Im Zusammenhang mit der behandelten Angelegenheit ist aber auch eine Reihe anderer Fragen anzuschneiden. Vor allem die Frage der Staatsbürgerschaften. Sie betrifft eine ganze Anzahl von Ruheständlern. Wie macht man es beispielweise, daß einem Ruheständler, der seinerzeit durch die Versetzung im alten Österreich etwa nach Galizien oder dem heutigen Polen nicht Staatsbürger ist, aber hier lebt, keine Pension zuerkannt wird? Man verweigert ihm einfach die Staatsbürgerschaft. Außerdem stehen wir vor der Volkszählung und man will auf diese Weise auch den deutschen Anteil an der Bevölkerung herunterdrücken. Daher trotz aller Versprechungen, daß liberal vorgegangen wird, die ungeheueren Verzögerungen Ich will einen einzigen Fall herausgreifen, das ist der Fall eines 76jährigen Mannes, des Postassistenten Maška in Ostrau. Im Jahre 1927 gelegentlich der Budgetdebatte habe ich im Ausschuß diesen Fall aufgegriffen, vom Postminister die Zusicherung bekommen, daß der Betreffende, der heute als polnischer Staatsbürger gilt, weil sein letzter Dienstort Bielitz war, seine Pension bekommt in dem Augenblicke, wo er hier Staatsbürger wird. Ich ging weiter zum Finanzministerium. Dieses war ebenfalls damit einverstanden. Die Schwierigkeit liegt nur beim Inenministerium und alle Urgenzen und Einschreitungen beim Innenministerium - sie gehen in die Dutzende - haben bisher nichts genützt, sondern der Fall beschäftigt den Generalstab. (Hört! Hört!) Jetzt frage ich Sie, meine Verehrten, was hat ein 76jähriger, gebrechlicher Mensch, der nahezu erblindet ist, mit dem Generalstab zu tun? Was soll der Generalstab bei dieser Gelegenheit machen? Das ist eine geradezu niederträchtige Bosheit. Das ist eine derartige Überspitzung der Formalitäten und des Bürokratismus, daß das auf keine Kuhhaut geht, und wir müssen energisch verlangen, daß hier endlich einmal ein anderer Zug einreißt, weil man auf diese Weise Hunderte von Menschen, die nichts verbrochen haben, um das kärghche Brot am Ende ihrer Tage bringt. (Posl. Krebs: Das Nationalverteidigungsministerium soll sich lieber um seine Ärzte kümmern!) Darauf komme ich noch zu sprechen. Eine weitere Angelegenheit ist die Auszahlung der Pensionsbezüge am Monatsletzten statt am Monatsersten, wenn dieser auf einen Sonntag oder Feiertag fällt. In dieser Frage haben wir schon mehrfach Schritte unternommen. Neulich hat der Verein der deutschen Eisenbahnbeamten eine Eingabe an das Eisenbahn- und an das Finanzministerium gerichtet. Das Finanzministerium verhält sich nach wie vor ablehnend. Da aber der Ruheständler Anspruch darauf hat, seine Bezüge am Monatsersten zu bekommen, muß dafür gesorgt werden, daß er sie an diesem Monatsersten auch dann bekommt, wenn dieser ein Sonn- oder Feiertag ist.
