Nicht zuletzt hat der Staat selbst die zerrütteten Finanzverhältnisse der Gemeinden verschuldet. Nicht nur dadurch, daß er die Steuervorschreibungen viel zu spät hinausgab und daß er große und nicht immer berechtigte Steuerabschreibungen vorgenommen hat, ohne Rücksicht auf die damit verbundenen hohen Prozentsätze an Gemeindeumlagen zu nehmen, nein, der Staat hat durch eine ganze Reihe von Gesetzen Ausgaben der Gemeinden zwangsläufig herbeigeführt. Es ist dies kein Vorwurf, sondern lediglich die Feststellung der Tatsache, daß die Gemeinden zur Aufnahme von Schulden gezwungen worden sind, ohne daß sie diese Absicht gehabt hätten. Jedes Gesetz, das in diesem Hause beschlossen wird, greift in irgend einer Form in die Finanzwirtschaft der Gemeinden ein. Die Bauförderung, die man eine staatliche nennt, wird von geringerem Aufwand seitens des Staates begleitet, als es die Opfer sind, die die Gemeinden dafür zu bringen haben. Auch wenn man aus dem Kapitel "Fürsorge" jene Beträge streicht, die die Gemeinden heute dafür einsetzen, mit dem Hinweis darauf, daß es nicht die Aufgabe der Gemeinden ist, die Wohnungsfürsorge zu pflegen, auch dann müssen die Gemeinden hunderttausende von Kronen beim Bau von neuen Straßen, Wasserleitungen, Kanalisationen ausgeben, insbesondere dort, wo der Flachbau gegenüber dem Hochbau vorherrscht, was besonders in kleinen Gemeinden der Fall ist. Wird eine Staats und Bezirksstraße hergerichtet oder umgepflastert, bekommt der Bezirk aus dem Straßenfond große Unterstützungen. Wir haben in Fulnek eine derartige Straße um 1 Million Kè gebaut, die Gemeinde hat nur 50.000 Kè dazu geben müssen. Dann aber ergaben sich aus Nebenarbeiten, der Gehsteigherstellung u. s. w. Ausgaben von 450.000 Kè, und da erhielten wir nicht einen Heller Subvention, weder aus dem Straßenfond, noch vom Lande und Bezirke. Dann darf man sich über das Anwachsen der Gemeindeschulden nicht wundern.
Sie haben vor kurzem das Gesetz über die Weihnachtszulage der Staatsangestellten beschlossen. Es gibt noch heute hunderte von Gemeinden, wo eine derartige Weihnachtszulage nicht üblich war und nun sind die Gemeinden selbstverständlich gezwungen, ihren Gemeindeangestellten dieselbe Zulage in derselben Höhe zu geben, auch dort, wo nicht die Gleichstellung der Gemeindeangestellten und Staatsbeamten vorhanden ist. Aus Gerechtigkeitsgründen und Gründen der Not der Zeit müssen die Gemeinden die Ausgaben erhöhen, nicht zuletzt als Folge eines hier im Hau se beschlossenen Gesetzes. Wir haben ein Gesetz zur Unterstützung der überalteten, mit Beträgen, wo die Leute schwerlich verhungern, geschweige denn leben können. Gewiß gibt es heute schon viele Gemeinden, die höhere Unterstützungen zahlen. Die es nicht taten, zwingt man zu 10% bis 20%igen Beiträgen seitens der Gemeinden, ohne sie zu fra gen, ob auch die Mittel vorhanden sind, zu Beiträgen, die schon aus dem Grunde gegeben werden müssen, weil die staatliche Unterstützung viel zu gering ist, um den Ärmsten auch nur das Notdürftigste zu geben.
