Ètvrtek 21. dubna 1932

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 177. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 21. dubna 1932.

1. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Entgegen allen Verheißungen des für die Außen- und Handelspolitik und damit für die gesamte Wirtschaftspolitik verantwortlichen Ministers Dr. Beneš, der noch vor eineinhalb Jahren von der Èechoslovakei als von einer Insel der Seligen gesprochen hatte, stehen wir nunmehr mitten in der schwersten Wirtschaftskrise. Noch vor kaum 5 Wochen hatte Dr. Beneš die Stirne, unter Zustimmung der verantwortlichen Regierungsparteien in seinem Exposé im Außenausschusse zu erklären, daß die Èechoslovakei mehr oder weniger an dem Fortschritt der Einigungsverhandlungen innerhalb Europas in der Richtung nach Schaffung großer Wirtschaftseinheiten nicht interessiert sei. Er erklärte, daß die Èechoslovakei Zeit habe; ob sich nunmehr die Verhandlungen in dieser oder jener Richtung entwickeln würden, das hätte für die Èechoslovakei weder einen Vorteil, noch einen Nachteil. Diesen meines Erachtens unverantwortlichen Äußerungen eines für die Wirtschaft des ganzen Staates verantwortlichen Ministers entspricht ja leider auch die gesamte Innenpolitik und Finanzpolitik dieses Staates.

Wie wir seit langem vorausgesehen haben, ist auch die Èechoslovakei von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise nicht verschont geblieben . . . (Hluk.) Herr Präsident, ich habe Zeit und wenn solche Unruhe herrscht, werde ich warten.

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid a prosím pana øeèníka, aby pokraèoval.

Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Wir sehen heute, daß innerhalb der Èechoslovakei sich die Wirtschaftslage von Monat zu Monat verschlechtert hat und das Arbeitslosenheer einen plötzlichen Aufstieg genommen hat, so daß wir heute schon von 700.000 Arbeitslosen sprechen müssen. Es ist naturgemäß, daß diese innerpolitische wirtschaftliche Entwicklung im engsten Zusammenhang steht mit der vollständig verfehlten èechischen Außenund Handelspolitik, im innigsten Zusammenhang steht mit jener unverantwortlichen Politik, die alle Bemühungen anderer Staaten Mitteleuropas nach Aufrichtung größerer Wirtschaftseinheiten in Europa bisher boykottiert hat, u. zw. allein von dem Standpunkt sich leiten lassend, daß eine Wiedererstarkung Europas mit Einschluß Deutschlands nicht in das Konzept der französischen Vormachtpolitik paßt. Aus diesem einzigen Grunde hat auch Dr. Beneš entgegen den Forderungen weiter Wirtschaftskreise hierzulande sowohl auf èechischer, wie auf deutscher Seite vor Jahresfrist seine scharfe Attacke gegen den deutsch-österreichischen Zollunionplan geritten, der es den anderen Staaten ermöglicht hätte, unter gleichen Bedingungen diesem Plane beizutreten, mit dem traurigen Erfolg, daß zwar dieser deutschösterreichische Zollunionsplan nicht verwirklicht werden konnte, aber gleichzeitig auch der gesamten èechoslovakischen Wirtschaft die schwersten Wunden geschlagen wurden. Diese èechoslovakische innere Krise hat sich zu einer besonderen sudetendeutschen Krise ausgewachsen, was sich naturgemäß einstellen mußte, da in den deutschen Gebietsteilen dieses Staates die Exportindustrie am hervorragendsten vertreten ist und sich alle Erschwernisse des Exports daher gerade in diesem Gebiete besonders auswirken mußten. So ist es heute eine unleugbare Tatsache, daß 55 bis 60% aller Arbeitslosen trotz der geringeren Volkszahl innerhalb des Sudetendeutschtums vorzufinden sind. Das ist eine Entwicklung, die dazu führen muß, daß unsere sudetendeutschen Randgebiete in einer ganzen Reihe von Bezirken eine Umwandlung in ausgesprochene Notstands-, ja Elendsbezirke durchmachen müssen, eine Entwicklung, der die verantwortlichen Regierungsparteien nicht so tatenlos wie bisher gegenüberstehen dürften, wenn sie sich und besonders die deutschen Regierungsparteien für das Wohl und Wehe dieser Bevölkerungsteile verantwortlich fühlen würden. (Hluk.)

