Úterý 25. listopadu 1930

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 85. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 25. listopadu 1930.

1. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 4 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Herren! Die gähnende Leere dieses Hauses und die gleiche Leere der Ministerbank beweisen, welchen Wert dieses Parlament und diese Regierung dem Staatsvoranschlage beimessen. Es taucht natürlich in diesem Zusammenhang auch die Frage auf, die vom "Právo Lidu" angeschnitten worden ist, ob die Budgetdebatte überhaupt einen Zweck hat. Der Berichterstatter zum Staatsvoranschlag Herr Koll. Hnídek hat im Jänner bei der Verhandlung des Staatsvoranschlages für das Jahr 1930 erklärt, es müsse das Recht des Parlamentes sein, am Staatsvoranschlag Änderungen herbeizuführen, und doch wissen wir alle, daß derartige Änderungen glatt undurchführbar sind und in dem Aufsatz des "Právo Lidu", auf den ich hinwies, heißt es auch ausdrücklich, die Budgetdebatte hätte nur den Zweck, den kommenden Staatsvoranschlag zu beeinflussen, denn am vorliegenden sei doch keine Änderung möglich. Das sagt das Hauptblatt der zweitstärksten Regierungspartei. Man kann sich infolgedessen vorstellen, wie die andern darüber denken. (Posl. Krebs: Der nächste Voranschlag ist derselbe!) Das will ich gerade unterstreichen, denn nicht einmal der Finanzminister hält sich an das, was er selbst als dringend notwendig bezeichnet. Bei der Behandlung des Voranschlages für das Jahr 1930 hat beispielsweise der Herr Finanzminister erklärt, daß die Ausgaben des Staates gemessen an der Tragfähigkeit der Bevölkerung um eine Milliarde zu hoch seien. Man hätte nun annehmen dürfen, daß er selbst eine Herabsetzung dieser Ausgaben und im Zusammenhang damit auch der Einnahmen vornimmt. Aber es ist ihm gar nicht eingefallen, denn der Staatsvoranschlag für 1931 sieht an Einnahmen vor 9.843 Millionen gegen 9.419, also ein Mehr von 424 Millionen, und 9.838 Millionen Ausgaben gegen 9.360 Millionen, also ein Mehr von 472 Millionen. So hält sich also der Finanzminister selbst an die grundlegenden Äußerungen in seinem Exposé.

Aber auch der Vorsitzende des Budgetausschusses, Herr Koll. Dr. Èerný hat bekanntlich gelegentlich der Verhandlung des Staatsvoranschlages für 1930 sehr scharf Stellung genommen gegen die stets wachsende Ausgabenpost für den Bau von Minderheitsschulen, gegen die Minderheitsschulpaläste. Und wenn wir uns den Staatsvoranschlag für 1931 ansehen, so finden wir 28 Millionen für den Bau neuer Schulhäuser als erste Rate eines Programms, das auf 10 Jahre berechnet ist und Ausgaben von 280; Millionen in sich schließt. Dem gegenüber ist auf die skandalösen Raumverhältnisse hinzuweisen, die an der deutschen Universität in Prag, unserer einzigen deutschen Universität überhaupt, herrschen, Verhältnisse, die dazu führten, daß kürzlich eine Kundgebung der Hörer und auch der Professoren stattfand, weil man für diese Hochschule im Gegensatz zu den èechischen Minderheitsschulen nichts anderes übrig hat, als leere Versprechungen, trotzdem einer ihrer Lehrer, Professor Dr. Spina, selbst Mitglied der Regierung ist; und es ist in dieser Kundgebung mit Recht bemängelt worden, daß an ihr nicht einmal ein Vertreter der Regierung teilgenommen hat. Man sieht also, wie derartige Dinge bagatellisiert werden.

Der Herr Finanzminister hat auch von einem Schuldenabbau gesprochen. Aber auch diese Worte sind nicht ernst zu nehmen, die staatliche Verwaltung hat ganz gehörige Schulden, nur werden sie nicht alle ausgewiesen. Es gibt eine größere Anzahl von Fonden, die Staatseinrichtungen sind, die auch Schulden besitzen, die also Staatsschulden sind und trotzdem nicht ausgewiesen werden.

