So sprechen wir uns vor allem gegen einzelne Ausnahmsbestimmungen aus, namentlich im § 1, Abs. 2 über die Kürzung der Pension für die Militärpensionisten. Die Vorlage sah eine 50 %ige Kürzung dieser Zulage vor, der Senat hat diese Kürzung auf 25 % herabgesetzt und wir beantragen, daß das Parlament auch diese Kürzung streicht, weil sie vollkommen ungerecht ist. Diese Kürzung der Zulage betrifft rund 800 Militärpensionisten. Von diesen 800 sind 148, die so schon schwer dadurch getroffen sind, daß man sie in ihrem Rang herabgesetzt und ihre Pensionsgrundlage willkürlich in einer Weise festgesetzt hat, die den erworbenen Rechten widerspricht. Finanzielle Fragen können hiebei nicht in Betracht kommen, das ist ausgeschlossen, weil der Aufwand hiefür viel zu klein ist, Antimilitaristische Beweggründe können auch nicht da sein, da sie bei uns direkt verboten sind, und zu einer Zeit, da der Staat sich anschickt, mit hunderten Millionen militärische Fabriken und Erzeugungsstätten einzurichten, und dabei noch die Privatwirtschaft zu schädigen, werden solche Beweggründe kaum maßgebend sein. Es ist nichts anderes als ein kleinlicher Racheakt gegen Personen, die man nach dem Umsturz neuerdings zu hassen begann. Wenn auch aus der damaligen Mentalität manches zu verstehen ist, so müßten wir doch einmal die Umsturzpsychose abbauen und jetzt nicht neuerlich in Gesetzen die Ausschreitungen dieser Umsturzpsychose festlegen. Es ist eine Strafe für Treue und Festhalten an geschworenen Eiden. Wir haben allerdings eine Hochkonjunktur von Eidbruch und Meineid erlebt und erleben es heute noch, daß man sogar in den Schulbüchern den Eidbruch zu einer wesentlichen Eigenschaft des nationalen Heros macht, und gerade den Wort- und Eidbruch mit dem dichtesten Lorbeer umkränzt. Es ist begreiflich, daß aus solchen Anschauungen heraus, die Korruption wachsen und gedeihen muß. Es ist allzuleicht begreiflich, daß Personen und ganze Gruppen auftreten, die sich wundern, daß sie dafür, wofür sie früher verherrlicht wurden, nun unter Strafsanktion im neuen Staate gestellt werden. In dieser Atmosphäre wachsen die Dvoøák und Falouts. Das sind keine Einzelpersonen, das sind Typen einer ganz besonderen Kategorie. Man hat den Dvoøák gefangen gesetzt, es leben noch viele Dvoøáks, weil das ein Typus ist, der aus falschen Anschauungen von Treue, Glauben und Festhalten an geschworenen Eiden entstanden ist. Dabei kann man gerade den Dvoøáks und anderen Offizieren nicht einmal das eine zubilligen, daß sie etwa gezwungenermaßen den Eid geleistet hätten. Nach dem Gehaltsgesetz kann einem Beamten nach durchgeführter Disziplinaruntersuchung der Pensionsbezug um 25 % herabgesetzt werden. Man setzt nun den ohnehin durch Unrecht betroffenen Militärpensionisten wieder die Pension um 25 % herab. Haben diese Militärpersonen etwas verbrochen, so stelle man sie vor das Gericht und streiche ihnen die ganze Pension. Aber solange man sie nicht abgeurteilt hat, gebe man ihnen, was ihnen von Rechtswegen zukommt.
