Ètvrtek 27. listopadu 1930

Ganz eingefleischt scheint diese polnische Erziehungsmethode doch noch nicht zu sein. Erst vor Kurzem hatten wir Gelegenheit vom Herrn Abg. Špaèek den Polen gegenüber so von Liebe überfließende Worte zu hören, wie sie ansonsten von einzelnen seiner Parteimitglieder und seiner Parteiabendpresse nur gebraucht werde, um ihr Verhältnis uns Deutschen gegenüber festzulegen. Was nach solchen Herzensergüssen der Herrn Špaèek die Aufforderung des "Národ" bedeuten soll, uns gegenüber polnische Methoden anzuwenden, ist seither weniger verständlich geworden, da von den Polen diese Methoden solchen brüderlichen Freundschaftsausbrüchen gegenüber eher werden Verwendung finden müssen. Gestatten Sie mir, daß ich den Eingang meiner Ausführungen im Staatshaushaltsausschuß vom 30. Oktober d. J. wiederhole. Dort sagte ich: "An die Spitze meiner Ausführungen stelle ich die Ausführungen des Außenministers Dr. Beneš, der vor Kurzem erst im Außenausschuß folgende Worte gebrauchte: Ich meine da die Zusammenarbeit beider Lager, der sozialen und wirtschaftlichen, aber auch der nationalen: Die Zusammenarbeit mit den Minderheiten, die loyale, ehrliche, korrekte Zusammenarbeit, wie ich das im Völkerbund betont habe, denn die Zusammenarbeit unserer sogenannten Linken und Rechten hat unserem Staate Ruhe und wirklichen Segen im Innern gebracht. Respekt und Anerkennung in der Welt. "Ja", sprach ich weite " Ruhe und wirklichen Segen, Respekt und Anerkennung hat unsere, seit dem Jahre 1926 andauernde Mitarbeit Ihrem Staate gebracht. Ich sage ausdrücklich "Ihrem Staate", denn unser Staat ist dieses Staatswesen noch nicht geworden, dazu müssen Sie, meine Herren von der èechischen Seite, diesen Staat erst machen. Wir deutschen Staatsbürger haben bis heute noch immer trotz unseres loyalst unternommenen Versuches, endlich des Staatsbürgers würdige Verhältnisse zu schaffen, überall und mit wenigen Ausnahmen, die eben die Regel bestätigen, unfreundliche Gesinnung und Gegenarbeit finden können. Der ganze Beamtenapparat des Staates ist zumeist in Händen uns feindlich gesinnter èechischer Beamten, die bis heute trotz aller Zusicherungen noch immer nicht belehrt wurden, in uns Staatsbürger gleicher und nicht erst zweiter, dritter und vierter Kategorie zu sehen. Solange Staatsbeamte an der Spitze der mit größtem Nachdruck gegen alles Deutsche rücksichtslos vorgehenden èechischen Kampfvereine stehen oder dort unter Ausnützung der ihnen von amtswegen bekannten Daten als erste und daher gewichtigste Mitarbeiter tätig sind, können wir an eine Vertiefung der Anfreundung nicht glauben."

Herr Minister Dérer, der mit mutiger Hand die Arbeit auf diesem vielleicht schwierigsten Gebiete des Ausgleichswerkes aufnahm, trat mir mit Rücksicht auf die von mir gebrauchte Redewendung, in der ich von "Ihrem Staate" sprach, folgend entgegen: "Abg. Hodina hat in seiner Rede Worte gebraucht, die meiner Ansicht nach bei einem Abgeordneten, der der Regierungsmehrheit angehört, ungewöhnlich sind. Er hat erklärt, daß dieser Staat nur unser èechoslovakischer Staat ist, nicht aber der Staat der deutschen Bürger. Ich glaube, daß solche Ausdrücke zu Mißverständnissen Anlaß geben können und daß man von den Herren, die in der Regierungsmehrheit sind, bedingungslos verlangen muß, daß sie zum Staat ein positives Verhältnis einnehmen, diesen Staat auch als ihren, als unseren gemeinsamen Staat ansehen. Wir müssen als Bedingung für die Erfüllung jedweder Forderung die absolute Treue und das Bekenntnis zu diesem Staate stellen. Die Minderheiten, die ihre Rechte fordern, müssen sich zu diesem Staat absolut loyal verhalten."