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Nun stehen wir mitten in der schwersten Krise und es ist naturgemäß, daß neben dem gewaltigen Anwachsen der Arbeitslosigkeit und neben der Stillegung von hunderten und aberhunderten von Betrieben vor allem im sudetendeutschen Gebiet auch die Staatsfinanzen unter dieser Entwicklung leiden müssen, weil die Eingänge an Steuern und Abgaben entsprechend diesem Rückgang der gesamten Wirtschaft auch ein gewaltiges Minus aufweisen müssen. Die verantwortlichen Regierungsparteien haben sich nun die Beantwortung der Frage, wie diesem Abgang an Staatseinnahmen zu begegnen wäre, außerordentlich leicht gemacht, indem sie sich durchaus nicht bemühten, an die Wurzel der Krise heranzukommen und Maßnahmen zu finden, die die Krise an sich treffen und eine Besserung der Lage herbeiführen, sondern man hat sich mit der einseitigen Fragestellung begnügt, wie es möglich ist, aus der zusammengebrochenen Wirtschaft, aus den ausgepowerten Bevölkerungsteilen noch ein weiteres Plus an Steuern und Abgaben herauszupressen. Diese einseitige Stellungnahme zu dem Wirtschafts- und Finanzproblem des Staates führte nun dazu, daß die Regierung unter Druck Nr. 1684 eine Vorlage einbrachte, in deren Begründung ausdrücklich erklärt wird, daß der Rückgang an Staatseinnahmen die Regierung veranlaßt habe, Mittel und Wege zu suchen, um zu einer Erhöhung der Staatseinnahmen zu gelangen und daß die Regierung, von dem Standpunkte ausgehend, daß die Umsatz- und Luxussteuer bisher immer das einträglichste Geschäft des Staates gewesen sei, es am zweckmäßigsten erachtet, das Defizit durch einen 50%igen Zuschlag zu dieser Umsatz- und Luxussteuer wettzumachen. In dem Vorentwurf, der den verschiedenen wirtschaftlichen Körperschaften zugänglich gemacht wurde und ihnen als Beratungsunterlage diente, war nur eine 25 %ige Erhöhung der Steuer vorgesehen und schon gegen diese 25%ige Steuererhöhung ist die Gesamtheit der Wirtschaftskorporationen, ohne Unterschied ob auf deutscher oder auf èechischer Seite, Sturm gelaufen und hat eine solche Erhöhung dieser unmoralischen Steuer, die sich unbedingt auf alle Bedarfsartikel und Lebensmittel verteuernd auswirken muß, mit aller Entschiedenheit bekämpft. Zur größten Überraschung der Öffentlichkeit hat sich die Regierung bemüßigt gefühlt, trotz dieses allgemeinen Sturms der Entrüstung aller wirtschaftlichen Körperschaften, aller gewerblichen Genossenschaften sich nicht nur mit einer 25 %igen Erhöhung zu begnügen, sondern sie hat auf den Tisch des Hauses eine 50%ige Erhöhung gelegt, und sie spricht die Erwartung aus, daß es auf diesem Wege am leichtesten möglich sein wird, 600 Millionen Kè neuer Steuern aus der ausgebluteten Wirtschaft, aus den zu Tausenden und Abertausenden zusammenbrechenden gewerblichen und Handelsexistenzen herauszupressen.

