Úterý 25. listopadu 1930

Derselben Aufgabe widmen wir uns hier, wenn wir die nationale Selbstverwaltung in vollem Ausmaße, also kulturelle und territoriale Autonomie, fordern. (Posl. Krebs: Es lebe die sudetendeutsche Selbstverwaltung!) Erst dann sind auch wir Gleiche unter Gleichen, erst dann ist das Sudetendeutschtum befähigt, seine Aufgabe im Gesamtdeutschtum als Teil desselben zu erfüllen. Mögen alle anderen angesichts der Größe der Aufgabe verzweifeln oder sie vielleicht gar nicht erkennen, wir erfüllen unsere Pflicht im Dienste einer Idee, deren Verfechter wir auf dem Boden unserer Heimat sind. Es lebe die nationale Selbstverwaltung. (Potlesk.)

2. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 36 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir haben heuer bereits das zweitemal das besondere Vergnügen, einen Staatsvoranschlag zu beraten und zu beschließen. Zum zweitenmale in diesem Jahre sind wir Zeugen des traurigen Schauspieles von dem vollständigen Versagen des èechischen Parlamentarismus, sind wir Zeugen einer Verhandlungs- und Parlamentskomödie, die der Öffentlichkeit hier vorgespielt wird, denn von einer wirklichen Beratung des Voranschlages im Rahmen des Budgetausschusses oder gar des Plenums kann in diesem Staate keine Rede sein. Genau so wie in den früheren Jahren wird auch heuer wieder der Staatsvoranschlag durchgepeitscht und wird den gewählten Vertretern der Völker in diesem Staate die Möglichkeit vorenthalten, ernst und würdig den Voranschlag zu beraten, ernst und würdig auch die notwendigen Abänderungen durchzuführen und von dem sogenannten höchsten Recht des Parlamentarismus, dem Budgetrechte Gebrauch zu machen. Bezeichnend ist, daß dieses unparlamentarische System heute mit verantwortet wird von den sogenannten neuen deutschen Regierungsparteien, der deutschen Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft und den deutschen Sozialdemokraten, die vor 4 Jahren nicht genug Spott und Hohn über die damaligen deutschen Regierungsparteien ausschütten konnten und zwar mit der Begründung, daß es ein unwürdiges Schauspiel sei, das die deutschen Regierungsparteien bieten, daß sie als Gefangene der èechisch-deutschen Regierungskoalition stumm und still parieren und den von den èechischen Sektionschefs ausgearbeiteten Staatsvoranschlag unverändert schlucken. Sowohl die deutsche Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft als auch die deutschen Sozialdemokraten brandmarkten in der schärfsten Art und Weise dieses unglaubliche System der völligen Preisgabe aller demokratischen Einrichtungen. Das Bild hat sich geändert, an Stelle zweier aus der Regierung ausgetretener deutscher Parteien ist die deutsche Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft und die deutsche sozialdemokratische Partei vorgerückt und statt sich ihrer in den früheren Jahren geübten scharfen und ätzenden Kritik zu erinnern und demgemäß auch zu handeln, sehen wir die deutschen Sozialdemokraten und die deutsche Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft am Werke, das bisher geübte, eines Parlaments und der Demokratie unwürdige System fortzusetzen. Dieses unwürdige System wird nach außen am besten gekennzeichnet durch die bedingungslose Ablehnung aller während der Beratungen im Budgetausschuß und Hause eingebrachten Abänderungs- und Resolutionsanträge. Erinnern wir uns z. B. mit welch' starken Worten von Seite der deutschen sozialdemokratischen Partei dieses System noch vor 2 Jahren gebrandmarkt wurde, das immer nur als Schändung der Demokratie und des Parlamentarismus bezeichnet wurde. Es war damals Koll. Hackenberg, welcher wörtlich erklärte, daß ein solches Vorgehen des Parlaments unwürdig ist und allen demokratischen und parlamentarischen Grundsätzen widerspricht und daß seine Partei in der Zukunft sich niemals, unter keinen Umständen, eine solche Behandlung mehr wird bieten lassen. Das war in dem Zeitpunkt, als die deutschen Sozialdemokraten sich noch in Opposition befanden. Heute, zwei Jahre später, sitzen sie in der Regierung und bilden gemeinsam mit den èechischen Sozialdemokraten den stärksten Block innerhalb dieser Regierung und infolgedessen lastet auf ihnen auch die größte Verantwortung für die Fortsetzung dieses ungeheuerlichen Systems. Die deutsche Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft mit ihrem Wortführer Dr. Rosche an der Spitze hat damals, als bekanntlich alle Resolutionsanträge in Bausch und Bogen, ohne Abstimmung der Regierung, d. h. dem Regierungspapierkorb zugewiesen wurden, sich damit ausgeredet, daß er über den eingeschlagenen Vorgang nicht unterrichtet gewesen sei, und er kündigte hier dem Parlamente, groß und aufgemacht in seiner führenden Zeitung, der "Bohemia", eine große Aktion an, in welcher er eine Überprüfung aller bisher seit dem Bestande des Parlamentes eingebrachten Resolutionsanträge, ihres Schicksals und ihrer Behandlung durch die Regierung in Aussicht stellte. Das Zeitungspapier war geduldig, es hat die Ankündigung dieser Aktion widerspruchslos ertragen. Bis heute wissen wir nicht nur nichts von der Durchführung dieser Aktion, wir wurden im Gegenteil belehrt, daß die deutsch-demokratische Freiheitspartei mit dem Rosche - Flügel bei den Beratungen im Budgetausschuß widerspruchslos die Fortsetzung dieses Systems nicht nur geduldet, sondern auch mitgeholfen hat, durch ihre Abstimmung dieses System zu verankern, nicht nur alle Hunderte von Abänderungsanträgen niederzustimmen, sondern, wie in den früheren Jahren, alle Resolutionsanträge in Bausch und Bogen ohne Abstimmung dem Regierungspapierkorb zu überantworten. (Výkøiky.)