Ich kann nur annehmen, daß Herr Minister Dr. Dérer meinen den Worte "Ihren Staat" folgenden - Satz: "Wir deutschen Staatsbürger haben bis heute noch immer trotz unseres loyalst unternommenen Versuches endlich des Staatsbürgers würdige Verhältnisse zu schaffen, überall und mit wenigen Ausnahmen, die eben die Regel bestätigen, unfreundliche Gesinnung und Gegenarbeit finden können" - nicht gehört hat.

Schon aus diesen Worten ist zu entnehmen, daß wir zum Staate ein positives Verhältnis eingenommen haben und unter den schwersten Verhältnissen auf deutscher Seite die positive Einstellung beibehielten. Damals wie heute sind wir der Ansicht, daß diese Arbeit, so schwer sie auch sein mag und so wenig der langsam werdende Erfolg diese Arbeit verständlich und empfehlenswert macht, geleistet werden muß, im Interesse der Sicherung der Existenz der 3 1/2 Millionen Deutschen in diesem Staate. Schöne Worte und Luftschlösser bringen uns über den 28. Oktober des Jahres 1918 nicht hinweg.

Auf welche Art Geschichte gemacht worden ist, habe ich heute nicht zu untersuchen. Wann die Geschichte neuerlich wieder ihre Malkünste auf der europäischen Landkarte versuchen wird, unternehme ich nicht vorauszusagen. Die Pflicht unserem Volke gegenüber gebietet uns, uns dieser Pflicht bewußt zu sein und in ehrlichster Arbeit besonders in der jetzigen Notzeit den Augenblick zu nützen und das Mögliche anzustreben. Die billige Kritik war und bleibt immer der bequemere Weg. Ob mit der Kritik allein die Verhältnisse je gebessert wurden, bleibe dahingestellt. Das Recht zur Kritik gebührt meines Erachtens nur dem, der sich dieses Recht durch Arbeit schafft. Und weil wir ehrliche Arbeit für unser Volk leisten, nehmen wir uns das Recht der ernstesten Kritik. Daß diese Kritik so herb ausfallen muß, ist nicht unsere Schuld.

Mehr Mut wünschte ich auf èechischer Seite, da ansonsten dort die Sorte von Menschen hochkommt, die nur der Kritik leben und über den Kult des armseligen eigenen Ichs nicht hinauskommend, auf die Abwehr der sich nähernden Wirtschaftskatastrophe nur zu gerne vergessen. Aus diesem Rechte sprach ich und spreche ich heute wieder vo "Ihrem Staat", da eben unser Staat, zu dessen Leitung der Staatsbürger doch volles Vertrauen haben soll, noch nicht ist. Wäre es ansonsten in einem Staate, der bereits das volle Vertrauen aller seiner Staatsbürger genießt, möglich, daß für die am 2. Dezember stattfindende Volkszählung von unserem Innenministerium, von unseren Landesämtern, von unseren Bezirkshauptleuten derartige, jedem geringsten Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl hohnsprechende Anordnungen und Vorbereitungen getroffen werden? Die Nebenregierungen des Národní výbors, dieser unbelehrbaren Unentwegten, halten es angesichts der einsetzenden Wirtschaftskatastrophe, welche nicht nur, wie bereits bewiesen, große sondern auch kleine Staaten zu verschlingen droht, für notwendig, von neuem allen Haß anzuschnüren und den Versuch zu unternehmen, gelegentlich der Volkszählung ein paar tausend oder ein paar zehntausende von Deutschen am Deutschtumsbekenntnisse zu behindern.

Wird es nicht anläßlich einer derartig durchgeführten Volkszählung notwendig sein, eine Überprüfung derselben zu fordern? Um die Beeinflussung bei der Überprüfung auszuschalten, erfolgt die Volkszugehörigkeitsabstimmung durch gedeckt durchgeführtes Einwerfen von färbigen Marken in geschlossene Zählurnen, die übrigen Daten des Volkszählungsbogens können ja leicht beim Gemeindeamte ausgefüllt werden. Wenn geheimes Wahlrecht, warum nicht auch geheime, freie, unbeeinflußte Volkszählung? Zur Ehre einzelner Bezirkshaupleute sei es gesagt: Es gibt im deutschen und im gemischten Siedlungsgébiete tatsächlich Bezirksvorsitzende, die dem Terror der Jednota-Leute nicht gewichen sind. Dort sind beide Volksstämme zufrieden. Wie groß aber muß der Druck und die Macht dieser geheimen Nebenregierungen sein, wenn ein Bezirkshauptmann sich Parteienvertretern gegenüber damit entschuldigen muß, daß er alles aufs beste vorbereitet hatte, jedoch ein derartiger Druck auf ihn ausgeübt wurde oder war es etwa so ein leiser Wunsch von oben? - daß er alles umwerfen mußte.

