Es war auch verständlich, daß die èechische Bourgeoisie nicht davor zurückschreckte, zu den Mitteln der gewaltsamen Annexion der deutschen, slovakischen und karpathoukrainischen Gebiete zu greifen, die heute das èechische Territorium umfaßt. Es genügte ihr nicht die Hegemonie für die Ausbeutung der èechischen werktätigen Massen, ihre Sucht nach Profit war viel größer. Wenn auch die sogenannte èechische Befreiungsbewegung durch ihren Kampf gegen den habsburgischen Monarchimus fortschrittliche Momente in sich trug, war doch ihr Produkt ein ebenso reaktionäres Gebilde wie jenes, gegen welches sich ihr Kampf richtete. Ein imperialistischer Nationalitätenstaat wie das zerstörte Österreich in kleinem Format, mit dem einzigen Unterschied, daß die unterdrückende Nation eine Minderheit im Staate bildet. Der zwölfjährige Bestand des èechischen Staates bestätigt unsere These, denn die Unterdrückung der Deutschen, Slovaken, Ungarn, Ukrainer und Polen ist ebenso brutal wie im alten Österreich. Das Firmenschild hat sich geändert, der Laden ist geblieben. Das Prinzip der Selbstbestimmung der Nationen wurde mit Füßen getreten. Denn wo die Interessen der Bourgeoisie sprechen, müssen die Interessen der Nationen schweigen. Wenn jetzt der Abg. Ing. Kallina in seiner Budgetrede sich soweit verstiegen hat, wieder das Selbstbestimmungsrecht für die Deutschen zu fordern, so zeigt das nur, wie schlimm es mit den deutschbürgerlichen Parteien steht und wie sehr das kapitalistische System in Gefahr ist.
Der Begriff "Nation" bedeutet für bürgerliche Hirne nichts anderes als die Bourgeoisie. Mögen die nationalen Phrasen, die die Bourgeois aller Nationen ertönen lassen, noch so schön klingen, wenn es das Interesse des Geldbeutels erfordert, so verwandeln sich die nationalen Barden, trotzdem sie kurz vorher von Liebe zu ihrem Volksstamme trieften, im Momente zu Verrätern, die um einen Judaslohn ihre Nationalität und ihre Volksgenossen verkaufen.
Die von uns gegebene Einschätzung diktiert unsere Einstellung als deutsche Kommunisten zu diesem Staate und zum Problem der Befreiung der unterdrückten Nationen. Wir stehen heute und standen immer auf dem Standpunkt, daß eine Befreiung der Deutschen in diesem Staate ohne die Vernichtung der herrschenden Machtpositionen unmöglich ist. In dem Sinne, wie die èechische Bourgeoisie sich befreit hat, hat sich auch die deutsche Bourgeoisie befreit. Hat sie nicht heute ebenfalls das Recht, die Werktätigen der anderen Nationen auszubeuten? Ganz sicher! Benützen die deutschen Kapitalisten nicht die èechischen und slovakischen Arbeiter als Lohndrücker gegen den deutschen Arbeiter? Steht nicht die Gendarmerie und der gesamte Staatsapparat den deutschen Unternehmern, in dessen Betriebe die Arbeiter im Streik stehen, auch wenn es zehnmal èechische Arbeiter sind, genau so zur Verfügung wie den èechischen Kapitalisten? Hier handelt es sich nicht um nationale sondern um Profitinteressen der Bourgeoisie. Die deutsche Bourgeoisie, auf deren Gewissen die in den März kämpfen Gefallenen kommen, hat nicht im Entferntesten das Recht von Selbstbestimmung zu sprechen, wenn sie es auch mit scheinheiliger Manier als Parole ausgegeben hat. Die Bourgeoisie ist bis auf die Selbstverwaltung, bis zum nationalen Ausgleich gekommen. Die deutschen proletarischen und die bäuerlichen und kleinbürgerlichen Schichten haben sich für die Zwecke der deutschen Bourgeoisie mißbrauchen lassen. Damit hat sie ihr Ziel erreicht und pfeift jetzt auf die Selbstbestimmung, ein deutlicher Beweis für die Unfähigkeit der Bourgeoisie, die Befreiung der Nationen zu schaffen. Genau so wie aus Furcht vor dem revolutionären Proletariat die èechische Bourgeoisie im Jahre 1848 die nationale Befreiung verraten hat, genau so hat die deutsche Bourgeoisie aus Furcht vor der proletarischen Revolution die nationale Befreiung verraten. Die drohende Gefahr der proletarischen Revolution hat die Bourgeoisie aller Nationen in unserem Nationalitätenstaat zur Vereinigung gezwungen, ihre Macht als Macht der Unterdrückung gegenüber den Werktätigen zu erhalten.
