Pátek 26. èervna 1931

Bei den Waggonlieferungen - das ist der zweite unerhörte Skandal - die im Deutschen Reiche Herr Sichrovský vermittelt hat, eine Person von der allereigenartigsten Qualität und Befürwortung, man muß gehört haben - man fürchtet sich beinahe es auszusprechen - daß Herr Jan Masaryk, der gegenwärtig Gesandter in London ist, ihn bei Herrn Støíbrný eingeführt habe. Es ist geradezu unerhört, wenn man derartige Dinge hört - das ist unwidersprochen geblieben; bei dieser Schiebung von 2.600 Waggons werden mit einem Handstreich 22 Millionen Provision in die verschiedenen Kassen eingestrichen in der unglaublichsten Weise.

Aber die interessanteste Affäre ist vielleicht die Mutovitzer Kohlenaffäre bei dieser ganzen Angelegenheit. Ein Generalstreik der Bergarbeiter ist im Lande. Eine Kohlengrube arbeitet unter bestimmten Voraussetzungen, weil sie weiß, und weil die Belegschaft weiß, daß die Einstellung der Kohlenlieferungen nach Österreich den Verlust auch dieses Absatzplatzes bedeutet. Nun wird diese Kohle nach Göpfritz in Niederösterreich transportiert, dort umkartiert und kommt als englische Kohle wieder - nicht ohne den englischen Kohlenzuschlagspreis erreicht zu haben - und das geschah in einer Zeit, wie der Herr Sektionschef Èerný im Untersuchungsausschuß gesagt hat, wo die Eisenbahnen kaum noch auf zwei oder drei Tage Kohlénvorräte gehabt haben, um den Kohlenarbeiterstreik zu brechen. Und in diesem Kabinett sitzen sozialistische Minister und gestatten, daß das möglich ist. Wir fragen uns: Wie weit muß denn da die Korruption bereits gediehen sein, wenn solche Dinge möglich sind, wenn das überhaupt möglich ist, wenn nicht nur Grundsätze der Partei, sondern die vitalsten Interessen der Arbeiterschaft auf diese Art und Weise verraten werden. (Výkøiky na levici.) Heute hat Herr Koll. Dr. Stránský hier in der Pose des Anklägers und in der Pose dessen, der sich nicht hat mißbrauchen lassen zu einer Anklage, sondern der in persönlicher Überzeugung, in seiner persönlichsten Reinheit diese Affaire ins Rollen gebracht hat, hier mit der großen Pose gesagt: "Ich kann diese Anklage erheben, denn ich bin rein". Ja, dann fragt es sich doch: ist er denn der einzige in diesen Bänken, der reine Hände hat, weil er in dieser Zeit noch nicht im Abgeordnetenhaus war oder in dieser Partei gesessen ist? Wenn er dann später sagt, wieder in der größten Emphase, es handle sich beim Fall Støíbrný durchaus nicht um Nebensächlichkeiten oder um eine bedeutungslose Person, das ist der Mann, der der Chef von Tausenden von Soldaten war, der Mann, der der Chef von Zehntausenden Beamten und Eisenbahnern war (Výkøiky: Der Mann, der die deutschen Eisenbahner abgebaut hat!) Jawohl, der Mann, der Tausende von deutschen Eisenbahnern hinausgeschmissen hat - das hätte er hinzufügen können - wofür er als Nationalheros gefeiert wurde, der Mann, der als Postminister Tausende Menschen unter sich gehabt hat, ja der Mann, der als Stellvertreter des Ministerpräsidenten den ganzen Staat zeitweise geleitet hat, und wenn er damit sagen will, daß die Autorität des Staates in Gefahr geraten sei, wenn er damit sagen will, daß dieser Fall so außerordentlich wichtig gerade deshalb sei, weil es sich um keine nebensächliche Person handelt, dann müssen wir doch an die Bänke da drüben die Frage richten, ob sie von diesen Dingen bis zum Jahre 1928 und 1929 nichts gewußt haben. (Souhlas na levici.) Diese Fälle sind doch in den Jahren 1920, 1921, 1922, 1923 und 1924 vor sich gegangen. Haben denn die Herrschaften damals ihren Herrn Georg Støíbrný - wir erinnern uns noch, wie er der Sturmheld der èechischen nationalsozialistischen Partei war - nicht gekannt? Warum haben die Herrschaften damals nichts davon gewußt - und es ist ja jetzt nachgewiesen worden, daß sie von all den Dingen gewußt haben. (Potlesk na levici.) Sie haben von all dem gewußt, sie haben geschwiegen und sie hätten geschwiegen und es ist nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, daß er noch zum Schluß ein Monument bekommen hätte, auf dem die Worte gestanden wären: "Er hat sich um den Staat verdient gemacht." Auch das wäre möglich gewesen, wenn er im Parteistall geblieben wäre und wenn nicht aus irgendwelchen persönlichen Differenzen mit dem Herrn Außenminister die Dinge sich angesponnen hätten, die jetzt zum Platzen und Reifen geraten sind. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.)

