Bei dieser Gelegenheit muß auch gegen die Art der Gesetzesmacherei, wie sie hierzulande üblich ist, in schärfster Weise Stellung genommen werden. Die vorliegende Gesetzesvorlage ist eine Novelle zum Gesetz über die Gemeindefinanzen. Trotzdem sind auch Bestimmungen darin enthalten, welche die Kompetenzen ändern und daher andere Materien betreffen, und zwar das Gesetz über die politische Verwaltung und das Gesetz über die Organisation des Schulwesens. Eine solche Gelegenheitsgesetzmacherei ist im höchsten Grade ungesund und verwerflich und geeignet, das Rechtsbewußtsein in der Bevölkerung noch weiter zu untergraben. Die Novelle wird allerdings ausdrücklich als eine übergangsweise Regelung bezeichnet und will der definitiven, grundlegenden Neuordnung nicht vorgreifen. Wann diese erfolgen wird, kann heute wohl noch niemand mit Bestimmtheit sagen; doch halte ich dafür, daß dies eher der Fall sein wird, als wir glauben, weil sich auch die vorliegende Novelle als unbrauchbar erweisen wird.
Unsere Forderungen für diese Neuordnung ergeben sich aus dem bisher Gesagten zwangsläufig. Wir bekämpfen grundsätzlich jede Begrenzung der Gemeindeumlagen, weil wir eine politische Bevormundung durch staatliche Aufsichtsbehörden - ablehnen und auf dem Standpunkte der vollständigen Gemeindefreiheit und Selbstverwaltung stehen. Ebenso lehnen wir die in der Èechoslovakei zur höchsten Blüte gelangte Fondswirtschaft ab, weil eine Kontrolle der Fondsverwaltung und vor allem auch der Zuweisungen aus diesen Fonds nicht möglich ist und diese Fonds vor allem zur Befriedigung èechischer Bedürfnisse dienen, wie der sogenannte Ausgleichsfond wieder zur Genüge bewiesen hat. Wir verlangen weiters, daß den Selbstverwaltungskörpern neue Einnahmen zugewiesen und ein Teil der staatlichen Steuern dienstbar gemacht werde. Eine gerechte Steueraufteilung zwischen Staat und Selbstverwaltung ist unerläßlich. Große Städte sind auch aus dem Bezirksverbande loszulösen und direkt dem Lande zu unterstellen, weil nachweisbar die Bezirksvertretungen infolge ihrer Zusammensetzung vielfach für die Städte selbst die geringsten Aufwendungen vornehmen. Durch Zuweisung der Bezirksumlage an die landesunmittelbaren Städte wären diese ohne Umlagenerhöhung in die Lage versetzt, den gesteigerten Ansprüchen der Zeit und der Bevölkerung besser entsprechen zu können. Wir verlangen schließlich die freie sich selbstbestimmende Gemeinde mit freiem Voranschlagsrecht, weil die freie Gemeinde die Grundlage und die Keimzelle unserer angestrebten Selbstverwaltung ist.
Da alle diese Forderungen, zu denen sich ehedem auch die früheren und auch die jetzigen deutschen Regierungsparteien, besonders aber die deutschen Sozialdemokraten bekannten, auch in der vorliegenden Novelle nicht berücksichtigt wurden, eine grundlegende Änderung und wesentliche Besserung nicht eingetreten ist, lehnen wir die Gesetzesvorlage ab und werden den Kampf um die Finanzhoheit und damit um die Freiheit der Gemeinden gegen die versuchte Verstaatlichung der Selbstverwaltung im Interesse unseres Volkes und seiner Zukunftsentwicklung weiterführen bis zum siegreichen Ende.
Ebenso lehnen wir - was ich nur ganz kurz streife - die neuen Steuervorlagen, wie ich bereits am 24. Oktober hier im Hause anläßlich der Wirtschaftsdebatte eingehend ausgeführt habe, mit aller Entschiedenheit ab und verweisen neuerdings darauf, daß die gegenwärtige Wirtschaftslage eine so weitgehende Steuerbelastung nicht verträgt, vielmehr zur Belebung des In und Auslandmarktes und zur Hebung der Kaufkraft eine namhafte Steuersenkung durch Sparsamkeit im Staatshaushalte und durch Heranziehung der stillen Reserven gebieterisch fordert. Ich verweise darauf, daß die gegenwärtige Wirtschaftslage eine so weit gehende Steuerbelastung nicht verträgt, vielmehr gerade zur Belebung des Inlands und Auslandsmarktes, zur Hebung der Kaufkraft eine namhafte Steuersenkung notwendig wäre, die allerdings nur eintreten könnte einerseits durch Ersparungen im Staatshaushalte, andererseits durch Heranziehung der stillen Reserven.