Eine weitere Angelegenheit, die in diesem Zusammenhang ebenfalls besprochen werden muß, ist der Heilfond oder, wie er besser genannt wird, der Unheilfond. Es ist kein Wunder, daß der Kampf um seine Beibehaltung oder Auflösung tobt, wenn man sich vor Augen hält, wie da vorgegangen wird. Ich bringe Ihnen zwei Fälle zur Kenntnis, die sehr bezeichnend sind. Der Professor der Staatlichen Handelsschule in Troppau Seifert hat für die Behandlung seiner Frau in einem Sanatorium einen Kostenaufwand von 2350 Kè gehabt. Er suchte beim Heilfond ordnungsgemäß an und bekommt als Ersatz sage und schreibe 100 Kè. Es ist geradezu unglaublich, einem zuzumuten, einen derartigen Bettelpfennig anzunehmen. Ja, wozu soll dann die ganze Einrichtung sein? Ein zweiter Fall betrifft ebenfalls Troppau, und wenn ich lediglich diese zwei Fälle anführe, dürfen Sie nicht glauben, daß es die einzigen sind, sie gehen vielmehr in die Hunderte, vielleicht Tausende. Der Professor im Ruhestand Kunschik in Troppau suchte rechtzeitig um Bewilligung eines Kuraufenthaltes in Karlsbad an, und zwar im Monat Mai, weil er infolge einer Nebenbeschäftigung nur im Mai Urlaub haben und daher nur zu dieser Zeit nach Karlsbad gehen kann. Daraufhin bekam er die Verständigung, er habe die zweite Märzhälfte und die erste Aprilwoche in Karlsbad zuzubringen. Da er dazu nicht imstande war, teilte er dem Heilfond mit, daß er auf den Kurgebrauch verzichte. Darauf bekam er Ende April folgende Verständigung: "Da Sie im Kurhaus "Praha" nicht eingetroffen sind und das Zimmer leergestanden hat, werden Sie veranlaßt, den Betrag von 400 Kè für dieses Zimmer zu bezahlen." (Výkøiky posl. Geyera.) In diesem Zusammenhange will ich auch erwähnen, und das wird Sie, Koll. Geyer, interessieren, warum ein Deutscher den Kuraufenthalt für Monat Mai oder Juni in Karlsbad nicht bewilligt bekomm t, nämlich deshalb nicht, damit man dort zu dieser Zeit etwas weniger deutsch reden hört. Lediglich èechische Mitglieder des Heilfondes bekommen den Kuraufenthalt in diesen Monaten bewilligt, während die Deutschen sich auf die Vor- oder Nachsaison beschränken müssen. Das ist ebenfalls mein Beweis der gleichmäßigen Behandlung im Heilfond. Ich habe in dieser Angelegenheit vor einiger Zeit eine Anfrage eingebracht und bin neugierig, wie sie bean twortet werden wird. Soviel über den Heilfond.
Eine weitere Angelegenheit betrifft noch das Gesetz Nr. 103 vom Jahre 1926, das Besoldungsgesetz, das in seiner Gänze noch nicht durchgeführt ist. Sie können sich infolgedessen lebhaft vorstellen, daß wir befürchten müssen, daß auch das jetzige Ruheständlergesetz nicht so rasch durchgeführt werden wird, wie es notwendig ist. Es handelt sich um den § 142 des Gesetzes, in welchem die Regierung verpflichtet wurde, durch eine Verordnung zu bestimmen, wann und in welchem Umfange für die Gehaltserhöhung ein bestimmter Dienst in dem einen oder anderen Dienstverhältnis oder in einer anderen Beschäftigung eingerechnet wird. Das betrifft etwa 400 Professoren an Handels- und Fachschulen. Wir haben diesbezüglich eine Interpellation eingebracht, u. zw. zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, im Mai 1928. Darauf bekamen wir im Oktober 1928 die Antwort, daß diese Verordnung binnen kürzester Frist erscheinen wird. Vier Jahre sind seit dem Inkrafttreten des Besoldungsgesetzes dem Jahre 1926 vergangen und die Verordnung ist noch immer nicht erschienen. Koll. Simm und ich haben neuerlich in dieser Sache eine Interpellation eingebracht. Meine Verehrten, was sagen Sie dazu? So werden die Gesetze gehandhabt! Vier Jahre muß eine Gruppe von etwa 400 Menschen warten, ohne daß man ihr dasjenige, was ihr ein Gesetz an Vorteilen bietet, zuerkennt. Sie werden es natürlich begreiflich finden, wenn die Dinge so aussehen, daß man Versprechungen von Regierungsseite überhaupt nicht mehr traut. Die Herren, die in erster Reihe verpflichtet sind, die Würde des Parlamentes zu wahren, müssen sich darüber klar sein, woher die Krise des Parlamentarismus kommt. Sie rührt in erster Reihe daher, daß die Herren von den Regierungsparteien glauben, daß sie vor jedem Minister Habt-Acht! stehen müssen, statt die eigene Würde zu wahren und den Herren beizubringen, daß die Regierung nichts anderes ist als die Beauftragte der Regierungsparteien und daß die Herren von der Bürokratie vollständig zu gehorchen haben, nicht aber, daß sie machen, was sie wollen. Erst dann wird es eine Achtung vor dem Parlament geben und vor den Parlamentariern und dann werden wir keinen Anlaß haben, von einer Krise des Parlamentarismus zu sprechen, denn diese Krise ist nichts anderes als die Folgeerscheinung der Schwäche der Parlamentarier.