Noch eine interessante Beobachtung war im Zuge dieser Affaire zu machen: Dieser Herr Støíbrný, dieser Herr Eisenbahnminister, er ist doch auch nicht ganz kurze Zeit Postminister gewesen, auch nicht ganz kurze Zeit Minister für nationale Verteidigung. Er hat in diesen beiden Stellungen mindestens ebenso großen Einfluß auf die Lieferungen und auf die Vergabe von Aufträgen für Material gehabt. Es fragt sich doch: "Warum wird von diesen Dingen gar nichts gesprochen, warum hat der Koll. Koudelka von allem Anfang an davon geschwiegen, warum hat er über die Periode, wo Støíbrný Minister für Nationalverteidigung war, die Zeit, wo Riesenaufträge gerade an die Firma Škoda und eine Reihe anderer Kriegslieferungsfirmen gegangen sind, geschwiegen, in einer Zeit, wo die Kurse der Aktien dieser Kriegsrüstungsindustrie gewaltig in die Höhe gegangen sind, warum hat man gerade aus dieser Periode hier im Hause nichts gehört?"

Es fallen so viel Schatten aus dieser Affaire auf andere Kreise, als die heute Herr Støíbrný vertritt, daß den Herrschaften eben alles daran gelegen ist, diese Schatten in irgendeiner Weise zu retouchieren. Der Fall Støíbrný wäre - das ist nicht nur unsere Übrezeugung, sondern auch die Überzeugung der ganzen Öffentlichkeit und ich kann sagen, auch der èechischen Öffentlichkeit - niemals untersucht worden, wenn Støíbrný den Parteistall der nationalsozialistischen Partei nicht verlassen hätte. Bei der Untersuchung, die der Untersuchungsausschuß oder besser gesagt, Herr Koll. Koudelka, im Untersuchungsausschuß geführt hat, mußte jeder objektive Teilnehmer den Eindruck haben, hier handelt es sich um nichts anderes als um ein verspätetes Revolutionstribunal, hier handelt es sich nicht darum, Gerechtigkeit und Recht zu ergründen, hier handelt es sich nicht darum, den Moloch der Korruption irgendwie zu bekämpfen oder ihn prinzipiell umzubringen, sondern hier handelt es sich darum, eine mißliebig gewordene Persönlichkeit aus dem öffentlichen Leben endgültig zu beseitigen. Das ist natürlich ein Eindruck, dessen man sich nicht erwehren konnte und das den Beigeschmack der politischen Justiz und nicht dessen hat, was heute der Herr Referent und Herr Dr. Stránský hier gesagt haben, daß es sich darum handelt, die Reinheit des Staates und dessen Verwaltung dauernd sicherzustellen. (Souhlas.)