Ähnlich ist es auch bei den Ausgaben der Heeresverwaltung. Hier kann man offen von einer Verschleierung sprechen, insoferne, als man sich die tatsächlichen Ausgaben der Heeresverwaltung in allen möglichen Ressorts des Voranschlages zusammenklauben muß und da noch auf Schätzungen angewiesen ist. (Posl. Krebs: Genau kennt den Heeresetat nur die französische oberste Heeresleitung!) Sehr richtig, sonst niemand, vermutlich nicht einmal der Herr Wehrminister selbst. Auch gewisse Ausgaben der Staatseisenbahnverwaltung und des Arbeitsministeriums sollten ordnungsgemäß als Ausgaben der Heeresverwaltung gebucht werden, deren Gesamtausgaben mit 2 Milliarden eher zu niedrig als zu hoch geschätzt werden. Dazu kommen noch Ausgaben für den Staatsschuldendienst miit 2·2 Milliarden, so daß uns der Staatsvoranschlag schon bei oberflächlicher Betrachtung das Bild eines militaristischen und trotz seiner Verstrickung in Schuldenknechtschaft auch kapitalistischen Staates bietet. Es ist einer jener Staaten, die die Lage, wie sie durch die Friedensdiktate des Jahres 1919 geschaffen wurde, aufrecht erhalten und die dadurch angeblich geschaffene Ordnung hüten wollen. Noch deutlicher gekennzeichnet ist dies durch folgende Gegenüberstellung: Für Staatsschuld und Militär rund 4 Milliarden, für Schule und soziale Fürsorge noch nicht 2 Milliarden. (Posl. Krebs: Dabei hast du die Gendarmerie noch gar nicht mitgerechnet!) Gewiß, die habe ich nicht in Betracht gezogen.

Dabei muß man aber festhalten, daß nahezu 140 Millionen auf das Minderheitsschulwesen, also auf rein èechischnationale Zwecke, entfallen. (Posl. Krebs: Wieso heißt das überhaupt Minderheitsschulwesen?) Das ist gestern hier vom Herrn Kollegen Dr. Mayr-Harting auch behandelt worden, aber weil schon der Zwischenruf gefallen ist, weise ich darauf hin, daß beispielsweise die Èechen und insbesondere die Regierungskreise immer behaupten, das Hultschiner Ländchen sei èechisch. Dabei sind alle èechischen Schulen in diesem Gebiete Minderheitsschulen. Wenn die Herren dort in der Mehrheit sind, versteht man nicht, wieso dort Minderheitsschulen errichtet werden. Ebenso wird immer behauptet, Ostschlesien sei rein èechisch und das ganze èechische Schulwesen in Ostschlesien besteht ebenfalls aus Minderheitsschulen, woraus hervorgeht, was für Schwindel mit derartigen Bezeichnungen getrieben wird. Diese Ausgaben für das Minderheitsschulwesen, also eine ausgesprochene èechischnationale Post, steigen von Jahr zu Jahr. Für das Jahr 1930 betrug sie beispielsweise 95·6 Millionen und für das Jahr 1931 beträgt sie bereits 139·3 Millionen, also ein Mehr um 43·7 Millionen.