Der Generalberichterstatter - oder wie man ihn besser bezeichnen könnte - der Generalanwalt des Staatsvoranschlages Dr. Hnídek hat sich auch heuer wieder die Sache sehr einfach gemacht, indem er ausdrücklich in dem gedruckten Vorworte zu dem Motivenbericht erklärt, daß von einer Annahme der Abänderungsanträge zur Zeit noch keine Rede sein könne und daß man bis zu jenem Zeitpunkte zuwarten müsse, wo es ermöglicht sein wird, solchen Abänderungsanträgen zuzustimmen. Fast könnte man annehmen, daß Dr. Hnídek unter die Propheten gegangen ist und bereits heute mit diesen Worten prophezeit, daß eine Abänderung dieses Systems undenkbar und undurchführbar sei, solange der èechische Staat besteht.

Meine Damen und Herren! Das Budgetrecht ist bekanntlich das vornehmste Recht des Parlaments. Die unterschiedlichen Regierungspa rteien, die wir kommen und gehen gesehen haben, sind sich in einem gleich geblieben: sie haben auf die Ausübung dieses vornehmsten parlamentarischen Rechtes, des Budgetrechtes, restlos verzichtet, sie haben sich bemüht, den Wünschen und Forderungen des èechischen Zentralismus restlos gerecht zu werden, die verschiedenen vorgelegten Voranschläge wiederspruchslos zu schlucken, ohne auch nur die geringsten Änderungen vorzunehmen. Der Generalberichterstatter Dr. Hnídek hat diese Stellungnahme zu verteidigen gesucht, indem er darauf hinwies, daß mit Rücksicht auf das Gleichgewicht im Staatshaushalte, mit Rücksicht auf die geringere Aktivität des Staatsvoranschlages, die bekanntlich mit 5 Millionen Kè errechnet ist, nicht möglich sei, Abänderungsanträge zur Annahme zu empfehlen, weil in diesem Falle eine Bedeckung für die Forderungen fehlen würde. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.) Ich habe im Budgetausschuß verschiedentlich Gelegenheit genommen, darauf hinzuweisen, daß wir die Parlamentsmehrheit in die Lage versetzen, für Abänderungsanträge zu stimmen, die keinen Mehraufwand erfordern, d. h., entsprechenden Mehraufwänden auch entsprechende Abstriche gegenüberstellen. Eine der wichtigsten Forderungen, die kein großes Durcheinander innerhalb des Voranschlages herbeiführen würde, war die Schaffung der Voraussetzung der Ermöglichung, daß die deutschen Mitglieder dieses Hauses den Voranschlag auch studieren können. Dieser Antrag ging dahin, einen entsprechenden Betrag von 400.000 bis 450.000 Kè einzusetzen, um alle Parlamentsdrucke, also auch den Voranschlag, in deutscher Sprache aufzulegen. Auch dieser Antrag wurde heuer ebenso wie seit dem Bestande des Parlamentes, wieder glatt niedergestimmt.