Die Nationalpartei hat im Sinne ihres Programms zum Schutze der erwerbenden Stände in den letzten Wochen eine Steuerprotestsammlung in den deutschen Gebieten durchgeführt und trotz Kürze der Zeit hier in den Protesten, die ich mir vorzulegen erlaube, rund 150.000 Unterschriften gesammelt, die aus allen Kreisen, aus Angehörigen aller Parteien stammen, weil in dieser Forderung nach Steuersenkung alle deutschen Steuerzahler und übrigens auch die èechischen Steuerzahler einig sind. Diese Unterschriftensammlung sollte ein Mene Tekel für die Regierungsparteien, für den Herren Finanzminister, für die Staatsverwaltung sein, in der Zeit schwerster Krise ihre Forderungen nach neuen Steuern fallen zu lassen, soll ein Mahnruf in letzter Minute sein, vielleicht doch einen anderen Weg zu finden, um die drohenden Steuern zu vermeiden. Von Regierungsseite, insbesondere seitens der deutschen Sozialdemokraten wird zwar immer behauptet, daß die neuen Steuern keine wesentliche Belastung der Bevölkerung bringen, das sozialdemokratische Organ hat sogar zu schreiben gewagt, daß diese Steuerprotestaktion seitens der Nationalpartei nur durchgeführt wurde im Interesse der Kapitalisten, der Fabrikanten u. dgl. Unsinn mehr. Wir aber wissen, was alles beabsichtigt wird, auch die Erhöhung der Fahrkartensteuer, der Post und Telegraphengebühren, Zolleinnahmen u. s. w. und wissen, daß alle diese Steuern sich letzten Endes immer auf Kosten des Konsums auswirken werden, besonders die Biersteuer. Wir wissen, daß die Produktion dadurch verteuert wird, wissen, daß deshalb die breiten Kreise der Bevölkerung an jeder Steuererhöhung ein lebhaftes Interesse haben und deshalb müssen wir rechtzeitig die Stimme dagegen erheben. Wir weisen eine solche Zumutung, wie sie in der sozialdemokratischen Zeitung vermerkt war, mit tiefster Entrüstung zurück und ich glaube, im Sinne der gesamten Bevölkerung gehandelt zu haben, wenn wir den Widerstand gegen eine neue Steuerbelastung aufgerufen haben. Ich erlaube mir, dieses ganze umfangreiche Paket, das durch die 150.000 Unterschriften gekennzeichnet ist, auf den Tisch des Hohen Hauses niederzulegen und bitte die Regierung, nicht achtlos daran vorüberzugehen, sondern im letzten Augenblick eine Änderung der Haltung vorzunehmen. Die deutsche Bevölkerung wird die Haltung der deutschen Regierungsparteien wahrscheinlich nach ihrem Verhalten zu diesen Vorlagen einschätzen und wir haben mit Vergnügen verzeichnet, daß die deutsche Arbeits und Wirtschaftsgemeinschaft in ihrer letzten Äußerung sich gegen jede neue steuerliche Belastung ausgesprochen hat. Wenn dies auch von Seiten des Bundes der Landwirte und der deutschen Sozialdemokraten geschieht, dann wird eine Mehrheit für diese Gesetze wahrscheinlich kaum zu finden sein, zumal der Widerstand dagegen auch auf èechischer Seite außerordentlich groß ist.
Aus diesen Gründen lehnen wir
die Steuervorlagen aber auch die Novelle zum Gemeindewirtschaftsgesetz
ab. (Potlesk.)
