Pátek 11. dubna 1930

Dasselbe gilt von der Vermögensabgabe. Auch da geben Sie sich Täuschungen hin, Sie können mit diesen Rückständen absolut nicht rechnen und werden sich ein klares Bild machen müssen, um nicht hier auf Grund des Übereinkommens mit der Nationalbank sich falschen Schlüssen hinzugeben. Man hat das sehr gut gespürt, als die Währungsfrage im Zuge war, wie man sich mit der raschen Abdeckung der Staatsnotenschuld beschäftigt hat, wie automatisch die Administrationen mit der rigorosen Einhebung der Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe über Auftrag des Finanzministeriums eingesetzt haben.

In diesem Zusammenhange ließen sich noch viele Momente hervorheben. An eines habe ich vergessen, das muß ich noch besprechen. Im Zusammenhang mit den Staatsschulden fällt mir auf, daß in der Èechoslovakei eine Staatsschuldenkontrollkommission fehlt. (Pøedseda Nejvyššího úèetního kontrolního úøadu dr Koerner ukazuje na sebe.) Ja, wir haben so etwas, aber pardon, Herr Präsident! Sie kontrasignieren, wenn Verschreibungen herausgegeben werden. Das weiß ich gut. Aber eine Staatsschuldenkontrollkommission wie im alten Österreich haben wir nicht, eine Kommission, die sich aus Parlamentariern zusammensetzt, die für die Überprüfung und das ganze Arrangement die Verantwortung mit übernehmen. Soviel ich heute vormittag gehört habe, ist vor Jahren seitens des Dr. Kramáø ein ähnlicher Antrag eingebracht worden. Sie werden sich vielleicht erinnern, daß ich vor zwei, drei Jahren anläßlich der Besprechung des Staatsrechnungsabschlusses die Errichtung einer Staatsschuldenkontrollkommission moniert habe. Bis heute ist der Antrag liegen geblieben und man hat die Anregung bezüglich der Kontrollkommission einfach sein lassen.

Ich möchte zum Schlusse kommen. Ich habe das Empfinden, daß heute die parlamentarische und auch die politische Behandlung des Staatsrechnungsabschlusses nur durch eine Remedur des Gesetzes über das Oberste Rechnungsamt selbst zu erreichen ist. Ich möchte schon für die nächste Zeit praktisch vorschlagen, daß man unter allen Umständen den Rechnungsabschluß und das Budget gleichzeitig behandle, und zwar aus den angeführten Gründen. Ein Moment, das natürlich für uns als deutsche Abgeordnete in die Wagschale fällt, was tief bedauerlich ist, sind die vergeblichen Anträge, daß man den deutschen Parlamentariern endlich einmal zumindest eine Übersetzung des Motivenberichtes gebe. Lassen wir jetzt alles andere beiseite. Wenn Sie auf der einen Seite an die Parlamentarier den Appell richten, sachlich mitzuarbeiten, müssen Sie ihnen andererseits die Gelegenheit geben, daß sie das in vollem Umfange machen können. Vergeben Sie sich etwas, wenn Sie uns eine Übersetzung des Motivenberichtes geben? Absolut nicht! Ich habe bei der Beratung des Budgets diesen Wunsch zum Ausdruck gebracht und habe als Beispiel das karpathorussische Budget angeführt. Koll. Ing. Kallina hat anläßlich des Abschlusses denselben Wunsch vorgebracht. Es geht nicht. Ist es nicht eine Groteske, wenn paar Wochen später die Gesetze in deutscher Übersetzung in der Sammlung der Gesetze und Verordnungen herauskommen, die Parlamentarier aber bei der Beh andlung der Gesetze nicht imstande sind, eine Übersetzung zu bekommen? Diese Änderung wäre doch in Wirklichkeit der primitivste Grad der Anständigkeit, mit der man loyal mitarbeitenden Menschen entgegenkommen müßte, und ich richte an den Herrn Generalberichterstatter des Budgets den Appell, in dieser Hinsicht Wandel zu schaffen, damit wir wirklich in der Lage sind, in vollem Umfange mitarbeiten zu können. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Geyera (viz str. 33 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Die beiden Vorlagen Druck Nr. 305, betreffend die Zusatzzölle und Druck Nr. 329, betreffend die Änderung der bisherigen Bestimmungen über die Einfuhrscheine finden dieselbe mißliche wirtschaftliche Lage vor, wie ihre Vorgängerinnen im Jahre 1926. Die Zollgesetze im Jahre 1926, die erstmalig feste Zollsätze brachten, waren, wie die heutige Änderung zeigt, nur von vorübergehender Wirkung; daher wird auch der heutige Versuch - das muß ausdrücklich festgestellt werden - mit Hilfe neuer Zuschlagszölle die Situation für einen Teil der Wirtschaft zu bessern, abermals vergeblich sein. Äußerlich ergibt sich für die Behandlung der Frage ein geändertes Bild, in dem die Front der Zollfreunde inzwischen verlängert und die der bewußten Zollgegner sich eingeengt hat. Trotzdem müssen aber alle Argumente, die schon im Jahre 1925 und 1926 von beiden Seiten hervorgehoben wurden, aufrechtbleiben, nur an jener Gruppe, die inerhalb dieser kurzen Zeit eine Schwenkung vorgenommen hat, liegt es, der Ursache dieser Schwenk ung Ausdruck zu geben. Gerade die Zollvorlage des Jahres 1926 hat nach ganz kurzer Zeit ihres Bestandes den Beweis erbracht, daß sie nur einer ganz kleinen Schichte, nämlich der Spekulation, zugutekommt, daß die beiden großen Gruppen, nämlich die der landwirtschaftlichen Produzenten und die große Gruppe der Verbraucher dabei gleichmäßig zu Schaden gekommen sind. Es ergibt sich der ganz besondere Hinweis auf die heutige politische Lage, da ja die Bestrebungen um diese Zollvorlage schon im Vorjahre einsetzten und nur an der Uneinigkeit der alten Koalition gescheitert sind, bezw. an der Angst der Parteien vor einer Belastung. Die große Abrechnung, wie es bei den Debatten im Jahre 1926 so oft und eindringlich hervorgehoben wurde, ist durch die Neuwahl inzwischen erfolgt und die neue Regierungskoalition geht nun daran, mit der Landwirtschaftskrise die Industriekrise zu lösen. Leider bemerken wir dabei den Umstand, daß diese Lösung keinen gesamtvolkswirtschaftlichen Charakter hat und so wie damals der Versuch hiezu nur einseitig vorgenommen wird. Im Jahre 1930 ist die Situation für die gesamte Wirtschaft schlechter als 1926. Das zeigt sich an der Arbeitslosenziffer am deutlichsten, die im Jahre 1926 66.000 betrug, heute aber mehr als 84.000 Unterstützte auf Grund des Genter Systems aufweist, dazu kommt noch die unübersehbare Zahl jener, die keine Unterstützung haben, die durch verkürzte Arbeitszeit einen großen Teil ihres Arbeitseinkommens verlieren. Abermals zeigt sich, daß hiebei nach der Zusammensetzung der Koalition die Lösung der Agrarkrrise vorweggenommen werden soll. Wie aus dem Motivenbericht hervorgeht, ist der Zweck der Vorlagen, eine Stabilisierung der heutigen Getreidepreise und darüber hinaus die einiger anderer landwirtschaftlicher Produkte zu erreichen. Dabei gibt man sich einer Täuschung hin. Wenn man von dem Fünfjahre-Durchschnitte ausgeht, der mit 215,54 Kè errechnet ist, und 11% in Abzug nimmt, das sind 23·70, so kommt man zu einem Stabilisierungsrichtpreis von 191,84; welcher der gegenwärtig geltenden Marktpreise soll außer der weiterhin geltenden alten Zollbestimmung mit einem Zuschlag bis zu 25 Kè getroffen werden, wenn dieser Richtpreis noch nicht erreicht ist. Ähnlich ist es bei Roggen, Hafer, Gerste und anderen Produkten. Ich behaupte nun: der Kreis der Personen, welchen diese Regelung