Laut Gesetz soll mit Aufnahmsbogen nur dort gezählt werden, wo Analphabeten zu zählen sind. Wie tief wird das kulturelle Niveau sinken, wenn die Tausenden und Tausenden von Analphabeten werden ausgewiesen werden müssen? Es wurde wahrscheinlich nur in Befolg des vo "Národ" ausgegebenen Auftrages, den Deutschen gegenüber polnische Methoden anzuwenden, die Auswahl der Zählkommissäre so vorgenommen, daß in polnischen Manieren besonders Qualifizierte ernannt wurden. Zu diesen gehören nach den bisher in Erfahrung gebrachten Ernennungen èechische Minderheitsschullehrer, èechische Gendarmen, èechische, seit einigen Jahren erst angesiedelte Kolonisten, èechische Landwirte und èechische Waldheger aus èechischen Nachbargemeinden, in den deutschen Grenzort versetzte Arbeiter und Fabrikanten. Der èechische Fabrikant wurde ausgerechnet in den deutschen Nachbarort als Zählkommissär entsandt, in welchem die größte Anzahl der bei ihm beschäftigten deutschen Arbeiter wohnt.

Besondere Fürsorge genießen selbstverständlich die Sprachgrenzen und die Sprachinselorte. In diesen wurden selbstredend womöglich überhaupt kein Deutscher, sondern womöglich eben angestellte Steueramtseleven und sonstige an der Spitze der Národní jednota marschierende Beamte ernannt, da es ja in diesen Gemeinden Prozente zu erjagen oder zu verwischen gilt.

Damit sich beinahe rein deutsche Orte und Städte nicht zu beklagen haben, wurden auch in solchen da und dort nur oder der Mehrzahl nach èechische Revisoren ernannt. Und dies alles soll in "unserem" Staate möglich sein?

Nun, auch den Schrecken werden wir noch überleben und diesen Výbor-Leuten nicht den Gefallen tun und vor dieser Volkszählung infolge des Schreckens in Massen wegsterben. Nein! Die von den verschiedenen Parteien durchgeführten Vorstellungen gegen diese Willkür haben sowohl dem stellvertretenden Ministerpräsidenten, als auch dem Innenminister über das geschehene Ungeheuerliche volle Aufklärung gegeben. Unserer Abordnung wurde Abhilfe zugesagt und wiederholt die Garantie gegeben, daß strengster Auftrag gegeben sei, unter keiner Bedingung Beeinflussungen zu versuchen.

Den verantwortlichen Ministern wollen wir es gerne glauben. Wie es die Zählkommissäre bei uns und in der Slowakei und Karpathorußland halten werden, ist eine andere Frage. Geschah es doch schon gelegentlich der ersten Volkszählung, daß der deutsche Ort B. durch einen Kniff des dortigen slovakischen Pfarrers zu einem rein slovakischen gemacht wurde. "Leuteln, ich kann Euch nur das Eine sagen, wir sind jetzt alle Èechoslovaken, weil wir Bürger der Èechoslovakischen Republik sind. Und da wird es für Euch am besten sein, Ihr schreibt Euch oder schreibe ich Euch èechoslovakisch ein!" Die armen deutschen Siedler, weit weg von jeder Verbindung, fielen dem freundlichen Seelenhirten darauf hinein, der Ort wurde slovakisch, und bis heute wurde die Errichtung einer deutschen Schule in der Gemeinde unmöglich.

Viel Not und Gefahr ist im Anzug. Als Landwirt und Genossenschaftler fällt mir da eines unserer besten Hilfsmittel ein: Selbsthilfe! Selbsthilfe ist das Erziehungsmittel, welches unser Volk den polnischen Erziehungsmitteln entgegensetzt. Jeder bekenne frei sein Deutschtum ein!