Aber die Hegemonie in der Èechoslovakei hat die èechische Bourgeoisie und diese nützt ihre Vormachtstellung dazu aus, um sich auf Kosten der Minderheitsnationen zu bereichern. Die Privatbahnen wurden in den Besitz des Staates überführt, die deutschen Angestellten und Staatsbeamten zum größten Teil entlassen, bei den Staatslieferungen und Aufträgen werden die èechischen Kapitalisten bevorzugt. Durch die Bodenreform wurde der deutsche Großgrundbesitz enteignet, den èechischen Bewerbern zugewiesen, wurde zur Èechisierungsaktion in den deutschen Gebieten, während der kleine Bauer keinen Boden erhielt. Denselben Èechisierungsdienst leistete auch die Staatspolizei und wir wissen, wie in diesem Staate Gendarmerie und Staatspolizei brutal gegen die Arbeiter vorgehen in den èechischen Gebieten. Aber in den deutschen Gebieten geht die Gendarmerie und die Staatspolizei gegen die deutschen Arbeiter noch viel brutaler vor, weil hier noch der nationale Haß hinzukommt, der von der èechischen Bourgeoisie immer wieder geschürt wird und der sich dann an den wehrlosen deutschen Arbeitern austobt. Demselben Gedanken dienen auch die èechischen Schulen, die in den deutschen Gebieten wie Pilze über Nacht emporwachsen. Wir als Kommunisten mißgönnen dem èechischen Volke durchaus nicht die Schulen im deutschen Gebiete, aber wir erheben Protest dagegen, daß unsere deutschen Schulkinder nicht genau so behandelt werden wie die èechischen. Die èechische Industrie wird vom Staate unterstützt und in jeder Weise gefördert. Diese Politik wirkt sich aber in fürchterlicher Weise auf die deutschen werktätigen Massen aus, denn die deutsche Bourgeoisie versucht, sich an den werktätigen Massen schadlos zu halten. Durch Rationalisierung, Lohnabbau und Massenentlassungen setzt sie das Lebensniveau der Arbeiter fortgesetzt herab, dabei ist die Teuerung ins Enorme gestiegen, alle Bedarfsartikel, Mieten usw. sind in den deutschen Gebieten viel höher als in den èechischen. Die Folge davon ist ein unerhörtes Massenelend. Die Arbeitslosigkeit ist in den deutschen Gebieten doppelt so hoch als in den èechischen, besonders in der Textil- und Glasindustrie. Auch tritt die Agrarkrise viel schärfer auf. Diese erhöhte Ausbeutung verschafft der Bourgeoisie der herrschenden Klasse große Extraprofite. Die deutsche Bourgeoisie spielt dabei die Rolle des Kolonialkapitalismus. Die deutschen Werktätigen haben aber keine Lust, sich in Kolonialsklaven verwandeln zu lassen. Sie werden Schulter an Schulter mit ihren èechischen Klassengenossen den Kampf gegen die èechischen und deutschen Ausbeuter führen. Die deutsche Bourgeoisie hat sich mit der Rolle, die ihr von der èechischen Bourgeoisie zugeteilt wird, abgefunden.