zugutekommen wird, ist einseitig gezogen und minimal. Einseitig gezogen aus dem Grunde, weil schon ganz absolut genommen die Zahl der Bevölkerung, die in der Landwirtschaft direkt und indirekt beschäftigt ist, gegen die übrige weit geringer ist. Ob man nun nach der Statistik 39·56% oder nur 38 oder noch weniger landwirtschaftliche Bevölkerung zählt, spielt dabei keine Rolle, weil die übrigen Bevölkerungskreise stärker sind, Industrie und Gewerbe 33·8, Handel und Verkehr 10· 6, öffentlicher Dienst 4·14, Militär 1·2 und Haus- und Heimarbeit 10·5% zählen. Diese werden ausnahmslos getroffen. Doch gehen wir weiter, um meine Behauptung von der Einseitigkeit zu begründen. Die Erfahrung lehrt, daß bei Eintritt der Zölle der Aufschlag der Zolldifferenz auf die geltenden Preise nicht zu umgehen istt und auch nicht umgangen wird. Auch hier sagt die Statistik die Wahrheit. Es ist hier nicht der Ort und die Zeit, um ausführlich zu untersuchen, warum und weshalb. Wir wissen aus der Statistik der letzten Jahre, die eine Preissenkung beim Großhandelspreis brachten, daß der Kleinhandelspreis dieser Entwicklung nicht gefolgt ist. Ist doch im Laufe des letzten Jahres vom Jänner 1929 bis zum Feber 1930 der Lebensmittelindex einer Arbeiterfamilie nur von 745 auf 741 Punkte und der einer Beamtenfamilie von 712 auf 711 Punkte zurückgegangen. Die Differenz beträgt also nur 7 bezw. 1 Punkt. Im Gegensatz dazu ist der Weltagrarindex von 136 auf 116 zurückgegangen, was also eine Differenz von 20 Punkten ist. Ich werde später auf die Ursachen dafür zurückkommen, ich will jetzt nur beweisen, daß das, was die Zollfreunde immer angeben, daß sich die Zölle nicht in einer Erhöhung der Lebenshaltung auswirken brauchen, weil angeblich sich ja auch die Senkung der Großhandelspreise nicht im Kleinhandel ausgewirkt hat, nicht zutrifft. Es wird sich im Gegenteil der Zollzuschlag im Kleinhandel auswirken, und zwar sofort und größtenteils schon mit der spekulativen Voraussicht, mit welcher der Großhandel vorangeht. Ich habe nun noch den Beweis zu erbringen, daß der Kreis der landwirtschaftlichen Bevölkerung, ob wir sie jetzt nun mit 35 oder 38% annehmen wollen, welchem der Zoll zugutekommt, ein äußerst kleiner ist. Von den 1,843.000 landwirtschaftlichen Besitzgütern, wie sie die "Statistischen Mitteilungen" ausweisen, sind 83%, also der weitaus überwiegende Teil, Kleinbesitzer bis zu 5 ha. Diese sind in Bezug auf Bodenfläche, Hektarertrag, aber auch in Bezug auf die Möglichkeit der Viehhaltung so beschränkt, daß das, was so eine kleine Wirtschaft im Jahre produziert und auf den Markt bringt, bedeutend kleiner ist, als das, was sie auf dem Markt an Industrie- und anderen Produkten, aber auch zum Teil an landwirtschaftlichen Produkten zukaufen muß. Diese 83% sind also weniger Produzenten als Konsumenten, sie haben also an der Erhöhung der Zölle keinen Nutzen, sondern sie tragen die Lasten in der Erhöhung. Diese Kleinlandwirte haben auch bisher keine Forderung nach Zollerhöhung erhoben und es ist eigentümlich, daß hier eine Dissonanz zwischen großen und kleinen Bodenbesitzern besteht. Im Gegenteil, sie haben bereits mehrere Male, soweit sie zurückdenken können, die Erfahrung gemacht, daß die Erhöhung nur ein spekulatives Moment unterstützt und der Großhandel und die wenigen Bodenbesitzer größten Ausmaßes es sind, denen die Erhöhung zugutekommen muß und kommt. Wenn Sie hinzurechnen, daß auf gewisse landwirtschaftliche Produzenten, wie Hopfenbauern, Weinbauern, Obstbauern u. a. in dieser Zollvorlage gar nicht Bedacht genommen