Im Gesetz werden Beeinfhussungen strenge bestraft. Jeder beobachte den Zählkommissär peinlichst darauf, ob er sich irgendwelche, wenn auch nur die geringste Beeinflussung zuschulden kommen läßt. Zutreffendenfalls hat jeder Staatsbürger die Pflicht, Gesetzwidrigkeiten zur Meldung zu bringen. Diese Meldung wird gleichzeitig auch der zustehenden politischen Partei erstattet. Außenminister Dr. Beneš sprach, wie ich schon einmal betont habe davon, daß "die Zusammenarbeit mit den Minderheiten unser em Staate Ruhe und wirklichen Segen im Inneren brachte und Respekt und Anerkennung in der Welt." Ich glaube, wir Staatsbürger begehen nichts Ungerechtes, wenn wir die Befolgung des Volkszählungsgesetzes durch die Zählkommissäre ein wenig beobachten und dann de "Národ", das ist dem Abendblatt der Partei des Herrn Abg. Špaèek, Bericht erstatten, ob sich die Zählkommissäre bereits die polnischen Methoden zu eigen gemacht haben.

Gestern nachmittags sprach Herr Koll. Najman von seinem Besuche der Weltausstellung in Barcelona, Antwerpen und Lüttich. Er schilderte in beredten Worten, wie großartig alle anderen Staaten ihre Ausstellungen untergebracht hatten und wie armselig sich dagegen die Scha ustellungen der Èechoslovakischen Republik dort dem Auge darboten. Im weiteren betonte Abg. Najman auch den alten Spruc "Svùj k svému" und meinte, die Prager Herren mit den polnischen Methoden hätten besser getan, die deutschen Fenster und Auslagen ganz zu lassen, da ja doch immer auch èechische Fenster infolge von Zielfehlern oder Streuungen kaput gehen. Die siebzehnwöchige Bekämpfung des deutschen Tonfilmes durch Massenbesuch und darauffolgenden Fenstersturm bei gleichzeitig vollständig leeren Kinos, in denen andere Filme liefen, sei nicht das richtige Bekenntnis zu "Svùj k svému" gewesen. Nun, ziehen wir daraus eine Lehre! Die nächsten Ausstellungen unseres Staates werden entsprechend de "Svùj k svému" nach entsprechend sorgfältigst durchgeführter Auswahl des Ausstellungsgutes auch von uns Deutschen beschickt. Allerdings können unsere Ausstellungen, entsprechend unseren Vermögensverhältnissen zweiter Klasse, auch nur in einem armseligeren Kleide aufgemacht werden.

Nach diesen kulturpolitischen Betrachtungen komme ich nun zu meinem eigentlichen Arbeitsgebiet, dem trotz allen Bauförderungsmaßnahmen noch immer wieder nicht aufgebauten Schlachtfeld des deutschen Schulwesens. In Herrn Minister Dr. Dérer entstand ein neuer Baumeister, der mit kundiger Hand neue Pläne entwirft und werktätig mitzubauen versucht, um die alten Schäden endlich wettzumachen. Besonders arbeistfreudige Hilfsarbeiter und Maurer, die arbeitslos zu werden fürchten, wenn sie die Bauten dieses Baumeisters nach seinen soliden Plänen aus noch solideren Baubedarf durchführen, trachten immer wieder den Baufortschritt aufzuhalten, durch schlecht und schiefgesetzte Bausteine, durch Verwendung schlecht gemengten Mörtels, schlechten Maßes, nicht eingehaltenen Proportionen u. a. Schiebungen. Wir boten uns wiederholt als Hilfsarbeiter mit unbeschränkter Arbeitszeit und unverhältnismäßig geringem Lohn an. Kaum wurde unter den früheren Baumeistern die Arbeit aufgenommen, so trachteten die uns nicht günstigen Arbeiter, uns vom Bau zu verdrängen. Besonders mißgünstig wurden wir angesehen, als es uns gelang, bei den Mörtelmischungen unwahre Angaben nachzuweisen. Als sich diese unwahren Angaben sogar als oft wiederholte Lügen herausstellten, forderte man direkt die Entlassung. Soweit haben wir es in diesem Staate gebracht. Das Streben nach Wahrheit wird verboten und das Aufdecken unwahrer Daten zur Herausforderung gestempelt. Den deutschen Abgeordneten wird verboten, sich auch nur darum umzusehen, ob mit den Staatsmitteln nicht da und dort gewüstet wird. Er darf weder den Bürgermeister noch den Ortsschulratobmann noch womöglich sonst einen deutschen Bürger irgendeines deutschen Ortes fragen, ob in dr neugebauten èechischen Minderheitsschule überhaupt Kinder sind. Zum Verbrechen wurde unsere Neugier verdonnert, als ich es wagte, sogar danach zu fragen, ob eine solche Schule etwa auch von deuttschen Kindern besucht wird. Das wiederholte Ersuchen, dem Kulturausschuß die Minderheitsschuldaten zur Einsicht vorlegen zu lassen, wurde nicht erfüllt. Als ich in mühsamster Arbeit auf dem Wege der Selbsthilfe diese Daten zu sammeln begann, wurde ich zum Hasser des èechischen Schulwesens gestempelt.