Es ist bezeichnend, daß diese Regierungsvorlage unter Mitverantwortung auch aller jener Parteien eingebracht wird, die bei den früheren Beratungen über die Verlängerung der mit niedrigeren Sätzen ausgestatteten Umsatzsteuer gegen die weitere Einhebung schon zu diesen niederen Sätzen Sturm gelaufen sind und mit ihnen an der Spitze vor allem auch die deutschen Sozialdemokraten (Posl. Eckert: Und die alle als Volksverräter gestempelt haben!), die immer erklärt haben, daß es unerträglich sei, diese Umsatzsteuer weiter einzuheben, u. zw. in dem Zeitpunkt, wo wir in einer sog. guten Konjunktur lebten. Freilich war es eine schlechte Konjunktur für ihre Parteiorganisationen. Heute scheint sich, seitdem sie auf der Regierungsbank Platz genommen haben, die Konjunktur für ihre Parteiorganisationen bedeutend gebessert zu haben, so daß sie sich nunmehr dazu aufschwingen können, ihren Widerstand gegen diese unmoralische, alles verteuernde Steuer aufzugeben und sich sogar nicht mit der üblichen, jedesmaligen Verlängerung um zwei Jahre begnügen, sondern mit einer Verlängerung um drei Jahre einverstanden sind, wozu noch der 50%ige Zuschlag kommt. Das ist eine Politik, die vielleicht die angestellten Parteifunktionäre begreifen und verstehen werden, nie und nimmer aber die großen Massen der Anhängerschaft, vor allem nicht die Massen der Arbeitslosen, die heute nicht mehr das Geld haben, um des Lebens Notdurft zu decken. Alle diese Menschen werden den Parteiinteressen geopfert und man mutet ihnen ruhig diese 50%ige Erhöhung der Umsatzsteuer zu, was naturgemäß zu einer allgemeinen Teuerungswelle führen wird und führen muß.

Die Regierung hat es sich in ihrem Entwurf auch insoferne leicht gemacht, als sie sagt: "Jawohl, sie gebe zu, daß diese Steuer unangenehm sei und sich im Wirtschaftsleben nachteilig auswirken werde, aber für die Regierung gebe es angeblich nur die eine Überlegung: Die Staatskassen sind leer, das Gleichgewicht im Staatshaushalt ist bedroht und muß wieder durch die Einführung neuer Steuern und Erhöhung alter Steuern hergestellt werden." Es ist verwunderlich und bezeichnend, daß eine ganze Reihe sozialistischer Parteien auf der Regierungsbank sitzen und es jetzt mit zu verantworten vermögen, daß gerade die Ärmsten der Armen, also die breiten Volksschichten diese 600 Millionen Kè aufbringen müssen. Es ist bezeichnend, daß die Führer dieser Parteien in dem Zeitpunkt, wo sie in Opposition zur Regierung standen, immer wieder erklärt haben, mit flammendem Schwert gegen eine solche Zumutung und eine solche Belastung ankämpfen zu müssen, daß sie aber in dem Augenblick, wo sie sich durch die Regierungssonne gesichert fühlen, ihrer Anhängerschaft alles glauben zumuten zu können.

In dem Berichte der Regierung wird fälschlicher Weise als Begründung der Zweckmäßigkeit und Tragbarkeit dieser erhöhten Umsatzsteuer auf die noch höhere Umsatzsteuer in Deutschland und in Ungarn hingewiesen, wobei wahrscheinlich mit Absicht verschwiegen wird, daß in diesen beiden Ländern die ganze Zeit hindurch, während schon in der Èechoslovakei 2% Umsatzsteuer eingehoben wurden, eine bedeutend niedrigere Umsatzsteuer vorgeschrieben wurde, und zwar 0ÿ75%. (Výkøiky: Das sind die besiegten Staaten!) In der Demokratie gibt es keinen Unterschied, so klingt es uns immer von den Regierungsbänken entgegen, man kennt hier keine besiegten und keine unbesiegten Staaten, man kennt nur die ausgleichende Gerechtigkeit, und auf Grund dieser ausgleichenden Gerechtigkeit hat man sich entschieden, die gerade von den sozialistischen Parteien früher so scharf bekämpften indirekten Steuern neuerlich zu erhöhen. Ich glaube, schon heute feststellen zu können, daß sich die Hoffnung der Regierung nicht erfüllen wird, daß ihr dieser Fischzug einfach und glatt 600 Millionen Kè einbringen werde.

