Genau so ohnmächtig sind die Deutschen in der Regierung, wenn wir die ungeheuere Verschiebung der Besitzverhältnisse im Wege der sogenannten Boden- und Waldreform in den Kreis der Betrachtung ziehen, hat doch Staatspräsident Masaryk die Grundtendenz dieses Gesetzes vom 16. April 1919 in klaren Worten ausgedrückt, wenn er in seiner Neujahrsrede 1922 sagte: "Diese Reform ist in Wahrheit eine nationale". Diesen Worten des Präsidenten braucht man nichts hinzuzufügen, sie sprechen für sich. Trotz 5jähriger Teilnahme an der Macht gelang es noch nicht einmal durchzusetzen, daß im Verwaltungsausschuß des Staatsbodenamtes einige deutsche Mitglieder als bedeutungslose Statisten beigezogen worden wären. Ohne jede Kontrolle, selbständig und unabhängig schalten die nach dem Gesetze auf die Dauer von 3 Jahren gewählten 12 Mitglieder dieses wichtigen Ausschusses mit einem Stab von mehr als 1000 èechischen Beamten wider Recht, Gesetz und Billigkeit nun schon seit 13 Jahren und verschieben Milliarden deutschen Volksvermögens zu Gunsten des herrschenden Staatsvolkes und seiner Nutznießer, ohne daß es möglich gewesen wäre, einige bescheidene deutsche Ansprüche durchzusetzen und ein paar tausend Hektar für deutsche Bodenwerber zu retten.
Nicht viel günstiger liegen die Verhältnisse auf kulturellem und sozialem Gebiete. Trotzdem die Berechtigung der deutschen Forderung nach kultureller Autonomie von den èechischen Sozialdemokraten bereits mehr als einmal anerkannt wurde, trotzdem an der Spitze der Unterrichtsverwaltung in der Person des Dr. Dérer seit 2 Jahren ein èechischer Sozialdemokrat steht, dem es bei einigem guten Willen möglich wäre, den entsprechenden Gesetzentwurf in wenigen Wochen oder Monaten verhandlungsreif den gesetzgebenden Körperschaften vorzulegen, war es auch hier nicht möglich, auch nur einen kleinen Schritt in dieser für die Deutschen so wichtigen Frage vorwärts zu kommen oder sie einer befriedigenden Lösung zuzuführen. Immer wieder hören wir nur, daß sich das Ministerium gerade mit den vorbereitenden Arbeiten an einem Gesetzentwurf befasse, durch den die Schulverwaltung in der Republik geregelt werden soll. Es sei nötig, daß in diesem Entwurf auch die Be teiligung der Bevölkerung an der Verwaltung der Schulangelegenheiten enthalten sei. Also vorsichtig und gewunden beliebte sich der Herr Schulminister Dr. Dérer in der heurigen Kulturdebatte des Budgetausschusses auszudrücken, wo sich doch schon sein Vorgänger Dr. Hodža vor Jahren über diesen Gegenstand viel klarer aussprach und die Schulselbstverwaltung bereits für die allernächste Zeit in sichere Aussicht stellte. Daß auch Minister Dr. Dérer mit viel statistischem Material nachzuweisen versuchte, daß das deutsche Schulwesen im Verhältnis zur Gesamtzahl der deutschen Bevölkerung nicht geschädigt sei, ja sogar in manchem Schulbereiche ein Übergewicht der Deutschen festzustellen vermochte, verwundert wohl nicht mehr und vermag auch niemanden mehr zu täuschen. Durch geschicktes Zahlenjonglieren vermag man hier viel zu beweisen, was vor dem Lichte der Wahrheit nur als schillernde Seifenblase erscheint. Jedesfalls bleibt die Tatsache bestehen, daß das deutsche Schulwesen in allen seinen