Ètvrtek 21. dubna 1932

Hohes Haus! Die Regierungsvorlage Druck Nr. 1684 betreffend Zuschläge zur Umsatzund Luxussteuer und betreffend die Abänderung dieses Gesetzes über die Steuern und die Verlängerung der Wirksamkeit derselben, hat sofort, als sie in Aussicht stannd schwerste Beunruhing in den Schichten ausgelöst, die als Träger dieser Steuer in Betracht kommen, bei allen erwerbstätigen Menschen, den Arbeitern, den Angesstellten, denen der Privat- und der Staatswirtschaft, den Gewerbe- und Handelstreibenden, der Industrie und Wirtschaft überhaupt. Es hat das seinen Grund darin, daß diese Kreise wohl kaum eine andere Steuer in ihrem Wesen so gut erfaßt haben, wie die Umsatzsteuer, bei keiner so gut erkannten, wie dieses ihr Wesen sich außerordentlich schädigend gegen ihre Wirtschaftsund soziale Lage auswirkt. So oft über die Umsatzsteuer hier im Hause verhandelt wurde, stand deshalb eine Reagenz der Interessenten dabei, die sich in seltener Stärke von Reagenzen auf andere zu behandelnde Fragen abhob, die gerade hier so häufig auftreten.

Wir dürfen das ohne Gefahr, der unaufrichtigen Polemik geziehen zu werden, feststellen. Es ist das eigentlich schon der Fall gewesen, daß diese Reagenzder Interessenten in leidenschaftlicher Art und Weise sich zeigte, als das Projekt einer Umsatz- und Luxussturer das erstemal im Jahre 1919 als staatsfinanzielles Projekt oder Problem erstand.

Wir müssen als einigermaßen doch verpflichtete Dolmetscher der Interesssen der uns anvertrauten Menschen nachdenken, weshalb diese besondere Reagenz der Interessenten in dem Fall dieser Steuer jeweils zustande kommt, so oft von dieser Steuer geredet wird. (Sehr richtig!) Begründet erscheint die seltene Stärke der Reagenz in der Erkenntnis der unwirtschaftlichen und unsittlichen Wirkung der Umsatzsteuer. Diese Steuer ist in weit höherem Maße die Steuer des kleinen Mannes als die Steuer eines anderen, und es gibt keinnen eklatanteren Beweis für die Unhaltbarkeit der Meinung, daß der iudirekte Steuerträger nicht ein vollwertiger Steuerträger ist, als den Hinlweis auf die Umsatzssteuer, den Grad ihrer Wirkung und den Kreis jener, welche von dieser Wirkung besonders erfaßt werden. Als die Umsatzsteuer im Jahre 1919 zum Beschlusse erhoben wurde, hat der Berichterstatter hierüber, es war Dr. Karl Engliš, der spätere mehrmalige Finanzmnzminister des Staates, ausdrücklich betont, daß diese Steuer in der Bevölkerung nach dem Maße und der Verschiedenheit ihres Verbrauches kleinere Einkünfte verhältnismäßig stärker trifft. Große Einkünfte können gar nicht verbraucht werden. Ein Teil derselben wird zur Kapitalsbildung verwendet. Und weiter ist es Herr Dr. Engliš gewesen, der zur selben Zeit geradezu leid enschaftlich erklärte, daß alle Wirtschaftlichkeit und Sittlichkeit gegen diese Steuer spricht, und daß sie unbedingt in dem Zeitmaße entfallen muß, als im Staate geregelte wi rtschaftliche Verhältnisse herrschen.

Wir wollen diese Feststellungen eines Finanzmannes von Qualität nur insofern erläutern, als wir einige Zahlen lief ern, die wi eder jeder polemischen Tendenz entbehren.