In diesem Zusammenhange möchte ich noch auf eines hinweisen und möchte mich da mit den Ausführungen des Herrn Berichterstatters beschäftigen. Er hat erklärt, daß man nur deshalb zu der Erhöhung der Umsatzsteuer greifen mußte, weil angeblich kein anderer Antrag zugekommen ist, der es ermöglichen würde, das Gleichgewicht im Staatshaushalte herbeizuführen. Das ist, sagen wir, vornehm ausgedrückt, eine glatte Unwahrheit. Zu wiederholtenmalen haben wir von dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Großmannssucht dieses Staates auf die Dauer nicht durchzuhalten sein wird, daß es im Interesse aller Bevölkerungsteile gelegen wäre, wenn rechtzeitig und zweckmäßig mit den ungeheuer hohen unproduktiven Staatsausgaben ein Schluß gemacht werden würde. Wir haben darauf hingewiesen - übrigens ist das auch von èechischer Seite wiederholt geschehen - daß vor allem der Apparat des Außenministeriums, der ungefähr dreimal so groß ist, wie der des 53 Millionen Einwohner umfassenden alten Österreich-Ungarn, ungeheure Millionensummen verschlingt. Wir haben darauf hingewiesen, daß die ganze èechische Außenpolitik, wie sie zur Zeit betrieben wird, doch nach wie vor nur wirtschaftliche Nachteile für die ganze èechoslovakische Wirtschaft im Gefolge haben kann. Denn bisher hat diese èechische Außenpolitik nur dazu geführt, daß heute die Èechoslovakei tatsächlich zu einer Insel innerhalb der mitteleuropäischen Staatengebilde geworden ist; denn mit den meisten sie umgebenden Staaten, mit denen sie gut ausgebaute Handelsverträge haben sollte, steht heute die Èechoslovakei ohne jeden Handelsvertrag da. Die natürliche Folge: Rückgang der Wirtschaft. Der èechische Außenminister begnügt sich, gestützt auf die ihm alljährlich von den Regierungsparteien freigebig bewilligten Mittel - es haben die Regierungsparteien im Laufe der Jahre wiederholt gewechselt - eine Politik zu machen, die sich nie zu Gunsten der breiten Schichten der Bevölkerung ausgewirkt hat, im Gegenteil zu einer sich so überaus scharf auswirkenden Wirtschaftskrise geführt hat.

Es ist nur zu natürlich, wenn wir in diesem Zusammenhange darauf hinweisen, daß es vollständig falsch ist, die Herstellung des Gleichgewichtes im Staatshaushalte auf dem Wege der Eintreibung neuer Steuern zu versuchen, da der einzige richtige Weg wäre, und zwar schon um die Neuankurbelung der Wirtschaft im Innern zu ermöglichen, mit dem Abbau der bisher schon unerträglich hohen Steuerlasten vorzugehen und nicht das Gegenteil davon zu machen, noch den letzten um den Fortbestand ringenden wirtschaftlichen Existenzen den Todesstoß zu versetzen. Die natürliche Folge der Annahme dieses Gesetzes wird doch die sein, daß neuerlich ein großes Heer von Steuerzahlern, auch wenn sie willig sind, in außerordentliche Steuerschwierigkeiten kommen wird. Die naturgemäße weitere Auswirkung der Steuereintreibungsmaschinerie, die sich in erhöhtem Maße bemühen wird, die Steuern rücksichtslos einzutreiben, wird sein, daß weitere Zehntausende Existenzen ganz einfach vernichtet werden. Diese Entwicklung ist natürlich wieder mit einer weiteren Vermehrung des Arbeitslosenheeres verbunden, eine Entwicklung, daß ich wirklich staunen muß, daß die sozialistischen Parteien den Mut besitzen, die Verantwortung für dieses Gesetz zu übernehmen.

