Ganz in Übereinst immung mit unserer Auffassung spricht der schon erwähnte Professor Dr. Ritter davon, daß die kapitalistisch betriebene Landwirtschaft der Welt ihr Gesicht infolge der riesig ausgebauten Verkehrsmöglichkeiten und anderer Dinge mehr gewaltig geändert hat und man überall darangeht, sich auf die neuen Verhältnisse umzustellen. Der Genannte sagt wörtlich: "Die Landwirte müssen gute Ware billig produzieren, sie müssen Kaufleute sein und sie müssen sich organisieren. Das Genossenschaftswesen, das in vielen europäisch en Staaten noch sehr im argen liegt, muß ausgebaut werden. Aber unsere europäischen Landwirte lernen nicht leicht. Sie hätten längst von der Industrie lernen können, welche durch Zusammenschluß zu großem Einflusse gelangt ist. Aber die große Masse unserer Landwirte wirtschaftet nach alter Weise weiter."
Das ist allerdings ein böses Zeichen dafür, wieviel Erziehungsarbeit gerade in agrarischen Kreisen noch zu leisten ist. Wir wollen bei dieser Aufklärungsarbeit gern mithelfen, wobei das einträchtliche Zusammenarbeiten mit den organisierten Konsumenten das Ziel sein muß.
Als einen Erfolg unserer Anschauungen muß ich es ferner bezeichnen, wenn in agrarischen Kreisen endlich von der Notwendigkeit einer Planwirtschaft gesprochen wird, ohne daß dabei die uns innige Furcht vor dem Sozialismus geäußert wird, der doch nur die Produktivkräfte voll entfalten und den Ertrag der Arbeit dem schaffenden Volke sichern will.
Von maßgebenden deutschen heimischen Fachleuten sprechen unter anderen Hilmer Brünn, Rossmanith, Haas und Dr. Ing. Schön, Hermersdorf, über die notwendige Abkehr von der jetzigen Planlosigkeit der einzelnen sich selbst überlassenen Produktion. Herr Rossmanith fördert tatkräftig den Gedanken der Regionierung der landwirtschaftlichen Produktionsflächen, die Errichtung von Aufklärungsstellen und die Schaffung eines leitenden Zentralausschusses für die Förderung, Regelung und Beeinflussung der gesamten landwirtschaftlichen Produktion und deren Absatz. Der Genannte hat seine sehr bemerkenswerten Ansichten bereits in einem Gesetzesvorschlag zusammengefaßt, der gewiß ernste Beachtung verdient. Die Ausarbeitung eines großzügigen Umstellungs- und Aufbauprogrammes für die Landwirtschaft gehört entschieden zu den dringendsten Aufgaben der verantwortlichen staatlichen Faktoren, wobei die Mitwirkung der organisierten Arbeiter und Kleinbauern unerläßlich ist. Wir freuen uns, daß diese rein volkswirtschaftliche Einsicht nun auch in ernster bürgerlichen Kreisen Fuß faßt.
Interessant sind auch die Ausführungen des Herr Dr. Ing. Schön, der von Beruf Gutsinspektor ist, die er am 16. Mai dieses Jahres in Prag in einem Vortrag zum besten gab. Er spricht so, wie wir es immer taten, u. a. von dem Zwang, die Produktionskosten der landwirtschaftlichen Waren herabzusetzen nicht nur durch staatliche Hilfe z. B. durch Ermäßigung der Steuern und Abgaben etc., sondern auch durch Selbsthilfe. Hier kommt zunächst die Frage der Preisgestaltung in Betracht. Herr Dr. Schön sagt wörtlich: "Anstelle der wilden Produktions- und Verkaufsmethoden muß eine geregelte dem Markt entsprechende Verkehrgestaltung platzgreifen u. zw. durch Aussbau der genossenschaftlichen Organisation". Der eben Genannte spricht auch davon, daß für die erfolgreiche Verkehrsgestaltung ein kaufmännisch, wissenschaftlich, landwirtschaftlich und technisch auf der Höhe befindliches Zwischenglied geschaffen werden muß, das die Produktion regelt und die Konkurrenz unter den Landwirten durch gebietsweise vorteilhafte Produktionseinleitung hindern soll. Er nennt dieses Zwischenglied - bitte nicht zu erschrecken, meine Herren Agrarier - Verkehrzentralen. Diese nicht besonders glücklich gewählte Bezeichnung erinnert allzusehr an jene unglückselige Zeit, wo Millionen Menschenleben für Gott, Kaiser und Vaterland geopfert und die Lebensmittel auf Karten zugeteilt wurden. Diese offenkundige Kriegsmaßregel bezeichnete man blödsinnigerweise als einen der Landwirtschaft feindlichen sozialistischen Akt. Dr. Ing. Schön spricht heute allerdings nur von privaten innerstaatlichen Verkehrszentralen, jedoch in Verbindung mit einer staatlichen Einfuhrkontrollstelle, dem Getreidemonopol.
