlich gut geht, kann man von ihnen etwas verlangen und daraus hätten die Regierungen und die Staatslenker Reserven, Rücklagen schaffen sollen für Zeiten, wo es schlecht geht, wie es jetzt der Fall ist. Wenn heute der Kaufmann oder der kleine Gewerbetreibende nicht weitgehende Einschränkungen seiner Lebenshaltung durchführen würde, wäre er in dieser Wirtschaftskrise bereits wirtschaftlich erledigt. Der Staat als solcher geht leider den umgekehrten Weg, und führt an Stelle der Einschränkung seiner Ausgaben neue Steuererhöhungen durch. Er fragt aber nicht, ob durch solche Maßnahmen nicht Tausende und Abertausende Existenzen unausbleiblich dem Ruin zugetrieben werden.

Es muß aber auch einmal gesagt werden, was vielleicht schon früher angedeutet worden sein dürfte. Wir wohnen hier in Ländern, welche die reichsten Gebiete des alten Österreich waren, Böhmen, Mähren und Schlesien ist ein Gebiet mit einer leistungsfähigen Industrie, deren Erzeugnisse in alle Weltgegenden exportiert wurden, mit einer hochentwickelten Landwirtschaft, einem fleißigen Handels- und Gewerbestand und einer tüchtigen Arbeiterschaft. Aus diesen Kronländern hat zu Österreichs Zeiten Wien derartige Steuern geschöpft, daß damit Bosnien und Herzegowina auf- und ausgebaut worden ist, die Alpenländer unterstützt wurden und wenn im Wiener Parlament die Galizianer für die Mehrheit gebraucht wurden, haben auch sie einige Hunderte Millionen dafür bekommen. Und diese reichen Länder bilden heute eigentlich den Kern der Èechoslovakischen Republik. Man hätte doch daran denken müssen, dieses blühende Land mit seiner Industrie, mit seinem Handels- und Gewerbestand so zu erhalten, wie man es übernommen hat. Man hat es nicht getan. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich hier sage, daß fast 50% der Industrie in diesem Staate kaum mehr zu erretten sein dürften, und daß dadurch vielleicht auch 50 % der Arbeitslosen, die wir heute haben, in Zukunft keine Arbeit finden düfrten. Ich will kein Prophet sein und auch nicht den Teufel an die Wand malen, aber man muß nachdenken und sich fragen: Warum wurde so verschwenderisch mit den Reichtümern umgegangen? War das nicht ein Verbrechen an der Volkswirtschaft? War es nicht ein Leichtsinn mit derartigen Maßnahmen die Steuerkraft dieser Länder zu untergraben? Das sind unverantwortliche Fehler, die sehr schwer und nie wieder zur Gänze gutzumachen sein werden. Heute ruft mit Recht der Arbeiter nach Verdienst und Brot, aber es wird nicht lange dauern und der arbeitende Mittelstand wird durch solche Maßnahmen, die erst der Anfang neuer Belastungen sind, gezwungen sein, auch um Verdienst und Brot zu rufen, weil man ihn zugrunde richtet. Die Erhöhung der Umsatzsteuer ist für den arbeitenden und staatserhaltenden Mittelstand, der die Grundpfeiler jedes Staatswesens bildet, untragbar. Die Steuerrückstände bei diesen Mittelgruppen und arbeitenden Menschen, die sich nicht darum kümmern, wenn die Uhr schlägt, oder wenn die achtstündige Arbeitszeit vorüber ist, sind kein böswilliger Akt gegenüber dem Staate. Nein. Heute ist ihnen die Zahlung unmöglich. Und man versucht es heute mit Gewalt und durch Schikanen den letzten Heller aus den Leuten herauszupressen. Die Vorgänge bei den Steuerexekutionen sind manchmal unerhört. Häufig hört man Klagen darüber, daß die verpfändeten Gegenstände um einen Spottpreis verschleudert werden. So erfuhr ich in letzter Zeit bei einer Versammlung, daß bei einem Tischlermeister - im Adlergebirge - eine Möbeleinrichtung gepfändet und die Versteigerung angeordnet wurde. Da kein Käufer da war, weil niemand Geld hat, um irgendetwas zu kaufen, wurden die Sachen einfach weggeführt und die auf 13.000 Kè bewertete Einrichtung wurde angeblich - ich werde den Beweis falls notwendig noch erbringen - um 3000 Kè verkauft. Da wäre es fast bald notwendig, nach dem Staatsanwalt zu rufen und gegen manche staatlichen Organe die Anzeige wegen Raubs oder ähnlicher Dinge zu erstatten. Es ist traurig, aber wahr, und derartige Dinge müssen einmal ausgesprochen werden. Man kann nicht mehr weiter zusehen, wie die arbeitenden Schichten des Mittelstandes langsam, aber sicher vernichtet und verelendet werden, dabei aber auch noch zum ausschließlichen Träger der staatlichen Arbeitslosenhilfe gemacht werden.