Im Jahre 1920 betrug das Erträgnis der Umsatzsteuer 500.3 Millionen Kè, also 9.1 % der staatlichen Einnahmen. In den folgenden Jahren sind die Erträgnisse der Um satzsteuer und der Prozentsatz derselben im Komplexe aller staatlichen Einnahmen folgend gestaltet: Im Jahre 1921 betrugen die Einnahmen aus der Umsatzsteuer 1943. 2 Millionen Kè, das sind 15.63% der staatlich en Einnahmen. Im Jahre 1922 betrugen sie 1631.1 Millionen Kè oder 18.28 % der Staatseinnahmen. 1923 betrugen sie 1433.6 Millionen Kè oder 17.68 %, im Jahre 1924 1552.8 Millionen Kè oder 17.86%, im Jahre 1925 betrugen sie 1779.6 Millionen Kè oder 19.42 %, im Jahre 1926 betrugen sie 1933.9 Millionen Kè oder 19.46 %, im Jahre 1927 2161.6 Millionen Kè oder 18.90 %, im Jahre 1928 betrugen die Einnahmen aus der Umsatzsteuer 1.997.9 Millionen Kè, bis im Jahre 1931 die Einnahmen wiederum weit über eine Milliarde betragen und einen Prozentsatz aausmachen, der ähnlich den genannten Proz entsätzen der vergangenen Jahre ist.

Meine Damen und Herren! Im ersten Jahre der Wirksamkeit der Umsatzsteuer betrugen also deren Erträge rund 500 Millionen gegenüber einem Erträgnis der direkten Steuern von 1215.5 Millionen Kè. 1922 trug die Umsatzsteuer schon 1631.1 Millionen Kè, also nurmehr 100 Millionen Kè weniger als das Erträgnis der gesamten direkten Steuern ausmacht. Es ist demnach zweifellos, daß die Umsatz- und Luxussteuer zu einem Pfeiler der staatlichen Finanzapolitik geworden ist. Es ist weiter zweifellos Tatsache, daß die Finanzminister vom Standpunkt des bloß en Einnahmenwertes des Staates, wenn sie ohne Bedenken bezüglich ihres Wesens und ihrer ungerecht en Wirkung sind, die Umsatz- und Luxussteuer zu einem ewigen Fundus machen möchten. Die verantwortliche Staatsführung hat aber nicht um jeden Preis jene Methode der Finanzpolitik mitzumachen. Sie hat vielmehrjeweils die weiteste Auswirkung einer angewandten Methode zu analysieren. Wir stellten hier wiederholt fest; es muß bei einer solchen Begutachtung zum Schluß gekommen werden, daß die Umsatz- und Luxussteuer die sozial einseitigste und die Volkswirtschaft am meisten schädigende Steuer und Einrichtung ist, die es überhaupt geben kann, welche fortwährend Lasten aufhalst und nicht wie bei anderen Verbrauchssteuern ein für allemal etwa das fertige Produkt einer Besteuerung unterwirft. Aber es fragt siich, ob wir, die wir uns einbilden, von einer größeren Verantwortung getragen zu sein, wenn wir die Steuer ablehnen als jene, welche sie heute beschließ en wollen, ob wir mit dem Hinweis erfolgreich sein können, daß diese Steuer in diewer Art furchtbar wirkt, sowohl sozial nachteilig, als volkswirtschaftsschädlich, wenn ihre weitere Belassung bezw. Erhöhung als ein staatsfinanzieller kategorischer Imperativ geltend gemacht werden sollte.

Ich glaube, es war der Herr Berichterstatter Dr. Patejdl, der in diesem Sinne die Einleitung zu der Debatte über die Regierungsvorlage Druck Nr. 1684 schuf und der darauf verwies, daß die Umsatzsteuer unerläßlich weiter in Geltung bleiben muß, und daß es auch im höheren Staatsinteresse ganz unerläßlich sei, zu einer größeren und höheren Veranlagung zu schreiten. Wenn für jeden Staat, also auch für die Èechoslovakei, ein staatsfinanzieller kategorischer Imperativ bestehen mag, so wäre er unseres Erachtens doch anders zu sichern, als durch diese Steuer oder gar durch deren Erhöhung. Als vor Monaten der ehemalige Finanzminister Dr. Engliš, den ich schon einmal hier in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer genannt habe, noch im Amte stand, wollte er in zwölfter Stunde den Weg rücksichtsloser Sparsamkeit gehen. Er wollte die Korruption in diesem Staate einmal mit etwas größerer Energie bekämpft wissen. Es sollte die Parteienwirtschaft mit Energie abgedämmt werden und wohl auch die Wirtschaft des Ministeriums für nationale Verteidigung in irgendeiner Weise einer Remedur zugeführt werden. Darüber hinaus waren damals Vorkehrungen in Aussicht genommen, um die Finanzverwaltung des Staates zu einer klaglosen Tätigkeit zu bringen, deren Kennzeichen Ordnungsliebe, Sauberkeit und Verantwortung sein sollte. Es gelang dem Herrn Finanzminister Dr. Engliš nicht, durchzudringen. Der Grund hiefür bestand darin, daß zu viele Interessenten an dem System der Korruption der Parteienwirtschaft bestanden, als daß etwa mit einer energischen Regierungshandlung diese Interressenten in die Reserve hätten zurückgeworfen werden können. Der Plan ist Dr. Engliš mißglückt und heute wird die Krise dadurch verschärft, daß die öffentlichen Lasten erhöht werden. Es ist das aber - und das erkläre ich hier in aller Offenheit - ein Spiel mit dem Feuer, und es scheint uns, daß die Regierung und im besonderen der Teil der Regierung, der für die Finanz- und Wirtschaftsführung verantwortlich ist, nach keiner anderen These zu regieren versteht, als der, die etwa in dem Satze begründet liegt: "Nach uns die Sintflut".