Die deutschen Sozialdemokraten haben bezeichnender Weise, beginnend von 1926 bis 1929, die damaligen deutschen Regierungsparteien immer mit dem Hinweis darauf angegriffen, daß ihre verschiedenen Redner am Budget Kritik üben und nachträglich für das unveränderte Budget stimmen. Was machen die deutschen Sozialdemokraten seit dem Vorjahre? Sie haben den Voranschlag der Jahre 1930 und 1931 mitberaten, sie haben Kritik, schärfste Kritik geübt, sie haben für den Voranschlag 1930 gestimmt und die Abstimmung Ende dieser Woche wird beweisen, daß sie auch für den unveränderten Voranschlag 1931 stimmen werden.

Der Generalberichterstatter, besser gesagt der Generalanwalt des Voranschlages hat sich auch heuer wie in früheren Jahren die Aufgabe bei Erstattung des Berichtes an das Plenum des Hauses sehr einfach gemacht. Gewiß seine Fleißaufgabe ist, was den Umfang anlangt, zu bewundern; aber wenn wir uns den Inhalt ansehen, wenn wir uns mit den einzelnen Ausführungen beschäftigen, müssen wir feststellen, daß sich eigentlich Dr. Hnídek die Arbeit hätte bedeutend erleichtern und den Bericht in einem einzigen Satze hätte zusammenfassen können: "Maul halten! Abstimmen! Annehmen!" Auf nichts anderes kommt das Ergebnis des ganzen Berichtes und der Verhandlungen im Budgetausschusse heraus. Dr. Hnídek hat als besondere Fleißaufgabe uns eine Reihe von statistischen Daten aufmarschieren lassen, statistische Daten, in schönen Bildern zusammengefaßt, in Kreissektoren Ausgaben und Einnahmen vor Augen geführt. Aber er muß schon entschuldigen, wenn ich an der Richtigkeit dieser seiner Aufstellungen Zweifel hege, schon deshalb, weil schon bei den beiden Kreisbildern für die Èechoslovakei mit verschiedenen eingezeichneten Sektoren sich Unrichtigkeiten eingeschlichen haben. Es wird z. B. im Sektor "Ausgaben für die Heeresverwaltung" ausgeworfen ein Betrag von 17·43 von 100 Kè. Freilich, wenn er als Heeresauslagen nur die beiden offen ausgewiesenen Beträge im Budget, die 1.400 Millionen und die 315 Millionen für den Militärausrüstungsfond einstellt, hat er recht. Er hat aber unrecht, wenn man alle Ausgaben für das Heerwesen hier zusammenzählt und dann den Sektor errechnet. Er hat einige kleine Beträge vergessen, so z. B. die Beträge von zusammen rund 240 Millionen, die unter verschiedenen Titeln und Titelchen innerhalb der anderen Kapitel und Ressorts des Voranschlages untergebracht wurden. Er hat auch vergessen an die Verzinsung und Amortisation jener Anleihen, die für Militärzwecke dienten, er hat die Ausgaben der zivilen staatlichen Verwaltung und der autonomen Verwaltung für Militärzwecke vergessen. Die Summe der genannten Beträge, die ich angeführt habe, ergibt weitere 344 Millionen, also insgesamt 2.300 Millionen Kè für èechische Militärzwecke. Das sind fast 23 1/2% der gesamten Staatsausgaben, also, nicht wie man behauptet, fast 1/5, sondern fast 1/4 der gesamten Staatsausgaben. Hiebei sind noch nicht die Beträge für die Außenvertretung des Staates eingerechnet, die ja, wie wir aus dem Munde meines Vorredners Abg. Støíbrný gehört haben, ebenfalls ganz bedeutend sind und die mit Rücksicht auf die Einstellung der èechischen Außenpolitik dem Kapitel Militärpolitik zugeschlagen werden müssen. Aber das Ungeheuerlichste ist, daß diese Beträge, die 170 Millionen für die Außenvertretung hinzugerechnet, also 2.500 Millionen Kè jährlich, diesmal wieder mit den Stimmen der deutschen Sozialdemokratie und der Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft bewilligt werden. Schon vor Jahren hat der Herr Finanzminister Engliš, der scheinbar ein ganz besonderes Interesse für die hier geführten Verhandlungen an den Tag legt bei Besprechung des vorjährigen Budgets sich dahin geäußert, daß die Staatsausgaben um eine Milliarde zu hoch sind. Das war noch in einer Zeit glänzender Konjunktur, und heute, wo wir mitten in den ärgsten Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise stecken, heute wird uns unter Mitwirkung der deutschen Sozialdemokraten und der Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft ein Voranschlag vorgelegt, der nicht nur in seinem Gesamtumfang nicht herabgesetzt ist, sondern, wie offiziell zugegeben wird, noch um eine halbe Milliarde erhöht wurde.