Es ist hier auch das sogenannte Schuldenproblem angeschnitten und besonders der Umstand begrüßt worden, daß jetzt nach dieser Novelle die Gemeinden viel leichter werden wieder Schulden machen können als bisher. Gewiß, ich habe sogar verlangt, daß man die Bestimmung dahin erweitert, daß man auch für die Erwerbung von Baugrund Darlehen aufnehmen kann. Ich gebe ohne weiters zu, daß es nicht möglich sein wird, die Schuldenwirtschaft auf einmal einzuschränken oder vollständig abzubauen. Die Gemeinden werden - eine gewisse Zeit noch ohne die Schuldenwirtschaft nicht auskommen. Wenn hier Koll. Kremser sagt, daß bereits heute viele Gemeinden 50% des Budgets für den Zinsen und Tilgungsdienst brauchen, so sage ich, da kennt er gerade die Verhältnisse in den kleinen Gemeinden nicht. Dort ist die Belastung eine noch weit höhere und es gibt Dutzende von Gemeinden, die mit 300% Gemeindeumlagen nicht mehr den Zinsen und Amortisationsdienst aufrechterhalten können. Es wäre natürlich notwendig, an die Lösung dieses Problems heranzugehen und der Finanzminister kündigt sehr oft an, daß man einmal an die Entschuldungsaktion für die Gemeinden gehen muß. Mir scheint darin eine gewisse Absicht zu liegen, um vielleicht die Gemeinden doch auf jenen Weg zu bringen der ihnen dann den Raub der letzten Rechte und der ganzen Selbstverwaltung bringen soll. Früher haben wir wochenlang den Gemeindevoranschlag beraten, wir haben um jede Post gerungen, uns um Einnahmen gekümmert. Heute aber hat den Gemeindevoranschlag ein Kanzleibeamte abgeschrieben, man hat ihn in manchen Positionen um 50% erhöht, weil man ja wußte, daß die Hälfte wieder gestrichen wird, man hatte eben nicht das geringste Interesse an einer sorgfältigen und verantwortungsvollen Zusammensetzung eines Gemeindevoranschlages. (Posl. inž. Jung: Vervielfältigung der Aufsicht erzieht zur Verantwortungslosigkeit!) Sie ist tatsächlich vorhanden. Früher waren die Gemeinden, sie mögen eine Wirtschaft wie immer gehabt haben, gezwungen, alle vier Jahre vor die Wähler hinzutreten und sie mußten sich verantworten und sie haben diese Verantwortung getragen. Heute können sie sich aber auf das Gesetz und gewisse Maßnahm en berufen und ausreden und sind bar einer jeden Verantwortung. Das Spiel mit den Worten, daß einmal das Schuldenproblem der Gemeinden gelöst werden wird, entweder in der Weise, daß der Staat einen Teil der Schulden übernimmt oder einen Teil des Tilgungsdienstes, oder in der Weise, daß der Staat eine Konvertierung, die natürlich sehr radikal sein müßte, vornehmen wird, verleitet heute - ich sage das als Gemeindevertreter - die Leute dazu, Schulden zu machen, um bei dieser Entschuldungsaktion möglichst günstig herauszusteigen oder Teilhaber an der Aktion zu werden. Das kann unter Umständen dazu führen, daß die Verschuldung der Gemeinden weitergeht, daß aber auch insbesondere die Regierung und der Finanzminister vielleicht zu jenen Vorschlägen veranlaßt werden, die uns den Raub der ganzen Selbstverwaltung bringen sollen.
Es ist hier auch davon gesprochen worden, daß ein einheitliches Gemeindeumlagenprozent der ideale Zustand wäre. Die sozialdemokratische Partei hat auf ihrer Gemeindevertretertagung über dieses Thema sehr intensiv gesprochen und hat die Annahme des sogenannten englischen Systcms empfohlen. Es sieht natürlich auch einen Fond vor und aus diesem Grunde allein würden wir nicht die Lösung des Problems in der Annahme des englischen Systems erblicken, weil in diesem Staate sich jede Fondswiw rtschaft gegen uns Deutsche ausgewirkt hat, und weil das, was England auf diesem Gebiete sich leisten kann, nicht so ohne weiters auf die èechoslovakischen Verhältnisse übertragbar ist. Wir werden uns aber auch gegen die vorgeschlagene Fondswirtschaft im englischen System deshalb wenden, weil ein einheitliches Gemeindeumlagenprozent in allen Gemeinden des Staates nach diesem Systeme dazu führen könnte, daß die Gemeindeumla ge, die in einer oder der anderen Gemeinde nicht aufgebraucht wird, in diesen gemeinsamen Fond zu fließen hätte. Aber so kollektivistisch denken die Menschen und auch die Gemeinden noch nicht, und jede Gemeinde würde trachten, ihre Ausgaben so zu steigern, damit sie nur ja nichts an den Dotationsfond abführen muß, und das würde ihr ja ohne weiters ge lingen. Wir sind auch für ein gleichmäßiges Umlagenprozent in allen Gemeinden des Staates, aber die Überschüsse in den Gemeinden, wo die Umlagen nicht völlig aufgebraucht würden, sollen unserer Ansicht nach nicht in den gemeinsamen Fond fließen, sie sollen unserer Ansicht nach in allererster Linie zum Abbau der unsozialen Gemeindeabgaben dienen, zur außerordentlichen Tilgung der in den betreffenden Gemeinden vorhandenen Schulden und erst wenn dies erzielt ist, kann ein niedrigerer Prozentsatz in den Gemeinden eingeführt werden. Das wäre der erste Schritt überhaupt für eine Entschuldungsaktion der Gemeinden und wenn diese Forderung unter Umständen manche Gemeinde veranlassen würde, mit ihren Ausgaben in die Höhe zu gehen, wel ihr eben fast alle sozialen Einrichtungen. Unterstützungen u. s. w. fehlen, dann hätte diese Forderung natürlich vollkommen ihren Zweck erfüllt.
