Pátek 28. listopadu 1930

8. Øeè posl. Nitsche (viz str. 66 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Zehn Minuten stehen mir zur Verfügung, Sie werden entschuldigen, daß ich in diesen 10 Minuten die großen Beschwerden, die wir bei einer Budgetbehandlung zu erledigen hätten, nicht abwikkeln kann. Ich werde mich nur in Schlagworten ausdrücken, werde andeuten, was ich heute sagen wollte und werde bei der nächsten Gelegenheit auf die meritorische Behandlung dieser Fragen eingehen. Der Staatsvoranschlag sollte diesmal so zusammengestellt sein, daß es eine Preisreduktion und auch eine Verminderung der Lasten nach sich ziehen sollte. Der Staat müßte immer der erste sein, der die Preise herabzusetzen beginnt und dementsprechend auch die Lasten vermindert. So etwas sehen wir aber im Staatsvoranschlag nicht, wir sehen das Entgegengesetzte: das Budget ist höher. Der Herr Handelsminister hat in einer Rede die traurige Lage der Industrie geschildert, die traurige Lage des Gewerbes; die traurige Lage der Landwirtschaft kennen wir, damit brauchen wir uns nicht zu befassen. In anderen Staaten sehen wir energische Maßnahmen, die darauf abzielen, eine wirtschaftliche Verbilligung herbeizuführen. Unsere Regierung nennt sich zwar die Regierung der wirtschaftlichen Konsolidierung, aber wir sehen es nicht, vor allem nicht am Staatshaushalt. Im Gegenteil, die Regierung unternimmt alles, die Lasten zu erhöhen, statt sie zu senken. Namentlich aber müssen wir staunen, daß die Regierung in den Verhandlungen mit den großen Kartellen nichts erzielen kann. Und selbst Herr Minister Bechynì hat unlängst eine Erklärung abgegeben, daß wir nicht imstande sind, eine Preiserniedrigung zu erzielen. Nach vielen, langen Verhandlungen mit dem Eisenkartell wurde endlich eine Preisherabsetzung bei Eisen von 6 % erzielt, also ein lächerliches Minimum, wenn man unsere Eisenpreise mit denen des Auslandes vergleicht, 10 Kè pro q! Man sollte der Frage etwas näher treten, warum es nicht möglich ist, bei uns eine Preisherabsetzung zu erzielen. Wir benötigen in unserer Regierung eine starke Hand, die überall Ordnung macht und eine Preisnivellierung herbeiführt. Dazu braucht man aber ein Inkompatibilitätsgesetz. Wir wissen, daß sich die Landwirtschaft in schwieriger Situation befindet, es wird aber nichts getan. Wenn wir vergleichen, was in den Nachbarstaaten für die Landwirtschaft getan wird, dann, müssen wir sagen, daß der Vergleich für die Èechoslovakei sehr kläglich ausfällt. Vor mir liegt das Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich und daraus können wir ersehen, welche Opfer diese kleine Republik für ihre Landwirtschaft bringt. Ich habe mir auch eine Statistik ausgearbeitet, was Deutschland, Ungarn, Italien, Rumänien, Polen und alle anderen Staaten für ihre Landwirtschaft tun, jedoch meine Zeit ist zu kurz, um sie hier vorzubringen. Bei uns hingegen werden bloß ganz kleine Gesetze gebracht, über die ich noch ausführlich im Landwirtschaftsausschuß sprechen werde. Wenn wir den Voranschlag Deutschlands mit dem der Èechoslovakei vergleichen und sehen, was Deutschland für seine Landwirtschaft tut, hingegen bei uns keine Opfer gebracht werden, so müssen wir feststellen, daß das, was bei uns getan wird, ein Minimum ist. Die Endsumme des einigen Zweigen der Landwirtschaft gewidmeten Betrages macht in Deutschland 1.320 Millionen, bei uns hingegen bloß 83·8 Millionen aus.

