Pondìlí 30. listopadu 1931

Wenn nun der Innenminister behauptet, daß die Arbeiter angegriffen haben, so halten wir dem entgegen: Wenn die Arbeiter von Setzdorf jemals die Absicht gehabt hätten, anzugreifen, so hätten sie nicht bis Lindewiese gewartet, sondern hätten damals, als sie an 1500 Arbeiter in ihrer eigenen Heimat, in ihrem eigenen Dorfe versammelt gewesen sind und 25 Gendarmen in sie hineinschlugen, die beste Möglichkeit gehabt, sich gegen diese Gendarmen zur Wehr zu setzen. Wir haben zu wiederholten Malen die Beobachtung gemacht, daß die Bevölkerung in jenen Orten, wo sie zu Hause ist, sich am allerwenigsten von Gendarmen oder Polizisten schlagen läßt, wir haben das beobachtet in Gablonz und in Reichenberg, daß sogar ganz harmlose Spießbürger, die unschuldig zu einer kommunistischen Demonstration gekommen sind und wo die Polizisten den Platz geräumt haben, sich mit aller Energie zur Wehr gesetzt und erklärt haben: "Hier ist meine Vaterstadt, meine Heimat, hier der Platz, wo ich täglich spazieren gehe, hier lasse ich mich von keinem Polizisten vertreiben", und sie sind gegen die prügelnden Polizisten in Reichenberg, in Gablonz, in Aussig usw. aufgetreten. Diese psychische Einstellung wäre zweifellos unter den Setzdorfer Arbeitern vorhanden gewesen, falls sie die Absicht gehabt hätten, sich gegen die Gendarmerie zur Wehr zu setzen, sie hätten das in Setzdorf gemacht, wo ihnen jeder Stein vertraut und jedes Haus bekannt ist. Dort hätten sie sich mit aller Energie und vielleicht auch mit Erfolg gegen diese 25 Gendarmen zur Wehr setzen können. Sie haben es nicht getan, sie haben es auch nicht zum zweiten- und zum drittenmal bei der Försterei, nicht zum viertenmal beim Gemärke getan. Sie haben sich zuerst prügeln lassen und dann sind sie den Gendarmen ausgewichen. Sie haben auch nicht die Absicht gehabt, sich in Lindewiese zur Wehr zu setzen. Sie haben die Absicht gehabt, friedlich nach Freiwaldau zur Bezirksbehörde zu ziehen. Das muß man heute festhalten und klarstellen gegenüber den infamen Lügen, die man heute über die Setzdorfer Arbeiterschaft und die schlesische Steinarbeiterschaft verbreitet, die Lügen, die heute, angefangen bei den Klerikalen und bei der agrarischen Presse bis hinüber zu den Soziald emokraten, über die schlesischen Steinarbeiter verbreitet werden und im Interesse der Klarstellung und der Aufdeckung dieser Lügen müssen wir all dies hier aufzeigen.

Dazu möchte ich noch einige persönliche Bemerkungen machen. Die bürgerliche und sozialdemokratische Presse heult wutschnaubend auf, der kommunistische Abgeordnete Hadek sei es gewesen, der die Arbeiter geführt hat. Ich erkläre offen, daß mich diese Angriffe nicht treffen. Meine proletarische Ehre werde ich vor den Arbeitern, vor meiner Partei vertreten. Den Leuten, die diese Angriffe in ihrer Presse gegen mich unternehmen, bin ich keine Antwort schuldig. Wenn ich mich trotzdem veranlaßt sehe, dazu einige Worte zu sagen, so deshalb, um der Arbeiterschaft Rechenschaft zu geben. Nicht den schlesischen Steinarbeitern, die haben eine andere Meinung von mir, als wie sie in gewissen Zeitungen zum Ausdruck kommt, sondern um mich vor der gesamten Arbeiterklasse der Republik zu rechtfertigen.

Ich habe keine Ursache zu verschweigen, daß ich an dieser Schießerei teilgenommen habe, daß ich Augenzeuge gewesen bin, wie man in wehrlose Arbeiter hineingeschossen hat.