Zweigen gegenüber dem èechischen Schulwesen systematisch und absichtlich vernachlässigt und offensichtlich verkürzt wird, in der Absicht dadurch die Ausbildungsmöglichkeit deutscherseits herabzusetzen und das Fortkommen in der Zukunft zu erschweren. Nach der Volkszählung des Jahres 1920 beträgt das Verhältnis der Deutschen in den historis chen Ländern zu den Èechen 1 : 2ÿ3. Bei 429 deutschen Bürgerschulen nach dem Stande vom 31. Oktober 1930 gegenüber 1270 èechischen Bürgerschulen bedeutet das, daß die Èechen 285 Bürgerschulen mehr besitzen als ihnen gebühren. Bei 1554 deutschen Bürgerschulklassen gegenüber 4999 èechischen Bürgerschulklassen bedeutet dies, daß die Èechen 1398 Bürgerschulklassen mehr haben, als ihnen zukommen. Nach dem Stande der èechischen Bürgerschulen besitzen die Deutschen noch einen Anspruch auf die Errichtung von 610 Bürgerschulklassen. Das gleiche Bild zeigt sich bei den sogenannten einjährigen Lehrkursen (4. Bürgerschulklasse). Die deutschen Bürgerschulen besitzen 123 solcher Lehrkurse, die èechischen Bürgerschulen 517, was nach der Bevölkerungsziffer als Grundlage 232 Kurse mehr für die Èechen bedeutet. Nach dem gleichen Schlüssel hätten die Èechen Anspruch auf 20.384 Volksschulklassen, besitzen aber in Wirklichkeit 21.826 Klassen, sind also den Deutschen gegenüber um 1442 Volksschulklassen im Vorteil. Angesichts dieser sprechenden Zahlen wagt man noch zu behaupten, daß die Deutschen auf dem Schulgebiete nicht geschädigt sind! Und wie hier auf dem Gebiete des Volks- und Bürgerschulwesens, genau so liegen die Verhältnisse beim Mittel-, Fachund Hochschulwesen. Man möge nur einmal die prächtigen Paläste der èechischen Hochschulen in Prag mit den mittelalterlichen Unterkunftsräumen der deutschen Hochschulen und Fakultäten, oft in ehemaligen Stallungen und Kellern untergebracht, vergleichen, dieser Anschauungsunterricht genügt, um zu erkennen, was von schönen Worten, wie, daß das deutsche Schulwesen nicht geschädigt sei, in Wahrheit zu halten ist. Auch die Tatsache, daß das Investitionsprogramm 1932 auf dem Gebiete des Schulwesens von 88 Millionen Kronen kaum 4 Millionen, d. i. 4.5 % für deutsche Schulbauten vorsieht gegenüber 84 Millionen, d. i. 95.5 % für èechische Erziehungsbedürfnisse, und die aus den früheren Voranschlägen geschöpfte Beobachtung, daß sich dies jährlich in gleicher Weise wiederholt, spricht Bände. In den 6 Jahren seit 1927 wurde einschließlich des Voranschlages für das Jahr 1932 für Schulbauten vorausgabt insgesamt 543,677.500 Kè. Wenn der gleiche Maßstab wie 1932 genommen wird, - und er trifft auch mit unwesentlichen Schwankungen die ganzen Jahre über zu - so bedeutet das, daß im gleichen Zeitraum von dieser beträchtlichen Summe von rund 544 Millionen Kronen kaum 30 Millionen deutschen Schulbauten zugeführt wurden. Bei dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, daß das deutsche Schulwesen allmählich verfällt, den gestellten Anforderungen der Zeit und des Fortschrittes mangels an Mitteln nicht mehr folgen kann, während das èechische Schulwesen einen mächtigen Aufschwung nimmt, und der èechischen Jugend für den schweren Konkurrenzkampf des Lebens das bestmöglichste Rüstzeug mitgibt.
