Pátek 18. bøezna 1932

Ich war vorige Woche mit einem Ausländer beisammen, der mich fragte, wie es denn um unser Bankwesen bestellt sei, ob es wirklich so ist, daß das Bankwesen ein derartiges Gesetz braucht. Ich erkläre Ihnen, daß dieses Gesetz auf das Ausland den allerschlechtesten Eindruck machen muß, weil dadurch direkt eine Balkanisierung unseres Kreditwesens bewirkt wird.

Ich möchte nicht verhehlen, in diesem Zusammenhange doch festzustellen, daß wir heute eingentlich sehen, daß die Finanzpolitik des Ministers Dr. Engliš doch sehr richtig war, der die Èechoslovakei vor Auslandsverschuldung möglichst viel bewahrt hat. Denn gerade die Staaten, deren Auslandsverschuldung hoch ist, befinden sich heute in einer vielleicht noch schlechteren Situation als die Èechoslovakei. Die Èechoslovakei hat im Verhältnis zu ihrer inneren Schuld von 25.9 Milliarden nur 8.3 Milliarden Auslandsschulden. Aber interessant ist es und da werden wir vielleicht bei dem Plane Tardieus darauf kommen - daß die Èechoslovakei nach einer Statistik des Statistischen Staatsamtes im Jahre 1927 vergleichsweise eine Gesamtschuld von 36.8 Milliarden hatte bei einer auswärtigen Schuld von 6.7 Milliarden, Bulgarien bei einer Gesamtschuld von 9.8 Milliarden eine äußere Schuld von 8ÿ7 Milliarden, Jugoslavien bei einer Gesamtschuld von 18.8 Milliarden eine auswärtige Schuld von 15.6, Rumänien eine Gesamtschuld von 36.6 Milliarden mit einer auswärtigen Schuld von 31.3 Milliarden. Österreich 11.2 Milliarden Gesamtschuld und 10.4 Milliarden auswärtige Schuld, Polen 15.6 Milliarden Gesamschuld und 14.4 Milliarden auswärtige Schuld.

Meine Verehrten! Ich habe Ihnen das Verhältnis der Gesamtschulden zur auswärtigen Schuld jener Staaten genannt, die eigentlich jetzt für den Tardieuplan in erster Linie in Frage kommen, und es zeigt sich, daß mit Ausnahme der Èechoslovakei die Gesamtschuld dieser Staaten fast gleich ist mit der auswärtigen Schuld, d. h. mit anderen Worten, daß das Problem des Zusammengehens, der Vereinigung in wirtschaftlicher oder zoll- und handelspolitischer Beziehung auch noch ein tieferes Problem hat, das darin liegt, daß dem Ganzen die Sanierung dieser Staaten wird vorausgehen müssen. Es beweist aber auch, daß diese Staaten in einem Verhältnis ausgepumpt sind, daß sie nicht mehr die Lebenskraft besitzen, aus sich heraus die Anleihen für den Bedarf zu decken. (Posl. Horpynka: Sie sind nur so schlau und verschaffen für sich das Interesse des Gläubigers!) So ist es!

