Der Faszismus, der sich auf Grund der ununterbrochenen Verrätereien der sogenannten faszistischen Führer immer stärker ausbreitet, der das verzweifelte Kleinbürgertum um sich immer mehr sammelt, ja sogar in die Reihen der ärmsten Arbeiterschichten greift, ist eine große Gefahr für die gesamte Arbeiterklasse. Ihre demagogischen Phrasen, die sie sehr geschickt anzuwenden verstehen, sind aber von den wirklichen Taten nicht schwer zu unterscheiden. Ich erinnere an die Massenentlassungen deutscher Eisenbahner im Jahre 1928, wo wir große Protestaktionen gegen diesen nationalen Terror organisierten. Die Hakenkreuzler, die von uns z. B. in Komotau zu einer gemeinsamen Protestaktion aufgefordert wurden, lehnten genau so wie die Führer der sogenannten faszistischen Gewerkschaftsorganisationen jeden Abwehrkampf ab. Ähnlich war es bei der Verstaatlichung der Teplitzer und Buštìhrader Eisenbahn, wo die Hakenkreuzler gegen die Èechisierung einen großen Lärm schlugen. Das war in der Zeit der fettesten Profite der Aktionäre. Im Jahre 1931 kam die Verstaatlichung der Gablonzer Bahn jetzt aber waren sie anders eingestellt. Die Profite waren nicht nur gefährdet, sondern diese Bahn hatte noch Millionen Defizite. Sie waren für die Verstaatlichung, auch wenn die deutschen Eisenbahner aus der Gablonzer Bahn jetzt hinausfliegen. Also ihnen geht es nicht um die Èechisierung, um das Hinausfliegen der deutschen Eisenbahner, sondern nur um die Rettung der Profite der Ausbeuter.
Die Eisenbahner und alle Staats- und öffentlichen Angestellten, die jetzt bei der Abstimmung des Staatsvoranschlages die sozialfaszistischen Führer neuerlich als Verräter an ihren Interessen kennen lernen konnten, müssen auch ihr Augenmerk auf die demagogischen Faszistenführer richten und mit ihnen genau so energisch abrechnen wie mit den sozialfaszistischen Führern und der ganzen Ausbeuterregierung, dem ganzen Ausbeutergesindel überhaupt. Der Voranschlag 1932, der der ganzen werktätigen Bevölkerung und besonders den Staatsangestellten als Spiegel aller Angriffe der Ausbeuterregierung gegen die Arbeiterklasse dient, muß, durch Massenproteste, gesteigert bis zum Massenstreik der Eisenbahner, abgewehrt werden.
Was fordert die kommunistische
Parlamentsfraktion? 1. Einen 100 %igen 13. Gehalt für alle Vertrags-,
provisorischen, definitiven und pensionierten Staatsbediensteten,
für ihre Witwen und Waisen, sowie Gnadenpensionen, 2. Einstellung
jeglicher Entlassung und Herabsetzung der Arbeitszeit auf 7 bzw.
6 Stunden täglich; 3. Pensionierung aller Bediensteten mit dem
55. Lebensjahr oder 30. Dienstjahr mit voller Pension; 4. Systemisierung
aller im Staatsdienst Beschäftigten, ohne jegliche Bedingung,
nach ihrer Beschäftigung; 5. automatische Stabilisierung aller
provisorischen Bediensteten nach fünfjähriger Dienstzeit; 6. ständige
Ernennung aller Vertragsbediensteten nach dreimonatlicher Beschäftigung
ohne jegliche Bedingung mit vollen Rechten und Aufnahme in den
Pensionsfond; 7. sofortige Einstellung aller Sprachenprüfungen
und Disziplinarstrafen, sowie volle Immunität der gewählten Vertrauensmänner;
8. Bezahlung aller Krankenkassen- und Pensionsfondsbeiträge durch
das staatliche Unternehmen. Wir haben keine Ursache, von unseren
Forderungen zurückzutreten. Den Staats- und öffentlichen Angestellten
aber rufen wir zu: Heraus aus den sozialfaszistischen und faszistischen
Organisationen! Euer Platz ist in den Reihen der Roten Gewerkschaft
und in der kommunistischen Partei, unter deren Führung es gelingen
wird, gemeinsam mit allen übrigen Arbeitern gegen die Angriffe
der Ausbeuterregierung und für Eure Forderungen einen erfolgreichen
Kampf zu führen. [Další slova byla usnesením pøedsednictva
posl. snìmovny ze dne 2. prosince 1931 podle §u 9, lit. m) jedn.
øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 101 této tìsnopisecké
zprávy.]
Místopøedseda Zierhut (zvoní):
Volám pana øeèníka k poøádku.
Posl. Babel (pokraèuje):
... [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny
ze dne 2. prosince 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena
z tìsnopisecké zprávy.] (Potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Ein wichtiges Moment, das wir bei der Beratung des Voranschlages für das Jahr 1932 feststellen und beachten müssen ist, daß die Ziffern des Voranschlages durch die ungeheuer schwierige wirtschaftliche Situation und die katastrophale Krise im verflossenen Budgetjahr zu einem grossen Teil fiktiv geworden sind. Daß die Steuerkraft des Staates soweit gesunken ist, daß der Herr Finanzminister nicht einmal die Mittel für das 13. Monatsgehalt und die außergewöhnlich wichtigen sozialen Maßnahmen aufzubringen erklärt, resultiert nicht allein aus dem Krisenzustand, in dem sich unsere gesamte Wirtschaft infolge Rationalisierung, Überindustrialisierung, Zerstörung der Konsumkraft von Millionen Menschen und Zerstörung des Vertrauens der Völker und Staaten zueinander befindet, sondern zu einem erheblichen Teile aus den Fehlern, die seitens der Regierungen diese Staates schon seit dem Umsturz auf handelspolitischem Gebiete gemacht wurden.
Das, was wir vorausgesagt haben, ist eingetroffen. Die Kündigung der Handelsverträge, besonders des Handelsvertrages mit Ungarn, hat einen Wirtschaftskrieg mit den schwersten Folgen heraufbeschworen. Die Zuspitzung der wirtschaftlichen Verhältnisse, vor allem der Handelskrieg mit Ungarn, ist die Folge einer falschen Handelspolitik der bürgerlichen Parteien durch Jahre, und die Jahrelang auf diesem Gebiete begangenen Sünden rächen sich nun an unserer Wirtschaft, vor allem an unserem Außenhandel, an der Exportindustrie und den bedauernswerten Opfern der Wirtschaftskrise.
Die Fehler auf dem Gebiete der Handelspolitik beginnen gleich nach dem Umsturz mit einer außergewöhnlich unfreundlichen Haltung gegen unsere wichtigsten Nachbarstaaten, außerdem aber auch damit, daß man, gestützt auf den natürlichen Reichtum dieses Staates und die große Industrie ziemlich hochmütig auf die Nachbarn herabsah und mit unseren nächsten Nachbarn, die als Abnehmer ganz besonders in Betracht kamen, in dieser Weise verfuhr.
Es war ganz falsch, daß die führenden Männer des èechischen Volkes, an ihrer Spitze der verstorbene Minister Dr. Rašín, sich von Anfang an auf den Standpunkt stellten, daß die Èechoslovakei ein Agrarstaat sei, daß die Industrie überflüssig sei und daß die Èechoslovakei als Agrarstaat leben könne. Als Agrarstaat würde wohl dieser Staat politisch auch im Weltgeschehen ganz unbedeulant sein, und es ist vor allem anderen wohl die Steuerkraft der Industrie, die es diesem Staate ermöglicht, seine wichtigsten Aufgaben zu erfüllen. Deshalb ist die Exportfrage, die Frage des Außenhandels eine Lebensfrage für unsere Wirtschaft und unsere Industrie. Zollschranken gleich zu Beginn dieses Staates, Schikanen bei den Bemühungen unserer Industrie, Verbindungen mit ausländischen Absatzgebieten zu bekommen, verstimmten unsere Nachbarn und verursachten die großen Hemmungen, die sich uns beim Wiederaufbau der Wirtschaft nach dem Weltkriege entgegenstellten. Durch diese Fehler ist uns wohl der größte Teil des uns natürlich gehörenden, Marktes, des früheren Absatzgebietes aus dem alten Österreich, verloren gegangen.