Der Herr Finanzminister hat wiederholt erklärt, daß die erste Voraussetzung einer definitiven Regelung, einer Gemeindewirtschaft die Regelung der Lehrergehalte und die Regelung der Mieterschutzgesetzgebung sei. Das sind zwei Dinge, die zwar sehr enge mit einander zusammenhängen, aber durchaus nicht die alleinigen Voraussetzungen sind, sondern wir glauben, daß in erster Linie eine grundlegende Steuer und Verwaltungsreform vorauszugehen hätte, und daß vor allem der Aufgabenkreis zwischen Staat, Ländern, Bezirken und Gemeinden abgeändert und abgegrenzt werden müßte. Der Herr Finanzminister hat früher für die Wirtschaft der Gemeinden nichts übrig gehabt als Verdächtigungen und doch ist diese Gemeindewirtschaft diejenige gewesen, die jahrzehntelang die Trägerin eines Staaates war und im großen Kriege, wo die Wirtschaft des Staates und seiner Zentralen vollständig, versagt hat, hat die Gemeindewirtschaft die ganze Wirtschaft des Hinterlandes aufrecht erhalten müssen und auch dieser Staat hätte nicht entstehen können, wenn wir nicht die mustergültige Arbeit der Gemeinden in den Jahren 1914 bis 1918 gehabt hätten und wenn nicht die Gemeinden eine ganze Reihe von Einrichtungen, ich nenne vor allem die Spitäler, dem alten wie dem neuen Staat zur Verfügung gestellt hätten.
Ein wohlbestellter Dotationsfond sollte früher den Ausgleich schaffen zwischen den fehlenden Einnahmen und den großen Ausgaben. Der Dotationsfond war dazu niemals in der Lage und war auch nicht gewillt, einen vollkommenen Ausgleich zu schaffen, ganz abgesehen davon, daß ein Gemeindevoranschlag dadurch nicht gedeckt erscheint, daß man auf die eine Seite die Einnahmen stellt, auf die andere die Ausgaben und diese durch Abgaben deckt, durch die Gemeindeumlagen, und einfach die unbedeckten Abgänge vom Dotationsfond und jetzt von den Ländern anspricht. Das ist keine Bedeckung, sondern die Feststellung des Konkurses oder notwendigen Ausgleiches. Der Dotationsfond wird heute begraben, kein Gemeindefunktionär wird ihm eine Träne nachweinen, und wenn heute statt dieses einen Dotationsfondes zwei geschaffen werden - man wählt den ominösen Namen nicht mehr, weil er allzu stark im Kurse der Gemeinden gesunken ist - so glauben wir, daß an der Sache selbst nicht viel geändert und gebessert werden wird. Die katastrophale Lage, in der sich heute viele Gemeinden befinden, nicht allein infolge der ungeheuren Verschuldung, sondern auch dadurch, daß man ihnen auf einmal einen Großteil ihrer Einnahmen genommen hat und daßman alle Gemeinden auf einen Leisten spannen wollte. (Posl. Geyer: Wo bleiben die 10% Umsatzsteuer?) Ja, man hat den Gemeinden ohne Rücksicht auf ihren Schuldenstand, auf die Bevölkerungsziffer, auf ihren Besitz, auf ihre soziale Struktur einheitlich den Umlagenprozentsatz herabgesetzt, und zwar plötzlich und man hat ihnen auf der anderen Seite eine ganze Reihe wichtiger Einnahmsquellen, insbesondere den vom Koll. Geyer erwähnten 10%tigen Anteil an der Umsatz und Luxussteuer genommen, versuchen sie doch einmal die Wirtschaft und das Budget aller Staaten Europas plötzlich auf die Hälfte herabzusetzen, plötzlich diesen Staaten die Hälfte ihrer Einnahmen zu nehmen und ihnen zu sagen, sie mögen auch die Ausgaben in derselben Höhe weiter fortsetzen, dann würde die Wirtschaft eines solchen Staates genau so zusammenbrechen, genau so trostlos sein, wie die Wirtschaft und der Wirtschaftsstand in vielen Gemeinden und die Pleite würde hier offensichtlich werden.