Wenn wir über die Dinge so sprechen, dann gestatten Sie mir einmal, den Verfassern des Gesetzes die Frage zu stellen: Wem will eigentlich das Gesetz dienen? Wer kommt in Frage? Außer der öffentlichen Meinung, die vielleicht nur indirekt daran teilnimmt, Einleger, Aktionär, Gläubiger und Schuldner. Haben wir als Parlamentarier eine Veranlassung, den Einleger bei den Banken höher einzuschätzen und mehr zu schützen, als den Einleger bei den Volksgeldanstalten, beispielsweise bei den Sparkassen? Das ist heute der Fall. Wenn heute eine Bank pleite geht, so weiß der Einleger: nach dem Gesetz muß ich 80% bekommen. Das weiß er bei keiner Sparkassa. Ich habe mir da in der Literatur zu diesem Kapitel das Buch von Adolf Weber "Depositenbank und Spekulationsbank" vorgenommen und lese auf Seite 361: "Derjenige, welcher die paar Pfennige Zinsen, die er von der Bank mehr zu bekommen hofft als etwa von der Sparkasse, für eine genügende Risikoprämie betrachtet, kann doch kaum Anspruch darauf erheben, daß man seinetwegen die Klinge der Gesetzgebung in Bewegung setzt." Bitte, im Motivenbericht wird der Schutz des Einlegers, des Aktionärs betont. Ja, ist der Aktionär nicht Spekulant? Unterwirft sich der Aktionär nicht freiwillig der Spekulation? Meine Herren Sozialisten aller Richtungen, haben Sie Ursache, den Spekulanten zu schützen, der vielleicht, während Sie über das Gesetz beraten, in Monte Carlo spielt? Schutz des Aktionärs, Schutz der Spekulation! No, und Schutz des Schuldners! Wie haben Sie den Schutz von 70 bis 80 Milliarden Kè übernommen? Nichts! Hier haben Sie die Schuldnerschaft in dieser Höhe dem möglichen Kreditentzug, der Verweigerung und Kündigung von Kredit ausgesetzt. Das ist Ihr Werk durch das Bankgesetz. Unmöglich! Ich erkläre Ihnen ganz aufrichtig: Das Gesetz macht in dieser Auffassung absolut keinen objektiven Eindruck, macht den Eindruck der Persekution einer bestimmten Klasse, schießt über das Ziel hinaus und wenn Sie wollen, sehr oft vorbei. Übrigens kann ich Ihnen verraten, daß bereits bei den Banken und Instituten, noch bevor das Gesetz in Geltung tritt, danach amtiert wird und ich möchte Sie bitten, sich einmal mit jenen Herrschaften in Verbindung zu setzen, die heute bereits die Kreditkündigung, Kreditverweigerung und den Kreditentzug auf Grund des Bankgesetzes bekommen haben.

Das Gesetz will Ordnung schaffen, es will Beruhigung und Vertrauen schaffen. Ich gebe ohne weiters zu: Vertrauen ist alles. Genießt die Finanzverwaltung Vertrauen, so ist es ein Glück und Segen für den Staat, genießt sie aber Mißtrauen, ist es ein Unglück. Es wäre Aufgabe der Finanzverwaltung gewesen, diese thesaurierten Milliarden - man spricht von 2 Milliarden - durch das Vertrauen, das man in die Bevölkerung gelegt hätte, herauszuholen. Wie hätte man das machen können? Man hätte sich müssen mit dem Stand der Staatspapiere beschäftigen, damit sie sich etwas heben, man hätte über die Einlagensicherheit etwas anderes herausgeben müssen, als dieses Gesetz. Man gibt die Devise heraus: öffentliches Vertrauen in die Finanzinstitute, möglichst große Einlagensicherheit. Das wäre System und Zweck des Gesetzes gewesen. Nun gestatten Sie mir aber die Frage: Ich kann mir nicht denken, daß die Einlegerschaft zu Bankleitungen, die ein solches Gesetz brauchen, Vertrauen fassen soll. Da muß sich doch jeder Einleger sagen: Wenn eine Bank ein derartiges Gesetz braucht, da kann ich meine Einlagen unmöglich dort lassen. Kann die Einlegerschaft Vertrauen bekommen, wenn sie aus dem Gesetz die Notwendigkeit von Sanierungen und Garantien des Staates ersieht? Ja, kann die Einlegerschaft Vertrauen zu den Bankinstituten bekommen, wenn sie sieht, wie die eigene Beamtenschaft der Institute die außerordentlichen Pensionsfonds aus der Verwaltung der Institute wegnehmen will? Wenn man Ihnen blos diese drei Hinweise vorhält, müssen die Bestimmungen dieses Gesetzes Ihnen zeigen, daß Sie statt Vertrauen Mißtrauen ernten werden. Ich möchte den Verfassern des Gesetzes empfehlen: Hätten Sie doch einmal 20 Schuldner gefragt, hätten Sie sich einmal von 20 Schuldnern Kontoauszüge geben lassen, hätten Sie sich einmal über die Höhe des Zinsfusses, der Provisionen und Manipulationsspesen und insbesondere über die absolute Höhe des Zinsfusses orientieren lassen, hätten Sie sich über die Rigorosität und das Maß der Sicherstellungen orientieren lassen, dann wären Sie zu einem ganz anderen Resultat gekommen.

