Ètvrtek 4. února 1932

In diesem Zusammenhange möchte ich noch kurz darauf hinweisen, wie einseitig die èechische Ideologie zu diesen Grundfragen Stellung nimmt, wie sie insbesondere heute wieder im Wehrausschuß in den Ausführungen des Koll. Dr. Patejdl vertreten wurde. Koll. Patejdl hat versucht, die Gerechtigkeit der Grundlagen der èechischen Außen- und Innenpolitik und auch der militaristischen Politik damit zu beweisen, daß er darauf hinwies, daß Staaten nur durch jene Mittel erhalten werden können, durch die sie geschaffen wurden und er versuchte dies so darzustellen, als ob die Liebe zur Heimat, die Liebe zum Volke die alleinige Grundlage der Schaffung des èechoslovakischen Staates gewes en sei. Und er leitet von dieser Ansicht die Verpflichtung ab, daß vor allem auch im Rahmen der èechoslovakischen Armee, wie wir dies vor kurzem auch in den Ausführungen des Ministers Dr. Viškovský kennen lernten, das Erziehungsideal des Soldaten sein muß die Liebe zu dieser Heimat, für die jeder einzelne bereit sein müsse, Gut und Blut und Leben hinzugeben. Koll. Patejdl hat nur Recht, soweit es sich um das geschossene èechische Volksgebiet handelt. Aber er hat Unrecht, wenn er diese seine Auffassung auf das ganze Gebiet der Èechoslovakischen Republik ausgedehnt wissen will und es ist gerade von einem so hochintelligenten Menschen unverständlich, daß er das, was er für sein Volk mit voller Berechtigung fühlt und von seinen Volksgenossen fordert, nicht auch den Angehörigen der anderen Volksteile zuerkennen will, und es ist unglaublich, daß er gewissermaßen zur Begründung seiner These den § 1 des Staatsgrundgesetzes herbeiziehen will. Erstens haben wir hier nur ein Verfassungsoktroi und zweitens ist es nicht richtig, sich auf diesen Abs. 1 des § 1 Verfassung zu berufen: Alle Macht geht vom Volke aus. Denn im Gegenteil, hier in diesem Staate ist die Macht nur ausgegangen von einzelnen ernannten èechischen und slovakischen Vertretern, die sich angemaßt haben, im Namen der ganzen Bevölkerung der Èechoslovakischen Republik zu sprechen. Den freigewählten Vertretern der èechoslovakischen Republik ist niemals die Möglichkeit geboten worden, zu diesem ganzen Verfassungskomplex überhaupt Stellung zu nehmen [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 4. února 1932 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkte, und da begegnen wir uns mit dem Koll. Dr. Patejdl, daß wir von unseren Volksgenossen die gleiche Liebe und Hingabe für unsere angestammte Heimat und für unser Volkstum fordern, möge kommen, was da wolle. Wir gehen ernsten Zeiten entgegen. Es ist Beweis genug, daß in diesem Augenblick, wo Vertreter von 64 Staaten der Welt nach langen Vorbereitungen endlich sich in Genf zur Abrüstungskonferenz zusammensetzen, Tausende Kanonenschlünde im fernen Osten Feuer speien, Tausende von menschlichen Behausungen vernichtet, Zehntausende Menschen zerschmettern, und in größte Not und Elend geworfen werden. Wir sehen also, daß mit dem Vertrauen auf die ernstlichen Bestrebungen des Völkerbundes in dieser Richtung nach Kriegsverhinderung nicht zu rechnen ist und wir müssen hier von dieser Stelle vor allem öffentlich jene Staatsmänner anklagen, die dieses System bewußt gefördert haben, die es ermöglicht haben, daß die ernsten Ziele, die dem Völkerbundpakt vielleicht einzelne Ideologen unterlegt haben, nicht zum Durchbruch gekommen sind. An der Spitze jener Staatsmänner, die einer wahren, ehrlichen und vernünftigen Abrüstung stets entgegenwirkt haben, stand und steht immer der èechische Außenminister Dr. Beneš und für seine Politik tragen alle Regierungsparteien die volle Verantwortung. Wir müssen mit aller Offenheit und Ehrlichkeit einmal aussprechen: Wir glauben an die Möglichkeit eines wahren Völkerfrühlings, wir glauben, daß es möglich sein kann, den mörderischen Kriegen erfolgreich entgegenzuwirken. Aber wir sind uns auch dessen bewußt, daß es niemals auf Grund der bisher geübten Gewaltmethoden möglich ist, dieses Ziel zu erreichen, die heute das Hauptrüstzeug der französischen und èechischen Außenpolitik bilden. Wir sind fest durchdrungen von dem Gedanken, daß wir als Menschen verpflichtet sind, an diesem großen Menschheitswerke, der Schaffung wahrer Friedensgrundlagen, mitzuarbeiten. Wir sehen aber die Schaffung dieser wahren Friedensgrundlagen nicht darin, daß man sich ständig bemüht, durch das ungeheuere Aufrüstungssystem die Zwangsdiktate aufrecht erhalten zu wollen, die in Wirklichkeit die wahre Ursache des wirtschaftlichen Niedergangs der ganzen Welt und durch das Unterdrückungssystem ganzer Völker und Volksteile die Ursache neuer Kriege bilden müssen. Solange führende Staatsmänner nicht den Standpunkt anerkennen, daß eine Neuordnung, eine gerechte Revision der Friedensdiktate notwendig ist, auf der Grundlage freier Völker, also auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechtes der Völker, insolange wird der Friede auf dieser Welt nicht einkehren können. (Potlesk).

