Ein Wort wäre noch über die Abfertigung zu sagen. Man verkauft und verpachtet die landwirtschaftlichen Arbeiter, man fertigt sie aber nicht ab, wie es ihnen nach dem Gesetze zustehen würde. Auch bei den Angestellten, die abgebaut wurden, ist die Abfertigung nicht durchgeführt. (Posl. Schweichhart: Das ist ein Skandal!) Ja, Koll. Schweichhart, es ist ein Skandal. 72 Millionen sind vorhanden, die zur Abfertigung bestimmt sind, und wissen Sie, was man im Bodenamt damit machen wollte? Sie wollten damit die Restgutbesitzer sanieren. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.) Im Budgetausschuß hat Präsident Voženílek davon gesprochen, daß die Restgutbesitzer saniert werden sollen. Ich konstatiere ausdrücklich, daß ein ordentlich wirtschaftender Gutbesitzer bis heute immer noch aktiv war und wenn man den Durchschnitt aus den letzten Jahren zieht, so bleibt ihm noch ein großer Überschuß. Im alten Österreich hat man einen solchen Adeligen unter Kuratel gestellt, bis er seine Schulden bezahlt hat. Hier will aber der Staat noch eingreifen und ihn sanieren. Verwunderlich ist, daß sich Präsident Voženílek in dieser Sache an das Parlament wendet. Mit welchem Recht? Hat denn das Parlament einen Einfluß auf das Bodenamt? Nicht den geringsten! Es gehört doch schon etwas dazu, jetzt vom Parlament eine Sanierung zu verlangen. Präsident Voženílek verlangt vorläufig 150 Millionen. Es heißt, daß das Bodenamt dem Ministerrat untersteht. Das ist ja gar nicht wahr. Im Ministerrat wird gewöhnlich nur von vollzogenen Tatsachen gesprochen. Das Bodenamt ist selbstherrlich und wenn es jemandem untersteht, so ist es die Národní jednota. Das Bodenamt ist selbst Mitglied der Národní jednota. Das ist kein leeres Gerede. Dort werden die Richtlinien bestimmt, was im Bodenamte zu geschehen hat. Charakteristisch ist noch, daß Präsident Voženílek überhaupt jede Kontrolle ablehnt. Er hat wörtlich gesagt, als Abg. Koudelka ihn interpellierte: Man muß gemeinsam überlegen, wie man den gesetzgebenden Körperschaften die Möglichkeit der Information und der Kontrolle über die Fondsgebarung einräumen kann, da dies im Staatsvoranschlag nicht direkt vorgesehen ist". Er lehnt also jede Kontrolle ab und will dabei die Sanierung.
Ich hoffe, daß, wenn ein solcher
Antrag ins Haus kommen wird, sich kein Abgeordneter, der noch
auf die Würde dieses Hauses etwas hält, finden wird, der einem
solchen Gesetz zustimmen würde. (Potlesk.)
Das, was die kommunistischen Abgeordneten bei Regierungszusammentritt behaupteten, hat sich zu 100% bewahrheitet, nämlich, daß diese Regierung eine Konzentration aller faszistischen Kräfte gegen die Arbeiterklasse ist. Die Sozialfaszisten haben sich in der Regierung als aktiver Teil im Faszisierungsprozeß entpuppt. Man muß staunen, mit welchem Raffinement und gewandtem Schwindel die Verbrechen und der Verrat an der Arbeiterschaft begangen werden. Es zeigt sich immer klarer, daß die Sozialfaszisten ein sehr wichtiger Bestandteil des Kapitalismus sind, daß sie der gefährlichste Feind der Arbeiterklasse sind. Ihr oberer Gewerkschaftsapparat, unter dessen Einfluß zum Teil auch der untere steht, ist zu einem Spitzelund Streikbrecherapparat geworden. Wenn die Arbeiter den Kampf gegen die mörderische kapitalistische Rationalisierung eröffnen, so sind es die sozialfaszistischen Führer, die den Streikbruch organisieren und die Arbeiter dem Sklaventum des Unternehmers preisgeben.