Ich komme hier auf eine ganz interessante Sache zu sprechen. In den Zeitungen lesen wir, daß aus dem Straßenfond, der dazu da ist, den Bau von Staats und Bezirksstraßen zu unterstützen, der Staat sich 186 Millionen ausgeborgt hat, über dem Prozentsatz hinaus, der für Staatsstraßen zur Verfügung steht. Er hat dies damit begründet, daß die Bezirke, insbesondere die südböhmischen, die vorgenommenen Straßenbauten nicht in voller Höhe ausgeführt haben. Der Staat hat es natürlich sehr leicht, weil er insbesondere durch die Aufsichtsbehörden immer und immer wieder Streichungen an jedem Bezirksvoranschlag vornehmen lassen kann. Der Bezirk hat dann nicht die Möglichkeit, Straßen zu bauen. Aber hier entzieht der Staat 186 Millionen Kè einem ausdrücklich für Bezirksstraßen bestimmten Betrage und hat dann natürlich wieder nichts anderes übrig, als den Vorwurf der Schuldenwirtschaft. Er hat uns also nicht nur Einnahmsquellen versiegelt, Einnahmsquellen genommen, sondern geht noch daran, 186 Millionen, die den Bezirken zum Bau von Bezirksstraßen gehören, zu nehmen, ja, er kündigt sogar ein Gesetz an, das diesem Hause vorgelegt werden soll, damit dieses Ausborgen und Nichtzurückgeben noch gesetzlich sanktioniert wird. (Posl. Geyer: Er hat vorvoriges Jahr die 100%tige Dotation auf 75% und dann auf 63% erniedrigt und ist die 37% noch schuldig geblieben!) Das ist die logische Fortsetzung der bereits im Vorjahr geübten Praxis.
Eine neue Ausbeutung der Gemeinden erfolgt jetzt durch die Boden-, bzw. Forstreform. Wir bekommen Nachrichten, daß dort, wo der Staat die Wälder erworben hat, er jetzt daran geht, von den Gemeinden, die dort ihr Quellwasser für ihre Wasserleitungen nehmen, bis 10.000 Kè Abgabe für den Sekundenliter zu verlangen. Das ist eine ungeheuere Ausbeutung der Not der Gemeinden, eine Ausbeutung, wie sie in diesem Maße im Privatleben längst vor das Wuchergericht gehören würde. Eine Ausbeutung, die schon deshalb auf das Schärfste zu kritisieren ist, weil der Staat bei der Erwerbung der Forste nicht nur den Preis mit allen Mitteln herabgedrückt, sondern für die Quellen bestimmt nicht einen Heller gezahlt hat. In meiner Gemeinde würde diese Abgabe allein ungefähr 440.000 Kè ausmachen gegen 40.000 Kè, die wir tatsächlich gegeben haben. Wenn hier der Staat zu der Not der Gemeinden beiträgt, indem er ihre Aufgaben erhöht, dann darf er nicht darüber staunen, daß die Lage immer schwieriger wird, und daß wir auch von dieser Novelle keine größere Erleichterung erwarten.
