Es wäre zwecklos, hier in diesem Hause in eine meritorische Behandlung dieser Vorlagen einzugehen, es wäre auch zwecklos Abänderungsanträge zu stellen, da wir alle wissen, daß noch niemals seit 10 Jahren in diesem Hause ein von der Opposition gestellter Abänderungsantrag angenommen worden wäre, mag er auch noch so gut gemeint gewesen sein. Es sei mir deshalb gestattet, nur ganz kurze Bemerkungen zu den einzelnen Vorlagen zu machen, da wie bereits erwähnt, eine Änderung an diesen Vorlagen nicht zu erzielen sein dürfte.
Zu verwundern ist, daß gerade der èechoslovakische Staat oder besser gesagt diie jetzige Regierungsmehrheit darangeht, die Produktion mit neuen Steuern zu belasten, wo doch das mit so hohen Reparationen belastete Deutsche Reich trotz des Abganges im Etat niemals daran gegangen ist, die Industrie oder den legitimen Handel, oder sogar das Gewerbe in irgendeiner Form mit Steuern zu belegen, um dadurch den Ausfalll des Etats zu decken. In den Zeitungen lesen wir, daß auch das faszistische Italien den Abgang in seinem Staatshaushalt nicht in Form von direkten Steuern decken will, sondern in der Zeit der Wirtschaftskrise und der allgemeinen Not andere Maßnahmen trifft. Wir freuen uns darüber - und das ist die einzige und kleinste Freude, die wir haben daß Gewerbe und Handelsstand wenigstens von einer Erhöhung der allgemeinen Erwerbs und Umsatzsteuer verschont wurde. Die besondere Erwerbssteuer wird nach der in Verhandlung stehenden Vorlage von 8 auf 9 % erhöht. Dies trifft aber nicht nur Großbanken, Aktiengesellschaften usw., sondern dies trifft auch, und zwar besonders hart, unsere kleinen gewerblichen Kreditkassen, welche die Aufgabe haben, den wirtschaftlich Schwachen durch billigen Kredit hilfreiche Hand zu bieten. Wenn man sozial denkt, wenn gerade in der jetzigen Koalition so viel von sozialen Fürsorgemaßnahmen gepredigt und gesprochen wird, dann glaube ich, wäre es Pflicht der Regierung gewesen, in diesem Sinne auch hier zu wirken, damit diesen Kassen, die als soziale und gemeinnützige Unternehmungen für die Ärmsten der Armen wirken, eine gewisse Erleichterung zuteil werde, oder daß sie von einer Erhöhung der Besteuerung ausgenommen worden wären. Es ist so, daß man leider immer merken kann, daß man den Großen laufen läßt und den Kleinen fängt - und man kann das auch ruhig in diesem Falle auf die Kreditkassen anwenden. Anstatt die kleinen und mittleren Geldinstitute, welche sich die Aufgabe gestellt haben, durch reine Geldgeschäfte und billige Kredite die Volkswirtschaft zu beleben, zu unterstützen und zu fördern, gibt man Hunderte von Millionen Kè den Großbanken, welche langsam eine kapitalistische Sozialisierung herbeiführen, mit anderen Worten die Vernichtung der selbständigen Existenzen, wie sie uns heute von verschiedenen Seiten droht, noch weiter fördern und beschleunigen.
Die zweite Vorlage, die sogenannte Erhöhung der Biersteuer, hat ihre großen Schattenseiten. Wohl sagt der Entwurf, daß die Biersteuer von den Brauhäusern getragen werden muß, sie sagt aber im § 20 des Entwurfes, daß der Regierung die Ermächtigung gegeben wird, nach welcher bis auf weiteres keine Erhöhung in den Bierpreisen eintreten darf. Nur wenn besondere Umstände eintreten sollten, wäre es möglich oder zulässig von Seite der Regierung, eine diesbezügliche Änderung eintreten zu lassen. Ich mache aufmerksam, daß man damit den Gastwirten das Verbot auferlegt, den Bierpreis zu erhöhen, während irgend einem Bräuhaus durch diesen Ermächtigungsparagraphen von der Regierung vielleicht die Überwälzung der Biersteuer auf den Gastwirt bewilligt werden könnte. Oder ein anderer Fall. Wir werden sehen, daß durch die Erhöhung des Umlagenlimits der Selbstverwaltungskörper auch eine Mehrbelastung der Gastwirte wird eintreten müssen. Der Betreffende wird dann, wie es immer gemacht wird, die Mehrbelastung auf den Preis überwälzen und infolgedessen auch das Bier höher anrechnen müssen. Was wird daher durch dieses Verbot, den Bierpreis zu erhöhen, alles geschehen? Neue Schikanen der Wucherorgane werden erfolgen, man wird den Apparat der Wucherorgane vermehren müssen, was auch die neuen Gesetze verlangen, und man wird den Großteil der Einnahmen wieder zur Erhaltung dieses Kontrollapparates verwenden müssen. Ich bin überzeugt, daß früher oder später der Gastwirt die Biersteuer bezahlen wird und