Man hat die Notwendigkeit der Mehrausgaben mit den im Laufe des Jahres neu beschlossenen Gesetzen begründet. Meine Herren! Diese Entschuldigung ist durchaus nicht stichhältig, denn wenn man ehrlich bestrebt ist, die ungeheuerlichen Lasten, die auf der steuertragenden Bevölkerung ruhen, abzubauen, dann darf man nur Neuausgaben beschließen, deren Deckung nicht in neuen Einnahmen zu finden ist, sondern in der Herabsetzung anderer bisheriger Ausgaben. Und als eine solche Post haben ja früher die deutschen Sozialdemokraten immer das Militärbudget bezeichnet, heute aber haben sie darauf vergessen und sie stimmen neuerlich für das erhöhte Militärbudget.

Trotz dieser Mehrbelastung der Öffentlichkeit um eine halbe Milliarde sahen sich sowohl der Finanzminister als auch der Generalberichterstatter oder besser der Generalanwalt des Budgets veranlaßt, die Stabilität des Voranschlages besonders hervorzuheben. Verschwiegen wird aber der Öffentlichkeit, daß von einer Stabilität dieses Voranschlages wie schon des Voranschlages für 1930 keine Rede sein kann, denn die Stabilität im Gesamtumfang der Ausgaben und Einnahmen wurde nur durch einen Trick erzielt, den ich bereits vor 11 Monaten in diesem Hause kennzeichnen konnte. Damals fand es der Herr Generalberichterstatter noch notwendig, mir zu entgegnen, aber die Entgegnung ist so schwach ausgefallen, daß er es heuer überhaupt unterlassen hat, mit mir in dieser Richtung zu polemisieren. Der Gesamtvoranschlag für 1931 sieht Ausgaben von 9.838 Millionen vor, der Voranschlag für 1930 9.366 Millionen, also eine halbe Milliarde weniger, der Voranschlag für 1929 lautete auf 9 1/2 Milliarden, genau so der Voranschlag für 1928. Wie aber wurde z. B. die Stabilität des Voranschlages des Jahres 1928 gegenüber dem Voranschlag für 1927 ermöglicht? Ich muß darauf hinweisen, damit die Öffentlichkeit endlich von diesen Tatsachen Kenntnis erlange. Im Voranschlag 1927 waren die Einnahmsposten aus Verkehrssteuern im vollen Umfang mit 710 Millionen eingesetzt, dagegen war auf der Ausgabenseite die 25% ige Überweisung an die Staatsbahnen für Investitionszwecke gebucht. Im Jahre 1928 wurde diese Überweisung an die Staatsbahnen von 25 auf 40% erhöht. Um aber die Stabilität des Voranschlages nachweisen zu können, wurde auf der Einnahmenseite im Kapitel Finanzministerium wie auf der Ausgabenseite dieser überwiesene Betrag von 337·5 Millionen nicht mehr ausgewiesen. Nur durch diese Methode wurde es überhaupt möglich, noch von einer Stabilität des Voranschlages zu sprechen.