Ohne staatlichen Eingriff geht es also selbst beim besten Willen nicht und ohne einen gewissen Zwang, zumindest einen organisatorischen, schon gar nicht.
Auch der Herr Abg. Windirsch, der als Präsident der deutschen Sektion des Landeskulturrates für Böhmen eine wichtige Rolle spielt, hat im landwirtschaftlichem Ausschuß die Notwendigkeit der Schaffung einer Viehimportstelle betont. Selbstverständlich haben wir für kapitalistische Syndikate nichts übrig, da wir unter allen Umständen den Einfluß der Allgemeinheit und deren Interesse gewahrt wissen wollen. Immerhin gibt es noch genug Agrarier, die selbst die wohlwollendsten und unabweisbarsten staatlichen Maßnahmen geradezu als ein Verbrechen an der allerdings meist ungebildeten Wirtschaftsfreiheit des Landwirtes hinstellen. Es ist nicht unbekannt, daß der Gedanke eines staatlichen Getreidemonopols heute auch in agrarischen Kreisen ernst erwogen wird, nachdem man es noch vor wenigen Monaten als angeblich sozialistisch und deshalb als anrüchig abgelehnt hat. Wir hoffen, daß angesichts der schweren Weltkonkurrenz im Interesse der heimischen Landwirtschaft selbst der Aufbau der inneren Organisation und die Schaffung eines erfolgreichen Systems der Produktion und des Warenabsatzes nun kräftigst in Angriff genommen wird.
Nun eine persönliche Bemerkung. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 24. März dieses Jahres hat Herr Abg. Böhm fälschlicherweise erklärt, daß die Vertreter der sozialdemokratischen Parteien mehr als teilnahmslos der Notlage des Bauern- und Kleinbauernstandes gegenüber stehen. Ich möchte hinzufügen, daß draußen am Lande die agrarischen Sekretäre diese Phrase noch immer wiederholen. Gegen diese planmäßige Brunnenvergiftung, gegen diese wahrheitswidrige Behauptung lege ich hiemit entschiedenste Verwahrung ein. Der Genannte hat auch behauptet, daß ich den angeblich freien Landwirt zum Staatstaglöhner, zum Opfer der staatlichen Zwangswirtschaft, zum Opfer von Schiebern und Börsenjobbern machen will. Diese alberne Darstellung muß ich gleichfalls energisch zurückweisen.
Wenn Herr Koll. Böhm nicht versteht, um was es sich in Wirklichkeit handelt, nämlich um die organisatorische Hebung des selbständig weiter wirtschaftenden Bauernstandes durch umfassendste Staats- und Selbsthilfe, so ist das für ihn schlimm genug, Und wenn er auch die von agrarischer Seite dringend empfohlene Planwirtschaft als einen Anschlag auf die Freiheit des Privatbesitzes, "als Sozialisierung auf legalem Wege" bezeichnet, so ist das ein scheinbar arger Mangel seines Intellektes. Im übrigen doch schon jedermann, daß die wirtschaftliche Freiheit des Landwirtes und jedes anderen Arbeitsmenschen lediglich ein tröstender Glaube ist, weil das organisierte Großkapital heute nicht nur die Preise diktiert, sondern auch die Produktion regelt. Verhältnismäßig sehr wenige Großkapitalisten bestimmen diktatorisch in der heutigen Gesellschaftsordnung das Schicksal von Millionen. Und da erinnere ich an ein Wort Lassalles, das Herr Böhm bestimmt nicht kennt: "Ehe ich von dem Belieben und der Laune einiger weniger Kapitalisten abhängig wäre, dann wollte ich doch lieber vom Staate abhängig sein, d. h. von dem gesamten geistigen Schicksal der Menschheit und seinem Wandel, als von der Laune einiger weniger Kapitalisten".