Uns wurde der Beschluß der Freiwaldauer Konferenz am Dienstag mitgeteilt. Am Dienstag erfuhren wir, daß am Mittwoch in Freiwaldau eine Demonstration stattfinden wird, und wir halten es für unsere Pflicht, überall dorthin zu gehen, wo Arbeiter um, ein Stück Brot kämpfen. Ich habe den Auftrag erhalten, nach Freiwaldau zu gehen. Ich habe den Nachtschnellzug benützt und bin um 9 Uhr 14 Min. von Oderberg kommend, in Freiwaldau eingetroffen. Auf dem Wege, als ich über Sandhübel fuhr, habe ich bereits bemerkt, daß die Arbeiter die Betriebe verlassen. Als ich ein Stück weiterkam, sah ich die Militärkordons auf den Hängen stehen und sah Gendarmeriepatrouillen. Wenn ich diese Vorbereitungen nicht gesehen hätte, so hätte mir der Eindruck auf dem Freiwaldauer Bahnhof zu denken geben müssen. Aus Jägerndorf fuhr in demselben Waggon wie ich ein Gendarmeriegeneral, der in Freiwaldau von einem Gendarmerieoffizier mit einem Gendarmen im Stahlhelm empfangen wurde und dem in militärischer Form Meldungen erstattet wurden. Ich ging sofort in das Volksheim, da ich nicht genug informiert war, um zu fragen, wie sich die Sache entwickeln soll; ich traf dort einige Arbeiter und Vertrauensmänner, die mir mitteilten, daß ganz Freiwaldau ein Militär- und Gendarmerielager ist. Einen Genossen, der Besitzer eines Motorrades ist, ersuchte ich, daß er mich sofort zu den Saubsdorfer Arbeitern bringe. Ich fuhr hinunter, traf diese Arbeiter und empfahl ihnen, nachdem ich an der Brücke einen hundert Mann starken Gendarmeriekordon sehen konnte, auf Umwegen nach Freiwaldau zu gehen, einzeln, in kleinen Gruppen, sich mit den Soldaten ins Einvernehmen zu setzen, damit sie nicht von ihnen aufgehalten werden. Ich bin dann zurückgefahren. Ich bin gegen Lindewiese gefahren, den Setzdorfer Arbeitern entgegen. Ich kam bis in die Nähe von Lindewiese und traf dort unseren Genossen Bürgermeister von Setzdorf, der mit noch zwei Arbeitern über das Feld kommend der Straße zueilte. Er ist ein guter Bekannter von mir, er winkte mir, ich stieg ab, um mich zu informieren, was es in Setzdorf und bei diesen Leuten neues gäbe, die hereinkamen. Der Bürgermeister informierte mich. Während er mir die ersten Worte sagte, fuhr an uns ein Autobus vorüber. Wir haben ihn momentan nicht besonders beachtet, es fahren dort mehrere Autobusse. Erst von rück wärts sahen wir, daß dieser Autobus voll Gendarmen war, Kopf an Kopf, Bajonett an Bajonett waren die Gendarmen darin verstaut. Ich ersuchte den Bürgermeister: "Gib rasch Bericht, was los ist." Er teilte mir mit, es kommen an 800 bis 1000 Menschen von Setzdorf herein, die übrigen haben sich abgesplittert, weil wir überfallen worden sind. Ich sagte dem Genossen, dem Besitzer des Motorrades, wir werden trachten müssen, dem Autobus vorzufahren, um einen Zusammenstoß mit der Gendarmerie zu verhindern. Es war an dem betreffenden Tage sehr kalt und der Arbeiter hatte an seinem Motorrad irgendeine kleine Reparatur. Er hatte den Motor abgestellt Er hat ihn sofort angekurbelt und ich bin mit ihm losgefahren bis zur èechischen Schule, bis ich zum Gendarmeriekordon kam. Ich versuchte dort auf die andere Seite des Gendarmeriekordons zu gelangen, die Gendarmerie stand im Kordon mit gefälltem Gewehr. Zwei Gendarmen, die am äußersten linken Flügel standen, schlugen mich mit den Gewehrkolben in den Graben hinunter. Die Zeitungen schreiben, ein Gendarn konnte deshalb nicht schießen, weil er sich mit der Beobachtung eines verdächtigen Individuums beschäftigen mußte. Ich stelle fest, daß dieses verdächtige Individuum ich gewesen bin und ich stelle weiters fest, daß die Beobachtung dieses Gendarmen darin bestanden hat, daß er mich mit dem Gewehrkolben mißhandelt hat, daß er mich mit dem Gewehrkolben geschlagen hat. In diesem Moment fiel dieser Schuß, dieser Schuß, den der Gendarm, der ungefähr 1 1/2 m vor mir stand, abgegeben hat, und dessen Patronenhülse beim Repertieren bis zu mir herübergeflogen ist. Ich gestehe, daß ich mich nach der Schießerei beim Gendarmeriekommandanten nicht gehorsamst gemeldet habe, daß ich der Abg. Hadek bin. Es wäre den Herren recht gewesen, wenn sie einen Verantwortlichen gehabt hätten, es wäre ihnen recht gewesen, wenn sie eine neue Majoriade hätten aufführen können und ich weiß, daß es heute eine ganze Reihe von Menschen gibt, die vielleicht froh wären, wenn der Abg. Hadek bei den 7 Toten im Massengrab liegen würde oder zumindest im Kreisgericht in Troppau hinter verschlossenen Türen sitzen würde, damit er hier diese Ausführungen nicht machen kann, die Ihnen sehr unangenehm sind. Das ist der Sachverhalt, wie ich ihn gesehen habe und wie ihn mit mir Tausende von Arbeitern beobachten konnten; nicht nur Tausende von Arbeitern, sondern auch die Bevölkerung von Nieder-Lindewiese, Leute, die mit den Kommunisten nichts zu tun haben, die mit den Kommunisten nicht sympathisieren und die im anderen Lager stehen und die dasselbe bestätigen müssen, was ich Ihnen heute hier gesagt habe.