Im jetzigen Voranschlag wurde dieser Betrag von 337 auf 400 Millionen erhöht, aber weder unter die Einnahmen noch unter die Ausgaben eingestellt, wodurch ermöglicht wurde, mit einem Staatsvoranschlag zu protzen, der noch nicht die 10-Milliardengrenze erreicht hat. In Wirklichkeit hat er diese Grenze bei weitem überschritten, weil diese 400 Millionen Kè im Kapitel Finanzministerium sowohl auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite zu buchen sind. Wir haben also ein Budget, welches die 10-Milliardengrenze weit überschritten hat, es ist bezeichnend, daß weder der Herr Finanzminister noch der Herr Generalberichterstatter es heuer gewagt haben, diesen meinen Feststellungen entgegenzutreten.

Nun komme ich zur Aktivität des Voranschlages. Herr Dr. Hnídek und der Finanzminister verkünden: Der Voranschlag ist trotz Krisenzeit erfreulicherweise aktiv, und zwar mit 5 Millionen Kè. Nun, Papier ist geduldig, auch die Öffentlichkeit hat sich leider bis heute noch immer geduldig gezeigt. Der Finanzminister und der Generalanwalt des Voranschlages haben weiter erklärt, daß dieses Budget, wahrscheinlich dank der Mitarbeit und Mitverantwortung der sozialdemokratischen Partei, für die Bevölkerung noch tragbar sei und sie haben darauf hingewiesen, daß man im kommenden Jahr mit Rücksicht auf die Krise zwar mit weniger Einnahmen werde rechnen müssen, daß aber für einen allfälligen Entgang noch genügend Reserven vorhanden seien. Meine Herren! Mit diesen sogenannten Reserven muß ich mich kurz befassen, weil wir es hier mit einer bewußten Irreführung der Öffentlichkeit zu tun haben. Die große Masse der Bevölkerung tröstet sich mit dem ständigen Hinweis auf vorhandene Reserven und sie sagt sich nicht mit Unrecht: "Wenn die deutschen sozialdemokratischen Führer, wenn die Führer der Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft und des Bundes der Landwirte, die doch wissen, wie der Voranschlag aufgebaut wurde und was in ihm steht, wenn diese für den Voranschlag stimmen, dann muß auch die Behauptung von den angeblich vorhandenen Reserven zutreffend sein." Ich werde beweisen, daß dies nicht der Fall ist, bzw. woraus diese Reserven bestehen.

Im Motivenbericht zum Finanzgesetz wird auf Seite 185 wörtlich gesagt, daß der allfällige Abgang in den Einnahmen durch Reserven gedeckt wird. "Dieser Zuwachs an Reserven ist die Freimachung der Reserven aus den vorhergehenden Staatsvoranschlägen, welche sich aus den Überschüssen der Staatswirtschaft ergeben haben."

Nun, meine Herren, bekannt ist, daß es solche Mehreinnahmen und Überschüsse gegeben hat. Sie haben in den einzelnen Jahren 0.8 Milliarden betragen, dann 1.2 Milliarden, 1.5 Milliarden und wenn diese ganzen Reserven wirklich, wie der Öffentlichkeit vorgetäuscht wurde, aufgesammelt worden wären, hätten wir einen solchen Reservefond von 8 Milliarden. Aber diesem Reservefond ist es so ähnlich ergangen, wie dem französischen Reservefond. Als man Rechnung legen sollte, mußte eingestanden werden, daß er mittlerweise verschwunden sei. Man muß sich vor Augen führen, Koalitionskitt kostet Geld und die Koalitionsregierungen der vergangenen Jahre haben eben viel Geld verschlungen, denn die Parteien mußten doch im Interesse der von ihnen vertretenen Bevölkerung dazu gebracht werden, einzusehen und zu erkennen, daß sie im Interesse dieser Bevölkerung arbeiten. Dazu war Kitt notwendig und Kitt kostet Geld und hat viel Geld gekostet. Bald mußte die Spezialforderung der einen, bald einer anderen Partei in bar umgesetzt werden und das hat den ganzen Reservefond im Laufe der Jahre verschlungen.