Wir haben auch den Antrag eingebracht,
daß die Gemeinden endlich nicht nur das Recht bekommen, daß ihnen
der Anteil an Gemeindeumlagen allmonatlich zugewiesen wird, gleich
den Steuerabgaben, sondern daß sie auch unter allen Umständen
das Recht bekommen müssen, die Verrechnungen seitens der Steuerämter
zu überprüfen. Wir glauben zu dieser Forderung schon deshalb berechtigt
zu sein, weil bei jeder Anfrage beim Steueramt, was man noch an
Umlagen für die Gemeinde zu erhalten hat, jedesmal eine andere
Ziffer genannt wird und wenn man überhaupt eine Antwort bekommt,
so ist daran nur das eine richtig, daß sie nicht stimmt. Es handelt
sich ja hier nicht um Dotationen und nicht um Geschenke, sondern
es handelt sich um unser Geld und wir müssen doch das Recht haben
zu überprüfen, ob dieses Geld uns in voller Höhe und rechtzeitig
zugewiesen wird. Wir sind zu dieser Forderung auch deshalb berechtigt,
weil wir dies bei jeder Gemeinde nachweisen können, und ich habe
bereits im Budgetausschuß darauf hingewiesen,
daß wir dabei nicht in die Ferne schweifen brauchen, sondern auch
an Prag ein Beispiel haben. Es hat der Herr Generalsekretär Hlaváè,
der Sekretär des Städteverbandes, nachgewiesen, daß die Stadt
Prag bei der Steuerverwaltung angefragt hat, was sie an Umlagen
zu erhalten hat. Sie bekam die Mitteilung, daß 48 Millionen Kè
mehr ausgezahlt wurden. Dann erhielt sie die Mitteilung, daß es
sich nur um ein Zehntel dieser Summe handelt, und in einem anderen
Fall wurde ihr mitgeteilt, daß ein Abgang von einer Million Kè
vorhanden ist, die sich aber binnen 6 Tagen auf 100.000 Kè reduziert
hat. Es herrscht also das Gefühl der Unsicherheit. Die Steuerbehörden
dürfen keine Ursache haben, diese Überprüfung zu scheuen und müssen
sie unter allen Umständen zulassen. (Posl. Geyer: Sie
sind ja nur die Treu händer!) Sehr richtig, es handelt sich
um unser Geld. Koll. Kremser hat vorhin schon auf die ungeheure
Belastung der Mietzinse bis zur. Wahnsinnshöhe von 40 % hingewiesen.
Der Staat hat nicht nur die Kommunalsteuern abgebaut, soziale
Fürsorge gemimt auf Kosten der Gemeinden, weil ja heute auch die
Gemeinden auf die Umlagen verzichten müssen, die auf diese Mietzinssteuer
fallen, sondern er hat gleichzeitig oft zwangsweise verfügt die
Einhebung der den Mietzins belastenden Abgaben bis zur Wahnsinnshöhe
von 40%. Wir haben heute die Tatsache zu verzeichnen, daß Arbeiter
mit dem gleichen Einkommen und der gleich großen Wohnung in dem
einen Falle einen Betrag von 80 Kè, in dem anderen Falle 800 Kè
zahlen müssen. Derart ungerecht ist die Belastung aus diesen Zwangsmaßnahmen.