Ferner wäre die Vereinfachung des Instanzenzuges bei amtlichen Erhebungen sehr notwendig. Auch diese Fälle werden bei der Durchführung des Ruheständlergesetzes eine große Rolle spielen. Der Vorgang ist unendlich kompliziert. Von der Pensionsliquidatur geht der Akt an die Bezirksbehörde, von dort zur zuständigen Polizeidirektion oder an die Gendarmeriestation, dann wird der Weg wieder zurückgelegt zur Bezirksbehörde und der Akt endet erst nach Monaten wieder bei dem anfragenden Amt. Bis eine Antwort einläuft, vergehen Monate. Ich will auf zwei Karlsbader Fälle hinweisen, die bereits bis zum Dezember und Jänner zurückliegen und infolge dieses schleppenden Geschäftsganges noch nicht erledigt sind. Es muß dafür gesorgt werden, daß das rascher geht. Auch die schleppende Anweisung des Sterbequartals nach Ruheständlern ist von größter Bedeutung, weil die Witwen oft monatelang auf die Auszahlung des Sterbequartals warten müssen. (Posl. Geyer: Im Jahre 1924 ist ein Ruheständler gestorben und die Witwe hat bis heute noch nicht das Sterbequartal erhalten! Der Fall hat sich in der Bezirkshauptmannschaft Tachau ereignet!) Tachau scheint ja wirklich eine Bezirkshauptmannschaft zu sein, die man lieber nach Belutschistan oder Hindustan verlegen sollte.
Eine weitere Frage ist die zeitgemäße Regelung der Diäten und Zehrgelder. Ich verweise auf eine von den Koll. Geyer und Simm eingebrachte Interpellation. Und damit sind wir bei der Frage der Aktiven angelangt, vor allem bei deren Besoldungsfrage. Diese ist durch die Ausführungen des Finanzministers im Staatsvoranschlag in den Vordergrund gerückt. Ich habe schon damals die Lesart des Herrn Finanzministers, wornach die Rationalisierung der Verwaltung die Vorbedingung für eine Besserstellung der Beamten sei, abgelehnt. Nicht als ob wir etwas gegen die Vereinfachung des Verwaltungsweges einzuwenden hätten, im Gegenteil, aber wir sind uns allzusehr dessen bewußt, daß es sich hier um ein gefährliches Schlagwort handelt. Wir haben das Gesetz über Sparmaßnahmen in der Verwaltung. Ich habe schon die schädigenden Wirkungen dieses Gesetzes erwähnt, ich habe schon darauf hingewiesen, daß das Wichtigste, was dieses Gesetz durchführen sollte, die Sparmaßnahmen, bis heute ausgeblieben sind, daß es sich also lediglich nur um Schlagworte gehandelt hat. Das Gesetz über die Sparmaßnahmen in der Verwaltung fußte auf dem Schlagwort: "Weniger Beamte, aber besser bezahlte!" Im Zusammenhang mit den Besoldungsgesetzen sollte das alles bereinigt werden, und wenn wir uns heute nach dem Erfolg der Besoldungsgesetze fragen, haben wir festzustellen, daß die Beamtenschaft sich in einer ungeheuren Not befindet. Durch die Blätter ist kürzlich die Mitteilung gegangen von einer gewaltigen Verschuldung beispielsweise der Eisenbahner, daß deren Verschuldung allein 55 Millionen Kè ausmache. Das ist natürlich aber nicht die einzige Gruppe, bei den anderen Gruppen liegen die Dinge nicht anders.