bin fe rner überzeugt, daß durch die Beschlußfassung dieses Gesetzes schließlich der Konsument die Erhöhung wird tragen müssen. Eines steht fest, daß die mächtige und einflußreiche, gute Organisation der gut gestellten Brauindustrie heute so stark ist, daß vor dieser auch vielleicht die Regierung zurückweichen wird. Ich möchte dabei aufmerksam machen, daß gerade im Gastwirtstand mit Rücksicht auf die große Anzahl von Gastwirten die Konkurrenz und die Erwerbsmöglichkeiten sehr schwer geworden sind. Das bedeutet, daß wir angesichts der Wirtschaftskrise schon heute feststellen müssen, daß infolge der Arbeitslosigkeit, die durch die weitere Überbesteuerung in den meisten Fällen eintritt, Ausgleiche und Konkurse im Gastgewerbe an der Tagesordnung stehen und stehen werden. Die Überbesteuerung ist etwas, was man in diesem Staate bei den Finanzbehörden als alltägliche Erscheinung findet. Willkürakte ersten Ranges kommen vor und man hat heute als Parlamentarier hauptsächlich damit zu tun, bei den maßgebenden Finanzbehörden vorstellig zu werden, um auf die Übergriffe oder unrichtige Besteuerung einzelner Steuerträger hinzuweisen und Untersuchung und Abhilfe zu verlangen. So fand um ein Beispiel zu nennen, im Monat August in Sternberg in Mähren eine Revisionskommission für die Umsatzsteuer statt, welche über Einschreiten unsererseits vom Finanzminister abberufen wurde. Diese Revisionskommission hatte sich gemäß ihren Instruktionen nicht zur Aufgabe gestellt, bei den protokollierten Firmen Revisionen durchzuführen, sondern sie nahm sich heraus, zu den kleinen Gewerbetreibenden zu gehen, bei denen sie doch tatsächlich nicht feststellen kann, wie hoch der Umsatz ist oder war. Es sind nur Schätzungen möglich und müssen Schätzungen bleiben, solange wir bei einzelnen Gewerbetreibenden und Kaufleuten eine geregelte, geordnete Buchführung nicht erzielen können. Der Herr Finanzminister Dr. Engliš hat auch das Versprechen gegeben, daß bei nicht protokollierten Kaufleuten und Gewerbetreibenden Revisionskommissionen wegen der Umsatzsteuer nicht vorkommen werden, weil der Erfolg gleich Null ist. Daraufhin wurden die Kommissionen eingestellt. Trotzdem erlaubt sich die Steuerbehörde von Sternberg noch Folgendes: Bei einem gewissen Herrn Vogt, Goldschmied in Sternberg, erschien die Steuerkommission. Er ist nicht protokolliert. Die Kommission wurde abberufen und hat deshalb kein Protokoll mit ihm verfaßt. Vor einigen Wochen wurde dieser Mann zur Steueradministration gerufen und ihm von Dr. Švestka bekanntgegeben, daß die Kommission mit ihm zwar kein Protokoll aufgenommen habe, daß jedoch der Steuerbehörde ein Befund vorgelegt wurde, welcher vollkommen genüge. Außerdem wurde durch Sachverständige erhoben, so erklärte man ihm, daß sein einbekannter Umsatz zu niedrig sei. Auf seine Einwendungen, daß er ein genaues Buch führe und außerdem von sämtlichen Firmen, von denen er Waren bezog, die Fakturen darüber vorhanden seien, antwortete der Beamte: "Das kennen wir schon, da werden noch Firmen sein, die eben nicht angegeben sind." Weiter erwähnte der betreffende Steuerträger, daß er nur allein im Geschäfte tätig sei, selbst die Kunden bedienen müsse und daher seine Goldschmiedearbeit nicht intensiv betreiben könne. Darauf bekam er die prompte Antwort:, Da können Sie ja 24 Stunden arbeiten und doppelt soviel verdienen!"
Meine Herren Kollegen! Ich glaube doch, daß dies Aussprüche von Beamten sind, die sich nicht gebühren. Ich bin der Meinung und festen Überzeugung, daß dieser einfache schlichte Mann nicht lügt. Ich habe mich davon überzeugt, und er hat mir sein Wort gegeben, daß seine Angaben der Wahrheit entsprechen. Der Beamte erklärte ihm ganz kurz: Entweder, er nehme die erhöhte Steuervorschreibung an, was der kürzere Weg sei, oder er bekomme ein Dekret mit Fragen, die er gewiß nicht beantworten werde. Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß ist ein Willkürakt der Steuerbehörde und dies ist umsomehr zu beanständen, als gerade der derzeitige Finanzminister Dr. Engliš auf dem Standpunkt steht, daß der Steuerträger zur Führung von Büchern und Belegen verhalten werden soll und daß diese Belege, wenn sie vorgelegt werden, auch tunlichst als wahr angenommen werden. Aber man antwortet den Leuten, daß man ihnen nicht glaubt und erhöht die Beträge der Steuern um das Doppelte und Dreifache.