Der agrarische Einfluß, der in diesem Staate leider ungeheuer groß ist und immer wieder neue Auswüchse und Gewaltakte zeitigt, hat die Beziehungen zu den agrarischen Nachbarstaaten schwer geschädigt und gestört. In der Handelspolitik gilt der Grundsatz: Wenn Du verkaufen willst, mußt du auch kaufen. Das wollen unsere Agrarier nicht verstehen lernen, sie hindern im mer wieder durch ihr Eingreifen die Herstellung von wichtigen Verbindungen durch die Verwirklichung des Grundsatzes, daß wir, wenn wir verkaufen wollen, unter Umständen auch Agrarprodukte kaufen müssen. Auch unsere Industriellen unterlassen es, rechtzeitig vorzusorgen und in der Zeit einer guten Prosperitätsperiode an die Zeit der Depression und Krise zu denken. Solange sie nicht die Not drückt und sie keine Schwierigkeiten im eigenem Hause haben, lassen unsere Industriellen der Landwirtschaft, mit Rücksicht auf die Gefälligkeiten, die ihnen die Agrarier bei Gelegenheit im Kampf gegen die Arbeiter gewähren, alle mögliche Unterstützung angedeihen und ordnen immer wieder die Interessen der Industrie den Wünschen der Agrarier unter. Wenn dann die Auswirkung dieser Politik kommt, dann schreien sie auf und verlangen nicht nur vom Staat, sondern in der Form von Lohnabbau und Zugeständnissen auch von der Arbeiterschaft Hilfe.
Wie schlecht die Auslandsbeziehungen der Èechoslovakei sind, können wir daran sehen, daß der Handelsvertrag mit Ungarn erst im Jahre 1927 möglich geworden ist. Solange waren die schweren Verstimmungen mit diesem Lande das Hindernis, zu einem vernünftigen und unseren Verhältnissen entsprechenden Handelsvertrag zu kommen. Selbst 3 Jahre später konnten wir noch nich einmal zu einem Meistbegünstigungsvertrag mit Ungarn gelangen. Durch diese Handelspolitik und durch dieses Verhalten der agrarischen Kreise ist unser Export fast vernichtet worden, unsere Exportindustrie wurde zu bedeutenden Einschränkungen gezwungen, vor allem die Textil-Porzellan- und Glasindustrie, aber auch die Maschinenindustrie hat unter diesen Verhältnissen gewaltig zu leiden gehabt. Unterdessen aber hat Ungarn mit anderen Ländern Verträge abgeschlossen, mit Ländern, die ihm seinen Weizen und sein Vieh abkauften und denen wieder Ungarn seinen Markt für Industrieprodukte geöffnet hat. Als im Jahre 1930 die Kündigung des Handelsvertrages mit Ungarn erfolgte, haben wir deutsche Sozialdemokraten unsere warnende Stimme erhoben und darauf verwiesen, daß vor allem der letzte Akt, der vor der Kündigung gesetzt wurde, das berüchtigte Mehlmischungsgesetz, und später auch die Brüskierung der ungarischen Unterhändler, unbedingt zum Bruche führen müssen. Wir haben vor den Folgen eines solchen Bruches und des vertragslosen Zustandes gewarnt. Leider ist unsere Stimme nicht gehört worden und Tausende Arbeiter mußten das dann mit Arbeitslosigkeit und Brotlosigkeit bezahlen. Die Arbeitslosigkeit hat sich so gesteigert, daß sie selbst in Agrargebieten, im Gebiete der Kleinbauern und Kleinhäusler auf der Tagesordnung steht. Das Lohneinkommen ist in wenigen Wochen nach Eintreten des vertragslosen Zustandes um Millionen gesunken und die Konsumkraft Tausender arbeitender Menschen gebrochen worden.