Das geht auch aus gewissen anderen Dingen hervor: Der Antrag, der uns heute von dem Ausschuß vorgelegt worden ist, dem wir zustimmen sollen, der sagt, das ist außerordentlich interessant, im ersten Teile, in der Begründung: "Die Tatsachen, die auf Grund der Beschuldigungen des Abg. Dr. Stránský vom Untersuchungsausschuß festgestellt worden sind, insbesondere die Tatsache, daß während der Zeit, wo der Abg. Støíbrný Eisenbahnminister war, in der Kohlenwirtschaft der Staatsbahnen die Lieferungen zur Eintreibung von Provisionen mißbraucht wurden, begründen eine ungünstige Meinung über seine Ehrenhaftigkeit." (Výkøiky: Wie vorsichtig!) Ja, sehen Sie, wie vorsichtig das ist. Es wird nicht gesagt, daß etwa der Untersuchungsausschuß festgestellt hat, diese und jene Affairen sind da, in diesen Affairen hat Støíbrný Provisionen vermittelt. Ja kein Urteil fällen, sondern Tatsachen feststellen zu können, zu denen der Untersuchungsausschuß gekommen ist! Es fällt den Herren ja nicht ein zu erklären, daß Støíbrný das und das getan hat, nein, daß im Eisenbahnministerium eine Mißwirtschaft gewesen ist. Niemandem wird persönlich nahegetreten, niemand wird auch persönlich haftbar gemacht für diese Dinge, sondern es wird lediglich erklärt: es war unter seiner Ministerschaft, also auf Persönlichkeiten werden sich die Dinge erstrecken, die den Minister zum Schlusse überhaupt nicht tangieren. Schauen Sie verzeihen Sie das Wort - solches Ergebnis eines Untersuchungsausschusses ist nichts anderes als eine Affenkomödie, eine Komödie, die hier der Öffentlichkeit gegenüber aufgeführt wird. Wir fragen, wo ist der erste Antrag, den der Koll. Koudelka seinerzeit vorgelegt hat, worin es geheißen hat: "Die Akten des Untersuchungsausschusses sind den Gerichten zu übergeben". Gar keine Spur mehr davon. Die Akten des Untersuchungsausschusses sind der Regierung abgetreten worden, d. h. ins Archiv des Ministeriums des Innern werden noch ein paar Akten mehr hineingeschoben werden und damit Schluß. Sehen Sie, es wird aus dieser Sache - und das ist das Unerhörte an diesem Spruch des Untersuchungsausschusses - es wird daraus nichts anderes, als eine in die Breite getretene, jetzt aber unangenehm gewordene Affaire auf ein Stockgeleise zu schieben, die dauernd in der Versenkung zu verschwinden hat. Ich frage, was ist mit der Aufforderung an die Regierung, die seit 1925 oder 1926 vom Senat beschlossene Ministerverantwortlichkeit jetzt endlich auch in diesem Hause anzunehmen? Auch dieser Antrag ist jetzt verschwunden, d. h. man will nicht einmal in Zukunft die Ministerverantwortlichkeit, dieses Versprechen der Staatsverfassung, durchführen, sondern man kommt jetzt wieder mit der Phrase - etwas anderes ist es ja nicht - daß der Regierung nahegelegt wird, - daß Mißbräuche bei der staatlichen Verwaltung und etwaige Unzukömmlichkeiten bei der Ausübung der Mandate u. s. w. nicht mehr vorkommen sollen, und daß die Regierung beauftragt wird, sich in kürzester Frist mit einer solchen Regelung der staatlichen Lieferungen zu befassen, damit eine Verletzung der öffentlichen Interessen und eine Schädigung der Staatsverwaltung vermieden wird. Wissen Sie, was das heißt: "Die Regierung wird beauftragt"?

Das heißt doch nichts anderes, als daß bisher der Korruption, dem Schiebertum, der Bestechung, Tür und Tor geöffnet worden ist und daß man jetzt erst darauf kommt, daß man hier etwas ändern soll. (Posl. dr Hassold: Wer soll denn etwas ändern?) Das wollte ich eben fragen. Es hat Koll. Dr. Keibl sehr richtig darauf hingewiesen, daß insbesondere der dritte Punkt, der fordert, daß die Regierung entscheidende Vorkehrungen treffen soll, daß bei Ausübung des Mandats der Mitglieder dieses Hauses keine Mißbräuche geschehen sollen, daß dieser Passus für jeden denkenden Menschen, der noch einen Begriff von Parlamentarismus überhaupt hat, unvereinbar erscheint mit dem Parlamentarismus, weil er doch nichts anderes bedeuten kann, als die Regierung über dieses Haus zu stellen, während doch in Wirklichkeit dieses Haus über der Regierung stehen müßte. Man kann an diesem Gedankengang bereits erkennen, wie tief die Auffassung des Parlamentarismus der Regierung gegenüber bereits gesunken ist (Souhlas na levici.), daß wir uns zu Bedienten und Beauftragten der Regierung herabwürdigen, so wie die Herrschaften mehr als einmal hier uns Parlamentarier so hingestellt haben, als ob wir Beamte dieses Staates wären, als ob wir die Diäten dafür bekämen, daß wir das tun müßten, was der Staat uns vorschreibt und zu fressen gibt. Wir sind aber nicht die Bedienten der Regierung, sondern wir sind hier Beauftragte des Volkes und haben als solche die Interessen des Volkes gegenüber der Regierung und dem Staate zu vertreten. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

