Pátek 26. èervna 1931

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 132. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 26. èervna 1931.

1. Øeè posl. dr. Keibla (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):

Sehr geehrte Damen und Herren! Nur mit großem Widerstreben erfülle ich die mir als Vertreter meiner Partei im Untersuchungsausschuß obliegende Pflicht, zu dem in Verhandlung stehenden Fall Stellung zu nehmen, denn widerlich ist der Fall, sowohl was den objektiven Tatbestand betrifft, wie auch die Form, in der er behandelt werden will. Man könnte vielleicht auf dem Standpunkt stehen, daß die ganze Angelegenheit Georg Støíbrnýs eine Sache der internen èechischen Häuslichkeit sei, an der wir Deutsche in diesem Staate kein besonderes Interesse haben. Ich glaube, daß dieses Interesse doch vorhanden ist; denn schon die Tatsache, daß wir durch die Friedensverträge diesem Staat einverleibt sind und daß wir an dessen Geschick, wenn auch wider Willen, Anteil nehmen und Anteil haben, ist für uns Grund genug, uns zu all dem, was im öffentlichen Leben geschieht, einzustellen. Und aus diesem Grunde behaupte ich, daß wir ein Interesse - und zwar ein großes Interesse - daran haben, daß das hiesige öffentliche Leben entgiftet wird und daß es auch moralisch - sagen wir - möglichst einwandfrei ist. Wir haben infolgedessen wohl die Pflicht, zu all dem, was hier aufscheint und was beweist, daß die Dinge hier noch nicht so sind, wie sie sein sollten und sein könnten, Stellung zu nehmen und unsere Ansicht öffentlich kundzugeben.

Ich werde mich zuerst mit der Form der Verhandlungen im Untersuchungsausschuß befassen. Es ist das erstemal seit Bestehen des Staates, daß der Untersuchungsausschuß, der durch die Geschäftsordnung möglich, wenn auch nicht ausdrücklich vorgesehen ist, zus ammentritt und hier Dinge verhandelt, die nicht nur die persönliche Ehre des Betreffenden tief berühren, sondern auch Schäden aufzudecken hätte in der gesamten Verwaltung des Staates, ja darüber hinaus Schäden aufzudecken hätte. In der Auffassung der politischen Partein darüber, wie weit die Anteilnahme an der Regierung, die Tatsache, daß man in der Regierung sitzt, gleichbedeutend sei mit der Möglichkeit und Wünschbarkeit, aus dieser Tatsache für ihre eigenen Taschen Vorteile zu ziehen.