Sie haben eine parlamentarische Untersuchungskommission dorthin entsendet, der auch Abg. Hackenberg sowie ein èechischer Sozialdemokrat angehörte. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.) Diese Untersuchungskommission ist nach Freiwaldau gefahren und hat sich dort zum Bezirkshauptmann begeben, hat sich den Gendarmerieofgizier gerufen und ist mit ihm per Auto an die Mordstelle gefahren und hat sich an der Mordstelle von dem Gendarmerieoffizier erklären lassen, weshalb die Gendarmerie schießen mußte. [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 30. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Ich stelle fest, daß die parlamentarische Untersuchungskommission keinen einzigen Arbeiter verhört hat, keinen einzigen Teilnehmer an der Demonstration verhört hat, nicht nach Setzdorf gefahren ist, um dort die Arbeiter zu fragen, daß sie keinen einzigen objektiven Zeugen einvernommen hat. Über diese Delegation schreibt der "Sozialdemokrat": "Die Zuziehung des Genossen Hackenberg und anderer Parlamentarier zur Untersuchung gibt uns die sichere Gewähr, daß diesmal nicht leichtfertig auf Grund einiger Gendarmerierelationen eine amtliche Darstellung fabriziert wird, sondern daß gründlich geprüft werden wird, inwieweit sich das Blutbad von Nieder-Lindewiese hätte vermeiden lassen und wer an dem furchtbaren Blutbad die Schuld trägt." Diese Versprechungen, die Sie hier gegeben haben, haben so ausgesehen, wie ich es Ihnen jetzt gesagt habe, daß Sie sich nämlich von den Arbeitern ferngehalten haben, daß Sie keinen einzigen objektiven Zeugen einvernommen haben und damit die Aussagen des Herrn Ministers des Innern, die sich auf die Gendarmerierelationen stützen, bestätigen.