ist, daß gerade diese drei Gruppen von den übrigen Zöllen auf Getreide und Mahlprodukte genau so betroffen werden, wie die Konsumenten in der Stadt und in der Industrie, so ergibt sich, daß man nicht einmal von 17% sprechen kann, denen die Zölle zugute kommen, sondern von kaum 8 oder 9%, wobei ich die Spekulanten der Börse usw. bereits eingerechnet habe. Es ist also nur eine Aktion, die volkswirtschaftlich dazu führt, daß durch die Steigerung der Bodenrenten, welchem Zwecke die Zölle dienen sollen, der Großgrundbesitz gesteigert und der Kleinbesitz zermürbt wird. Es ist die Fortsetzung der èechoslovakischen sogenannten Bodenreform nunmehr auf dem Gebiete des wechselnden Preisverfalls und der Preisaufblähung, um so einen neuen Landadel nebst den Restgutbesitzern durch den Hinzukauf der zerfallenden Güter und des zerfallenden Kleinbesitzes in seiner Macht zu stärken und ihm die Rente zu garantieren. Über diese Tendenz kann niemand hinwegsehen und sie verschweigen. Sei es, daß sie im Taumel der politischen Leidenschaft untergeht, für die Weltgeschichte aber wird diese Tatsache be tehen, dieselbe Tatsache, die nach der Schlacht am Weißen Berge eingesetzt hat und was sie jetzt tun, ist eine neue Schlacht am Weißen Berge, die zur Einschränkung des Kleinbesitzes und zur Häufung, zur Kumulation des Großgrundbesitzes führt. Sie schaffen die Möglichkeit neuer Latifundien, mit mangelhafter und stellenweise miserabler Bewirtschaftung. Das lehrt die natürliche Erfahrung und die wirtschaftlichen Folgen stellen sich auch immer ein. Wir brauchen aber nicht einmal zur Wissenschaft zu gehen, um zu erfahren, was sie von den Zöllen hält; wir brauchen nur um uns Umschau zu halten, im Leben, wie in der Wirtschaft selbst und bei denjenigen Parteien, die heute mit in der Regierungskoalition sitzen, was sie im Jahre 1926 als wahr und folgerichtig erkannt haben, und von denen man annehmen müßte, daß sie sich auch heute noch dieser Wahrheit und Vollgültigkeit bewußt sind. So zitiert der Koll. Dietl am 11. Juni 1926 nach dem stenographischen Irotokoll Seite 1811 den Volkswirtschaftler Lujo Brentano: "Was ist der Zweck des Getreidezolles? Er soll den Getreidepreis steigern und in dem Maße, in dem dieser Zweck erreicht wird, steigt die Grundrente, die der Boden abwirft. Der Minimalpreis des Bodens ist aber gleich der Geldrente, die er abwirft, kapitalisiert mit dem herrschenden Zinsfuß; entsprechend der gesteigerten Geldrente steigt der Bodenwert. Der Landwirt, der dann sein Eigentum verkauft (und ich füge hinzu: verpachtet) - und je höher er verschuldet war, desto größer ist der Versuch zu verkaufen (oder zu verpachten) - hat, wenn er sich von dem weiteren landwirtschaftlichen Betriebe zurückzieht, vom Getreidezoll allerdings großen Nutzen. Er wird von aller Not befreit und macht darüber hinaus einen Vermögensgewinn. Allein der Getreidezoll soll denen helfen, die sich nicht von der Landwirtschaft zurückziehen, sondern denen, die bleiben." Der Zoll kommt also der Spekulation zugute, die das Moment sofort aufgreift und darnach ihre Maßnahme trifft; die Spekulation der Termingeschäfte und mit dem Boden selbst, sei es Verkauf des Bodens, sei es Verpachtung, um die Grundrente abzuschöpfen, und für sich als arbeitsloses Einkommen zu verbrauchen. Parteien also, die für diese Zölle stimmen, steigern das arbeitslose Einkommen und werden zur Ursache, daß das arbeitslose Einkommen von den noch Schaffenden aufgebracht und im Wege des Abzugs durch die Zollbelastung von allen zur Verfügung gestellt werden muß.