Die Besoldungsgesetze vom Jahre 1926 haben also die Früchte nicht gezeitigt, die man von ihnen erwartete. Sie konnten es auch gar nicht, weil diese Gesetze mit einer Systemisierung verbunden sind, die mit der linken Hand wieder das nahm, was mit der rechten Hand durch die Besoldungsgesetze gegeben wurde. Im besonderen ist darauf zu verweisen, daß die Bezahlung der jungen Beamten eine geradezu elende ist. Im Fachblatte meiner Gewerkschaft ist beispielsweise die Zuschrift eines Heizers veröffentlicht, der da sagt, daß er im alten Österreich nach einer geringeren Anwärterzeit als jetzt mit 900 K und dem aliquoten Teil des Wiener Quartiergeldes angestellt wurde und daß man 1700 K, zuletzt 1800 K Jahresgehalt und Quartiergeld erreichte. Der richtige Valorisierungskoeffizient ist ja bekanntlich 10, infolgedessen müßte er jetzt 18.000 Kè erhalten. In Wirklichkeit erhält er lediglich 13.000 Kè, bezw. 14.000 Kè, woraus man ersieht, daß die Bezahlung den Teuerungsverhältnissen in keiner Weise entspricht. Das gilt aber nicht allein von dieser Gruppe, sondern von allen entsprechenden Gruppen. Kürzlich ist in der Halbmonatsschrift "Der Weg" ein Aufsatz erschienen, dessen Verfasser Herr Dr Viktor Aschenbrenner ist, betitelt: "Ein Unrecht an der jungen Generation" - es ist die Folge 3 vom Jahre 1930 - in welchem darauf hingewiesen wird, wie insbesondere die Lebensverhältnisse in Prag, besonders die ungeheuere Wohnungsteuerung, die ungeheuerlichsten Schäden nach sich ziehen. Wenn man von einem Rückgang der Geburten spricht und von der Zerstörung des Familienlebens, muß man sich vor Augen halten, daß im Wohnungselend gewiß nicht der einzige, wohl aber der hauptsächlichste Grund zu suchen ist. Nicht alsob es keine Wohnungen gäbe, aber diese Wohnungen sind viel zu teuer. Der Verfasser spricht dabei von akademisch gebildeten Beamten, also von der ohnehin höchstbezahlten Gruppe, daß bei diesen Beamten der größte Teil der Bezüge allein auf die Wohnung aufgewendet werden muß, weil ja die Wohnungen hier 800, mindestens aber 700 Kè monatlich verschlingen und dem Betreffenden lediglich einige hundert Kronen übrigbleiben. Und dabei handelt es sich nur um Zweizimmer-Wohnungen. Bei den niedriger Besoldeten liegen die Verhältnisse natürlich noch schlechter. Wir haben seinerzeit gegen die Besoldungsgesetze gestimmt. Heute sehen auch ihre Väter ein wir haben es ja bei der Behandlung des Ruheständlergesetzes in den Ausschüssen erlebt - daß diese Gesetze durchaus nicht so berühmt waren.
Es wird seit einiger Zeit viel
vom 13. Monatsgehalt gesprochen. Die Vorbereitung dieser Vorlage
bereitet Schwierigkeiten, weil der Herr Finanzminister harthörig
ist und sich mit einem Ausgleich von 70 % abfinden will. Jetzt
ist dafür wieder kein Geld vorhanden. Für welche Zwecke aber Geld
vorhanden ist, darauf habe ich bereits hingewiesen. Wir müssen
uns aber in diesem Zusammenhang bewußt sein, daß auch der 13.
Monatsgehalt keine ausreichende Lösung darstellt, sondern das
diese nur in einer durchgreifenden Novellierung der Besoldungsgesetze
gesucht werden muß. Aber das Staatsangestelltenproblem hat nicht
nur eine materielle, sondern auch eine ideelle Seite, vor allem
eine nationale. Was nützt es, wenn der deutsche Staatsbeamte in
diesem Staate, wenn auch ein neues Besoldungsgesetz beschlossen
wird, er an seinen Bestimmungen deshalb nicht teilnimmt, weil
man ihn um den ihm rechtlich zustehenden Arbeitsplatz gebracht
hat und diesen mit einem Èechen besetzt hat. In dieser Hinsicht
war das alte Österreich weit gerechter. Das hat die nationalen
Verhältnisse berücksichtigt. Ich will mir hier lange Ausführungen
ersparen und nur darauf verweisen, daß vor kurzem durch die Presse
die Mitteilung ging, wie es bei der Staatsbahndirektion Olmütz
im Jahre 1910 zur Zeit der sog. Germanisierung ausgesehen hat
und wie es jetzt dort aussieht. Im Jahre 1910 war tatsächlich
der größte Teil der Bediensteten der Olmützer Staatsbahndirektion
- schon im alten Österreich also - èechisch, heute ist das Bild
so, daß es dortüberhaupt keine Deutschen mehr gibt. Man soll sich
doch vor Augen halten, daß man in dem Gebiete der Olmützer Staatsbahndirektion
mit einer deutschen Bevölkerungsstärke zu rechnen hat, auf die
Rücksicht genommen werden müßte. Ich erinnere auch an den Fall
des verstorbenen Generals Gardavský, der sich im alten Österreich
von Komorn weg nach Brünn versetzen ließ mit der Begründung, daß
er seine Kinder nicht in magyarische Schulen schicken wolle, sondern
in èechische. Anstandslos wurde seinem Begehren Rechnung getragen.