Man sagt, die Arbeiter haben Pfeffer und Salz in der Tasche gehabt. Wenn man etwas mehr gesucht hätte, hätte man vielleicht auch finden müssen, daß die Arbeiter eine Speckrinde und ein Stück Brot in der Tasche hatten. Sie kamen aus der Fabrik und hatten ihre Jause in der Tasche stecken. Die gewöhnliche Jause eines Steinarbeiters ist ein Stück Speck, den er mit Salz und Pfeffer bestreut, und ein Stück Brot. Man sagt, die Arbeiter hätten Rucksäcke mit Steinen mitgehabt. Sie haben Rucksäcke gehabt, in den Rucksäcken waren Kaffeekannen und etwas Geschirr, in dem sie sich ihr Essen von ihrem von der Arbeitsstelle stundenweit entfernten Dorfe mitgebracht haben. Das sind Tatsachen, die man selbstverständlich heute berücksichtigen muß, die man klarstellen muß, um erst zu erkennen, wie infam die Berichte, die hier gegeben wurden, und die wir Tag für Tag in der bürgerlichen und besonders in der sozialdemokratischen Presse lesen können, angesichts dieser Tatsachen aussehen. Ich möchte nicht so sehr auf das gestrige "Právo lidu" zurückkommen, aber ich möchte auf den Artikel des Herrn Paul im "Sozialdemokrat" zu sprechen kommen, in dem er ganz offensichtlich in infamer Weise gegen die Steinarbeiter hetzt, indem er feststellt, daß die Steinarbeiter von Setzdorf mehr Schnaps konsumieren, als in einem anderen Steinarbeiterdorf. Vielleicht mag das stimmen. Aber lassen Sie den Steina rbeiter so viel verdienen, daß er sich ein Glas Bier kaufen kann, so wird er sich ein Glas Bier kaufen und nicht den elenden Fusel von Kornbrantwein zu kaufen brauchen, der billiger ist als Bier und der ihn die entsetzliche Notlage, in der er leben muß, schneller vergessen läßt.

Vorgestern sind die Opfer beerdigt worden. Über dem Grabe dieser Opfer haben 20.000 Werktätige Westschlesiens den Schwur abgelegt, diese Opfer zu rächen, den Kampf bis zum Ziele weiterzuführen, den Kampf gegen dieses System weiterzuführen, das für die Not der Arbeiter nur Pulver und Blei übrig hat und das die Not der Arbeiterschaft im Blut ertränken will.

Unsere Berichterstattung, die wir über diese Vorfälle geben, verfällt der Zensur des Herrn Meissner, der dafür Sorge trägt, daß nur die Meldungen der bürgerlichen und sozialdemokratischen Presse, die von den Gendarmerieorganen inspiriert werden, die zur Deckung der Gendarmerieorgane dienen, veröffentlicht werden. Ich sehe mich deshalb veranlaßt, im Rahmen meiner heutigen Rede einige Immunisierungen vorzunehmen. Wir haben vom Exekutivkomitee der Internationalen Roten Hilfe folgendes Telegramm bekommen: "Moskau 27. November. Die Ereignisse in Freiwaldau kennzeichnen die Verschärfung des Terrorkurses. Die Exekutive konstantiert ihre Kundgebung der Solidarität mit den Angehörigen der Getöteten und Verwundeten. Wir erwarten Massensolidaritätsbewegung und erbitten schriftliche Darlegung der Vorkommnisse und Eure Maßnahmen. Die Rote-Hilfe-Organisationen aller Länder werden Eure Solidaritätskampagne unterstützen. Nach den Blutbädern in Dux und Kossuth im Lande mit bürgerlich-sozialdemokratischer Regierung kommen die blutigen Ereignisse in Freiwaldau an den gegen Unterstützungsraub, Verfolgungen ihrer Gewerkschaften protestierenden Erwerbslosen. Die Exekutive versichert die Opfer und die kämpfenden Werktätigen der Èechoslovakei der internationalen Solidarität. Schulter an Schulter mit Euch wird die Rote Hilfe die Massensolidarität organisieren."

Wir haben bereits einen Artikel in der Èechischen Zeitung "Tvorba" veröffentlicht, der ebenfalls der Zensur verfallen ist. Dieser Artikel enthält Folgendes: "Der Freiwaldauer Bezirk ist ein deutscher Bezirk. Die Gendarmen und das Militär in Freiwaldauer Bezirk sind Èechen und Slovaken. Die Gend armen waren mit Gummiknüppeln ausgerüstet, mit Bajonetten, scharf geladenen Karabinern und strengen Befehlen. Die Soldaten waren ausgerüstet mit Maschinengewehren und mit Vorträgen der Zugsführer über den starrköpfigen deutschen Charakter, der die Gedanken des Abwehrkampfes und der Zerbrechung unseres demokratischen Staates nicht aufgegeben hat, den zu schützen die Pflicht jedes bewußten Èechen undSlovaken ist. Im letzten Augenblick bekamen die über den ganzen Bezirk verstreuten Gendarmerieabteilungen auch Autobusse zur Verfügung, um so schnell als möglich manövrieren zu können. Der Mitwoch, 25. November 1931, auf dem Kreuzweg in Nieder-Lindewiese war von dem Bezirksamt sorgfältig und genau vorbereitet worden.