Ich glaube, das Gesetz wird vielleicht nicht als unmittelbare Folge einen Run auf die Institute haben, obwohl man behauptet, daß täglich fast 10 Millionen abfließen. Aber ich habe das Empfinden, daß durch dieses Gesetz der letzte Rest des Kredits erschlagen wird. Ich stelle die Frage, wer heute für die Bankfunktionäre, die Oberdirektoren, den Vorstand, den Verwaltungsrat oder Aufsichtsrat, wer in den Augen dieser Menschen kreditwürdig ist. Da werden Sie vielleicht bestätigt finden, daß es heute ungeheuer schwer ist, im Rahmen dieses Gesetzes der Bank kreditwürdig zu erscheinen. Vielleicht kommt die Zeit, wo es der Staat selbst am allerwenigsten sein wird, wo er sich diese Maßnahmen doch selbst geschaffen hat. Aber eines dürfen wir mit voller Sicherheit feststellen, daß nämlich der offene Kredit so gut wie erschlagen ist. Der offene Kredit war der Kredit des Verkehrs, der Kredit für Handel, Gewerbe und Industrie. Nach dem Gesetz wird es sich jeder Bankfunktionär überlegen, ohne Sicherstellungen Kredit zu geben. Da muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß heute das Betonfundament des ganzen wirtschaftlichen Lebens, soweit es auf Kredit aufgebaut ist, die Sicherstellung, restlos erschüttert ist, und daß wir alles daran setzen müßten, dieses Fundament von neuem aufzubauen, jene moralische Kraft in das ganze Wirtschaftsleben hineinzutragen, daß neben den persönlichen Qualitäten des Unternehmers auch seine Sicherstellung in der Form von Anlagen, Maschinen, Warenforderungen und Außenständen wieder jene Geltung bekommt, damit das Wirtschaftsleben jenes Ausmaß an Kredit bekommt, das es nach der gegebenen Sachlage wirklich verdient. Der Satz, den ich jetzt ausgesprochen habe, ist von größerer Bedeutung, als Sie es für den ersten Moment vermuten können. Aber wer mit dem wirklichen Wirtschaftsleben einigermaßen verbunden ist, wer einigermaßen mit der Kreditbeschaffung, mit dem ganzen Kreditwesen verbunden ist, wird wissen, daß heute die ganzen Sicherstellungen, die ich aufzählte, schwer gesunken sind und fast gar nichts mehr wert sind. Wir sind heute so weit, daß das Häuschen eines Bauern lange nicht mehr jenes Pfand darstellt, wie vielleicht vor 10 Jahren. Fragen sie heute den Bauern, der heute bei der Hypothekenbank oder in der Zemská banka oder bei seiner Genossenschaft um ein Darlehen ansucht, um die Bewertung seines Besitzes. Da werden Sie finden, daß erstens die Schätzung den heutigen Zeitverhältnissen nicht entspricht, daß auf der anderen Seite der wirkliche Kredit, der ihm eingeräumt wird, ganz unter dem Maß des no rmalen liegt. Gehen wir weiter, zu Handel, Gewerbe und Industrie, und wir finden schon, daß die Anlage, die Maschinen nur eine subsidiäre Deckung darstellen. Das heißt, si werden nicht als Sicherstellung angenommen, sie werden für den Kredit nur subsidiär genommen, wenn nichts anderes mehr geht. Jeder Bankdirektor sagt Ihnen: Was nützt mir Deine Anlage, sie kann noch so schön und neu sein, was nützen mir Deine Maschinen, sie können noch so modern sein, wenn Du durch die Krise berührt wirst und Deine Fabrik steht, ist Deine Fabrik ein Schutthaufen. Und wie sieht es mit den Waren aus? Im Zeichen der sinkenden Preistendenz sagt jeder Bankdirektor: für Deine Ware kann ich nicht mehr als 30 bis 40 % geben. Und Deine Forderungen? Ich weiß nicht, ob Du sie aus dem Auslande bekommst bei diesen - Devisenbestimmungen, ich weiß nicht, ob Deine Schuldner nicht schon faul geworden sind; das ist also 20 bis 30 %.