Nachdem ich den landwirtschaftlichen Teil meiner Rede kurz gestreift habe, will ich ebenfalls ganz kurz auf den politischen Teil übergehen. Ich muß damit beginnen, daß die Regierung in ihrer heutigen Zusammensetzung nicht imstande ist, die wirtschaftlichen Fragen zu regeln, aber auch nicht die politischen und nationalen Fragen, in deren Mittelpunkt das Minderheitenproblem steht. Wir haben hier schmeichelnde Worte gegenüber den Minderheiten von zwei Rednern, u. zw. von Dr. Èerný und Dr. Ivanka, gehört und ich muß bemerken, daß es mich überrascht hat, wie konziliant und ruhig Herr Dr. Ivanka über diese Frage gesprochen hat. Ich möchte nur wünschen, daß alles das in Erfüllung geht, was die beiden versprochen haben. Aber ich habe gar keine Hoffnung. Mein Vorredner hat schon betont, was der Klubgenosse Dr. Ivankas, Herr Dr. Hajn, gesprochen hat, und wir haben auch die Rede des Herrn Dr. Kramáø, des Führers der Èechen und des großen Politikers, gehört, der sich in einer Form ausgelassen hat, daß wir uns darüber wundern. In seiner Rede hat er nach Flugmaschinen gerufen, also: Flugmaschinen gleich Rüstungen. Dem Märchen über die Abrüstung glaubt niemand mehr, aber auch nicht mehr dem Wahlspruch: Si vis pacem, para bellum! - denn wer rüstet, will den Krieg haben.

Wie anders hat Präsident Masaryk in seinem Interwiev an einen englischen Journalisten gesprochen. Masaryk will eine Friedensverständigung der Völker herbeiführen. Wie unterscheiden sich die Ausführungen des Herrn Dr. Kramáø, des Obmannes der èechischen Nationaldemokraten, von diesen Worten, und wie verschieden waren seine Ausführungen, die sich gegen die Minderheiten richteten und besonders seine Ausfälle gegen den Reichsaußenminister Dr. Curtius. Was haben die Slaven vor dem Krieg gemacht? Waren die slavischen Völker nicht auch die Protektoren der slavischen Enklaven in Europa? Ist Rußland nicht deswegen in den Krieg gezogen, um Serbien zu schützen? Lesen wir die Reden Kramáøs und Masaryks als Abgeordnete im österreichischen Parlament, so sehen wir, wie energisch sie für die unterdrückten slavischen Nationalitäten eingetreten sind und ihre Rechte öffentlich gefordert haben. Warum will man dasselbe Recht heute dem deutschen Reichsaußenminister absprechen? Er tut nur seine Pflicht, denn jede Mutter hat für ihre Kinder zu sorgen. Wir sind dem Reichsaußenminister als deutsche Minderheit in diesem Staate dankbar, daß er stets für unsere Interessen beim Genfer Völkerbund eintritt und sich unserer annimmt.

Unlängst war Präsident Masaryk in der Zips. Das Zipser Deutschtum hat ihn mit allen Ehren empfangen, wie es einem Staatsoberhaupte gebührt. Bei dieser Gelegenheit wurde viel über Gleichberechtigung und Freiheit gesprochen. Was bedeutet eigentlich das Wort Freiheit? Freiheit ist Unabhängigkeit und Unabhängigkeit ist das, was wir erstreben, unabhängige Freiheit wollen die Minderheiten in diesem Staate. Präsident Masaryk hat gesagt, die Freiheit gilt nicht nur für ein Volk, sondern für alle Völker dieses Staates. Wir wünschen, daß dieses Wort auch eingehalten werde und wir tatsächlich unabhängig werden und bleiben und nicht als Staatsbürger zweiter Klasse behandelt werden, sondern als gleichberechtigte Staatsbürger leben können. Wir dürfen nicht der Národní jednota oder der Slovenská liga, wie sie in der Slovakei heißt, ausgeliefert sein, die die Nebenregierungen bei den Verwaltungsämtern bilden, ihre Meinungen über alles abgeben und über uns urteilen. Ich könnte eine ganze Liste vorlesen, wie die Minderheiten in der Slovakei zurückgesetzt werden, heute beim modernen Verwaltungssystem, wo das ganze Wirtschaftsleben an Konzession gebunden ist, und wo man zur geringsten Sache eine Erlaubnis braucht, bevor ein Angehöriger einer Minderheit eine Konzession erhält, wird erst die Slovenská liga gefragt, ob sie die Zustimmung dazu gibt. Bei der Volkszählung sehen wir, daß die Slovenská liga die Kommissäre vorgeschlagen hat. Das ist keine unabhängige Freiheit. Wir wehren uns gegen ein derartiges Vorgehen und ich bin überzeugt - und ich gebe dieser meiner innersten Überzeugung von diesem Platze auch Ausdruck - daß sich die Minderheiten in diesem Staate, die heute parteigemäß in verschiedene Gruppen und Kasten zergliedert sind, mit der Zeit zus ammenfinden werden, um gemeinsam für die Rechte der Minderheiten zu kämpfen und zu erzielen, was wir haben wollen: Unabhängige Freiheit der Minderheiten in diesem Staate. (Potlesk.)