Um den Betrug und den Verrat der Regierungsfaszisten vor der Arbeiterschaft zu verdecken, verherrlicht man dieses Parlament und flößt der Arbeiterschaft die Illusion ein, daß die Machtbefugnisse eines Abgeordneten groß sind. Den Radiumbergarbeitern, die schon einige Jahre um ihr primitivstes Recht, um das Recht zum Leben kämpfen, sagt man, ich sei gegen ihre Forderungen. Dabei sind es gerade die Sozialfaszisten, die die Arbeiter von dem richtigen Kampfe, mit dem sie etwas erreichen könnten, abhalten, und so das Verbrechen, das die Regierung an diesen Arbeitern verübt, mitunterstützen. Der Regierung allein würde es nicht gelingen, die Arbeiter Jahre lang zum Narren zu halten, und sie mit Versprechungen und Vertröstungen vom Kampfe abzuhalten. Man wählt Kommissionen, gibt weiße Mäuse in die Gruben, seziert die Leichen der Bergarbeiter, man stellt die Berufskrankheit fest, aber man macht nichts, um den Leiden der Radiumarbeiter ein Ende zu bereiten. Die Sozialfaszisten stellen es als einen Erfolg hin, wenn sie den Erfinder der Gasmasken in die Kommission vorschlagen. Der Mann hat die Bergarbeiter beschwindelt, denn er wußte, daß ein Arbeiten mit der Gasmaske unmöglich ist. Trotzdem machte er aber sein Geschäft, denn er verkaufte die Masken der Bergverwaltung. Die Bergarbeiter sagen aber, der Herr möge es ihnen vormachen und die Maske einmal 4 Wochen tragen, dann seien sie gewillt, es ihm nachzumachen. In der Kommission wird der Herr sein Geschäft weitermachen wollen, die Rationalisierung, die auch in den Gruben eingeführt ist, weiterfördern, ohne Rücksicht auf die Arbeiter. Zur Verschönerung und zum Ausbau des Radiumbades, das aber nur einige reiche Leute genießen können, will man einige Millionen verwenden, jene aber, die für die Bequemlichkeit und Gesundheit dieser wenigen sorgen müssen, müssen ihre Gesundheit opfern und rühzeitig sterben.
Welches Theater man mit dem Antrag der Radiumarbeiter spielt, charakterisiert dieses Parlament als Komödiantenhaus. Im Juli d. J. nahm man im Gesundheitsausschuß den Antrag der Abg. Blatny an und die Sozialfaszisten ließen sich von den Arbeitern verherrlichen. Auf die Durchführung des Antrages aber können die Arbeiter heute noch warten. Nun aber wurde den Arbeitern eine klare Antwort gegeben. Der von den Kommunisten eingebrachte Intiativantrag wurde abgelehnt. Und dieselben deutschen Sozialfaszisten, die sich bei den Radiumarbeitern ob ihrer Erfolge nicht genug rühmen können, lehnen diesen Antrag im Initiativausschuß mit ihren Stimmen ab. Den Kommentar zu dieser Demagogie überlassen wir den Arbeitern. Man hat wieder einen neuen Trost für die Arbeiter gefunden. Man vertröstet sie auf das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung und mit dem ärztlichen Befund sollen die Arbeiter zu ihrem Rechte gelangen. Ein neuer Betrug. Man wird jene Ärzte, die sich für die Arbeiter einsetzen, für unfähig erklären und sie beseitigen, wenn sie sich nicht bedingungslos in den Dienst der kapitalistischen Regierung stellen.
Diese Vorgänge zeigen die kapitalistische Regierung in ihrem wahren Gesicht. Für die Forderungen der notleidenden Arbeiter hat man nichts, für den Moloch Militarismus aber, für Kriegsrüstungen, für verkrachte Banken, für die hohe Bürokratie, für die Reparationslasten der ausländischen Imperialisten wirft man die Millionen, die man aus den Knochen der Arbeiter schindet, hinaus. Für all das stimmen die Sozialfaszisten und darin liegt das ungeheuere Verbrechen, das sie an der Arbeiterschaft begehen. Sie stimmen für die Zollanträge der Agrarier, für die Einund Ausfuhrscheine, sie machen die verbrecherischen Gesetze mit und führen die Verschlechterung des ohnedies niedrigen Lebensniveaus der Arbeiter durch. Durch ihre Versprechungen vor den Wahlen haben sie die Arbeiter betrogen. Sie schrieben in ihren Zeitungen: Kein Arbeiter darf anders wählen als sozialdemokratisch, nur die sozialdemokratische Partei befreit die Arbeiterschaft aus den Fesseln des Kapitalismus, der Geist des Sozialismus wi rd in die Regierung, in jede Körperschaft einziehen. Sie machten den Arbeitern vor, daß die freien Gewerkschaften darauf bestehen werden, daß die Arbeitslosenfürsorge ordentlich geregelt wird, daß sie weiters die Beistellung öffentlicher Mittel zur Unterstützung der Arbeitslosen verlangen. Sie werden eine den Arbeitern entsprechende Zoll- und Handelspolitik treiben, um die Verteuerung der Lebensmittel und Bedarfsartikel zu verhindern. Und heute sitzen diese Leute in der Regierung und machen genau dasselbe, was sie bei der Bürgerblockregierung verurteilt haben. Sie arbeiten nur im Dienste großagrarischer und kapitalistischer Bedürfnisse, sie packeln hinter den Kulissen über die Gesetze, für die sie im Parlamente stimmen. Sie sind nichts anderes als Abstimmungsmaschinen. Der § 82 der Gewerbeordnung besteht noch immer, die Überstundenschinderei wurde auch unter der Ministerschaft des Dr. Czech nicht aufgehoben, die Novellierung des Gehaltsgesetzes der öffentlichen Angestellten und Staatsarbeiter wurde so durchgeführt, daß sie nur eine Verbesserung für die hohen Beamten bedeutet und die Arbeiter dabei noch einbüßen. Tausende Arbeiter werden nichts bekommen und doch müssen auch sie für den Staat schuften. So sieht der Geist des Sozialismus bei den Sozialfaszisten aus.