Die Haushaltungsdebatte hat in den Ausführungen der deutschen Redner in allen Kapiteln, auf allen Gebieten der Staatsverwaltung eine außerordentliche Vernachlässigung und Übergehung der berechtigten deutschen Forderungen aufscheinen lassen und auch ein erdrückendes Material geliefert, aus dem mit aller Deutlichkeit hervorging, daß das èechische Staatsvolk in allen seinen Parteien gar nicht ernstlich daran denkt, dem sudetendeutschen Volke vielleicht in der Zukunft Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und den Grundsatz der Gleichberechtigung aller den Staat bewohnenden Völker verwirklichen zu wollen. Die Behandlung der deutschen Anträge bei der Abstimmung zeigt wieder einmal klar die Gesinnung des èechischen Staatsvolkes. Nur ein einziger deutscher Antrag von den vielen fand Gnade vor den Augen der èechischen Parteien, der Antrag des Koll. Geyer auf Herausgabe eines Naturschutzgesetzes. Es wird vielleicht manche leichtgläubige Deutschen geben die Dummen und Träumer sterben bei uns leider nicht aus - welche in der Annahme dieses bedeutungslosen Antrages schon den ersten Schritt zur Besserung, die Morgenröte einer besseren Zukunft erblicken werden, zumal, wenn dieser "große deutsche Erfolg" in den deutschen Zeitungen entsprechend noch aufgemacht wird. Wir Nationalbewußten erblicken in diesem Vorgange lediglich nur eine grobe Verhöhnung unserer Gefühle und finden darin nur wieder wie so oft schon die unumstößliche Richtigkeit unserer Anschauung bestätigt, daß die nationalen Grundrechte eines Volkes nur in einem Nationalstaate sichergestellt werden können und daß die Èechen niemals bereit sein werden, deutsche Empfindungen zu schonen, deutschen Anschauungen und Forderungen Rechnung zu tragen. Die 13 Jahre hätten dem èechischen Staatsvolke bereits genügend Zeit und Gelegenheit gegeben, ihre so oft betonte freundschaftliche Gesinnung den deutschen Zwangsbürgern gegenüber durch Taten zu beweisen und nicht bloß immer rein akademisch von der Gleichberechtigung aller Bürger vor dem Gesetze zu sprechen. Aus dem natürlichen Selbsterhaltungstriebe unseres tiefen nationalen Empfindens heraus bekämpfen wir daher das in diesem Staate herrschende System, das in klarer Linie auf die Vernichtung unseres sudetendeutschen Volkstums hinausläuft, und werden uns in diesem Kampfe um unsere Selbsterhaltung aller geeignet erscheinenden, uns zu Gebote stehenden Mitteln bedienen. Wir werden auf diesem Wege in eine schönere, bessere Zukunft trotz aller Verfolgungen und Drangsalierungen nicht erlahmen, gilt es doch die Bahn für die weitere Entwicklung des deutschen Schicksals in Mitteleuropa freizumachen und freizuhalten, gilt es doch das Gefühl für die Schicksalsverbundenheit des gesamten Deutschtums auch in den bedrängten Herzen der Sudetendeutschen wachzuerhalten, bis zur Stunde der Befreiung. Die wachsende Erkenntnis über die Ergebnislosigkeit jeder deutschen Regierungsteilnahme und die allenthalben keimende Ansicht, daß nur die Zusammenfassung aller sudetendeutschen Kräfte zum geeinten Vorstoß eine Änderung unserer derzeitigen trostlosen Lage in diesem Staate herbeiführen kann und die Lebensrechte unseres Volkes zu sichern vermag, wird unsere Reihen stärken und uns die Kraft und den Mut geben, auf der als richtig erkannten Bahn, die uns durch die "Grundsätze der deutschen nationalen Politik" vorgezeichnet ist, auszuharren.
Jedem Volke muß das Recht zustehen, sein staatsrechtliches Schicksal selbst zu bestimmen, daher erfordert die deutsche nationale Politik für diejenigen Teile des deutschen Volkes [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 25. listopadu 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] sonach auch für das Sudetendeutschtum das uneingeschränkte Recht auf Selbstbestimmung. Diese klaren Bestimmungen unseres Parteiprogrammes umreißen eindeutig unsere Stellung zum Èechoslovakischen Staat.