Nun frage ich Sie: Nachdem es nach diesem Gesetze verboten ist, den Kredit suchenden Menschen nach seiner persönlichen Qualität zu beurteilen, was für die Kreditwürdigkeit eines Menschen, eines Unternehmens, der ganzen Wirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie, incl. Arbeitnehmer, die daran beteiligt sind, übrig bleibt? Merken Sie nicht, daß Sie mit dem Gesetz den ganzen Kredit erschlagen? Was machen Sie mit dem Gesetz? Statt den Pflichtenkreis zu erweitern, das ist nur illusorisch erweitern sie den Machtkreis, indem Sie heute die Kreditverweigerung noch gesetzlich sanktionieren. Man wird mir sagen: Du bist ein Schwarzseher! Da sagte mir vor ungefähr drei Jahren - glaube ich - ein Journalist nach einer Parlamentsrede und schrieb es auch in seinem Blatte: "Dr. Rosche ist ein Schwarzseher." Ich frage diejenigen Herren auf deutscher und èechischer Seite, die mich reden gehört haben: Ich es nicht so gekommen, wie ich es prophezeit habe? Noch viel schlechter ist es geworden. Wir haben keine Ursache, in unnötigem Pessimismus zu machen. Es genügt bei uns, wenn wir die Wahrheit nehmen und ihr ins Auge sehen, wenn wir den falschen Mantel wegwerfen und die Dinge so sehen, wie sie liegen.

Was brauchen wir? Wir brauchen im Wirtschaftsleben die Einkehr der Wahrheit und die Ausmerzung der Lüge, der Bilanzlüge. Es ist Lüge, es ist Lug und Trug, Bilanzen herauszugeben, die in Wirklichkeit falsch sind, Bilanzen von Banken, die villeicht schon im Innern faul und saniert sind, aber auf der anderen Seite große Tanti@emen und Dividenden auszahlen. Das ist Lüge. Das müssen wir aus dem Kreditleben ausmerzen. Wir müssen die gezwungene Lüge ausmerzen, die heute von den Steuerträgern des ganzen Wirtschaftssystems durch die Finanzverwaltung verlangt wird, die Ausmerzung der Bilanzlüge, die von den Bankdirektionen verlangt wird. Wir müssen die Bilanzlüge auch aus dem Budget ausmerzen, aus den Rechnungsabschlüssen ausmerzen. Es ist eine Lüge, daß wir heute über 7 Milliarden Steuerrückstände haben. Das ist ein Unsinn, das gibt es nicht, das ist Irreführung der ganzen Bevölkerung, das ist ein Sich-in-die-Taschelügen des ganzen Staates und der Finanzverwaltung. Ich werde noch Gelegenheit haben, darüber ein paar Worte zu sprechen. Es muß einmal aufhören diese Demagogie, wie sie seitens der èechischen Sozialdemokraten in Gestalt des Abg. Remeš mit den Steuerrückständen getrieben wird. Wir haben nicht die Steuerrückstände, wie sie im Rechnungsabschlusse aufscheinen. Man macht absichtlich den Fehler, die Öffentlichkeit irrezuführen, indem man diese Gesamtsumme anführt, während in Wirklichkeit diese Steuern einen Bruchteil des Ganzen ausmachen. So sieht die Sache von der anderen Seite betrachtet aus.

Wenn ich heute die Frage aufwerfe, ob mit dem Gesetz die Kreditorganisation geregelt ist, so verneine ich sie aus den Gründen, die ich vorhin erwähnt habe, weil damit weder die Kreditbedingungen, noch der Zinsfuß für langfristige und mittelfristige Hypothekarkredite, noch die Sicherstellung usw. geregelt erscheinen. Es wurde in diesem Saale viel von der Zinsfußpolitik der Nationalbank gesprochen. Wir könnten noch vieles darüber sprechen. Jedenfalls hängt damit die Zinsfußpolitik der Finanzverwaltung zusammen. Die Zinsfußpolitik der Banken gegenüber der privaten Wirtschaft! Wie kann es einen billigen Zinsfuß für die Privatwirtschaft geben, wenn der Staat selbst 7 1/2 % und 8 1/4 % zahlt? Ein Beispiel. Ich will jetzt nicht die Staatspapiere anführen, den Prozentsatz der Staatspapiere, sondern nur die Kassenscheine, die im nächsten Feber 1933 zahlbar sind. Sie sind mit 6 % verzinst, man kann sie mit 98 1/2 kaufen, eingelöst werden sie mit 100, d. i. eine Verzinsung von 7 1/2 %, die der Staat gibt. Wenn Sie aber die Kassenscheine noch ein Jahr länger bis 1934 liegen lassen, so kriegen Sie 8 1/4 %. Ihr Einleger, Ihr seid doch Trottel, wenn Ihr das Geld zu den Sparkassen und den Banken tragt, dort bekommt Ihr 3 %, bei den Kassenscheinen aber gibt der Staat 8 1/4 % und 7 1/2 %, ein besseres Geschäft gibt es nicht! Wegen der Krone braucht Ihr keine Angst zu haben, die Nationalbank sagt, sie wird gehalten, und geht sie pleite, geht sie dann dort und da pleite. Jedenfalls bekommt Ihr auf diese Art 4 bis 5 % mehr. Das ist die Konkurenz, das ist Staatskapitalismus, sog. Staatssozialismus in Konkurenz zum Privatkapitalismus. Ich komme darauf noch bei anderer Gelegenheit zu sprechen. Ich habe das Gefühl, daß wir durch diese umständliche Organisation des Kreditwesens zu einer Verbürokratisierung des Bankwesens kommen und daß die Funktion des ganzen Bankwesens eigentlich in die Mission des Sparkassenwesens zurückgetrieben wird.