2. Øeè posl. Krumpeho (viz str. 16 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Nach der heutigen Tagesordnung und der Aufmachung der Sitzungen der letzten Wochen scheint es, als ob die Arbeitslosigkeit auf das Parlament übergriffen hätte und es scheint, als ob man hier im Parlament die Wirkung der vierstündigen arbeitswoche ausprobieren wollte. Sonst würde man nicht solche Scheinsitzungen veranstalten mit einem Programm, das man zu früheren Zeiten als Anhang an eine ernste Sitzung mit behandelt hat. (Posl. dr. Schollich: Das ist ja eine Verhöhnung des Parlaments!) Ganz richtig. Das ist eine Verhöhnung des Parlaments und eine Herabsetzung des parlamentarischen Gedankens in der gesamten Öffentlichkeit, eine Erschütterung des Vertrauens in eine Regierung, auch in eine solche, die vom Volk selbst gewählt ist. Wir haben heute mit Sicherheit erwartet, daß das Bankengesetz endlich einmal aufgelegt worden wäre. Lange genug ist über das Bankengesetz gesprochen, geschrieben und debattiert worden und zwar nicht etwa ohne Einfluß und Wirkung. Durch diese Debatten ist eine öffentliche Spannung, ein Druck erzeugt worden, der heute lähmend über dem Wirtschaftsleben, namentlich über dem ges amten Geldverkehr ruht. Das drohende Bankgesetz, dessen Umrisse immer noch nicht klar bestimmt sind, bringt es zustande, daß Vieles ins Stocken geraten ist. Ich erinnere an die dringende Sanierung notleidender Geldinstitute, darunter der deutschen Volksbank von Leitmeritz und anderer mehr, Sanierungen, die aufgehalten werden wegen der Unsicherheit der Bestimmungen des kommenden Bankengesetzes. Und das ist ein gefährliches Spiel zu einer Zeit, da unser Wirtschaftsleben auch auf den kleinsten Stoß mit argen Erschütterungen reagiert. Es scheinen auch die Methoden der Arbeitslosigkeit und deren öffentliche Behandlung hier im Parlament kopiert zu werden, diese Methoden, die darin bestehen, daß trotz übermäßigen Vorhandenseins von Arbeitsmöglichkeiten keine Arbeit geleistet wird, genau so wie in der Provinz draußen, wo die Arbeitslosen mit den Händen in den Taschen und mit den Zehnkronenscheinen pro Woche im Magen zuschauen wie das Arbeitsbedürfnis förmlich schreit nach Händen, die zugreifen und Arbeit leisten. In zahllosen Versammlungen, auf öffentlichen Plätzen und Straßen wird nach dem Parlament gerufen, alle Tage können wir den Schrei nach dem Parlament hören, nach Hilfe, nach Arbeit des Parlaments. Die Regierung hat aber für das Parlament nichts und den Arbeitslosen schickt sie Gendarmen. Dadurch wird der Schrei immer lauter, weil die Not von Tag zu Tag immer mehr zunimmt.