Die Tabakregie wi rft jährlich einen großen Reingewinn für den Staat ab, doch die primitivsten Bedürfnisse der Arbeiter werden vollständig ignoriert. Die Gleichstellung der Altpensionisten bringt nur den Kriegshetzern, den Generälen, etwas, bei den Arbeitern rechnet man mit dem Tode und deshalb hat man auch die etappenweise Gleichstellung eingeführt. Und dies alles unter Mithilfe der Sozialfaszisten.
Mit dem Gesetze des 13. Monatsgehaltes betrügt man besonders die Tabakarbeiterschaft. Die Tabakregie kalkuliert für das Jahr 1931 mit ein em Reingewinn von 1.283,367.300 Kè, also um 145,859.400 Kè mehr, als im Jahre 1930. Dieser ungeheuere Reingewinn wird als Folge des steigenden Absatzes der Tabakprodukte hingestellt, aber wenn man die mörderische Rationalisierung kennt, die in den Tabakfabriken herrscht, wird man anderer Ansicht. Das laufende Band fesselt die Arbeiterinnen an die Maschine und macht sie selbst zur Maschine. Bei den Zigarettenmaschinen versuchte man bei den Arbeitern durch Überreichung einer Prämie eine Mehrleistung zu erzielen, welche Prämie ihnen wieder genommen wurde, wenn diese höhere Leistung, die dann den Arbeitern aufoktroiert wurde, erreicht war. In der Abteilung für feinen Rauchtabak wurde die Rationalisierung restlos durchgeführt. Wer die vorgeschriebene Leistung, die oft bei schlechtem Material undurchführbar ist, nicht macht, dem wird der Lohn gekürzt, 30, 40 ja 50 Kè werden der Arbeiterin von dem ohnehin kargen Lohn abgezogen. Aber das, was man durch die Rationalisierung an den Arbeitern verdient, ist noch zu wenig. Man nimmt den Arbeitern ihre verdiente Weihnachtszulage. Das Gesetz über den 13. Monatsgehalt bestimmt, daß, wenn beide Ehegatten in einem Dienstverhältnis stehen, in welchem beide den Weihnachtsbeitrag erhalten würden, einem Ehegatten der Beitrag nicht gewährt wird. Ferner fallen alle Arbeiter aus, die nicht 10 Monate im Jahre im Staatsbetriebe gearbeitet haben und das sind die Saisonarbeiter. Abgesehen davon, daß der 13. Monatsgehalt, der aber keiner ist, denn er Wird nicht in die Pension eingerechnet, nichts gebracht hätte, raubt man diesen Arbeitern noch ihr verdientes Geld. Und die Sozialfaszisten stellen diesen Betrug als einen Erfolg für die Arbeiter hin. Vor den Arbeitern sprechen sie radikal, bezeichnen den Kapitalismus als blutrünstiges und mordendes Scheusal. In der Tat aber leisten sie dem Verbrecher Hilfsdienste für seine schändliche Arbeit, räumen den Dieben den Weg, geben ihnen das Werkzeug zum Diebstahl in die Hand und stimmen diesem Raube, den man an den Arbeitern begeht, zu. In der Tabakfabrik in Joachimsthal waren vor dem Kriege 1200 Arbeiter beschäftigt, jetzt nur noch ûber 500 Arbeiter. Dabei wurde die Tabakfabrik wegen der in dieser Gegend herrschenden Not gebaut. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.) Im Jahre 1931 sollen 10 Arbeiterinnen aufgenommen werden, 5 deutsche und 5 èechische, um den deutschen Betrieb zu èechisieren. Auch den èechischen Arbeitern gebührt Arbeit, aber die Bourgeoisie darf sie nicht dazu verwenden, um die Deutschen vom Arbeitsplatz zu verdrängen. In den andern Fabriken sieht es nicht anders aus. Wir fordern, daß in den deutschen Betrieben nur deutsche Arbeiter aufgenommen werden. Der nationale Schlüssel muß verschwinden. Und während Minister Dr. Czech auf dem deutschen sozialdemokratischen Parteitag gegen die Unterdrückung der deutschen Nation sprach, äußerte er sich von dieser Stelle aus nicht darüber, weil er als Minister nicht deutsch sprechen darf. So fügen sich diese Helden dem Diktat chauvinistischer Kapitalisten und verraten um den Preis des Ministersessels die Arbeiterschaft, von der sie gewählt wurden.