Diese Vereinigung der èechischen und der deutschen Bourgeoisie wurde noch gefördert durch den Reichtum, über welchen die deutsche Bourgeoisie verfügt. 66 % der Steinkohlen, 80 % der Braunkohlengewinnung, 40 % der metallischen Schwerindustrie und fast die Hälfte des gesamten Großbankkapitals des Staates hat die deutsche Bourgeoisie in ihren Händen. Sie ist also ein gewaltiger Faktor, mit dem die èechische Bourgeoisie rechnen muß, weshalb für sie ein Ausgleich von großem Vorteil ist. So wie sich die nationalen Bourgeoisien ausgeglichen haben zum Kampfbund gegen die werktätigen Massen, haben die sozialfaszistischen Parteien ebenso eine Wandlung durchgemacht, schon in den Tagen des Umsturzes mit der nationalen Bourgeoisie für deren Interessen gegen das Proletariat der anderen Nationen unter der heuchlerischen Losung des Selbstbestimmungsrechtes, um im Momente der drohenden proletarischen Revolution und in der Periode der stärksten nationalen Unterdrückung bei der Selbstverwaltung, bei der Mitverwaltung zu landen. Auch die Sozialdemokraten fordern die Selbstverwaltung und die Kulturautonomie. Die deutschen Sozialdemokraten erklären übrigens, um die Massen zu täuschen, sie hätten nicht auf das Selbstbestimmungsrecht, sondern nur auf seine Geltendmachung verzichtet.
Mit der Kulturautonomie hat es folgende Bewandtnis. Im alten Österreich, als der Zerfall dieses Staates immer drohender wurde, haben Bauer und Renner, um die zerfallende Monarchie zusammenzuhalten, den Ruf nach der Kulturautonomie und der Selbstverwaltung ausgestoßen. Wenn heute derselbe Ruf von den Hakenkreuzlern, den Sozialfaszisten und der deutschen Bourgeoisie wieder ertönt, so nur deshalb, weil sich der kapitalistische èechische Staat in einer ähnlichen Lage befindet, und um die Massen vom revolutionären Kampfe abzuhalten, vor allen Dingen vom Kampfe um das Selbstbestimmungsrecht. Verschwunden ist die Selbstbestimmung aus ihrem Programm, nachdem durch ihre Mitschuld Opfer für die Interessen der deutschen Bourgeoisie fallen mußten. Die wenigen Versuche, die werktätigen Massen mit ihrer Straßentaferlpolitik zu blenden, werden mißlingen, ihre Masken werden wir Kommunisten ihnen von ihrer faszistischen Fratze reißen. Die letzten Diskussionen, welche von den bürgerlichen und sozialfaszistischen Parteien in der Frage der sudetendeutschen Politik seit 1918 abgeführt werden, sind der allerdeutlichste Beweis von der vollständigen Machtlosigkeit, dieses Problem zu lösen. Solange die deutschen werktätigen Massen sich die Hakenkreuzler, Deutschnationalen, Christlichsozialen und Sozialfaszisten zu Verteidigern ihrer nationalen Rechte bestimmen, werden sie vergeblich auf ihre nationale Befreiung warten müssen.
Wir Kommunisten erklären, daß die nationale Befreiung, die Selbstbestimmung der Nationen, in allererster Linie eine Tat des Internationalismus aller Werktätigen unseres Nationalitätenstaates ist, der von den Werktätigen vor allem einen Kampf gegen die eigene nationale Bourgeoisie und weiters einen Kampf gegen den èechoslovakischen Imperialismus im ganzen von allen Werktätigen aller Nationen erfordert. Wir Kommunisten stehen heute, wie immer, noch auf dem Prinzip der Selbstbestimmung (Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1930 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 111 této tìsnopisecké zprávy.)
Der Befreiungskampf der deutschen werktätigen Massen muß zu gleicher Zeit ein Kampf um die Befreiung aller anderen Nationen unseres Nationalitätenstaates werden. In diesem Kampfe kann natürlich nicht die Bourgeoisie die Führerrolle innehaben. Es muß das Proletariat die Führung haben und gemeinsam mit ihm die bäuerlichen und kleinbürgerlichen Schichten im Kampfe gegen die eigene Bourgeoisie ihre Befreiung führen. Der Befreiungskampf der Deutschen kann nur dann zu einem positiven Erfolge führen, wenn es uns Deutschen gelingt, das èechische Proletariat und die werktätigen Bauern und kleinbürgerlichen Schichten als Bundesgenossen in diesem Kampfe zu gewinnen.