Zunächst muß ich feststellen, daß es sich bei den Dingen, die hier dem Abg. Støíbrný zur Last gelegt werden, um Tatsachen handelt, die alle fünf oder acht Jahre und auch noch längere Zeit zurückliegen. Es würde sich sofort die Frage ergeben: "Wie kommt es, daß die Sache jetzt erst untersucht wird, daß jetzt erst auf ei nmal sich der Sturm der Entrüstung erhebt, während man doch genügend Zeit gehabt hätte, in den vergangenen Jahren darüber nachzudenken, ob das, was der Minister Støíbrný, was der Abg. Støíbrný und was der Privatmann Støíbrný aufgeführt hat, mit der öffentlichen Moral vereinbar wäre?" Der Untersuchungsausschuß hat ja in gewisser Beziehung Material zu Tage gefördert, das an und für sich wirklich Beweis genug ist, daß der Schluß gerecht fertigt erscheint, der im Bericht des Referenten enthalten ist, daß eine ungünstige Meinung über die Ehrenhaftigkeit des Abg. Støíbrný begründet ist, oder positiv ausgedrückt, daß wir mit Grund annehmen können, daß der Herr Abg. Støíbrný ein Ehrenmann und Ehrenkavalier mit großen Unterbrechungen ist. Ich glaube, daß in dieser Beziehung der Untersuchungsausschuß gewiß Recht hat, aber wiederum frage ich: "Wieso kommt es, daß er mit diesen Feststellungen jetzt erst, nach so langer Zeit, kommt, während es ja doch schon in der vergangenen Zeit alle Spatzen von den Dächern gepfiffen haben, daß in der èechischen Staatsverwaltung nicht alles seinen ordentlichen weg geht, daß die Öffentlichkeit schoh lange dieselben Namen, die wir im Untersuchungsausschuß zu hören beko mmen haben, wußte, daß man auch konkrete Tatsachen anzugeben vermochte, daß durchaus kein Geheimnis, höchstens ein öffentliches Geheimnis war, was den Gegenstand dieser Untersuchung machte, daß man schon reichlich Zeit und Gelegenheit hatte, sich zu entrüsten, und daß man erst das Jahr 1931 herankommen ließ, um dieser moralischen Entrüstung öffentlich Ausdruck zu geben". Ein jeder, der zusieht, weiß und kennt sofort die Zusammenhänge: In dem Augenblick, wo Georg Støíbrný aus den Regierungsparteien ausschied, in dem Augenblick, wo er von der èechischen nationalsozialistischen Partei ausgeschlossen wurde, in dem Augenblick, in welchem er sich selbständig machte, eine eigene Partei begründete und nun von dieser neu gewonnenen Position aus Sturm lief gegen seine früheren Freunde, mit einem Wort, in dem Augenblick, wo er zur Opposition übergegangen war, war es um ihn geschehen. Wäre er - der Schluß ist ohne weiters berechtigt - wäre er weiterhin Mitglied der èechischen nationalsozialistischen Partei geblieben, so hätte kein Hahn nach dem gekräht, was er in der Vergangenheit getan hat. (Sehr richtig!) Da wäre ihm alles vom Haus aus verziehen gewesen, ja, er hätte auch einen Freibrief für alle Zukunft bekommen, da wäre gar nichts an seiner Tätigkeit auszusetzen gewesen. (Výkøiky na levici.) Jetzt erst, als er unbequem wurde, also der Burg und all den Kreisen, die von dort aus gestützt werden und wiederum die Burg stützen, unangenehm wurde, nun galt es, den Mann einfach zu beseitigen. Er ist ja nicht der erste, der diesem Scherbengericht zum Opfer gefallen ist. Es sind ja schon andere vor ihm gefallen. Ich will gleich feststellen, daß ich gar keine Ursache habe, mich irgendwie für Herrn Støíbrný einzusetzen, und daß ich einen dicken Strich ziehen will zwischen ihm und mir, und ebenso habe ich gar keine Ursache, mich vielleicht für Herrn Pergler - oder für den emeritierten Drogistenlehrling aus Göding einzusetzen, der es ja schließlich beinahe zum Feldmarschall gebracht hat, während er im Nebenberuf Meuchelmörder und Straßenräuber gewesen ist.

Aber, meine sehr Geehrten, die Tatsache gibt zu denken, daß die Leute von den Regierenden in einer Weise behandelt worden sind, wie es eigentlich wohl nicht sein soll, und ich zweifle, ob der schließliche Erfolg jener sein wird, den die Regierenden mit allem ihren Handeln und Tun eigentlich erreichen wollten und wollen.

Heute schon ist es sicher, daß Herr Pergler zurückkehren und seinen Mann stellen wird und daß er seine Tätigkeit nicht aufgeben wird. Heute ist es auch schon sicher, daß Herr Støíbrný weiter Opposition machen wird, und da der Mann zweifellos Material hat, vielleicht mehr Material, als es sich gewisse Kreise vorstellen, so dürfte die Zukunft noch weidlich interessant sein.

Und noch etwas anderes: So bedauerlich und so immer unsauber es ist, den Henker für andere Leute abzugeben, so ist es andererseits eine Tatsache, daß politisch Verdächtige, wenn Sie wollen, politisch Abgeurteilte, in den Augen der großen Menge immer zu Märtyrern werden, daß sie eine Gloriole bekommen, die sie sonst unter anderen Umständen niemals zu erreichen die Gelegenheit gehabt hätten. Ich weiß z. B., daß gestern bereits, wenn ich nicht irre, in den Weinbergen Herr Støíbrný eine große Versammlung abgehalten hat, die bis zum letzten Platz gefüllt war und die einmütig für Herrn Støíbrný ausgegangen ist, ein Beweis, daß er die Volksseele wohl zu behandeln versteht, und die Volksseele ist ein Instrument, das, meine sehr geehrten Herren, anders reagiert als der Untersuchungsausschuß und wo man nie weiß, was zum Schlusse herauskommt. Es kann leicht der Fall sein, daß in der Folgezeit sich die Rollen vertauschen werden und daß der heutige Angeklagte und Geächtete eines Tages die Rolle des Anklägers übernimmt.