Ähnlich wie in Sternberg ist das Vorgehen der Steueradministration in Senftenberg. Dort klagen nicht nur die deutschen Gewerbetreibenden, sondern auch èechische Steuerträger über die Willkür der Steuerämter. Hier müßte man auch wegen eines Falles einschreiten, wo ein Gewerbetreibender mit einem nachweisbaren Einkommen von 10.000 Kè, 60.000 Kè Einkommen und Erwerbsteuer vorgeschrieben erhielt. Ich bin neugierig, was die Finanzlandesdirektion auf Grund der jetzigen Erhebungen tun wird und was geschehen wird, wenn dieser Fall ebenfalls der Wahrheit entsprichtt.
Ähnlich verhält es sich mit einem krassen Fall in Mähr. Schönberg. Dort ist im Jahre 1917 plötzlich der alleinige Inhaber der Firma Johann Müller gestorben. Seine Witwe, die heutige Inhaberin Karoline Müller, übernahm die Fortführung des Geschäftes, welche sich, abgesehen von der an sich schwierigen Kriegszeit, für sie um so schwerer gestaltete, als sie für fünf, zum Großteil minderj ährige Kinder zu sorgen hatte und zwei Söhne im Felde standen. Die Firma wäre gleich ohl nicht in derartige Schwierigkeiten geraten, wenn nicht die immensen Steuervorschreibungen der Jahre 1918 bis 1929 im Betrage von 960.000 Kè ihre Exiistenzmöglichkeit bedroht hätten. Im Zuge der notwendig gewordenen Verhandlungen wegen Abschreibung der übermäßigen Steuern wandte sich die Steueradministration in einem öffentlichen Rundschreiben an die Gläubiger und machte die Gewährung eines Nachlasses ihrerseits von einem gleichen Verhalten der Gläubiger abhängig. Die Folgen dieses ganz ungewöhnlichen Vorgehens waren katastrophal. Die bestürzten Gläubiger entzogen, ungeachtet aller beruhigenden Erklärungen der Firma Johann F. Müller sofort jeglichen Kredit und überschwemmten sie derart mit Klagen und Exekutionen, daß binnen Jahresfrist allein an Kosten 120.000 Kè aufgelaufen sind. Nur unter äußerster Anstrengung gelang es der Firma, sich über Wasser zu halten. Ende Oktober 1920 gelang es, die Finanzverwaltung, welche nachträglich den bedauerlichen Mißgriff durch ihr Rundschreiben einsah, zu einem Nachlaß von 475.000 Kè zu bewegen. Hier sieht man (ukazuje listinu) ein vom Gericht bestätigtes Rundschreiben der Steueradministration Mähr. Schönberg an die Firma Schicht, Aussig, womit sie die Firma Schicht auffordert, bekannt zu geben, wie viel die Fa Müller an sie schuldig ist, und ob sie geneigt ist, der Firma Müller in Mähr. Schönberg einen Nachlaß zu gewähren. Diese Schreiben sind an alle Gläubiger gegangen, weil die arme, liebe Frau de Bilanz vorgelegt hat und alle diejenigen Gläubiger anführte, denen sie etwas zu zahlen hat. Ist das ein Vorgehen einer Behörde? Ist es Aufgabe deer Steuerbemessungsbehörde, einen armen Menschen, der sich kümmerlich durchbringen muß, heute auf diesem Wege dem Ausgleich, dem Ruin zuzuführen? Man muß sich wundern und fragen: ist da vielleicht durch nationale Gehässigkeit bestimmt die Absicht vorhanden, selbständige, deutsche Existenzen zu vernichten? Wenn so etwas Staatsbehörden und Staatsämter machen, weiß ich nicht, was das Volk und diejenigen, die die Steuern zur Erhaltung des Staates und seiner Beamten bezahlen, sagen sollen. (Výkøiky posl. Horpynky.) Ähnliche, wenn auch nicht so krasse Vorfälle kommen bei allen Steuerämtern vor, und ich glaube, es ist hoch an der Zeit, daß der Finanzminister oder das Finanzministerium, und die sonstigen maßgebenden Faktoren, endlich einmal einschreiten und ihre Beamten aufmerksam machen, daß sie als Beamte korrekt vorgehen sollen, daß sie Rücksicht mit dem wirtschaftlich Schwächeren nehmen, wie es im Gesetze steht, aber nicht dazu beitragen, Existenzen zu vernichten.