Die Wahrheit tut weh auch auf diesem Gebiet, und deshalb anstatt versuchter Widerlegung Schimpf. Und doch ist diese Kampfesart das Eingeständnis der eigenen Schwäche. Sachliche Gegengründe fehlen, deshalb wird fleißig losgeschimpft. Eine kleine Notiz aus einem èechischen Blatt zeigt uns so recht die ganze Überhebung gewisser Kreise: "Die Handlungsweise", schreibt das Blatt" mit welcher sich Abg. Hodina zum Sequester des èechischen Schulwesens in unserer Republik aufschwang, ist in jeder Beziehung nicht nur von uns Èechen, sondern auch von jedem ernst zu nehmenden und gerechten Deutschen zu verurteilen. In seinem Haß trug er den deutschen Gemeindevorstehern auf, ihm genaue Daten über das èechische Schulwesen in verdeutschten und gemischten Gemeinden einzusenden. Dies Angelegenheiten, die weder in ihrem Wirkungskreis noch in den Aufsichtsbereich der Gemeinden fallen, Angelegenheiten, die sie nicht kennen und die sie bespitzeln" - špiclovat, heißt es hier "und erkunden sollten, also Angelegenheiten, die diese Gemeinden aber schon gar nichts angehen. Wie man hört, sollen sie auch die Nationalität der Kinder und Eltern ermitteln und es wird dann dieser von sich eingenommene Abgeordnete nach diesen unkontrollierbaren Daten seine Statistik, seine Argumente zusammenstellen und seine Angriffe unternehmen. Und dies nennt man bei ihnen Schutzarbeit für das deutsche Volk im èechischen Parlament. Hodina macht aus sich - seit wann fließt deutsches Blut in seinen Adern? - auch einen ganz ungeheueren Mentor des Unterrichtsministeriums, dessen Angaben und Statistiken er nicht glauben will. Wie ist dieses Wichtigtun doch lächerlich, insbesondere bei dem Abgeordneten einer Partei, die einen Minister in der Regierung hat. Geht nach Genf, Zaleski wird Euch antworten!"

Gemach, gemach, Herr Artikelschreiber! Was zunächst meinen Familiennamen anbetrifft, wird es wohl nicht notwendig sein, eine Untersuchung anzustellen, wieviel deutsche Namen auf èechischer Seite und èechische Namen auf deutscher Seite zu finden sind. Dr. Schiesz, also ein Èeche, hat erst vor kurzer Zeit unter Bezugnahme auf die Unterschriften èechischer Führer die den Aufru "Mobilisierung gegen den deutschen Geist" unterschrieben hatten, nachgewiesen, wieviele von diesen Unterzeichnern diesen èechischen Aufruf nicht unterschreiben dürften mit Rücksicht auf ihre deutschen Familiennamen. Und da gab es so große Herren darunter, zu denen ich armer Teufel in meiner Bescheidenheit kaum aufzublicken wage.

Was den anderen Text der Zeitungsnotiz betrifft, so geht tatsächlich den Schreiberling meine Schulschutzarbeit schon gar nichts an. Ebenso wird sich kein Deutscher, gehöre er welcher Partei immer an, es verbieten lassen, mir oder seiner Partei die gewünschten voll verläßlichen Schuldaten zukommen zu lassen. Je mehr dagegen losgewettert wird, desto nachdrücklicher wird die Arbeit geführt werden. Ich glaube, unsere Schule ist wert, daß ein bißchen Arbeit mehr nicht gescheut wird.