Es wurde weder in die Beine, noch über die Köpfe der Demonstranten geschossen, sondern es wurde geradeaus in die Mitte des Körpers gezielt. Fast alle Schüsse der Verwundeten gehen durch die Bauchgegend oder durch die Brust. Es wurde noch geschossen, als die Demonstranten schon flohen. Der Ort der Schießerei ist eine Asphaltstraße, die dort, wo die Demonstranten standen, durch einen lebenden Hagebuttenzaun eingezäumt ist. Die Demonstranten trachteten aus dem Bereich der Schießerei zu entkommen und drängten sich durch den lebenden Zaun in die benachbarten Gärten. Auch dort schossen ihnen die Gendarmen nach.

Die Schießerei innn Nieder-Lindewiese erhält einen bestimmteren Charakter noch durch die Zeugenschaft von 7 Personen, die weit hinter den Demonstranten, hinter der Straßenbiegung standen. Unter diesen Zeugenaussagen befindet sich auch die Erklärung eines èechischen Fabrikanten, die auch der parlamentarischen Delegation zur Verfügung stand von der durch die Regierungsparteien ernannten Parlamentsdelegation verschwiegen worden ist. Diese Zeugen behaupten, daß hinter den Demonstranten eine neue Abteilung Gendarmen gekommen ist. Es war jene, die mit dem Oberleutnant Jirkovský nicht in den Autobus gestiegen war und den Demonstranten den ganzen Weg über folgte. Diese Abteilung umging die Demonstranten durch die Gärten, stellte sich hinter die Häuser in der Nähe der Straße und von dort, vor ihren Blicken geschützt, schloß sie von der Seite auf die Straße. Keiner von den Demonstranten bestätigt diese Zeugenaussage. Das ist nur ein Beweis ihrer sorgfältigen Objektivität. Wirklich konnten sie die Abteilung, die hinter den Häusern verborgen war, nicht sehen, noch weniger allerdings konnten sie diese Abteilung bedrohen. Auf jene, die sich an der Demonstration nicht beteiligten und die aus einiger Entfernung die Möglichkeit hatten, die Bewegungen der Gendarmen zu beobachen, wirkte diese Schießerei aus dem Hinterhalt so, daß auch der Fabrikant, der sicher keinen Grund hatte, mit der Demonstration der Arbeiter gegen Entlassung und Lohnsenkung zu sympathisieren, sich entschloß, sich freiwillig als Zeuge anzumelden."

Was hat die Schießerei in Freiwaldau für die Arbeiterklasse überhaupt für eine Bedeutung? Wir wissen, daß die Bourgeoisie sich derzeit in einer ungeheuren Wirtschaftskrise befindet und unter allen Umständen versucht, alle Lasten auf die Schultern der Arbeiter abzuwälzen und daß sie den geringsten Versuch der Arbeiter, sich dagegen zur Wehre zu setzen, niederschlagen muß. Sie tut das besonders in den deutschen Gebieten. Ich könnte darüber noch verschiedene Berichte vorbringen. Wir können feststellen, daß die Gendarmerie und die staatlichen Machtorgane mit besonderer Zähigkeit, Ausdauer und nationaler Begeisterung gegen die deutschen Staatsbürger vorgehen. Sie wollen unter allen Umständen dort, wo die Arbeiter auf Grund eines Kampfes einen Sieg oder Erfolg errungen haben, ihnen diesen Sieg oder Erfolg wieder nehmen, den Arbeitern diesen Weg verekeln und ihnen die Lust zu kämpfen austreiben. Sie haben das besonders in Schlesien notwendig, wo die Kalkarbeiter durch ihren Kampf den Unternehmerangriff abgewiesen haben und wo die übrigen Steinarbeiter sich anschicken, gegen den ständigen Lohnabbau, gegen die ständigen Angriffe sich zur Abwehr zu organisieren.