So wenden wir uns auch gegen die Ausnahmsbestimmung des § 7, der von den Auslandspensionisten handelt. Es ist wohl eine der drückendsten Bestimmungen unseres Pensionsgesetzes überhaupt gewesen, daß jeder einzelne verpflichtet ist, seine Pension hier im èechoslovakischen Staat zu verzehren. Freilich hat man noch eine Bestimmung vergessen, daß er sie ganz verzehren muß, denn wenn etwas übrig bleibt, darf sie vererbt und ins Ausland geschickt werden. Bei Lebzeiten darf er aber nicht hinaus. Da besteht eine große Möglichkeit zu Sekkaturen der Behörde gegenüber den Pensionisten. Das Finanzministerium sagt, daß sonst ein Steuerentgang von rund 15 % entstehe, der durch verschiedene Steuern aufgebracht würde. Deswegen sei die Kürzung um 10 % gerechtfertigt. Nach dem Berichte leben im Ausland rund 5200 Altpensionisten. Wir müssen feststellen, daß, wenn diese 5200 Altpensionisten hieher übersiedelten, die Belastung der öffentlichen Mittel durch den berechtigten Anspruch, dieser Pensionisten auf Wohnung weit größer wäre als der eventuelle Entgang an Steuern ausmachen kann. Warum leben sie im Ausland? Durch die Zerschlagung des alten Österreichs wurden auch vielfach die Familien zerrissen und die Besitztümer zerschlagen, so daß mancher Staatsbeamte heute durch den Zufall des Heimatsrechtes hieher geworfen ist, während er Familie und Besitz in einem Nachbarstaat hat, der ihm auf einmal zur Fremde geworden ist. Die Leute können vielfach nicht übersiedeln. Zur selben Zeit hören wir fortwährend von dem Abbau der Grenzen, von der möglichsten Verständigung mit den Nachbarstaaten und richten hier wieder neue Grenzen auf nicht nur für Handel und Industrie, sondern auf dem Gebiete rein persönlicher Angelegenheiten. Wer im Ausland lebt, dem wird die Pension um 10 % gekürzt. Das fordert selbstverständlich die Nachbarstaaten zu Repressalien heraus und es wäre gar nicht zu wundern, wenn Österreich das seinen Pensionisten die in der Èechoslovakischen Republik leben, die vollen Bezüge anweist, zu einer solchen Maßnahme greifen und den Auslandspensionisten ebenfalls die Pension kürzen würde. (Posl. dr Petersilka: Das tut es aber nicht!) Wahrscheinlich sind sie hochherziger und haben auch keine nationalen Gründe, ihre Auslandspensionisten zu treffen, denn das ist größtenteils die Ursache dieses Ausnahmeparagraphen. So werden die Pensionisten von dem Rechte des Staatsbürgers auf Freizügigkeit ausgeschlossen, der Pensionist genießt keine Freizügigkeit und ich kenne Fälle, daß die Pensionisten alle Jahre aufgefordert werden, ihren Paß vorzuweisen, ob sie nicht einmal ein oder zwei Tage über der Grenze draußen gewesen sind, was für jeden andern selbstverständlich ist. Der Aktienbesitzer und In dustrielle kann sein Geld, das er hier in der Èechoslovakei verdient, in Wien, Berlin oder Paris verzehren. Der Staatsbeamte darf das nicht. Sowie er pensioniert wird, sind die Staatsgrenzen für ihn geschlossen. Wie mühevoll die Sache ist, einen dreimonatlichen Auslandsurlaub zu erhalten, dafür möchte ich ein Beispiel anführen. Ich habe hier einen Bescheid, der Finanzlandesdirektion in Prag vom April für einen pensionierten Steuerbeamten vor mir. Es heißt da: "Über Ihr Ansuchen vom 28. März 1930 wird Ihnen ein Urlaub zum zeitweiligen Aufenthalt im Ausland in der Dauer von 3 Monaten bewilligt. Ihre Ruhegenüsse werden mit Ende des Vormonates, in welchem sie abreisen eingestellt werden. Sollten Sie den erteilten Urlaub überschreiten, ohne im Bedarfsfalle rechtzeitig um dessen Verlängerung angesucht zu haben, so verfallen nicht nur die bereits fälligenTermine Ihrer Ruhegenüsse, sondern verlieren Sie überhaupt jeden Anspruch auf die Pensionsbezüge. Die während Ihres Aufenthaltes im Auslande fälligen Termine der Ruhegenüsse bleiben reserviert und werden angewiesen werden, bis Sie Ihre Rückkehr in das Inland anzeigen und dem hiesigen Amte Ihren Reisepaß zur Einsichtnahme vorlegen."