Ich frage, was passiert heute einem Deutschen, der sagt, er wolle
ins deutsche Gebiet, weil er seine Kinder in deutsche Schulen
schicken will? Heute hetzt man gegen jene deutschen Staatsangestellten,
die ihre Kinder in deutsche Schulen schicken mit der geradezu
blödsinnigen Begründung, daß sie vom Staate bezahlt wären und
daher die Pflicht hätten, ihre Kinder in die èechische Schule
zu schicken. (Posl. Simm: Die Minderheitsschulen wären ja sonst
in diesem Ausmaße nicht möglich!) Sehr richtig. (Posl.
Krebs: 90% der èechischen Minderheitsschulen werden auf diese
Weise gefüllt!)
Místopøedseda Roudnický (zvoní):
Žádám, aby øeèník nebyl pøerušován.
Posl. inž. Jung (pokraèuje): Koll. Krebs macht eben einen sehr richtigen Zwischenruf: Die Èechen selbst wollen aus dem deutschen Gebiete weg. Da ist kürzlich folgendes passiert. Ein èechischer Bediensteter wollte ins èechische Gebiet versetzt werden. Ein Deutscher sollte hingegen in diesen èechischen Ort versetzt werden. Dem Èechen hat man die Versetzung nicht bewilligt. Es ist dann auch mit Rücksicht auf seine Verhältnisse dem Wunsche des Deutschen entsprochen worden, und er ist dort geblieben, weil er sonst wirtschaftlich ruiniert gewesen wäre. (Posl. Krebs: Wozu quält man Tausende Menschen damit?) Sehr richtig.
Meine verehrten Kollegen von der èechischen Nation! Die Dinge liegen so. Wenn man unseren deutschen Bediensteten sagt, du bist vom Staate besoldet und hast infolgedessen deine Kinder in die èechische Schule zu schikken, so begeht man zweierlei Fehler. Der erste ist ein ausgesprochener Denkfehler, denn nicht nur die deutschen Bediensteten werden aus deutschen Steuergeldern entlohnt, sondern auch ein großer Teil der èechischen Bediensteten.
Denn wir haben an dem Stande der Staatsangestellten einen Anteil von höchstens 10 %, der Anteil unserer Steuerleistung aber beträgt 50 %. So liegen die Dinge in Wirklichkeit. Der zweite Fehler ist der, daß der Staat doch nicht allein für die Èechen da ist. Wenn sich auch manche einreden, er sei ein Nationalstaat, so sind wir aber doch wenigstens hier eine Minderheit. Ist man denn der Auffassung, daß die Minderheit glatt Selbstmord zu begehen hat? Oder muß man ihr nicht wenigstens das Recht zugestehen ihre kulturellen Bedürfnisse zu befriedigen und die Kinder im Sinne ihrer Nation zu erziehen. Der so oft abgestrittene Seelenfang besteht leider doch und treibt die allerschlimmsten Blüten. Das muß ganz offen gesagt werden.
In diesen Zusammenhang gehören auch die Qualifikationserlässe, die haarsträubend sind und um deren Änderung wir uns einigemale bemüht haben. Wenn ich den Fall Gardavský erläutert habe aus dem alten Österreich .... (Posl. Krebs: Der Fall des Ministers Vlasák!) Jawohl. Vlasák hat im alten Österreich eine große Rolle gespielt und wenn man ihn nicht hätte vorrücken lassen, so hätten Sie keinen ersten Sektionschef im Finanzministerium. 1918 war es so, daß man in Wien über Intervention des verstorbenen Ministerpräsidenten Tusar die èechischen Beamten beurlaubt hat, damit sie hier aufbauen können. Das ist doch Tatsache. Aber am besten werden die Verhältnisse durch den Erlaß des Landeskommandanten für Böhmen General Bíly beleuchtet, wornach die deutschen Offiziere nicht deutsch sprechen dürfen, und noch durch verschiedene andere Dinge.