Der Untersuchungsausschuß ist das Musterbeispiel eines politischen Gerichtes gewesen, eines Gerichtshofes, wie er nicht sein soll. Von einer Objektivität habe ich als Richter nicht allzuviel beobachten können. Ich habe feststellen müssen, daß so ziemlich alle Anträge der Verteidigung von Haus aus abgelehnt worden sind, daß man geflissentlich bemüht war, die Sache in jene Richtung zu lenken, die man von vornherein beabsichtigt hatte, und daß man gemüht war, alles das, was irgendwie trübend und erschwerend hätte erscheinen müssen, abzuwenden.

Es sind eine ganze Menge Anträge seitens des Herrn Støíbrný gestellt worden. Es sind auch andere Anträge gestellt worden, die, vor einem ordentlichen Gericht vorgebracht, zweifellos hätten angenommen werden müssen, vorausgesetzt, daß man überhaupt die Absicht hatte, wirklich objektive Wahrheit zu erforschen. Man hatte aber diese Absicht nicht, sondern man wollte nur die Wahrheit hören, auf die es von Haus aus abgesehen war (Souhlas.), man wollte die Prämissen zu dem Schlusse schaffen, den man schon fertig in der Tasche hätte, und das, meine Herren, muß jeden anständigen Menschen von Haus aus verstimmen.

Es ist ja auch nicht alles, was gegen Herrn Støíbrný hätte untersucht werden können, auch tatsächlich untersucht worden. Wir wissen ja ganz genau - und es ist wieder ein öffentliches Geheimnis, das eben kein Geheimnis ist und das auch den Regierungsparteien bekannt ist - daß die Tätigkeit des Herrn Støíbrný mit all dem, was im Untersuchungsausschuß vorgekommen ist, noch lange nicht abgeschlossen ist. Wenn ich mich recht zu erinnern vermag, war Herr Støíbrný doch eines Tages auch Landesverteidigungsminister, und wenn ich mich weiter zu erinnern vermag, hat es auch damals - no, sagen wir Unregelmäßigkeiten gegeben. Und wenn ich mich weiter zu erinnern vermag, so gab es eine Zeit, wo die Verfassung dieses Staates nur auf des Messers Schneide stand. Damals hat Herr Støíbrný als Landesverteidigungsminister nicht nur mit einer Diktatur nach Mussolinis Muster gespielt, sondern war schon knapp daran, dieselbe auch zu verwirklichen. Damals hat er sich seinen Liebling Gajda und tutti quanti dazu genommen, und es war eine regelrechte catilinarische Verschwörung gegen die Republik, die nur im letzten Augenblick verhindert wurde. Ich glaube, soviel Jurist zu sein, um behaupten zu können, daß das doch eigentlich das Verbrechen des Hochverrates beinhaltet, also auch ein Verbrechen, und darüber ist nicht gesprochen worden, wie über sovieles andere nicht gesprochen worden ist.

So schaut ein Untersuchungsausschuß, der die objektive Wahrheit finden will, der im Namen der verfolgten Unschuld sozusagen auftritt, nicht aus. So schaut ein politisches Scherbengericht aus, das den Mann von Haus aus verurteilt und seine Verantwortung gar nicht hören will.

Und dann, meine sehr Verehrten! Wie groß hat die Sache angefangen und wie klein hat sie eigentlich zum Schluß geendet. Es ist noch nicht lange her, da hat man vom Herrn Referenten Koudelka ein Elaborat bekommen, das glaube ich, 150 Seiten umfaßt hat, und in diesem Elaborat waren eine ganze Menge Tatbestände angeführt, teils richtige, teils falsche, teils gut umschriebene, teils nur angedeutete. Es war das keine Anklageschrift im Sinne der Strafprozeßordnung, sondern auch nur so ein politisches Referat, zugespitzt auf eine einzelne Person. Aber man sah darin wenigstens die Absicht, und wenn ich so sagen darf, die ernste Aufgabe, der Sache gerecht zu werden. Was ist aber aus diesen 150 Seiten Anklageschrift zum Schluß geworden? Ein mageres Blatt, und die Schlußanträge von heute lauten ganz anders als seinerzeit.