Die Rückwärtsentwicklung unseres Außenhandels hält noch immer an. Im Jahre 1931 hat sie einen erschreckenden Umfang angenommen. Wenn wir in den Jahren 1927 bis 1931 die Außenhandelsziffern betrachten u. zw. immer nur die ersten sieben Monate zum Vergleich heranziehen, so zeigt sich folgendes Bild: Unsere Ausfuhr betrug im Jahre 1927 10.183,700.000 Kè, im J. 1928 11.347,700.000 Kè, im Jahre 1929 10.877,100.000 Kè, im Jahre 1930 9.879,200.000 Kè, im Jahre 1931 7.485,000.000 Kè. Im Jahre 1928 hat sich ein kleines Plus ergeben, das war zur Zeit der Hochkonjunktur, kurz bevor die Wirtschaftskrise eingesetzt hat. Wenn wir die Außenhandelsbilanz betrachten, so zeigt sich uns folgendes Bild: Den obgenannten Ausfuhrziffern stehen folgende Einfuhrziffern gegenüber: 1927 8.866,700.000, also ein Plus von ungefähr 1300 Millionen, dann im Jahre 1928 10.677,800.000, d. i. ein Plus von ca 669.9 Millionen, dann im Jahre 1929 eine Einfuhr von 11.585,900.000, d. i. ein Minus von 708,800.000, im Jahre 1930 9.365,100.000 d. i. ein Plus von 514 Millionen und in den ersten sieben Monaten des Jahres 1931 eine Einfuhr von 6.560,200.000 d. i. ein Plus von etwa 924.8 Millionen. Wir sehen also, daß der Überschuß der Ausfuhr über die Einfuhr in den letzten 5 Jahren unter eine Milliarde heruntergegangen ist. Besonders bemerkswert sind dabei die Ziffern, die Deutschland und Ungarn betreffen. Unsere Ausfuhr nach Deutschland betrug 2.430,000.000, das war im Jahre 1927. Seither ist sie auf 1.178,200.000 zurückgegangenen. Das bedeutet, daß unsere Ausfuhr nach Deutschland sich um 50% vermindert hat. Die Ausfuhr nach Ungarn hat 1927 noch 835 Millionen betragen, seither ist sie auf 177.9 Millionen zurückgegangen, das bedeutet einen Rückgang um vier Fünftel. Das ist wohl ein Beweis dafür, daß unsere Wirtschaft in katastrophale Zustände geraten ist, denn die Handelsbilanz ist der beste Grandmesser für unsere Wirtschaft. Rückgang der Ausfuhr bedeutet aber gleichzeitig Verminderung der industriellen Produktion und damit Steigerung der Arbeitslosigkeit Die Verschlechterung der Wirtschaftslage, im Weltmaßstabe genommen, ist ausgedrückt durch eine Arbeitslosenziffer von 23 Millionen und wenn wir noch die Familienangehörigen dieser Arbeitslosen hinzurechnen, so kann man sagen, daß in der industriellen Welt rund 100 Millionen Menschen aus der Produktion und dem Konsum ausgeschieden sind. Das bedeutet eine so ungeheuere Verminderung des Konsums und der Kaufkraft, daß dadu ch wohl das wesentlichste Moment unserer gegenwärtigen Wirtschaftskatastrophe aufgezeigt und begründet ist.
Ein weiteres wichtiges Moment, worüber wir wohl auch hier sprechen müssen, u. zw. mit Rücksicht auf die Forderungen, die wir an die Gesetzgebung stellen, und die wir bei der Behandlung des Voranschlages, der für viele andere Dinge genügend Mittel zur Verfügung hat, nicht aber für die, die zur Hebung der Wirtschaft notwendig sind, vorgebracht haben, ist die Überrationalisierung in unserer Wirtschaft, die auch in der Èechoslovakei ihre schrecklichen Auswirkungen zeigt. Ich will nicht weit gehen, ich will nur aus der nächsten Nähe, innerhalb unseres Staates feststellen, daß auch hier die Rationalisierung ganz außergewöhnliche Auswüchse zeitigt. Ich will nur ein Beispiel herausgreifen, die Errichtung eines neuen Walzwerkes Trziniec zur Erzeugung von Platinen, die heute eine Spezialleistung der Rationalisierung und Automatisierung darstellt. Ich möchte da bekanntgeben, daß durch die Errichtung des neuen Platinenwalzwerkes in Tziniec nicht mehr wie früher 78 bis 80 Arbeiter 45 Waggons Platinen täglich erzeugen, heute sind dort 12 Arbeiter beschäftigt, die nicht weniger als 120 Waggons Platinen im Tag zu erzeugen vermögen. Wir können überall, in jeder Industrie, ähnliche Auswirkungen aufzeigen, ich wollte nur durch das eine Beispiel aufzeigen, wie ungeheuer groß die Ausscheidung lebendiger Arbeitskräfte aus der Produktion und damit auch aus dem Konsum ist. Diese Entwicklung, die Automatisierung der Betriebe hat aber noch