Meine Damen und Herren! Unseres Ermessens besteht also kein zwingender Grund für die Aufrechterhaltung bezw. Erhöhung der Umsatzsteuer. Die Finanzwirtschaft des Staates kann so revidiert werden, daß die Voraussetzung einer Revision der staatlichen Einnahmsquellen damit üherhaupt gegeben ist, und es ist nichts stichhältig genug, uns in dieser unserer Ansicht etwa irre machen zu wollen. Wenn der Herr Finanzminister auf die große Rolle verweist, welche die Umsatzsteuer bei der Sanierung der öffentlichen Verbände spielt, so kann auch demgegenüber erklärt werden, daß eine Revision der staatlichen Verwaltung und insbesondere der Finanz- und Wirtschaftsführung des Staates die Lage des Staates so gestalten muß, daß die Umsatzsteuer auch für die öffentlichen Verbände von geringerer Bedeutung wird als es jetzt der Fall ist. Dringlich ist also die Revision der Finanzverwaltung. Was soll sonst geschehen, wenn in dieser Art, wie das die Methode der Vergangenheit gewesen ist, fortgefahren wird? Wir haben in diesem Sinne ja im Verlaufe der zurückliegenden Jahre öfter Stellung genommen und hier von dieser Stelle aus öfter den Nachweis geliefert, daß die außerordentlich prekäre Finanzund Wirtschaftssituation des Staates durchaus nicht etwas ist, was ein Selbstverständliches wäre, wie etwa die prekäre Finanzund Wirtschaftssituation eines anderen Staates. Zugestanden: die Situationen sind nirgendwo klar und sicher, und zugestanden: es ist auch in den Nachbarstaaten, in Deutschland, Deutschösterreich und Ungarn das Finanz- und Wirtschaftsleben in der Form gestaltet, wie in der Èechoslovakischen Republik. Aber es ist doch wohl ein großer Unterschied, zwischen den Zuständen in Deutschland und in der Èechoslovakei. Für die Èechoslovakei bestanden weit bessere Chancen der Ordnung in der Wirtschaftsund Finanzführung des Staates, als etwa für das von Kontributionen und Reparationsverpflichtungen belastete Deutsche Reich, und bestanden sicherlich auch bessere Chancen als etwa für Österreich und Ungarn, die in ihrem Bestand bei weitem nicht so gesicherte Staaten darstellen, wie die Èechoslovakei von Anbeginn darstellen konnte, als ein Nachfolgestaat, der genügend ausgerüstet war, sich ein ordentliches Leben zu schaffen. Wie oft haben wir das schon der verantwortlichen Führung des Staates zu verstehen gegeben, wie oft forderten wir die Herren, welche die Verantwortung allein tragen und sie ja auch allein tragen wollen, auf, die Staatswirtschaft nach anderen Gesetzen zu führen, als sie sich zurecht gelegt haben. Ich erinnere an unsere Kritik der Finanzwirtschaft die ganzen Jahre her, die wir insbesondere jeweils bei Beratung der Staatsvoranschläge übten. Immer aber wußten die Herren der Staatsverantwortung sich unseren Angriffen gegenüber zu rechtfertigen. In der Tat, wenn wir bei der Behandlung der verschiedenen Staatsvoranschläge die Finanz- und Wirtschaftsführung des Staates einer Kritik unterzogen: der Staatsvoranschlag war ausgeglichen, man konnte unsere Kritik ablehnen mit dem Hinweis auf diese Ausgeglichenheit. Das balanzierte so graziös, daß es ein Wohlgefallen war, trotz der hohen Ausgaben, die sich der Staat jahrelang geleistet hat. Was hinderte das? Man schuf noch stets ein Gegengewicht auf der Einnahmenseite in der ständigen Belastung der Produktion, ohne Rücksicht darauf, daß sich damit die Konkurrenzfähigkeit derselben auf dem Auslandsmarkt mehr und mehr verschlechterte. Man war ja die Jahre hindurch - und es beweist das auch wieder die Vorlage, die heute dem Hause zur Beschlußfassung vorliegt - findig genug, stets neue Belastungen der Produktion und des Konsums zu erdenken, unbeschwert darüber, daß die Aufbringung derselben das Blut der Volkswirtschaft kostete und die Produktion und der Konsum sich in unerhörter Weise verteuerten. So mußte es dazu kommen, daß sich die Steuerverwaltung wie ein grauenhafter Polyp an jeder einzelnen wirtschaftlichen Existenz festsaugte, rücksichtslos, bis das letzte Mark aus den Knochen geschwunden ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) Wer die Zahlen der Ausgaben des Staates in den letzten Jahren einigermaßen durchstudierte, der kann nicht leugnen, daß es sich bei diesen Zahlen um große Zahlen handelt, nur schade, daß das, was diese Zahlen in der Vergangenheit ausgeglichen hat, nicht wie fließendes Wasser in die Staatskasse gelangte. Die Summen, die diese Ziffern ausglichen, wurden herausgequetscht aus Menschen, aus den Existenzen, mit Folgen, die sich geradezu schreckhaft einstellten und die sich heute überall schreckhaft wahrnehmen lassen, sofern wir nur mit offenem Auge zusehen wollen. Wir haben nur mehr Horste einer einstmals initiativen Wirtschaft, die fast unerschöpflich schien in ihrem Drange nach Entfaltung, und von der wir ihrer robusten Gesundheit wegen annehmen durften, daß sie wie für die Ewigkeit geschaffen sei und auch imstande sei, gewisse Auswirkungen einer allgemeinen weltwirtschaftlichen Krise zu überdauern oder wenigstens besser zu überdauern, als die Wirtschaftseinrichtungen anderswo. Was wir an dieser initiativen Wirtschaft hatten, das ist jetzt bis ins Innerste getroffen, der Kleingewerbetreibende ist zum Arbeiter für den Staat geworden. Das Ergebnis seiner Arbeit muß in der Form des direkten Steuerguldens abgeliefert werden, oft langt das Erträgnis der Arbeit nicht, den Verpflichtungen als Steuerträger gerecht zu werden und es muß zu allen Opfern noch die Substanz irgendeines in die Zeit herübergeretteten Vermögenswertes angegriffen werden. Der Arbeiter und Angestellte wird gebrandschatzt.