Eines steht fest, daß trotz Novellierungen, trotz der Steuerreform, die, wenn sie richtig gehandhabt würde, für den kleineren Steuerträger tatsächlich Erleichterungen bringen müß te, die Steuermoral vollständig unterbunden wird, und daß heute die Schuld nicht an den Steuert rägeern, sondern einzig und allein bei den Bemessungsbehörden liegt. (Výkøiky posl. Horpynky.) Der Finanzminister steht, wie vorhin erwähnt auf dem Standpunkt, Aufzeichnungen in Büchern sollen tunlichst anerkannt werden. Kommt aber jemand mit solchen Aufzeichnungen zur Steuerbehörde, sagt man ihm ruhig: "Gehen Sie nach Hause mit ihren Hausnummern!" Da sagt sich der liebe Mann: "Da werde ich halt lieber nichts aufschreiben!" (Výkøiky posl. Horpynky.) Solche Zustände müß ten auf jeden Fall in Zukunft zu absichtlicher Steuerhinterziehung führen. Wenn heute jemand richtig fatiert, so wird er, ich bin mir dessen bewußt, das Doppelte aufgerechnet bekommen, weil man ihm nicht glaubt und weil man ihn, den Bürger und Steuerzahler, für einen Betrüger hält.
Die dritte Vorlage bezieht sich auf die Finanzgebahrung der Selbstverwaltungskörper. Wir haben 1927 für diese Vorlage mit Freuden gestimmt, weil wir damals die kollossalen Unterschiede in der Umlagenhöhe bei einzelnen Städten und Gemeinden gesehen haben.
Wir haben aber auch deshalb gerne dafür gestimmt, weil wir damit eine Erleichterung, gerade für die kleineren Gewerbetreibenden und Kaufleute gefunden haben, die zumeist nur von der Steuerbehörde eingeschätzt werd en. Die jetzige neuerliche Erhöhung des Un lagenlimits wird gewiß eine neuerliche Belastung der Produktion nach sich ziehen, und gewiß wird das, wie ich schon eingangs erwähnt habe, nicht preisabbauend, sondern, wenn auch in kleinerem Maße, preiserhöhend wirken müssen. Zugegeben, daß bei einzelnen Gemeinden das Auslangen mit dem durch das Gesetz von 1927 beschlossenen Umlagenlimit nicht zu finden ist, möchte ich wohl sagen, daß es gewiß einen anderen Weg gegeben hätte, um den Gemeinden beizuspringen oderh ilfreich die Hand zu bieten. Schon 1927 bei Beratung dieses Gesetzes habe ich selbst noch mit anderen Kollegen in einer Aussprache mit dem Finanzminister Engliš diesem nahegelegt, ob es nicht möglich wäre, daß der Staat sämtliche Überschuldung über das Umlagenlimit hinaus übernimmt, und die Verzinsung und die Amortisation durchführt, anstatt den berühmten Ausgleichsfond zu schaffen. Das war natürlich nicht durchzusetzen. Nun hätte es aber auch noch einen anderen Weg gegeben, und er wäre gangbar: Es ist die Forderung des gesamten Gewerbe und Handelsstandes, daß nicht nur auf die Erwerbsteuer, sondern auch auf die Einkommensteuer Umlagen gesetzt werden. Dabei sage ich gar nicht, daß die kleinen Beamten neue Umlagen bezahlen sollen. Die Umlagen auf Erwerbsteuer und die Einkommensteuer, mußten vollkommen gleich festgelegt werden und je nach Bedarf mit Zustimmung der Landes oder Bezirksbehörde konnte eine Erhöhung oder eine Herabsetzung erfolgen. (Posl. dr Schollich: Im Jahre 1927 war Engliš nicht für solche gute Ratschläge zugänglich!) Ich glaube, er wäre zugänglich gewesen, wenn nicht andere Parteien da gewesen wären, die sich dagegen ausgesprochen hätten. Wenn man auch nicht gerade die kleinen Beamten treffen mü ßte, sondern wenn man bis zu gewissen Grenzen gehen würde, sagen wir, von 12.000 bis 15.000 Kè, wäre das eine große Erleichterung und man würde dadurch wenigstens nicht die Produktion derart treffen. Wir sehen ja heute, wie von anderen Staaten Notopfer gebracht werden müssen. Wir sehen, daß man drüben im Reiche den Beamten den Gehalt scharf kürzt, daß man es auch in Italien macht. Deshalb glaube ich, wäre auch von Seiten der Beamten und Angestellten kein besonderer Widerspruch erhoben worden, und sie hätten gesagt, wenn ich das Recht habe in der Gemeinde mitzusprechen, kann ich auch mein Schärflein, wenn auch in geringerer Höhe beitragen. (Posl. inž. Jung: Sonntag hat mir in einer Versammlung einer gesagt, daß es das gescheiteste wäre, den Beamten überhaupt keine Gehälter zu zahlen!) Herr Kollege, das werden Sie wahrscheinlich als einen guten Witz meinen, denn im Ernst wird es niemand gesagt haben. (Posl. inž. Jung: Ich werde Ihnen hernach den Namen des Betreffenden sagen. Der Name ist ein Stück einer weiblichen Kleidung. - Veselost.) Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir den Namen nennen werden, damit ich mit dem Betreffenden spreche.