9. Øeè posl. dr Hanreicha (viz str. 81 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Notlage unserer gesamten Wirtschaft, vor allem jedoch die verzweifelte Situation der Landwirtschaft, die um ihre Existenz schwer ringt, hätte erwarten lassen, daß die Lasten der öffentlichen Verwaltung abgebaut werden. Das Gegenteil ist der Fall. Statt einer Ausgabenverminderung ist eine Ausgabenerhöhung eingetreten, wodurch der beste Beweis erbracht ist, daß der Finanzminister die Regierung und die sie unterstützenden Parteien nicht daran denken, die Lasten, die auf unsere Wirtschaft drücken, zu erleichtern.

Der Finanzminister ist sich des Ernstes der Situation scheinbar bewußt, aber er zieht nicht die Folgerungen daraus. Während im vergangenen Jahr für Steuerverzugszinsen, Exekutionsgebühren u. s. w. 70 Millionen präliminiert waren, ist diese Post heuer mit 120 Millionen ins Budget eingestellt. Also der sicherste Beweis dafür, daß sich der Herr Finanzminister über die Verschärfung der Wirtschaftskrise und ihre Folgen im Klaren ist. Eine ärgere Verhöhung als sich aus dieser Tatsache ergibt, kann man sich wohl kaum vorstellen. Der Finanzminister weiß, die Wirtschaft geht zugrunde, aber der Finanzminister, der Staat lebt von den erhöhten Einnahmen des Exekutors. Blitzartiger kann man die Situation bei uns überhaupt nicht beleuchten. Und ein solches Verhalten bei der Aufstellung des Staatsvoranschlages wird uns zugemutet in einer Zeit, wo die Wirtschaftskrise und vor allem die Landwirtschaftskrise schon jahrelang anhält, wo sie sich von Tag zu Tag verschärft. Wenn diese Krise voraussichtlich vorübergehender Natur wäre, wenn man annehmen könnte, daß sie in absehbarer Zeit behoben sein wird, wenn man den Willen der Parteien merken würde, etwas zu tun, würde man manches Versäumnis, würde man das langsame Tempo verstehen. Das Problem, das uns heute beschäftigen muß, ist aber ein Problem, mit dem wir uns seit 2 Jahren beschäftigen. Bereits im vorigen Jahr vor Ausschreibung der Wahlen war es aktuell, weil der Preisverfall in allen landwirtschaftlichen Artikeln katastrophale Formen angenommen hatte. Und diese Entwicklung nach unten hat ihre Fortsetzung gefunden. Obwohl wir uns seit einem ganzen Jahre, seitdem das neue Parlament besteht, mit der Landwirtschaftskrise beschäftigen, ist eigentlich kein einziges Gesetz gemacht worden, welches wert ist, in der Landwirtschaft draußen begrüßt zu werden.

Das heurige Frühjahr und der Sommer waren ausgefüllt mit lauter Beratungen. Im landwirtschaftlichen Ausschuß wurden eine ganze Reihe von Gesetzen beraten und dann vom Hause beschlossen, sie füllen beinahe einen stattlichen Band, und wenn man sich den Effekt dieser gesetzgeberischen Arbeit ansieht, muß man als Unbefangener sagen, daß das Papierarbeit ist, daß damit gar nichts erreicht worden ist. Die Weizenpreise sind weiter gefallen. Die Gerste hat sich heuer zufälligerweise dieser allgemeinen Tendenz nach unten nicht in dem Maße angeschlossen, weil die Ernteverhältnisse so ungünstig waren, daß gute Qualität gesucht wird; sonst hätten wir auch in Gerste eine Deroute wie noch nie.