Ich frage die Verfasser des Gesetzes einmal nach Folgendem: Was macht denn eigentlich heute eine Bank, die im Zweifel ist, ob sie ein Geschäft machen kann oder nicht? Da sagte mir ein Bankdirektor, bei dem ich dieser Tage war, wo einem Unternehmen wieder einmal die Gurgel zugezogen werden sollte: "Herr Doktor, ich kann nicht helfen, ich kann nach dem neuen Bankgesetz nicht helfen, ich will das Finanzministerium fragen." Nun, meine Herren vom Finanzministerium, Gesetzgeber dieses schönen Entwurfes, können die Banken zu Ihnen fragen kommen, was sie in den einzelnen Fällen machen sollen? Sie schütteln mit dem Kopfe. Nein! Ihr habt das Gesetz, richtet Euch nach dem Gesetz! Und im Zweifel heißt es in der Strafprozeßordnung "In dubio pro reo", bei Ihnen heißt es "In dubio contra reum". Das ist der Unterschied: Im Zweifel gegen den Schuldner, im Zweifel muß man den Kredit kündigen, im Zweifel muß man den Kredit herabsetzen!

Über die Kündigung der Bankdirektoren werden wir noch nachher ein paar Worte sprechen; ich stehe auf dem Standpunkte, daß man diese Grundpfeiler des bürgerlichen Rechtes, Vertragssicherheit, Vertragsfreiheit unter keinen Umständen verletzen solle. Dann aber möchte ich auch noch die Gesetzgeber fragen: Was macht denn heute ein Bankdirektor mit einem Unternehmen, das laufenden Kredit hat und das im nächsten Jahre durch die Krise in Verlust kommt? Kann ein Bankdirektor dem Unternehmen bei Verlustbilanz den Kredit lassen? Sehen Sie, meine Herren! Heute kommen wir vor solche Fragen, die wir eigentlich nicht beantworten können. Koll. Stránský hat uns übrigens die interessante Tatsache vorgeführt, daß Baa mit Hilfe einer deutschen Bank sein Unternehmen aufgebaut hat. Bankgesetz! Freie Bahn dem Tüchtigen, das gibt es nicht mehr, weil es keinen offenen Kredit mehr gibt. Wenn heute beispielsweise jemand zu einer Bank kommt und sagt; Herr, ich bin Erfinder, ich habe auf der blutigen Seele nichts als meinen Kopf, meine Erfindung, hilf mir, daß ich mich durchsetze! Man wird erwidern: Pardon, ich kann nicht, ich weiß nicht, ob Deine Erfindung etwas wert ist oder nicht, ich muß Dich zurückweisen, ich kann vorher nichts geben. Man wird vielleicht einwenden, daß das krasse Beispiele sind. Aber in Wirklichkeit wird es sich in der Situation, in der wir uns befinden, so abspielen. Da können wir doch den Kardinalsatz feststellen und da wird auch der Herr Generalberichterstatter nicht widersprechen: Das Gesetz wollte sich gegen die Bankleitungen wenden und hat die Wirtschaft getroffen!