Wohl duckt sich heute der Mittelstand noch und nimmt den Gerichtsvollzieher als unabwendbares Verhängnis hin, aber in wenigen Wochen werden wir es erleben, daß Tausende von Gewerbetreibenden ihre Firmenschilder werden streichen lassen, die Fiktion des eigenen Unternehmertums werden aufgeben und sich den Arbeitslosen werden zugesellen müssen. Bei all dem herrscht bei einem grossen Teil der Regierung ein wunderbarer Optimismus, der namentlich vom Ministerpräsidenten Udržal gepredigt wird vor zahlreichen Deputationen, die in ihrer Verzweiflung und Not sich an ihn wenden, ein Optimismus, der den schwachen Trost beinhaltet, daß es Gegenden gäbe, wo es noch schlimmer sei, wie z. B. in Deutschland, ein Trost, der ni emandem etwas helfen kann, weil er weder Brot noch Arbeit gibt. (Posl. dr Schollich: Das ist nichts anderes als Katzenjammer!) Vielleicht ist das Katzenjammer, aber Tatsache ist, daß Udržal viele Deputationen abspeist und auch heute noch erklärt, daß wir in einem glücklicheren Lande leben, er also heute noch die Inseltheorie aufrecht erhält. Ich gebe gerne zu, daß viele Mitbürger der èechischen Agrarpartei das Gefühl haben, auf einer glücklichen Insel zu sitzen, namentlich jener Teil, dem es gelungen ist, die Segnungen der verschiedenen Einfuhrkommissionen und Notbestimmungen auf ihre Mühlen zu leiten. Da kann man tatsächlich auf einer glücklichen Insel sitzen! Diese gehören zu denen, die den Profit aus den schweren Bestimmungen ziehen, die angeblich den Landwirten helfen sollen. Bei der fortdauernden Gebundenheit unseres öffentlichen Wirtschaftslebens wächst diesen Schichten der große Verdienst in der jetzigen Not selbstverständlich von jeder einzelnen Bestimmung angefangen, von den Einfuhrkommissionen für Getreide bis zu den letzten Devisenbestim ungen herunter. Ich gebe zu, daß die Devisenbestimmungen ihre Begründung in der Aufrechterhaltung der Währung haben mögen, aber eines sei hervorgehoben: Die jetzige Form der Handhabung der Devisenbestimmungen wird die Arbeitslosigkeit in ungeheuerem Maße steigern, nicht zuletzt wegen des darin enthaltenen Protektionismus! Ich sehe nicht ein, warum Waren, die von Hamburg nach Tetschen rollen, dort wegen des Nichtvorhandenseins von De visen zurückdirigiert werden müssen oder Waggons, die von Triest nach Tetschen abgefertigt werden, von Oberhaid nach Triest wieder zurückgeschickt werden. (Posl. dr Schollich: Zur Hebung des Eisenbah nverkehrs!) Ganz richtig. Das trägt zur Hebung des Eisenbahnverkehrs bei. Wir haben die großen Transitlager, wo man Waren unverzollt einlagern konnte und auch solche Waren, deren Einfuhr nicht gestattet wurde, wieder zurückschicken konnte. Jetzt ist nicht einmal die Einlagerung von Transitwaren gestattet und dadurch ist eigentlich das ganze Speditionsgewerbe und der Handel unterbunden. Ich hoffe, daß es zu einer Änderung der Devisenbestimmungen kommen wird und zwar in den nächsten Tagen, widrigenfalls wir ein ungeheueres Anschwellen der Arbeitslosigkeit erleben werden, weil diese Handhabung der Devisenbestimmungen die letzten Möglichkeiten der Selbsthilfe und der Selbstbetätigung unterbindet.