Ich habe im Budgetausschuß Gelegenheit genommen, darauf hinzuweisen, daß diese hier veröffentlichten, noch dazu in fettem Druck erscheinenden Sätze der Wahrheit widersprechen und Koll. Hnídek sah sich bemüßigt, festzustellen, daß dieser Satz nicht zutreffend sei und daß man nicht diese Reserven gemeint habe; er gab zu, daß sie aufgebraucht wurden. Erinnern Sie sich doch nur an die großen Beträge, die zur Sanierung èechischer Banken, bzw. zur weiteren Ausgestaltung der Bankenübermacht in diesem Staate aufgewendet wurden! Es wurde also erklärt, daß nicht diese Reserven gemeint seien, sondern andere. Der Finanzminister wurde dann etwas deutlicher. Er erklärte, daß er hoffe, daß es möglich sein werde, bei gleichbleibenden Ausgaben in Zukunft allmählich Überschüsse in der Staatskassa anzusammeln. Also er hat von einem Zukunftsreservefond gesprochen, das alles bei gleichzeitiger Vorlage eines Staatsvoranschlages, der um eine halbe Milliarde höher ist. Das alles während der furchtbaren Wirtschaftskrise!

Es sind aber noch andere Reserven vorhanden und auch auf diese möchte ich zu sprechen kommen. Der Generalanwalt des Voranschlages Hnídek erhofft sich sogar, u. zw. im Widerspruch zu seinen Ausführungen im Budgetausschuß, wo er allfällige Abgänge, die er kommen sieht, mit Rücksicht auf die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, decken wollte aus nicht vorhandenen Reservefonden der Vorjahre, er erhoffte also, daß solche Mindereingänge gedeckt werden können durch Mehreingänge im Jahre 1931 und er erklärte, in der Regierungspresse fettgedruckt, daß mit aller Sicherheit, u. zw. verläßlich anzunehmen sei, daß diese Mehreinnahmen im Laufe des Jahres 1931 500 bis 600 Millionen Kè betragen werden; für die Steuerzahler gewiß eine sehr erfreuliche Mitteilung, die erkennen läßt, daß im kommenden Jahr die Steuerschraube noch energischer angezogen werden wird als bisher. Diese Mitteilung des Generalanwaltes ist aber noch vielsagender. Sie läßt erkennen, daß uns Abgeordneten hier bei der Vorlage des Staatsvoranschlages bewußt wieder nur Hausnummern vorgelegt werden; ich war der Meinung, daß die verschiedenen Regierungsstellen verpflichtet sind, auf Grund genauer und strenger Kalkulation sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenziffern dem Parlamente vorzulegen. Wie kommt der Generalanwalt Dr. Hnídek dazu zu behaupten, daß das Budget für das Jahr 1931, also der Rechnungsabschluß bestimmt aktiv sein wird, und man verläßlich mit Mehreinnahmen von 500 bis 600 Millionen rechnen könne? Das alles haben in erster Linie die Regierungsparteien einschließlich der deutschen Regierungsparteien zu verantworten. Uns würde es nur interessieren, wer den einzelnen Sektionschefs den Auftrag gibt, den Voranschlag bewußt falsch zusammenzustellen und uns bewußt niedrigere Ziffern zu präsentieren. Diese müssen doch in camera caritatis dem Generalanwalt Dr. Hnídek andere Ziffern genannt haben, wenn er behauptet, daß sich im Laufe des Jahres bestimmt Mehreinnahmen von 500 bis 600 Millionen Kè einstellen werden.