Man hat die Herabsetzung der Gemeindeumlagen meist damit begründet, daß der Industrie geholfen werden soll, daß ihre Exportfähigkeit nicht geschädigt wird. Es scheint uns aber, daß dieser einzige Zweck der Gemeindefinanzreform, die Lasten der Industrie zu lindern, um ihre Konkurrenzfähigkeit zu erhalten, nicht erfüllt wurde. Uns dünkt, daß der Umlagen wegen kein Betrieb stillgelegt wurde. Wir wissen nur, daß im Zeitalter des Gemeindefinanzgesetzes nicht nur eine Fabrik nach der anderen stehen bleibt, sondern, daß alle Umlagen diese Katastrophe weder aufzuhalten, noch zu mildern vermochten. Es drükken also nicht die Gemeindeumlagen so sehr auf die Wirtschaft, daß sie zusammenbricht, die Ursachen scheinen wo anders zu liegen. Der Herr Finanzminister würde sich um den Staat und um die Wirtschaft große Verdienste erwerben, wenn er ein ähnliches Gesetz wie für die Gemeinden auch für die Wirtschaft des Staates herausgeben würde, ein Gesetz, das die Ausgaben dieses Staates in gleichem Maße drosselt, wie die Ausgaben der Gemeinden. Wir könnten ihn für diese ministrablen Dotationsfonde auch einige Einnahmsquellen nennen. Jedenfalls könnte der Herr Minister Viškovský in seiner früheren Eigenschaft als Diktator des Bodenamtes und in seiner jetzigen Eigenschaft als Kriegsminister sehr große Beträge dafür aufbringen. Die klare Tendenz des letzten Gesetzes war, wie schon in diesem Hause erwähnt wurde, den Besitz zu entlasten, und die Arbeit immer mehr und mehr zu belasten. (Souhlas.) Wir können heute feststellen, daß es nicht gelungen ist, die Einnahmen der Gemeinden zu erhöhen, daß es nicht gelungen ist, die Ausgaben der Gemeinden herabzusetzen, daß es nicht gelungen ist, die Schuldenwirtschaft der Gemeinden einzudämmen, ja daß gerade das letzte Gesetz dazu benützt wurde, die Schuldenwirtschaft der Gemeinden zu fördern, das Schuldenmachen zur Pflicht zu machen. Die wahnsinnigsten Verfügungen wurden hinausgegeben. Wir betreiben doch überhaupt Schuldenwirtschaft in einer Weise, daß wir heute von der Existenz unserer Kinder leben. Die nächste Generation wird überhaupt nicht mehr wirtschaften können. Heute liegen die Dinge so, daß ein Darlehen, das für eine Straße auf 10 oder 15 Jahre aufgenommen wurde, auf 30 oder 40 Jahre aufgenommen werden muß, so daß die Straße bis zur Tilgung dreimal erneuert werden muß und die dreifache Verschuldung platzgreift. Wir hatten in einer Gemeinde folgende Verfügung: Nachdem wir lauter Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit hatten, hat die Aufsichtsbehörde verlangt, daß wir Darlehen mit 30 und 40 jähriger Laufzeit daraus machen sollen. Ganz abgesehen davon, daß die Laufzeit eines Darlehens letzten Endes doch vom Kreditgeber abhängt, lehnen wir eine derartige Wirtschaft ab. Die erhöhte Tilgungsquote muß auf diese Weise durch neue Darlehen gedeckt werden, der Tilgungsdienst muß durch ein zweites Darlehen bezahlt werden, ganz abgesehen davon, daß für eine derartige wahnsinnige Forderung ein anständiges Kreditinstitut nicht zu haben ist. Auch nach dem früheren Gesetz hatten die Aufsichtsbehörden ein gewisses Anrecht, über die Gemeindewirtschaft ein Aufsichtsrecht auszuüben. Das Märchen von der Verantwortungslosigkeit der sozialistischen Parteien muß endlich einmal verstummen, da man ja auch im Parlament auf deren Mitarbeit nicht verzichten kann. Besitz verpflichtet, Führung stärkt das Verantwortungsgefühl und dieses Gefühl ertötet sowohl das alte Gesetz als auch die heutige Novelle. Sie soll ersetzt werden durch Furcht vor der Strafe und durch möglichste Hochhängung des Brotkorbes der zuständigen Landesbehörde.
Die heutige Novelle bringt uns zweifellos auf verschiedenen Gebieten gewisse Erleichterungen. Das soll ohne weiteres anerkannt werden. Sie bringt uns Erleichterungen nicht nur auf dem Gebiete der Schuldenwirtschaft, und es ist nur eine Frage, ob sich dies einst zum Segen der Gemeinden auswirken wird. Aber auch gewisse Garantien von Subventionen, Unterstützungen für Arbeiten, die bisher nicht subventioniert wurden, bringen eine gewisse Erleichterung in der Richtung, daß der Rotstift des Zensors nicht ohne weiters in allen Kapiteln wüten kann, daß hier die Gemeinde denn doch nocht etwas mitzureden hat. Wie aber die Landesbehörde, die Bezirks und die Landesvertretung es zustande bringen werden, ein allgemein gültiges Regulativ für die Gemeindewirtschaft und für die Verfassung der Gemeindevoranschläge herauszugeben, weiß ich nicht, und ich hoffe daß sachkundige Landesvertreter dem Werke den Stempel ihrer Arbeit aufdrücken werden und dieses Werk nicht der Bürokratie überlassen. Wie würden sich aber die Dinge entwickeln, wenn in Böhmen, Mähren und in der Slovakei die Landesvertretungen verschiedene Regulative nicht nur für die Gemeindevoranschläge sondern auch für die zu erhaltenden Unterstützungen herausgeben würden?