So geht die Verelendung der Arbeiterklasse
vor sich. Die Herren Minister müssen einmal ins Erzgebirge gehen,
sich die Not und das Elend der Arbeiter dort ansehen. Sie müssen
in die alten baufälligen Hütten gehen, wo Menschen hungern, Kinder
zugrunde gehen, wo man alte verbrauchte Leute dem Hunger preisgibt.
Ich war vor einigen Tagen in Frühbuß, und die armen Häusler klagten
mir ihr Leid. Zusammengepfercht in einem kalten nassen Raum ohne
jede weitere Unterstützung läßt man diese Menschen verkommen.
Für die Spitzen, die sie mit halbblinden Augen und von der Gicht
gekrümmten Fingern klöppeln, bekommen sie ein abgetragenes Hemd
oder ein Kleidungsstück. Einer 56 Jahre alten Frau gab man, als
sie um etwas Essen ansuchte, von seiten der Gemeinde Heringswasser.
In diesen Ortschaften ist die Arbeitslosigkeit so groß, daß fast
jede Familie davon betroffen wird. Vor einigen Tagen haben nun
die Arbei ter demonstriert und sind auf die Straße gezogen um
Brot und Arbeit. Die Gendarmerie ist gegen diese demonstrierenden
Arbeiter sehr brutal vorgegangen, sie hat sie niedergeschlagen
und verhaftet. Wir protestieren von der Stelle hier gegen diesen
faszistischen Terror. Und hier wagt man zu sagen, daß die èechoslovakische
Republik eine Insel des Wohlstandes und des Friedens ist. Die
Arbeitslosen, die auf die Straße gehen und Arbeit und Brot fordern,
sperrt man ein, man bestraft sie, die übrige Arbeiterschaft beutet
man bis zum letzten Blutstropfen aus. [Další vìta byla usnesením
pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. listopadu 1930 podle §u
9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str.
126 této tìsnopisecké zprávy.] (Potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Wenn ein Politiker vom Format und der Einstellung des Abgeordneten Dr. Kramáø seine Rede zum Voranschlag mit dem Hinweis auf die bedrohliche Wirtschaftslage und auf die alle Stände und Berufe ergreifende Krise begonnen hat und alle Einzelheiten des großen schwierigen Problems, dessen Ursachen und Folgen der hie mit zusammenhängenden Arbeitslosigkeit in außerordentlich interessanter Weise besprochen hat, so könnte man diese Tatsache als ein Zeichen dafür ansehen, daß die Kreise, die bisher alles, was in diesem Staate unternommen wurde, vom èechischnationalen Standpunkt aus betrachtet haben, von dieser einseitigen, alle Bürger des Staates und diesen selbst berührenden Taktik endlich abgekommen sind. Es wäre ein erfreuliches Zeichen von beginnender Dämmerung, das hoffentlich anhalten und erstarken wird. Es ist wohl hervorgerufen durch die allgemeine Notlage, die jeden bedrückt, welcher Nation er auch angehören mag, und an deren Behebung jeder mitzuarbeiten verpflichtet ist. In erster Linie ist hiezu die Regierung verpflichtet. Wie sie darüber denkt, erhellt aus einer Äußerung des Herrn Ministers für auswärtige Angelegenheiten, der eine so optimistische Rede gehalten hat, daß man füglich glauben müßte, die Èechoslovakei sei die Insel der Glückseligkeit, und aus der Äußerung des Herrn Ministerpräsidenten in der Wirtschaftsdebatte im Senate, daß die Regierung bisher mit Umsicht und Tatkraft den wirtschaftlichen Verhältnissen gegenüber stand. Nun, wenn die Umsicht und Tatkraft der Regierung nichts anderes hervorbringen konnte, als die heutigen desolaten Zustände, dann ist die Tätigkeit und Umsicht sehr mangelhaft gewesen. Anläßlich der allgemeinen Deroute, des Debakles auf der ganzen Linie sind wohl derartige Äußerungen von prominenten Persönlichkeiten der Regierung nicht am Platze gewesen.