Eine weitere solche Reserve ist auf Seite 189 des Motivenberichtes zu entnehmen, und zwar der Hinweis auf die den Staatsbetrieben für Investitionszwecke im Laufe der Jahre überlassenen Beträge, auf welche angeblich die Staatsverwaltung im Notfalle zurückgreifen könne. Ich sehe in dieser Feststellung eine unverantwortliche Irreführung der Öffentlichkeit, denn jeder mit den Verhältnissen halbwegs Vertraute weiß, daß von diesen den Staatsbetrieben für Investitionszwecke überlassenen Beträgen im Laufe der Jahre - es sind ungefähr 600 bis 900 Millionen - niemals auch nur ein roter Heller wird zurückgezahlt werden können und wer die letzten Ausführungen des Finanzministers gehört hat, wird mir beipflichten können, daß besonders die Staatsbahnen, die den größten Teil geschluckt haben, unter keinen Umständen in die Lage kommen können, die Beträge, die sie zugeschossen erhalten haben, zurückzuzahlen. Wir wissen, daß im Gegenteil die Staatsbahnen darangehen, eine 20%ige Erhöhung der Personal- und wahrscheinlich auch bald der Frachtentarife vorzunehmen.

Ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, daß der Finanzminister in seinem Exposé erklärt hat, daß er ebenfalls auf Mehreinnahmen rechnet, und dies alles jetzt in der Krisenzeit. Dr. Hnídek hat in seinem gestrigen Bericht auch noch weitere Reserven entdeckt, und die werden für die Steuerzahler meines Erachtens von besonderem Interesse sein. Diese Reserven sieht Dr. Hnídek in den Steuerrückständen, die er mit Ende des Jahres 1929 mit dem Betrage von 4.775 Millionen ausweist. Es ist geradezu ungeheuerlich, daß man auf einem so verantwortlichen Posten, wie es doch der des Generalanwaltes eines Voranschlages sein muß, es wagen kann, in der Krisenzeit anzukündigen, daß diese rückständigen Steuern eingetrieben werden sollen, die infolge der Auswirkungen der Krise, die immer mehr ansteigt, gestrichen werden sollten, die niemals hereinkommen können und die nur dann hereinkommen könnten, wenn man noch rücksichtsloser und brutaler mit der Steuereintreibung vorgehen würde, als es schon jetzt der Fall ist. Es gilt jetzt die ganze Öffentlichkeit aufzurufen und gegen diesen neuerlichen geplanten Anschlag zu mobilisieren. Unsere Partei hat dies zum Teil bereits getan, durch Durchführung einer Steuerprotestaktion. Unser Klubvorsitzender Schollich war in einer der letzten Sitzungen bereits in der Lage, 150.000 solcher Unterschriften zu überreichen und täglich laufen neue zehntausende solcher Unterschriften ein und beim weiteren Hunderttausend werden wir diese wieder auf den Tisch der Regierung legen.

Ich habe in kurzen Worten Kritik an dem Staatsvoranschlag geübt und selbst, falls sich noch irgend ein Unbelehrbarer in diesem Hause finden würde, der den vorgelegten Ziffern Glauben schenken sollte, muß trotzdem festgestellt werden, daß der uns vorgelegte Staatsvoranschlag unter keinen Umständen ein Bild der wahren Verhältnisse gibt, denn in diesem Voranschlage fehlt zur Gänze die Abrechnung über die einzelnen Fonde, besonders über den Bodenamtsfond, wenn ich das Bodenamt so bezeichnen will. Ich stehe auch auf dem Standpunkte, daß die Schulden des Bodenamtes an die enteigneten Großgrundbesitzer ebenfalls zu den Staatsschulden gehören. Die Schulden des Straßenfonds, die des Elektrizitätsfonds, über alle diese Beträge ist man mit Stillschweigen bisher vorübergegangen und hat es unterlassen, den berufenen Vertretern, dem Parlament, auch hier Einblick zu gewähren.