Daß ich den Angaben und statistischen Daten des Ministeriums nicht zur Gänze glauben kann ist leider wahr. Ich hätte nicht schon Gelegenheit haben müssen, mich direkt von oft vollständig erlogenen Daten überzeugen zu können. Die zwei Vorgänger des Herrn Ministers Dr. Dérer konnte ich in einzelnen Fällen von der Unstichhältigkeit der amtlichen Daten überzeugen. Unterdessen sammelten sich gar viel solche Fälle an, und Dr. Dérer wird viel zu tun haben, wenn er die Daten auf eine vollständig ri chtige Basis zurückführen will. Und heute bekomme ich diese Daten ja nicht nur von Deutschen. Auch Èechen, anständige Menschen, denen dieses furchtbare Spiel um die Seele des Kindes Abscheu einflößt, Èechen, denen dieses Wüsten mit den mühsam aufgebrachten Steuergeldern in dieser schweren Wirtschaftskrise das Blut zu Kopf steigen läßt, Èechen, die diese fürchterliche Lüge hassen, melden sich immer mehr und immer öfter und wollen mithelfen, diesen Wahnwitz niederzukämpfen.

Einige wenige Beispiele:

In Pobitsch, Bezirk Hohenstadt, wurden trotz meiner gegenteiligen Behauptung wiedierholt 13 èechische Kinder amtlich als ortsseßhaft ausgewiesen. Nachdem diese amtliche Lüge endlich doch sichergestellt worden ist, wurde die Schule, wie de "Národ" dann selbst mitteilte, mangels an Kindern im Jahre 1928 als erste èechische Minderheitsschule gesperrt.

Es ist ebenso eine Lüge zu nennen, wenn für 37 Kinder in Eisendorf eine zweiklassige èechische Minderheitsschule erhalten werden muß und bei näherer Untersuchung sich dann plötzlich von den 37 Kindern 31 als deutsche herausstellen.

Es ist eine Lüge, wenn in Linz, Bezirk Bischofteinitz, für 10 èechische und 2 Kinder aus gemischten Ehen eine èechische Minderheitsschule erhalten werden muß, wenn von den 10 èechischen Kindern 8 aus einer èechischen Gemeinde mit einer öffentlichen èechischen Schule stammen und diese öffentl che èechische Schule von der èechischen Minderheitsschule höchstens 10 Minuten entfernt ist. Entspricht es dem Minderheitsschulgedanken, wenn in Sukohrad, Bezirk Dauba eine èechische Minderheitsschule für 4 deutsche, 1 èechisches und 1 Kind aus gemischten Ehen erhalten wird?

Ist es nicht eine Lüge, der, wie ich annehmen will, Abg. Dr. Lukavský aufgesessen ist, wenn mir Dr. Lukavský anzudichten suchte, daß die deutsche Schule in Baumühl, Südmähren nur mit Hilfe der 22 cechischen an dieser Schule unter Anwendung von Zwangsmitteln eingeschriebenen Kinder gehalte werden kann - wenn diese deutsche Schule überhaupt noch nicht besteht und Dr. Lukavský trotzdem schon an dieser nicht bestehenden Schule 22 èechische Kinder eingeschrieben hatte.

Ist es nicht eine Lüge an dem sonst menschenfreundlichen Jugendhilfswerk der Waisenfürsorge, wenn in Lutscherau im èechischen Waisenheim Waisen zu finden waren, deren Eltern sie Sonntags besuchen oder wenn Waisen ledigen Gendarmen in Pflege gegeben werden oder wenn einem Deutschen, einem Trunkenbold, der mit einer Frau in wildester Ehe lebt, 2 èechische Waisen gegen ein Kostgeld von je 1000 Kè jährlich anvertraut werden?

Ist es nicht eine Lüge, wenn in Nikles in Nordmähren eine èechische zweiklassige Minderheitsschule als zu erhalten notwendig ausgewiesen wird mit ca. 45 Kindern, von denen 2 deutsche, 4 èechische und Mischehekind aus Nikles selbst stammen? Die übrigen über 30 Kinder stammen aus dem èechischen Böhm. Märzdorf, wo die vierklassige öffentliche èechische Schule zu einer dreiklassigen restringiert wurde, um die 30 Kinder an die èechische Minderheitsschule in Nikles abgeben zu können?