Zur Mitwirkung an der Hebung der allgemeinen Krise wäre in erster Linie das Handelsministerium berufen. Ich erinnere mich an die erste Rede, die ich vor bald 10 Jahren im Budgetausschuß des Senats gehalten habe und wo ich erklärte, daß das Handelsministerium das Stiefkind des Voranschlages ist. Damals betrug die Dotation für das Handelsministerium 36 Millionen, heute - endlich, nach langjährigen Bemühungen des Budgetund Gewerbeausschusses und wohl auch unter Hinzutun der Ressortchefs ist die Dotation auf etwas über 48 Millionen gestiegen. Ich halte diese Dotation schon aus dem Grunde für zu gering, weil die in das Handelsministerium ressortierenden Stände und Berufe ein Vielfaches von diesem Betrag an Erwerbs-, Einkommen- und Umsatzsteuer bezahlen und somit das Recht hätten, eine höhere Dotation für ihr Ministerium zu verlangen. Mit diesen 48 Millionen will die Regierung Industrie, Handel und Gewerbe retten und vor dem Untergang bewahren. Ganze 3·5 Millionen sind für die Belebung der Industrie und 3·8 Millionen für die Belebung der Ausfuhr präliminiert. Andere Staaten sind in dieser Beziehung großzügiger. Wenn man sich das deutsche Budget oder das Budget anderer Länder ansieht, so erkennt man, daß gerade diese Posten dort erheblich höher präliminiert sind als bei uns. Oder werden diese Beträge für Belebung der Industrie und Ausfuhr heute deshalb noch so gering eingeschätzt, weil sich die Industrie größtenteils doch noch in deutschen Händen befindet? Das wird vielleicht anders werden, wenn auch da ein Umschwung eintritt. Wie gesagt, andere Staaten sind da großzügiger, seien auch Sie einmal großzügig. Sie können es sein, wenn es das Prestige des Staates verlangt, wenn es sich darum handelt, in weit entfernten Metropolen Gesandtschaftspaläste zu bauen oder wenn es gilt, das Militärbudget womöglich alljährlich zu erhöhen. Gerade in diesen beiden Posten wäre aber eine Herabsetzung der präliminierten Beträge wichtig. Möge die Regierung endlich an den Abschluß von Handelsverträgen herantreten u. zw. mit jenen Ländern, die zunächst in Betracht kommen, mit Deutschland und mit dem der Èechoslovakei politisch so nahestehenden Jugoslavien und möge man uns die Verzögerung begründen, warum dies nicht geschehen ist. Glaubt die Regierung, daß es ein Vorteil für den Staat ist, daß sie den ungarischen Handelsvertrag gekündigt hat? In wenigen Tagen läuft die Frist für diesen Handelsvertrag ab und man merkt nichts von Vorschlägen der Regierung. Sie werden den Vertrag mit Ungarn doch schließen müssen, wenn Sie nicht neuerdings eine chinesische Mauer um den Staat errichten, wenn Sie nicht ein ewiges Minus im Export schaffen wollen. Es ist an der Zeit, endlich einmal den Schleier von dem Geheimnis, das bisher die Vorlagen der Exportkreditversicherung umgibt, zu lüften. Es heißt zwar in den letzten Tagen, daß sich die Regierung entschlossen habe, eine neue Vorlage dem Hause zu unterbreiten, in welcher die vielseitig geäußerten Wünsche Beachtung gefunden haben. Die meisten Staaten haben bereits derartige Exportkreditversicherungen. Deutschland hat hiefür 10 Millionen Mark, England 24 Millionen Pfund präliminiert. Ich muß aufrichtig gestehen, daß ich auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen eine einseitige Behandlung dieser Angelegenheit befürchte, sowie auch, daß nur einseitige Vorteile aus dieser Exportkreditversicherung hervorgehen werden. Ich würde wünschen, daß diese Angelegenheit nicht bürokratisiert wird. Es wäre wohl die Staatsaufsich terwünscht, aber es wäre im Interesse der Sache, wenn diese Aufsicht in kaufmännischer Weise durchgeführt würde. Es würde für die Èechoslovakei ein Betrag, der sich in diesem Rahmen hielte, gewiß ausreichen und da es sich bei der Exportkreditversicherung meist nur um drei- bis viermonatliche Obliga handelt, könnte mit einem Durchschnitt von 100 Millionen gerechnet werden, die gewiß im Anfang hinreichen würden, um den von uns so dringend erwünschten Kredit zu erhalten.