Das ist schon mehr als ein Kettenhundparagraph, das ist Sekkatur bis zum allerärgsten. Wenn jemand aus Familiengründen gezwungen ist, in seinen früheren Dienstort zu reisen, sagen wir nach Triest oder wohin, bekommt er während dieser Zeit keine Pension. Wo er das nötige Geld hernimmt, ist seine Sache. Ich hoffe, daß sich die Mehrheit noch vielleicht aufraffen wird, und den verschiedenen Abänderungsanträgen auf diesem Gebiete doch die Zustimmung gibt, damit wir diesen Paragraph aus der Welt schaffen. Diese Erlässe sind zwar nicht aus dem Gesetze. Es ist schade, daß die einzelnen Ämter nicht vertreten sind, es ist nicht notwendig eine solche Handhabung und in dieser Form, hier tobt sich die Bürokratie in der furchtbarsten Weise aus, dadurch werden die Pensionisten überhaupt direkt deklassiert.
Äußerst bedenklich kommen uns die Bestimmungen des § 11 vor, die nämlich die Zuteilung der neuen Pensionen erst von dem Ansuchen der Betreffenden abhängig machen. Da sehe ich wieder die Möglichkeit, daß die Bürokratie auch dem Willen des Gesetzgebers möglichste Schwierigkeiten bereitet. Ich denke noch mit Grauen an die Ereignisse bei Bewilligung der 20 % igen Zulage, was damals die Verwaltung aufgeführt hat, bevor jemand in den ganzen oder in den teilweisen Besitz der Zuweisungen gelangen konnte. Es ist mir unbegreiflich, daß heute die Verwaltung die nötigen Personaldaten der einzelnen Beamten nicht besitzt. Ich glaube es einfach nicht. Ich kann es nicht glauben, daß nicht die Pensionsgrundlage für jeden vorhanden ist und daß auch nicht sein Geburtsdatum in einem Akte verzeichnet ist. Warum erst nun die ganze Verwaltung in Bewegung setzen und die Pensionisten, namentlich die Witwen- und Waisenpensionisten zu schikanieren, bis sie alle möglichen Behelfe werden beigebracht haben. Ich sehe schon Riesenlisten entstehen, was für Belege beigebracht werden müssen, ehe jemandem die Pension zugesprochen werden kann. Das wird der Grund sein, daß manche, die sich darüber freuen, den Anfall der Pension kaum mehr erleben werden. Ich habe eine Angst vor dieser riesigen Gründlichkeit. Ich habe solche Gründlichkeit wiederum bei der Behandlung des Kongruagesetzes kennengelernt, wo es sich darum handelte, die Einkommen der einzelnen Pfarrer festzusetzen. Wieviel Gendarmerie ist dazu aufgeboten worden, um die Angaben der einzelnen Pfarrer zu überprüfen. Es muß jeder Pachtvertrag von der Behörde genehmigt sein, was aber nicht hindert, durch Gendarmerie erheben zu lassen, ob der Pächter diese Pacht zahlt oder nicht. Ich habe sogar erlebt, daß bei einem Pfarrer, der sieben Zwetschkenbäume verpachtet hatte, die Gendarmerie Erhebungen pflog, wieviel Kronen er eingenommen hat. Aber nicht genug daran, es wurden durch die Gendarmerie auch jene Personen einvernommen, welche gepachtet hatten, und auch darüber ob sie davon ein Pfund Zwetschken dem Pfarrer umsonst abgeliefert haben. Man müßte glauben, ein solcher Staat müßte glänzend prosperieren, wo so gründlich gearbeitet wird.
Herr Minister Vlasák hat uns im sozialpolitischen Ausschuß einige tröstende Versicherungen gegeben, daß die Bestimmung des § 11 lediglich den Zweck hätte, die nötigen Daten herbeizuschaffen, die eben leider den Ämtern nicht bekannt sind. Ich will hoffen, daß seine Worte auch den Tatsachen entsprechen werden, daß es nicht nur bei der Erklärung bleibt, sondern daß die Verwaltung dies als eine bindende Erklärung betrachtet und alles tun wird, um das mühselige Werk nicht noch zu erschweren und zu verschleppen und herabzusetzen.
Diese Vorlage läßt einzelne Kategorien
leider unberücksichtigt, und da muß ich für eine Gruppe das Wort
erheben und sie dem Wohlwollen des Finanzministeriums ganz besonders
zu empfehlen. Das ist die alte Gruppe der sog. Provisionisten,
von denen ungefähr noch 800 leben. Sie haben das Wohlwollen der
Staatsverwaltung schon mehrmals erfahren und ihre Bezüge wurden
schon zweimal aufgebessert, so daß einzelne von ihnen schon zwei,
manche sogar bis 5 Kè Maximum täglich an Pension beziehen. Ich
erwähne hier die Landbriefträger und ehem. Postkutscher. Koll.