Die nationale Befreiung ist mehr
als eine Sprachenfrage, sie ist mehr als eine Frage der Verwaltung
der Schulen und der Gemeinden. Die nationale Befreiung setzt voraus,
daß man der Nation und nicht nur der Bourgeosie die ökonomischen,
politischen und sozialen Möglichkeiten gibt, sich ihren nationalen
Eigenschaften gemäß zu entwickeln. Wir stehen auf dem Standpunkt,
daß die deutschen Fabriken, die sich in den Händen der deutschen
Bourgeoisie befinden, dem deutschen Proletariate gehören. Wir
stehen auf dem Standpunkt, daß der deutsche Boden, der sich in
den Händen der deutschen und èechischen Grundbesitzer befindet,
dem deutschen Bauer gehört. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß
es schon jetzt den Deutschen möglich sein muß, in allen Ämtern
Beamte zu wählen, die in deutscher Sprache mit den Parteien verkehren,
die zu jeder Zeit absetzbar sind, wenn sie ihre Pflichten verletzen.
Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Schulen von gewählten Lehrern
und Schulinspektoren verwaltet werden müssen, die durch Elternräte
kontrolliert und bei Pflichtverletzung jederzeit abgesetzt werden
können. Wir stehen auf dem Standpunkte, daß der deutsche Soldat,
solange er gezwungen ist, einem bürgerlichen Staate zu dienen,
ein deutsches Kommando zu verlangen das Recht besitzt. Wir stehen
auf dem Standpunkt, daß alle èechischen Beamten, die zu Èechisierungszwecken
in die deutschen Gebiete gesandt wurden, verschwinden müssen.
Wir stehen auf dem Standpunkt, daß nur gewählte und den Wählern
verantwortliche und absetzbare Richter in den Gerichten zu sitzen
haben. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die deutschen Theater
und Kinos den Arbeitern, Bauern und kleinbürgerlichen Schichten
gehören, durch diese Schichten selbst verwaltet und den Händen
einiger Kinobesitzer entrissen werden müsœen. Wir stehen aber
auch auf dem Standpunkt, daß diese Forderungen nur im Zusammenhange
mit der Befreiung aller anderen Nationen in der Èechoslovakei
gestellt werden können. Wer heute noch davon faselt, daß eine
nationale Befreiung möglich ist, ohne die bestehende kapitalistische
Gesellschaft zu vernichten, ist eben ein bewußter Betrüger der
nationalen unterdrückten Massen. Daraus geht schon hervor, daß
eine nationale Befreiung ohne eine politische und soziale Befreiung
unmöglich ist. Politische und soziale Befreiung bedeutet aber
Vernichtung der Bourgeoisie, Vernichtung des bürgerlichen Staates
und Errichtung der Diktatur des Proletariats. Wir werden dafür
sorgen, daß es den deutschen bürgerlichen und sozialfaszistischen
Parteien nicht weiter gelingt, die nationale Hetze als ideologische
Vorbereitung des Krieges zu verwenden, wir werden - und dies besonders
in Bezug auf Sowjetrußland, des einzigen Landes, in welchem die
nationale Frage eine wirkliche Lösung fand - dafür sorgen, die
Arbeiter, Bauern und Kleinbürger zum Internationalismus zu erziehen
und damit die Voraussetzung für die nationale Befreiung zu schaffen.
Unsere prinzipielle Einstellung zur nationalen Befreiung diktiert
uns gleichzeitig, gegen jeden Versuch nationaler Unterdrückung
mit den schärfsten Mitteln zu kämpfen. Wir werden uns an die Spitze
dieser Kämpfe stellen. [Další vìta byla usnesením pøedsednictva
posl. snìmovny ze dne 27. listopadu 1930 podle §u 9, lit
m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] (Potlesk komunistických
poslancù.)