Es ist doch klar, daß die Herstellung des Gleichgewichtes im Staatshaushalte unter den gegebenen schweren wirtschaftlichen Verhältnissen - und wir sind noch nicht am Tiefpunkte der Elendsentwicklung angelangt - naturgemäß nur durch den Abbau der übertrieben hohen Staatsausgaben gefunden werden kann, und zwar der unproduktiven. Ich rechne - vielleicht bin ich da nicht eines Sinnes mit den Vertretern der Regierungsparteien - die Errichtung großer Regierungspaläste in der jetzigen schweren Notzeit nicht zu den produktiven Ausgaben, wie dies insbesondere unter der Führung des Ministers Beneš in seinem eigenen Ressort als notwendig erachtet wird. Die gesamte innere Wirtschaft, und vor allem die Exportindustrie kämpft, soweit sie überhaupt noch besteht, einen schweren Kampf um die Erhaltung ihrer Betriebe. Es ist klar, daß durch die Einführung der Umsatzsteuererhöhung die Exportgrundlagen neuerlich erschüttert, wir daher mit einem neuerlichen Rückgang des Exportes zu rechnen haben werden. Eine weitere Folge ist, daß die Steuergrundlagen sinken und die Steuererträgnisse natürlich ebenfalls zurückgehen werden.

Der Herr Berichterstatter hat erklärt, es wäre kein Vorschlag gemacht worden, um über die Krisenzeit hinwegzukommen, die interessanter Weise in prophetischer Voraussicht - wahrscheinlich wurde als Prophet Minister Beneš berufen, der schon wiederholt Prophezeihungen vom Stapel gelassen hat, die sich auf die Minute und auf das Wort nicht eingestellt haben - bei der Einhebung dieses Krisenzuschlages von 50% bekanntlich bis zum 31. Dezember 1933 terminiert wird. D. h., daß die Regierung auf dem Standpunkt steht, daß bis zu diesem Zeitpunkte die Krise überwunden sein wird und wir dann mit einer neuen gesunden wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung zu rechnen haben. Wenn es sich tatsächlich nur um die Krisenzeit handeln würde, und man die Absicht hätte, nur noch einen Betrag von 600 Millionen Kè aus der Bevölkerung herauszupressen, um in diesen 1 1/2 Jahren diesen Betrag den Staatskassen zuzuführen, gäbe es gewiß einen anderen praktischen Weg, der rascher zum Ziele führen würde, ohne die Bevölkerung so zu belasten, das wäre der Weg der großzügigen Eintreibung der rückständigen Steuern auf die Weise, daß man einen gewissen Anreiz bietet, daß man z. B. einen gewissen Perzentsatz, sagen wir 50% der Steuerreste nach Erledigung aller Rekurse abschreibt, wenn bis zu diesem und jenem Termin diese Rückstände eingezahlt werden. Das wäre ein Weg, der die ganze Wirtschaft erleichtern und manche Kreditfähigkeit innerhalb des Wirtschaftslebens wieder herstellen könnte und gleichzeitig auch den Staatskassen die notwendigen Beträge zuführen würde. Es wäre ein Weg, der gleichzeitig zu einer Neubelebung der Wirtschaft führen würde, weil heute viele Existenzen, infolge der Exekutionsandrohungen jedweden Kredit verlierend, vor dem Zusammenbrechen stehen und auf dem Wege einer schonenden Steuereintreibung der Rückstände gewiß wieder zum großen Teil den Kredit finden würden und es ermöglicht wäre, auf diesem Wege von rund 7 Milliarden Steuerrückständen, sagen wir, 2 bis 2 1/2 Milliarden hereinzubringen, also das Vier- bis Fünffache jenes Betrages, den die Erhöhung der Umsatzsteuer hereinbringen soll. Das wäre ein gewiß gangbarer Weg, und es soll niemand mehr von dieser Stelle behaupten, daß der Regierung keine Möglichkeit geboten ist, auf einem gangbaren Wege das Defizit des Staatshaushaltes abzudecken. Aber darüber hinaus gibt es auch andere Mittel durch Abstrich von unproduktiven Staatsausgaben und in dieser Richtung habe sowohl ich wie meine anderen Parteigenossen wiederholt von dieser Stelle aus Anträge gestellt, die immer mit den Stimmen der Regierungsparteien niedergestimmt wurden.