Da zum Schulkapitel Koll. Simm und zu den Wirtschafts und Finanzfragen Koll. Geyer sprechen wird, so beschränke ich mich auf diese allgemeinen Angaben, auf die Wiedergabe eines allgemeinen Eindrucks, den der Staatsvoranschlag macht und wonach dieser Staat in den Kreis der westlerischen, d. h. kapitalistischen Staaten gehört. Unter diesen Umständen wundert es mich nicht, wenn die Lasten der Staatswirtschaft auf die breiten Massen der Bevölkerung abgewälzt werden, was schon daraus hervorgeht, daß die Erträgnisse der indirekten Steuern, Zölle und Monopole die Haupteinnahmen bilden. Denn sie lieferten beispielsweise 1929 nicht weniger als 8 Milliarden, während die direkten Steuern nur 1·7 Milliarden lieferten. Von diesen 1·7 Milliarden flossen überdies 1·4 Milliarden aus der Einkommensteuer, das heißt also hauptsächlich aus den Taschen kleiner Leute. Aus Spiritus und Zucker nimmt der Staat das Elffache beider Erwerbsteuern ein. Das sind sehr kennzeichnende Zahlen. Die vielgepriesene Demokratie und das krampfhafte Festhalten an den Friedensverträgen, richtiger Friedensdiktaten von 1919 sind nur ein sinnfälliger Ausdruck der Tatsache, daß das kapitalistisch militaristische System des Westens, vor allem Frankreichs, auch hierzulande herrscht. Diese Friedensdiktate führten zu den ungeheurlichen Tributlasten des Deutschen Reiches von jährlich 2 Milliarden Mark. Nahezu die Hälfte dieser Tributlasten fällt Frankreich zu. Es ist daher begreiflich, daß sich Frankreich gegen jede Änderung der Friedensverträge ablehnend verhält, wenngleich es mehr als die Hälfte dessen, was es vom Deutschen Reiche erhält, an die Vereinigten Staaten von Nord Amerika als eigene Kriegsschuldentschädigung abführen muß. Es bleiben ihm aber immerhin mehr als 400 Millionen Mark. Unbegreiflich aber ist es, daß Herr Dr. Beneš und mit ihm das èechische Volk von einer Revision der Friedensdiktate nichts wissen wollen. Sie sehen immer nur die eine Seite des Problems, die Grenzfragen, nicht aber die zweite Seite, die dieses Problem besitzt und deren Hauptmerkmal die ungeheuere Arbeitslosigkeit ist, die sich nicht nur im Deutschen Reiche, sondern in ganz Mitteleuropa zur Katastrophe entwickelt. Die fortda uernde Stillegung ganzer Betriebe, kurz der drohende Zusammenbruch der ganzen Wirtschaft trotz aller Rationalisierung sind Erscheinungen, die dadurch nicht verschwinden, daß man vor ihnen die Augen verschließt. Die Tributzahlungen zwingen das Deutsche Reich zur Rationalisierung. Rationalisierung dortbedeutet auch Rationalisierung hier und führt in beiden Fällen zur Arbeitslosigkeit. Die Handelsbilanz bestätigt diese meine Ausführungen; die Einfuhr von Rohstoffen und die Ausfuhr von Fertigwaren sind um beinahe den gleichen Betrag gesunken. Es sind recht merkwürdige Politiker, die an diesen Tatsachen vorübergehen und nicht sehen wollen, daß die Friedensdiktate die Herrschaft des Finanzkapitals über Europa aufgerichtet haben, vor allem des amerikanischen Finanzkapitals. Mitteleuropa vollends ist durch den Dawesund Youngplan zu einer Sklavenplantage geworden. Die Vereinigten Staaten von Nord Amerika sind heute tatsächlich Herr der Erde. Sie haben bereits England aus seiner Vormachtstellung verdrängt. Ihr Partner in Europa ist Frankreich. Es ist an den Tributzahlungen des Deutschen Reiches in erster Linie interessiert, durch seine Rüstungen ist es die militärische Vormacht geworden. Selbstverständlich strebt es nach der dauernden Vormachtstellung und darauf zielten im wesentlichen die Paneuropapläne Briands hin. Deshalb sind sie auch von den anderen Staaten mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden und selbst Herr Dr. Beneš, der sonst alles schön und gut findet, was von Frankreich kommt, hat ein Haar in der Suppe gefunden. Das ist also das Ergebnis der glorreichen Tätigkeit Wilsons, Lloyd Georges, Clemenceaus, Dr. Kramáø, Dr. Beneš u. s. w. auf den Friedenskonferenzen im Jahre 1919.

Nun sitzen in der Regierung seit Jahresfrist zwei Parteien, die programmatisch den Kapitalismus und den Militarismus bekämpfen. Alljährlich am 1. Mai rufen sie ihre Anhänger auf die Straßen und Plätze, um gegen den Kapitalismus, gegen den Moloch Militarismus und gegen den Krieg zu demonstrieren. In wenigen Tagen aber werden die patentierten Antimilitaristen deutscher und èechischer Sprache für das Heeresbudget stimmen, das ein volles Fünfftel der Staatsausgaben darstellt. (Posl. Krebs: Das spielt keine Rolle, Vandervelde war ja Kriegshetzer!) Ich werde auch noch darauf zurückkommen. (Posl. Knirsch: "Gott erhalte, Gott beschütze" in èechischer Sprache!) So ist es.