Der Hinweis auf Deutschland, der so gern gebraucht wird, auch vom Ministerpräsidenten Udržal, ist ganz fehl am Platze. Vor allem muß ich darauf hinweisen, daß die Arbeitslosenfürsorge in Deutschland weitaus besser ist als hierzulande und ich muß ferner darauf hinweisen, daß es dem Deutschen Reiche gelungen ist, durch eine energische Preissenkung die Kosten der Lebenshaltung dem verringerten Einkommen der Einzelnen auch anzupassen. Da haben wir allerdings bei uns bis jetzt nur vergebliche Versuche gesehen und es wäre dankenswert, wenn der Herr Ernährungsminister den Beweis der Befähigung und Notwendigkeit für sein Ministerium erbringen könnte, daß er eine ähnliche Preissenkungs aktion durchführt, eine Preissenkungsaktion, die das große Mißverhältnis zwischen Produktions- und Konsumpreisen aus der Welt schaffen würde. Wir haben noch wenig davon gehört. Ja sogar der letzte große Krieg, der Würstelkrieg, den der Minister in Prag geführt hat, ist zu seinen Ungunsten ausgegangen und er hat als Geschlagener den Schauplatz des großen Wurstkrieges verlassen und mit den Lorbeerblättern ist es da nichts geworden. Diese bleiben den Fleischern und die Fleisch- und Wurstpreise bleiben dieselben, unbeschadet dessen, ob der Landwirt kaum noch ein Trinkgeld für sein Vieh bekommt oder nicht.

Der Vergleich mit Deutschland ist auch deswegen falsch, weil in Deutschland andere Verhältnisse herrschen, Deutschland namentlich unter den furchtbaren Reparationszahlungen blutet und leidet. Wir sind frei von solchen Abgaben. Allerdings werden solche Abgaben ersetzt durch die Tribute, die wir an die nationale Korruption zu entrichten haben, Tribute, die ebenso schwer und drükkend sind, da sie auch in ihrer Höhe jeweils unbestimmt sind.

Um diese Korruption sind in der lezten Zeit verschiedene Untersuchungen und Prozesse geführt worden, leider Gottes Untersuchungen und Prozesse nicht mit der Absicht, die materielle Wahrheit festzustellen, sondern vielmehr nur um gewisse Kreise von der Schuld auszuschalten, zu entlasten, den wirklichen Tatbestand mehr zu verdecken als aufzuklären. Es ist wahr: es besteht die Gefahr, daß die Galerie nationaler Ehrenmänner einige Flecken bekommen könnte und daß namentlich eine große Gruppe von Umsturzgewinnlern von ihrer heutigen Stellung abtreten müßte.

Der Fall Støíbrný ist nicht etwa der große Korruptionsfall, auch Stejskal nicht, das ist nur ein Glied dieser großen Kette. Herr Støíbrný hat es unternommen, die Bloßstellung einer Gruppe von Umsturzgewinnlern etwas abzuschwächen, in dem er erklärte, daß auch Deutsche an dieser Korruption beteiligt seien. Wir hoffen, daß Herr Støíbrný die Namen dieser Deutschen rückhaltlos nennen wird und können ihm heute schon die Versicherung geben, daß diejenigen deutschen Abgeordneten, die mit ähnlichen Korruptionsfällen sich als belastet erweisen, in der deutschen Politik nicht so lange eine Rolle spielen werden, als Støíbrný in der èechischen.

Was tut nun die Regierung gegen diese ungeheuerliche Beunruhigung in der Öffentlichkeit, gegen dieses Schwinden des Vertrauens in der Bevölkerung, zur Verwaltung des Staates und zur Politik? Was tut die Regierung jetzt gegen die ungeheuer dräng nde Frage der steigenden Wirtschaftsnot? Die Regierung hat einen Ausweg gefunden, der völlig der Mentalität des èechischen Volkes entspricht. Die Regierung hat sich bemüht, in den letzten Wochen durch ständige Hochverratsaffairen die Öffentlichkeit in Spannung zu erhalten, um so die Aufmerksamkeit von ihrem eigenen großen Versagen abzulenken, um eine Gefahr vorzutäuschen, die tatsächlich nicht besteht, deren Vortäuschung aber doch geeignet ist, die èechische Bevölkerung mit anderen Problemen zu beschäftigen. Wir haben eine Hypertrophie von Hochverratsaffairen, die man sonst in anderen Zeiten als Kindereien bezeichnen müßte. Hochverratsaffairen, angefangen von der Verhaftung des Wanderlehrers Sepp Schwarz, bis herunter zu der denkwürdigen Photographie einer Lokomotive in Rumburg, und bis zu den neuesten Untersuchungen gegen die harmlose deutsche Sinngemeinde, die Finkensteiner in Westböhmen.