Es ist klar, daß an diesem Zusammenstoß nicht allein die Freiwaldauer Bezirksbehörde die Schuld trägt, sondern daß hinter ihr die Regierung steht, die sich mit ihr bereits in der Erklärung des Ministers des Innern solidarisch erklärt hat, daß hinter der Freiwaldauer Bezirksbehörde alle politischen Parteien stehen, die diese Regieru ng repräsentieren, also auch die Sozialdemokraten, daß die bürgerlichen Parteien ein gerütteltes Maß von Schuld daran tragen, daß in Nieder-Lindewiese 8 Arb eiter ihr Leben lassen mußten und 24 Arbeiter zum Teil schwere Verwundungen davon getragen hab en, daß die Sozialdemokratie ein gerütteltes Maß von Schuld daran trägt, daß in der heutigen schweren Situation die Kampfkraft der Arbeiter gelähmt, daß die Kampfkraft der Arbeiter geschwächt wird, daß die Sozialdemokratie, die deutsche Sozialdemokratie mit inbegriffen, ihr gerütteltes Maß von Schuld daran trägt, daß es zu solchen Verhältnissen, in denen die breiten Massen der werktätigen Bevölkerung zu leben gezwungen sind, gekommen ist. Die Arbeiterklasse hat daraus die Lehre gezogen, sie muß ganz klar erkennen den Kurs, der gegenwärtig eingeschlagen wird, sie muß ganz klar erkennen, mit welchen Mitteln, mit welchen Methoden sie sich gegen diese Pläne zur Wehr setzen kann.

Die Arbeiterklasse muß ein neues Freiwaldau verhindern. Wir sind überzeugt, daß die Regierung und die hinter ihr stehenden Parteien die Absicht haben, noch mehr solcher Blutbäder zu veranstalten, das in Freiwaldau noch nicht zum letztenmal geschossen wurde, daß im heurigen Winter, in dem die Bourgeoisie dem Höhepunkt ihrer Krise entgegengeht, in der Èechoslovakei versucht werden wird, jeden Kampf der Arbeiter im Blut zu ersticken. Die Arbeiterschaft muß sich durch eine organisierte Massenabwehr gegen diese Angriffe zur Wehr setzen, Sie muß über den Gräbern von Freiwaldau die Einheitsfront errichten, sie muß über dem Blut, das in Freiwaldau geflossen ist, die Einheitsfront aller jener Arbeiter verwirklichen, die in diesem Blutbad ihr Leben verloren haben. Die Schüsse von Lindewiese haben nicht nur Kommunisten getroffen, sie haben die ganze proletarische Einheitsfront getroffen: Christlichsoziale, Sozialdemokraten, deutsche Nationalsozialisten, Kommunisten und Parteilose. Unter diesen 8 Toten befinden sich alle Weltanschauungen, alle Überzeugungen, die in der Arbeiterschaft vertreten sind. Dieses symbolische Zusammentreffen muß den Arbeitern zeigen, daß sie sich zus ammenschließen, daß sie nicht nur im Massengrab vereint sein dürfen, sondern daß sie sich als Lebenden zusammenschließen müssen zur Verteidigung ihrer Existenz, zur Verbesserung ihrer Lebenslage und zur Verteidigung gegen derartige Angriffe des bürgerlich-sozialdemokratischen Machtapparates. Jeder Angriff, den die Bourgeoisie und die Sozialdemokratie auf die Arbeiterschaft unternimmt, muß mit dem Massenstreik beantwortet werden, der in den letzten Tagen unter den Steinarbeitern sich ausbreitete, auf dem Massenstreik, der hunderte Betriebe der Èe choslovakei erfaßt hat. Die Arbeiterschaft muß wissen, daß sie jedes solche Ereignis mit einer Verstärkung ihrer Arbeit und ihres organisatorischen Apparates beantworten muß, mit einer Verstärkung der kommunistischen Partei und mit einer Verstärkung ihrer Führung, der roten Gewerkschaften. (Potlesk komunistických poslancù.)

2. Øeè posl. Heegera (viz str. 29 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Anstatt mich mit dem Voranschlag selbst zu beschäftigen halte auch ich es für notwendig, etwas über die Vorkommnisse in Lindewiese zu sagen, umsomehr, da auch ich einer von den Parlamentariern bin, die nicht nur an der sogenannten Untersuchungskommission teilgenommen haben, sondern die auch darüber hinaus genaue Erkundigungen von Teilnehmern, Tatzeugen, Verwundeten einholten, um ein klares Bild, ein klares Urteil über diese Vorgänge sich bilden zu können.