Am allerärgsten liegen die Dinge bei den Eisenbahnern, hier ist schon lange vor der Sprachenverordnung ein Erlaß des damaligen Eisenbahnministers Støíbrný herausgekommen, im Jahre 1922, der Anlaß zu sehr vielen Quälereien der deutschen Angestellten geboten hat und die Sprachprüfungen bilden insbesondere bei der Eisenbahn auch heute noch den Anlaß zu den ärgsten Schikanen. Dann die Versetzungen ins èechische Gebiet; wir haben uns vor Jahren bemüht, durch Interpellationen wiederholt die Rückversetzung ins deutsche Gebiet anzuschneiden. Daraufhin haben wir die Antwort bekommen, daß, soweit die Möglichkeit gegeben ist, die Rückversetzungen durchgeführt werden. Aber es fällt den Direktionen gar nicht ein, diese Versetzungen durchzuführen. Auch die Postenbesetzung ist ein Ding für sich, dann die Beseitigung der Folgen der Sprachenprüfungen; das sind sehr wichtige Dinge, die wir bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit werden ausführlich zur Sprache bringen müssen, weil es mir heute bei der vorgeschrittenen Zeit nicht mehr möglich ist, sie ausführlich zu behandeln.
Damit gelangen wir zum Kern des Problems. Wenn man mit Fällen zu rechnen hat, wie es jener des Stabskapitäns Falout war und jetzt der des Militärarztes Dvoøák, so muß man sich nach der Ursache fragen. Wenn wir seinerzeit gegen das Besoldungsgesetz stimmten, so leiteten uns hierbei Erwägungen ideell rechtlicher Natur. Es wurde nämlich dadurch ein im alten Österreich schwer erkämpftes Recht, das Recht auf Zeitvorrückung, preisgegeben. Damit aber tauschte man eine im Wesen soziale Anschauung, nämlich die Erhaltungspflicht des Staates gegenüber seinen Angestellten, gegen den manchesterliberalen Grundsatz des freien Wettbewerbes, ein, das heißt letzten Endes des Kampfes aller gegen alle. Seit 1918 herrscht in Mitteleuropa als Sieger der amerikanisch-kapitalistische Geist, der Geist des Finanzkapitals. Sein Sieg zeigt sich nicht nur in den Tributlasten, die das Deutsche Reich übernommen hat, sondern in allem und jedem. Dieses Zeitalter der Weltherrschaft des Finanzkapitals und der mit ihr verbundenen parlamentarischen Demokratie kennt keine idealen Werte mehr, sondern nur materielle. Wer an ideellen Werten festhält, gilt als Narr, als Reaktionär oder allenfalls als Faszist. Das zeigt sich mit erschrekkender Deutlichkeit. Im Deutschen Reiche heißen die Nutznießer des Systems unter anderem Barmat, Kutisker und Sklarek, diejenigen aber, die ihnen zur Möglichkeit verhalfen durch Praktiken, die man sehr gelinde mit dem Ausdruck "Tarnopoler Moral" zu bezeichnen hat, den Staat und seine Hauptstadt und damit die Bevölkerung in der schamlosesten Weise auszunützen und zu betrügen, waren führende Mitglieder einer Partei, die vorgibt, den Kapitalismus zu bekämpfen, und die auf ihre republikanische Gesinnung so ungeheuer stolz ist. Die Barmat und Sklarek waren "Genossen", eingeschriebene Mitglieder der sozialdemokratischen Partei. In Österreich heißen die Schützlinge dieser Republikaner Bosel und Castiglioni. Verwickelt in die Schmutzaffären, die sich an diese Namen knüpften, war je ein Minister des Zentrums, bezw. der christlichsozialen Partei, woraus hervorgeht, daß dieses Zeitalter des Materialismus auch Richtungen korrumpiert hat, die früher eine Weltanschauung vertreten haben. In der Èechoslovakei liegt das Problem grundsätzlich auch so. Nur hat hier die Korruption kein republikanisches Vorzeichen, sondern ein nationales. Der Fall Falout und der neueste Fall des Dr Dvoøák, der Marienbader Fall, den Koll. Hassold vor einigen Tagen hier erwähnte und alle Fälle, in welchen deutsche Staatsangestellte abgebaut wurden, deuten darauf hin. Nehmen Sie meinen Fall noch dazu. Wäre ich ein Èeche, so wäre ich heute vermutlich Ministerialrat und nicht etwa Staatsbahnrat im Ruhestande mit 21 Dienstjahren. Aber alles rächt sich auf Erden, auch das Züchten des Grenzlertums. Wenn man aus jedem Grenzler einen Helden gemacht hat und Tag für Tag über ihn und seine oft eingebildeten Leiden Tränen vergießt, so darf man sich nicht wundern, wenn schließlich ein Teil dieser Grenzler - ich sage nicht alle - aus dem Patriotismus ein Geschäft machen. Das sind übrigens lediglich die Folgen einer Gesinnung, die man schon im alten Österreich pflegte, und man glaubte damals, sie pflegen zu müssen. Es war ein schwerer Fehler. Mit Heldentum hat das wahrlich nichts zu tun. Ich sage kein Wort gegen jene Èechen, die offen für die Befreiung ihrer Nation eingetreten sind. Aber zu betonen ist wohl dabei, daß es heldenhaft ist, sich einen Staat durch Einsetzung aller Kräfte und vor allem der letzten und höchsten Kraft, des Blutes, zu erk ämpfen und daß in diesem Begriff das Heldentum verborgen liegt. Man kann schließlich den Volkscharakter nicht ändern. Er ist unveränderlich und es nützen die schönsten Theorien und Anweisungen nichts. Die Herren, die verhindern möchten, daß solche Fälle wie Falout und Dvoøák sich wiederholen, mögen sich die Worte des Goethe'schen Zauberlehrlings merken: "Die ich rief die Geister, werd' ich nun nicht los!"