Milchpreise von 1 Kè pro Liter, wie sie in weiten Gebieten von Mähren üblich sind, sind ein sicheres Anzeichen dafür, daß unter diesen Verhältnissen überhaupt nicht mehr gewirtschaftet werden kann. Wenn man sich so vor Augen hält, daß in einer Zeit der Krise, der Absatzstockung, des Preisverfalles es unser Herr Außenminister wagt, den Handelsvertrag mit Rumänien vorzulegen, der in seinen Bestimmungen ein Kontingent von 200.000 Stück Schweinen mitenthält, die Rumänien in die Èechoslovakei importieren soll, wenn man sich weiter vor Augen hält, daß die Jugoslaven als Verbündete der Kleinen Entente dasselbe wünschen und daß die polnische Schweineeinfuhr wahrscheinlich noch größer werden wird als bisher, so muß man wohl sagen: Es ist eine Verhöhnung der landwirtschaftlichen Bevölkerung, es ist eine Nichtachtung lebensnotwendiger Belange, und es wäre selbstverständliche Pflicht, auf diese Dinge Rücksicht zu nehmen.

Man muß sich natürlich außerdem vor Augen halten, daß bei dem Preisverfall im Großverkauf vom Produzenten an den Händler man die betrübliche Wahrnehmung macht, daß das, was vom Produzenten spottbillig verkauft wird, vom Konsumenten recht teuer gekauft werden muß.

Minister Bechynì hat es sich zur Aufgabe gesetzt, eine Verbilligungsaktion einzuleiten. Besonders glücklich ist sie natürlich nicht dadurch charakterisiert, daß er zuerst einmal die Ausgaben für sein Ressort in die Höhe setzt. Man merkt aber auf keinen Fall, daß diese Aktion des Ernährungsministeriums bisher Erfolg gehabt hätte, und ich glaube, er setzt den Hebel am unrichtigen Fleck an. Ich will nicht leugnen, daß unsere Warenverteilung sehr kostspielig ist und sehr verteuernd wirkt, aber das böse Beispiel gibt uns der Staat selbst, der auch zeigt, daß er das Warenvertenern sehr gut versteht, so gut wie in den Zeiten der Kriegsgetreideverkehrsanstalt.

Nehmen wir z. B. das Heeresbudget zur Hand. Es ist zweifellos, die landwirtschaftlichen Gegenstände, die das Militär braucht, Ausrüstung, Futter für die Pferde, die Mannschaftsverpflegung, das alles ist bedeutend billiger geworden; aber man merkt im Budget, daß bloß eine Ersparnis von 39 Millionen erzielt wird, aber die Gesamtsumme von 1400 Millionen bleibt dieselbe, im Jahre 1930 wie im Jahre 1931. Es ist das natürlich sonderbar. Wir können uns leicht vorstellen, wohin das Geld kommt. Im Vorjahre betrug das Budget für Naturalien 326 Millionen, heuer 287 Millionen. In diesen 287 Millionen müssen selbstverständlich ganz stattliche Reserven stecken. Diese werden aber genau so wie die offen zugegebenen 39 Millionen Ersparnisse dorthin verschwinden, wo wir im Budget die vorgenommenen Erhöhungen sehen; für die Militärfliegerei und für die erhöhte Munitionserzeugung geht das wieder auf, was auf der einen Seite erspart wird. Ich meine, wenn der Herr Kriegsminister, sicherlich unter der wohlmeinenden Zustimmung seiner Kollegen, mit seinem Budget so verfahren kann, warum sollen die anderen Ressorts nicht auch so verfahren? Und wenn der Großkaufmann Kriegsminister es so macht, warum sollen das die Greisler draußen nicht auch tun? Statt zu sparen, wird bei uns das Geld zum Fenster hinausgeworfen, statt abzurüsten wird aufgerüstet. Und doch bin ich überzeugt, daß allein mit den Ersparnissen, die im Kriegsministerium möglich wären, man der gesamten Landwirtschaft alle Steuerrückstände sofort streichen könnte und ihr die laufende Grundsteuer auf die Jahre der Krisen nachlassen könnte. Das steckt allein innerhalb eines Ressorts, und zwar aus dem Titel, daß das, was das Heeresministerium von der Landwirtschaft kauft, um so viel billiger geworden ist. Man kann sagen, man könnte auch sparen durch weniger Bajonette, aber wenn man schon bei uns die Sicherheit durch die Anzahl der Bajonette und Kanonen gewährleistet glaubt, mag es sein. Aber die Ersparnisse, die auf dem Rücken der Landwirtschaft gemacht werden, die sollten doch wieder der Landwirtschaft zugute kommen.