Hohes Haus! Zum drittenmal innerhalb 10 Jahren beschäftigt sich das Parlament mit den Finanzen der Selbstverwaltungskörper. Diese Vorlage wird noch lange nicht die letzte sein, ja ihr Wesen ist derart, daß zu vermuten ist, daß diese Novelle zur ehemaligen Novelle bald von einer neuen Novelle wird abgelöst werden müssen. Die uns vorliegende Novelle bedeutet keineswegs die endgiltige Lösung der Finanzverhältnisse der Selbstverwaltungskörper. Auch diese Novelle ist ein Experiment, so wie es die Novelle von 1927 war, nur daß es diesmal nicht ein Experiment zugunsten, sondern zu Ungunsten der Steuerträger ist. Die Lage der Gemeinden in der Nachkriegszeit wurde nach kurzer Dauer der neue Gemeindeverwaltungsgesetze überaus kritisch. Einerseits die zugewachsenen Aufgaben, andererseits der große Stillstand in der kommunalen Tätigkeit während des Krieges, nicht zumindest die überaus sparsame Wirtschaft der Gemeindeverwaltungen der Vorkriegszeit erforderten ein derartiges Übermaß von Ausgaben, daß das Chaos über die Gemeindeverwaltungen bald hereinbrach. Dem suchte das Gesetz Nr. 329/1921 und das Gesetz Nr. 334/1921 zu steueren, u. zw. in erster Linie durch die Erschließung neuer Steuerquellen. Die Gemeinden wurden mit einer Unmaße neuer Steuern bedacht, die allerdings vielfach derart waren, daß die Einhebungskosten kaum den Ertrag deckten. Die maßgebende Änderung in den Gemeinde finanzen trat ein durch das Gesetz 334/1921, das den Gemeinden erhöhte Zuweisungen aus Staatssteuern brachte, vor allem den Anteil an der Umsatzsteuer von 5 resp. 10%. Trotzdem kamen die Gemeindefinanzen zu keiner Gesundung und die allmähliche Entwicklung nahm einen geradezu beängstigenden Verlauf. Trotz erhöhter Zuweisungen stiegen die Umlagen zu einer ganz beängstigenden Höhe und die Schulden der Gemeinden nahmen ungemein zu. So hatten wir vor 1927 Umlagenhöhen von 1.800, ja auch bis 3.000%, ja in gewissen Bezirken war eine Umlagenhöhe von 1.000% eine Selbstverständlichkeit. Überdies stieg die Verschuldung der Gemeinden im Jahre um rund 1 Milliarde Kè. Es ist selbstverständlich, daß unter diesem Umlagenwahnsinn die Steuerträger ungemein litten, mancherorts wurde dadurch das Gewerbe geradezu erschlagen, da hauptsächlich das Kleingewerbe dadurch betroffen wurde. Die Großsteuerträger wußten durch verschiedene Mittel, es leicht durchzusetzen, daß ihnen namhafte Steuerabschreibungen gewährt wurden und das war vielleicht die Ursache des immer mehr zunehmenden Chaos, daß keine Gemeinde mehr mit Sicherheit budgetieren konnte, da die von den Steuerverwaltungen ihnen bekannt gegebene Umlagenbasis schon in den nächsten Tagen durch namhafte Abschreibungen wieder überholt war. Während namentlich den Großindustriellen auch das Druckmittel der Arbeiterschaft, der Einspruch der Gewerkschaften, die Drohung mit Stillegung der Betriebe zur Verfügung stand, um Steuerabschreibungen zu erhalten, verfügte der kleine Gewerbetreibende nicht über derartige Mittel und so wurde er das Opfer des Umlagenwahnsinns, da die Nichteinbringlichkeit der großen Umlagen bei den Großsteuerträgern immer zu weiteren Umlagenerhöhungen trieb, die den kleinen Mann auf das schwerste trafen und bedrückten. Schuld daran war auch der Umstand, daß vom Aufsichtsrecht die einzelnen Organe sehr wenig Gebrauch machen.
So wurde der Ruf immer lauter, mit dieser Gemeindefinanzwirtschaft ein Ende zu machen und eine gewisse Stabilisierung einzuführen. Der Erfolg dieser Beschwerden und das Ergebnis dieser unhaltbaren Zustände war das Gesetz vom Juni 1927, Nr. 77, das der Finanzminister als einen untrennbaren Bestandteil des Steuergesetzes bezeichnete, indem er darauf hinwies, daß jedes Steuergesetz zwecklos und die Herabsetzung der direkten Steuern um 500 Millionen vollständig illusorisch wären, würde man nicht auch gleichzeitig den Selbstverwaltungskörpern die Möglichkeit nehmen, diese Steuerherabsetzungen nun ihrerseits zur Gänze auszuschöpfen oder sogar durch weitere Erhöhungen noch zu überbieten. Wir haben diesem Gesetze im Jahre 1927 vor allem deswegen zugestimmt, da uns vom Finanzministerium die bindende Zusage gemacht wurde, daß dieses Gesetz als ein Provisorium betrachtet werde und da wir auch andererseits den Unterlagen des Finanzministeriums, denen wir keine anderen entgegenzusetzen hatten, Glauben schenken mußten, vor allem der Beteuerung des Finanzministers, daß er in der Lage sei, mit dem Ausgleichsfonde alle Ansprüche der Gemeinden zu bestreiten und vollständig zu besorgen.