Und da kommen wir zu einem schwierigen Kapitel, zur Besprechung der Rolle der Bankdirektoren. Ich habe am Anfang gesagt, daß wir uns unter keinen Umständen zur Verteidigung der Bankdirektoren hergeben. Aber ich glaube, daß man in der Öffentlichkeit zuweit geht, wenn man geneigt ist, die ganze Verantwortung auf die Direktoren abzuladen. Das ist so ähnlich, wie man für den Krieg die Generäle verantwortlich gemacht hat; so will man für die Nachkriegszeit in wirtschaftlicher Beziehung die Bankdirektoren verantwortlich machen. Wir können uns am besten dahin einigen, daß wir sagen, an den Verhältnissen sind zum guten Teil die Bankleitungen schuld, Ausnahmen natürlich ausgenommen, und zum anderen Teil die wirtschaftlichen Verhältnisse, wie wir sie durch die Weltwirtschafskrise und durch die Weltkreditkrise erfahren. Wir alle ohne Unterschied haben ein großes, eminentes Interesse an den geordneten Verhältnissen des Kreditwesens. Aber ich frage: Werden dadurch, wie Koll. Mareš sagt, daß wir durch das Gesetz Ruhe, Ordnung und Beruhigung schaffen, Finanzkatastrophen vermieden, wird die Katastrophe eines Geldinstitutes vermieden, die Wirtschaftskatastrophe, die soziale Katastrophe? Keinesfalls! Genau so wie unter dem Druck der politischen Verhältnisse die politische Administrative versagt, muß zwangsläufig auch die Geldadministrative versagen und wir dürfen heute wohl feststellen, daß an diesen Verhältnissen in erster Linie doch die Krise, unter der wir leiden, schuld ist. Wir können feststellen, daß wir heute in völliger Ratlosigkeit noch keinen - Ausblick aus dem Ganzen sehen, daß sich durch die Nachkriegsverhältnisse das Bild der Welt verschoben hat und daß die Krise ihre Wellen zieht und wir heute unter einem Zustand leiden, der charakterisiert ist durch den restlosen Entzug des Vertrauens, durch die untragbare Höhe des Zinses, durch den Zusammenbruch der Landwirtschaft, durch die Not der Banken und der Industrie und durch die Arbeitslosigkeit, die imstande ist, den Ruin der ganzen öffentlichen Verwaltung heraufzubeschwören. Charakterisiert ist die schwere Zeit, in der wir leben, dadurch, daß wir im Verkehr mit 45 Ländern 17 Länder mit Valutaentwertung haben, 23 mit Devisenbewirtschaftung, 17 mit Einfuhrbeschränkungen und 29 mit Zollerhöhungen. (Posl. Hadek: Das ist das freie Spiel der Kräfte!) Das ist das freie Spiel der Kräfte, wie es uns Sowjetrußland lehrt! Ich möchte es anders ausdrücken. Das ist das Standrecht über die Wirtschaft, das ist das Standrecht, ausgedruckt in Zöllen, Devisenverordnungen und Einschränkungen jeder Art. Und ich glaube, Ihnen sagen zu müssen: je länger dieser Zustand andauert, desto mehr kommt der Staat in ein Verhältnis des Schwächung seiner eigenen Wirtschaft. Dabei finden wir, daß heute die große Politik zur Regelung der Dinge vollständig versagt und daß die wirtschaftlichen Lösungen in der Nachkriegszeit eigentlich immer durch die Politik erschlagen wurden. Wir brauchen internationale Zusammenarbeit, die die großen Probleme der Abrüstung, der Reparationen usw. löst. Vernünftige Abrüstung, Gleichgewicht im Haushalte, Schuldenregelung, Währungsstabilität, Kreditregelung! Sehen Sie, meine Herren, diese Krise hat eine Schärfe erreicht, daß unterschiedslos, ob groß, ob klein, ob arm oder reich, alle in Mitleidenschaft gezogen werden. Heute leidet unter der Arbeitslosigkeit der Arbeiter und Beamte, der Mittelständler, Gewerbe, Handel und Industrie. Heute sehen Sie die allergrößten Unternehmungen durch die Krise erfaßt; ich erinnere Sie an das neueste Sympton, an den Selbstmord Kreugers. Wer hätte gedacht, daß dieser Konzern, der so fundamental gesichert schien, in so kurzer Zeit diesen Abgang wählen kann. Man wird mir sagen: das ist eben kapitalistische Wirtschaft. (Posl. Hadek: Sehr richtig!) Jawohl, und ich erwidere Ihnen darauf, mein sehr geehrter Herr Kommunist, nicht nur kapitalistische Wirtschaft, sondern auch die sozialistische Wirtschaft in Sowjetrußland steht genau so vor den großen Schwierigkeiten dieser Probleme. (Posl. Hadek: Von Sowjetrußland können Sie noch was lernen, wenn Sie überhaupt noch lernen können!) Das bleibt Ihnen vorbehalten, weil Sie es am notwendigsten brauchen. (Veselost.)