Von den èechischen Sozialdemokraten wundert uns das weiter nicht; sie haben ja von dem Geiste des hl. Marx herzlich wenig in sich aufgenommen und seit dem Bestand des Staates ununterbrochen für die Heeresausgaben gestimmt. (Posl. Kasper: Patrioten!) Das sind sie immer gewesen. Aber es ist eine blutige Ironie sondergleichen, wenn man beispielsweise, wie ich kürzlich in Aussig beobachten konnte, auf einem Plakat die Einladung zum Besuch einer Ausstellung liest, die der èechische sozialdemokratische. Jugendverband veranstaltet und die sich gegen den Krieg wenden soll. (Výkøiky: Das ist die Theorie!) Jawohl, das ist die Theorie. Die Praxis lautet aber so, daß Herr Koll. Srba von den èechischen Sozialdemokraten im Budgetausschuß nicht eine Lanze, sondern gleich tausend Lanzen für den Militarismus seines Staates gebrochen hat. Seit einem Jahr sitzen auch deutsche Sozialdemokraten in der Regierung. Beim Staatsvoranschlag für 1930 konnten sie noch sagen, er sei nicht der ihre. Nun aber sind sie für den Staatsvoranschlag voll verantwortlich und sie werden auch für ihn stimmen, trotzdem zwei Milliarden dem

Moloch Militarismus geopfert, bzw. nach einem Wort des Koll. de Witte für Zwecke der Mordkultur hinausgeworfen werden. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, dieses Kapitel um mindestens eine halbe Milliarde herabzusetzen. Eigentlich müßten sie es ganz streichen. Aber wenn wir uns die Tätigkeit ihrer reichsdeutschen Bruderpartei, der S. P. D., vor Augen halten, der Hauptverfechterin des Dawes- und Youngplanes, nimmt uns nichts mehr Wunder. Übrigens haben auch die deutschen Sozialdemokraten der Sudetenländer bekanntlich für die Haager Abmachungen gestimmt, obzwar in deren Mittelpunkt der Youngplan steht. Also haben sie dieses Vorgehen indirekt ebenfalls gebilligt.

Die Wogen der Aufregung über die Erfolglosigkeit der sozialdemokratischen Teilnahme an der Regierung sind auf dem Parteitag geglättet worden, indem man nicht ohne Erfolg den Teilnehmern den faszistischen Teufel an die Wand gemalt hatte. (Posl. Krebs: Herr Dr. Heller hat namentlich davon gesprochen!) Jawohl! Er hat auch damit die Gewissensbisse beschwichtigt. Ebenso hat sich die Aufregung im Bund der Landwirte gelegt. In der Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft dauert sie vorläufig noch etwas an, sie droht mit dem Austritt aus der Regierungsmehrheit, aber man braucht dies nicht besonders tragisch zu nehmen. (Posl. Krebs: Das nächstemal ist sie ja nicht mehr da!) Es schaut aber wenigstens großartig aus, wenn man sich einen schönen Abgang sichert. Die Herren sind Gefangene ihrer selbst. Sie sind ohne vorherige Vereinbarung in die Regierung eingetreten, ebenso wie auch seinerzeit die Christlichsozialen und die Gewerbepartei. Gestern hat als erster Redner in der Debatte Koll. Dr. Mayr - Harting gesprochen. Er sprach unter anderem auch von Kompromissen, die nicht kompromittieren dürfen. Es ist mir insbesondere das unter seinen Ausführungen aufgefallen. Es macht einen etwas komischen Eindruck, wenn man Herrn Dr. Mayr - Harting immer als ersten Oppositionsredner aufmarschieren sieht, nachdem er drei Jahre hindurch Minister war und samt seiner Partei während dieser drei Jahre nicht nur nichts erreichte, sondern sogar verhindert war, etwas zu verhindern. Siehe beispielsweise die Verwaltungsreform, siehe das Gemeindefinanzgesetz, siehe die Wälderver staatlichung. (Posl. Knirsch: Und die Heereskredite?) Das haben sie alles glatt bewilligt.

In der Debatte zur Gemeindefinanzgesetznovelle sprach Koll. Krumpe und kämpfte gegen das Gemeindefinanzgesetz vom Jahre 1927, das ist jenes Gesetz, das er und seine Partei seinerzeit über den grünen Klee lobten, als Fortschritt priesen und nun in den Abgrund der Hölle verdammen. (Posl. Kasper: Sie haben angenommen, daß man inzwischen daran vergessen hat!) Ihre Wähler durften es auch zum Teil vergessen haben. Wie soll man aber eine solche Opposition ernst nehmen?