Es ist bezeichnend, daß trotz der schweren Wirtschaftskrise, trotz der Staatskassennot man sich nicht bemüßigt fühlt, mit diesen hundertfältig gegebenen Anregungen und Anträgen zu beschäftigen. In diesen Zusammenhang gehören auch jene Anträge, die sich mit der Forderung nach Unterstellung aller Staatsbetriebe unter eine wahrhaft kaufmännische Leitung befassen. Wir sind ja alle überzeugt davon, daß die Mißwirtschaft bei allen Staatsbetrieben bereits zum Himmel stinkt. Denn es ist unglaublich - ich brauche nur darauf hinzuweisen, daß, wenn ein privater Unternehmer so wirtschaften würde, wie in den Staatsbetrieben gewirtschaftet wird, dieser schon längst hinter Schloß und Riegel sitzen würde - es ist unglaublich und eine Verschwendung des gesamten Völkervermögens, wenn heute Staatsunternehmen mit mehr als 9 Milliarden Umsatz zum Schluß alljährlich mit ihren Berichten kommen und erklären müssen, daß sie nicht nur keine Reingewinne haben, sondern von der Staatskasse diese und jene in die hunderte Millionen gehenden Beträge anfordern müssen, um die notwendigen Investitionen zu decken: mit Ausnahme der Tabakregie, die ja kein Staatsbetrieb, kein Wirtschaftsbetrieb ist, sondern eine Steuereinhebungsstelle des Finanzministeriums - denn es wird das schlechteste Kraut in der Welt aufgekauft und zu den von der Tabakregie diktierten Preisen als Rauchersteuer von den einzelnen Rauchern eingehoben - alle anderen Staatsbetriebe und es sind deren 13 an der Zahl - mit ihren 9 Milliarden Umsatz liefern bekanntlich keinen Reinertrag und es ist nicht verständlich, wie durch 14 Jahre des Bestandes der Èechoslovakischen Republik alle jene großen èechischen Volkswirtschaftler sogar zu diesen Zuständen schweigen konnten. Jetzt, im 14. Jahre des Bestandes der Republik, erinnert man sich endlich eines Ministerialrates, den man zum Eisenbahnminister ernennt. Von dem erwartet und hofft man, daß er einen tüchtigen Besen in die Hand nimmt und endlich einmal gründlich auskehrt. 14 Jahre hindurch hat man geschwiegen, genau so wie man 12 Jahre geschwiegen hat zu den Methoden eines früheren Eisenbahnministers, solange er der brave, wackere Parteigenosse war, der dafür Sorge getragen hat, daß der eigenen Parteikasse möglichst viele leicht verdienter Milionen auf dem Wege freiwilliger Beiträge zuflossen. In dem Augenblick, wo ein persönlicher Konflikt diese Parteiquelle abgedichtet hatte, in diesem Augenblick erinnerte man sich der eigenartigen Machenschaften dieses früheren Parteiministers und Parteichefs. Es ist eben die beknnte doppelte Moral, die in diesem Staate hoch im Kurse steht. Dies gilt sowohl für die Innen- als auch für die Außenpolitik dieses Staates. Herr Dr. Beneš fährt nach Genf und seit 14 Jahren predigte er in Genf, daß die Èechoslovakische Republik an der Spitze jener Staaten marschiere, die bereit seien, die militärische Abrüstung durchzuführen. Die Èechoslovakei sei angeblich jener Staat, der schon lange die moralische Abrüstung durchgeführt habe. Man braucht nur das gestrige Referat des Koll. Špatný im Wehrausschusse zu der neuen Wehrvorlage gehört zu haben, in welchem er in der unerhörtesten Weise gegen Deutschland, Ungarn und Deutschösterrei ch hetzte. Es ist naturgemäß, daß solche offizielle Hetzreden widerklingen, und zwar nach dem bekannten. Spruch, wie man in den Wald hineinruft, so hallt es zurück. Es ist ganz klar, daß von diesem Zeitpunkt, wo der Parteigenosse des èechischen Außenministers Dr. Beneš solche Ausführungen hält, naturgemäß das freundnachbarliche Verhältnis sich nicht so auswachsen kann, wie Dr. Beneš gern zur Durchführung seiner französisch-èechischen Blockpolitik es sich erwünschen würde. Diese Politik des doppelten Bodens sehen wir überall in diesem Staate. Vor dem Gesetz sind alle Bevölkerungsteile und Bewohner dieses Staates gleich. Jawohl, es gib für sie keine anderen Gesetze. Aber wehe, wenn ein Nichtèeche versuchen würde, auf Grund der bestehenden Gesetze irgendein Recht anzusprechen, z. B. für sein Kind die Aufnahme in den Staatsdienst zu erlangen bei Anlinlieferung aller Nachweise in der Richtung der Vorbildung, Qualifikation, Sprachenkenntnis u. drgl. Er wird nicht angenommen, weil es in dem Augenblick heißt, daß bei der Verhandlung über das Gesuch augenblicklich kein Bedarf ist. Wenn aber dann das Gesuch des èechischen Werbers in die Hand genommen wird, dann ist unglückseliger Weise der Bedarf hier und damit die Gleichheit vor dem Gesetze gewahrt. Aber es gibt keine Aufnahme Deutscher bei den Staatsbetrieben, und im Staatsdienst trotz der Mitregierung deutscher Parteien seit mehr als 5 Jahren.