Die Toten von Lindewiese sind am Samstag beerdigt worden und es muß hier festgestellt werden, daß der Samstag für ganz Schlesien ein Trauertag gewesen ist, daß Tausende von Menschen ... (Posl. Babel: Ihr schreibt 3000!) Es waren auch keine 20.000. Schindluder mit solch ernsten Sachen sollten Sie auch nicht treiben! Tausende von Menschen haben sich an dem Begräbnis beteiligt. (Výkøiky.) Ich glaube, auf die Zahl der Menschen, die sich daran beteiligt haben, kommt es wirklich nicht an. Es haben sich also Tausende von Menschen daran beteiligt und es muß festgestellt werden, daß Schmerz, Empörung, grenzenlose Verbitterung die gesamte Bevölkerung ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit erfaßt hat. Es ist durch das Begräbnis der Schlußakt für die Toten gesetzt worden. Aber wir sind der Auffassung, daß dies der Schlußakt für die Lebenden nicht sein kann. Wir sind der Auffassung, daß die Toten von Lindewiese eine Warnung, ein Mahnruf sein müssen an alle verantwortliche Stellen und Faktoren, daß sich so etwas nie mehr wiederholen darf.

Die Darstellungen, die über dieses Blutbad von Lindewiese verbreitet werden, widersprechen einander stark. Der amtliche Bericht des Herrn Ministers, der sofort nach der Bekanntgabe dieses Ereignisses hier abgegeben wurde und der von ihm im Senat später erstattete Bericht entsprechen nicht den Tatsachen (Posl. Hackenberg: Und widersprechen sich selbst!) und widersprechen einander in vielen Teilen selbst. Ich möchte hier deutlich zum Ausdruck bringen, daß der amtliche Bericht meiner Überzeugung nach nichts anderes ist, als die Rechtfertigung der sich schuldig Fühlenden, und es kann auch dieser Bericht nicht unbesprochen hingenommen werden. Der Ministerrat hat auch eine sogenannte Untersuchungskommission eingesetzt, der Parlamentarier beigezogen wurden. Es hat der Vorredner die Geschmacklosigkeit gehabt, uns für das Ergebnis dieser Kommission verantwortlich zu machen, als ob diese Kommission nichts anderes getan hätte, als was sich der Herr Vorredner in seinem krausen Gehirn einbildet. (Výkøiky.)

Ich möchte zu dieser Untersuchungskommission nur Folgendes sagen: Diese Untersuchungskommission hat keine Klarheit geschaffen und der Vorredner hätte unsere Ausführungen abwarten müssen, um dann Kritik an unserer Tätigkeit zu üben. Die Kommission hat nichts untersucht, ihre Tätigkeit bestand darin, den Bericht des Bezirkshauptmannes und den des Generals der Gendarmerie zu hören, sie bestand in der Aufnahme des Lokalaugenscheins, in der Besichtigung der corpora delicti, die zur Schau gestellt wurden, ohne daß wesentlich nach der Richtung Klarheit geschaffen worden wäre. Die Arbeiten dieser Kommission - zu Ihrer Beruhigung (obrácen ke komunistickým poslancùm), das erklären wir ganz ruhig können einen Anspruch auf Vollwertigkeit oder Klarstellung nicht erheben und wie immer dieser amtliche Bericht ausschauen mag, so kann er keine Klärung der Schuldfrage bringen, weil nur eine Seite zu Worte kommt, weil Tatzeugen und Augenzeugen nicht gehört wurden - angeblich um dem militärischen und zivilgerichtlichen Verfahren nicht vorzugreifen und es nicht zu beeinflussen.

Ich stelle bei dieser Gelegenheit fest, daß sofort bei dieser Untersuchungskommission der Vertreter der deutschen Sozialdemokraten Abg. Hackenberg eine scharfe Erklärung gegen das Vorgehen der Kommission abgegeben hat. (Hört! Hört!) Er hat damals schon erklärt: Diese Kommission ist nicht das, was wir uns unter einer Untersuchungskommission vorstellen und wir sprechen dieser Kommission in dieser Art das Recht ab, die Schuldfrage klarzustellen. Diese Äußerung des Abg. Hackenberg namens der deutschen sozialdemokratischen Partei wurde dort von uns zur Protokollierung verlangt. Sie sehen also, daß die Herren Kommunisten hätten warten müssen mit ihrer Anklage, bis wir zur Sache Stellung genommen haben, um nicht Beschuldigungen zu erheben, für die sie absolut nicht den geringsten Beweis erbringen können.