Wird die Industrie von der Regierung stiefmütterlich behandelt, so werden Handel und Gewerbe in noch viel höherem Maße stiefmütterlich behandelt. Hiefür sind immer nur einige Hunderttausend Kronen vorgesehen, die der Gewerbeförderung gewidmet sind. Dabei kommt es vor, daß mancher Untersuchungsapparat, wie ich nachweisen kann, mehr kostet, als diese ganze Dotation beträgt. Es ist bedauerlich, daß alle begründeten und eingehend motivierten Ansuchen seitens der Gewerbeförderungsämter, des staatlichen Gewerberates usw. unberücksichtigt bleiben, und daß man alljährlich wiederkehrend diese geringe Ziffer im Staatsvoranschlag findet. Es wäre auch notwendig, endlich einmal an die Reform der Gewerbeordnung zu schreiten; d. h. es wird, wie ich in Kenntnís bin, seit längerer Zeit an einer Gewerbeordnung zwar gearbeitet, aber das Tempo ist mit Rücksicht auf die vielfachen Interessen an der Reform der Gewerbeordnung, die, ich glaube seit 1907 nicht mehr reformiert worden ist, viel zu langsam. Es wäre wünschenswert, wenn der Herr Handelsminister im Ministerrate etwas energischer vorgehen würde, um für sein Ressort eine höhere Dotation zu erhalten. Er könnte darauf verweisen, daß es seine Leute sind bzw. deren Steuerleistung, die zum größten Teile die Führung des Staatshaushaltes ermöglichen.
Eine Art Gewerbeförderung wäre - ich habe dies schon das letzte Mal, als ich von dieser Stelle sprach, gesagt, - wenn der Staat seinen Verpflichtungen nachkäme. Es ist allgemein bekannt, daß der Staat Verträge mit Bauunternehmen, die bis zu einem gewissen Termin fällig sind, zwar abschließt, aber nicht zahlt. Tatsache ist, daß Bauunternehmer jahrelang auf die ihnen gebührenden Beträge warten müssen, und ich habe sowohl im Budgetausschuß des Vorjahres, wie auch heuer wieder darauf hingewiesen, daß der Staat der schlechteste und säumigste Zahler ist. Es ist auch interessant, bei dieser Gelegenheit zu konstatieren, daß sich die einzelnen Ämter in einen Kompetenzstreit einlassen. Wenn man in einer solchen Angelegenheit in das Ministerium für öffentliche Arbeiten kommt, bekommt man zur Antwort, wir möchten bezahlen, aber das Finanzministerium hält die Beträge zurück. Kommt man zum Finanzministerium, erfährt man dort, daß sämtliche Beträge, die das Ministerium für öffentliche Arbeiten ausweist, zur Anweisung gelangen. Ich konstatiere aber, daß weder das eine noch das andere wahr ist und daß die Unternehmer durch die Übernahme von staatlichen Arbeiten tatsächlich unbedingt Schaden erleiden. Es wäre auch notwendig, einmal zu erfahren, wie das Lieferungswesen überhaupt in den Ministerien vor sich geht. Wir haben keine Kenntnis davon, in welcher Weise die manchmal ziemlich hohen Beträge verteilt werden. Wir haben nur die eine Gewißheit, daß unsere Leute am Lieferungswesen sehr wenig beteiligt sind. Das Arbeitsministerium hat einmal eine Verordnung herausgegeben, daß, wenn bei öffentlichen Bauten ein einheimischer Unternehmer um 5 % teurer ist, als auswärtige, er dennoch die Arbeit bekommen soll, damit einheimische Leute beim Bau in Anspruch genommen werden können.