Wie kam die Verschuldung der Selbstverwaltung zustande? Nicht immer durch die schlechte Wirtsch aft der Gemeinden, auch dadurch, daß die Steuerämter auf Grund der erlassenen Vorschreibungen mitgewirkt haben. Der Gemeindevoranschlag wurde auf Grund der Steuervorschreibungen der Steuerämter aufgestellt und danach erfolgten in die Hunderttausende gehende Abschreibungen, wodurch den Gemeinden Einnahmen verloren gingen, die sie erwarteten. Bei den heutigen Verhältnissen trachtet jede Gemeinde, ihren Voranschlag ziemlich hoch einzustellen und mit Recht. Sie glaubt, dadurch noch am frühesten aus dem Ausgleichsfonds einen Beitrag zu erhalten. Daß dabei selbstverständlich der Bezi rksausschuß, der Landesausschuß Streichungen vornimmt, kann man sich ganz gut vorstellen. Weiters muß bemerkt werden, daß der Fond, wie man hört, unzureichend ist und Klagen der Selbstverwaltungskörper darüber sind täglich zu hören. Es muß auch die Frage, ob durch den Ausgleichsfond eine objektive Zuteilung erfolgt, dahingestellt bleiben. Es haben bereits andere Herren hier davon gesprochen und angezweifelt, daß die Zuwendungen in objektiver Weise erfolgen. Eine Erhöhung der Gemeinde, Bezirks und Landesumlagen erfolgt in einer Zeit der wirtschaftlichen Not, wo sich alle wirtschaftlichen Existenzen und Betriebe im Rückgang befinden. Die Wirtschaftskrise, die aus der Agrarkrise entstanden ist, ist nicht bloß bei uns, sondern man kann sie als eine allgemeine europäische Krise bezeichnen. Man hat Verschiedenes versucht, um dieser Wirtschaftskrise der Landwirtschaft beizukommen. Man hat Zölle beschlossen, man hat ein Ausmahlungsgesetz beschlossen, man hat vor einigen Tagen das Beimischungsgesetz beschlossen. Ich bin aber fest überzeugt, daß alle die Gesetze, die hier gemacht worden sind, erfolglos bleiben werden. Man wird auf Grund dieser Gesetze die Schikanierungen derjenigen vermehren, die die Gesetze formal nicht durchführen. Es ist heute leider schon der Fall, daß das Ausmahlungsgesetz Bestrafungen zur Folge hat, z. B. daß jemand, der ohne böse Absicht irgendein Gesundheitsbrot erzeugt, das die Leute gernrnrne kaufen, schon unter Strafe steht, weil er nicht angesucht hat. Wenn hier von einer Agrarkrise gesprochen wird, so erkläre ich, daß der Gewerbe und Handelsstand gewiß ein reges Interesse daran hat, daß eine Erhöhung der Preise der landwirtschaftlichen Produkte eintritt. Wir wissen doch alle, daß neben dem Arbeiter, dem Beamten und den anderen Ständen, auch der Landwirt ein großer Verbraucher und Käufer industrieller und gewerblicher Erzeugnisse ist und daß wir ein großes Interesse daran haben, die Kaufkraft der Landwirtschaft zu erhöhen. Wir wissen, daß der arbeitende Mittelstand unter dieser Krise sehr zu leiden beginnt, wir wissen ferner, daß die allgemeine Krise sich im starken Ausmaße bemerkbar macht; wir sind daher bereit an allen Vors chlägen mitzuarbeiten und für sie zu stimmen, die sich zu einer Behebung der landwirtschaftlichen Krise geeignet zeigen sollten. (Pøedsednictví prevzal místopøedseda Stivín.) Die Schutzmaßnahmen, die von Seite der Landwirtschaft oder deren maßgebenden Faktoren verlangt werden, dürfen aber niemals andere Berufsgruppen treffen oder schädigen. Es muß dem Bauernstand der Grundsatz "Leben und leben lassen" unbedingt als Grundsatz dienen und er darf sich nicht auf den Standpunkt stellen, daß wenn der eine weniger bekommt, auch der andere weniger zu bekommen hat. Dies ist falsch. Es kann sehr leicht die Zeit kommen, und wir wünschen es auch, daß es der Landwirtschaft besser geht, wo es jedoch dem Handel und Gewerbeschlechter gehen könnte. So wie es die Volkswirtschaftler der Landwirtschaft hinstellen, daß der Handels und Gewerbestand Wucher treibt, ist es nicht. Die Ursachen, auf die da hingezielt wird, sind wo anders zu suchen. Man hat, wie ich bereits gesagt habe, lange herumgedoktert, ohne zu einem Erfolg zu kommen. Vor einigen Tagen hat Dr. Binder in fast allen Tagesblättern, auch in unserer