andere Auswüchse gezeitigt. Wir werden wahrscheinlich in den nächsten Wochen uns sehr ernst mit der Frage der Verlegung großer, wichtiger, für ganze Bezirke, für die Lebenshaltung und Lebensmöglichkeit der dortigen Bevölkerung bedeutender Betriebe befassen müssen. Das Beispiel, das ich anführen möchte, zeigt, daß der Wahnsinn der Rationalisierung und Betriebskummulierung auch bei uns bereits bis zur Kapitalsvernichtung gediehen ist. Die Betriebsstillegung, um die es sich handelt und von der ich authentische Daten vorzubringen vermag, betrifft den Fall der Vereinigung des Eisenwerkes Rothau-Neudek mit einem der größten Betriebe der Berg- und Hütten A. G. Das Eisenwerk Rothau-Neudek, das bis vor Jahresfrist in vollem Betriebe 1.700 Menschen Arbeit und Brot gab, dieses Werk, das noch vor Jahresfrist mit 30 Millionen Kè an Realitäten und Maschinen bewertet worden war, ist plötzlich stillgelegt worden und sein Wert mit einem Schlag vernichtet worden. Das heißt, das Werk, das gestern noch 30 Millionen wert war, ist heute gleich Null wert. Die Verlegung des Werkes, bzw. die Errichtung eines neuen Betriebes hat die beiden Gesellschaften gezwungen, neben den von ihnen selbst investierten Kapitalien an 120 Millionen von den Banken als Anleihe aufzunehmen und in diesem Betriebe zu investieren. Es wurde weiter für die Modernisierung eines alten Betriebsteiles, der Karlshütte, ein Darlehen von 13 Millionen aufgenommen, so daß die neue Gesellschaft von vornherein mit einer Schuldenlast von 133 Millionen Kè zu rechnen hat, und müssen die dort jetzt beschäftigten 1.400 Arbeiter im Jahre 18.7 Millionen Kè an Gewinn erzeugen, bevor die Aktionäre und das Unternehmen selbst irgendeinen Gewinn oder einen Vorteil aus dem Unternehmen hat. Wenn wir sehen, daß - Rothau-Neudek ist nicht der einzige Betrieb-Betriebe, die noch als modern gelten können und noch Jahre und Jahrzehnte zu produzieren vermögen, ganz einfach stillgelegt werden, ganze Industrie- und Wirtschaftsgebiete in Notstandsgebiete umgewandelt werden, müssen wir uns fragen, ob diesem wahnwitzigen Beginnen der Kapitalisten und des Großkapitals nicht Einhalt geboten werden muß.
Außer der Rationalisierung haben wir auch - das muß erwähnt werden - mit der Überindustrialisierung als einem wichtigen Faktor bei der Entwicklung der Krise zu rechnen. Auch hier beginnt das Übel eigentlich in der Kriegszeit, wo durch die Fronten getrennt, einzelne Länder daran gehen mußten, gewisse Produktionszweige sich selbst einzurichten. Man nahm an, daß nach Beendigung des Weltkrieges, nach Wiedereröffnung der Grenzen bei einer vernünftigen Zoll- und Handelspolitik die Errichtung von Betrieben, die für die Weltproduktion nicht benötigt werden, die die Menschheit zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht braucht, aufhören wird. Durch unsere unvernünftige Zoll- und Handelspolitik haben wir, wie viele andere Länder, viele industrielle Unternehmungen gezwungen, ins Ausland zu gehen, sich dort neue Betriebsstätten zu errichten, um den Schikanen aus dem Weg zu gehen. Das Resultat ist, daß wir nun viele neue Betriebe haben, deren Kapazität für eine vernünftige Bedürfnisproduktion nicht notwendig ist, nicht einmal notwendig für den Bedarf, den wir in unserer Wirtschaft heute haben. Diese Überindustrialisierung, die Errichtung neuer Betriebe, hat noch kein Ende genommen. Wir hatten vor kurzem bei Verhandlungen von Unternehmungen der Èechoslovakei mit dem Handelsministerium feststellen können, daß in großzügigster Weise die Verschleppung von Kapitalien, von Industrie nicht nur am europäischen Kontinente platzgegriffen hat, sondern daß sie auch darüber hinaus in überseeische Kontinente zu verzeichnen ist. Europäisches Kapital geht nach Indien, errichtet dort neue grosse Textilbetriebe, um die Baumwolle am Ernteorte selbst zu verarbeiten. Stahl- und Eisenwerke gehen nach Indien, um dort nicht nur Erz zu graben, sondern auch sofort zu verarbeiten. Wir haben heute in Englisch-Indien 13 Hochöfen im Betrieb, wir haben heute