Ich will mich wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht allzusehr in Details des Handelsministeriums einlassen, ich möchte nur die Aufmerksamkeit des abwesenden Handelsministers auf das Fortbildungsschulwesen lenken, das bei uns noch im Argen liegt und ich würde ihm empfehlen, sich einmal anzusehen, wie man in Deutschland die gewerblichen Fortbildungsschulen unterstützt. Eine weitere Angelegenheit, die ich vorbringen will, ist die Forderung nach endlicher Vorlage eines Handelskammergesetzes. Die Herren wissen, daß seit 1918 die Handelskammern nicht mehr in der alten Form existieren, daß sie von Kommissionen, von ernannten Mitgliedern, geleitet werden, was gewiß nicht den Interessen von Handel, Gewerbe und Industrie entspricht. Wir wünschen freigewählte Vertretungen für Industrie, Handel und Gewerbe und fordern, daß dies auch in Bälde geschehe. Ich persönlich lehne die von vielen Seiten gewünschte Handwerkerkammer ab, denn es genügt die bereits heute bestehende Zersplitterung. Durch die jahrzehntelange Tradition und Zusammenarbeit der drei wichtigen Faktoren, Industrie, Handel und Gewerbe, hat sich erwiesen, daß diese Institution vollständig genügt, um auch den Wünschen der Handwerker zu entsprechen. Es wäre nur erfreulich, wenn endlich einmal das Handelskammergesetz vorgelegt werden würde.
Weil ich das Vergnügen habe, den Herrn Eisenbahnminister einmal hier zu sehen, möchte ich darauf hinweisen, daß ich mich schon vor längerer Zeit brieflich an ihn mit verschiedenen Angelegenheiten gewendet habe, ohne von ihm eine Antwort bekommen zu haben. Ich möchte ihn hier aufmerksam machen, was ich schon im Budgetausschusse übrigens erwähnt habe, daß eine ganze Reihe mährischer Angelegenheiten dringend der Erledigung harrt. Ich bringe nur in Erinnerung den Bau des Brünner Bahnhofes, der endlich einmal umgebaut werden muß, will man nicht neue Unglücksfälle in Hinkunft verzeichnen. Eine zweite Angelegenheit ist die endliche Fertigstellung des zweiten Geleises Lundenburg-Brünn, eine Angelegenheit, die sich schon seit Jahren hinzieht. Wenn Sie heute durch Lundenburg fahren, werden Sie dort ein großes Monument sehen, welches, wie ich hörte, mit einem großen Kostenaufwand zur Erinnerung an den Beginn der Arbeit, bzw. der Vollendung des ersten Teiles errichtet wurde. Ich würde den Herrn Eisenbahnminister recht sehr bitten, dieser Angelegenheit seine Aufmerksamkeit zu widmen und die Sache der Erledigung zuzuführen.
Ich begrüße lebhaft den Antrag auf Wiedererrichtung einer Sparkommission. Dieselbe wurde bereits in früheren Jahren, in der ersten Legislaturperiode, errichtet, ich selbst war bis 1925 Mitglied derselben. Wir wurden aber niemals zu einer Sitzung einberufen, die Sparkommission hat niemals getagt und es wäre bedauerlich, wenn die gewiß im Interesse der Allgemeinheit sehr notwendige Kommission ihre Tätigkeit entwickeln würde. Ebenso begrüßen wir die in Bälde zu erwartende Konstituierung der Kommission für das Studium der Rationalisierung der öffentlichen Verwaltung, die u. a. auch die Belastung der Bevölkerung durch die heutige umständliche Verwaltung beraten, sachliche Anträge stellen soll und auch das Schulwesen zur Mitwirkung an der Gewinnung der Grundkenntnisse über die Verwaltung heranziehen will.