Und wie sind die Verhältnisse an den Troppauer èechischen Minderheitsschulen einzuschätzen? Dort gibt es folgende Schulen: Volksschule fünfklassig mit 2 Parallelklassen, Volksschule II fünfklassig mit 2 Paralellklassen, Volksschule III fünfklassig und die Volksschule IV dreiklassig. Also 22 Klassen mit einem Schülerdurchschnitt von 21 Schülern. Die Volksschule I nahm die Einschreibung am Schlusse des vorigen Schuljahres vor, die Volksschule II erst am Beginn des heurigen Schuljahres. Eine ganze Anzahl von Kindern ist an beiden Schulen eingeschrieben. Die angesuchten Paralellklassen wurden nicht bewilligt und trotzdem wird über Verfügung des Minderheitsschul-Inspektors in Paralellklassen unterrichtet.

Und als Gegenbild: In Görkau in der 1. Klasse der deutschen Mädchenvolksschule sitzen wahrscheinlich heute noch 74 sechsjährige Menschenkinder in einer Klasse und sollen diesen dort die Anfangsgrunde, die Grundlagen für ihren ferneren Fortgang beigebracht werden. Muß der dortige Lehrer sich nicht wie ein zum qualvollsten Martertode Verurteilter vorkommen? Die Paralellklasse konnte während der beinahe schon vollendeten 3 Monate Unterrichtsdauer nicht bewilligt werden, da angeblich der Akt nicht ganz in Ordnung war.

In dieser Art könnte ich noch viele, viele Einzelheiten vorbringen. Ich glaube durch diese Arbeit den Herrn Minister davor bewahren zu können, daß er auf Grund von falschen Zahlen Fehlentscheidungen treffen muß, was sich dann als Gewaltmaßnahme gegen uns und auch als materieller Schaden gegen die vernachlässigten Schulgebäude in armen èechischen und deutschen Dörfern auswirkt.

Auf nicht ganz richtigen Voraussetzungen scheinen mir dem Herrn Minister zur Verfügung gestellte amtliche Daten zu stehen, wodurch nachgewiesen werden soll, daß im Durchschnitte auf eine èechische Volksschule 109 und auf eine deutsche nur 102, auf eine èechische Bürgerschule 118 und auf eine deutsche gar nur 99 Kinder entfallen sollen, wodurch die deutschen Klagen über die Zurücksetzung des deutschen Schulwesens als unberechtigt zurückgewiesen werden sollen. Warum gibt es in den deutschen Schulen einen geringeren Durchschnitt von Schulkindern? Doch nur deshalb, weil die deutschen Schulen zumeist minder organisiert sind eine naturnotwendige Folge des deutschen Siedlungsraumes im Gebirgslande, wo die Ortschaften zu weit voneinander entfernt sind. Schon die weiten, zumeist für die Volksschuljugend geradezu gefährlichen Wegverhältnisse erfordern die Errichtung einklassiger Schulen mit selbst geringeren Kinderzahlen.

Nur zu klar wird durch diese Ausführungen das Bild gezeichnet, welches uns zwingt, diese Schulverhältnisse wachsam zu verfolgen und möglichst Abhilfe zu schaffen.

Bei den Minderheitsbürgerschulen wird eine Überprüfung ebenso notwendig sein, da auch auf diesem Gebiete den deutschen Gemeinden furchtbares Unrecht geschieht. Den èechischen Gemeinden, die an das deutsche Sprachgebiet angrenzen, werden die èechischen Bürgerschulen auf Staatskosten als èechische Minderheitsbürgerschulen erbaut und in den deutschen Standorten dieser Schulen damit gleichzeitig ein arger Vorstoß ins deutsche Gebiet unternommen. Die deutschen Gemeinden müssen im Falle der Bewilligung einer deutschen Bürgerschule den ganzen Sach- und Bauaufwand auf Heller und Pfennig selbst tragen.

Leider steht mir die Zeit nicht zur Verfügung, um auch die anderen Gebiete alle durchzunehmen. Nur eines noch muß ich erwähnen. Infolge der starken Geburtenjahrgänge wurden Klassenteilungen notwendig. Die Lehrerreserven sind aufgebraucht und müssen schleunigst Vorsorgen für den Lehrernachwuchs getroffen werden.

Die beiden von mir aufgezeigten Bilder lassen uns tief in alles das hineinblicken, was sich da noch verschworen hat, uns Deutschen die Mitarbeit zu vergällen. Die Zusicherungen der Minister betreffend die Volkszählung, der Wille zur Arbeit des Herrn Ministers Dr. Dérer, dem Ausgleich entgegen zu arbeiten lassen uns im Verein mit den immer lauter werdenden übrigen Stimmen auf èechischer Seite, die dem Frieden zuarbeiten die Kraft finden, die Staatsnotwendigkeiten zu bewilligen. Die Volkszählung am 2. Dezember wird zu beweisen haben, ob auf cechischer Seite Gerechtigkeits- und Friedenswille vorhanden ist, stark genug, dem Terror der Übrigen Halt zu gebieten.