Meine sehr Geehrten! Die Beschlußanträge sind also alles andere als solche, daß wir ihnen zustimmen könnten. Aber in allen diesen Dingen, sowohl beim Antrag Koudelka Nr. 1 als auch bei dem jetzigen Ergebnis des Untersuchungsausschusses fehlt uns noch immer ein wichtiges Glied. Wenn bei der Staatsmaschinerie oder bei der Verwaltung Lumpereien vorgekommen sind, wenn dort Bestechungen vorgekommen sind, wenn Schmiergelder nach Millionen bezahlt wurden, dann gehören zu allen diesen Dingen doch zwei oder mehrere Parteien, jedenfalls zwei Parteien, die eine, die sich bestechen läßt, die das Geld annimmt, um die verschiedenen Dienste außerhalb des sonst Möglichen zu besorgen, und eine zweite Partei, die die Bestechung vornimmt, die der Bestecher ist. Und sehen Sie, meine Herren, darüber hat weder heute Herr Dr. Stránský, der die Reinigung der öffentlichen Verwaltung so ungeheuer verteidigen will, darüber hat auch Herr Koudelka und der Ausschuß überhaupt nichts gesprochen, über die Tatsache nämlich, daß nicht nur die Diebe, sondern auch die Hehler bestraft werden müssen. Daß nicht nur der fahrlässige Beamte oder der Sektionschef, der sich irgend etwas zu schulden kommen läßt, bestraft wird, sondern daß auch die Organe und Firmen, die Petscheks und Weinmanns und wie sie da alle heißen, ebenfalls der Bestrafung zugeführt werden müssen, Firmen, die Millionen aus den Knochen der Arbeiter herausziehen und diese Millionen dazu benützen, um Überpreise eben durch Bestechung zu erreichen, die aber, meine Herren, straffrei bleiben. Wir haben eine Ausrede bei der Mehrheit, die Ausrede: "Wir haben keine Ministerverantwortlichkeit. Bis heute haben wir noch kein Gesetz, das diese Verantwortlichkeit statuiert." Aber es gibt keine Ausrede, diejenigen Herrschaften, die die Bestechung vorgenommen haben, nicht nach den bestehenden Strafgesetzen zu verfolgen. Wir fordern von diesem Hause, wir fordern von der Regierung und von den Staatsanwälten, daß sie einschreiten und daß nicht nur die Anklage erhoben wird gegen einen Einzelnen, die dann im Papierkorb verschwindet, ein unrühmliches Ende findet, sondern wir verlangen, daß vor allem jene Firmen und deren Funktionäre zur Verantwortung gezogen und bestraft werden, die sich diese Ungeheuerlichkeiten zuschulden kommen ließen.