Meine sehr geehrten Herren! Anläßlich der Voranschlagsberatung im Feber des heurigen Jahres hat der Herr Generalberichterstatter Dr. Hnídek persönlich seinen Unmut über verschiedene Auswüchse des Budgets geäußert und zum Ausdruck gebracht, daß das Parlament seine Aufgabe in Hinkunft besser durchführen müsse. Sein Hinweis auf die Schulpaläste und die verfallenen Krankenhäuser scheint die oberste Bürokratie, trotzdem der Regierungswechsel im Laufe des Vorjahres den Regierungsparteien genug Gelegenheit gegeben hat, den Worten des Generalberichterstatters Nachdruck zu verleihen, dahingebracht zu haben, das Gegenteil davon zu machen, was angestrebt war. Wir haben im jetzigen Voranschlag einen neuen Fond von 280 Millionen für Minderheitsschulen, also für neue Schulpaläste, während sich an den Zuständen der Krankenhäuser nichts geändert hat. Die demokratische Geste ist schnell zusammengefallen und die gegenwärtig sehr starke Mehrheit, die kaum mehr überboten werden kann, begnügt sich wieder mit der Unterordnung unter das Diktat eines Zahlenhaufens, den die oberste Bürokratie im Staate ihr vorgelegt hat. Sie können, meine Herren, noch soviel von Demokratie reden, zum Schluß bleibt nur die Diktatur. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Die Diktatur, der Faszismus der Mächte, die außerhalb dieses Hauses stehen, hat auch die Absicht des Finanzministers zunichte gemacht, der in den letzten drei Jahren von einem Konsolidierungsbudget gesprochen hat. Ich möchte darauf verweisen, daß ich schon vor drei Jahren, 1927 und 1928, ihn gewarnt habe, von einer Konsolidierung zu sprechen, bevor nicht auf dem wichtigsten Gebiete nicht nur der Produktion, sondern, auch der Währung das eingetreten ist, was man sonst unter Planmäßigkeit versteht.
So kommen wir heute im Zeichen einer großen Wirtschaftskrise zu dem sonderbaren Gegensatz, daß man auf der einen Seite den Arbeitslohn abbaut, auf der anderen Seite aber der Staat aufrüstet und neue Lasten auf die Bevölkerung legt. Die Vermehrung um 500 Millionen bringt es mit sich, daß der Staatshaushalt nunmehr ein gerütteltes Maß von rund 10 Milliarden an Einnahmen aus der Bevölkerung erpressen muß, die zu 83 % auf dem beliebten indirekten Wege gerade aus den Schichten der Ärmsten und Minderbemittelten erzwungen werden. Diese Tendenz erfährt künftig eine Steigerung darin, daß in ganz kurzer Zeit auch die beschlossene Biersteuer und vielleicht auch die inzwischen genehmigte Erhöhung der Bahntarife weiterhin eine Verteuerung der Lebenshaltung, eine Beschneidung der Lebensführung mit sich bringen werden.
Was wir zum Budget zu sagen haben, ist eigentlich nur die Wiederholung und Aufzählung des seit mehr als einem Jahrzehnt gehäuften Unrechts, und wir erfüllen unsere Pflicht, indem wir von neuem eindringlich die Mehrheit auf das demokratische Gewissen, wenn sie es hat, aufmerksam machen und Schlußfolgerungen aus der Demokratie verlangen. Wir können uns nicht einfach stillschweigend begnügen mit der Diktatur der Zahlen, wir müssen uns auch entgegenwerfen einer Diktatur, die unsere Rechte beschneidet, da wir andrerseits zur Erfüllung unserer Pflichten gezwungen werden. Wir bringen das Blutopfer des Militärdienstes, wir bringen das hohe Steueropfer, indem das deutsche Viertel der Staatsbürger des Staates die Hälfte an Steuern aufbringt. Wir verlangen den Schutz des Arbeitsplatzes, der Schule und Scholle, die Abkehr vom gegenwärtigen System, das dem deutschen Nachwuchs jeden Zugang zu den staatlichen und zu den Dienststellen der Länder und in neuester Zeit zu den Dienststellen bei Gemeinden und Bezirken verwehren will. Wir verlangen die Wiedergutmachung, soweit sie noch möglich ist, bei den Personen, die vorzeitig abgebaut worden sind, die Wiedereinstellung des größten Teils der 60.000 abgebauten Staatsbeamten und die Wiedergutmachung der Entwurzelung von 65.000 Menschen, die im Zuge der Boden- und Wälderreform aus Brot und Verdienst geworfen wurden. Bezüglich letzterer verlangen wir eine richtige Verwendung der dafür geschaffenen besonderen Fonds. Das Problem des deutschen Nachwuchses wird sich zu einem Staatsproblem auswachsen. Wenn nämlich der deutsche Nachwuchs so wie gegenwärtig in Industrie und Landwirtschaft, so