Presse, einen Artikel mit der Überschrift "Der rechte Weg" erscheinen lassen Darin sagt er mit vollem Recht, daß alle gesetzlichen Maßnahmen hinfällig werden und daß es nur einen Weg zur Behebung der landwirtschaftlichen Krise gibt, nämlich die Propaga nda und die Erziehung des Volkes. Das ist eine na türliche Aufgabe von st aatswegen. Der Staat müßte auf alle Organi sationen einwirken, daß sie tatsächlich dazu erzogen werden, dahin zu wirken, daß die Bürger auf den Ankauf inländischer Produkte und nicht ausländischer sich einstellen, denn im ersteren Falle würde der Konsum inländischer Produkte gehoben werden, was nicht allein der Landwirtschaft, sondern allen Berufsschichten helfen würde. Ein Beweis, wie viel eine solche Propagandaerziehung wert ist, ist der Massenverkauf der Bananen, der seit zwei Jahren in diesem Staate hier zu beobachten ist. Wie ist das gemacht worden, daß heute ein solcher Riesenabsatz an Bananen zu verzeichnen ist? Einzig und allein die Presse hat es verstanden, darauf hinzuweisen, wie groß der Vitaminegehalt der Bananen ist und eine ständige Reklame und Propaganda hat es dazu gebracht, daß Millionen und Abermillionen Kè ins Ausland wandern und dabei unser Obst manchesmal nicht an den Mann zu bringen ist. Es ist vielleicht ein guter einheimischer Apfel mit mehr Vitaminen ausgestattet als die Bananen, die in solchen Massen verkauft werden. Wir müssen weiter daran denken, daß der Inlandskonsum gehoben wird. Das kann dadurch geschehen, daß man in erster Linie der Arbeitslosigkeit steuert, den Arbeitern Verdienst schafft. Man braucht nur an die durch die letzte Unwetterkatastrophe verursachten Schäden zu denken, speziell in jenen Gegenden, wo keine Regulierung durchgeführt ist. Wieviel Straßen könnten dort gebaut werden und auf diese Weise produktive Ausgaben gemacht werden! Dadurch könnte der Umsatz und der Konsum bedeutend gehoben werden. Wenn dagegen die Einwendung erhoben wird, daß der Staat nicht die Mittel hat, so muß gesagt werden, daß sich die Èechoslovakei, ebenso wie das arme Österreich in Form einer Anleihe die nötigen Mittel für die Zeit der schweren Krise beschaffen könnte, um der Arbeitslosigkeit in diesem Staate zu begegnen.
Die Regierung plant weiter zur Behebung der Landwirtschaftskrise ein Getreidemonopol einzuführen oder ein Erm ächtigungsgesetz zu schaffen. Was ein solches Monopol bedeutet, ist uns allen, die wir die gebundene Wirtschaft miterlebt aben, klar und mag man die ganze Sache auch noch so sehr in rosigsten Farben malen, sie ist und bleibt unbedingt Zwangswirtschaft. Das Ermächtigungsgesetz, wie man es plant und es sich vorstellt, ist auch kein Allheilmittel und man kann sich nicht gut vorstellen, daß vielleicht einem Ministerium oder zwei Ministerien oder gar der ganzen Regierung eine so große Ermächtigung erteilt werden könnte, weil man nicht weiß, was eintreten kann und welche Gefahren sich für die gesamte Volkswirtschaft ergeben könnten. Es muß darauf hingewiesen werden, wie parteipolitisch, ja parteifanatisch einzelne Parteien eingestellt sind, und da würde sich ein solches Gesetz nicht zu gunsten der gesamten Volkswirtschaft auswirken. Eine solche Maßnahme bedeutet ferner einen vollkommen ungerechtfertigten Eingriff in die sich bis heute so glänzend bewährende Privatwirtschaft. Dadurch würde nicht nur die Zwangswirtschaft erweitert werden, sondern man würde besonders der beabsichtigten Sozialisierung auf kaltem Wege den größ ten Vorschub leisten. Wir wissen doch, daß ein Staatswesen und eine Gesellschaftsordnung zumeist nur gehalten wird von dem selbständigen Stand der freien Bürger. Im anderen Falle würde natürlich, wenn sich dieser Plan in irgendeiner Form verwirklichen würde, wenn man diese Sozialisierung weitertreiben sollte, sich das so auswirken, daß an Stelle der freien Bürger alles sozialisiert wird. Aber nicht nur von Seite der Regierung werden solche Versuche unternommen, sondern es tauchen auch in Zeiten der Landwirtschaftskrise von