Kaum ein Jahr der Gültigkeit des Gesetzes erwies schon seine Unhaltbarkeit. Wir haben nicht ermangelt, dem Finanzminister in der eindringlichsten Weise von der Unhaltbarkeit des Gesetzes zu überzeugen. Leider blieb unser Warnungsruf ungehört, so daß das Provisorium drei volle Jahre gedauert hat, bis zu einem Zeitpunkte, da wir vor der Finanzkatastrophe der meisten Gemeinden nunmehr stehen. Man hätte glauben müssen, daß die Erfahrungen dieser drei Jahre sich in dem neuen Gesetze auswirken würden. Das ist leider nicht der Fall, von den Erfahrungen sehen wir sehr wenig. Das Gesetz greift zu einem ganz einfachen Mittel. 1927 wurde den Gemeinden ein Teil ihrer Einnahmen dadurch genommen, daß der Anteil an der Umsatzsteuer, die das Rückgrat der Gemeindefinanzgebahrung vielfach bildete, ihnen entzogen und dem Ausgleichsfonde zugewiesen wurde. Dafür wurde den Gemeinden eine Menge von neuen Steuern aufdiktiert, die nicht so wegen ihrer Wirtschaftlichkeit Bedeutung haben, sondern vielmehr eine Sekatur der Bevölkerung darstellten, vielfach geradezu die Lächerlichkeit herausforderten. Ich erinnere an das berühmte Kiebitz-Steuergesetz, das Kartensteuergesetz, das wirklich zu einer schweren Sekatur der Bevölkerung geworden ist, von dessen Bestand aber immer die Zuweisungen aus dem Ausgleichsfond abhängig gemacht worden sind. Die Steuernovelle denkt aber nicht daran, den Gemeinden früheren Besitz wieder zu geben oder eventuell diese kleinlichen, quälenden Steuervorschreibungen abzubauen, sondern fügt zu den bestehenden Steuern einfach neue Steuern hinzu, in einer ganz einfachen Weise. Die Sanierung der Selbstverwaltungskörper wird auf dem Rücken der Steuerträger durch die Erhöhung der Gemeindeumlagen gemacht und nichts weiter.
Die Gemeindeumlagen können um 150% erhöht werden, die Bezirksumlagen um 40%, so daß wir allgemein eine Umlagenerhöhung von 190% haben. Diese Steuererhöhung ist in der jetzigen Zeit ein ungemein schwerer Eingriff in das Wirtschaftsleben, ist ein Attentat auf die Wirtschaft, weil ja jetzt der Zug der ganzen Wirtschaft durch das Wort "Abbau" gekennzeichnet wird. Schlagwort und Forderung der Wirtschaft, aller Finanzkörperschaften, auch des Herrn Finanzministers Engliš ist die Durchführung des Preisabbaues bis zur Verbilligung der allgemeinen Lebenshaltung und damit zur Verbilligung der Produktionskosten. In diesen nunmehr in Fluß befindlichen Prozeß greift dieses neue Gesetz störend ein, da es tatsächlich die Produktionskosten vielfach erhöht, Industrie und Handel neu belastet und weil allen jenen Körperschaften, an die mit Druck herangetreten wird, den Preisabbau durchzuführen, z. B. dem Eisenkartell und den anderen Kartellen die berechtigte Ausrede gegeben wird, nunmehr von einer Preisabbauaktion abzusehen. So werden auch die Unternehmungen des in den Zeitungen auf einmal so rührig gewordenen Ernährungsministeriums oder Verbrauchsministeriums wie es sich nennen will, scheitern, weil dieselbe sozialistische Partei, die die große Verbilligung durchführen möchte, durch ihre neuen Gesetze zur Verteuerung der gesamten Produktion, des Handels und Verkehrs beiträgt und all denen, gründliche und durch schlagende Ablehnungsgründe in die Hand gibt, gegen welche die Öffentlichkeit die Forderung auf Preisherabsetzung erhebt.
Nach den großen Versprechungen, nach den Fanfaren und Vorschußlorbeeren, die die sozialistischen Zeitungen auf dieses Gesetz im Voraus ausgeteilt haben, hatten wir mehr erwartet, als daß auf dem Rücken des Gewerbestandes die Sanierung der Selbstverwaltungskörper durchgeführt werden soll. (Posl. dr Schollich: Ist ja gar keine Sanierung!) Aber eine Sanierung nach deren Ansicht.