Ich möchte nach diesen Worten mich mit einzelnen Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes speziell beschäftigen. Die Begründung der Regierung, daß sie gezwungen gewesen wäre, dieses Gesetz einzubringen, ist auf Grund meiner Ausführungen restlos hinfällig. Es bleibt nur noch zu erwägen, ob dieses Gesetz in der vorliegenden Fassung für die Bevölkerung überhaupt tragbar ist. Auch hier muß ich auf die Ausführungen im Budgetausschuß verweisen, daß ich dieses Gesetz für die Bevölkerung restlos untragbar halte, deshalb, weil man sich bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes nicht einmal bemüht hat. Ungleichheiten in der Handhabung dieses Gesetzes, wie sie auf Grund des früheren Gesetzes gegeben waren, zu beheben, im Gegenteil, man ist hingegangen und hat die lineare Mehrbelastung auf dem Wege der Multiplikation als höchste Weisheit hingestellt. Meine Partei sieht sich daher gezwungen, gegen dieses Gesetz einen unbedingt ablehnenden Standpunkt einzunehmen, weil sie vor allem überzeugt ist, daß die Einhebung dieser neuen Steuer sich geradezu katastrophal auswirken wird. Zweitens, weil trotz weiterer Zerstörung der Wirtschaftssubstanz nicht jene Mittel für die Staatskasse werden flüssig gemacht werden, die die Staatsverwaltung erwartet, und drittens, weil der Regierungsentwurh nach Beschlußfasssunng im Budgetausschuß zwar einige Härten des Gesetzes abgemildert hat, aber durchaus nicht in einem solchen Ausmaße, daß man auch nur halbwegs von einet Tragbarkeit desselben sprechen könnte.

Ich muß in diesem Zusammenhang noch darauf hinweisen, daß es doch unbedingt zu außerordentlichen Komplikationen führen wird, wenn in dem Gesetz ein Teil der kleinen Unternehmer, u. zw. jene mit einem Jahresumsatz von 100.000 Kè - jetzt im Budgetausschuß erhöht auf 150.000 Kè - ausgenommen wird.

Es sieht gewiß aus wie eine soziale Tat, daß man diese 100.000 Kè auf 150.000 Kè erhöht hat. Meines Erachtens wäre es wirklich sozial gewesen, wenn man die kleinen Geschäftsleute und Handwerker von vornherein überhaupt von der Einhebung einer Umsatzsteuer ausgenommen hätte, denn die bisherige Umsatzsteuer hat sich bereits verheerend ausgewirkt, so daß jede Erhöhung für die weitere Entwicklung schädlich sein muß. Die Erhöhung von 100.000 auf 150.000 Kronen ist ja praktish nur eine Geste; denn auch der kleine Handwerker, Gewerbetreibende und Kaufmann, der einen Umsatz von 150.000 K hat, ist kaum in der Lage, bei einem größ eren Famili enstand von einem solchen Geschäft überhaupt leben, und noch viel weniger, Umsatzsteuer zahlen zu können.