Für die Èechoslovakei müssen wir einmal ehrlich drei Kardinalpunkte feststellen: Das ist unsere restlose Abhängigkeit von der internationalen Lage, das ist, das sage ich Ihnen auf èechischer Seite, Ihre einseitige politische Verknüpfung mit Frankreich ohne das wirtschaftliche Gegengewicht. Sie sind einseitig politisch mit Frankreich und - das ist das zweite Problem - in gleichem Maße wirtschaftlich mit Deutschland verbunden. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.) Das dritte Kardinalproblem der Èechoslovakei ist, daß wir in der Èechoslovakei, soweit wir im Wirtschaftsleben stehen, damit rechnen müssen, daß wir nie mehr die Kapazität erreichen, die wir gehabt haben. Die Fabriken, die stehen, die werden nicht mehr alle aufgemacht, weil durch die Emanzipation der ganzen Umgebung unter allen Umständen für die Èechoslovakei zwangsläufig eine Abschöpfung und Abschnürung der ganzen Wirtschaftskapazität eingetreten ist und eintreten muß.

Wir stehen jetzt vor einem neuen Plan, dem sogenannten Tardieu-Plan. Sowohl von èechischer wie von deutscher Seite ist in diesem Hause anläßlich der jetzigen Debatte darüber gesprochen worden. Ich möchte Ihnen mit ganz knappen Worten unseren Standpunkt dazu sagen. Ich habe eigentlich deswegen diese ganze Kardinalforderung für die Èechoslovakei zuerst genannt, die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit; d. h., die Èechoslovakei muß sich in der Staats- und Privatwirtschaft darüber im klaren sein, daß die autarkischen Bestrebungen der Abkapselung unmöglich der richtige Weg sein können, sondern daß die Èechoslovakei mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten der Wirtschaft in der letzten Zeit zu der Überzeugung kommen muß, daß der Weg aus der Krise nur über den Weg der Zusammenarbeit führt. Wir brauchen über die Zollunion zwischen Österreich und Deutschland nicht mehr zu sprechen. Wir stehen vor einem neuen Plan: Österreich, Ungarn, Èechoslovakei, Rumänien, Jugoslavien, eventuell Bulgarien, Polen. Grundsätzlich will ich mich auf diese Frage der Kürze der Zeit wegen nicht einlassen. Aber eines sage ich Ihnen: Heute kann es sich für uns Sudetendeutsche nur darum handeln festzustellen, daß die Absichten Frankreichs keine wirtschaftlichen, sondern nur politische sind, nämlich den Anschluß Österreichs an Deutschland zu verhindern. Heute dreht es sich in Europa nicht mehr um die Frage: mit oder ohne Deutschland! Die Herrschaften, die sich mit diesem Gedanken befassen, werden irregehen. Heute handelt es sich darum, in die Zusammenarbeit einen Beginn zu bringen. Und jenen Ländern wird es zum Segen und Glück gereichen, die möglichst bald zu diesem Anfang kommen. So wie heute die Konstellation von Tardieu propagiert wird, glaube ich, dürfte es aus dem einfachen Grund nicht gehen, weil heute die Agrarüberschüsse dieser Konstellation nicht aufgenommen werden können von dem Wirtschaftsraum, den man sich vorstellt, weil für die Agrarüberschüsse der Raum größer gestaltet werden muß. Das wird auch das Problem für die èechischen Agrarier sein, ob sie heute sich für oder gegen einstellen. Wichtig für sie wird sein, eine Konstellation zu erreichen, die es ihnen ermöglicht, ihre Produkte abzusetzen. Das Grundlegende des ganzen Planes aber wird sein, daß heute mit der praktischen effektiven Arbeit des internationalen Zusammenschlusses begonnen wird. Maßgebend wird für Sie immer die Erhaltung der politischen Selbständigkeit sein, aber darüber hinaus werden Sie um den Weg der wirtschaftlichen Zusammenarbeit nicht herumkommen und je später Sie ihn betreten, desto schlechter wird es sein.

Im Zusammenhang kann ich der letzten Erklärung des Ministerpräsidenten den Journalisten gegenüber gedenken. Da sage ich Ihnen, daß der Öffentlichkeit mit der Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten Udržal nicht gedient ist, weil der Herr Ministerpräsident Udržal damit der Öffentlichkeit eigentlich gar nichts gesagt hat. Er hat sie lediglich auf die neuen Lasten, die kommen, aufmerksam gemacht, hat aber damit nicht zu ihrer Beruhigung beigetragen.