Wenn ich zum Schlusse einige nationalpolitische Angelegenheiten erörtern will, möchte ich darauf hinweisen, daß es endlich Zeit wäre, die Vogelstraußpolitik zu lassen, die die èechoslovakische Regierung, bzw. der Staat seit Jahren führt, indem er die nationale Frage als nicht existent erklärt. Und Sie können überzeugt sein - nur können Sie sich vor Ihrer Öffentlichkeit wahrscheinlich nicht trauen - Sie wissen doch, daß vor deren Bereinigung in diesem Staat keine Ruhe und kein Frieden herrschen wird. Wirtschaftlich scheinen Sie, die verehrten abwesenden Herren von den Rechten dieses Hauses, weil es ihr Vorteil ist, den Verhältnissen Rechnung zu tragen, aber nationalpolitisch nicht. Ein krasser Fall wurde mir vor einigen Tagen berichtet. Ich werde den Fall näher untersuchen und zum Gegenstand weiterer Erörterungen machen. Es hat jemand um die Staatsbürgerschaft angesucht und man hat ihm klipp und klar bei den Behörden gesagt: "Du bekommst die Staatsbürgerschaft, wenn Du dein Kind in die èechische Schule schickst." (Rùzné výkøiky na levici.) Dieser Fall beleuchtet grell die Situation und wirft seinen Schatten auf die Volkszählung voraus. Wenn auch diese so gehandhabt werden soll wie der von mir erzählte Fall, dann heißen Sie das nichtVolkszählung, heißenSie es dann eine Zusammenstellung falscher Tatsachen, eine Aufstellung nach des Volkskommissärs Wunsch und Gnade. (Potlesk na levici.) Wir verlangen keine Bevorzugung, verlangen aber Wahrheit, Gerechtigkeit und freien Willen. Wie sollen diese Grundbedingúngen wahrer Volkszählung eingehalten werden, wenn Sie in rein deutsche oder ungarische Orte Zählkommissäre entsenden, die diese Sprache nicht beherrschen, denen aber die Bevölkerung ausgeliefert ist. Ich rufe meine Volksgenossen von dieser Stelle im letzten Augenblick auf, sich nicht durch die Zählkommissäre in irgend einer Weise beeinflussen zu lassen, sondern streng nach dem Gesetz vorzugehen, welches die Wahrheit verlangt. Es ist bedauerlich, daß auch in diesem Fall die Národní Jednoty, die so viel Unheil in diesem Staat gestiftet haben, eine so große Rolle spielen.
Meine Herren! Es hört sich sehr
schön an, wenn Dr. Kramáø am Schlusse seiner Rede sagt:
Wenn unsere Minderheiten sehen werden, daß wir uns freiwillig
und ohne Zwang mit Ihnen in die Macht und Regierung im Staate
teilen, dann werden Sie vielleicht erkennen, daß unser Nationalstaat
ihre Achtung verdient, daß er eine Grundlage der wahren, reinen
Demokratie und Gerechtigkeit und des guten Willens zu allen ist.
Herr Dr. Kramáø möge entschuldigen, wenn wir hier zum xtenmal
erklären, daß wir die Èechoslovakei nicht als Nationalstaat ansehen.
Ein Staat, in dem es Millionen Anderssprachige gibt, in dessen
Parlament 6 bis 7 Sprachen gesprochen werden, kann von uns kein
reiner Nationalstaat genannt werden, er muß sich freiwillig oder
mit Zwang mit seinen Minderheiten auseinandersetzen. Wenn wirklich
wahre reine Demokratie und Gerechtigkeit in diesem Staate herrschen
würde, dann hätten wir uns nicht täglich hier über die übliche
Nadelstichpolitik beklagen, wir müßten nicht täglich den Kampf
um unsere Sprache, um unsere Schulen, um unsere Beamten führen,
das wir aber diese Stritte heute wie seit 12 Jahren führen, vier
kostbare Zeit für den Nationalitätenstritt vergeuden müssen, ohne
einen besonderen Erfolg zu erzielen, kann wohl von Gerechtigkeit
und guten Willen nicht gesprochen werden. (Souhlas.) Gewiß,
dann nicht, wenn wir im Hause Reden hören, wie die des Abgeordneten
Dr. Hajn, der sich gestern in der Rolle eines èechoslovakischen
Pilsudski gefiel und Pech und Schwefel auf die Häupter der Deutschen
erflehte, Mord und Brand als bestes Mittel pries, um uns Deutsche
unschädlich zu machen. Neben der in gewissem Sinne staatsmännischen
Rede Kramáø swirkten die Ausführungen seines Parteigenossen
sehr merkwürdig und es ist wohl die Frage berechtigt, welche der
beiden Reden den Intentionen seines Klubs entsprach, ob die Rede
seines Parteigenossen, die wie das Gröhlen eines Volksverführers
in der letzten Vorstadtkaschemme wirkte, die auch dementsprechend
gewertet wird, oder die Rede des Parteiführers. Würde der gute
Wille, von dem Kramáø spricht, tatsächlich vorherrschen,
wäre der Ausgleich zwischen den Völkern möglich. Ich verweise
immer auf den mährischen Ausgleich vom Jahre 1905. Lassen Sie
den guten Willen zum Durchbruch kommen und der sofortige Friede
könnte erzielt sein. Bis dahin, seien Sie überzeugt, werden wir
in nie erlahmender Arbeit die Erringung der Rechte unseres Volkes
als unsere erste und oberste Aufgabe betrachten. (Potlesk.)