Kunz hat einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Ich
meine, das Finanzministerium möge diesen Antrag als Anregung auffassen,
um diesen Armen sofort zu helfen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Taub.) Das Finanzministerium hat es in der Hand, auch ohne
einen gesetzgeberischen Beschluß des Parlamentes die Aufbesserung
der Bezüge dieser Armen sofort durchzuführen. Noch etwas Wichtiges.
Die Staatsbeamten bemühen sich, daß ihre unzulänglichen Bezüge
erhöht werden, wobei ihnen die Unterstützung aller Wohldenkenden
selbstverständlich ist. Die nächste Etappe soll der 13. Monatsgehalt
darstellen. Wir haben zu diesem Gesetz eine Resolution eingebracht,
durch die die Regierung aufgefordert wird, alle neuen Gehaltserhöhungen,
welcher Art sie auch sein mögen, insoweit sie in die Pension einrechenbar
sind, automatisch allen Pensionisten zuzuwenden. Wir müssen einmal
reinen Tisch machen mit den Altpensionisten und dafür sorgen,
daß nicht wieder neue Altpensionisten geschaffen werden. Wie durch
die reichsdeutschen Bestimmungen, so sollen auch bei uns die Pensionisten
an allen Gehaltsregelungen automatisch teilnehmen. Das möchten
wir durchgeführt wissen, damit wir dieses traurige Kapitel der
Altpensionistenfrage ein für allemal bereinigen und von der Tagesordnung
unserer Debatten entfernen. In dieser Hoffnung stimmen wir auch
für dieses Gesetz. (Potlesk.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wiewohl die Deutsche Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft gleich den anderen politischen Parteien im sozial-politischen und Budgetausschuß zu dem Pensionistengesetz ausführlich gesprochen hat, muß sie pflichtgemäß auch im Hause in der Debatte Stellung nehmen, weil der Gedanke der Stellung von Generalrednern nicht in Erwägung gezogen worden ist, wiewohl bei objektiver Beurteilung die Argumente und die Gegenargumente fast sämtlicher politischer Parteien gleichgerichtet sind. Das Pensionistengesetz ist das Gesetz, das sozialpolitisch von dringendster Natur ist. Man muß zugestehen, daß die Pensionisten auf die Lösung dieses Problems sehr lange warten mußten und kein Politiker wird imstande sein, die Einwendungen der Altpensionisten und der Pensionisten überhaupt zu entkräften, die dahingehen, daß die Pensionisten mit Recht sagen: Für alles im Staat hat man Geld gehabt, für uns hat man keines gehabt! Das sind berechtigte Einwendungen, die seitens der Pensionisten gemacht werden können, ob sie sich nun auf das Gebiet der Auslandspropaganda beziehen oder auf das der kolossalen Repräsentationsbauten oder auf andere Dinge. Ein sozial dringendes Problem ist es deswegen, weil wir, wie die Statistik nachweist, worauf ich noch zu sprechen komme, es mit einer Kategorie von Menschen zu tun hahen, die schon durch das Alter, durch die in diesem Stadium häufigen Krankheiten und durch die Ausschaltung vom aktiven Dienste nicht in der Lage sind, durch aktive Mittel entsprechend der großen Zahl ihres Heeres selbst mit entsprechendem Nachdruck dem Gesetze zur Wirklichkeit zu verhelfen: im Gegenteil, es ist eine Kategorie von Menschen, die man einfach auf die Passivseite gestellt hat, die dem Wohlwollen und dem sozialen Empfinden von Regierung und politischen Parteien anheim gestellt wurden.