Herr Abg. Böhm scheint es lieber zu sein, wenn der Landwirt bewußt oder unbewußt die Dienste des Kapitalismus besorgt, statt mit der Arbeiterschaft einen ausschlaggebenden Machtfaktor im modernen Staate darzustellen.
Wir wissen, daß die ökonomische Entwicklung immer deutlicher dazu führt, daß der Staat der führende Wirtschaftsfaktor wird, daß die Gesamtheit die Produktion stetig mehr im Wege der Gesetzgebung kontrolliert und beeinflußt.
Das vorliegende Gesetz, wie alle
übrigen Gesetze, sind ebenfalls starke Eingriffe in das Wirtschaftsleben,
was Herr Böhm ganz übersieht. Dann möchte ich noch folgendes
hervorheben: Die Herren Nationalsozialisten sind doch jene, die
das schaffende Kapital, Industrie und Landwirtschaft, schützen
wollen. Wenn sie sich hier ausschließlich als Vertreter der Konsumenten
aufgespielt haben, weiß ich nicht, ob man das nicht auch Spiegelfechterei
nennen muß. (Rùzné výkøiky.) Herr Koll. Geyer ist
übrigens selbst aus der Rolle gefallen, als er sich dann später
nicht mehr der Konsumenten annahm, nicht mehr von den armen Teufeln
gesprochen hat, sondern nur für den Schutz der bedrängten Hausherren
eingetreten ist. Und wenn die Herren Nationalsozialisten vom Faschismus
reden, vom Faschismus der anderen, so macht einen das wirklich
lachen, wenn man die Dinge draußen im Österreich und in Deutschland
kennt. (Výkøiky posl. Krebse a inž. Junga.)
Místopøedseda dr Lukavský (zvoní):
Prosím o klid.
Posl. Schweichhart (pokraèuje): Nun wieder ein anderes Kapitel zur Förderung der Landwirtschaft: Die Rationalisierung, die Wirtschaftlichkeitsbestrebungen bei der Arbeit des Landwirtes. Herr Prof. Jellinek, Prag, hat sich in dieser Richtung eingesetzt für Errichtung einer Anstalt für Arbeitszeitersparnis in der Landwirtschaft. Herr Ing. Dr. Doerell, Prag, schreibt hiezu, daß mit der Rationalisierung der menschlichen Arbeitskraft auch die bessere Sozialfürsorge am Lande zusammenhänge. Er bezeichnet die Verbesserung der Arbeitshygiene ausdrücklich als rationelle, produktive Ausgaben. Er sagt unter anderem: "Sowohl bei der Rationalisierung der Arbeit, als auch des Absatzes ist eine vernünftige Beschränkung der Zahl der Produktionszweige in einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben die Grundbedingung". Also wiederum ein Eingriff in die sog. Freiheit des wirtschaftlichen Betriebes. Herr Koll. Böhm wird wahrscheinlich Herrn Doerell und die anderen agrarischen Planwirtschaftler, einfach beshalb, weil sie vernünftig sind, zu den bösen Sozi rechnen. (Posl. dr Petersilka: Die sind nicht mehr böse, die sind sehr brav!) Aber in den Augen der anderen sind sie immer noch gefährlich.
Noch etwas anderes und zwar die Frage der Hebung der Viehproduktion. In dieser Hinsicht ist noch recht viel zu leisten, schon in Bezug auf eine systematische Zuchtrichtung. Da liegt buchstäblich noch sehr viel im argen. Nicht minder wichtig ist die Frage der Beschaffung und Konservierung billiger Futtermittel für die Kleinlandwirte, welche als Viehproduzenten sehr wichtig sind. Ohne billige und wirksame Futtermittel gibt es keine Qualitätsware, sind wir nicht leistungsfähig. Die berühmten Prager Schinken sind ein bekannter und beliebter Exportartikel, dessen Qualität ausschließlich von einer guten Ernährung der Schweine abhängig ist.
Neben billigen Futtermitteln braucht der kleine Viehzüchter staatlicherseits Unterstützung durch Beseitigung der Umsatzsteuer für alle Futtermittel, Herabsetzung der Bahnfrachten, Erleichterung der Hausschlachtungen und systematische Förderung der Genossenschaftsschlachthäuser. Daneben müssen im Interesse der Hebung der Landwirtschaft eine Reihe Forderungen der organisierten Kleinlandwirte unbedingt durchgeführt werden. Es geht in der Zeit des allgemeinen gleichen und direkten Wahlrechtes wahrhaftig nicht mehr an, daß die große Masse der Landwirte in den landwirtschaftlichen Fachkörperschaften, darunter die Landeskulturräte, ausgeschlossen sind. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) Es ist einfach untragbar, daß die staatlicherseits gewährten Subventionen so wie bisher fast nur parteimäßig verteilt werden und daß der Kleinbauernfond des Landes Böhmen ganz einseitig verwendet wird.