Auch Professor Ser ing wendet sich gegen die Zölle. Ich verdanke auch diese Feststellung der vorerwähnten Rede des Koll. Dietl, nach welchem Professor Sering sagt: "Man kann der Landwirtschaft nicht helfen, indem man der konsumierenden Bevölkerung Mitteleuropas durch Erhöhung der Brotgetreidepreise und durch höhere Zölle die Lebenslage weiter verschlechtert, es sei die Aufgabe, nicht der Landwirtschaft durch höhere Zölle zu helfen, sondern ihre Produktionskosten herabzumindern." Auch der Reichsernährungsminister, Graf Kanitz, spricht anläßlich der Krise in Deutschland: "Die Landwirtschaft hat keinerlei Interessen an den hohen Preisen für Getreide, sondern nur daran, daß die Preise für ihre Erzeugnisse zu denen der Produktionsmittel in einer richtigen Relation stehen." Ich erwähne noch den Standpunkt Philippovichs, den mein Kollege Krebs anläßlich der Zolldebatte 1926 zitiert hat: "Der Schutzzoll muß eine preissteigernde Wirkung ausüben und diese muß eben vom Abnehmer der geschützten Waren gezahlt werden. Die Schutzzölle müssen ihrer Natur nach, ihrem Zweck nach verteuernd wirken, ob nun eine wirkliche Preissteigerung eintritt oder eine Verhinderung des Preissinkens."

Aus diesen Belegen der Wissenschaft ist ohne weiters zu erkennen, daß die Zölle preistreibend wirken, und infolgedessen ist nur zu untersuchen, wer die Folgen dieser Preissteigerung und Verteuerung zu tragen hat. Gehen wir jedoch zurück; die kurze Zeit des staatlichen Bestandes der Èechoslovakei ist erfüllt von der Fortsetzung des alten Zollkrieges im alten Österreich und die Begleiterscheinungen sind da wie dort dieselben. Wir haben 1920/21 das Anmelde- und Bewilligungsverfahren bekommen, 1921 die Industrie- und daneben die Viehzölle, am 4. Juni 1925 die gleitenden Zölle und am 22. Juni 1926 die definitiven Agrarzölle. Und heute, im Jahr 1930, kommt es schon wieder zur Regelung. Die alten Zollsätze haben sich für die Aufrechterhaltung der Rente als unzureichend erwiesen, man verlangt Zusatzzölle in dem Umfang, wie sie die Regierungsvorlage plant, von 25 Kè aufwärts bis 75 Kè, wenn der fünfjährige Durchschnitt innerhalb einer Zeit vom Weltmarktpreis nicht erreicht wird. Welche Lage ergibt sich für die Konsumenten? Ich denke in erster Linie an die heutigen Arbeitslosen, an die Kurzarbeiter, ich denke auch an die Kriegsinvaliden und Pensionisten, ich denke an die Gewerbetreibenden, insbesondere Kleinhandwerker, die in ihrer Werkstatt ebenso hungern mit ihren Gehilfen, ich denke an die Staatsbeamten, denen man schon seit Monaten vom dreizehnten Monatsgehalt erzählt, ich denke an die übrigen Bevölkerungsschichten, an die Angestellten im Handel und Industrie und nicht zuletzt an die kleinen Bauern und an die kleinen Händler, die alle Opfer dieser Preiserhöhungen dadurch werden, daß sie durch den Mehraufwand dank der Zölle für den anderen Teil ihrer Lebenshaltung nunmehr kaufschwächer werden, sodaß infolgedessen die Gesamtwirtschaft einen Rückschlag erleben muß.

Ich will wieder einige Ziffern anführen, die sie selbst beurteilen und abschätzen können. Ich behaupte, die Erhöhung durch die neuen Zölle wird auf die heutige Kalkulationsbasis sowohl bei Brot wie den übrigen Erzeugnissen aus den geschützten Waren aufgeschlagen werden, u. zw. durchschnittlich im Kilo bei Brot, Feingebäck usw. um 40 Heller. Der Monatsverbrauch einer Arbeiterfamilie mit 209 kg erfährt also eine Belastung von monatlich 83·6 Kè, also jährlich von 1.032 Kè. Jetzt können Sie sich in die Lage eines solchen Arbeiters versetzen. Auch in die eines Staatsangestellten, dem der sagenhafte 13. Monatsgehalt schon heute durch die Zollvorlage eskomptiert wird und dem schon im vorhinein die künftig anfallende Gehaltserhöhung in Form des 13. Monatsgehaltes weggenommen wird. Bei den privaten Angestellten ist die Sache nicht besser. Bei einem Monatsbedarf von 175 kg Mahlprodukte ergibt sich eine Erhöhung für diesen Abschnittsbedarf von 70 Kè monatlich oder 840 Kè pro Jahr. Und da Sie wissen, daß die Staatsangestellten und die Angestellten von Handel und Industrie bei weitem nicht durchaus Gehälter von 840 Kè monatlich zu verzeichnen haben, sondern daß die Sätze der unteren Angestellten bei Post, Eisenbahn und Staatsämtern schon die niedrige Ziffer von 500, 600 und 700 Kè erlangt haben, werden Sie auch hier sehen, daß ein künftiger 13. Monatsgehalt diesen Eskompt, diese Vorauswegnahme nicht wettmachen kann. Ihre Lage wird sich daher so verschlechtern, daß eine ganz andere Regelung platzgreifen muß, die zu neuerlicher steuerlicher Belastung führt. Bei einer Beamtenfamilie macht dies bei 154 kg den Betrag von 61.60 Kè monatlich oder 729 Kè im Jahr aus und es ist natürlich nicht ganz gleichgültig, in welcher Rangsklasse der Beamte ist, da die Fähigkeit, diesen Betrag unter Schmälerung anderer Bedürfnisse zu tragen, verschieden sein wird.