Die Lage unseres Volkes in diesem Staate hat sich trotz Teilnahme deutscher Parteien an der Regierung nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Beispiele hiefür liefert jeder Tag. Das haben selbst Angehörige dieser Parteien festgestellt, beispielsweise die Koll. Pohl, Heller, Windirsch, Böllmann und die ganze Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft. Sie tragen aber selbst die Schuld daran, denn abgesehen davon, daß sie, wie ich schon erwähnte, ohne vorherige Vereinbarung in die Regierung eingetreten sind, halten sie nicht einmal untereinander Fühlung in dieser Regierung, sondern jeder sucht Fühlung mit der ihm entsprechenden Partei im èechischen Lager und die einzige Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft, die nicht gut mit Dr. Kramáø und Lukavský - mit Dr. Hodáè und anderen würde sie ja gerne gehen - zusammenarbeiten kann, macht eine Ausnahme. (Posl. inž. Kallina: Mit den leeren Regierungsbänken gehen sie!) Sehr richtig.

Es sind im wesentlichen eben doch international eingestellte Interessentengruppen ohne jedes Gefühl für den organischen Begriff Volkstum. Ich gebe ruhig zu, daß im èechischen Lager ähnliche Erscheinungen auftreten. Z. B. hat Koll. Schubert in seiner kürzlich hier gehaltenen Rede auf den Nationalheros Koll. Špacek hingewiesen, der von seinem Besitz in Fulnek Gründe an deutsche Bauern, allerdings um sehr teures Geld verkaufte. Es ist dies zwar, so viel mir bekannt ist, bestritten worden, aber die Tatsache ist vorhanden und läßt sich nicht ableugnen.

Auch die Hausbesitzergruppe der èechischen Agrarier hat, wie ja hier im Hause offen zugegeben wurde, sich im Zusammenhang mit der Frage der Aufhebung oder Beibehaltung des Mieterschutzes durchaus nicht gescheut, an eine internationale Stelle zu wenden und dabei ihren eigenen Staat als bolschewistisch hinzustellen. Wenn ein Deutscher hingegen eine Kleinigkeit begeht, so sind die Staatsanwälte als getreue Stützen, um nicht zu sagen Fanghunde des Systems sofort bereit, gegen ihn nach allen möglichen Gesetzen, insbesondere nach dem Schutzgesetze vorzugehen, dieweil wir Gleiche unter Gleichen sind. Ich habe ja bei Behandlung des Immunitätsfalles Krebs, Knirsch, Jung vor einigen Tagen im Hause auf ein derartig sprechendes Beispiel hindeuten können. Beispiele liefert uns auch sonst jeder Tag in Hülle und Fülle.

Greifen wir nur eines heraus: uns verbietet man z. B. den Gebrauch der Farben schwarz-weiß-rot, weil sie staatsgefährlich sind. (Posl. Krebs: Du mußt sagen: Auch in Druck!) Ja, nicht nur in Farben und Armbinden, sondern sogar auf Plakaten wird es verboten. Man braucht aber nur irgendeines der èechischen Abendblätter herzunehmen, z. B. den "Národ", so wird man diese angeblich staatsgefährlichen Farben auf dem Blatte finden. Wo bleibt also da die Gleichheit vor dem Gesetz? (Posl. Krebs: Das ist übrigens ein Irrtum, die Staatsanwälte müßten auch die Plakate mit weißem und schwarzem Druck verbieten, weil das preußische Farben sind!) Das beste wäre wohl, den Druck überhaupt zu verbieten, damit es keine Zeitungen und keine Bücher mehr gibt. (Výkøiky.)