Ich weiß nicht, hat man all das vergessen, was uns vorgeredet wurde, wo das Geld im Staate zu holen sei, daß der Gewerbetreibende nur mehr die einzige Quelle ist, aus der Geld herausgepreßt werden kann? Nichts mehr ist zu hören von einer Verringerung der Militärausgaben, keine Rede davon, daß man bedenkenlos dem Rüstungsfond für die èechischen Trutzschulen in den deutschen Gemeinden in der Höhe von 280 Millionen zustimmte. Was macht der Finanzminister mit den großen Gebarungsüberschüssen, die auch dieses Jahr zeitigen wird, wegen der großen Zollerhöhungen u. s. w. All das, was früher bemängelt worden ist, wird jetzt dreifach beschlossen und sanktioniert und noch als Großtat hingestellt. Die Bevölkerung wird es wohl zu würdigen wissen, daß man ihr in der schwersten Notlage helfen will, indem man ihr Geld abnimmt, mehr Steuern erpreßt als bisher.
Meine Partei steht grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß das Gemeindefinanzproblem nicht auf dem Umlagenweg zu lösen sei. Das ganze Umlagensystem ist ein ungerechtes System, unsere Partei fordert die Lösung der Cemeindefinanzfrage in der Weise, daß man eine direkte Gemeindesteuer einführt, eine Gemeindeabgabe, die nach den Einkommen des einzelnen zu bemessen ist, nicht nach den Zufälligkeiten der Betriebsform, in der sich ein Gemeindebewohner befindet. Ein Beispiel: Ein Bankdirektor mit einem Einkommen von 150.000 Kc, also kein großer, ein kleiner oder mitttlerer Bankdirektor zahlt an direkten Gemeindeumlagen nicht einen Heller. Zwar wird behauptet, er zahle durch seinen Konsum indirekt mit, doch fällt das nicht ins Gewicht. Ein Gewerbetreibender aber, dessen Einkommen mit 30.000 Kè anerkannt ist, zahlt allein an Erwerbsteuer 150 Kè, dazu beim höchstzulässigen Umlagensatz von 350% eine Gemeindeumlage von 525 Kè und an Gesamtumlagen 1.005 Kè. Dann muß er aber ein Einkommen unter 20.000 Kè haben, sonst anerkennt ihm die Steuerverwaltung nicht die Grenzziffer von 30.000 Kè. Wenn er 28.000 Kè Einkommen hat, schätzt ihn die Steuerverwaltung auf 31.000 Kè, damit er in den höheren Steuersatz kommt. Mit 31.000 Kè Einkommen zahlt der Gewerbetreibende 775 Kè Erwerbsteuer, dazu Gemeindeumlagen 2.612 Kè, an Gesamtumlagen überhaupt 5.192 Kè. Dabei sind sicherlich die Ansprüche des Bankdirektors an die Gemeindeverwaltung nicht geringer, als die des Gewerbetreibenden, der sich 30.000 Kè im Jahr erwirtschaftet.
Wir haben hoffentlich bald wiederum Gelegenheit, wenn auch diese Novelle zum scheitern gekommen ist und zwar an ihrer eigenen Unzulänglichkeit, grundlegend über die Regelung der Gemeindefinanzen zu sprechen und mit dem ganzen überlebten alten System einmal aufzuräumen und eine vernünftige Gemeindesteuer auf der ganzen Linie einzuführen.