weit der Staatseinfluß reicht, zurückgedrängt wird, wird das einen revolutionären Herd schaffen, der einmal zu einer wirtschaftlichen Revolution führen wird. Ich stoße da keine Drohungen aus, das sind nur Feststellungen von naturnotwendigen Konsequenzen. Sorgen Sie, daß diese Folgen nicht eintreten, indem Sie Einkehr halten und die Ursache zu ihrer Entstehung hintanhalten. Wenn ich vom Bodenamt bezüglich der vielen tausend Arbeiter, Deputatisten und Beamten, die entwurzelt worden sind, gefordert habe, daß man sie im Zuge der Wälderverstaatlichung in den Staatsdienst übernimmt, muß ich die Forderung aufstellen, daß auch das Mindestmaß von Ansprüchen der deutschen Gemeinden noch in letzter Stunde erfüllt werde, denn auch dort vernarbt die Wunde nie und wir treten bereits jetzt allen Ansichten entgegen, welche von einer neuerlichen Sanierung der Restgutbesitzer mit Inanspruchnahme von Staatsgeldern sprechen. (Výkøiky na levici.) Der Herr Vorsitzende des Bodenamtes sagte, hauptsächlich die kleinen Restgutbesitzer seien das Geld schuldig geblieben: nun, auch bei den großen stehen noch hohe Summen aus und wir wehren uns dagegen, daß man sie von neuem saniert. Wenn sie aus Unfähigkeit und vielleicht aus Dummheit das Staatsgeschenk, welches ihnen gleichsam als Kriegsgewinn des Chauvinismus in den Schoß gefallen ist, nicht zu halten vermögen, mögen sie zu ihrem früheren Beruf zurückkehren, die freiwerdenden Restgüter aber möge man den deutschen Bewerbern zuteilen, die früher auf diesem Boden ansässig waren.
Wir müssen ferner fordern, daß denjenigen alten Arbeitern und Deputatisten, die vielfach 30 und 35 Lebensjahre auf diesen Gütern verbracht haben und zum Teil nicht übernommen, zum Teil mit lächerlich geringen Abfertigungen von 3.000 bis 4.000 Kè abgespeist wurden, daß man ihnen wie auch den entwurzelten Beamten genau dasselbe angedeihen läßt, wie den Altpensionisten des Staates, indem man ihre Renten erhöht. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, daß man die schmalen Renten, die aus dem Unterhaltsfonds ausgeworfen sind, auf das Maß heraufsetze, wie es jüngst durch das Gesetz für die Altpensionisten des Staates geschehen ist. Im übrigen verlangen Wir eine radikale Abrechnung des Bodenamtes und seiner Fonde. Die paar Ziffern, die uns das Bodenamt zur Verfügung gestellt hat, auch das dicke Buch, welches uns im Budgetausschuß übergeben wurde, beinhaltet nichts als eine Aufstellung von Maßen, von Hektaren, beinhaltet keinerlei rechnerische Aufstellung des Plus oder Minus, des Schadens, welcher dem Staat und den Bürgern zugefügt wurde bei dieser Transferierung von Vermögen von einem Volksteil auf den anderen. Wir verlangen nicht nur eine Beseitigung des Bodenamtes, wir verlangen vor seiner Beseitigung auch noch restlose Abrechnung und Wiedergutmachung des Schadens.
Im übrigen müssen wir der deutschen Agrarpartei schon den Vorwurf machen, daß sie in den 4 Jahren Regierungsteilnahme sehr wenig Macht zeigte, denn von den 245 Millionen des Budgets des Landwirtschaftsministeriums entfallen kaum 2 % auf den deutschen Teil in Form einer einzigen deutschen Schule, in Form von minimalen Beträgen für die Unterstützung deutscher Institute und von ganz minimalen Subventionen an landwirtschaftliche Genossenschaften. Diese Beiträge sind so spärlich, sie sind beinahe genau so groß, wie die Russenhilfe, die sich doch nur auf einen kleinen Kreis von Leuten erstreckt. Hier haben Sie eine Probe, wohin der bisherige Kurs der Erfüllungspolitik führt: mit Ihrem Einverständnis zu weiterer Zermürbung des deutschen Volkes. (Posl. Böhm: Sie haben kein Interesse für die Landwirtschaft, weil Sie noch nie ein landwirtschaftliches Gut besaßen. Letzthin sagten Sie, Sie seien gegen jede Drosselung der Einfuhr.) Herr Koll. Böhm, vergessen Sie nicht, daß Ihre eigenen Leute gerade in den letzten Tagen den Vermahlungszwang in einer derart zersetzenden Kritik, mit derartiger Brutalität zerpflückt haben, die ich hier hätte nie vorbringen können. Ich bin vorgestern mit Leuten von Ihnen gefahren, die sagten: Das Gesetz nützt uns wieder nichts, der Handel hat für das ganze nächste Jahr ungarisches Mehl eingekauft, uns bleiben wiederum die alten Vorräte. (Rùzné výkøiky.)