Die Revision der staatlichen Bodenzuteilung zu Gunsten der Kleinlandwirte und Gemeinden ist ebenso dringend geboten, wie ein ausgiebiger Pächterschutz. Der künstlichen Verteuerung von Grund und Boden durch Spekulation muß genau so entschieden entgegengetreten werden, wie dem Preisdiktat der industriellen Kartelle, welche den Landwirten die Werkzeuge, Maschinen u. dgl. maßlos verteuern.
Die Schaffung genossenschaftlicher Verwertungs- und Absatzorganisationen für das Vieh mit Staatshilfe empfehlen wir ebenso wie für andere landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Hebung des Milchkonsums in den Kasernen, Schulen und staatlichen Anstalten muß endlich durchgeführt werden. Die Errichtung zeitgemäßer Betriebsmittel-Genossenschaften ist energisch zu fördern. Notwendig ist weiters eine obligatorische Elementarschadenversicherung und die Gewährung entsprechender Notstandsaushilfen durch die Staatsverwaltung.
Ich wiederhole: An unserem guten Willen, im Interesse der Allgemeinheit der Landwirtschaft das zu geben, was sie unbedingt braucht, darf angesichts dieser Forderungen nicht mehr gezweifelt werden.
Eines muß dabei allerdings scharf hervorgehoben werden. Wenn wir der Landwirtschaft jene Preise für ihre hauptsächlichsten Produkte bewilligen, die ihr ein halbwegs angängiges Dasein verbürgen sollen, fordern wir nachdrücklichst, daß auch der Arbeiterschaft jener Lohn garantiert wird, der ein menschliches Dasein ermöglicht. Und wie wir die Existenz der Landwirtschaft schützen wollen, muß erst recht die Existenz des wirtschaftlich noch schwächeren Arbeiters geschützt werden.
Ich komme zum Schlusse. In der
Voraussetzung, daß die Mehrzahl der Landwirte in Zukunft eine
von sozialer Einsicht diktierte, auf das Wohl der gesamten arbeitenden
Klasse gerichtete Politik treiben helfen, stimmen wir für den
vorliegenden Gesetzesantrag. (Potlesk.)
Hohes Haus! Der allgemeine wirtschaftliche Niedergang unserer Landwirtschaft, der nun wohl ausnahmslos alle Betriebe erfaßt hat, zwingt auch die Regierung dieses Staates zu Maßnahmen, um den Grundpfeiler eines jeden Staates, die Landwirtschaft, vor der völligen Vernichtung teilweise zu schützen.
Bei der letzten Vorkriegszählung am 31. Dezember 1910 wurden in Böhmen 2,290.587 Rinder gezählt. In den 3 1/2 Jahren bis zum Kriegsausbruch dürfte eher eine Vermehrung als eine Verminderung eingetreten sein. Die Zählung am 31. Oktober 1918, also knapp nach Beendigung des Krieges, ergab nur mehr 1,549.788 Rinder. Der rein zahlenmäßige Verlust des Viehstandes in Böhmen betrug also 740.799 Rinder, das sind 32·34 % des Standes vom 31. Dezember 1910. Dabei ist aber nicht berücksichtigt, daß auch die Qualität des Rindviehstandes, das Durchschnittsgewicht, stark gesunken war. Fachmänner schätzen den Verlust an Lebendgewicht des Rindviehstandes in Böhmen auf 2,420.000 q. Nach den während der Zwangswirtschaft gezahlten Höchstpreisen bedeutet das eine Vermögenseinbuße von rund 650,000.000 Kè mit der Kaufkraft, welche die Krone des alten Österreich zur Zeit des Kriegsendes hatte. Das ist ein treffendes Beispiel dafür, worauf die Geldflüssigkeit bei der Landwirtschaft in der letzten Kriegs- und ersten Nachkriegszeit zurückzuführen ist. Das flüssige Geld, um das man die Landwirte soviel beneidet hat, war nicht ersparter Betriebsgewinn, sondern fundus instructus, der in Geld umgesetzt worden war und zwar in ein Papiergeld, das bald darauf in seiner Kaufkraft bedeutend zurückgegangen ist. Nach der letzten Viehzählung am 31. Dezember 1925 betrug der Rindviehstand in Böhmen 2,406.115 Stück, also um 5% mehr als