Und noch etwas: ich glaube, es hätte doch die Wichtigkeit des Gegenstandes erfordert, daß uns der Herr Berichterstatter etwas mehr erzählt hätte, als das, was hier gedruckt steht. Denn ich glaube, er hat sich lediglich auf diesen Druck beschränkt. In einem derartigen Falle hätte man doch einen Kommentar geben können und hätte auf Verschiedenes reagieren müssen. Vielleicht geschieht es noch im Schlußwort. Ich will nicht vorgreifen; denn wir wissen ja heute schon, es sind eine ganze Menge Anklagepunkte fallen gelassen worden, weil man Beweise nicht erbringen konnte, ja nicht einmal den Schatten eines Beweises. Man hat sie zweifellos übernommen; das macht vor allem anderen keinen guten Eindruck.

Ferner hat man nur den Herrn Støíbrný im Auge gehabt, und aus der Untersuchung ist zweifellos hervorgekommen, daß der Herr Støíbrný Komplicen hatte. Es ist infolgedessen nach meiner bescheidenen Überzeugung notwendig, daß man die Untersuchung auf die Komplicen ausdehnt. Aber davon wollen die Herren nichts wissen. Und diese Komplicen sind nicht unbekannt, sie sitzen vielleicht sogar hier auf den Bänken und sind die Ankläger von gestern. Es gehört ein Stück sagen wir - moralischer Robustheit dazu, sich zu einer derartigen Rolle herzugeben. Es sind infolgedessen nicht moralische Gründe, nicht das Bestreben, das öffentliche Leben sittlich zu reinigen oder auf eine höhere sittliche Stufe zu heben, die Motive, die Grundlage dieses Verfahrens, sondern es sind politische Ursachen da, welche diesem Verfahren zugrunde liegen, und es ist nichts anderes als der Kampf des Herrn Außenministers Dr. Beneš gegen den Herrn Støíbrný und jene Leute, die um den Herrn Støíbrný versammelt sind. Es ist ferner unser aller Überzeugung, daß auch der Herr Beneš in moralischer Beziehung von Herrn Støíbrný nicht allzu weit gestellt werden kann, und wenn der Untersuchungsausschuß wirklich ordentlich vorgegangen wäre, so wäre zweifellos festgestellt worden, daß es eine Zeit gab, in welcher beide Herren einträchtig und vergnügt mitsammen gearbeitet haben, wobei jeder in seiner Art seinen Vorteil davon gehabt hat. (Výkøiky na levici.)