Die eigenen Erhebungen, die ich bei den Teilnehmern, bei den Verwundeten sowie bei den Kurgästen durchgeführt habe, die diese Vorfälle ganz objektiv von den Fenstern ihrer Wohnungen aus beobachten konnten, haben ein anderes Bild, einen anderen Eindruck über die Vorgänge gewährt, als sie im amtlichen Bericht dargelegt sind.

Einige Worte zu den Verhältnissen im Bezirk selbst. Hauptsächlich ist dort Steinindustrie vorhanden, eine schwere, körperlich furchtbar anstrengende Arbeit, kleine Löhne; es gehört dieses Steinarbeitergebiet zweifellos mit zu den Elendsgebieten des schlesischen Landes. Die Stundenlöhne bewegen sich auf der Höhe von 2.30 bis 3 Kè, es gibt dort auch - und gar nicht selten - Wochenverdienste von 48 bis 87 Kè, allerdings bei verkürzter Arbeitszeit. In letzter Zeit hat man nun versucht, auch noch diese elenden Löhne abzubauen. Die Steinindustriellen haben den Lohnabbau in die Wege geleitet. In der Kalkindustrie wurde der Lohnabbau durchgeführt. Es kam zu einem Streik. Die Arbeiter in der Kalkindustrie waren vor dem Streik zu zwei Dritteln unorganisiert. Der Streik brach aus, die Kommunisten nahmen sich der Sache an, es wurde dann von einem großen, achtunggebietenden Erfolg erzählt; es gelang nämlich, den Lohnabbau zu verhindern, nicht allein durch den Streik, sondern - ich bin kein Freund der politischen Bezirksverwaltung über dden Druck der politischen Bezirksverwaltung in Freiwaldau. (Výkøiky posl. Hadka.) Diese Tatsache nun, daß der angekündigte Lohnabbau bei einer unorganisierten Masse nach 3 Tagen mit Erfolg abgewendet werden konnte, hat der kommunistischen Partei die Möglichkeit gegeben, diesen Vorfall, diesen Erfolg einzig und allein auf Streiks und Demonstrationen zurückzuführen und sie haben nun versucht, auch die übrige Arbeiterschaft in dieser Richtung zu radikalisieren. Es muß weiter gesagt werden, daß die Tätigkeit, die in dieser Richtung entfaltet wurde, nicht so sehr der Frage des Lohnes und der miserablen Existenzverhältnisse der Steinarbeiter gegolten hat, sondern daß die Radikalisierung von kommunistischer Seite in den Betrieben dieses Steinarbeitergebietes vor allem mit den Schlagworten gegen die Sozialfascisten betrieben wurde. Es fand nun am 22. November in Freiwaldau eine Konferenz statt, die seitens der kommunistischen Partei einberufen war. Trotzdem man wußte, daß im Steinarbeitergebiet auch andere Organisationen vorhanden sind und doch gerade in einem so ernsten Kampfe selbstverständlich das Zusammenarbeiten notwendig ist, wenn man ernstlich den Kampf für die Interessen der Arbeiter zu führen gedenkt, stelle ich fest, daß das nicht geschehen ist, daß die freien Gewerkschaften, die dort ziemlich stark vertreten sind, zu dieser Konferenz nicht geladen wurden. Ich stelle weiter fest, daß die Kommunisten, ausgehend von dem unverantwortlichen Grundsatz: "Von unten heran an die Massen", die verantwortlichen Gewerkschaften übergangen haben, daß sie einfach durch Zettel und Zirkulare in den Betrieben die Arbeiter über den Kopf der Gewerkschaften hinweg, deren Mitwirkung doch erforderlich gewesen wäre, zu einer Aktion eingeladen haben, so daß diese Konferenz nicht als Einheitskonferenz, sondern als kommunistische Mache betrachtet werden muß, der der Ernst gefehlt hat, den hungernden Steinarbeitern zu helfen. Nun weiter: Auch die Konferenz selbst, an der wirklich auch anders organisierte Arbeiter teilgenommen haben ... (Výkøiky posl. Höhnela. - Hluk.)


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