Sie wissen, daß die Lebensmittelaktion vom Ministerium für soziale Fürsorge eingeleitet ist und wir haben nichts dagegen, daß heute arme Arbeitslose, die ja nicht schuld daran sind, daß sie keine Arbeit haben, unbedingt von Seiten des Staates und der Öffentlichkeit unterstützt und ernährt werden müssen. Unhaltbar aber ist die Tatsache, daß die kleinen Kaufleute und Händler drei bis vier Monate auf die Einlösung der Lebensmittelkarten warten müssen. Die Lebensmittelkarten sind Staatsanweisungen, die eingelöst werden müssen. Unsere Klagen und Vorsprachen beim Minister Czech und alle seine Versprechungen, er werde alles tun, nur fehle es an den Mitteln, nützen nichts. Ja, wie lange sollen die Leute denn das aushalten? Es gibt kleine Greisler in den Bezirksstädten, die jetzt Forderungen von 8 bis 10.000 Kè an den Staat haben und auf der anderen Seite die hohen Belastungen mit den Steuern ertragen sollen. Diese armen Teufel müssen horrende Schuldenzinsen bezahlen, um ihr Geschäft zu erhalten und der Staat bleibt ihnen, statt zu helfen, noch seine ganzen Forderungen schuldig. Man darf aber weiter nicht vergessen, daß der Gewerbetreibende und Kaufmann in dieser schweren Zeit außerdem noch die freiwillige Unterstützung der arbeitslosen Menschen weitgehend fördert. Ich kenne Bezirksstädte, wo für die Arbeitslosen gesammelt wurde und man ihnen Brot und Lebensmittel zur Verfügung gestellt hat. Und da will man uns sagen, daß man uns zur Bourgeoisie rechnet, daß wir arbeiterfeindlich sind? Das sind Dinge, die sich überlebt haben, und ich bin überzeugt, daß die vernünftige Arbeiterschaft sich davon überzeugen wird, daß wir es ehrlich und aufrichtig mit ihr meinen.

Wir sehen aber auch, daß dieses Gesetz, das uns so schwere Belastungen bringen wird und muß, langwierige Verhandlungen der Koalitionsparteien mit sich gebracht hat, und schon das ist ein Beweis dafür, welch einschneidende Wirkung ein solches Gesetz für das gesamte volkswirtschaftliche Leben auslösen wird. Leider werden die Auswirkungen desselben zu ungunsten Tausender Existenzen des arbeitenden Mittelstandes ausfallen. Es wurde bereits vorhin gesagt, und ich wiederhole es, als der Einwurf hier kam, daß ich tatsächlich überzeugt bin, und der Meinung Ausdruck geben muß, daß es nicht innerstaatliche Gründe sind, die die Regierung bestimmt haben, sondern daß äußere Einwirkungen hier mitsprechen, welche verlangen, neue Steuern einzuführen, um sie zu weiß Gott welchen Zwecken zu verwenden.

Die Èechoslovakei marschiert hinsichtlich der sozialen Abgaben an erster Stelle aller Kulturstaaten der Welt. Nun sehen wir aber auch, daß in dem Moment, wo die gesetzgebenden Körperschaften dieses Gesetz mit der Erhöhung der Umsatzsteuer beschließen werden, die Èechoslovakei auch in Bezug auf die Höhe der Umsatzsteuer an dér ersten Stelle aller Kulturstaaten marschiert. Der im Motivenberichte angeführte Hinweis auf die Erhöhung der Umsatzsteuer in Deutschland und Ungarn, ist aber nicht ganz stichhältig. Denn zu einer Zeit, als in der Èechoslovakei die Umsatzsteuer 2 % betrug, wurde diese Steuer in beiden Ländern auf 1/2 bezw. 3/4 % herabgesetzt, und beträgt auch heute nur 2 1/2 %. Ich glaube auch nicht daran, daß der erhoffte Betrag von 600 Millionen Kronen sich ergeben wird. Ich sage Ihnen, dieser Betrag wird nicht einkommen, weil die Wirtschaft eine rückläufige Bewegung aufzeigt, weil von Tag zu Tag in der Wirtschaft die Verdienstmöglichkeiten sich verschlechtern. Ohne Prophet sein zu wollen, behaupte ich, daß es schwer sein dürfte, trotz aller Zwangsmaßnahmen der Steuerbemessungsämter, mehr als ein Drittel der erhofften Steuersumme zu erzielen.