Die Begrenzung der Gemeindeumlagen, die mit der Steuerreform motiviert wurde, hat uns vor allem den Entzug des 10% igen Anteils an der Umsatz und Luxussteuer gebracht. In dieser Novelle wird das starre Prinzip durchbrochen, direkte Zuweisungen den Gemeinden nicht zu geben, indem die Landeshauptstädte, wenn auch nur durch einen bescheidenen Betrag, direkt aus diesen Mitteln unterstützt werden. Wir erheben natürlich auch bei dieser Gelegenheit wieder die Forderung der direkten Zuweisung des Anteils an der Umsatz und Luxussteuer an die Gemeinde, weil es weder notwendig noch gut ist, daß ein Umweg über die Landesbehörden eingeschlagen wird. Dehnbar bleibt auch der Begriff, daß auch nach der neuen Novelle geeignete Abgaben und Gebühren einzuführen sind. Wir quittieren dankbar, daß die Novelle nicht davon spricht, daß unter Umständen alle Gebühren und daß sie bis zum höchsten Satze eingeführt werden müssen. Das ist unbedingt eine Erleichterung gegenüber früher. Wenn die Unterstützung der Gemeinden bei Erfüllung außerordentlicher Ausgaben auch nicht erschöpfend nominativ aufgezählt wird, ist die Tatsache, daß der Bau von Wegen, Gemeindestraßen usw. mit in den Unterstützungskreis einbezogen wird, eine Erleichterung.
Was die Vorlage der Voranschläge und deren Bedeckung anlangt, ist eine Erleichterung in dem Sinne erzielt worden, daß bestimmte Verfallsfristen nicht genannt wurden, was von meinem Vorredner ziemlich ausführlich erörtert worden ist. Nicht begründet ist die Differenzierung der Bewilligung der Voranschläge. Wir sehen nicht ein, warum eine große Anzahl von Voranschlägen, die bisher der Bezirk bewilligt hat, nunmehr bis an das Land gehen müssen. Das ist eine Verschlechterung des bisherigen Zustandes, vor allem auch deshalb, weil die Landesbehörde den Voranschlag nach diesen Bestimmungen auch prüfen wird, wo Ansprüche auf Zuwendungen aus Landesmitteln gestellt werden, und es kann das Recht der Überprüfung nur den Zweck haben, dort noch gewisse Streichungen oder Änderungen an einzelnen Positionen vorzunehmen.
Als einen der größten Rückschritte betrachten wir die Bestimmung über den Ortsschulrat, bezw. über den Voranschlag desselben, u. zw. vor allem deshalb, weil man eine grundsätzliche Änderung des heutigen Zustandes in entgegengesetzter Richtung anzustreben hätte. Wer die Freiheit der Schule will - und wir glauben, daß der Kampf um die Selbstverwaltung in allererster Linie auf dem Schulgebiet erfolgt und geführt werden muß, wo die Selbstverwaltung von einem früheren Schulminister bereits angekündigt wurde, wenn auch der Herr Minister Dr. Dérer dafür kein Wort findet, - darf einer weiteren Beschränkung der wenigen Freiheiten des Ortsschulrates nicht das Wort reden. Die Bestimmung ist deshalb schon für uns nicht annehmbar, weil entscheidend für den Einspruchdes Ortsschulrates nicht der Bezirksschulrat, sondern der Bezirksausschuß ist.