Es ist unglaublich, daß das Innenministerium und das Justizministerium jeden Sinn für den Grad der Lächerlichkeit verloren haben, die in diesen Affairen und in deren Aufbauschungen beruht. Was für gravierende Momente sind gefunden worden? Der Besitz von Landkarten des Grenzgebietes, von Bildern, die im öffentlichen Handel und Kauf zu haben und zu erwerben sind, sind auf einmal Verdachtsmomente und belastendes Material, bei denen man Hochverrat sucht und Hochverrat mmit aller Gewalt finden will. Wir haben gesehen, daß das Photographieren des Schlachtfeldes von Kolin eine Hochverratsangelegenheit ist, wahrscheinlich, weil dadurch die Gefahr besteht, daß die Schlacht von 1757 infolge einer solchen Photographie eine Wiederholung finden könnte. Um solche Hochverratsaffairen zu großen Aktionen zu machen, hat man alle diejenigen, die mit den Verdächtigten irgendeinen harmlosen Briefoder Ansichtskartenaustausch unterhalten haben, in die Untersuchung einbezogen, so daß man nun der Öffentlichkeit mit Hunderten von Namen aufwarten kann, die in die große Affaire der Verschwörung gegen den Staat verwickelt seien, wie es namentlich bei den Finkensteinern in Westböhmen wieder der Fall ist. Den Gipfel der Lächerlichkeit und des Unsinns hat sich die Regierung geleistet, indem sie die Verurteilung des reichsdeutschen Schülers Jaensch zuließ. Dieser Schüler photographierte am Neujahrstag in Rumburg eine Lokomotive. Diese Tatsache wurde als Hochverrat betrachtet, Jaensch wurde eingesperrt und vom Gericht nach dem Schutzgesetz zu 14 Tagen Arrest verurteilt. Man greift sich an den Kopf, wo hier nun das Substrat eines Hochverrates gegeben sein soll, eine Lokomotive am Bahnhof von Rumburg zu photographieren! Sollten die Deutschen an der Grenze, die eine halbe Stunde von Rumburg entfernt ist, noch keine Lokomotive gesehen haben, oder sollte das Bild einer solchen Lokomotive auf den eventuellen Gang von Kriegsereignissen bestimmend einwirken können? Dann müßte aber die Abbildung von Lokomotiven und Zügen in allen Zeitungen und Zeitschriften verboten werden, wenn man einen harmlosen Schüler, der zu Weihnachten einen Photographieapparat geschenkt erhielt, zum Hochverräter stempelt, weil er eine Lokomotive photographiert hat.

Es ist Tatsache: der Rumburger Bahnhof mit seinen Verkehrsverhältnissen ist zum photographieren! Es wäre besser gewesen, die Beamten des Bahnhofs von Rumburg würden ihre Tüchtigkeit darin zeigen, daß sie für einen besseren Verkehr Sorge trügen. Rumburg ist geradezu eine Verkehrsfalle, ein Knotenpunkt, der das Weiterreisen förmlich unmöglich macht, obwohl direkte Linien eingeführt sind von Nimburg bis Niedereinsiedel. Trotzdem kommt niemand über die Station Rumburg hinaus ohne Aufenthalt von einer halben bis drei viertel Stunden! Das wäre ein Gebiet, sich tüchtig zu zeigen, und die Beamten würden dem Staate weit mehr nützen, wenn sie sich um die Verkehrsverhältnisse kümmerten, als durch solche unsinnige und alberne Schnüffeleien den Staat in der ganzen Welt lächerlich zu machen! Diese Hochverratsschnüffeleien erzielen in der Bevölkerung nur eine allgemeine Unsicherheit, ja, in der deutschen Bevölkerung direkt eine Gedrücktheit und auf èechischer Seite geradezu eine Art Terror. Mehr als einmal - vor wenigen Wochen erst in Schreckenstein ist es vorgekommen, daß der Streit in einem Kupee über das Schließen oder Öffnen eines Fensters in der Weise ausgetragen wird, daß den Deutschen, der in den Streit verwickelt ist, bei der nächsten Station ein Polizei- oder Gendarmerieorgan erwartet, weil seine èechische Gegenpartei einfach angegeben hat, der Deutsche habe auf die Republik geschimpft und ungesetzliche Ausdrücke gebraucht.