Aber schauen Sie, meine Herren, es ist ja in diesem Lande nicht nur dieser eine Fall von Korruption vorhanden. Ich habe in meiner Einleitung bereits gesagt, daß es sehr notwendig wäre, insbesondere in das Ministerium für öffentliche Arbeiten einmal hineinzuleuchten. Fahren Sie doch oder gehen Sie doch einmal auf den Straßen, die wir in den letzten zwei Jahren mit neuen Fahrdecken überzogen haben. Das sind ja öffentliche Anklagen. (Souhlas.) Warum sind denn diese Straßen, die Hunderte von Millionen gekostet haben, bereits wieder vollständig ruiniert? Warum sind sie durchfahren, warum gleichen sie Kratern wie in der Flandrischen Gegend nach den Schlachten des Weltkrieges oder Mondlandschaften, warum denn? Weil das Ministerium für öffentliche Arbeiten nur einen bestimmten Kreis von Lieferanten bzw. Firmen zugelassen hat, die die Straßen herrichten und weil es doch für jeden Denkenden ganz klar ist, daß dieser beschränkte Kreis von Lieferanten natürlich macht, was er will, und daß alle diese Dinge nur so gemacht werden, daß man für unsere Bezirke nur dann eine Subvention bekommt, wenn man bereit ist, die Lieferung bestimmten Firmen zu vergeben. Wir haben einen solchen Fall in Aussig gehabt: Die Aussiger Bezirksvertretung hat einer Firma in Groß-Priesen, die das beste Patent, allerdings ein reichsdeutsches, aber von einer hiesigen bodenständigen Firma vertreten, die Lieferung vergeben; der Bezirk stimmte einstimmig zu, einschließlich des Vorsitzenden. Als man dann die Subvention ansPrach, die staatliche und die Landeszuweisung, wurde geantwortet: Nein, das geht nicht, das bekommt Ihr nicht, wenn Ihr nicht bei einer Firma die Straße herrichten lasset, die wir vorschlagen. Meine Herren, was ist das anderes als Korruption? Es ist Korruption! Es kann sich niemand vorstellen, aus welch anderen Gründen denn die Herrschaften die Liebe zu den gewissen Reparatur- und Straßenbaufirmen entdeckt hätten. Koll. Dr. Keibl hat heute schon darauf hingewiesen, daß man darüber hinaus bei der Vergebung der öffentlichen Bauten eine ebensolche Korruption betreibt. Ich frage Sie: Warum bekommt denn fast 40 % der öffentlichen Bauten die Firma Nekvasil, die überall auftaucht? Warum bekommen 4, 5 oder 6 Firmen, die die Bestellungen kaum in Evidenz halten können, alles allein, während einheimische bodenständige Firmen, die der bodenständigen Arbeiterschaft im deutschen Gebiet in der Zeit der ärgsten Not Arbeitsmöglichkeit geben könnten, keine öffentlichen Aufträge erhalten? Warum ist dies nicht möglich, bei besserer Ausführung und niedrigeren Preisen? Warum werden trotzdem vom Ministerium für öffentliche Arbeiten nur jene Firmen bevorzugt? Wundern Sie sich nicht, wenn Koll. Dr. Stránský hier gesagt hat, die Autorität des Staates sei in Gefahr. Ich sagen Ihnen: Draußen in den Bezirken und Gemeinden glaubt kein Mensch mehr an die Autorität des Staates, keiner hat mehr Achtung vor der Autorität der Ämter (Potlesk.); man hat sie nicht, weil man weiß, mit welchen Mitteln und Methoden die Verwaltung des Staates hier bei uns vor sich geht. Jeder Bürgermeister draußen wird ihnen erzählen von dieser wirtschaftlichen und politischen Korruption - denn es ist Korruption, wenn auf der einen Seite nur èechische Protektionsfirmen und Protektionskinder Aufträge bekommen, die deutschen aber nicht, auch wenn sie preiswerter und billiger sind und auch allen Voraussetzungen des Gesetzes entsprechen, genau so wie unsere deutschen Gemeinden und Bewerber bei der Bodenreform abgewiesen worden sind. Ich sage: Das ist genau dieselbe Korruption, vielleicht noch schlimmerer Art als wie die, die wir in den letzten Tagen gehört haben.