Die den Gemeinden abgenommenen Einkünfte aus der Umsatzsteuer wurden dem berüchtigten Ausgleichsfonds zugewiesen. Von diesem Ausgleichsfond steht nur sicher, daß seine Gebarung tatsächlich die Gemeinden zum Ausgleich, wenn nicht in den Konkurs trieb. Und noch etwas ist sicher. Ich habe noch keine einzige deutsche Gemeinde gefunden, die aus dem Fond so viel erhalten hätte, als ihr an entzogenen Steuergeldern entgangen ist. Dadurch sind alle deutschen Gemeinden auf das schwerste benachteiligt worden. Nun scheut man das Wort Ausgleichsfond, der Name ist im neuen Gesetz verschwunden, aber die Einrichtung ist doch geblieben. Es ist interessant, daß sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes 77/1927 eine umfangreiche Sabotierung dieses Gesetzes einsetzte. Die hauptsächliche Sabotage betrieb der Ausgleichsfond selbst. Ich behaupte, diese Sabotage war nicht etwa zufällig, sie war vielfach gewollt und beabsichtigt, um die damalige Regierungsmehrheit in Verlegenheit zu setzen. Ich habe Aussprüche von höheren Beamten, die dabei beteiligt waren, gehört, die mir unumwunden zugaben: "Unsere Absicht ist es, das Gesetz durch Sabotage unmöglich zu machen." Freilich haben diese Sabotage vielfach die deutschen Gemeinden und Städte bezahlen müssen. Wenn man das Vorgehen nicht durch Sabotage erklärt und entschuldigt, müßte man glauben, daß diejenigen, die den Ausgleichsfond bisher bedienten, einer Irrenanstalt entsprungen sind, denn vernünftige Menschen können einen Gemeindevoranschlag nicht so zurichten, wie es diese Herren gemacht haben. Es war die Schuld der Staatsverwaltung, daß man die Korrektur und Überwachung der Gemeindevoranschläge gefühllosen Rechenschiebern überlassen hat, statt Personen mit kommunaler Vorbildung und Kenntnis der kommunalen Bedürfnisse. Ich will nur ein Beispiel anführen. Ich war selbst gezwungen zu intervenieren, weil uns der Ausgleichsfond eine höhere Waldnutzung vorschrieb. Durch den Windbruch hatten wir eine bedeutende Schlägerung, daß in diesem einem Jahr der Waldertrag ziemlich hoch war. Die vernünftige Folge davon ist die, daß die Schlägerung im nächsten Jahre herunterg eht und als unbedeutende Summe erscheint. Wir erhielten nun vom Ausgleichsfond den Auftrag, diese Summe wieder einzusetzen und aus dem Wald herauszuwirtschaften. Und als ich antwortete, wir können doch nicht einen Windbruch veranstalten, antwortete mir der betreffende: "Das geht uns gar nichts an, wir sollten uns darum kümmern wie mans macht". Ich habe ihn dann gebeten, herauszukommen und den nötigen Wind in unsere Wälder hineinzumachen.
Besonders bezeichnend war das Wüten gegen die sozialen Ausgaben und daraus erklärt man die bewußte und beabsichtigte Sabotage, weil die Durchführung dieses Gesetzes mehr nach dem Gesichtspunkt der Propaganda als nach dem der Vernunft behandelt wurde. So ist nun der Name verschwunden, die Sache ist aber geblieben. Es heißt wohl nicht mehr Ausgleichsfond, auch den Namen Fond hat man weggelassen, doch sind alle diese Gelder, die den Fond gespeist haben, wiederum zusammengehalten, sie fließen den Landesausschüssen zu und diese übern ehmen nunmehr die Funktionen des ehemaligen Ausgleichsfonds, wobei für die Kommunen noch die Erschwerung eintritt, daß nämlich die Landesausschüsse das, was sie dabei ersparen, für sich selbst verwenden können. Wir können uns daher die Gebe-Freudigkeit dieser Landesausschüsse vorstellen und können auch auf die Schwierigkeiten gefaßt sein, die die Gemeinden haben werden, wenn sie den dornenreichen Weg des Ansuchens um Zuteilung aus diesen Geldern betreten müssen.
Ich freue mich, daß die berüchtigten Abschnitte 6, 7 und 8 des alten Paragraphen 3 im neuen Gesetz nicht enthalten sind, nämlich die bewußten Streichungsparagraphen und die Paragraphen, die den Aufsichtsbehörden die Aufstellung eines eigenen Voranschlages eigentlich ermöglichten. Aber ich habe alle Besorgnis vor den kommenden Dingen, denn das Gesetz sagt nicht, wie nun künftighin diese Voranschläge behandelt werden sollen, nach welchen Gesichtspunkten die Gewährung oder Ablehnung der angesuchten Beiträge aus den Landesfonds geschehen soll. Einige schwache Andeutungen sind da: So sagt der Absatz 5: "Über die Gewährung eines Beitrages nach dem Abs. 2 an eine Gemeinde oder Bezirk entscheidet der Landesausschuß nach den allgemeinen Grundsätzen, die er im vorhinein zu diesem Zwecke festsetzt". Wir können also heute noch nicht sagen, welche Entwicklung diese Gewährung von Zuschüssen nunmehr nehmen wird. "Der Landesausschuß kann den Gemeinden und Bezirken, die die höchstzulässigen Zuschlagssätze nicht ausgenützt haben, einen Beitrag verweigern, sofern die Gewährung des Beitrages die Ungleichmäßigkeit der Bedingungen der eigenen Bedeckung zwischen den einzelnen Verbänden zur Folge hätte, wenn diese Ungleichmäßigkeit nicht durch besonders wichtige wirtschaftliche und soziale Verhältnisse im Gebiet des Betreffenden sich um einen Beitrag bewerbenden Verbandes begründet ist." Dadurch, daß noch die Durchführungsverordnung durch die Länder aussteht, ist die Befürchtung vor weiteren Bedrängsnissen der Gemeinden auf diesem Gebiete nicht von der Hand zu weisen.