im Jahre 1910. Die Ställe unserer Landwirte waren mit Rindern vollgepfropft; der Fleischbedarf unserer großen Konsumgebiete aber wurde zum größten Teile mit ausländischem Vieh gedeckt. Ja es war vielfach soweit gekommen, daß der Landwirt, der in ganz unrationeller Weise einen übermäßig großen Viehstand halten mußte, weil es das schlachtreife Vieh selbst zu schweren Verlustpreisen nicht anbringen konnte, selbst Fleisch von aus dem Auslande eingeführten Schlachtvieh kaufen mußte, wenn er wieder einmal ein Stück Rindfleisch auf seinem Tische sehen wollte. Selbst die Fleischer am Lande haben es nämlich bequemer gefunden, ihren Fleischbedarf stückweise aus dem nächsten städtischen Schlachthofe zu beziehen als das in ihrer eigenen Gemeinde im Überflusse vorhandene Schlachtvieh anzukaufen und selbst zu schlachten. Die selbstverständliche Folge dieser ungesunden Verhältnisse war, daß unsere Rindviehzucht seit Jahren unrentabel ist. Die Lebendviehpreise, welche der Landwirt erhält, sanken vor zwei Jahren auf 3 bis 5 Kè, ein Preis, der tief unter den eigenen Gestehungskosten des Landwirtes steht. Wenn sich die auch inzwischen wieder etwas erholt haben, so ist doch keinerlei Gewähr dafür gegeben, daß nicht in kürzester Zeit abermals eine neue katastrophale Verschlechterung eintritt.
Noch ärger ist es um die Schweinezucht bestellt, trotzdem die Èechoslovakei alle Voraussetzungen, so namentlich auch einen starken Kartoffelbau, dafür in sich vereinigt, daß die Schweinezucht ein volkswirtschaftlich besonders wichtiger Betriebszweig unserer Landwirtschaft sein könnte, der, wenn auch vorläufig noch nicht den eigenen Bedarf an Schweinefett, so doch sicher den eigenen Bedarf an Schweinefleisch reichlichst zu decken vermöchte. Hier ist es namentlich das am 16. Mai 1925 in Kraft getretene unglückselige Abkommen mit Polen vom 23. April 1925 übre die Regelung des Bewilligungsverfahrens, das sich für die èechoslovakische Schweinezucht in katastrophaler Weise ausgewirkt hat. Während im Jahre 1924 die Einfuhr von polnischen Schweinen in die Èechoslovakei nur 96.990 Stück im Werte von 7,368.490 Kè betrug, ist sie bereits 1925 auf 302.803 Stück im Werte von 209,143.000 Kè hinaufgeschnellt. Im Durchschnitt der Jahre 1922, 1923 und 1924 hat sich die Gesamteinfuhr von Schweinen in der Èechoslovakei mit jährlich rund 240.000 Stück beziffert. Seither ist sie, u. zw. hauptsächlich aus Polen, konstant gestiegen und hat 1928 rund 850.000 Stück im Werte von fast 700 Mill. Kè erreicht. Die durch die polnische Konkurrenz verursachte Unrentabilität der Schweinehaltung trifft insbesonders auch die Kleinhäusler und Inwohner, die früher 2-4 Schweine füttern konnten, von denen eines geschlachtet und die übrigen verkauft wurden, jetzt aber von der Haltung von Schweinen zum Verkaufe absehen müssen, weil sie notorisch daraufzahlen. Da voriges Jahr in vielen Gegenden eine besonders reiche Kartoffelernte war, ist ein besonders günstiger Zeitpunkt gegeben, durch Reduzierung der übermäßigen Schweineeinfuhr aus dem Auslande auf das gerechtfertigte Ausmaß sozusagen drei Fliegen mit einem Schlag zu treffen, nämlich die heimische Schweinehaltung rasch wieder hoch zu bringen, weiters eine zweckentsprechende Verwertung der über den Konsumbedarf vorhandenen Kartoffelüberschüsse zu ermöglichen und dadurch fast eine Dreiviertelmilliarde Kè, die andernfalls ins Ausland abfließen würde, zur Zirkulation in der heimischen Landwirtschaft zu erhalten, wobei sicher namhafte Beträge davon auf dem einen oder andern Weg auch in die Taschen von städtischen Konsumenten gelangen würden.