Der Präsident des Obersten Rechnungskontrollamtes Dr. Körner, hat vor wenigen Jahren ein hoch interessantes Geständnis gemacht, indem er darauf hinwies, daß er zwar ein Amt besitze, aber keine Macht habe. Er habe nur die Möglichkeit, die ihm von den verschiedenen Ressorts übermittelten Ziffern abzuschreiben, in Kolonnen zusammenzuschieben und addieren zu lassen, auf Treu und Glauben, muß er alle Ziffern hinnehmen und was nicht vorgelegt wird, bekommt er nicht zu Gesicht. Das ist ein ganz offenes Eingeständnis, daß von einer Kontrolle der Staatsverwaltung seitens des Obersten Kontrollamtes keine Rede sein kann. Èechische Regierungsparteiler haben seinerzeit den Einwurf gemacht, daß ein Minister, wenn er nicht pariert, in den Anklagestand versetzt werden kann. Wir haben wohl eine Ministerverantwortlichkeitsbestimmung in den Staatsgrundgesetzen, aber wir haben kein Durchführungsgesetz. Vorsichtsweise haben die Herren P. T. Minister, die bisher diese Regierungsbänke drückten, es vorgezogen, die Gesetzwerdung einer solchen Vorlage möglichst lange hinauszuschieben. Von einer Kontrolle der Staatsverwaltung in diesem Staate kann daher keine Rede sein. Das Parlament kann nicht kontrollieren, weil sich die Regierungsmehrheit dieser Möglichkeit begibt, das Rechnungskontrollamt kann nicht kontrollieren, weil sogar der Chef dieses Amtes, Präsident Dr. Körner erklärt, daß ihm nicht die Macht zusteht zu kontrollieren. Wie geringfügig sein Einfluß ist, erhellt am besten daraus, daß er eingestehen mußte, daß er nicht einmal weiß, wann irgendein Ressortchef die ihm im Staatsvoranschlag bewilligten Mittel überschreitet und daß es ihn überrascht, wenn er ein Jahr später die Ziffern z. B. des Ministeriums für nationale Verteidigung geliefert bekommt und darin Überschreitungen von 60 bis 80 Millionen Kè vorfindet. Der Parlamentarismus begibt sich in diesem Staate neuerlich seines Rechtes, sowohl auf Grund des Staatsgrundgesetzes, als auch des jeweils beschlossenen Finanzgesetzes, den Ressortminister, der ohne Bewilligung des Parlamentes die ihm bewilligten Beträge überschreitet, ohne ihn wegen der offenbaren Gesetzesverletzung zur Verantwortung zu ziehen. Bis heute haben wir nichts davon gehört, im Gegenteil, die christliche Koalitionsnächstenliebe der deutschen und èechischen Regierungsparteien breitet den Mantel der christlichen Nächstenliebe über diese Überschreitungen und sie machen sich dadurch mitschuldig an dem hier herrschenden Tiefstand des Parlamentarismus.

Wie man mit den verschiedenen Geldern umgeht, erhellt am besten daraus, daß man bis heute keine Klarheit geschaffen hat über die Verwendung der vierten Staatsanleihe und der Konsolidierungsanleihe, denn sie wurden zur laufenden Schuldentilgung verwendet. Heuer werden sogar auf Grund des Artikels VI des Finanzgesetzes 50 Millionen Kè, wahrscheinlich mit der Absicht, dies alljährlich zu wiederholen, zur Abdeckung innerhalb des laufenden Schuldendienstes Verwendung finden. Statt Absenkung der Steuerlasten, sehen wir einen weiteren Aufbau mit der weiteren Folge der furchtbaren Auswirkungen der Agrar- und Industriekrise. Mit den verschiedenen hier zur Verwendung gelangenden Mittelchen wird man weder der Agrar- noch der Industriekrise Herr werden, sondern im Gegenteil, durch ständigen Aufbau der öffentlichen Lasten wird es dahin kommen, daß einfach die gesamte Wirtschaft zusammenbricht. Auch das ungeheuerliche Anwachsen des Bankkapitals führt zu einer Verschärfung der Wirtschaftskrise, die nicht mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise begründet werden kann.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß wir erst in den letzten Monaten Zeugen einer über unser ganzes Gebiet hereingebrochenen Katastrophe geworden sind, und zwar z. B. durch die Stillegung der Eisenwerke Rothau-Neudek, sowie der Stillegung einer großen Anzahl von Werken der Porzellanindustrie im westböhmischen Gebiete. Und genau so sieht es in den anderen Gebieten aus. Stillegungen, die in erster Linie zu bekämpfen sind, sind die, welche über Diktat des Bankkapitals erfolgten. Eine weitere Folge ist selbstverständlich eine schwere Schädigung des Gewerbe- und Handelsstandes, der so nicht nur nicht in die Lage versetzt wird, weiterhin sein Auskommen zu finden und gar noch Steuern zu zahlen.


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