Ich bin selbstverständlich der Ansicht, daß wir den wirtschaftlich Schwächsten in erster Linie helfen sollen, ich habe nichts dagegen, daß den Gebirgsbauern gezeigt werden soll, daß die Regierungsparteien bereit sind, etwas zu tun, um diesen schwachen Existenzen zu helfen. Aber in Wirklichkeit helfen sie nicht, sie können und wollen ihnen nicht helfen, sondern sie wollen bloß beweisen: "Bleib, Bevölkerung, in unseren Kreisen, Ihr müßt mit unserer Politik zufrieden sein, denn schaut, wir haben zwei Gesetze, wir haben dieses Korngesetz für Euch gemacht." Die Behandlung der beiden Vorlagen in den beiden Ausschüssen war das reinste Fußballmatch. Wie diese Vorlagen von einem Ausschusse in den anderen jongliert worden sind, zurückgelegt und wieder vorgelegt wurden, wie die Parteien der Koalition im Ausschuß Fangball gespielt haben, wie sie gegeneinander gestimmt haben, das war an und für sich ein Hochgenuß; sonst ist das parlamentarische Leben in der èechoslovakischen Ausgabe ziemlich wenig erfreulich. Aber in diesen Dingen hat man doch noch einen gewissen kennerischen Genuß. Ich glaube natürlich, daß in den Reihen der Koalition das Bedürfnis entsteht, dieses ewige Gegeneinanderstimmen abzustellen. Begreiflicherweise dürfte die Sehnsucht nach der Pìtka, nach der Osmièka und nach all diesen schönen Einrichtungen früherer Koalitionen wieder sehr lebendig werden.
Ich kann es verstehen, das aber muß ich den Herren schon sagen, daß sie damit das Übel nicht an der Wurzel fassen würden. Dieser Fünfer- und Achterausschuß hat seinerzeit bloß die Aufgabe gehabt, die vorhandenen Differenzen in der Koalition zu bemänteln, damit sie nach außen nicht in Erscheinung treten. Die Tatsache, daß solche Ausschüsse notwendig sind, beweisen die tiefgehenden Differenzen, die in der Koalition vorhanden waren, und in dieser großen Koalition, die Sie jetzt haben, in noch größerem Maße vorhanden sind. Ich glaube, darüber werden sich wohl diejenigen Herren Kollegen, welche die Politik von einer höheren Warte betrachten wollen, nicht täuschen können, daß man über Wirtschaftspolitik in einem Staate in Wirklichkeit so lange nicht ernst verh andeln kann, so lange nicht die politischen Fragen gelöst sind, und zu den wichtigsten politischen Fragen gehört bei uns selbstverständlich die nationalpolitische (Souhlas.), gehört die Lösung der Frage der Nationalitäten in diesem Staate. (Souhlas.) Denn wenn das einmal gelöst oder angebahnt wäre, dann kann ich mir vorstellen, daß man sich nach wirtschaftlichen Grundsätzen gruppiert. Dann wird es der Koalition möglich sein, wirklich ihr Programm durchführen zu können, während sie auf diese Weise zwar eine große Koalition haben, aber einen Koloß auf tönernen Füßen. Betrachten wir uns - wir wollen uns weiter nicht unterhalten mit diesen zwei Gesetzen, die für die Katz sind - was uns die Herren als großes Agrarprogramm versprechen und was man darüber hört. Man hört, daß man sich angeblich über die Zollzuschläge geeinigt hat, welche uns einen Weizenpreis von ca 190 bis 200 Kè bringen sollen. Um das zu erreichen, werden Zollzuschläge von 26 Kè eingeführt. Wir haben vorläufig einen Weizenpreis von 140 Kè und wenn wir einen Zollzuschlag von 26 Kè dazu nehmen, haben wir einen Preis von 166 Kè. Aber in der Öffentlichkeit soll der Eindruck erweckt werden, als ob durch diesen Zuschlag ein Preis von ca 190 bis 200 Kè erreicht wäre. Es sollen neuerdings die Bauern, die die Tatsache bereits hingenommen haben, daß das Wirtschaftsjahr 1929 verloren ist, weiter an der Nase herumgeführt werden, sie sollen über die Tatsache hinweggetäuscht werden, daß auf dem Koalitionswege auch das Wirtschaftsjahr 1930 verloren sein wird. (Souhlas.) Das