über 3/4 Millionen Menschen in der Eisen- und Stahlindustrie und fast ebensoviel in der Textilindustrie beschäftigt, die für uns in Europa als Konkurrenz auftreten. Wir haben vor kurzer Zeit durch die erwähnten Verhandlungen mit dem Handelsministerium feststellen können, daß für viele Millionen Textilmaschinen auf unserem Kontinente bestellt sind, um in Indien die dortige Baumwolle gleich zu verspinnen und zu verweben, zu verarbeiten. Interessant sind die Erfahrungen, die wir dabei gemacht haben. Wir können feststellen, daß manches Gesetz, das bei uns geschaffen wurde, um die Wirtschaft zu fördern, um gegen die gegenwärtigen Krisenzustände wirksam vorzugehen, nur auf dem Papiere steht. Bei der Verhandlung über die Vergabe von cca 2 1/2Tausend Webstühlen an die èechoslovakische Maschinenindustrie wurde von diesen Industriellen von der Exportabteilung des Handelsministeriums eine Unterstützung verlangt. Alle diese Wünsche und Forderungen wurden abgelehnt, selbst auf die Gefahr hin, daß Hunderte von Arbeitern dadurch arbeitslos werden, daß für Hunderte von Arbeitern die Arbeitslosenunterstützung flüssig gemacht werden müßte, daß Millionen, das Drei- und Fünffache dessen, was die Exporthilfe bedeutet hätte, den auf diese Weise arbeitslos gewordenen Arbeitern als Arbeitslosenunterstützung ausgezahlt werden müssen. Wir haben ein Gesetz, das für Auslandslieferungen Exportgarantien gewährt. Wir haben im Juni dieses Jahres zu diesem Gesetze auch den Beschluß gefaßt, einen Fond anzulegen. Auch da hat in den letzten Monaten vor allem die Schwerindustrie versucht, mit Unterstützung dieses Gesetzes, das ja zu diesem Zwecke geschaffen worden war, Aufträge ins Land zu bringen. Auch hier wurde jede praktische Hilfe abgewiesen, nicht einmal die Zusicherung der Exportgarantie wurde gegeben unter dem Hinweise darauf, daß zu diesem Gesetz die Durchführungsverordnung fehlt. Das Resultat ist, daß mit Rücksicht auf die Termine, die versäumt worden sind, mit Rücksicht auf die Lösung der Lieferungsveträge der èechoslovakischen Schwerindustrie rund 370 Millionen an Aufträgen verloren gegangen sind.
Eine weitere Erschwernis, die besonders in der letzten Zeit auftritt und wahrscheinlich in den nächsten Wochen zu einer weiteren Steigerung der Arbeitslosigkeit führen wird, ist das Verhalten unserer Banken zur Industrie. Das Institut, das vor Jahrzehnten eigentlich ein Vermittlungsinstitut zwischen den Übergewinn erzeugenden Unternehmungen und den kapitalsbedürftigen Unternehmungen war, dieses Unternehmen ist heute zum Beherrscher, aber nicht nur zum Beherrscher, sondern auch zum Eigentümer eines grossen Teiles unserer Industrie geworden. Die Banken haben einen grossen Teil der Betriebe aufgesaugt, in ihren Besitz übernommen und wir können jetzt feststellen, daß die Banken gerade aus diesem Grunde, weil sie einen ziemlichen Großteil ihres Kapitals festgelegt haben, vielleicht dadurch auch jetzt in Schwierigkeiten gekommen sind, ablehnen, grössere Kapitalien für industrielle Zwecke flüssig zu machen. Es ist bezeichnend, daß Banken selbst grossen Unternehmungen, die Aufträge hereinzubringen vermögen, keinen Kredit geben. Ich habe selbst in meinem Beruf drei solche Unternehmungen zu verzeichnen, die sich bis weit in das Jahr 1932 hinein mit Aufträgen einzudecken vermöchten, wenn die Banken ihnen einen entsprechenden Kredit geben würden. Ich bemerke, daß diese drei Unternehmungen ihren Kredit bei den Banken nicht überzogen haben, diese lehnen aber jede Kreditgewährung auch auf sichtbare Aufträge ab und erklären, daß die Konti der Unternehmungen abgedeckt werden müssen. Sie verweigern den Unternehmungen, die für die Arbeitslosen Aufträge haben, jede weitere Kreditgewährung, und haben wir Fälle zu verzeichnen, die in den nächsten Monaten, bei dem jetzigen Verhalten der Banken, zu weiteren Entlassungen von Hunderten Arbeitern führen werden. So wird von den Geldinstituten selbst die Vernichtung der ihnen unterstehenden und von ihnen selbst abhängenden Unternehmungen durchgeführt.