Habe ich Ihnen somit nachgewiesen, daß diese Zollvorlage eine Verteuerung der Lebenshaltung mit sich bringt, so ist es natürlich notwendig, die Auswirkungen auf die verteuerte Lebenshaltung in weiterem Umfange zu verfolgen. Zunächst wird unsere Industrie betroffen werden. Auch wenn der 13. Monatsgehalt den Staatsbeamten eine Besserung bringt, so wird er doch die Folge haben, daß der Staat neue Steuern erhebt, wird die Folge haben, daß die Industriearbeiter in neue Lohnkämpfe eintreten müssen und diese Lohnkämpfe unter den schwersten Umständen durchzuführen haben, wird weiters eine neuerliche Verteuerung der Produktion zur Folge haben, so daß aus diesen Umständen die Konkurrenzfähigkeit unserer Industrie gege über dem Ausland gelähmt und herabgesetzt wird. In dieser Hinsicht sind wir ohnehin in keiner beneidenswerten Lage. Geht doch unser Ges amtumsatz nach außen immer mehr zurück, sowohl der Außenhandel nach der engeren Nachbarschaft wie der nach dem ferneren Ausland. Und es ist kein Trost, ich möchte das hervorheben, wenn unser Nachbar Deutschland just im selben Augenblick mit einer ähnlichen Zollvorlage, die fast die gleichen Zollsätze enthält, auf den Plan tritt, wenn unser Nachbar im Süden, Österreich, gerade in diesen Tagen eine neue Zollvorlage seiner Volksvertretung auf den Tisch legt, wenn in Amerika der Senat in den letzten Tagen ein ungeheueres Zollwerk, eine Urkunde der Völkerverhetzung von 4000 Artikeln hinter sich gebracht hat, wenn England immer mehr dem Hochschutzzollgedanken verfällt und in seinem Vertreter Baldwin einen Kriegserklärer für die sonstige Verständigungsarbeit gefunden hat. Dieses Wettrüsten auf allen Seiten wird uns als verhältnismäßig kleinen Staat immer in den Hintergrund drängen, bestenfalls kann es uns eine kurze Spanne Zeit gelingen, daß die Zollerhöhungen innerhalb unseres Staates sich auswirken, aber die Zeitspanne wird nicht lang genug sein, um vorübergehend wohl nur den Spekulanten, nicht auch der übrigen, der werktätigen Bevölkerung irgend etwas Positives bringen zu können.

Und wenn die Vorlage begründet wird mit der Notwendigkeit, zur Genfer Zollkonferenz eine bindende Erklärung abzugeben, die bis zum 15. April terminiert sein soll, vorher aber die Erhöhung als Faktum zu sichern, so sage ich: Dieses Wettlaufen, dieses Aufrüsten der Zölle ist eine schlechte Begleitmusik zu der übrigen Abrüstung. Gerade die wirtschaftliche Aufrüstung, die Erhöhung der Zollmauern, läßt jede andere ehrliche Verständigung unmöglich werden. Hier darf man sich keiner Täuschung hingeben; wir wissen, daß zwischen dem Wirtschaftskrieg durch Zölle und der Friedensbereitschaft ein Abgrund tiefer Spalt liegt, der nicht überbrückt werden kann. Wir müssen weiterhin daran festhalten, daß die Konkurrenzfähigkeit des Inlands gegenüber dem Auslande auch dazu führt, daß die Handelsbeziehungen des Auslandes aus denselben Gründen wiederum zu uns wirksam werden. Sie wissen, daß mit diesem Antrag der Regierung bewußt verlangt wird, den Handelsvertrag mit Ungarn zu kündigen, aufzulösen, weil die Zollbestimmungen mit Ungarn der jetzigen Vorlage widersprechen. Man wird mit den Ungarn schlechtere Positionen in den Handelsbeziehungen vereinbaren müssen und dieser Verschlechterung gegenüber Ungarn wird parallel eine Verschlechterung gegenüber Jugoslavien und Rumänien folgen müssen.