Ein paar Worte möchte ich mir auch zur französischen Anleihe gestatten. Sie wissen, daß wir bereits im Vorjahre wegen einer Anleihe mit Frankreich verhandelt haben. Sie ist nicht zustande gekommen. Sie wissen, daß es sich jetzt um eine zweite Anleihe im Betrage von 600 Millionen Francs handelt, die in unserem Parlament bereits verabschiedet worden ist. Ich frage Sie, meine Herren von der èechischen Seite: Muß es Sie nicht empören, wenn Sie die Behandlung der ganzen Anleihe französischerseits beobachten, wenn Sie sehen, daß heute noch nicht diese Anleihe im französischen Senat erledigt ist? Haben Sie den politischen Kampf wahrgenomm en, der sich in der französischen Kammer wegen dieser Anleihe abgespielt hat? Ich hatte gestern Gelegenheit, mit einem sehr prominenten Herrn auf èechischer Seite zu sprechen, der mir erklärte: "Mir steigt die Schamröte ins Gesicht, wenn ich heute die Behandlung der Anleihe durch Frankreich sehe, wo doch andererseits eine 100 %ige einseitige politische Freundschaft und Ergebenheit für Frankreich unsererseits vorhanden ist!" Ich sage Ihnen: Die Freundschaft mit Frankreich wird so lange dauern, so lange, als Sie gebraucht werden. Wenn man Sie nicht mehr brauchen wird, wird man Sie wie einen Schuhfetzen liegen lassen. Deshalb schlagen Sie sich nicht alle Türen nach anderen Richtungen zu! Ich erkläre Ihnen, es ist ein Unsinn, durch ein solches unseliges Bankengesetz den Weg zu inneren Anleihen zu verrammeln. Heute haben Sie noch Zeit dazu, diesem Gesetz aus dem Weg zu gehen, und es ist keine Schande für das Parlament, wenn es der Bürokratie erklärt: Mit dem Gesetz haben wir daneben gehaut, das Gesetz gehört in den Papierkorb, zurück mit dem Gesetz! Heute ist es noch möglich; wenn das Gesetz herausgekommen ist, ist es zu spät. Sehen Sie! Das Bankengesetz in dieser Schärfe bedeutet Kreditentzug, Kreditkündigung, Kreditverweigerung, Verschä fung der Krise durch Rigorosität der Finanzverwaltung, die wieder gezwungen ist, die Steuern mit Rigorosität vorzuschreiben und einzutreiben. Es gibt einen Satz, der sagt: "Ein Keil treibt den anderen." Da müssen wir zwangsläufig die rückläufige Bewegung machen. So können wir nicht vorwärtskommen. Ich habe gelacht, als man wiederum von èechischer nationaldemokratischer Seite einen Antrag vorbereitete auf Grund der Konstatierung beim Fabrikanten Hoffmann in Prag: "Zwangsverwaltung der Industriebetriebe." So viel haben wir noch niemals gelacht. Das sollen uns die Herren doch einmal vormachen! - Zwangsverwaltung, und wie man Betriebe in einer solchen Krise führt, mit leeren Kassen, ohne Aufträge! Da möchte ich das Resultat sehen, das die Herrschaften damit erzielen würden! Hören wir doch auf mit der Demagogie, das hat keinen Zweck, es ist besser, so zu reden, wie einem der Schnabel gewach sen ist. Bei einer Arbeitslosigkeit von fast 700.000 Menschen - nach der Statistik, in Wirklichkeit überschreitet sie die Million da dürfen wir keine Spumpernakeln machen, wir müssen so reden, wie es den Tatsachen entspricht. Heute, wo wir mit der Arbeitslosigkeit in der Èechoslovakei an vierter Stelle stehen, nach England, Deutschland und Italien, müssen wir ernster darüber nachdenken, wir dürfen da nicht aneinander vorbeireden, dürfen nicht demagogische Reden, nicht parteipolitische Reden halten, sondern wir müssen miteinander so reden, wie es zum Gedeihen für das ganze Volk dienen kann, daß wir aus dieser schlechten Zeit in eine bessere kommen. Heute ist das Problem nicht: "Demagogie", sondern: "Arbeit und Brot". Und wer die Frage der Arbeit und des Brotes löst, der wird Sieger sein.


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