Das ist die eine Behauptung von den Gleichen unter Gleichen, die wir angeblich sind, gegen die wir Stellung nehmen müssen. Die zweite lautet: Demokratie ist Diskussion. Für diese Behauptung habe ich hier ein sehr sprechendes Bildchen (ukazuje fotografii). Es ist eine Aufnahme von der Reise des Präsidenten in Ostschlesien und sie stellt den Bürgermeister von Èechisch-Teschen Koždon dar, wie er eben ein Ansprache an den Staatspräsidenten hält. Aber sie stellt gleichzeitig dar, wie er in liebenswürdiger Weise, dadurch, daß ihn jemand am Rockärmel erwischt, aufgefordert wird, seine Diskussion mit dem Herrn Präsidenten abzubrechen, weil er vermutlich über den der Behörde vorgelegten Text hinausgegangen ist. Es ist zwar abgeleugnet worden, daß sich ein derartiger Vorgang abgespielt hat, aber er ist tatsächlich im Bilde festgehalten. Man sollte aber nebenbei bemerkt auch die prügelnde Staatspolizei von Jägerndorf, deren unglaubliche Methoden ich in zwei Interpellationen an den Innenminister behandelt habe, einmal im Bilde festhalten, damit auch dort nicht abgeleugnet werden kann, daß die Staatspolizisten sich ganz niederträchtig benehmen, die Leute ohrfeigen und verprügeln, jeden der auf der Wachstube zu tun hat, ganz schrecklich behandeln. Das alles findet man in Ordnung, weil der Staat bekanntlich sich in Mitteleuropa befindet und das anscheinend mitteleuropäische Methoden sind. (Posl. Krebs: Junge Burschen bindet man an Fahrräder und läßt sie drei Viertel Stunden lang nachlaufen!) Unerhört ist so etwas, eine Schweinerei. Keine 5 Minuten wäre so einer anderswo weiter im Amt geblieben. Vor mehr als einem Jahrtausend hat man noch Verbrecher an den Schweif eines Pferdes gebunden und zu Tode geschleift. Und heute, tausend Jahre später, kommen ähnliche Dinge auch noch vor. Das kommt davon, weil man auch in diesen Organen einen gewissen Größenwahn förmlich großzieht. Es geht ihnen ja alles durch, man bestraft sie ja niemals und unsere diesbezüglich gestellten Anfragen werden ja als etwas ganz minderwertiges betrachtet und mit einer Handbewegung abgetan.

Vor uns liegt die Volkszählung, die die beste Probe aufs Exempel sein wird. Nach den Vorbereitungen zu schließen, die für sie getroffen werden, können wir abermals damit rechnen, daß es keine Volkszählung sein wird, sondern wie im Jahre 1921 eine Volksverzählung. Heute schon finden förmliche Truppenverschiebungen statt. (Posl. Krebs: Arbeitslosenverschiebungen!) Ja, heute schon führt man, wie mir beispielsweise Koll. Knirsch erzählte, Arbeitslose in Massen her und überall hat man nahezu ausschließlich nur èechische Zählkommissäre ernannt. Heute steht beispielsweise in den Zeitungen etwas derartiges vom politischen Bezirk Brüx. Genau so ist es in allen anderen Bezirken. Die Vorschläge auf deutsche Zählkommissäre wurden nicht zur Kenntnis genommen, auch im Kuhländchen nicht. (Posl. Krebs: Der Minister Slávik hat gesagt, er müsse die Reinheit der Volkszählung schützen, und als wir deutsche und èechische Kontrollkommissäre vorschlugen, hat er es abgelehnt!) Jawohl. In jedem Ort, in dem sich auch nur wenige Èechen befinden, wird mit Aufnahmsbogen gezählt. Nun werden èechische Zählkommissäre ernannt, damit man dort nicht nur die Angehörigen der èechischen Minderheit festhält, sondern auch eine ganze Anzahl Deutscher taxfrei zu Èechen ernennt, unter allem möglichen Druck und Drohmitteln. Es hat nicht viel Zweck, daß wir dies hinterdrein feststellen, sondern wir machen schon heute darauf aufmerksam, daß diese Volkszählung ein ungeheuerer Skandal werden wird, deren Ergebnis wir niemals zur Kenntnis nehmen werden.