Aus dieser Übersicht ergibt sich, daß trotz größter politischer Freundschaft, die gerade die Èechen und Slovaken mit ihren südslavischen Brüdern verbinden, hier die Zölle als Scheidewasser wirken werden, genau so wie sie sich in der innerstaatlichen Politik als Scheidewasser bewiesen haben. Sie haben im Jahre 1925 zuerst als Scheidewasser gewirkt, haben den Gedanken der nationalen Koalition zertrümmert, die gleitenden Zölle des Jahres 1925 haben das Auseinandergehen der Koalition bewirkt, es folgte das Beamtenkabinett, dem man die festen Zölle des Jahres 1926 überantwortete. (Posl. inž. Jung: Die ungarischen Zölle wurden seinerzeit als Ursache des Weltkrieges angeführt!) Ich komme noch darauf zu sprechen. 1926 hat sich die Festsetzung der Zölle neuerdings als Scheidewasser erwiesen, hat auch innerhalb der anderen Völker zu Trennungen geführt. Auf deutscher und èechischer Seite kam es zu neuen Konstellationen und die Wahlerfolge gerade der letzten Parlam entswahlen zugunsten der jetzt neu in der Regierung befindlichen, aber damaligen Oppositionsparteien war ja ein Erfolg des mißglückten Vorstoßes der Zollfreunde. Nunmehr wird sich auch außenpolitisch die Zollvorlage als neues Scheidewasser erweisen. Die Freundschaft mit den Oststaaten ist in ständigem Erkalten begriffen, darüber können keine Freundschaftskongresse in Prag oder Agram täuschen, und wir werden erleben, daß wir in jenes Fahrwasser kommen, welches Koll. Dietl hier vor 3 oder 4 Jahren vorausgesagt hat, daß man, wie im alten Österreich, nicht die serbischen Kanonen und Soldaten fürchtet, sondern daß man die serbischen Schweine und Ochsen zu fürchten hat. Vielleicht kommt der Zeitpunkt, wo sich auch die èechischen Patentpatrioten darauf besinnen werden, daß sie hier der Selbständigkeit ihres Staates einen verhängnisvollen Dienst erweisen. Bekanntlich sind Zölle dicker als Blut, und das Schwert, das man hineintaucht, wird auch hier Grenzstriche ändern, die alle Demokratie nicht ändert. Die Zollfrage wird grenzregulierend wirken. Es ist also begreiflich, wenn zwischen den agrarischen Forderungen auf der einen Seite und den agrarischen Forderungen auf Aufrechterhaltung und Verstärkung des Militarismus auf der anderen Seite ein inniger Zusammenhang steht. Grundrente braucht immer Söldner, und es ist traurig, wenn die früheren Gegner der Grundrente zu Dienern dieser Söldner herabsinken. Auch wenn sie heute nicht anwesend sind, wir werden ihnen ihre umfangreichen Exposés zur Zollvorlage des Jahres 1926 noch mehrhals vor die Nase halten. Die Zölle bringen eine Verletzung des Wirtschaftsfriedens der Länder untereinander. Sie bringen weit mehr, sie bringen Gegenmaßnahmen. Im landwirtschaftlichen Ausschuß hat man gedankenlos erzählt, daß die frühere feindliche Haltung der Èechoslovakei gegenüber Österreich Österreich zur Selbständigkeit in gewis en Produktionszweigen gezwungen hat. Man verwies darauf, daß Österreich nach dem Umsturz im Jahre 1919 nur 8% seines Zuckerbedarfes selbst erzeugt hat. Durch die feindselige Haltung der Èechoslovakei in der Zuckerfrage hat man Österreich gezwungen, die Eigenproduktion zu fördern und heute erzeugt Österreich bereits 67% seines Eigenb edarfes und wird - nicht nach einem Fünfjahrsplan wie drüben - sondern nach einem wirklichen Wirtschaftsplan in der Lage sein, im Jahre 1932 Zucker aus anderen Ländern überhaupt nicht mehr beziehen zu müssen. Dasselbe tut auch Südslavien. Es ist beängstigend, wie durch die Zol dummheiten, speziell