Von ihren kargen Löhnen und unzureichenden Gehältern muß der Zehent geleistet werden, ansonsten allen gegenüber der strenge Strafapparat der Verwaltung zu Werke schreitet. Ich will dabei nicht unerwähnt lassen, daß auf der Masse der schaffenden Menschen auch die Last der indirekten Steuerleistung, die sich die größten Konsumartikel aussucht, zumeist lastet, unverhältnismäßig stärker als bei jedem anderen Menschen. Bei einer solchen Wirtschaftsund Finanzführung ist der Bürger des Staates längst in eine tiefe Resignation hineingedrängt worden. Die Steuerpolitik als Folge der finanziellen Führung des States hat allen wetteifernden Geist zum Stillstand gebracht. Nicht daß der schaffende Mensch der Gesellschaft keine Opfer bringen wollte. Er ist einsichtig genug zu begreifen, daß das getan werden muß. Aber das zuviel des staatlichen Verlangens nach Opfern, das so groß ist, daß es beim besten Willen und bei der größten Anstrengung nicht gebracht werden kann, ist unerträglich, unerträglicher aber noch die Methode, mit der das doch erzwungen werden soll. Man opponierte zunächst, es half nichts. Jetzt ist die Verzweiflungsstimmung eingetreten, die alles gehen läßt, ohne Abwehr. Das ist furchtbarer als alles andere. Jedes feinere Gefühl ist ertötet worden. Niemand findet mehr etwas daran, daß er als Steuerschuldner am Pranger steht. Er weiß, er ist nicht allein, es sind tausend andere, die mit ihm das gleiche Los teilen.