Seiten einzelner Führer der wirtschaftlichen Organisationen Gedanken auf, eigene landwirtschaftliche Genossenschaften zu errichten, Genossenschaftsmühlen, Genossenschaftsbäckereien, in letzter Zeit auch Genossenschaftsschlächtereien usw. Das ist nichts anderes als Sozialisierungshestrebungen Grün. Ich freue mich aber darüber, daß heute die politischen Führer der Landwirtschaft diesem Gedanken nicht voll zustimmen, und daß es wohl nur der Ehrgeiz oder andere Motive einzelner Personen der wirtschaftlichen Organisationen sein mögen, die eine solche Absicht in die Tat umsetzen wollen. Eines steht fest, daß in dem Momente, wo sich derartige landwirtschaftliche Genossenschaften bilden, ein falscher Weg beschritten wird. Ich bin fest überzeugt, daß, wenn die Genossenschaften nicht aus staatlichen oder öffentlchen Mitteln unterstützt würden, sie unbedingt zugrundegehen müssen, weil die Regie dort bedeutend höher ist als in Privatbetrieben. Um Ihnen einen Beweis zu erbringen, wie in solchen großen genossenschaftlichen Bäckereien gearbeitet wird, verweise ich auf eine Konferenz, die vor ca drei Wochen in Prag stattgefunden hat, an welcher sich die Bäckerorganisationen, die Müllerorganisationen und auch die sozialdemokratischen Konsumbäckereien beteiligt haben. Auch sozialdemokratische Abgeordnete waren anwesend und es wurde von ihnen in dieser Beratung die Forderung erhoben, daß das Kilo Brot bei den heutigen Mehlpreisen unbedingt mit 1·50 Kè in den Detailhandel gebracht werden sollte. Was glauben Sie, ist bei dieser Konferenz geschehen? Glauben Sie, daß die Bäcker aufgestanden wären und sich dagegen verwahrt hätten? Nein, aufgestanden ist bei dieser Verhandlung der Direktor einer Prager Großbäckerei von den Konsumvereinen, der an der Hand von Dokumenten nachgewiesen hat, daß dieser Großbetrieb die eigenen Regie und Gestehungskosten eines Kilo Brotes auf 1.62 Kè kalkuliert. Damit ist der Beweis erbracht, daß gerade die Großbetriebe, die eigentlich verbilligend wirken sollen, in den meisten Fällen teurer sind, als der einzelne selbständige Gewerbetreibende oder in diesem Falle der Bäkker. Denn der selbständige Bäcker rechnet sich seine Arbeitszeit, die vielen Überstunden, die er machen muß, nicht so ein wie jene Betriebe, wo die Arbeitszeit genau gerechnet wird, und er ist deshalb mitunter in der Lage, für den Konsum billiger zu arbeiten, als die Großbäckerei auf genossenschaftlicher Basis. Der Beweis ist bei den Konsumvereinen erbracht worden, daß auch die Konsumgenossenschaften nicht in der Lage waren, ihren Mitgliedern und den Konsumenten überhaupt bessere und billigere Waren zu liefern als der legitime Kaufmann. Wäre es nicht der Fall, dann gäbe es keinen legitimen Kaufmann mehr, sondern nur Konsumgenossenschaften. Aber ein Unterschied ist freilich vorhanden. Wenn es den Konsumgenossenschaften schlecht geht, dann muß der politische Einfluß zur Geltung kommen und es muß aus öffentlichen Mitteln saniert werden. Die Gewerbetreibenden aber haben für die Jahre 1921 bis 1924, also für drei Jahre, noch eine nachträgliche Steuervvorschreibung bekommen. So liegen die Dinge und darin liegt eine Absicht und zwar die, daß wir auf kaltem Wege die Sozialisierung der selbständigen Existenzen vornehmen. Ich stehe auf dem Standpunkte, daß unter den Cewerbetreibenden und Kaufleuten ein ehrlicher reeller Wettbewerb, eine freier Wettbewerb besser ist, als alle Maß nahmen, die wir auf genossens chaftlichem oder gesetzgeberischem Wege beschließen.
Es obliegt mir heute die Pflicht, die jetzige Regierungsmehrheit, besser gesagt die Koalition, oder noch besser gesagt jene Mitglieder der Regierung, die der bürgerlichen Richtung angehören, zu warnen und darauf aufmerksam zu machen, daß sie nicht in Hinkunft derartige Unternehmungen unterstützen, nicht weiter zur Gründung und Erweiterung solcher Konsumgenossenschaften ihre Hand bieten mögen. Tun Sie es, dann werden Sie vor der breiten Öffentlichkeit die Verantwortung tragen müssen.