Aus diesen natürlichen Gründen
werden wir gegen den Staatsvoranschlag stimmen, weil wir dem Staate
und seinen Organen das schärfste Mißtrauen entgegenbringen. (Potlesk.)
Hohes Haus! Soeben haben wir die erschütternde Nachricht erhalten, daß es in Freiwaldau bei einer Demonstration zwischen Arbeitern und Gendarmerie zu einem Zusammenstoß kam, dessen Ergebnis sechs Tote sind. Wir protestieren dagegen, daß gegen hungernde Arbeiter blaue Bohnen verwendet werden. Damit wird man der Krise nicht begegnen. Wir kennen die näheren Umstände noch nicht, wir kennen noch nicht die Details, unter welchen sich das tragische Schicksal abgespielt hat; aber wir verlangen jetzt schon ohne Kenntnis der Details unbedingt strengste Untersuchung und Bericht darüber, wer die Schuldigen sind, denen sechs Menschenleben geopfert werden mußten. Wir verlangen auch, daß die Schuldigen der Bestrafung zugeführt werden. Es muß der Zustand aufhören, daß man gegen demonstrierende und hungernde Arbeiter kein anderes Auskunftsmittel hat als schießende Gendarmerie. In allen Staaten der Welt haben wir eine schwere Krise und haben demonstrierende Arbeiter, aber nirgends wird so oft von der Schußwaffe Gebrauch gemacht wie in unserem Staate. Diesem Zustande muß ein Ende gesetzt werden, weil damit gar nichts erreicht wird. Es wird weder dem Staate, noch irgendjemandem sonst geholfen, es werden nur unsinniger Weise Menschenleben geopfert. Das soll unser Protest sein, ohne daß wir die näheren Verhältnisse kennen. Wir werden ja noch Gelegenheit haben, ausführlich über diese Dinge zu sprechen.
Nun zur Besprechung des auf der
heutigen Tagesordnung stehenden Budgets. 20 bis 30 Millionen Menschen
sind auf der Erde arbeitslos. Tag um Tag wird die Krise verschärft,
Tag um Tag wird sie größer. Es treten keine Erleichterungen, sondern
täglich und ununterbrochen nur Verschärfungen ein. Die kapitalistische
Gesellschaft wird von Tag zu Tag unfähiger, dieses Problem zu
lösen. Alle Verteidiger der heutigen Gesellschaftsordnung geben
die Schuld der Demokratie. Wo immer und wann immer über das Problem
der Arbeitslosigkeit und über die Wirtschaftskrise gesprochen
wird, ver sucht man in bürgerlich-kapitalistischen Kreisen die
Schuld der heutigen Krise der Demokratie zuzuschreiben und liebäugelt
dabei immer mit der Diktatur. Man liebäugelt immer damit, daß
in den Staaten, wo Diktatur herrscht, die Verhältnisse angeblich
besser sind. Nach den Berichten des Internationalen Arbeitsamtes
in Genf sind die Verhältnisse in allen Staaten Europas heute gleich,
ohne Unterschied wirkt und wütet die Arbeitslosigkeit in demselben
Maße. Sie ist auch heuer gegenüber dem Vorjahr in allen Ländern
gleich gestiegen. Die Wirtschaftsführer der kapitalistischen Gesellschaft
vermeinen, daß die Politik an der Krise schuld ist, ohne daß sie
imstande wären, irgend eine Lösung der Krise vorzuschlagen. Im
Inlande verlangen sie Schutzzölle, gegen das Ausland verlangen
sie Exportfreiheit und im Inland Einfuhreinschränkungen. Und mit
diesen alten Hilfsmitteln, die so kraß untauglich geworden sind,
wie wir es in dieser Krise sehen, wollen sie immer wieder die
Möglichkeit schaffen, die Krise abzuschwächen, die Ursachen zu
suchen, die angeblich schuld sind, daß die Krise dadurch verschärft
wird, (Výkøiky komunistických poslancù: Dolù s tribuny, sem
s ministrem! - Posl. Gottwald: Nebude se mluvit!)