Wenn ich jetzt, meine Herren, noch zwei scheinbar kleinliche Dinge vorzubringen habe, so geschieht es deswegen, weil sie doch für die Landwirtschaft draußen von ganz ungeheuerer Bedeutung sind. Das eine ist die Aufrechterhaltung der Getränkesteuer in der alten Höhe und das zweite ist die Beibehaltung der Fleischsteuer. Sie werden sich sicher alle erinnern, daß die Weinsteuer zu einer Zeit in ihrer Höhe fixiert worden ist, wo der Liter Wein 15 bis 20 Kè gekostet hat. Es betrug somit die Weinsteuer und die pauschalierte Umsatzsteuer mit 1·40 Kc pro Liter ungefähr 10% des Wertes, um den der Bauer den Wein verkaufte. Heute haben wir dieselbe Weinsteuer, dieselbe pauschalierte Umsatzsteuer, zusammen 1 Kè 40 h per Liter, obwohl der Wein mit 1·40 Kè bis 2 Kè pro Liter verkauft wird. Es ist Tatsache, daß Weinsteuer und Umsatzsteuer 50 bis 100 % des Weinpreises ausmachen, den der Bauer für sein Produkt bekommt. Ich glaube, eine ärgere Ausbeutung und Raubritterei gibt es nicht mehr, das kann nur unsere Finanzverwaltung. Dabei ist die Pauschalierung der Umsatzsteuer in dieser Höhe absolut gegen den Wortlaut des Gesetzes. Dazu muß der Landwirt noch das bißchen Haustrunk versteuern. Die Schikanen, die mit dieser Steuer und ihrer Kontrolle verbunden sind, sind so unangenehm, daß man dem Herrn Finanzminister wünschen möchte, daß er Besitzer eines Weinkellers wäre und der Finanzer zu ihm kommen möchte, damit er ihn so schikaniert, wie er heute auftragsgemäß die Bauern schikaniert. Dazu darf nicht vergessen werden, daß der Gesamtertrag der Getränkesteuer auch heuer eine Steigerung aufweist, mit 295 gegen 270 Millionen präliminiert ist, obwohl ein Preisverfall da ist und die Konsumkraft der Bevölkerung gesunken ist.

Die Fleischsteuer am flachen Lande ist wie im Vorjahr mit 92 Millionen präliminiert. Auch da wird jeder Landwirt bestätigen, daß es ärgere Schikanierungen wie die Kontrolle der Fleischsteuer wohl nicht geben kann. Bis zum Rauchfang kriechen die Finanzer hinein, vom Keller bis zum Dachboden, ja, sie wiegen das geschlachtete Tier nach. Eine solche Firma, wie die Finanzverwaltung, welche ein Milliardeneinkommen hat, könnte doch wirklich soweit großzügig sein, daß sie nicht mit solchen, ich möchte beinahe sagen, schmutzigen Mitteln den Leuten draußen paar Heller aus der Tasche zieht und ungeheuere Strafen auferlegt, wenn einmal irgendein formeller Fehler geschieht. Es ist bekannt, daß die Fleischsteuer im vorhinein zu entrichten ist, bevor das Tier geschlachtet ist, am Tag vorher, und zwar muß man nicht das Lebendgewicht, sondern das Totgewicht richtig erraten und versteuern. Ich möchte auch da dem Herrn Finanzminister wieder wünschen, daß er als Besitzer einer ländlichen Haushaltung eine Schlachtung vornehmen muß. Wir möchten sehen, wie seine Schätzung ausschaut. Ich bin überzeugt, wenn am nächsten Tag der Finanzer in sein Haus käme, würde er Strafe zahlen. Wirklich, ich gönne dem Herrn Finanzminister auch die guten Seiten der Landwirtschaft, auch einmal ein Schweineschlachten. (Veselost.)