Wir wollen uns mit dieser allgemeinen Kritik der finanziellen Führung des Staates begnügen. Im Besondern wollen wir heute die Auswirkungen der Finanzpolitik auf den Gang der Verwaltung und die Existenzen draußen in Einzelheiten vortragen und an Hand dieses Vortrages unsere Meinungen über eine Verbesserung der Zustände, unserer Wünsche und Forderungen bekannt geben. Dazu sind wir hier, daß wir von draußen kommen, die Lage so schildern, wie sie ist, ungeschminkt und durch keine rosafarbene Brille geschaut. Dazu sind wir hier, daß wir die Sorgen von Millionen Menschen, die unsere Sorgen sind, verdolmetschen und den verantwortlichen Führern des Staates ihre Pflichten nach tatsächlicher Hilfe nahezulegen versuchen Fast ist es so, daß die Herren von der Regierung, die über Prag wenig herauskommen, ins Volk überhaupt nur zu heiligen Zeiten einmal gelangen und da so, daß sie in Wirklichkeit nichts wahrnehmen, gar nicht im Bilde sind darüber, was an grauenhafter Not und Elend als Folge der Finanz- und Wirtschaftspolitik des Staates besteht.

Die furchtbare Lage des Steuerträgers ist verdichtet worden durch gewisse administrative Versäumnisse, die allerdings als Folge der Tatsache entstanden, daß der Administrative zuviel Arbeit zur Erledigung oblag. Das größte administrative Versäumnis ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Steuervorschreibung, eine Unterlassung, die sich heute immer noch auswirkt. Es ist müßig, darüber zu streiten, wer an dem Chaos, das durch die Unterlassung rechtzeitiger Steuervorschreibungen entstand, mehr schuld ist. Es ist gleichgültig, ob wir die Schuld der Finanzführung geben, die orgiastisch eine Maßnahme nach der andern diktierte, ob der Administrative, die, weil sie nicht alles im Augenblicke erledigen konnte, rückständig blieb, ob dem Steuerträger selbst. Die Finanzverwaltung redet sich nach ihrer Art aus, wenn sie der Meinung ist, daß auch für den Fall der Rückständigkeit der definitiven Steuerbemessungen und Steuervorschreibungen der Steuerträger wissen mußte, daß er zu zahlen hat. Sie argumentierte stets mit dem Hinweis auf die Betimmungen des Gesetzes, wo es heißt: "Insolange die Steuern nicht vorgeschrieben sind, ist der Steuerpflichtige verpflichtet, sie nach der letzten Steuervorschreibung zu entrichten". Also selbst auch beim Fehlen der Vorschreibung durfte die Steuerzahlung nicht eingestellt werden, nach der Meinung der Finanzverwaltung. Wäre so gehandelt worden, stünde es um den Steuerzahler besser. So argumentiert, ich wiederhole es, die Steuerbehörde mit der Obersten Finanzverwaltung.

Nun müssen wir dem gegenüber aber doch einwenden, daß eine Steuerträgerexistenz nichts Stillstehendes ist. Sie lebt und kann auch sterben. Nach einer Formel eine Beständigkeit erzwingen zu wollen, ist ein Nonsens. Es geht nicht an zu glauben, daß alle Geschäfte, den speziellen Fall unserer verspäteten Vorschreibungen betrachtet, die Größe des letzten Steuerjahres behielten. Viele von ihnen sind auf das böseste ramponiert. Ihnen auch für die schlechten Jahre die Zahlungen eines guten Jahres abverlangen geht eben deshalb nicht, weil keine Mittel zu einer solchen Leistung vorhanden sind. Und dann: man zahlt nicht, wenn man nicht bestimmt weiß, was man zu zahlen hat. Der Wirtschaftsmann hat nun einmal diese Veranlagung, und es darf dieselbe nicht gerade als Steuerunmoral ausgelegt werden. Kurz, der Mangel rechtzeitiger Vorschreibungen für die Jahre von 1919, der Umstand, das dieselben nun auf einmal kamen, hat für den Steuerzahler die Krise fast bis zur Katastrophe gesteigert. Man schätzt auch amtlicherseits die Rückstände, die durch die verspäteten Vorschreibungen anwuchsen, auf 4 Milliarden Kronen. Wir gehen nicht fehl, wenn wir annehmen, daß die Rückstände noch einhalbmal höher sind als die offiziellen Schätzungen. Wir wissen aus verläßlicher Quelle, daß in der Slovakei allein die Rückstände in die Milliarden gehen, die der Dubiosen dortselbst schon Milliarden ausmachen.