Ich habe die Pflicht gehabt, auch
bei Beratung dieser Vorlage diese grundsätzlichen Fragen aufzurollen,
die von uns geprägte Losung: "Für Sprache, Schule, Scholle
und Arbeitsplatz!", ist unser Leitwort auch bei Behandlung
dieser Vorlage. Wir werden für die Vorlage stimmen, trotzdem sie
uns nicht befriedigt. Wir können für sie nur stimmen, indem wir
unsere Auffassung darlegen, wie sie im Initiativantrag Druck Nr.
119 der Abg. Jung, Simm und Genossen niedergelegt
ist und indem wir unsere grundsätzliche Auffassung durch Abänderungsanträge
zur Geltung bringen. Die Verantwortung für die Mängel tragen die
Regierungsparteien, die sich gegenüber jeder Änderung der Vorlage
verschlossen haben. (Potlesk.)
Meine Herren! Seit dem Jahre 1926, in welchem die neuen Besoldungsgesetze für die Staatsangestellten und Lehrer in diesem Hause verabschiedet wurden, ist die Frage der Altpensionisten akut, besser gesagt, sie ist ein akutes Leiden. In unzähligen Ausführungen und Anträgen im Budgetausschuß, im sozialpolitischen Ausschuß und im Plenum der beiden gesetzgebenden Körperschaften wurde von den Vertretern fast aller politischen Parteien die dringende Regelung der Altruheständlerfrage verlangt. Eine Unzahl von Initiativanträgen der einzelnen politischen Parteien weisen den Weg, auf welchem dieses Problem gelöst werden sollte. Eine Menge von Petitionen wurden den gesetzgebenden Kammern überreicht und in einer Reihe von unzählbaren Zeitungsartikeln und Resolutionen von Versammlungen wurde die weiteste Öffentlichkeit auf dieses dringende Problem aufmerksam gemacht. Der Motivenbericht des sozialpolitischen Ausschusses zu diesem Gesetz sagt selbst, daß fünf Initiativanträge und 16 Petitionen mit dieser Regierungsvorlage gleichzeitig erledigt werden. Dabei sind die Initiativanträge und Petitionen der früheren Legislaturperiode gar nicht mitgezählt.
Aber immer hieß es, der Finanzminister habe kein Geld, an die Lösung dieses Problems könne nicht herangegangen werden. Die sachliche Begründung, die auf das Unrecht hinwies, das den Altpensionisten angetan wird, die Hinweise auf Not und Elend, die in den Reihen der ärmsten und bedürftigsten Menschen herrschen, haben nichts gefruchtet. Als aber in diesem Haus Agrarforderungen auftauchten, die Geld kosten, als man sah, daß der Finanzminister auch 300 Millionen für die Fusionierung verkrachter Banken nur so aus dem linken Handgelenk zu geben imstande sei, konnte der politische Kuhhandel einsetzen und konnte es möglich sein, daß auch der Altpensionisten gedacht wird. Das ist wohl ein hinlängliches Charakteristikon für den Geist, in dem die Politik in diesem Hause gemacht wird.