Der Landwirtschaft fehlt das Geld zum Zahlen der Steuern, der sonstigen öffentlichen Abgaben, sowie der Beiträge zu den sozialen Zwangseinrichtungen. Es fehlt ihr das Geld zur Abstattung der Zinsen und Annuitäten für die Hypothekardarlehen, welche sie schon im Laufe der letzten Jahre bei Sparkassen und sonstigen Kreditinstituten hat aufnehmen müssen, nachdem die sogenannten Ersparnisse der Kriegs- und ersten Nachkriegszeit, die in Wirklichkeit keine Ersparnisse, sondern in Geld umgewandelte Vermögensbestandteile waren, bei weitem nicht ausgereicht haben, um die Wirtschaft nur halbwegs wieder auf den Vorkriegszustand zu bringen. Zahllose Landwirte sind heuer nicht einmal imstande, den Reiffeisenkassen u. dgl. die in der Gesamtsumme nach vielen Millionen zählenden Schuldbeträge zurückzuzahlen, welche im Laufe jedes Wirtschaftsjahres für Kunstdünger, Saatgut, Futtermittel und sonstige landwirtschaftliche Betriebserfordernisse aufgenommen und nach der Ernte wieder abgestoßen zu werden pflegen. Die Landwirte müssen ihre Ausgaben für Kleider, Wäsche, Schuhwerk, Haus- und Küchengeräte und all die anderen Gegenstände, die ja auch der Landwirt kaufen muß, ja selbst die Ausgaben für Lebensmittel, welche sie nicht in der eigenen Wirtschaft erzeugen, auf das unumgänglich notwendige Mindestausmaß einschränken. Die Landwirte wissen nicht, wo sie das Geld hernehmen sollen, um die für die Erzielung einer heurigen guten Ernte, bezw. einer befriedigenden Milchleistung ihres Viehes unerläßlichen Anschaffungen vornehmen zu können, zumal ihr Kredit mangels Begleichung der letztjährigen derartigen Schulden meist erschöpft ist und die genossenschaftlichen Kreditorga nisationen auch nicht über ausreichende flüssige Geldmittel verfügen, um den zufolge des geringen Erlöses aus der vorjährigen Ernte gewaltig gestiegenen Kreditbedarf der Landwirtschaft decken zu können. Für Investitionen auf lange Sicht, wie Meliorationen, Baulichkeiten, Anschaffungen von Maschinen usw. fehlt unter diesen Verhältnissen den Landwirten selbverständlich Geld, Kredit und der Mut.
Man braucht sich bisher nicht mit volkswirtschaftlichen Problemen befaßt zu haben, um auch ohne lange Beweisführung einzusehen, daß eine so außerordentliche und allgemein schwierige Situation der heimischen Landwirtschaft nicht ohne schwerste nachteilige Rückwirkung auf unsere gesamte Volkswirtschaft bleiben kann und sich daher schließlich auch bei allen jenen, die sich als städtische Konsumenten weit weg vom Schuß in Sicherheit wähnen, in empfindlicher Weise auswirken muß, wenn es nicht gelingt, diese katastrophale Krise der Landwirtschaft in kürzester Zeit zu bannen.
Die Steuereingänge des Staates und damit auch die Einnahmen der öffentlichen territorialen Selbstverwaltungsverbände, der Länder, Bezirke und Gemeinden sind rapid gesunken, auch wenn mit den Steuerexekutionen noch so rigoros und unbarmherzig vorgegangen wird, was übrigens heißt, den Teufel mit Belzebub auszutreiben. Es handelt sich dabei keineswegs um die Grundsteuer allein, das wäre schließlich noch zu ertragen. Es handelt sich dabei neben manchen anderen weniger ins Gewicht fallenden Steuern auch um die Einkommensteuer und um die unter den Staatseinnahmen die größte Post bildende Umsatzsteuer und ich wundere mich nur, daß der Herr Finanzminister den Mut aufbrachte, die Pauschalsätze für Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 1929, trotzdem ihm bekannt war, daß die Preise für landwirtschaftliche Produkte einen in der Nachkriegszeit noch nie dagewesenen Tiefstand erreichten, in einer Höhe festsetzen zu lassen, ohne auf das Gutachten der zuständigen Fachorganisationen zu hören, die in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Einnahmen der Landwirtschaft stand und eine gerechte Entrüstung in der Landwirtschaft hervorgerufen hat. Gleichzeitig muß ich mich von dieser Stelle aus verwahren gegen eine von mancher Seite geplante Erhöhung der Zuschlagsgrenzen für die Selbstverwaltungskörper, insolange nicht die Einnahmen der Landwirte diese Mehrausgaben zu ertragen vermögen.