Das neue Gesetz setzt nun mit großer Energie für die Erledigung der Voranschläge, für die Bewilligung wohl aber nicht für die Gewährung der Zuschüsse unüberschreitbare Fristen fest u. zw. so energisch, daß dem Beamten, durch dessen Verschulden ein Voranschlag einer Gemeinde nicht erledigt wird, mit Rad und Galgen gedroht wird. Er kann nach den geltenden Vorschriften dafür verfolgt werden. Die Fristen, die gesetzt sind, sind drei Monate für den Bezirksausschuß und als Überwachungsbehörde vier Monate für den Landesausschuß. Aber damit die Sache nicht gar so kritisch ist, ist ein kleines Hintertürl dabei, nämlich 4 Monate von dem Tage an, an dem das gehörig belegte Gesuch eingelangt ist. Im alten Österreich war es Tatsache, daß bei der Armee niemand, wenigstens kein Feldwebel jemals ein gehörig geputztes Gewehr gesehen hat. (Veselost.) Ebenso unmöglich ist es heute ein gehörig belegtes Gesuch bei unseren Zentralbehörden einzureichen. (Souhlas.) Es ist auch vollkommen unmöglich, beispielsweise beim Ministerium für soziale Fürsorge ein gehörig belegtes Baugesuch einzubringen. Die Gehörigkeit und Ungehörigkeit wird gewöhnlich dann im Vergleichswege festgestellt. Aber, wenn irgend einer der Zentralbeamten will, so hat er dieselbe Vollmacht wie der alte österreichische Feldwebel zu erklären, daß das Gesuch nicht gehörig belegt ist. Und so haben es die Behörden heute in der Hand, durch immer wieder neue Nachforderungen von Belegen und solche fordern sie auch nach, wenn sie schon zehnmal dort sind, das Datum, von dem die bewußten vier Monate an laufen, hinauszuschieben und das alte Gemeindeelend ist wieder da. Das war doch die Hauptkrankheit, daß wir vor zwei Jahren den Voranschlag nicht bewilligt hatten, und schon den neuen aufstellen mußten. Jetzt am 30. Nov ember werden in allen Städten Nordböhmens die Voranschläge erledigt und von allen diesen Städten Nordböhmens gibt es nicht 10, die den Voranschlag des Jahres 1930 erledigt haben. Man hat den Gemeindevorstehern mit Strafen bis zu 5.000 Kè für die Einhaltung der Fristen gedroht. Aber der Herr Finanzminister hat vergessen, seine Steuerämter zur Ei nhaltung der Fristen zu verhalten. Dazu kam noch die Sabotage des Gesetzes durch den Herrn Finanzminister selbst, dadurch, daß man für den Ausgleichsfonds so wenig Kräfte zur Verfügung stellte, daß eine ordnungsgemäße Erledigung von vornherein ausgeschlossen war. Diese Bestimmung, auch die Drohung an den Beamten, der durch eigenes Verschulden eine Erledigung hinauszieht, ist ziemlich irelevant. Die große Frage ist die, wann ein solches Verschulden eines Beamten festgestellt werden kann. Das könnte nur bestehen, wenn er Akten in den Ofen steckt oder nach Hause nimmt, oder sonst etwas. Wenn man aber heute einen Beamten zu einen Berg von Akten hinsetzt, zu deren Bewältigung er zwei Jahre brauchen würde, kann man kein Verschulden herauskristallisieren, wenn er in zwei Monaten nicht fertig geworden ist. Das Verschulden wird in diesem Falle wieder den Herrn Finanzminister selbst treffen, der durch die Anordnung der Sparmaßregeln die ordnungsgemäße Erledigung der Steuersachen verhindert. Da kommen wir zur wichtigsten Frist überhaupt. Woran kranken unsere ganzen Gemeindefinanzverhältnisse? Sie kranken daran, daß wir nicht budgetieren können, weil wir nicht wissen, was uns gehört, weil wir keine Steuerbasis von den Steuerämtern und Steueradministrationen erfahren. Und wenn wir auch eine Steuerbasis von ihnen erfahren, können wir 100:1 