Nun, meine Damen und Herren, es wird gegen die Korruption gekämpft, und gerade für uns Deutsche ergibt sich nunmehr die Frage: Ist Korruption nur dann vorhanden, wenn eine oder mehrere Personen ihre amtliche Stellung benützen, um sich auf Kosten der Allgemeinheit Vorteile zu verschaffen und zu bereichern, oder ist es nicht auch Korruption, wenn ein ganzer Staat, wenn die Staatsverwaltung, wenn vor allem anderen das den Staat regierende Volk sich auf Kosten der Minderheiten ebenfalls bereichert, die Rechte, die von Haus aus den Minderheiten zukommen sollen, mißachtet, sie mit Füßen tritt, aus den Staatsbürgern solche macht, die bevorzugt sind und solche, - die weniger oder gar keine Rechte haben? (Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 26. èervna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 73 této tìsnopisecké zprávy.) Ich könnte in die Vergangenheit zurückblicken und vom Anfang an Tatsachen anführen, welche meiner Behauptung Recht geben. Ich gehe zunächst ganz kurz nur in die Zeit zurück, da der Staat entstand, und ich weiß, daß es auch so eine Sache ist, die nicht im Untersuchunsausschuß erörtert worden ist, daß zur Zeit des Krieges die amerikanischen Èechen und Slowaken eine ganze Menge Geld, man spricht von mehreren Mlillionen Dollars, gesammelt haben, um die Gründung dieses Staates zu ermöglichen. Dieses Geld ist durch viele Hände gegangen, vielleicht war auch der Herr Koll. Støíbrný dabei, aber es waren auch andere Hände dabei, und es ist Tatsache, daß von diesem Geld heute nichts mehr da ist und daß es auch unmöglich ist, irgend eine Abrechnung über diese Gelder zu bekommen. Und bitte, als der Herr Außenminister Beneš die Friedenskommission in seinem Sinne beeinflußte, da war es ihm auch nicht um die Wah rheit zu tun, sondern er setzte sich hin und verfaßte jenes Memoire III, das auf ewig ein Schandfleck in der Geschichte dieses Staates sein wird. Auch dieses Memoire III gehört mit in das Lügengewebe, auf dem dieser Staat mitaufgebaut ist, und auch dieses Memoire ist hier mithineinzunehmen. Dann die Verfassung; sie beginnt gleich mit einer Feststellung, die ja der Wahrheit widerspricht, wenn sie sagt, daß sämtliche Völker dieses Staates sich freiwillig zus ammengetan haben, um diesen Staat zu gründen. So könnten wir eine Reihe nach einander aufzählen. Ich verweise z. B. auf die große Frage der Kriegsanleihe. Wir alle wissen, daß mit der Kriegsanleihe Schiebungen stattgefunden haben, die das Maß des Zulässigen weit überstiegen, daß große Bankinstitute - man nennt die Živnostenská banka und verschiedene andere davon Nutzen gezogen haben, gegen das Gesetz, und daß es einen Finanzminister gegeben hat, welcher diese Sache ermöglicht und begünstigt hatte und daß dadurch für den Staat ein Millionenschaden entstanden ist. Warum kümmert man sich nicht darum? Wir kennen alle diese und ähnliche Dinge aus dem Kapitel der Bodenreform. Man lasse einmal einen Untersuchungsausschuß für das herrliche Bodenamt in Aktion treten und man wird sehen, was dort für ein Gestank aufsteigen wird. Es wird ja heute vorläufig nur gemunkelt, aber wir wissen, wie die Restgüter von Hand zu Hand gehen und wie es gemacht wird, wie man plötzlich über Nacht aus einem armen Mann ein reicher Millionär werden kann. Auch das gehört in das Kapitel Korruption, aber da hält man sich die Ohren hierzulande zu.

Das dritte ist die Vergabe von staatlichen Bauten. Auch da möchte einmal ein eiserner Besen genommen und gekehrt werden. Es gibt gewisse Firmen, die eine derartige Protektion vom Arbeitsministerium genießen, daß man nicht umhin kann, sie mit gewissen Bauten zu betrauen. (Posl. Horpynka: Das sind die genialsten Baumeister, denen fällt jeden Tag etwas Neues ein!) Jawohl. Es ist festgestellt, und ich möchte es in diesem Zusammenhange hier vorbringen, daß Bauten hier in der Stadt, in der nächsten Nähe dieses Hauses, die erst vor kurzem als Prunkbauten aufgeführt worden sind, jetzt zus ammenzustürzen drohen. Es ist dies das Gebäude der èechischen Naturwissenschaftlichen Fakultät und auf der anderen Seite das der juristischen. Millionen haben diese Bauten gekostet, abgenommen wurden sie von den Baufirmen, kollaudiert sind sie und heute findet man, daß das alles nur einstürzende Buden sind. Man hat sich so sehr entrüstet über den Fall der Mutowitzer Kohle usw. bei Herrn Støíbrný, aber bitte, sind denn die ganzen Geschichten von den Kohleneinfuhrscheinen im großen und ganzen nicht etwa dasselbe gewesen? Haben denn nicht so viele Parteien davon Nutzen gezogen auf Kosten der Allgemeinheit, ohne sich zu genieren, und tun sie das nicht bis heute noch? Ist das nicht auch Korruption? Und in der letzten Zeit: Wir donnern hier bei jeder Gelegenheit gegen die Kartelle, wir zeigen auf, wie auch durch die Kartelle alles verteuert wird, wie die Lebenshaltung künstlich heraufgeschraubt wird, wie der freie Markt gedrosselt wird, wie in der Zeit der Not die Not noch vergrößert wird, und das Arbeitsministerium geht voran mit der Gründung eines neuen Kohlenkartells. Und wir sind nicht weit entfernt davon, daß wir das Obstkartell, die Èechofruct, bekommen. Ich warne von dieser Stelle aus. Dann sind unsere Obstbauern den Obst- und Körndljuden ausgeliefert und müssen jeden Preis bewilligen, den diese von ihnen verlangen. Das sind so Zeichen, wie man das wirtschaftliche Leben in den Dienst des politischen stellt, um daraus auf Kosten der Allgemeinheit Nutzen zu ziehen.