Schon in der vorigen Regierungsperiode verlangte meine Partei Abhilfsmaßnahmen gegen die hereinbrechenden Zustände und wies darauf hin, daß aller menschlichen Voraussicht nach auch eine schwere Krise unserer Industrie und unseres Gewerbes zu erwarten ist, wenn der Lndwirtschaft, die 40% der Bevölkerung dieses Staates ausmacht, ihre Kaufkraft genommen wird. Es ist nicht abzusehen und macht sich heute bereits bemerkbar, welche traurigen Folgen es für unseren Staat und seine gesamte Bevölkerung, also auch für die städtischen Konsumenten haben muß, wenn tatsächlich beide gleich wichtigen Zweige unserer Volkswirtschaft, die Landwirtschaft und die Industrie, für längere Zeit tief darniederliegen sollten.
Es seien noch einige Worte speziell der èechoslovakischen Exportindustrie gewidmet. Die Èechoslovakei besitzt keinen volkswirtschaftlich bedeutenden Exportindustriezweig, der auf den Inlandsabsatz verzichten könnte. Trotzdem war die Industriepolitik der Èechoslovakei konsequent dahin gerichtet, im Auslande, wo unsere Industrie der Konkurrenz der ganzen Welt ausgesetzt ist, Absatz zu suchen. Bezüglich des Inlandes aber hat man sich begnügt, die Konkurrenz des Auslandes durch gewaltig hohe Industriezölle, die namentlich auch die Landwirtschaft schwer belasten, auszuschließen. Aber man hat nicht nur nicht daran gedacht, sondern durch eine diesbezügliche international merkantilistisch eingestellte Zoll- und Handelspolitik geradezu verhindert, die Kaufkraft des Inlandes zu heben und zu sichern. Ein kaufkräftiges Inland hat eben eine kaufkräftige Landwirtschaft zur Voraussetzung. Unserer Landwirtschaft aber hat man den Zollschutz verweigert, den sie zur Ausnützung der gegebenen, keineswegs ungünstigen Produktionsmöglichkeiten benötigt hätte. Nun sind die Folgen da. Die Èechoslovakei wird mit ihren Industrieexportartikeln durch die nationale Abschließungspoltik der übrigen Staaten immer mehr und mehr von den Auslandsmärkten verdrängt und ausgeschlossen. Mit jenen Staaten, welche für unsere Industrieexportartikel noch aufnahmsfähig wären, konnten keine unserer Exportindustrie den Weg dahin bahnenden Zolltarifverträge abgeschlossen werden, weil die Èechoslovakei mangels ausreichender Agrarzölle keine entsprechenden Kompensationen bieten kann. Und nun lähmt eine außerordentlich schwere Preis- und Absatzkrise, die sich bei Bestand genügender Agrarzölle nicht in dieser Schärfe hätte auswachsen können, auch noch die Kaufkraft der heimischen Landwirtschaft. Die Leidtragenden sind nicht nur die Landwirtschaft und die Exportindustrie, sondern auch alle übrigen Industriezweige, die unter den obwaltenden Verhältnissen niemals die Aussicht gehabt haben, in belangreichem Maße exportfähig zu werden. Zu den Leidtragenden zählen auch jene großen Volksmassen, die unter der Bezeichnung "Konsumenten" den Unternehmern, speziell der Landwirtschaft, gegenübergestellt werden.