Wir fühlen uns einig in dieser Forderung mit allen Lehrerorganisationen des Landes und hoffen, daß eine Änderung möglichst bald erfolgt oder daß heute der diesbezügliche Antrag angenommen wird. Mehr als ein Schönheitsfehler des Gesetzes und der Novelle ist es, daß der anzustrebende Zustand einer gleichmäßigen Belastung, wenigstens bei den Gemeindeumlagen, in allen Gemeinden der Rep ublik nicht erreicht und auch nicht angestrebt wird. Ich habe darüber im Zusammenhange mit den Ausführungen meines Vorredners gesprochen, auch darüber, wie wir uns zu dem Vorschlag der Einführung des englischen Systems stellen. Jede Novelle, die die Finanzhoheit der Gemeinden herstellen und sie nicht dauernd beschränken will, muß ihnen nicht nur die alten Einnahmen belassen, sondern einen gerechten Steuerausgleich zwischen dem Staat und den Selbstverwaltungskörpern schaffen. Dies wiederum ist nur möglich, wenn der Aufgabenkreis endlich abgegrenzt wird. Direkte Zuweisung des Anteiles an der Umsatzsteuer, volle Zuweisung der Lustbarkeitssteuer und Wertzuwachsabgabe, Ausschaltung des Schulvoranschlages aus der Gemeindewirtschaft, Erhöhung aller Staatssubventionen auf mindestens 35 %, Gewährung von Sanierungsdarlehen, Aufhebung der Mietzinsumlagen und Zuweisung eines 20 % tigen Anteiles von der Einkommensteuer direkt an die Gemeinden sind nebst den bereits früher gestellten Anträgen das Mindestmaß an Wünschen, die wir im Interesse der Ge meinden und ihrer schaffenden Menschen vorzubringen haben.
"Das Gesetz zur Regelung der Finanzen der Selbstverwaltungskörper war eine Zerstörung der Gemeindewirtschaft und Gemeindeautonomie. Die antisoziale Wirksamkeit des Bürgerblocks traf nicht nur die Sozialpolitik, sondern auch die Autonomie an der empfindlichsten Stelle. Es hat der Bevölkerung nicht nur schweren materiellen Schaden zugefügt, sondern auch der Demokratie ein Stück ihres lebendigen Inhaltes geraubt."
Diese Worte aus dem Leitartikel des "Sozialdemokrat" unterschreiben wir. Nicht aber die Folgerungen, die er daraus für die vorliegende Novelle ableitet, denn wir stellen ausdrücklich fest, daß das Zentralisierungssystem in konsequenter Weise auch in dieser Novelle fortgesetzt wird. Wenn wir auch einen gewissen Fortschri tt und die Einführung einiger Erleichterungen wahrnehmen können, so ist auch der vorliegende Gesetzesentwurf nicht frei von Schwerfälligkeiten und unklaren Bestimmungen.
Vollkommen unberücksichtigt blieb die berechtigte Forderung nach der Wiede rherstellung der Gemeindefinanzhoheit und damit der Möglichkeit geordneter Selbstverwaltung.
Auf dieser Forderung unverrückbar
stehend trotz aller wechselnden Majoritäten im Regierungslager
werden wir den Kampf für die freie Gemeinde weiter fortführen,
trotz der Erkenntnis, daß ein Teil der früheren Streiter für diese
heute auf der anderen Seite steht; denn wer die Selbstverwaltung
unserer Heimat und ihrer Menschen will, muß die Freiheit der Gemeinden
wollen. (Potlesk.)
Hohes Haus! In Zeiten wirtschaftlicher Not werden diesem Hause neue Vorlagen finanzieller Natur zur Verhandlung und Beschlußfassung vorgelegt. Es klingt fast wie ein Märchen, wenn man in so schweren Zeiten der wirtschaftlichen Depression darangeht, neue Finanzgesetze zu schaffen, neue Steuern aufzuerlegen, die nicht eine Verbilligung, sondern auf jeden Fall eine Preiserhöhung nach sich ziehen müssen. Insbesondere muß sich dies bei der Erzeugung industrieller und gewerblicher Produkte auswirken. Nicht nur diese drei, heute hier verhandelten Vorlagen waren geplant, sondern man dachte auch daran, die allgemeine Erwerbsteuer und die Umsatzsteuer zu erhöhen. Dank dem rechtzeitigen Eingreifen und dem Aufschrei jener Schichten der Bevölkerung, welche die Steuerträger für diese Steuern sind, haben zur rechten Zeit die maß gebenden Mitglieder in der Regierung und Koalition ihren Einspruch dagegen erhoben, so daß von einer solchen Erhöhung und neuerlichen Belastung Abstand genommen wurde. Es bleibt nur mehr eine Erhöhung der besonderen Erwerbsteuer, eine Erhöhung der Biersteuer, sowie eine Erhöhung des Umlagenlimits für die Selbstverwaltungskörper.