Das innerpolitische Problem des Staates erschöpft sich in der Teilnahme einiger deutschen Parteien an der Regierung, es liegt viel tiefer. Die volle Selbstverwaltung der Hauptvölker des Staates vermag erst ihre Gleichberechtigung zu schaffen. Den Vergleich mit der Schweiz lehnen die Herren von der èechischen Seite immer ab. Dafür berufen sie sich auf Belgien, auch in Gesetzen. Da mögen sie zur Kenntnis nehmen, daß dieses Belgien, das Ihnen als Beispiel dient, nun darangehen muß, seinen Flamen die vollständige Autonomie einzuräumen. (Posl. Krebs: Mit flamischer Heersprache!) Alles. Dadurch werden auch unsere Deutschen in Eupen und Malmedy dazu kommen, wenigstens eine gewisse Gleichberechtigung mit den Walonen zu besitzen. Aber auch die Èechoslovakei steht vor einer ernsten Wende. Sie hat nun endlich eine Bestimmung der Verfassung durchzuführen, um welche sie sich nahezu 11 Jahre immer herumgedrückt hat. Wir können beispielsweise darauf aufmerksam machen, daß in der Verfassungsurkunde eine Bestimmung über die Anklagemöglichkeit von Mitgliedern der Regierung enthalten ist, daß aber das Gesetz, das die Durchführung regeln soll, noch immer nicht erlassen ist. Die Verfassungsurkunde besteht seit dem 29. Feber 1920. Nun aber stehen wir, wenn nicht alle Anzeichen trügen, endlich vor der Verwirklichung des § 3 der Verfassungsurkunde, der die Autonomie Karpathorußlands vorsieht. Der § 128 verkündet die Gleichheit aller Staatsbürger, also auch der Deutschen, Slowaken und Ungarn, die sehr beachtliche Teile der Bevölkerung darstellen. Die Landes- und Bezirksvertretungen erschöpfen den Begriff der Selbstverwaltung nicht, sie sind vielmehr ein Hohn auf sie. Schon bei der Verhandlung der Verwaltungsreform haben wir in einer Denkschrift die damaligen deutschen Regierungsparteien, Bund der Landwirte, Christlichsoziale und Gewerbepartei, auf ihre schwere Verantwortung gegenüber ihrem Volkstum aufmerksam gemacht und von ihnen verlangt, daß sie die Gelegenheit benützen und den Begriff Land als nationales Siedlungsgebiet auffassen. Wir haben auch bei der Behandlung des Gesetzes über die Verwaltungsreform in einem Antrag Jung im Abgeordnetenhaus und Teschner im Senat die Einteilung des Staates in ein èechisches, deutsches, slowakisches, ungarisches und ukrainisches Verwaltungsgebiet gefordert. Wir haben uns dabei nur an das gehalten, was wir schon im alten Österreiich vertreten haben. Schon im Jahre 1915 habe ich das Vergnügen gehabt, im Auftrag der Partei eine Denkschrift auszuarbeiten, die am 14. Dezember 1915 - ich kenne das Datum deshalb, weil kürzlich das Ganze bezweifelt wurde - dem damaligen Ministerpräsidenten Stürgkh überreicht wurde. In dieser Denkschrift haben wir darauf hingewiesen, daß ein Staat der Gegenwart sich nicht mehr auf historischen Kronländern aufbauen kann, sondern naturgemäß nur auf seinen Völkern. Diesen Grundsatz haben wir nicht etwa in einem Zeitpunkt vertreten, wo unser Volk darniederlag, sondern nach der siegreichen Durchbruchsschlacht von Gorlice, also gerade zur Zeit der größten Waffentaten. (Posl. Krebs: Für alle Völker haben wir das Recht der Selbstverwaltung in Österreich gefordert! - Rùzné výkøiky. - Posl. Knirsch [obrácen k èeským poslancùm]: An seine Majestät den Kaíser Franz Josef habt Ihr ein Ergebenheitsmemorandum gerichtet und ihn der Loyalität versichert! - Výkøiky posl. Støíbrného.) Herr Koll. Støíbrný und Sie alle von der èechischen Seite, sagen wir es ganz offen: wir waren im Krieg weitaus nackensteifer als Ihr alle. Wir haben den Mut besessen, unsere Anschauungen zu vertreten, auch zur Zeit des Ministerpräsidenten Stürghk, also zur Zeit eines förmlichen Absolutismus. Das galt durchaus nicht von euch allen, wenn Ihr euch auch heute alle als Helden aufspielt. Im Jahre 1917, als der Reichsrat wieder zusammentrat, hat unser Klubkollege Knirsch - das war seine erste Handlung - die Grundsätze dieser Denkschrift im Hause vertreten. Wir waren auch keine Anhänger der sogenannten Osterbegehrdenkschrift, sondern im Gegenteil, wir sind gegen sie aufgetreten. Angesichts der Verwirklichung der berechtigten Wünsche und Forderungen der Ukrainer machen wir die jetzigen deutschen Regierungsparteien auf ihre schwere Verantwortung vor ihrem Volke und vor der Geschichte aufmerksam. Es hat ganz den Anschein, als ob sie in die Kleinlichkeiten einer reinen Interessenvertretung verstrickt, die Wichtigkeit des Augenblicks gar nicht erkennen. Sie sollten einmal wenigstens den Mut haben, auf den Tisch zu hauen, wie es die èechischen Agrarier und andere èechische Parteien öfter tun. Nachgerade muß man an ihnen wie an allen alten Parteien verzweifeln. Wohin wir blicken, sei es hier, sei es im Deutschen Reiche, insbesondere aber in Preußen, bemerken wir nichts anderes als starres Festhalten am Hergebrachten und Niederknüppelung alles Neuen. Selbst die Friedensdiktate und Tributpläne werden anerkannt, damit nur ja nicht die Dinge in Fluß geraten, weil man fürchtet, dabei unter die Räder zu kommen. Die Friedensdiktate von 1919, die Herrschaft des Geldes über die Arbeit, die damit verbundene Zinsknechtschaft der schaffenden Menschen stellen das Ende einer Entwicklung dar, die 1789 mit der französischen Revolution begonnen hat und den Liberalismus in allen seinen Erscheinungsformen zur herrschenden Geistesrichtung in Mittel-, Süd- und Westeuropa gemacht hat. Dieses ganze Gebäude muß erst zusammenstürzen, bevor es eine Änderung und Besserung gibt.