Eine unserer Kardinalforderungen bei der Liquidierung dieser Rückstände der Staatsund Wirtschaftsführung ist die nach einer generellen Bereinigung der Frage dieser Steuerrückstände. Es ist in letzter Zeit das Problem einer generellen Bereinigung dieses Übelstandes öfter aufgetaucht. Die Finanzverwaltung hat sich dem Problem der Generalbereinigung der Steuerrückstände insofern entgegengestellt, als sie meint, es gehe nicht an in diesem Falle zu pauschalieren, und daß bei der Pauschalierung sehr wohl der in der Vergangenheit etwas mäßige oder schlechte Steuerzahler zu einem besseren Erfolge kommen müßte und könnte. Es bleibt aber doch nichts anderes übrig, als die Regelung, durch eine generelle Bereinigung der Steuerrückstände einmal Luft zu schaffen und auch weiter die Möglichkeit zu konstruieren, die staatliche Finanzwirtschaft in neuen Methoden, besser als in der Vergangenheit aufzubauen. Wir sind im Verlaufe der Jahre öfters auf diese Angelegenheit zu sprechen gekommen, wir unterstreichen die Notwendigkeit einer solchen Regelung auch heute wieder, weil wir die Veranlassung hiefür in der weiteren Komplizierung der Sachlage in der Zwischenzeit gegeben sehen.

So liegen die tatsächlichen Verhältnisse draußen. Was einst eine wohlbeobachtete Ausnahme war, ist zur Regel geworden: "Der Steuerzahler ist schlechthin Steuerschuldner." Die öffentliche Anprangerung des Steuerschuldners ist ein Mittel der Kritik am Staate selbst geworden, der seine Forderungen derart überspannt, daß sie schlechthin nicht geleistet werden können. Ich sprach schon davon, daß gegen diese Methoden des Staates sich zunächst die Opposition in Tätigkeit setzte, daß diese aber langsam als aussichtslos aufgehört hat zu wirken, daß sich überall tiefe Verzweiflungsstimmung bemerkbar macht, die heute die Existenzen, so weit sie sich noch erhalten haben, erfaßt. Es ist notwendig, daß wir zu dieser Revision kommen, um zu einer Beurteilung durch das Ausland und das kritische Inland gegenüber der Staatsführung zu kommen, die für die verantwortlichen Träger der Staatsführung tragbar ist. Heute ist bei den Methoden der Wirtschaftsführung der früheren Jahre einerseits das Urteil des Auslandes nicht befriedigend, andererseits besteht auch kein Vertrauen des Inlandes in diese Art von Finanzund Wirtschaftsführung. Wie außerordentlich schwer beschädigt das Vertrauen des Auslandes in die Wirtschafts- und Finanzführung des Staates ist, hat gerade die letzte Zeit bewiesen, da es für den Staat galt, eine Auslandsanleihe sich zu beschaffen. Die Umstände, die sich an die Placierung der Auslandsanleihe geknüpft haben, unter denen die Durchführung der Auslandsanleihe stattfand, sind durchaus nicht derart, daß sie ein Vertrauensvotum für die Finanz- und Wirtschaftsführung des Staates darstellten. Es kann aber auch nicht verlangt werden, daß bei dieser Art von Finanz- und Wirtschaftsführung des Staates das Inland Vertrauen zu den verantwortlichen Männern der Staatsführung bekomme. Ich weiß nicht, ob es der Finanzführung des Staates gelingen würde, wenn sie eine innere Anleihe auflegt, daß diese in dem Maße gezeichnet würde, als man es erwartet. Ich weiß nicht, ob ich das behaupten darf, ich glaube vielmehr, es würde das Gegenteil dieser Erwartung eintreten, die immer noch bei unserer staatlichen Finanzund Wirtschaftsführung besteht.