Ich will auf das Politische übergehen. Wie behandelt man uns Deutsche immer noch in diesem Staate, trotzdem wir, bei Gott, durch unser 12 jähriges Verweilen in diesem Staate ihm wahrlich alles gegeben haben, was man füglich von uns verlangen kann, wie hat man unsere Beamten behandelt, wie hat man unsere Schulen gedrosselt, wie provoziert man uns heuer wieder mit den Sokoleinbrüchen und bringt uns auf diese Weise die von uns immer geforderte Loyalität bei? Es ist nicht ein Støíbrný in diesem Hause, es sind eine ganze Menge Støíbrnýs in diesem Hause, und wenn Sie schon in diese ganze Geschichte hineinsteigen wollten und wenn Sie wirklich nicht aus politischen Ursachen gehandelt hätten, dann hätten Sie die Sache ganz anders aufzäumen müssen.

Zum Schluß möchte ich mich noch mit den Anträgen befassen, die uns gestern und heute der Herr Berichterstatter zur Abstim mung vorgelegt hat. Es sind 4 Anträge. Ich habe absichtlich beim Hauspräsidium beantragt, daß über die Anträge einzeln abgestimmt weden soll, weil ja doch nicht alle gleich behandelt werden können. Der erste Antrag ist schließlich begreiflich. Wir werden gegen ihn stimmen, weil wir uns mit dem Vorgehen des Untersuchungsausschusses in keiner Weise einverstanden erklären können. Wir sind dafür, daß diese Angelegenheit dorthin komme, wo sie hingehört, nämlich vor die ordentlichen Gerichte. Das sind Dinge, welche im Gerichtssaal auszutragen sind, wo es einen gesetzlichen Anklänger und gesetzliche Rechte für die Verteidigung gibt und wo man nicht so ohne weiters über die Ehre eines Menschen hinwegschreiten kann. (Posl. Krebs: Mit Mehrheitsbeschluß!) Ja, mit Mehrheitsbeschluß. (Posl. Krebs: Hier wird es aber keine unabhängigen Richter geben!) Ich komme darauf noch zu sprechen.

Dem dritten Antrag können wir nicht unsere Zustimmung geben. Ich weiß nicht, ob Sie ihn durchdacht haben. In dieser Allgemeinheit bedeutet er nichts mehr und nichts weniger, als daß das Parlament die Regierung, die Verwaltungsbehörden auffordert, den Sittenrichter über die Tätigkeit der freien Parlamentarier zu spielen. Dazu ist die Regierung nicht da. Sie ist da, um zu verwalten und Gesetze zu geben. Aber das gehört in die Autonomie des Parlamentes, über die Reinheit seiner Mitglieder und des öffentlichen Lebens zu wachen, dazu ist der Immunitätsausschuß oder, wenn Sie wollen, das Präsidium des Parlamentes da, aber nie die Regierung. Ich würde es unter meiner Würde halten, einem derartigen Antrage zustimmen, geschweige denn ihn überhaupt zu stellen. Sie sagen in Ihrem Berichte, daß das ganze, was im Untersuchungsausschusse geschah, dem künftigen Gerichtsverfahren nicht präjudizieren wird. Ich bestreite das. Ich mache da vor allem aufmerksam auf Folgendes: erstens ist die Unabhängigkeit der Gerichte nicht mehr so groß wie früher; es gibt heute viel zu viele Bindungen, parteilicher, politischer Art, eventuell auch direkte Beeinflussung, welche die Gerichte vielfach veranlaßt, so zu entscheiden, wie man es oben gerne hat. Je höher das Gericht steht, um so größer ist die Beeinflussung. Wir sehen heute bereits, daß der Oberste Gerichtshof in Sachen, wo es sich vor allem anderen um politische Dinge, um das Schutzgesetz handelt, ganz anders urteilt als in früheren Jahren, daß die Berufung des Staatsanwaltes an das Oberste Gericht immer von Erfolg begleitet ist, daß das Oberste Gericht die Strafen immer verschärft, nie herabsetzt, in einer Weise, daß man unwillkürlich aus der Menge und der Gleichartigkeit der Entscheidungen schließen muß, daß es nicht nur die richterliche Überzeugung ist, die hier diese Dinge ermöglich, daß Einflüsse von außen da sind.