Die Vorlage wurde im Senat eingebracht. Der Senat hat auch einige Änderungen an der Regierungsvorlage angenommen und nun hat sich das Abgeordnetenhaus mit der so geänderten Regierungsvorlage zu beschäftigen. Das Abgeordnetenhaus ist in einer peinlichen Situation. Geändert darf an diesem Gesetz nichts werden, denn es ist doch nicht möglich, daß die Abgeordneten der Regierungsmehrheit die Kollegen von der Regierungsmehrheit im Senat desavouieren und ihnen zeigen, sie hätten die Materie nicht richtig beherrscht und es wären Verbesserungen notwendig. Sie können auch nicht vorgenommen werden, weil die Verhandlung der Vorlage keine Verzögerung duldet. Niemand wird es sich auf das Gewissen nehmen wollen, daß er durch das Stellen von Abänderungsanträgen und Durchdrücken der Abänderungen schuld daran ist, wenn die Vorlage wieder an den Senat zurück muß und die Altpensionisten, die auf diese geringe Aufbesserung dringend warten, gezwungen wären, noch länger zuwarten zu müssen, ehe ihnen die paar Knöpfe gereicht werden. Wenn meine Partei für diesen Gesetzantrag stimmen wird, so ist sie sich dessen bewußt, daß die Kritik, die wir vorbringen, einmal nur den Zweck haben kann, die Mängel und Härten des Gesetzentwurfes aufzuzeigen und dadurch zu dokumentieren, was noch in nächster Zukunft geleistet werden muß, andrerseits aber auch um jene Probleme zu berühren, welche in vorliegendem Gesetzantrag eine Lösung nicht gefunden haben.
Wenn von der Regierungsseite behauptet wurde, daß die Vorlage des Senates das Maximum dessen darstelle, was für die Altpensionisten getan werden kann, so müssen wir dem die Behauptung entgegenstellen, daß diese Vorlage nichts anderes vorstellt, als nur einen Schritt nach vorwärts in der endgiltigen Lösung der Altpensionistenfrage, der allerdings geeignet ist, der größten Not in diesen Kreisen augenblicklich abzuhelfen. Wir werden daher keine Abänderungsanträge stellen, wir verlangen aber, daß die Durchführung dieses Gesetzes nicht am Ende unter Berufung auf den § 11 eine unnütze Verzögerung erfährt.
Vor allem ist festzustellen, daß das Gesetz keineswegs die Gleichstellung der Altruheständler mit den neuesten Pensionisten beinhaltet, eine Gleichstellung, wie sie auf der einen Seite von den Altruheständlern gefordert und auf der andern Seite von den politischen Parteien immer versprochen wurde. Es handelt sich nur um eine ungefähre Angleichung und weil die Gesetzesvorlage auf dem Schema der Gesetze Nr. 103 und 104 aus dem Jahre 1926 aufgebaut ist, so werden die Altruheständler jetzt noch in verstärktem Maße alle Härten und Ungerechtigkeiten dieser beiden Besoldungsgesetze am eigenen Leibe zu spüren bekommen, weit mehr als die aktiven Beamten darunter zu leiden haben. Zum Beweis dafür braucht man nur im § 6 den Absatz 2 zu lesen und wird daraus entnehmen, daß das vorliegende Gesetz sogar mit der Möglichkeit rechnet, daß einem Altruheständler bei der Überführung in das neue Schema die Pension gekürzt werden kann, und es sieht daher Ausgleichszulagen vor. Wenn also jemand gehofft hat, daß gerade das Altpensionistengesetz der Anfang einer neuen Personalpolitik in diesem Staate sein wird, sieht er seine Hoffnungen gründlich enttäuscht. Es ist fraglos zu beklagen, daß bei dieser Gelegenheit nicht endlich einmal der gesetzliche Grundsatz und das Recht in der Pensionsfrage überhaupt festgelegt wurde. Die aktiven Staatsbeamten haben sich seit jeher während ihrer aktiven Dienstzeit mit weitaus geringeren Gehältern begnügt, als ihre Kollegen, die die gleiche Arbeit in anderen öffentlichen oder privaten Diensten geleistet haben. Der aktive Staatsbeamte hat sich gesagt: Ich habe allen anderen Kategorien der arbeitenden Menschen das voraus, daß durch die Pension, durch den Ruhegenuß mein Lebensabend gesichert erscheint. Man hat im alten Österreich scherzweise vom glänzenden Elend der Staatsbeamten gesprochen. Der Glanz war da, Staatsbeamtenuniform, Orden, Titel und schließlich wurde von den Zentralämtern dafür gesorgt, daß die Beamten dem Publikum gegenüber Ansehen hatten. Heute ist der Glanz weggefallen, dafür ist über die aktiven Staatsbeamten ein doppeltes Elend verhängt worden.