Ich will weiters noch anführen, daß selbstverständlich an der gegenwärtigen Situation auch der Umstand schuld ist, daß die erarbeiteten Werte in Form einer falschen Einkommensverteilung der Wi rtschaft zum großen Teile entzogen werden. Es war mir möglich, mir von einer Reihe von Bankenunternehmungen bezüglich der Entlohnung ihrer Direktorenkörper Daten zu verschaffen. Ich habe nun diese Ziffern, bezw. die Banken eingeteilt nach den Gehältern ihrer Direktoren, die zwischen 300.000 Kè und Brutto 14 Millionen im Jahre schwanken. (Hört! Hört!) Ich habe festgestellt, daß die Direktorenkörper unserer Banken, wozu noch vielleicht 2 Dutzend der ersten Wirtschaftsführer zu zählen sind, zusammen 345 Personen, ein Jahreseinkommen von 1.2 Milliarden haben, wovon ganz bestimmt wohl die eine Milliarde als Übereinkommen zu betrachten ist, die glatt der Wirtschaft entzogen wird und die nicht in der Form von zirkulierendem Kapital in der Wirtschaft zu wirken vermag. Eine Milliarde Überverdienst auf der einen Seite für 345 Personen und für Hunderttausende Menschen Arbeitslosigkeit und vollständige Einkommenslosigkeit. Wenn wir diese Milliarde aufteilen würden und jedem unserer Arbeitslosen jährlich 4.000 Kè als Unterstützung geben würden, mit welchem Betrag sie schlecht und recht durchkommen könnten, besser als mit der jetzt gewährten Unterstützung, könnten wir 250.000 Arbeitslose sofort mit Einkommen versehen. Das nur nebenbei bemerkt.
Wir können aber aus all dem schließen, daß vor allem als wichtigster Faktor die Verkürzung der Arbeitszeit in Frage kommt. Ich will mich darüber nicht weiter auslassen, weil Koll. Kremser darüber eingehend gesprochen hat, aber die Verkürzung der Arbeitszeit ist wohl nach den wenigen Beispielen, die ich angeführt habe, eine unbedingte Notwendigkeit.
Wenn man die Situation in den einzelnen Industriezweigen unserer Wirtschaft in der Èechoslovakei etwas näher betrachtet, können wir feststellen, daß der Weg zu einer Entspannung nur über die Verkürzung der Arbeitszeit, über die Wiedereinstellung von Hunderttausenden Arbeitsloser und die Wiederherstellung der bei diesen Menschen gebrochenen Konsumkraft möglich ist. Im Bergbau haben wir seit dem Jahre 1929 nur mehr 3 bis 4 Schichten zu verzeichnen, d. h. die Bergarbeiter sind auf 60, 50 und unter 50 % ihres früheren normalen Einkommens herabgesetzt worden, obwohl aus dem Bergbau seit dem Bestand dieses Staates weit über 30.000 Arbeiter ausgeschieden worden sind. Im Baugewerbe ist der Zustand ein trostloser. Die Bezirke und Gemeinden, durch das Gemeindefinanzgesetzt vollständig gelähmt, sind auf dem Gebiete des Bauwesens, der Bauförderung und des Baues überhaupt nicht imstande etwas Nennenswertes zu leisten. Die Kassenlage dieser Selbstverwaltungskörper ist geradezu furchtbar und auch die private Bautätigkeit sowie auch die Bautätigkeit der Industrie ist durch die allgemeine Wirtschaftskrise aufs äußerste eingeschränkt. In der Textilindustrie haben wir heute bereits weit über 220 Betriebe stilliegen und leider 22.000 Arbeiter, die in Arbeitslosenunterstützungsbezug sind, dazu kommen natürlich noch ebenfalls Tausende Ausgesteuerter oder Nichtorganisierter, die außerhalb der Möglichkeit stehen, registriert zu werden. Auch hier steht weitere Arbeitslosigkeit bevor, weitere Betriebseinstellungen sind