Dann vergessen Sie nicht den Eindruck nach außen. Wenn Støíbrný bei Gericht schuldig gesprochen wird - und er soll schuldig gesprochen werden so werden Sie es keinem Menschen Ihrer Bevölkerung ausreden können, daß der Mann politisch abgeurteilt worden ist. Jeder Mensch wird Ihnen sagen, der Støíbrný mußte abgeurteilt werden, und Sie werden, wie ich schon eingangs meiner Rede sagte, einen Märtyrer haben und so das Gegenteil dessen erreichen, was sie ursprünglich erreichen wollten. Darum sage ich zum Schlusse: das Urteil in dieser Sache wird nicht im Namen der Republik gefällt werden, sondern im Namen einer politischen oder gar privaten Rache. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Krebse (viz str. 18 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! (Hluk.) Koll. Dr. Stránský hat seine große Rede . . . (Hluk.)

Místopøedseda Špatný (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krebs (pokraèuje): Hohes Haus! Koll. Abg. Dr. Stránský hat seine Rede mit einem Ausspruch des Präsidenten der Republik abgeschlossen, jenem Zitat, das der Präsident, der Schöpfer dieses Staates, an dem Tage, an dem er den Boden der Republik zum erstenmal betreten hat, aussprach: "Fürchtet Euch nicht und stehlet nicht!" Dieses Schlußzitat des Herrn Koll. Dr. Stránský möchte ich an die Spitze meiner Ausführungen stellen, weil uns ja ganz allgemein bekannt ist, daß der Volkswitz nicht ohne Begründung diesem Worte eine kleine Wendung gegeben hat. Diese Wendung heißt: "Fürchtet Euch nicht und stehlet!" Wenn wir uns die Verhandlungen des Untersuchungsausschusses, der im Falle des Abg. Støíbrný eingesetzt war, im Geiste noch einmal rekapitulieren, so müssen wir wirklich zu der Überzeugung kommen, daß in dieser Republik so ungeheuer viel gestohlen worden ist, daß selbst das, was in diesem Ausschuß an das Tageslicht gekommen ist, nicht viel mehr ist, als das Aufsteigen einer Sumpfblase aus dem großen, gewaltigen Korruptionssumpf. Es ist ja bezeichnend, daß Abg. Støíbrný darauf hingewiesen hat, daß er ja die Gelder, die da und dort für eine Provision hereingekommen sind, gar nicht persönlich verbrauchte, sondern daß dieses oder jenes Zeitungsunternehmen, diese Partei oder jenes Genossenschaftsunternehmen einige Zehntausend, einige Hunderttausend, einige Millionen Kè bekommen hat, so daß er sich zum Schluß in seiner Verteidigungsrede angeboten hat, einen Manifestationseid darüber abzulegen, daß sein gesamtes Vermögen nicht 700.000 Kè übersteigt. Aber er hat allerdings eine Bedingung daran geknüpft, die ihn veranlassen sollte, den Manifestationseid abzulegen, nämlich die, daß auch die übrigen Minister dieses Staates diesen Manifestationseid über ihr Vermögen ablegen sollen. Gerade diese schöne Riposte, dieser schöne Widerschlag scheint der Grund gewesen zu sein, warum in der Untersuchung eine solche Menge von Fällen, an deren Veröffentlichung, an deren vollkommener Aufklärung nicht nur der Untersuchungsausschuß und das Parlament, sondern die gesamte Öffentlichkeit dieses Staates ein außerordentliches Interesse hatte, unter den Tisch gefallen ist. Man könnte sich natürlich auf deutscher Seite auf den Standpunkt stellen: "Wascht Euch Euere Schmutzwäsche untereinander, macht Euch diesen ganzen Korruptionssumpf selbst in Euerem eigenen Lager aus!" Aber, meine Herren, dieser Auffassung widersprechen zwei wichtige Gründe; auf der einen Seite, daß diese vielen Millionen - und der Fall Støíbrný ist doch nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus dem, was im Zuge der Bodenreform an öffentlichen Geldern gestohlen worden ist, was im Ministerium fur öffentliche Arbeiten gestohlen wird, ich sage das ganz offen, in unerhörter Art und Weise wird überall mit Schmiergeldern gearbeitet - daß diese Millionen unser Geld sind, es ist das Geld der gesamten Steuerträger und wir alle haben nicht nur die Empfindung, sondern die Überzeugung, daß das, was jetzt aufgedeckt worden ist und an die Öffentlichkeit kam, der geringste Teil von diesem Korruptionssumpf ist, der in diesem Lande seit dem Bestande dieses Staates herrscht und seine üblen Dünste heute wieder einmal ausdünstet.