Interessant ist aber auch das eigentümliche Vorgehen im Budgetausschuß gewesen, als der für 3 Uhr Nachmittag angesetzte Beginn der Sitzung um zwei Stunden verschoben wurde. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.) Ich gebe zu, daß auf Grund der Einwürfe und Bedenken, die von Seite der Oppositionsparteien gekommen sind, sowie der Protestkundgebungen der breiten Öffentlichkeit die Mehrheitsparteien sich veranlaßt sahen, sich noch einmal zu beraten. Was geschah aber? Die Generaldebatte sowie die Spezialdebatte wurde vergangenen Montag abgeschlossen. Infolgedessen war es nicht mehr möglich, zu den nachher eingebrachten grundlegenden Änderungen im § 1 und § 2 der Vorlage nochmals Stellung zu nehmen. Wir wissen auf Grund langjähriger Praxis und Erfahrung in der gesetzgebenden Körperschaft, daß es schwer ist, nach Einbringung der Vorlage an das Haus noch viel zu ändern. Ich muß offen sagen, daß dieses Vorgehen der Mehrheitsparteien eine bisher ungewohnte Überrumpelung gewesen ist. Ich muß dagegen Einspruch erheben, daß man heute seitens der Regierung und der Koalitionsparteien die vorgenommenen Änderungen vortragen läßt, ohne die Möglichkeit zu geben, nach einem Studium dieser Sache seine Meinung nochmals aussprechen zu dürfen. Ich muß offen sagen, daß dieser Vorgang ein unfairer politischer Kuhhandel ist, der auf den Rücken der arbeitenden Schichten ausgetragen wird.

All diese Abmachungen, die innerhalb der derzeitigen Koalitionsparteien getroffen werden, werden vom egoistischen Parteistandpunkt diktiert. Diese Parteien vergessen darauf, daß es sich hier um die Wohlfahrt der Völker in diesem Staate handelt. Wir haben uns erlaubt, zu dieser Vorlage Abänderungsanträge zu stellen, u. zw. haben wir zu § 1 den Antrag gestellt, daß derselbe zu streichen wäre, d. h., daß eine Erhöhung zu unterbleiben hätte. Die Abweisung dieses Antrags schon im Budgetausschuß mußte uns eigentlich sagen, daß es nicht der Mühe wert wäre, eine Fleißaufgabe zu machen und noch Abänderungsanträge zu stellen. Aber es würde uns sicherlich von den Mehrheitsparteien, wie das manchmal schon von einem Berichterstatter gesagt worden ist, der Vorwurf gemacht werden, daß wir keine Abänderungsanträge gestellt haben. Deshalb haben wir auch den Versuch gemacht, trotz der sicher anzunehmenden Ablehnung der Streichung des § 1 und trotz der zu erwartenden Ablehnung unseres Antrages auf Rückverweisung der Vorlage an den Budgetausschuß, auch hinsichtlich der anderen Paragraphen Abänderungs- und Eventualanträge zu stellen. Unser Antrag ging dahin, die Höchstgrenze für eine Befreiung von der erhöhten Umsatzsteuer mit 500.000 Kè festzusetzen. In der Vorlage sind 100.000 Kè festgesetzt gewesen. Als einzige Abänderung zu Gunsten der Steuerträger wäre die Erhöhung des von dem Zuschlage befreiten Betrages auf 150.000 Kè zu buchen, die aber auch nicht befriedigen kann. Denn was geschieht nun bei den Praktiken der Steuerbehörden? Die Steuerbehörden werden, auch wenn jemand nur 80.000 Kè einbekennt, die Umsatzhöhe auf 155.000 Kè hinaufschrauben, der Zahlungsauftrag wird zugestellt, der Rekurs wird nicht erledigt und er muß die Steuer mit 3 % bezahlen, trotzdem er nur 2 % berechnet hat. (Posl. Kunz: Wenn er bezahlt hat, bekommt er nichts zurück!) Ja, wenn er bezahlt hat, Herr Koll. Kunz, so ist vom Zurückgeben keine Spur. Ich muß sagen, ich bezweifle, daß man mit diesem Gesetz den Kleinen geholfen hat, daß soziale Momente mitgespielt haben. Die Praxis der Steuerbehörden und der Bemessungsämter sagt etwas anderes. Ich bin überzeugt, daß jemand, der ehrlich einbekennt, das Doppelte für seine Ehrlichkeit vorgeschrieben erhält. Das Vertrauen ist weg, die Moral ist verschwunden und es ist eine Unmoral erzogen worden. Daran ist aber nicht der Staatsbürger schuld, sondern die Steuerbehörden, die durch willkürliche Einschätzungen und mit allen möglichen geheimen Erlässen aus den Steuerträgern den letzten Heller herauszupressen suchen.