Man hört in diesem Staate immer wieder das Wort von der Demokratie. Aus berufenem Munde, aus dem Munde des ersten Staatsbürgers dieses Staates, des Herrn Präsidenten Masaryk, ist das Wort geprägt worden: "Demokratie ist Diskussion". Aber gespürt hat man weder von der Demokratie, noch von der Diskussion, die der Demokratie helfen soll, irgend etwas. An ihre Stelle tritt die sog. kalte versteckte Diktatur. Alles ist nur Schein. Meritorische Behandlung eines Abänderungsantrages bei Behandlung der Vorlagen, auch wenn sie noch so gut gemeint ist, wird hier unter keinen Umständen von der Mehrheit anerkannt. Es wird mir vielleicht jemand sagen: Sie waren ja selbst in der früheren Koalition. (Posl. dr Schollich: Ich wollte es gerade sagen!) Ich habe es von Ihnen auch erwartet, Herr Abg. Dr. Scholich, und habe nichts dagegen einzuwenden, aber ich habe schon gezeigt, daß dieser Weg nicht der richtige ist. Was später kommen wird, ist ein großes Fragezeichen. Untergraben wir ja nicht das demokratische Prinzip, verlassen wir ja nicht den demokratischen Weg, sonst wird man sich wundern, wohin man kommt. Ich bin der Meinung, daß hier von dieser Stelle ein kleiner Vorschlag gemacht werden kann. (Posl. dr Schollich: Der wird auch nicht ernst genommen!) Trotzdem will man doch nicht untätig bleiben in diesem Hause und so sage ich: Wie wäre es denn, wenn irgendein Ministerium die Absicht hat, der gesetzgebenden Körperschaft einen Entwurf vorzulegen, wenn sie diesen Entwurf nicht zuerst den Ministerrat passieren ließe, das Kollegium der wirtschaftlichen Minister und dann das Kollegium der politischen Minister und die verschiedenen Unterausschüsse, sondern daß dieser Entwurf im Sinne des Präsidenten Masaryk: "Demokratie ist Diskussion" direkt vom Ministerium zur Vorbehandlung an dieses Haus gelangt, daß jede einzelne Gruppe, die diese Vorlage interessiert, ihre Stellung dazu nimmt und daß die Vorlage erst dann den Ministerrat passiert. Dadurch würde die Demokratie zum Ausdruck kommen und ich bin überzeugt, daß dadurch die weitere ordnungsmäßige Behandlung hier in diesem Hause abgekürzt würde und manche unnützen Worte erspart bleiben würden. Ich bin selbst überzeugt, daß in diesem Falle gesunde, für die gesamte Volkswirtschaft tragbare Kompromisse zustande kämen, die nicht ein politischer Kuhhandel sind, wie in den meisten Fällen. Wir leben in einer Zeit der Überpolitisierung. Es gilt nur die Partei, und von diesem Fanatismus wird nur in den seltensten Fällen abgegangen. Ich stehe auf dem Standpunkte und mit mir meine Partei, daß der Gedanke, den wir vor elf Jahren in die Welt gesetzt haben, für demokratische Grundlagen gut ist und wir sehen eine Gesundung des Parlamentes und die Möglichkeit von Kompromissen für die Volkswirtschaft nur in einem Ständeparlament und in der Ständebewegung. Dann werden die Völker dieses Staates, ob das deutsche oder das èechische oder ein anderes Volk, aufatmen, weil man sich mit volkswirtschaftlichen Fragen intensiver befassen wird. Jeder Einzelne weiß, er hat die Interessen seines Standes zu vertreten, er wird sie nicht zu 100 % durchdrücken, wie es heute noch manchmal der Fall ist, er wird sich mit 20, mit 30 % zufriedengeben müssen, er wird ein Kompromiß finden, das für die gesamte Volkswirtschaft und für alle Stände tragbar ist. Das Parteigezänke, das wir heute haben, würde bis zu 90 % bestimmt verschwinden. Der Parteiegoismus würde aufhören, man würde nicht mehr um die Seele des inzelnen Wählers draußen ringen. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Es gibt auch andere Ideale, und ich möchte heute einmal mein Ideal zum besten geben. Man hat nicht immer Gelegenheit dazu. Ich halte nicht viel davon, hier viel zu reden. Abg. Dr. Rosche hat hier einmal gesagt: Hochgeehrte leere Bänke! Das Interesse an einer Diskussion ist nicht sehr groß. Eines würde dann verschwinden, die heute so ausgebreitete Demagogie, sie würde nicht mehr jene Triumphe feiern wie heute, wo eine Partei durch ihre Blätter die andere herabsetzen läßt.