Auf dem Wappen dieses Staates steht ein Wort, das ein schöner Ausspruch des Präsidenten selbst ist, das Wort: "Pravda vítìzí". - Die Wahrheit siegt. Es steht auch hier über diesem Haus. Aber wenn wir den Akt, der heute vom Koll. Koudelka dem Hause vorgelegt wurde und der mit einem Beschlußantrag aus dem Haus expediert werden soll, uns noch einmal im Geiste vergegenwärtigen, dann müssen wir sagen: In diesem Augenblick hat die Wahrheit nicht gesiegt, sondern die Wahrheit ist mit einem dichten Schleier, mit dem Schleier der Mitschuld unzähliger anderer verhängt worden, und vom heutigen Tage an sollten Sie diesen Wahlspruch, wenn er vielleicht irgendeinmal bei Ihnen gepaßt haben mag, wirklich mit einem schwarzen Schleier verhängen. Die Wahrheit hat nicht gesiegt, die Wahrheit trauert, aber die Wahrheit kommt einmal ans Tageslicht und dann werden noch andere als Støíbrný daran glauben. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Pohla (viz str. 22 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das Ergebnis des Untersuchungsausschusses ist ein Kompromiß und wie jedes Kompromiß befriedigt es alle Teilnehmer an dem Kompromiß nicht. Aus diesem Grunde sind auch wir von der Formulierung und dem Ergebnis nicht voll befriedigt. Der Fall Støíbrný: Er ist nicht neu, das System ist nicht neu, das den Fall Støíbrný bloßlegt, aber dieser Fall deckt ein System auf, das weit über den Namen Støíbrný hinausreicht und von dem noch gesprochen werden wird, wenn vielleicht von Støíbrný nicht mehr geredet werden wird. Aber es ist doch gut, daß irgendwo und irgendwann und bei irgendeinem Anlaß das System, zu dem wir gekommen sind, wenigstens teilweise aufgedeckt wird. Wenn wir vom Fall Støíbrný reden, so will ich namens unseres Klubs betonen, daß unsere Einstellung zu dem Fall Støíbrný in dieser Sache mit unserer sonstigen Einstellung zu ihm, mit seiner Einstellung zu uns und mit den unerhörten Schäden, die er den deutschen Bediensteten und Arbeitern zugefügt hat, nichts zu tun hat. Losgelöst von dieser unserer Erwägung und Einstellung, ganz unabhängig davon, müssen wir zu dem Fall Støíbrný Stellung nehmen.

Was immer Sie sagen mögen, daß das nicht vollständig ist: eins glaube ich, hat die Untersuchung doch restlos und klar bewiesen: Der Fall Støíbrný ist der Prototyp des Systems der Protektion, Unreinheit, Bestechlichkeit und Korruption und es ist zweifellos, daß der Herr Støíbrný die Bestechung, diese Unordnung und Unreinlichkeit, zu einem förmlichen System gebracht hat. Es ist sein unzweifelhaftes Verdienst, daß er förmlich am hellichten Tag die Dinge geschehen ließ, Dinge von einem unerhörten Ausmaß, wie man es von einer Staatsverwaltung wahrscheinlich niemals erwartet hätte. Diese Bestechlichkeit, Unreinheit und Protektion in der öffentlichen Verwaltung bei Lieferungen wurden von uns, seit wir in diesem Hause sind, immer aufs Heftigste bekämpft. Unzählig sind die Versuche, die wir unternommen haben, um dieses System anzuklagen, aufzudecken und zu beseitigen. Ich erinnere Sie an die widerholten Reden von mir im Budgetausschuß und im Parlament, an die Reden meines Koll. Jarolim im Senat, wo wir das System der Korruption der Staatsbahnlieferungen angeprangert haben, aber leider: Wir haben keine Resonanz gefunden, nicht einmal Resonanz bei den Parteien und Blättern, die sich heute so in die Brust werfen, wie der Herr Koll. Krebs. (Posl. Krebs: Oho!) Nichts, kein Mensch hat davon Kenntnis genommen, keine Partei, keine Zeitung, weder die hakenkreuzlerische noch die kommunistische (Výkøiky: Das ist eine Unwahrheit! - Posl. Knirsch: Hat der "Sozialdemokrat" Notiz genommen von unseren Reden?) Es ist ein Unterschied, wenn ein System der Korruption aufgedeckt wird. Da habe ich in der Öffentlichkeit zu erklären, wie ich mich zu der Sache stelle. Das ist unterblieben. (Posl. dr Luschka: Dann stimmen Sie gegen den Ausschußbericht!) Das werde ich Ihnen noch sagen, Herr Koll. Luschka, haben Sie keine Sorge!