Die Loslösung vom Liberalismus hat begonnen. Sie hat zuerst in Italien begonnen. Ich hebe ausdrücklich hervor, daß zwischen dem Faszismus in Italien und unserem Nationalsozialismus (Posl. Schweichhart: Wesentliche Übereinstimmung besteht!) weitgehende, wesentliche Unterschiede bestehen. Er ist eben die italienische Erneuerungsform und der Nationalsozialismus die deutsche. Wir sind ja diejenigen, die Unterschiede der Völker feststellen, nicht wie die Sozialdemokraten, die alles als gleich ansehen. Aber es ist immerhin kennzeichnend, daß dieses Italien einer der Hauptgegner der heutigen Friedensverträge ist, und immer wieder auf ihre Revisionsbedürftigkeit hinweist. Ähnlich wie Rußland, das ja freilich einem ganz an deren Kulturkreise angehört. Aber auch unser Volk als Ausgebeuteter und unter den Friedensdiktaten Leidender, gehört in die Front der Gegner der Friedensdiktate und in die Front all derjenigen, die ihre Revision anstreben. (Posl. Krebs: Die Friedensdiktate die ganz Europa knechten und auch diesen Staat zum Sklavenstaat gemacht haben!) Die die Ursache des heutigen ganzen sozialen Elends sind. (Posl. Krebs: Die Èechen dürfen nicht glauben, daß sie ein freies Volk sind! Das ist lächerlich! Die Banken und der Börsenkapitalismus herrschen hier, nicht das Parlament! Das ist eine Farce, eine Lüge, die man dem eigenen Volke einredet!) Ganz richtig. Wir haben übrigens den ungeheueren Einfluß des Bankenkapitalismus gesehen. (Posl. Knirsch: Die Živnostenská banka regiert!) Die Živnostenská banka regiert den Staat und die anderen haben sich einfach zu fügen. Die Parteien der sogenannten parlamentarischen Demokratie werden das niemals begreifen, sie sind und bleiben eben Erfüllungspolitiker, ob im Deutschen Reiche oder in Österreich oder in der Èechoslovakei. Erst jene Erneuerungsbewegung, zu der wir uns bekennen, die Volk und Staat als organisch gewachsene Gemeinschaften auffaßt, wird wohl die notwendige Entwicklung anbahnen. Wenn unsere mächtig angewachsene Bruderbewegung im Reiche gegen Versailles und Youngplan und damit für die Befreiung des deutschen Arbeitsmenschen aus den Fesseln wirtschaftlicher und politischer Knechtschaft kämpft, will sie damit unser Volk zum Gleichen unter Gleichen machen.


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