Zur Vorlage selbst muß ich bekennen, daß sie ein Fortschritt ist und zur Sicherung und Hebung unserer heimischen Viehproduktion beiträgt. Auch ist gegenüber dem Gesetze des Jahres 1926 einem langgehegten Wunsche der Landwirtschaft dieses Staates dahingehend entsprochen worden, daß die Umwandlung der Stückzölle auf Gewichtszölle durchgeführt wurde, wodurch ein bis jetzt bemerkbarer Übelbestand behoben wird, daß schweres Rindvieh nur zu billigem Preis an den Mann zu bringen war. Eines muß aber festgehalten werden: Als die Wahlen im Herbste des Jahres 1929 ins Parlament durchgeführt wurden, erklärten alle Parteien, die Not der Landwirtschaft erkannt zu haben und für die Behebung und Beseitigung derselben in der nächsten Zeit sofort Sorge zu tragen. Doch dieser Wechsel auf Sicht, der diesen ländlichen Wählern von den nichtlandwirtschaftlichen Parteien vor den Wahlen ausgestellt wurde, wurde nicht nur schlecht, sondern überhaupt nicht eingelöst. Nicht nur daß jene landvolksfremden Parteien nichts taten, um diese unerträgliche Not der Landwirtschaft zu hindern, es ist ihnen auch zuzuschreiben, daß diese Vorlage erst nach monatelangem schwerem und aufreibendem Verhandeln vorgelegt werden konnte, und mußte dies mit schweren Opfern erkauft werden.
Die Vorlage soll weiters dafür bürgen, daß einerseits der Viehzüchter durch große Schwankungen der Viehpreise nicht um seine jahrelange Arbeit, Opfer und Mühe durch Fallen derselben gebracht werden kann, andererseits soll den Konsumenten die Sicherheit gegeben werden, mit einem Emporschnellen der Fleischpreise in absehbarer Zeit nicht rechnen zu müssen. Es liegt uns Landwirten nicht daran, möglichst hohe Preise zu erzielen, sondern Preise, die unseren Aufwand an Zeit, Mühe und Geld wenigstens halbwegs decken. Sollte es sich ergeben, daß der Verkaufspreis bei Rindern oder Schweinen sich doch um etwas erhöht, so gibt die Zwischenspanne zwischen dem Verkaufspreis des Landwirtes und dem Detailpreis, den der Konsument dem Fleischer zahlen muß, die Möglichkeit, diese Erhöhung aufzunehmen, ohne sie auf den Konsumenten überwälzen zu müssen.
Daß in der Vorlage auch ein Zoll auf Brot eingeführt werden soll, beweist, daß wir in unserer Behauptung für die Notwendigkeit desselben Recht behielten. Man wies bei der Getreidezollvorlage und bei der Bearbeitung derselben darauf hin, daß ein Zoll auf Brot nicht notwendig sei, da das eingeführte Brot in keinem Verhältnisse steht, um den Inlandsmarkt in Getreide und Mehl beeinflussen zu können. Doch die letzte Zeit bewies, daß nicht nur das Grenzgebiet gegen Polen und Ungarn mit fertigem ausländischem Brot überschwemmt wurde, sondern daß dieses zollfrei eingeführte Brot auf Grund der guten Zugsverbindungen bis nach Mittelmähren und Böhmen gebracht wurde. Es liegt daher die Einführung eines Zolles auf fertiges Brot nicht nur im Interesse des Getreidebaues, sondérn die Einfuhr von zollfreiem Brot schädigt auch gleichzeitig unser heimisches Mühlen- und Bäckereigewerbe. Zu unserem Leidwesen müssen wir aber feststellen, daß alle diese Gesetze, die teils bereits angenommen sind, teils angenommen werden sollen, in ihrer Auswirkung davon abhängen, wie die Revision des ungarischen Handelsvertrages ausfallen wird. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.) Sollte durch diese Revision nicht erreicht werden, daß die getroffenen Maßnahmen zum Schutze der heimischen Landwirtschaft sich für die kommende Ernte auswirken könnten, so muß die Landwirtschaft jene Herren dafür verantwortlich machen, die verhindert haben, daß all dies nicht schon früher, sondern erst jetzt dem Hause zur Annahme vorgelegt werden konnte. Denn, wenn die Verluste der Landwirtschaft in diesem Jahre wieder so enorm große Beträge fordern sollten, wie im vergangenen Jahre, dann muß die Landwirtschaft unter diesen Verlusten als Grundpfeiler des Staates und das sind, wie bereits gesagt, 40% der Bevölkerung, unter der ihr bereits aufgebürdeten Last und nach dem Verlangen einzelner Parteien in der nächsten Zeit noch aufzubürdenden Lasten zusammenbrechen. Ich glaube kaum, daß der Staat selbst und alle führenden Männer dieses Staates dies werden verantworten können.