auch unseres Staates, die Südslaven gezwungen werden, mit Rumänien, Bulgarien und Ungarn - eine ganz neue Konvention bereitet sich hier vor ... (Posl. inž. Jung: Wir wirken ja erzieherisch, aber auf die anderen!) Ja! - Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, mit ihren jungen Industrien den Aufbau zu vollziehen, die für die künftige Entwicklung der Èechoslovakei eine Gefahr bedeuten. Ich erinnere an Hunderte von Gründungen, und Sie können in jeder Nummer des "Prager Tagblattes", der "Bohemia" und des "Prager Börsen-Couriers" lesen, daß aus Warnsdorf, aus Tachau, aus Nachod und aus allen Gegenden, wo Industrien schlecht gingen, die Inhaber diese Industrien abbrechen, nach Ungarn (nach Raab, Komorn und nach Budapest) und den Oststaaten gehen, dort neue Industrien schaffen, einen kleinen Stamm vorzüglicher Qualitätsarbeiter mitnehmen, die dort aufgerichteten Industrien durch Industriezölle schützen lassen und weit darüber hinaus über den Grad eines wirklichen Schutzes zur Erhöhung der Industrierente in diesen Staaten mit Hochschutzzöllen nun ihrerseits einen Wettbewerb des industriellen Westen ständig erschweren. Auf diese Weise kommen wir zur künstlichen Industrialisierung des bisher agrarischen Ostens und natürlich wird durch das autarke Bestreben eine Arbeitsteilung Europas vereitelt, da durch jede solche autarke Maßnahme, die natürliche Wirtschaftsentwicklung zur Pfuscherei eingeengt wird. Man kann aber die Folgen dieser Pfuscherei nicht aufhalten und diese setzen sich in kräftige Zusammenstöße um.

So kommen wir dazu, daß Osteuropa industriell erstarkt, weil man die natürlichen Gegebenheiten mißachtet, und diese Erstarkung führt dann dazu, daß unsere Industrie im Wettbewerbe nicht mitkann; innerlich, weil sie die Teuerung zum Teil übertragen muß, äußerlich, weil durch Gegenzölle und Gegenmaßnahmen das Eindringen und Abfließen ihrere Erzeugnisse zur Unmöglichkeit wird. Aber noch ein Drittes kommt in Betracht und darauf muß ich besonders hinweisen, das ist die Änderung, welche durch diese Zollvorlagen die Handelswege mit der Zeit nehmen. Zur Zeit des Umsturzes war der èechoslovakische Handel nach den Donaulä ndern verhältnismäßig kräftig und bedeutend. Er ist heute vollständig abgedrängt und befindet sich in der Defensive. Hingegen finden wir, daß England und Italien, die zur Zeit des Umsturzes an der Donau nicht zu finden waren, im Vordringen begriffen sind und daß das gehaßte Deutschland handelspolitisch in den Balkanstaaten eine größere Rolle spielt als die verbrüderte Èechoslovakei. Das ist eine verhängnisvolle Tatsache und hier weist die Umbiegung der Handelsbeziehungen nicht nur nach Italien und England, hier weist sie nach Ostindien und Japan. Japan spielt heute im Gebiete des Schwarzen Meeres als Exportstaat, als Einbruchsland für manche Artikel eine größere Rolle als alle mitteleuropäischen Staaten zusammen, es hat mit einzelnen Waren bereits den Einfluß von Italien und England überflügelt. Es sind das die Symptome, die schon unter dem alten Österreich sich vorbereitet haben und heute zum Durchbruch kommen. Durch jede solche neue Maßnahme wird allen diesen Störungen und Pfuschereien neue Nahrung geboten und die Möglichkeit, die Existenzhöhe des mitteleuropäischen Einkommens zu steigern, wird vereitelt, weil alle diese Maßnahmen nur die Vergrößerung des Renteneinkommens und damit die Schmälerung des Arbeitseinkommens zur Folge haben.


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