Wir verlangen darum die Sektionierung des Landwirtschaftsministeriums, wie aller übrigen Ministerien. So lange wir nicht diese Sektionierung durchsetzen - und darin erblicken wir die Hauptaufgabe der Teilnahme deutscher Parteien an der Regierung - so lange nicht innerhalb der Zentralkörper eine klare Scheidung gemacht ist, gelten uns Kleinigkeiten keine Erfolge. Das erst würde die echte Verwaltungsreform sein, würde zur Verbilligung und Beschleunigung des Verwaltungsapparates dienen. Das Landesamt in Böhmen, dieses Monstrum mit 90 Abteilungen und Unterabteilungen, ist diejenige Stelle, welche alle gutgemeinten Anträge im letzten Augenblick sabotiert, es ist das Ausweichgeleise. Gerade in den letzten Tagen hat es sich bezüglich der Volkszählung erwiesen, daß es die unangreifbare Stelle ist, auf die sich die Bezirkshauptleute von unten berufen und die Ministerien von oben ausreden. Hier heißt es dreinfahren, diese Stelle zerlegen, ihren Einfluß teilen und für die Deutschen eine von Deutschen geführte Abteilung schaffen.
Zur Agrarkrise möchte ich nur betonen, daß es weniger eine Krise der Produktion als eine Krise der Bodenrente ist, die der Krieg und die Nachkriegszeit unverhältnismäßig hoch getrieben haben und die nunmehr wieder zusammenfällt. In mehrfacher Beziehung ist sie auch eine Folge der Währungspfuscherei, die auch alle anderen zu ertragen haben.
Bezüglich der Eisenbahnen möchte ich nur kurz erwähnen, daß die Politik des Eisenbahnministeriums darauf gerichtet sein müßte, den Eisenbahnverkehr im Sinne moderner Verkehrsregelung auszugestalten. Die Fahrtgeschwindigkeit unserer Schnellzüge gilt im sonstigen Mitteleuropa als Geschwindigkeit von Personenzügen. In einem der wichtigsten Teile der Republik, im weltberühmten Bäderdreieck, verkehren Schnellzüge, die wenn sie die Haltezeit der Personenzüge in den Stationen abziehen, noch unter die Fahrtgeschwindigkeit der Personenzüge dieser Strecken fällt. Im Fahrplan Eger-Prag finden Sie, daß vier Personenzüge schneller fahren als zwei Schnellzugspaare. Das ist Verkehrshindernispolitik, um den Verkehr zum Teil über Pilsen zu lenken, oder ihn überhaupt von den deutschen Kurorten abzulenken nach Luhaèovic und in die Slovakei. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Daß der Staat da sich selbst an der Wurzel trifft, hat der verblendete Chauvinismus bisher nicht erfaßt. Wir führen auch Klage darüber, daß Sie bis heute die Bezeichnung der Wagen der Weltkurorte Karlsbad, Marienbad, Teplitz usw., die für Jahrzehnte unauslöschlich im Sprachengebrauch des Auslandes eingeprägt sind, und durch kein Karlovy Vary etc. ersetzt werden können, daß Sie die alten Bezeichnungen verwehren; auch das trifft nicht nur uns Deutsche, sondern auch den Staatssäckel. (Sehr richtig!)