Ist der Wille da, sind wir bereit, mit aller Kraft diese Arbeit bis zur Durchsetzung weiter zu führen und mit alles daran zu setzen, die drohende Wirtschaftskatastrophe abzulenken und volkswirtschaftliche Sicherungen im Interesse aller Bevölkerungsgruppen dieses Staates schaffen zu helfen. Ein Ende muß jedoch diesem staats- und volksverderbenden Treiben gesetzt werden. Deshalb nochmals meine Mahnung: Schafft den Ausgleich, solange es noch Zeit ist. (Potlesk.)

3. Øeè posl. Höhnela (viz str. 55 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Bei der Durchberatung des Staatsbudgets erachte ich als deutscher Kommunist für notwendig, auch zu dem Nationalproblem unseres bürgerlichen Nationalitätenstaates Stellung zu nehmen. Gerade in dem Staatsvoranschlag eines kapitalistischen Staates kommt am allerdeutlichsten die jedem menschlichen Rechte hohnsprechende Methode der Unterdrückung der Minderheitsnationen durch die herrschende Nation zum Ausdruck. Wir Kommunisten geben uns aber absolut keiner Illusion hin, von einem bürgerlichen Parlamente etwa zu erwarten, daß es sich mit der nationalen Unterdrückung der nichtèechischen Bevölkerung ernstlich befassen wird. Wir wissen, daß dies einfach unmöglich ist, deshalb, weil eine bürgerliche Staatsordnung nicht imstande ist, das nationale Problem zu lösen. Denn das nationale Problem so zu lösen, daß man der Nation die Möglichkeit gibt, sich ökonomisch, kulturell und sozial so zu entwickeln, wie es ihrer Kultur, ihren Sitten und nationalen Eigenheiten entsprechen würde, kann eine bürgerliche Gesellschaft nicht. Das kann nur ein Sowjetstaat, in welchem das Haupthindernis der Befreiung der Nationen, die bürgerliche Demokratie als Form der Unterdrückung nationaler Minderheiten, beseitigt ist. Der èechoslovakische Staat, von èechischnationalen Historikern als Nationalstaat bezeichnet, in Wirklichkeit aber ein ausgesprochener Nationalitätenstaat, eine Miniaturausgabe der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, ist nicht das Produkt eines von den breiten Massen der Nation getragenen Befreiungskampfes, sondern ein Produkt des imperialistischen Friedens von Versailles, Saint Germain und Trianon, als Lohn für die konterrevolutionären Handlungen der èechischen Bourgoisie gegen den ersten proletarischen Staat, die Sowjetunion. Zu diesen konterrevolutionären Handlungen wurden die èechischen Legionen auf den Feldern Sibiriens durch die èechische Bourgeoisie mißbraucht. Hatte die Massenbewegung, die unter bürgerlicher Führung stand, auch einen gewissen Teil beigetragen, so ist das Produkt dieser Bewegung nichts anderes als die Befreiung der èechischen Bourgeoisie von der Vorherrschaft der deutschen im alten Österreich. Nicht die èechische Nation wurde befreit, sondern die èechische Bourgeoisie hat die breiten Schichten des Proletariats, der Bauern und des Kleinbürgertums benützt, um sich selbst zu befreien und dadurch die Hegemonie für die Ausbeutung dieser Schichten- der èechischen Nation zu erreichen. Die soviel gepriesene Befreiung der èechischen Nation ist nichts anderes als die Verwirklichung der Ziele und Wünsche der èechischen Bourgeoisie. Die èechische Nation erhielt zwar ihre staatliche Selbständigkeit, aber sie hat sich keinesfalls national befreit. Und warum? Weil eine Nation, die andere Nationen unterdrückt, eben nicht frei sein kann und nicht frei ist. Der soziale Inhalt der nationalen Unterdrückung liegt nicht bei den zweisprachigen Straßentaferln, sondern in der Möglichkeit der Ausbeutung nicht nur der èechischen sondern auch der deutschen, ungarischen, slovakischen, ukrainischen und polnischen Arbeiter, Bauern und kleinbürgerlichen Schichten. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)


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