Ein Unding ist es auch, von jenen Waren, die bereits seit Jahren auf Lager liegen und noch Jahre liegen dürften, eine Nachversteuerung zu fordern. Diese besonders drükkende Bestimmung, welche im Nachhinein in die Vorlage eingeschmuggelt wurde, ist unbedingt zu streichen.

In diesem Gesetz eine Art lex Baa zu sehen, wäre verfehlt. Mit dieser Vorlage kommt man den großen Unternehmern mit den vielen Filialen nicht bei, und wird auch nicht die kombinierten Betriebe entsprechend erfassen. Nach der Berechnung von Fachleuten beträgt die Verkürzung des Staates an Umsatzsteuer bei den geschlossenen Ringbetrieben der Firma Baa und anderen viele Millionen Kronen. Es sind auch noch andere große geschlossene Ringbetriebe, die in ähnlichem Sinne bevorzugt werden, während die breiten Massen des Volkes die drei-, vier- bis fünffache Besteuerung ertragen müssen und somit auch, wo es in Anrechnung gebracht werden konnte, auch der Konsument. Die Frage der Umsatzsteuer ist keine Frage des Kaufmanns oder des Gewerbetreibenden allein, sondern auch eine Frage des Konsumenten, des Verbrauchers. In der Mehrzahl der Fälle wird die Umsatzsteuer aber bei den kleinen und mittleren Steuerträgern als direkte Steuer empfunden, die den Käufern nicht aufgerechnet werden kann.

Ich hatte vor einigen Tagen Gelegenheit mit einzelnen Herren darüber zu sprechen, von denen der eine sagte, er zahle die Umsatzsteuer immer, der andere sagte, er streiche sie immer. Dieser 70 %ige Zuschlag für die geschlossenen kombinierten Ringbetriebe ist von den Parteien der Koalition auf 50 % ermäßigt worden. Um gerecht zu sein, müßte doch eine Erhöhung nicht um die 70%, sondern mindestens 200 bis 300% erfolgen, um eine gleiche Besteuerung mit den übrigen Produktionsbetrieben zu erzielen. Es ist aber auch Folgendes bezeichnend: Man war nicht ganz sicher in der ersten Vorlage. Es sind verschiedene Meinungen aufgetreten, ob tatsächlich mit der Umsatzsteuer alle Filialen gedacht sind, auch die der Konsumgenossenschaften und der Großeinkaufsgenossenschaften. Man mußte nun erleben, daß in der neuen Vorlage auf Grund eines Koalitionsbeschlusses die vielen Hunderte Konsumvereinsfilialen ausgeschieden werden und keine Erhöhung der Steuer bezahlen brauchen. Ich frage nur: Ist das gerecht? Nie und nimmer! Die Mehrheitsparteien, die staatserhaltenden Parteien sagen: Für uns gilt das nicht, das gilt nur für die anderen. (Nìmecké výkøiky.) Das sind eben die richtigen Patrioten. Ich werde wohl nicht fehlgehen, wenn ich sage, daß da ein System am Werke ist, das System der Vernichtung, der kalten Sozialisierung der sog. arbeitenden Mittelschichten. Das geht schon Jahre hindurch so und die Regierung gibt noch meist ihre hilfreiche Hand dazu her.

Meine Verehrten, ich bedauere nur eines, daß zu diesen für den erwerbenden Mittelstand untragbaren Bestimmungen auch bürgerliche Parteien auf èechischer wie auf deutscher Seite ihre Stimme hergeben. Es wird bestimmt noch andere Mittel geben, die für den Staat zu erschließen wären. Aber es ist nicht Aufgabe der Opposition, solche zu suchen, sondern Aufgabe der Mehrheitsparteien, jenen Weg zu finden, der dem Staate die Mittel gibt, die er jetzt braucht.

Bei der Umsatzsteuerberatung im Budgetausschuß wurde von den Sprechern der deutschen Sozialdemokraten betont, daß die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer bei den Gewerbetreibenden eigentlich gar nicht erfaßt wird. Sie behaupten im Gegenteil, daß in jedem Falle die Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Konsumenten erfolgt. Man behauptete weiter noch, man müsse das Verlangen stellen, daß mit aller Strenge darauf gesehen werde, daß die Umsatzsteuer sofort bezahlt werden müsse und alles andere als Unterschlagung angesehen werden müsse. Das ist so aufzufassen, als ob jemand, der die Umsatzsteuer infolge des Konkurrenzkampfes nachlassen muß, in die Tasche greifen soll und die Steuer aus seiner eigenen Tasche für den andern tragen soll, man will also nichts anderes als langsam, aber sicher die Gewerbetreibenden der Vernichtung anheimfallen lassen.