Diese Hochverratsaffairen der letzten Zeit haben den Zweck, durch künstliche Spannung im èechischen Volke die Aufmerksamkeit vom eigenen Elend und vom Versagen der Regierung abzulenken. Es hat dies aber auch die schreckliche Folge, daß die Ausländer sich allmählich hüten zu uns zu kommen, obwohl wir zum großen Teil auf Fremdenverkehr angewiesen sind, da sie nicht wissen können, ob sie noch die Grenze überschreiten werden und ob sie nicht in einem èechischen Arrest landen müssen, wie es den drei Turisten in Georgswalde ergangen ist, die mehrere Wochen eingesperrt waren, obwohl es sich nachher herausgestellt hat, daß die Denunziation nur erfolgt war, weil ein Soldat an ihnen eine Erpressung ausüben wollte.

Dieser Regierungsmethode zuliebe muß eine große Anzahl von Volksgenossen schuldlos im Kerker sitzen, ihre Gesundheit dort opfern und zusehen und warten, wie ihre Lebensstellung draußen zusammenbricht.

Wir protestieren gegen dieses unwürdige System im Namen der Vernunft und hoffen, daß das Justizministerium sich einmal aufraffen wird und der Vernunft den Weg freigeben wird in der Rechtssprechung und Behandlung solcher Hochverratsaffairen, vor allem in der Weise, daß man den einzelnen nicht wochenlang im Arrest sitzen läßt, sondern die Anzeige sofort auf ihre Stichhältigkeit überprüft, den Verdächtigten eventuell sofort wieder freiläßt. Es scheint, daß die Staatsverwaltung bis heute noch keine Notiz davon genommen hat, daß in der Regierung auch Deutsche sitzen, die allen Anforderungen der Loyalität, die an den Staatsbürger gestellt werden können, gerecht werden, indem sie sogar die Militärlasten bewilligen, ja sogar noch auch Gesetze bewilligen und billigen, die direkt gegen das deutsche Volk gerichtet sind wie der berüchtigte § 28 des Elektrifizierungsgesetzes. Trotz aller Beeinflussung und künstlichen Spannung ist es aber doch nicht möglich, den allgemeinen Unwillen, der gegen das herrschende System immer stärker und stärker wird, zu überwinden und voll und ganz auszuschalten. Die öffentliche Meinung läßt sich durch solche Mätzchen auf die Dauer nicht beschwichtigen. Sie verlangt eine andere Betätigung der Verwaltung und der Regierung, vor allem eine Betätigung in der Frage: Was tun wir, um den Hunger und die Verzweiflung von unserem Volke abzuwehren? Die Verzweiflung erhebt ihr Haupt immer mehr und mehr und ist der Nährboden für Elemente, die sicher einmal dem Staate mehr werden zu schaffen machen als jetzt die harmlosen deutschen Bürger. Man muß sich darüber klar sein, daß die jetzige Form der Arbeitslosenunterstützung völlig unzureichend ist; die Ernährungsaktion mit den 10 Kè wöchentlich ist geradezu eine Lächerlichkeit. Bedenken Sie, daß Menschen, die schon 22 Monate arbeitslos sind, wovon allerdings bei einigen 39 Wochen auf die gewerkschaftliche Unterstützung entfallen, nun mit 10 Kè sich und ihre Familie erhalten sollen! Ja es gibt Wochen, wo der Mann die Ernnährungskarte nicht einmal erhält, weil nicht so viel Karten geliefert werden als Arbeitslose im Bezirk vorhanden sind. Für diesen Zweck müssen größere Mittel bereit gestellt werden u. zw. unter jeder Bedingung, auch im Interesse der Staatsfinanzen selbst, denn die Folgen dieser langdauernden Unterernährung durch diese dürftige Arbeitslosenversorgung werden einmal das ganze Gebäude der Kranken- und Sozialversicherung erschüttern. Diese Folgen werden furchtbar sein und die Zinsen, die für diese Folgen einmal zu zahlen sein werden, sind größer als für die jetzt zur Unterstützung richtig angewendeten Kapitalien. Es ist zu bedauern, daß alle Vorsprachen um produktive Arbeitslosenfürsorge und Gewährung dieser an und für sich dürftigen Beträge negativ enden, weil das Sozialministerium keine Mittel zur Verfügung hat. Sämtliche Gesuche um produktive Arbeitslosenfürsorge liegen derzeit unerledigt im Sozialministerium. Wir glauben dem Herrn Sozialminister, daß er nicht die genügenden Mittel hat. Aber es ist unbedingt notwendig, daß die gesamte Regierung sich darüber klar wird, daß es eine Staatsnotwendigkeit ist, dem Sozialministerium die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Vor allem darf mit dieser Arbeitslosenunterstützung nicht politischer Schacher getrieben werden. Wir warnen die herrschenden Agrarparteien davor, diese Frage der Arbeitslosenfürsorge zum Gegenstand politischer Kompromisse zu machen. Diese Not ist kompromißlos, diese Not kann nicht durch Kompromisse gelöst werden! Wir glauben auch nicht, daß absolut kein Geld da ist, bis heute hat man nicht einen einzigen Griff an das Budget des