Ich habe besonders bei der Beratung des Voranschlags im Jahre 1927 im Budgetausschuß ein umfangreiches Beweismaterial vorgebracht und nachgewiesen, daß die Staatsbahndirektionen bei den Kohlenlieferungen im Jahre mindestens um 30 bis 40 Millionen geschädigt werden. Ich habe Details genannt. Der Herr Eisenbahnminister Najman hat geantwortet und gesagt, er gebe zu, die Anschuldigungen, die ich vorgebracht habe, seien richtig, aber als einzige Entschuldigung hat er vorgebracht: "Sie sind nicht bei mir, sondern bei meinem Amtsvorgänger entstanden." Gemeint hat er Støíbrný. Aber er hat auch mitgeteilt, er habe nichts gegen eine Untersuchung einzuwenden. Ich dachte mir: "Das ist gut, wenn der Minister der Untersuchung zustimmt", und darauf habe ich im Auftrage meines Klubs am 23. November 1927 den Antrag Druck 1302 eingebracht. In diesem Antrag habe ich verlangt, das Abgeordnetenhaus wolle beschließen, einen Untersuchungsausschuß mit der Überprüfung der Vorgänge bei der Vergebung der Kohlenlieferungen an die èechoslovakischen Staatsbahnen zu beauftragen. Dieser Antrag kam in den Initiativausschuß und der Berichterstatter in diesem Initiativausschuß war der Parteigenosse des Herrn Najman, der Herr Abg. Ostrý. Der Herr Abg. Ostrý hat die Ablehnung dieses Antrages mit der Begründung beantragt, der Antrag wäre ein Eingriff in die Staatsverwaltung, die dem Parlamente nicht zusteht. (Rùzné výkøiky.) Ich will damit nur feststellen: wenn der Initiativausschuß damals unserem Antrag stattgegeben hätte, wäre der heutige Antrag nicht notwendig gewesen, auch der Untersuchungsausschuß nicht und vielleicht hätte die Staatsbahnverwaltung, wenn damals gründlich untersucht worden wäre, 40 bis 50 Millionen Kè erspart. Das ist nicht geschehen, man hat diesen Antrag niedergestimmt, in der Öffentlichkeit, außer in den sozialdemokratischen Presse, war nicht die Rede davon, man wollte, daß über die Dinge nicht geredet werde. Ich sage es deswegen, weil ich berufsmäßig, nicht vielleicht so umfangreich, wie es der Untersuchungsausschuß tun konnte, aber doch seit Langem zu der Überzeugung gekommen bin, daß bei der Kohlenlieferung an die Staatsbahnen unkorrekt vorgegangen wird, daß Protektion und Korruption geübt wird. Hier möchte ich eine kleine Episode anführen. Im alten Österreich hat man die österreichische Eisenbahnverwaltung einmal beschuldigt, daß sie bei der Vergebung der Staatsbahnlieferungen protektionistisch vorgeht. Da wurde dann, um diesen Vorwürfen zu begegnen, alle 14 Tage ausgewiesen, von welchen Schächten und wieviel Waggons sogenannter Regiekohle die Eisenbahn bezogen hat. So blieb es einige Jahre auch in der Èechoslovakischen Republik. Man konnte nun auf Grund der monatlichen Ausweise feststellen, daß protektionistisch vorgegangen wird, und als man darüber Beschwerde erhob, was glauben Sie, hat die Èechoslovakischen Republik und der Eisenbahnminister - ich glaube, es war Herr Støíbrný - gemacht? Nach dem berühmten Muster des Kaufmanns, der zwischen seiner Frau und seinem Reisenden zu entscheiden hat und der das Kanapee herausgeworfen hat, hat der Minister die Veröffentlichungen verboten. (Veselost.)

Trotzdem gehen die Dinge weiter. Es ist unerhört - und ich stimme darin mit den Herren Vorrednern, die darüber gesprochen haben, überein - und provozierend, wenn man das Ergebnis des Untersuchungsausschusses dahin zusammenfaßt, daß Millionen und Millionen ausgerechnet bei Lieferungen von Kohle erpreßt werden, doch diese Beträge müssen irgendwoher kommen. Entweder werden sie den Bergarbeitern vom Lohne vorenthalten, oder es muß sie die Staatsbahnverwaltung als Überpreis bezahlen. Ein Drittes gibt es nicht. In dem einen wie dem anderen Falle werden die Beträge der Allgemeinheit, der Öffentlichkeit, vorenthalten, Öffentlichkeit und Allgemeinheit, seien es nun die Bergarbeiter oder der Staat, werden betrogen. Wo anders her können sie nicht kommen. Darum ist, sei es wie es will, kein Urteil streng genug, um derartige Begebenheiten zu bestrafen. Viel wichtiger aber ist, daß Einrichtungen getroffen werden, damit solche Dinge in Zukunft unmöglich gemacht werden. Heute ist bei der Staatsbahnverwaltung der Schlüssel, an wen die Regiekohlenlieferung verteilt wird, und der Preis, zu dem die Staatsbahndirektionen, das Eisenbahnministerium die Kohle einkauft, ein großes Amtsgeheimnis, und zwar ein so großes, daß dem zuständigen Sektionschef des Bergwesens, dem Sektionschef Fischer, seit Jahren jeder Einblick und jede Auskunft beharrlich verweigert werden. Das Ergebnis des Untersuchungsausschusses beweist uns ja mit der nötigen Klarheit, warum die Auskünfte verweigert werden. Man kann nicht anders.