Die Durchrechnung der Lokalbahntarife ist notwendiger als die Erhöhung der Tarife, die Sie vorhaben. Sie werden das Gegenteil dessen erreichen, was Sie bezwecken, es wird nur eine weitere Drosselung des Güter- und Personenverkehrs eintreten. Die Unsicherheit des Verkehrs und die skandalösen Zustände in unseren großen Bahnhöfen sind bekannt. Der Karlsbader Bahnhof ist ein Weltskandal, ebenso der Staatsbahnhof und die Verkehrsmisere in Gablonz. Nicht einmal 3 bis 4 Millionen haben Sie übrig, um auf einer Strecke von 6 km das nötige Zugsgeleise für die Schnellzugsgarnitur zu legen. In der Slovakel werden Militärbahnen gebaut mit einem Aufwand von 100 Mill. im Vorjahre und heuer mit einem Aufwand von 87 Millionen. Auch hier stehen Sie sich selbst im Wege. Wenn die Eisenbahn ökonomischer beim Kohleneinkauf umginge, ließen sich namhafte Ersparungen machen. Ich lese in den Blättern, daß der Einkauf der Kohle zu exorbitant hohen Preisen getätigt wird. Es sind Differenzen von 1.496 Kronen als Inlandskaufpreis gegen 633 Kronen als Kaufpreis, den die Ungarn und Österreicher in den Ostrauer Werken zahlen, also mehr als 55 % Überzahlung - daraus ergibt sich eine Ersparnis bei den Kohleneinkäufen allein von 330 Millionen, und mit diesen könnte der Eisenbahnminister ein großzügiges Investitionsprogramm ohne Neubelastung von Industrie und ohne Belastung der Passagiere und ohne Schikanen der Bevölkerung durchführen. Dasselbe trifft bei der Post zu. Die Telephonmisere ist im Staate schon zu einer chaotischen Blüte gekommen. Der Ausschluß jedes deutschen Personals gerade beim Telephon bringt es mit sich, daß wir hier vor einem Tohuwabohu stehen. Es müssen aus allen èechischen Mittelschulen die Schüler und Schülerinnen in die deutschen Städte geschickt werden, wo sie 3 bis 4 Monate sind. Kaum machen sie die ersten Gehversuche in der deutschen Sprache, werden sie abgelöst, der ganze Personalstand ausgewechselt und neue kommen hin. Sprachprüfungen und Zurückstellungen unserer deutschen Beamten und das Übergehen bei Zuerkennung der Pensionen insbesondere jener Dienstkategorien, denen weder die Kriegs- noch die Nachkriegszeit bevorzugt eingerechnet wurde, und die nunmehr bei der Systemisierung wieder übergangen wurden, das alles stellt ein Unrecht dar, das beseitigt werden muß.
Die Frage des Rundfunks ist für uns nicht nur eine Prestigefrage, sondern auch eine Frage der Kultur und des kulturellen Fortschritts. Sie haben fünf Sender, angeblich, weil Ihnen nicht mehr als 5 Wellen zugesprochen werden können. Ein Viertel Bevölkerung sind Deutsche, die haben unserer Ansicht nach wohl auch Anspruch auf eine dieser Wellen u. zw. in einem deutschen Gebiet, sei es Aussig, Teplitz oder Karlsbad. Ich kann die Antwort des Herrn Ministers nicht zur Kenntnis nehmen und wir werden nicht ruhen, bis diese Frage einer Regelung unterzogen ist. Auch bezüglich der kurzen Sprechzeiten habe ich im Ausschuß schon gesprochen.
Eine ganz besondere Sache sind die Konzessionsskandale bezüglich des Autobusverkehrs. Ich habe in Karlsbad beim Verkehrstag ausführlich darüber referiert. Vor 14 Tagen hat sich wieder eine unglaubliche Konzessionserteilung ereignet - und auch hier ist wieder die Landesbehörde die betreffende Stelle, wo etwas faul ist. Es betrifft eine Gesellschaft, die eine Konzession für die Strecke über die neue Egerbrûcke in Karlsbad bekommen hat, trotzdem die Brücke noch im Bau begriffen ist, und die Gemeinde bei der Erstattung ihres Gutachtens übergangen wurde. Das Gesuch ist nicht einmal bei der Bezirksbehörde eingelaufen; von oben werden diese Skandale ex praesidio geduldet und wird aller Gesetzlosigkeit zugesehen. Hier muß die Gesamtregierung einmal ganz energisch einschreiten, um diesem europäischen Skandal ein Ende zu machen. Es scheinen im Eisenbahnministerium und auch bei der politischen Landesverwaltung ein paar bezahlte Subjekte zu sein, die im Verein mit abgetakelten ehemaligen Bezirkskommissären heute unter einer Decke stecken, nicht nur die Bezirksbehörden, sondern auch die Staatsbehörden an der Nase herumführen und einigen wenigen Monopolunternehmungen skandalöse Befugnisse ermöglichen.