Ich bin fest überzeugt, daß der arbeitende Mittelstand am Ende seiner finanziellen Kraft ist und wenn es die Herren nicht glauben, die heute ein solches Gesetz beschließen werden, werden sie es leider nur zu bald in kürzester Zeit erleben. Die Ausgleiche und Konkurse sind wie allbekannt an der Tagesordnung. Ich bin auch überzeugt, daß solche gesetzliche Maßnahmen die bestehende Wirtschaftskrise nicht vermindern, sondern unbedingt verschärfen müssen. Eine Verteuerung der Produktion in diesen Zeiten muß unbedingt eine Verschärfung und Verschlechterung der Wirtschaftsverhältnisse herbeiführen. Meine Verehrten! Hier muß ich noch auf etwas verweisen, was nicht ohne Interesse ist, ein Rückblick auf das Jahr 1926, wo wir in der Mehrheit waren und für die Verlängerung der Umsatzsteuer auf 3 Jahre mitstimmten. Wir haben damals erst mitgestimmt, bis wir von dem damaligen Finanzminister Dr. Engliš drei Punkte, u. zw. protokollarisch zugesagt erhielten. Dadurch war es uns Vertretern der gewerblichen Interessen möglich, in vielen Fällen mit Erfolg für den einen oder anderen einzutreten. Wir haben jedenfalls etwas für die Steuerträger erreicht. Was aber sagten die deutschen Sozialdemokraten damals? Da sehet Ihr die Verräter am Gewerbestand, hieß es im "Sozialdemokrat". Sie stimmen für die Verlängerung der Umsatzsteuer! Und was machen die Sozialdemokraten heute? Heute stimmen dieselben Leute, die uns damals als Verräter an den Interessen der Gewerbetreibenden hingestellt haben, in der Zeit der schwersten wirtschaftlichen Not sogar für die Erhöhung der Umsatzsteuer. Ich weiß nicht, was man dazu sagen wird, draußen in den breiten Massen. Ich will hier nicht zwischen Parteien hetzen, aber diese Feststellung mußte ich machen, wie es damals war, und wie es heute ist. Demagogie ist ja sehr nett und schön, aber es scheint, daß die Herren nur aus demagogischen Absichten, um Stimmen aus diesen Kreisen zu bekommen, so gehandelt haben.

Es ist auch das Gesetz über die Umsatzsteuer unbedingt eine Erschwerung der von allen Seiten geforderten Pauschalierung. Deshalb auch unsere Forderung auf Abänderung der Pauschalierung, damit die Schikanen endlich einmal aufhören. Die von Seiten der Mehrheit angenommene Resolution, die auf unseren Druck hin erfolgte, sagt, daß in der allerkürzesten Zeit diese Pauschalierung durchgeführt werden soll. Nun, wir wissen, was Resolutionen bedeuten, und wir wissen auch, was in diesem Staate der Ausdruck "In der allerkürzesten Zeit" bedeutet. Auf der einen Seite bedeutet die Nichtpauschalierung eine große Belastung der Produktion und auf der anderen Seite wird man von Staats wegen vielleicht versuchen, eine Art Preisdiktatur in absteigendem Sinn herbeizuführen. Man wird durch Erhöhung der Umsatzsteuern die Erzeugnisse verteuern helfen, und nach und nach den gewerblichen Mittelstand dahin bringen, daß er aus den ersparten Pfennigen, wenn er welche erspart hat, noch daraufzahlen muß. Man will mit diesem System den freien Bürger in seiner Existenz hinwegfegen, um ihn dann wieder als modernen Sklaven auferstehen zu lassen. (Posl. Horpynka: Das werden Sozialdemokraten!) Herr Kollege, ich habe eine andere Befürchtung. Man hat es während der letzten Jahre trotz unserer Forderungen versäumt, dem Schuhmachergewerbe zu Hilfe zu kommen, trotzdem es der Regierung ein leichtes sein muß te, hinsich tlich der Reparaturen die Gewerbetreibenden zu schützen. So aber werden die Leute zu Proletariern, aus ihnen werden keine Sozialisten, nicht einmal Kommunisten, ich fürchte, daß es Anarchisten sein werden, die sich dann entpuppen werden.


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