Das eine muß man zugeben, man mag gegen diese Mehrheit einwenden, was man wolle, es ist bestimmt ein großes Plus, daß diese Mehrheit gerade das Problem der Pensionisten zur Lösung bringt, wenn auch nicht zur vollständigen, so doch zum größten Teil zur teilweisen Lösung. Darin liegt eigentlich noch ein wunder Punkt, denn die Pensionisten hätten Recht und Anspruch gehabt, daß das Problem vollstündig und ungeteilt gelöst werde. Daher muß es das Bestreben der Zukunft sein, dieses Problem, soweit die Lösung in einzelnen Punkten nachhinkt, zu vervollständigen. Das Problem der Pensionisten ist ja nicht nur ein soziales Problem, sondern auch ein Problem, das mit dem aktiven Staatsdienst aufs engste zusammenh ängt, es ist eine Sache des Vertrauens. Wie kann der aktive Staatsbedienstete Vertrauen zu Staat und Regierung haben, wenn er nicht weiß, wie sein Lebensabend aussieht, wenn er die Möglichkeit sieht, daß bestehende Gesetze umgeworfen werden und andere Motive sich geltend machen? Wir dürfen uns nicht im Unklaren sein, daß das Recht der Pensionisten ein unveräußerliches, ein unantastbares Recht ist, das sie nicht nur auf Grund des Gesetzes, sondern auf Grund ihrer Dienstleistungen besitzen und daß sie dieses Recht auch auf Grund von entgeltlichen Leistungen erworben haben. Man macht durch die Pension den Pensionisten nicht Geschenke, sie haben vielmehr Anspruch darauf.
Ohne mich Rekriminationen über die Vergangenheit schuldig zu machen, glaube ich kurz sagen zu dürfen, man solle die Pensionsbezüge nicht beeinflussen durch Begriffe der Strafe, der Rache, durch unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Nationen. Entscheidend ist der Dienst und dieser Dienst entscheidet über die Pension und nichts anderes, weil ja strafbare Momente entweder disziplinär oder im Wege des Strafgesetzes Ahndung gefunden hätten.
Die Bezüge der Pensionisten - das ist wohl eigentlich das Unverständliche an der ganzen Sache - sind von einem Gehaltsgesetz unter gar keinen Umständen zu trennen. Wer die volle Dienstzeit hat, hat Anspruch auf vollen Bezug und es kann nur eine Differenzierung in der Anzahl der Jahre geben. Sonst muß der Bezug der Pension untrennbar verbunden sein mit dem Besoldungs- und Gehaltsgesetz. Fallen und steigen die Gehälter, so fallen und steigen gleichzeitig damit die Pensionen.
Ich will von krassen Fällen in der Behandlung von Pensionisten nicht sprechen. Unsere Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft steht auf dem Standpunkt, daß eine unterschiedliche Behandlung, daß eine Differenzierung in der Frage der Pensionen unzulässig ist, gleichgültig ob man Etappen vorsieht, ob man im Ausland lebende Pensionisten unterschiedlich behandelt oder ob man Militärpensionisten unterschiedlich behandelt oder ob man das Kapitel der Nebenbeschäftigung herausreißt. Eine unterschiedslose Behandlung dieser Frage allein kann maßgebend sein und weiters ist entscheidend, daß es keine Rolle spielen kann, ob der Pensionist im Dienst des Staates, von Land, Bezirk, Gemeinde oder anderen öffentlichen Institutionen stand.