zu erwarten. In der Glasindustrie können wir feststellen, daß 50 % der Owen-Maschinen stillgelegt sind, daß die Flaschenindustrie um 50% reduziert ist. Wir können weiters feststellen, daß in der Tafelglasindustrie ungefähr 80 % der Öfen stillgelegt sind, das heißt, daß von 5 Öfen noch einer in Betrieb ist und in den meisten Betrieben Hand- und Maschinenfabrikation auf ein Minimum reduziert und zum Teil stillgelegt wurden. In der Prozellanindustrie hat die Krise durch den Sturz des englischen Pfund einen katastrophalen Umfang angenommen und wir können feststellen, daß sich geradezu eine Angstpsychose bemerkbar macht, alle Kauflust ertötet hat und in der Porzellanind ustrie noch bedeutende Entlassungen zu gewärtigen sind. In der Metallindustrie stehen fast alle kleineren Betriebe, die für die anderen Industrien als Hilfsindustrie in Frage kommen, zur Hälfte oder zu zwei Drittel still, zum Teil auch ganz still gelegt. Die Emailindustrie ist fast tot. Von 11 großen Emailwerken haben wir heute in der Èechoslovakei nur noch drei im Betrieb, die ebenfalls stark verkürzt arbeiten. In der Schwerindustrie in der Èechoslovakei haben wir in der nächsten Zeit ebenfalls mit großen Entlassungen, die den Gewerkschaften bereits angekündigt worden sind und vielleicht 4.000 bis 5.000 Arbeiter betreffen dürften, zu rechnen. In der Zuckerindustrie hat die Rationalisierung dazu beigetragen, daß eine Verminderung der Arbeiter eingetreten ist. Nun hören wir aber, daß außerdem die Aussiger Zuckerindustrie eine Verlegung des Unternehmens in ein anderes Gebiet des Staates beabsichtigt. Das würde für Aussig eine Arbeitslosigkeit von mindestens 1.000 Arbeitern, wenn zum Teil auch Saisonarbeitern in der Zuckerindustrie bedeuten. Ähnliche Befürchtungen bestehen für die große chemische Fabrik in Aussig. Auch dort soll die Verlegung eines großen Teiles ins èechische Sprachgebiet erfolgen. Das würde ebenfalls für die bedeutende Industriestadt Aussig ein schwerer wirtschaftlicher Schlag sein. In der Metallindustrie können wir das Gleiche beobachten; auch hier wird beabsichtigt, einen Teil der großen Metall- und Kupferwerke zu verlegen oder unter Patronanz unseres Nationalverteidigungsministeriums ein großes Metallwerk in Považska-Bystrica zu errichten und dadurch die anderen Kupferwerke in der Èechoslovakei nicht nur vom Innenmarkte, sondern auch vom Export vollständig auszuschalten.
So können wir sehen, daß auf allen Gebieten die wirtschaftliche Situation und die Krise einer weiteren Verschärfung entgegengeht. Es war mir möglich, von 47 Arbeitsvermittlungen Nordböhmens Ziffern zu erhalten.
Die einzige Industrie, der es gutzugehen scheint, ist die Brauindustrie. Die Smichower Aktienbrauerei hat - das ist bemerkenswert genug, um angeführt zu werden - im Jahre 1928 auf Grund des Stabilisierungsgesetzes ihr Aktienkapital von 4 auf 12 Millionen Kronen durch Gratisabstempelung erhöht, die Aktien von 800 Kè auf 2000 Kè. Nun hören wir, daß im Verwaltungsrat der Smichower Brauerei Vorschläge ausgearbeit werden, wie Aktien von 2000 auf 3000 bis 4000 Kè wi der durch Gratisaufstempelung zu erhöhen. Der Stabilisierungfonds der Smichower Brauerei soll 42.6 Millionen Kronen betragen. Weiter ist bekannt, daß die Dividende für dieses Jahr 1300 Kè pro Aktie, also rund 65 % für 6000 Aktien betragen wird.