Die Grundtendenz des Staatsvoranschlages ist me ines Erachtens nach eine eklatant agrarfeindliche. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß an den Ziffern nichts geändert werden kann und die Budgetberatung eigentlich zur Komödie herabsinkt, erübrigt es sich, Anträge einzubringen, für die die Regierungsparteien ohnehin nicht stimmen dürfen. Wir lassen die Sache inzwischen auf sich beruhen und werden uns erlauben, bei passender Gelegenheit separate Anträge einzubringen. Wenn man das Budget näher betrachtet, muß man zur Überzeugung kommen, daß das Budget den Sozialisten gegenüber mit einem ganz anderen Maßstab mißt als uns. Gestern hat hier der sozialdemokratische Abgeordnete Häusler ein ziemliches Loblied auf den Staatsvoranschlag gesungen und hervorgehoben, daß viele sozialistische Forderungen im Staatsvoranschlag ihre Erfüllung gefunden haben. Es ist natürlich richtig, daß diese jüngste deutsche Regierungspartei ein begreifliches Interesse hat, mit Erfolgen aufzuwarten, aber selbst wenn ich dieses Bestreben in Abzug bringe, bleibt noch immer die Tatsache bestehen, daß den Sozialisten im Staatsvoranschlage viele Forderungen erfüllt wurden, während die Forderungen der Landwirtschaft auch nicht in einem einzigen Punkt Erfüllung fanden.

Ich muß konstatieren, daß die sozialistischen Parteien auf drei bis vier Jahre Resistenz und Abstinenz nunmehr einen ganz gesunden Hunger entwickeln und sich für die vierjährige Fasten durch entsprechende Zuund Eingriffe in den Staatssäckel regressieren wollen. Ich wundere mich nur über eines: daß die übrigen bürgerlichen Parteien, vor allem die Agrarparteien, die ja auch etwas repräsentieren, das so ruhig hinnehmen und sich das gefallen lassen. Nach unserer Meinung war die Tatsache, die Fünrung in einer Regierung zu besitzen, die Verantwortung zu tragen, doch auch der Grund dazu, um etwas davon zu haben. Aber bloß zu geben und zu allem Ja und Amen zu sagen, dazu würde ich mich auch als èechischer Agrarier nicht hergeben. Interessant ist es aber für mich, wieso sich die deutschen Agrarier in dieser neuen Koalition wohl fühlen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie sich einbilden, daß sie diese Politik des doppelten Bodens auf Jahrzehnte weiterführen können. Hier dem Herrn Hodina zuzuhören, wie er als Urgermane tobt, oder dem Herrn Böhm zuzuhören, wie er radikal scharf macht, dem Herrn Heller in den Versammlungen zuzuhören, dem Herrn Böllmann oder dem Herrn Präsidenten des Landeskulturrates Windirsch zuzuhören, ist einem als nationalen und wirtschaftlichen Menschen und Landwirt direkt ein Vergnügen. Wenn die Herren durchführen, was sie verlangen, muß ich sagen: Das ist schon etwas! Daß sie aber dann als Folgerung und Konsequenz nur das eine tun, Ja zu sagen, im Gegenteil von dem, was sie gefordert haben, das ist denn doch ein Kunststück.

Auf die Dauer läßt sich das freilich nicht praktizieren. Ich bin der Meinung, daß sie es zwar versuchen werden, es weiterhin so zu treiben, aber wir wissen zu genau, daß vor 6 bis 7 Wochen die Herren eine äußerst stürmische Reichsparteivertretersitzung in Prag hatten, welche den Beschluß faßte, daß eine grundsätzliche Umkehr und Änderung auf nationalpolitischem und wirtschaftspolitischem Gebiet eintreten müsse, widrigenfalls die parlamentarische Führung nicht für den Staatsvoranschlag stimmen dürfe. Und wir erleben, daß die Herren ein paar Reden gegen den Inhalt des Budgets halten und hernach den kühnen Sprung hinüber machen wieder ins Regierungslager und fromm und bieder für den Staatsvoranschlag stimmen. Das ist allerdings eine Methode, die man früher nicht mit jener Meisterhaftigkeit und Eleganz versucht hat, aber wie sie heute praktiziert wird und speziell von meinen Freunden vom Bunde der Landwirte, das ist ein Ding, worüber man Augen und Ohren aufreißen muß, kurz, es ist überwältigend!