wetten, daß diese Basis falsch ist. Wir haben es erleben müssen, daß über die Stadt Bensen, von der das Steueramt 300.000 Kè zurückforderte, dem Ausgleichsfond die Auskunft gegeben hat, daß die Stadt ein Guthaben von 600.000 Kè hat, so daß es der Ausgleichsfond der Stadt auf der Einnahmeseite des nächsten Jahres eingetragen hat. Die Unmöglichkeit, die Steuern zu erfahren, ist wohl das Ärgste, bei uns im ganzen Staate, erstens daß der Private nicht erfahren kann, was er zu zahlen hat, dadurch daß sein Rekurs nicht erledigt wird, ferner daß vor allem die Gemeinden nicht erfahren können was sie an Umlagen zu gewärtigen haben. Dazu kommt noch die unmögliche Form der Repartierung der eingelaufenen Steuern. Nach den bisherigen Grundsätzen nimmt der Staat von den eingelaufenen Steuern, soweit sie nicht, namentlich bei der Einzahlung benannt werden, was leider Gottes die wenigsten Leute tun, für die umlagefreien Steuern den gesamten Betrag weg, bis diese Steuersumme erschöpft ist und dann kommt erst der Rest für die umlagepflichtigen Steuern. Uns wäre mit den Fristen nur so geholfen, daß diese Fristen als absolute Verfallsfristen gekennzeichnet werden mit der Bestimmung, falls der Landesausschuß vier Monate lang sie nicht erledigt hat, ohne das Hintertürchen des gehörig belegten Gesuches. (Výkøiky posl. Kremsera.) Die Verfallsfrist ist die erste Notwendigkeit. (Výkøiky posl. Kremsera.) Ich muß feststellen, daß die bürokratische Möglichkeit gegeben ist, daß diese Fristen noch ausgedehnt werden können durch die bekannten Hintertürln.
Bedenklich sind die Strafbestimmungen für das Wirtschaften ohne Voranschlag. Die Strafbestimmungen sind durch die Gerichte zu handhaben und über Anzeige der Aufsichtsbehörde durchzuführen. Eine zweifellose Besserung des Gesetzes ist der § 20, der durch die taxative Aufzählung der Möglichkeiten von Darlehen nunmehr ein weit größeres Betätigungsfeld den Gemeinden gewährleistet. Freilich vermissen wir darin noch eines, nämlich die Möglichkeit, zu Notstandszeiten Darlehen für Notstandsarbeiten aufzunehmen, es wäre denn, daß man diese Möglichkeit subsummiert unter den Artikel, der da für solche Unternehmungen des Voranschlages spricht, zu denen der Staat einen 25%igen Beitrag zahlt. Ich möchte darauf hinweisen, daß manche Gemeinde heute nicht in der Lage ist, die Mittel für die produktive Arbeitslosenfürsorge in Anspruch zu nehmen, weil sie wohl den Arbeitslosenbeitrag aber nicht das Darlehen bewilligt bekommt, um diese Bauten durchführen zu können. Was in der letzten Zeit die Gemeinden schwer schädigt, ist ein Umstand, nämlich die Rückgängigmachung der Urlaube für Bürgermeister, die im Staatsdienst stehen. Man ist soweit gekommen, daß man beispielsweise Bürgermeistern in Städten unter 5.000 Einwohnern nur zwei Stunden wöchentlich Urlaub zur Erledigung der Gemeindegeschäfte zubilligen will. Gerade in den kleinen Gemeinden ist der Bürgermeister oft mehr beschäftigt als in den großen, weil der Bürgermeister der kleinen Gemeinde vielfach den Gemeindebeamten ersetzen muß und auch keinen rechtskundigen Gemeindesekretär zur Verfügung hat. Es ist unsinning, vor Ablauf dieser Wahlperiode eine solche Maßregel durchzuführen, weil dadurch vielfach der ganze Gemeindebetrieb gefährdet werden kann und die Gemeinden außerdem noch nicht ein so unerschöpfliches Reservoir befähigter Personen haben, die die Gemeindeverwaltung übernehmen können, worauf sie sich bestenfalls bei den nächsten Gemeindewahlen einstellen können.