Es ist aber auch natürlich, daß die Vorschreibung der Umsatzsteuer auf Grund dieser Bestimmung zu vielen Schikanen führen wird. Vor allem ist der Kaufmann, der Gewerbetreibende u. s. w. nicht mehr in der Lage, auf Grund der früheren Bestimmungen die Umsatzsteuer zu überwälzen. Jetzt weiß er nicht, ob er die Erhöhung zu bezahlen haben wird oder nicht. Die natürliche Folge wird sein - und niemand kann das einem solchen kleinen Gew erbetreibenden übel nehmen - daß auch die erhöhte Umsatzsteuer überwälzt wird, auch wenn bei der schlechten Wirtschaftslage am Ende des Jahres sich erweist, daß er einen Umsatz von 150.000 Kronen nicht erreicht hat. Naturgemäß wird der Steuerfiskus dafür sorgen, daß solche Grenzen von 130.000 bis 149.000 nicht anerkannt werden, so daß er unter allen Umständen nicht unter die 150.000 Kronengrenze fällt.

Überraschenderweise hat auch eine andere Änderung im Gesetz platzgegriffen, dahingehend, dß Produktionsunternehmer, welche zwei oder mehr Verkaufsstellen besitzen, nunmehr aus der Bestin ungen herausgenommen und bei Herabsetzung der Erhöhung von 70 % auf 33 % und Abänderung in: "mit mehr als drei Verkaufsstellen" eingereiht werden. Ein Beweis, daß her Kräfte am Werke waren, um dafür Sorge zu tragen, daß Unternehmungen @a la Baa durch diese Erhöhung nicht all zu weh getan wird. Es ist eine ganz eig enartige Tendenz, wenn wir immer hören müssen, daß insbesondere die sozialistischen Parteien bestrebt sind, einen Ausgleich der Lasten, u. zw. je nach der Tragfähigkeit vornehmen zu wollen. Mit aller Energie müssen wir uns gegen jenen neu aufgenommenen Passus in dem jetzigen Entwurf, wie er vom Budgerausschuß kam, wenden, in welchem es heißt, daß die Vorräte bei den Kaufleuten, die am 1. Mai 1932 lagern, aufgenommen werden - es sind meistens bereits pauschalierte Gegenstände - und daß die Erhöhung von diesen aufgen ommen Vorräten nachträglich eingehoben wird. Wer mit den Verhältnissen vertraut ist weiß, daß die Kaufleute an diesen Vorräten, die meist schon längere Zeit lagern, infolge des allgemeinen Preissturzes heute an sich schon bedeutende Verluste hatten und daß nunmehr zu diesen Verlusten bei ihnen noch eine Mehrbezahlung in Form eines erhöhten Steuerzuschlages kommen soll. Wir müssen gegen die Neuaufnahme eines solchen Absatzes, im § 5 auftreten, mit aller Entschiedenheit aber wenden wir uns auch gegen den § 7 des Gesetzes, in welchem die Geltungsdauer des Gesetzes mit 31. Dezember 1935 festgesetzt wirwird. Entweder ist die Prophezeiung der Regierung wahr, daß bereits am 31. Dezember 1933 die Krise überwunden ist, dann verstehe ich nicht, warum man die Umsatzsteuer über diesen Zeitpunkt mit den alten unerträglich hohen Sätzen vor der Erhöhung bis 1935 weiterbehalten will.

Geradezu unglaublich mutet es mich an, daß die Sozialdemokraten einer solchen Verlängerung des Gesetzes bis 1935 ihre St imme geben wollen. Das ist ein untragbarer und unhaltbarer Zustand und aus diesen Gründen werden wir gegen das vorliegende Gesetz stimmen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Simma (viz str. 13 tìsnopisecké zprávy):


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