Es ist unbedingt notwendig, daß wir zu einer Revision der Methoden der Finanz- und Wirtschaftsführung des Staates kommen, daß die Finanz- und Wirtschaftsführung durch die Methode rücksichtsloser Sparsamkeit die Situation, wie sie sich nun entwickelt hat, verbessert, daß sie auch sonst reinigend in die Verhältnisse eingreife, daß man auf diese Art und Weise künftighin mit aller Schonung der Bürger des Staates vorgehen kann, ohne ihnen immer wieder neue Lasten auferlegen zu müssen, daß man auf diese Art und Weise die Möglichkeit hat, das geschwundene Vertrauen in die Führung des Staates, wenn auch langsam, so doch wieder aufzurichten. Wir lehnen aus diesen Gründen den von der Regierung zur Vorlage gebrachten Entwurf einer Erhöhung der Umsatzsteuer ab. Wir sind ebenso sehr aus der Betrachtung der Not der Finanz- und Wirtschaftsführung des Staates heraus veranlaßt, diese Vorlage abzulehnen, in besonderer Hinsicht auf jene furchtbare Verdichtung des wirtschaftlichen und sozialen Elends, die weiter geschaffen würde gerade für die sozial schwächsten Menschen dieses Staates. Ich habe einleitend bemerkt, daß selbst nach dem Urteil des ersten Berichterstatters zur Umsatzsteuer im Staate, des Herrn Dr. Karl Engliš, sich diese Steuer in einer so verschiedenen Art und Weise auswirkt, daß sie den kleinen Mann in verhältnismäßig größerem Maße trifft, den sozial schwachen härter trifft als die anderen. Aus diesem besonderen Grunde sind wir veranlaßt, diese Vorlage abzulehnen und zu verhindern, daß sie Gesetz wird. Wir wollen in diesem Hause wirklich aufrichtige und von Verantwortung getragene Dolmetsche der arbeitenden Menschen sein. Wenn wir in dieser Verantwortung heute zu diesem Urteil und zu dieser unserer Stellungnahme gelangen, dann, meine Verehrtesten, können wir es nicht unterlassen festzustellen, daß wir es nicht zu begreifen vermögen, wie sozialistische Parteien in diesem Hause in der Stunde der Abstimmung die Hand für diese Vorlage mit erheben werden. Wir müssen das bei unserer Kritik der Vorgänge bei der Behandlung dieser Vorlage mit anführen. Wir werden das aber nicht hier in diesem Hause allein anführen, wir werden Gelegenheit nehmen, den Menschen draußen, die uns fragen, wie es um die Verantwortung der Dinge in diesem Staate steht, mitteilen, wer die tatsächliche Verantwortung um die Gestaltung der Dinge trägt, und wir werden nicht versäumen, den arbeitenden Menschen zu sagen, daß für die Vernichtung ihrer ansonsten schon schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Lage auch jene Parteien mit verantwortlich sind, die sich als Patentanwälte bei der Vertretung der Interessen der sozial schwachen Menschen aufspielen, hier wie irgendwo draußen. Wir sind von der Verantwortung gedrängt zu unserer Stellungnahme zu dieser Regierungsvorlage und lehnen dieses Gesetz, das den sozial Schwachen am meisten treffen muß, ab, und wir werden uns bei der Abstimmung in diesem Sinne verhalten. Im Eventualfalle der Annahme des Gesetzes halten wir Anträge zu den einzelnen Bestimmungen der Gesetzesvorlage bereit, von denen wir wünschen möchten, daß sie eine Korrektur des Gesetzes herbeiführen und daß sie im Hause angenommen werden. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Jelinka (viz str. 17 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich weiß nicht, ob es schon einmal im èechoslovakischen Parlament vorgekommen ist, daß bei der Beratung einer Vorlage seitens der Mehrheit niemand das Wort ergriffen hat. Es ist niemand "pro" zum Worte gemeldet, der beste Beweis dafür, daß die Herren ganz gewiß nur schweren Herzens, gegen ihr Verantwortungsgefühl, für das Gesetz in den Ausschüssen gestimmt haben und wahrscheinlich auch hier stimmen werden. (Posl. Eckert: Sie sind zu feige!) Sie haben nicht den Mut, ihrer Überzeugung hier Ausdruck zu verleihen.