Angesichts dieser Zustände legen wir als Partei besonderes Gewicht auf den Punkt 4 des Antrages des Untersuchungsausschusses. Das hat wieder seine besonderen Ursachen. Wir halten das Urteil im Falle Støíbrný für viel zu milde. Wir würden gerne einem schärferen Urteile zustimmen. Für die Vergehungen dieses Herren, der jetzt in der Pfütze sitzt und alles um sich herum zu beschmutzen sucht, weil er sich nicht reinwaschen kann, wäre keine Strafe hart genug.

Aber das fürchterlichste ist, daß die Zustände, die Støíbrný geschaffen hat, noch heute andauern, trotzdem er nicht mehr an seinem Platze ist. Darum legen wir besonderes Gewicht auf den Punkt 4, wonach die Regierung aufgefordert wird, neue Lieferungsbedingungen aufzustellen und die öffentliche Kontrolle herzustellen. Auf Grund dieser bewiesenen Tatsachen ist unerläßlich, daß dem Eisenbahnminister und seinen Beamten die alleinige Berechtigung, die Lieferungen zu vergeben, sofort entzogen wird. Täuschen wir uns nicht! Ein Minister, und sei er wer immer, kann den Auftrag zur Korruption, zu Durchsteckungen, zu Protektion geben. Aber es gehören nicht, wie Abg. Krebs gesagt hat, zwei dazu, der Hehler und der Stehler, es gehören noch andere dazu, nämlich eine Beamtenschaft, die das duldet. (Souhlas.) Eine absolut ehrliche und verläßliche Beamtenschaft würde so etwas zu verhindern wissen, aber man hat sich in den oberen Instanzen nicht aufrechte, sondern willfährige Beamte erzogen, die ohne Rücksicht auf Treu und Glauben, auf Redlichkeit und Ehrlichkeit alles vollziehen, was ihre Minister anordnen, in unserem Falle im Eisenbahnministerium.

Wenn ist sage, diese Dinge dauern noch an, werden Sie natürlich von mir wenigstens ein Beispiel als Beweis verlangen. Franz Stejskal, der schon so oft genannte, hat als einziger mit der Staatsbahnverwaltung einen Vertrag auf Staatsbahnlieferungen, der noch 3 Jahre dauert. Der Vertrag läuft schon 3 Jahre. Der Vertrag sieht vor, daß er 300.000 Tonnen Braunkohle zu liefern hat. Er erzeugt aber auf seinem Schachte nur 170.000 Tonnen. Der Preis für diese Braunkohle beträgt 110 Kè pro Tonne, bessere Braunkohle aber wird bei uns mit 70 bis 80 Kè verkauft. Der Mehrgewinn des Stejskal infolge dieser Preisüberzahlung beträgt darum 9 bis 10 Millionen Kè jährlich. Aber Stejskal ist ein guter Patriot. Er hat das Werk mit 180 deutschen und 40 èechischen Arbeitern übernommen, er hat es jetzt auf 140 deutsche und 348 èechische Arbeiter gebracht, und für diese Leistung wird er honoriert. Einmal überzahlt man ihm die Braunkohle mit über 9 Millionen, das anderemal liefert der Herr - hören Sie und staunen Sie - 12.000 Waggon Kladnoer Kohle von der Prager Eisenindustrie-Gesellschaft an die Staatsbahnen, und die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft zahlt ihm dafür 400 Kè pro Waggon. Das sind 4 8 Millionen Kè Mehrgewinn. Da habe ich nur diese zwei Posten als Beispiel genannt, was man heute noch an den Lieferungen an die Bahnverwaltung verdient. Ich glaube - wenn dieser Vertrag auch noch zurecht besteht daß solch ein Vertrag jederzeit, als den guten Sitten widersprechend, aufgehoben werden kann, wenn nichts ärgeres geschehen müßte. (Souhlas.)


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