Verteidigungsministeriums getan, dort liegen tatsächlich noch Millionen. Vielleicht wird die Not so groß, daß man zur Erkenntnis kommt, daß es für den Bestand des Staates wichtiger und besser ist, Brot statt Granaten zu kaufen. Die Gemeinden haben diesen Winter geradezu heroisches geleistet. Sie sind ausgeblutet und wir stehen vor der Tatsache, daß in kurzer Zeit die Finanzen der meisten Gemeinden einfach zusammenbrechen. Auch die Mildtätigkeit Privater ist am Versiegen, da die Einnahmsquellen immer spärlicher werden und die allgemeine Unsicherheit die einzelnen zur Zurückhaltung zwingt, infolge der ständigen Gerüchte über Gehaltsabbau, neue Steuererhöhungen für Gewerbetreibende und Selbständige usw. Dabei möchte ich einen Raritätsfall von Unterstützung anführen. Das èechoslovakische Rote Kreuz hatte sich zu Weihnachten zu einer großen Aktion für die Arbeitslosen ermannt und in diese auch den Bezirk Schluckenau einbezogen. Das èechoslovakische Rote Kreuz sandte nunmehr Ballen, welche angeblich Kleider enthielten, an die Bezirkshauptmannschaft in Schluckenau und diese teilte den einzelnen Gemeindevorstehern mit, sie möchten sich an einem bestimmten Tag zur Übernahme dieser Waren einfinden. Das geschah auch. Als dann die verschiedenen Ballen geöffnet wurden, stellte es sich heraus, daß der Inhalt aus zerrissenen, schmutzigen Lumpen bestand, wie sie auf öffentlichen Ablagerungsplätzen herumliegen. Bündelweise waren darin Damenhüte enthalten mit Spagat zusammengebunden und gerollt, zerrissene Strümpfe, ferner Seidenzwirnhandschuhe ohne Finger, zerrissene schmutzige Herrenkrägen usw. Es waren ferner darin vollständig wertlose Schuhe ohne Absätze und Sohlen. Das ganze war in einem so schmutzigen Zustand, so daß sich jeder weigerte, auch nur die Hand darnach auszustrecken und zum Schluß blieb nichts übrig, als diese Spende des èsl. Roten Kreuzes in einem Fabriksofen zu begraben. Ich weiß nicht, ist diese Verhöhnung der Arbeitslosen des Schuckenauer Bezirks vom èechoslovakischen Roten Kreuz gewollt oder ist der Verstand der leitenden Funktionäre so gering, daß man diesem Volke glaubt zumuten zu können, solche Lumpen von öffentlichen Ablagerungsplätzen als Geschenke anzunehmen und womöglich noch einen Dankbrief an das èechoslovakische Rote Kreuz zu schicken. Wir hoffen auf Aufklärung, wir glauben, daß sie uns schließlich zuteil wird. Auffallend ist, daß die Regierungsparteien wie ich aus den Berichten aus den Versammlungen und aus den Reden höre, draußen einen ganz bedeutenden Radikalismus entfalten; sie stellen kräftige tüchtige Forderungen auf, so daß man glaubt, die Sache könnte gut in Fluß kommen. Leider vergessen die Herrschaften auf dem Weg nach Prag alle diese guten Forderungen und Resolutionen und während sie draußen sich gegenseitig überbieten, lassen sie hier Parlament und Wirtschaft über den Streit um den Klassenkampf zugrunde gehen. Die Sozialdemokraten halten sogar Versammlungen gegen den Militarismus ab, um doch etwas zu tun. Es wäre vielleicht besser, diese kräftigen Worte hier anzuwenden, namentlich bei der Abstimmung, jedenfalls wäre es erfolgreicher. So erleben wir das seltsame Schauspiel, daß die Regierungsparteien, die hier für alles stimmen, ihre Opposition und ihre Tätigkeit in die Provinz hinaus verlegen und dort ihre Tüchtigkeit am falschen Ort zeigen. Sie beweisen ihre Tüchtigkeit manchmal auch in einer Weise, die den Arbeitslosen direkt schädlich ist. Ich erinnere nur an die Arbeitslosendemonstration am vergangenen Sonntag in Rumburg, die damit endete, daß sich die Kommunisten und Sozialdemokraten auf dem Rumburger Markt gegenseitig prügelten und watschten, daß der ganze Marktplatz schallte und krachte. Damit ist den Leuten nicht geholfen, den Arbeitslosen wird dadurch nur geschadet, ihre Fürsorge wird diskreditiert, weil das gebefreudige Bürgertum sich angewidert abwendet und die Arbeitslosen dann das Nachsehen haben, was ja manchen nicht einmal so unlieb ist, namentlich den Kommunisten. Ich habe manchmal das Gefühl, es ist Ihnen der hungernde Arbeiter viel lieber, als der mit Fürsorge ordentlich betreute, wie es sich in Georgswalde gezeigt hat, wo es die Kommunisten abgelehnt haben, ihre Leute und deren Kinder zur Weihnachtsaktion anzumelden. Es ist traurig, daß die Not zu parteipolitischen Zwecken ausgebeutet wird, und das ist das schädliche und auch das Hemmnis, daß bei allem angeblich guten Willen es nicht vorwärts geht. Diese Erscheinigung nimmt auch der Bevölkerung vielfach den Glauben an den ernsten Willen der beteiligten und führenden Personen.