Hohes Haus! Als die erste Nachricht verlautbarte, daß die Regierung an die Erhöhung der Umsatzsteuer herantreten will, hat gewiß niemand an die Richtigkeit dieser Notiz geglaubt, es wollte niemand an die Erhöhung glauben, auch damals nicht, als es sich um ein halbes Prozent handelte und später nicht, als es sich um 1% handelte. Und doch wurde uns seinerzeit - ich erinnere mich an die Verhandlungen im Senat - vom damaligen Finanzminister öffentlich und ich möchte sagen offiziell erklärt, daß die Umsatzsteuer nur ein Provisorium ist, welches sehr bald abgesetzt wird. Das Finanzministerium muß doch wissen, wie es mit der Wirtschaft steht. Das Finanzministerium muß überzeugt sein und wissen, daß fast täglich Nachrichten über neue Konkurse, neue Ausgleiche und Liquidationen kommen, das Finanzministerium kennt am allerbesten die unerhört hohe Zahl der Steuerrückstände, welche gewiß nicht aus Leichtsinn oder Übermut nicht bezahlt werden, sondern aus dem einfachen Grunde, weil die Leute tatsächlich nicht in der Lage sind, die Steuern zu bezahlen. Wenn trotzdem das Finanzministerium, das alle diese Sachen wissen muß, trotz des kolossalen Debakels, dieser furchtbaren Krise, in der wir leben und welche sich noch weiter ausgestalten wird, wenn trotzdem die Regierung und das Haus die Umsatzsteuer bewilligen werden, so muß ich dies als eine Ungeheuerlichkeit bezeichnen, welche bisher noch nicht da war und welche die fürchterlichsten Folgen zeitigen wird. Alle gewerblichen und industriellen Körperschaften, welche sich mit dem Gegenstand befaßt haben, die Handelskammern und die Zentrale der Handelskammern haben in entschiedenster Weise gegen eine Erhöhung der Umsatzsteuer Protest erhoben und haben nachgewiesen, daß hiedurch der Export neuerdings untergraben wird; denn unsere Industrie ist bekanntlich auf den Export angewiesen, hat jetzt schon 3 % Vorbelastung und ist daher nicht imstande, mit dem Auslande zu konkurrieren. Es wird neuerlich eine Stagnation in den Industriebetrieben eintreten. Die Folge davon ist eine weitere Arbeitslosigkeit, die Arbeitslosigkeit wird steigen in einer Weise, welche alle Erwartungen übertrifft. Sie sind heute bereits nicht in der Lage, die Arbeitslosenunterstützung zu bezahlen, sie werden auch später, wenn die Sache noch ärger wird, in größere Unannehmlichkeiten und Kalamitäten kommen. (Výkøiky posl. Horpynky.)

Das Finanzministerium muß wissen, daß heute schon die Hälfte der Betriebe vollständig ruiniert ist und daß die andere Hälfte der Betriebe, ob die großen oder kleinen, sich nur künstlich und mit dem Aufgebot aller Krägte über Wasser halten. Wie lange das die Industrie, der Handel und das Gewerbe aushalten werden, kann niemand sagen. Wer soll denn diese erhöhte Umsatzsteuer bezahlen? Wer kann sie denn noch bezahlen? Es ist doch nicht möglich, den Steuerausfall, der tatsächlich vorhanden ist, dadurch zu beheben, daß man dem bedauernswerten Rest unserer Wirtschaft neue Steuern auferlegt. Das kann nur ein fiskalischer Optimismus, der der Wirklichkeit mit geschlossenen Augen gegenübersteht, der ohne Rücksicht auf die bestehenden Verhältnisse und ohne Bedachtnahme auf die Zukunft einfach dekretiert und schließlich exequiert. Der Berichterstatter hat auf den großen Steuerausfall, den wir haben, hingewiesen und hat gemeint, wir müssen zu dieser Erhöhung der Umsatzsteuer kommen. Nun weiß jeder von uns, daß der Steuerausfall mehr ausmacht als 600 Millionen, die allergünstigstenfalls die Erhöhung dieser Steuer tragen wird. Es sind dies also völlig leere Ausflüchte, die der Herr Berichterstatter gebraucht hat. Wenn dieses Vorgehen der Regierung und der Finanzverwaltung wirklich der Weisheit letzter Schluß ist, dann ist der Staat zu bedauern, noch mehr aber die Bevölkerung, die die Regierungskunst zu Bettlern gemacht hat. Dieser Staat, der beim Umsturz als die reichste Provinz des alten Österreich galt, diese Ländergruppe, die ein Milliardenvermögen dem neuen Staat übergab, dieser Staatist heute soweit, daß er bei den ärmsten und kleinsten Gewerbetreibenden in der Erhöhung der Umsatzsteuer sein Heil sucht. Er ist soweit gesunken, daß er unter den schwersten drückendsten Bedingungen seitens der französischen Regierung eine Anleihe aufnehmen muß, die unerhört drückende Bedingungen gestellt hat.


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