Wenn wir von der ersten Differenzierung sprechen, sei, so wie ich es gestern im Budgetausschuß getan habe, allen Pensionisten zugerufen, daß sämtliche politische Parteien für die sofortige Gleichstellung und gleichmäßige Behandlung der Pensionistenbezüge eingetreten sind und es soll nicht unerwähnt bleiben, daß wir im Prinzip wieder vor der Vormundschaft des Bürokratismus über die Demokratie stehen, mit anderen Worten, daß die Macht des Finanzministeriums stärker gewesen ist als der Einfluß der politischen Parteien. Das müssen sich auch die politischen Parteien eingestehen. Die Motivierungen des Finanzministeriums sind verschieden. Aber man kann mit Recht wohl behaupten, daß man trotzdem ohne weiteres die sofortige Gleichstellung ohne die Etappen hätte durchführen können. Das liegt schon in den Ersparungen, die man in der Vergangenheit gemacht hat, denn man hätte schon viele Jahre früher das Problem lösen müssen. Die Zinsen aus diesem ersparten Kapital allein hätten schon die Zusammenlegung der letzten drei Etappen verbürgt. Aber auch aus einem anderen Titel ist die etappenweise Lösung abzulehnen. Die konstante Differenz des konsolidierten Budgets und des konsolidierten Rechnungsabschlusses macht durchschnittlich 1 1/2 bis 2 Milliarden Kè aus. Aus diesen Überschüssen hätte man leicht in das nächstfolgende Budget die ganze Summe von 317 Mill. Kè einsetzen können, nachdem an und für sich ja bloß die Differenz von 155 Mill. Kè als Plus dazugekommen wäre. Wir dürfen uns in diesem Zusammenhange darüber nicht im Unklaren sein, und dieser Satz sei in diesem Zusammenhang einmal ausgesprochen: Hören wir auf damit, Budgets im Kostenpunkt von 9 1/2 Milliarden Kè für die reine Staatsverwaltung aufzustellen, stellen wir die Budgets so auf, wie sie der Wirklichkeit entsprechen, selbst auf die Gefahr hin, daß wir mit einer kleineren Differenz im Budget- und Rechnungsabschluß rechnen müssen. Aber wir werden ein wahres, wenigstens der Wahrscheinlichkeit näher kommendes Bild erhalten, weil wir dadurch auch im Titel die Differenz festlegen, während wir bei der Aufrechterhaltung des jetzigen Zustandes es immer dem Zufall überlassen, wofür die Differenz verwendet wird. Es hätte aus dem sozialen Empfinden heraus leicht sein müssen, wenn man die Gleichstellung der Pensionisten auf einmal durchgeführt hätte. Es hätte vorkommen können, daß man vielleicht auf ein anderes Problem, das eventuell sozialpolitisch minderwertig oder nicht so wichtig ist, momentan verzichtet und es auf einen späteren Zeitpunkt gelassen hätte. Aber eines sei meritorisch eingewendet und das wird mir vielleicht auch der Vertreter des Finanzministeriums nicht bestreiten können: Wenn die Summe des Bedarfs von 317 Millionen Kè zur Zeit der Aufstellung der Statistik richtig war, so ist sie am heutigen Tage schon falsch. Ich bezweifle, daß die Summe von 317 Millionen Kè so hoch ist. Ich könnte diesen Zweifel erst lassen, wenn sich das Finanzministerium bereit erklären würde, uns die Statistik des jetzigen und des kommenden Bedarfes vorzulegen. Davon abgesehen, bleibt doch nichts anderes übrig, als daß wir jetzt bei der Ziffer bleiben. In vier Jahren haben wir die Ziffer. Es dreht sich um die Differenz von drei Jahren, denn das ist eine bleibende Belastung, um die wir nicht herumkommen; und auf der anderen Seite steht doch das eine fest - man soll eigentlich nicht davon sprechen, aber ich will niemandes Pietät verletzen - daß auf der natürlichen Entwicklungslinie durch Krakheit oder durch Tod die Summe zwangsläufig niedriger wird. Und nun behaupte ich, daß man von vornherein die ersten beiden Etappen unter allen Umständen hätte zusammenlegen können. Man hat dabei nicht bedacht, daß es sich gerade in den ersten beiden Etappen um die ältesten der alten Leute handelt. Es ist sehr interessant, die Statistik des Bedarfs nach den einzelnen Etappen zu studieren und da sieht man, daß die ersten beiden Etappen das Erfordernis von 73·5 Millionen Kè brauchen; daß die erste Kategorie - das sind die ältesten, die bis zum Jahre 1865 Geborenen - die Ziffer von 54.174 ausmacht und daß die zweite Kategorie - das sind jene Pensionisten, die in den Jahren 1866 bis 1869 geboren sind 19.402 Personen ausmacht. Bekanntlich macht doch die ganze Summe der durch das Gesetz Betroffenen 127.801 Personen aus. Nun ist es das primitivste Gefühl sozialen Empfindens, wenn man die Leute 10 Jahre warten läßt, daß man diesen Zustand nicht noch länger andauern läßt, weil man sonst das Empfinden bekommt, daß man mit dem Tod der Leute rechnet, damit man die Summe nicht mehr auszuzahlen braucht. Das ist meiner Ansicht nach unstatthaft. Der wirkliche Bedarf für das Einkommen des arbeitsunfähigen Menschen läßt sich, wenn wir ein weiteres Moment anführen, doch nicht mit dem Alter abgrenzen. Sprechen wir es doch ehrlich aus: Der 70jährige hat genau denselben Hunger wie der 90jährige, das läßt sich nicht durch das Alter scheiden.