Aus der großen Anklagerede des Herrn Abg. Koudelka ist gleich von vornherein eine ganze Reihe von Dingen verschwunden und gestrichen worden, an deren Aufhellung die Öffentlichkeit ein großes Interesse gehabt hätte. Aber das, was übrig blieb, war schon nahezu eine Lavine von Bestechungsaffairen. Was da vor sich ging, was sich abspielte - man muß sich nur vorstellen, auf welchem Hintergrund - das erfährt die Bevölkerung in einer Zeit der größten wi rtschaftlichen Not, in einer Zeit, wo tausende Menschen nicht wissen, wo sie 50 oder 100 Kè für ihr Leben hernehmen sollen, in einer solchen Zeit wird mit Hunderttausenden und Millionen Defraudationsgeldern, ja mit 10 und 20 und mehr Millionen nur so gespielt und das Parlament macht aus diesen Sachen noch eine Affenkomödie. Was letzten Endes der Herr Berichterstatter heute vorlegt, ist nicht mehr als eine Affenkomödie für die Öffentlichkeit.

Was ist denn in ganz groben Zügen aus dem Anklageelaborat des Herrn Koll. Koudelka an das Tageslicht gekommen? Da raufen sich die Kohlenbarone unter einander, da gehen sie auf eine mißliebige, auch mit Korruption und Bestechung arbeitende neue Konkurrenz los. Dieser ganze Kohlenschieberskandal hier ist nichts anderes, als ein Kampf der Kohlenlieferanten unter einander um das Primat der Kohlenlieferungen an den Staat und an die Öffentlichkeit, das ist nichts anderes, als daß die Hyänen der Wirtschaft möglichst große Stücke fressen können, die Petscheks, Weinmanns und wie sie alle heißen, noch ein Stück mehr aus dem Staate und aus der Öffentlichkeit herauspressen, als sie es ohnehin vermocht haben, und daß sie die unangenehme Konkurrenz niederknüppeln wollen. In diesem Elaborat ist die ganze Methode niedergelegt, deren sich die Herrschaften bedienen, wie sie die Parteien, wie sie die Vertrauensmänner, wie sie die Kassiere der Parteien bestechen. Da kommen sie an die Beamten, da kommen sie über die Vertrauensmänner und Zwischenglieder an die Minister heran und versuchen auf diese Art und Weise Einfluß zu nehmen auf die Ausschreibung und Vergebung der Lieferungen. 5% Lohnerhöhung für die Bergarbeiter sind nicht zu haben und Millionen werden hier mit einem Handstreich geradezu bewilligt.


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