Die Herren glauben, daß die Reichsparteileitung und ihre Bauern sich zufrieden geben mit den Trinkgeldern, die sie gnädig bekommen. Der Hopfenbau wurde mit einem solchen Brocken abgefertigt, bei den Flachsbauern hat man es sich noch billiger gemacht, denen hat man nur etwas versprochen, nämlich die Sanierung, und allen übrigen versprach man Heil, das da kommen werde durch das landwirtschaftliche Kreditgesetz, das da kommen werde durch den Meliorationsfonds, der uns ja doch im Laufe der Jahre die 25%ige Erhöhung unserer Grundsteuer bringen soll und der aus Prinzip abzulehnen ist. Es wird natürlich versprochen, daß ein Einfuhrsyndikat geschaffen werden wird und ähnliche Dinge mehr. Mit Versprechungen werden aber die Herren ihre Anhänger dauernd nicht beschwichtigen können, insbesondere deshalb nicht, weil mit diesen kleinen Mittelchen unsere Agrarkrise nicht zu lösen ist. Ich verweise darauf, daß wir uns bereits vor einem Jahre mit dieser Sache beschäftigt haben, damals habe ich die Forderung aufgestellt, erstens ein agrarisches Sofort-Programm aufzustellen, welches die notwendigsten Sanierungsmaßnahmen trifft, und zweitens ein langfristiges Umstellungsprogramm für die Landwirtschaft durchzuführen zur Umstellung unserer Betriebe.

Glauben Sie, daß wir über diese Dinge hinwegkommen? Wie wollen Sie aber unsere Wirtschaft modernisieren und rationalisieren, wie wollen Sie unsere Wirtschaft umstellen, wenn solche Dinge vorkommen, daß jede Maschine, die wir aus dem Auslande kaufen, durch den Zoll doppelt und dreimal so teuer wird, daß Sie keine einzige moderne Maschine einführen können, bloß deswegen, weil die Industrie imstande ist, ihre Zölle hochzuhalten, weil sie, ob Preiss oder Löwenstein, ob Praga oder Škoda, die Preise dirigieren. Und das ist das Malheur für unsere Landwirtschaft. Natürlich ist Prof. Hodáè als Einzelperson stärker als unsere ganzen Agrarparteien mit einander, er ist imstande zu diktieren, er ist imstande, die Zölle zu halten und Einfuhrverbote durchzusetzen, und wenn bei der Landwirtschaft eine ähnliche Forderung erhoben wird, stürmt die ganze Pressemeute über uns her, unsere èechische agrarische Partei schreckt zurück vor diesem Angriff und führt nichts durch. Was werden die Herren erst sagen, wenn in ein paar Jahren die russische Konkurrenz nicht durch ein paar Börsenmanöver, nicht nur durch kleine Quantitäten, die sie auf den Markt wirft, uns bedrängen wird, sondern wenn die russische Landwirtschaft nach Durchführung des Fünfjahreplanes - und wenn es auch nur eine teilweise Durchführung des Fünfjahreplanes sein wird - die europäischen Märkte in Wirklichkeit überrennen wird? Es ist Tatsache, daß es nur eine Art des landwirtschaftlichen Betriebes, nur einen Zweig gibt, den man maschinell so vollkommen bearbeiten und beherrschen kann, wie es der Getreidebau ist. Beim Getreidebau ist es möglich, mit maschinellen Einrichtungen die Ackerung, die Aussaat und Ernte so zu rationalisieren, so zu verbilligen, daß wir, die wir über teueren Boden und teuere Löhne verfügen, die wir mit Parzellenwirtschaft rechnen müssen, einfach nicht aufkommen können. Trotzdem ist auch für uns der Getreidebau die Grundlage unserer Landwirtschaft. Sie können herumdoktern, wie Sie wollen, das wird mir keiner vormachen, daß man Landwirtschaft größeren Stiles betreiben kann ohne Getreidebau. Wo nehmen Sie den Dünger, die Viehhaltung und dergleichen mehr? Wenn uns die Russen auf diesem Gebiete wirklich an den Leib rücken, wie es heute die Kanadier schon tun, werden Sie sehen, daß wir mit den Modernisierungsbestrebungen in unserer Landwirtschaft zu spät kommen. Es ist ein Warnungsruf in letzter Stunde. Wenn nicht bald etwas geschieht, sind wir tatsächlich am Rande des Abgrundes.