Aus denselben Gründen und auch aus dem sozialen Empfinden heraus - wenn wir schon bei den Etappen sind und wenn die nicht wegzuputzen sind - ist unsere Ansicht die, daß man die Kategorien der Invaliden und Kranken, jener Personen, die sich selbst nicht helfen können und die andererseits nur auf den Bezug der Pension angewiesen sind, und daß man ebenso die Kategorie der Abgebauten in die erste Kategorie hätte hineingeben müssen. Für das erste braucht wohl kein Mensch eine Erklärung zu geben, für das zweite sei eine Erklärung insofern gegeben, als es doch ganz erstaunlich ist, daß die Abbaugesetze gerade einen großen Teil jüngerer Arbeitskräfte getroffen haben, die durch den frühzeitigen Abbau auf ein Minimum von Bezügen gesetzt worden sind. Wenn wir heute die Statistik nach den Zweigen der Administrative verfolgen, so finden wir bei den staatlichen Unternehmungen und Anstalten 74.779 Pensionisten und da spielt das Kapitel des zwangsläufigen Abbaues gerade die größte Rolle. Aber gestatten Sie mir in diesem Zusammenhange noch eines zu erwähnen. Nehmen Sie doch einmal den Bleistift zur Hand, meine Herren! Wenn Sie heute vorzeitig einen Menschen mit 40, 45 Jahren pensionieren, ihn auf eine geringe Pension setzen, die ihm nicht das Notwendigste zum Leben gibt, so zwingen Sie ihn, den Weg der Nebenbeschäftigung zu betreten, er muß zwangsläufig eine Stellung beziehen, bezieht sie meist unter dem Drucke der Verhältnisse und nimmt im Prinzip jenen Leuten, die keine Stellung haben, die Existenz weg. Nun frage ich Sie: Was ist denn kostspieliger? Die Unterstützung der Arbeitslosen, um ihre Existenz ringenden, eine Existenz suchenden Leute oder die entsprechende Einstellung der abgebauten Pensionisten? Da werden Sie vielleicht bei einer genauen Prüfung herausfinden, daß das erstere noch teuerer ist, als der beschrittene Weg. Infolgedessen ist gerade dieses Kapitel ein sozial dringendes und besonders in der heutigen Zeit. Suchen Sie doch heute einmal für jemanden eine Stellung! Als Abgeordnete haben Sie 40 bis 50 Gesuche in Ihren Aktentaschen, wo Sie ein armer Teufel bittet: "Herr, suche eine Stellung für mich, ich kämpfe um Leben und Brot!" Und Sie sind nicht imstande, sie ihm zu verschaffen, weil wir in wirtschaftlichen Notverhältnissen leben; auf der anderen Seite zwingen Sie die Leute aber, sich eine Nebenbeschätigung zu suchen und den anderen, die eine Grundbeschäftigung brauchen, die Stellung wegzunehmen. Deswegen haben wir vom Standpunkte der Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft kein Verständnis für eine derartige Auffassung, für eine etappenweise Behandlung.
Wir haben auch kein Verständnis für die unterschiedliche Behandlung der im Ausland lebenden Pensionisten. Wir vertreten den Standpunkt der Reziprozität. Unsere Leute leben draußen. Leute von draußen leben hier und die Entschuldigung des Finanzministeriums aus steuertechnischen Gründen ist unhaltbar. Man hat nicht das Recht, aus steuertechnischen Gründen den Leuten einen Abzug von 10% zu machen, wenn auf der anderen Seite nicht bewiesen ist, daß die Leute im Ausland keine Steuern zu zahlen haben. Sie haben aber im Ausland Steuern zu bezahlen und haben infolgedessen nach der Rechnung des Finanzministeriums an und für sich einen Abzug von 20 %, ohne den Gedanken der jahrzehntelangen Verbindungen zu berühren. Davon will ich gar nicht reden, ich will auch nicht reden von dem ins Ausland reisenden Pensionisten. Ich könnte Ihnen einen Brief vorlegen, aus dem hervorgeht, daß ein Mann, der krankheitshalber ins Ausland gereist ist, nach seiner Rückkehr sechs Monate auf die Auszahlung seiner zurückgehaltenen Pension warten mußte. Das sind himmelschreiende Fälle, wenn man sich vorstellt, daß solche Leute nichts anderes als ihre Pension haben. Ich will auch nicht das erwähnen, daß dem Mann schließlich auf der anderen Seite auch nicht geholfen werden kann, da er ja nicht kreditfähig ist, weil ihm niemand etwas borgt.