Wir richten heute an die Regierung und die Regierungsparteien die dringende Mahnung, die Blockierung der Parlamentsarbeiten endlich einmal zu beenden. Wir haben nächsten Donnerstag erst wieder eine Sitzung des Parlaments. Hoffentlich nicht wieder eine leere Scheinsitzung wie heute, die in der Öffentlichkeit nur den Eindruck erweckt, als ob die Parlamentarier nach Prag nur stempeln gingen. Machen Sie den Weg frei für die Parlamentsarbeit, damit die Parlamentsarbeit dem Volke Arbeit und Brot schaffe. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Hadka (viz str. 34 tìsnopisecké zprávy):

Seit mehr als 2 Jahren herrscht in der Èechoslovakei eine furchtbare Wirtschaftskrise. Es gibt keinen Industriezweig, der von ihr verschont geblieben wäre. Ein großer Teil der Betriebe wurde vollständig stillgelegt. Die Zahl der Arbeitslosen wurde laut amtlichem Ausweis Ende Dezember mit 480.000 beziffert, die Zahl der Arbeitslosen dürfte jedoch in Wirklichkeit eine Million betragen. Ein anderer Teil der Arbeiter arbeitet verkürzt. Die Beschäftigungsdauer beträgt nur oft 3 Tage im Monat. Alle Voll- und Kurzarbeiter mußten Lohnabbau über sich ergehen lassen. Es gibt Stundenlöhne von 80 Hellern für erwachsene Arbeiter. Die Löhne für Frauen und Jugendliche sind noch tiefer gesunken. Die Lage der Arbeiter und der Arbeitslosen ist eine furchtbare. Die Not hat ein gigantisches Ausmaß angenommen, das kapitalistische System ist nicht mehr in der Lage, der Mehrheit der werktätigen Bevölkerung Brot und Arbeit zu geben. Die prophetischen Worte Karl Marx" daß der Kapitalismus seine Sklaven wird nicht mehr ernähren können, sind Wirklichkeit geworden.


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