Ich bin aber überzeugt, daß die warnende Stimme, die ich heute erhebe, genau so verhallen wird, wie vor einem Jahr, ich bin überzeugt davon, daß die Herren vom Bund der Landwirte mit einem Hohngeschrei über mich herfallen und natürlich erklären werden, daß das politische Utopien sind, Sie werden erklären, daß nur eine Teilnahme an der Regierung den deutschen Bauer retten kann. Demgegenüber stelle ich fest, daß die Unzufriedenheit und Empörung in den weitesten Schichten der deutschen und auch der èechischen Bauernschaft ins unendliche gestiegen ist. Ein Stand, der sich im Vertrauen darauf, daß seine Vertreter auch seine Interessen wahren werden, blind der deutschen und der èechischen Agrarpartei verschrieben hat, merkt täglich deutlicher, daß er das Opfer eines fanatischen Patriotismus geworden ist. Nicht wirtschaftspolitische Grundsätze, sondern schlecht verstandene Staatspolitik leitet die Mehrheit dieses Hauses. Statt Freund und Feind nach dem Grundsatze zu unterscheiden, wer von mir kauft, dessen Kunde kann ich auch sein, hält man bei uns an der verkrachten Politik des Außenministers Dr. Beneš fest und die angeblich nationale Partei des Bundes der Landwirte leistet dieser Politik Sukkurs. Die Freundschaft zu den Staaten der Kleinen Entente kostet uns wirtschaftspolitisch jährlich ein Volksvermögen und der Feindschaft gegenüber Deutschland und Ungarn werden Chancen geopfert, die unsere Wirtschaft retten könnten.

Gegenüber dieser welt- und volksfremden Politik, die die heutige Regierungskoalition unter tatkräftiger Unterstützung der deutschen Agrarpartei betreibt, stelle ich fest, daß nicht das gesamte deutsche Landvolk mit dieser Politik einverstanden ist. Ich verwahre mich feierlich dagegen, daß der Bund der Landwirte seine Stellungnahme als im Einklang mit dem deutschen Landvolke bezieht und ich erkläre in Übereinstimmung mit Koll. Matzner von der deutschen Nationalpartei und mit Koll. Nitsch von der Zipser deutschen Partei, daß weiteste Schichten der deutschen Bauernschaft die Politik der Regierung und die Politik des Bundes der Landwirte ganz entschieden ablehnen. Wir werden nicht zulassen, daß der gute Ruf des deutschen Bauern durch die schlechte Wirtschafts- und volksfremde Politik der Agrarier ohne Halm und Ar in Mißkredit gebracht wird. (Potlesk.)

10. Øeè posl. Scharnagla (viz str. 92 tìsnopisecké zprávy):

Es gehört zu den unangenehmsten Aufgaben eines Parlamentariers, zu den Kapiteln Landwirtschaftsministerium und Bodenreform in der Budgetdebatte zu sprechen. Mag auch ansonsten der Staatsvoranschlag auf der ganzen Linie genügend Anlaß zu schwersten berechtigten Vorwürfen machen, so wird man doch, glaube ich, kein Kapitel finden, wo so viel Verschiebung des wahren Sachverhaltes und so viel wirtschaftlicher und politischer Haß und Unvernunft gefunden werden kann wie hier. Das Los der Landwirtschaft ist zum Spielball der politischen Parteien geworden und es ist entsetzlich zu sehen, wie der wichtigste Stand im Staate, wie die Landwirt, schaft, die nahezu 50% der Bevölkerung ernährt, auf mangelndes Verständnis auf der ganzen Linie stößt und wie dieser Berufsgruppe die primitivsten Voraussetzungen ihrer Existenz untergraben werden. Nie seit Bestehen des Staates ist die Landwirtschaft einer derartigen Krise unterworfen gewesen, nie hat sie so schwer um ihre Existenz bangen müssen wie heute.


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