Genau so ist nicht zu verstehen die unterschiedliche Behandlung der Militärpersonen, aus den vorher angeführten Gründen, ebenso wenig die unterschiedliche Behandlung der Nebenbeschäftigungen, weil das absolut nichts damit zu tun hat. Wenn der Betreffende pensionsberechtigt ist, so hat er das Recht zu bestimmen, was er in dem Stadium seiner Pensionsdauer tut. Stellen Sie sich doch einmal vor - wenn Sie das ganze vom nichtaktiven Staatsdienst auf den aktiven Staatsdienst übertragen - was dabei herauskommen würde! Am besten kämen Sie schließlich heraus, wenn Sie sich nur vermögende Staatsbeamte nehmen würden, weil nach dem Vermögen sich der Bezug des Gehaltes richtet und wer viel hat, würde nichts an Gehalt bekommen. Das ist ein vollständig unhaltbares Prinzip, das man einzuschalten sucht. Maßgebend ist die Leistung des Dienstes und nicht die Verhältnisse des Beamten. Da kommt jede Doktrin, heiße sie wie sie wolle, in Widerspruch.
Wenn ich nun von den gesetzlichen Bestimmungen absehe und weitergehe, so wird das Maßgebendste für die Vollstreckung und Durchführung des Gesetzes die rasche Auszahlung der Pensionen sein, das heißt mit anderen Worten: Für die erste Etappe gilt der Termin rückwirkend vom 1. Jänner 1930, da muß die rasche Durchführung darin bestehen, daß zumindest am 1. Juni oder spätestens am 1. Juli d. J. der Auszahlungstermin wäre. Nun scheint gegen eine rasche Behandlung ein Moment zu sprechen, nämlich die Verpflichtung der Anmeldungen. Wenn man kein Bürokrat ist, so hat man für eine derartige Regelung absolut kein Verständnis. Wir halten von unserem Gesichtspunkt aus die Anmeldung der Pensionsberechtigten auf Grund des neuen Gesetzes für vollkommen unnötig, für die Verwaltung belastend, aber nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für die Pensionisten. Schauen Sie sich doch die Praxis an! Die Liquidaturen müssen doch die Basis für die jetzigen Pensionen haben. Das weitere bestimmt das Gesetz. Wozu dann also die Anmeldungen? Oder will man vielleicht durch die Nichtanmeldung ein Geschäft machen? Da würde ich mir an das Finanzministerium die höfliche Anfrage erlauben, was geschieht, wenn jemand die Anmeldung versäumt. Hat ein solcher Pensionist Anspruch auf die Pension oder verliert er diesen Anspruch? Nicht bürokratisch, sondern menschlich denken! Verlangen Sie doch nicht von den Pensionisten, die bis zu 96 Jahren alt sind, kaum noch lesen und schreiben können, weil sie dazu physisch nicht mehr imstande sind, Anmeldungen, wo Sie dafür die Basis in jeder Beziehung haben! Wir haben, um Beispiele anzuführen, in der ersten Etappe 34 über 96 Jahre alte Pensionisten und 191 Pensionisten, die zwischen 90 und 95 Jahre alt sind. Die anderen gehen dann von 90 abwärts. Ich frage Sie nun: Ist es richtig, daß man diese alten Leute der Tortur der Anmeldung unterwirft? Sie selbst müssen sich anmelden, sie bekommen nicht einmal den Anmeldebogen zugeschickt. Da wird wieder ein Wirrwarr herauskommen, bei dem letzten Endes nur die Pensionisten die Leidtragenden sein werden. Dies ist ein Zustand, den man glatt beheben und dem man ohne weiteres Rechnung tragen könnte, wodurch die Verwaltung sogar noch ganz gewaltig entlastet würde.