mit dem Zollzuschlag ist ei ne Augenauswischerei. Wenn wir uns vor Augen halten, daß wir vor dem Kriege immer einen Weizenpreis von 12 Gu!den hatten, so entspricht das bei der bekannten Tatsache, daß, wenn man unsere Währung nur mit einem Zehntel der Friedenswährung einsetzen kann, einem Preis von 240 Kè. Das war unser Weizenpreis vor dem Kriege. Wir haben einen Gerstenpreis von 20 bis 24 Kronen gehabt, das entspricht gegenwärtig einem Gerstenpreis von 200 bis 240 Kè. Wir haben Rübenpreise gehabt - die niedrigsten, die ich als Kind denken kann von 80 Kreuzern, das sind 16 Kè. Wir stehen heute tief unter diesem niedrigsten Rübenpreis von dazumal. Wir haben auch einmal den Rübenpreis von 1·20 Gulden pro Meterzentner gehabt, was einem Preise von 24 Kè entspricht. Der Milchpreis war vor dem Kriege 8 bis 10 Kreuzer ab Stall, das entspricht ungefähr einem Preise von 1·60 bis 2 Kè, und heute bekommen wir im südmährischen Gebiete für einen Liter Vollmilch den Preis von 1 bis 1·10 Kè. Wenn man uns noch da sagen will, daß entsch iedene Maßnahmen nicht notwendig sind, wenn man sich die Tatsache vor Augen hält, daß es Tausende und aber Tausende von Familien gerade in den kleinbäuerlichen Gebieten gibt, welche als einzige Einnahme die Milch haben, die nach dem Schnitt die paar Zentner Gerste verkaufen, um die Steuer bezahlen zu können, die hernach das ganze Jahr hindurch die laufenden Wirtschaftskreuzer nur aus dem Ertrage des Stalles haben, muß ich Sie schon fragen, wie Sie das Kunststück zusammenbringen, den Liter Milch für 1·10 Kè zu produzieren.
Man hört weiter, daß die Frage der Einfuhrscheine gelöst werden soll. Nun meine Herren, ich glaube, daß sie in radikalster Form gelöst werden muß, wenn sie eine Wirkung im guten Sinne haben soll. Die Einfuhrscheine müssen frei übertragbar sein, sie müssen einlösbar sein (Souhlas.) und man darf nicht Gefahr laufen, daß man unter dem Preise exportiert und dann um die Hoffnung geprellt wird, etwas in Geldeswert zurückzubekommen. Denn der Einfuhrschein ist ein Versprechen, das oft nicht gehalten wird.
Wir hören weiters, daß wir eine Biersteuererhöhung bekommen. Meine Herren, das Krügel Bier ist teuer genug, die Brauer verdienen auch gut genug. Ich meine, zwischen diesen beiden Grenzen ist eine große Verdienstspanne. Ich habe durchaus nichts dagegen, wenn Dr. Engliš einmal einen kräftigen Griff tut und ein paar schöne Millionen herausholt. Ich spreche davon, daß es ohne Belastung des Konsums sehr leicht möglich ist, 200 Mill. Kronen herauszuholen, und ich wundere mich nur, daß unser Herr Finanzminister, der auch sonst nicht - sagen wir denkfaul ist - der auch sonst forsch sein kann, daran ganz vergessen hat. Er wird nie vergessen, durch den Steuerexekutor dem armen Landwirt die letzte Kuh und die letzte Ziege aus dem Stalle zu holen. Aber bei den Bierbrauern, bei den Bierbaronen, läßt er Millionen aufstappeln, da wird ruhig zugesehen. Wahrscheinlich bedeutet dies Industriereservenbildung. (Veselost.) Uns hat man die Bildung von Reserven nicht zugestanden, den Bierbrauereien selbstverständlich. Den Steuerreformmachern der Živnobank, denen sieht man es nach, wenn sie ein paar Millionen Steuern weniger zahlen. Da sind sie großartig dabei. Schade, daß Herr Koll. Böhm heute nicht da ist. Gerade darüber hätte ich mich mit ihm gerne unterhalten, nachdem er doch immer alles, was unter der alten Koalition getan wurde, über den grünen Klee lobt. Ich hätte ihn gefragt, wie er das da draußen bei seiner Wählerschaft rechtfertigen kann, der die Bauern, vor allem Kleinbauern, so sehr in Schutz nimmt, die bis heute von einer Steuerermäßigung nichts spüren, während die Banken, die Geldanstalten und Aktiengesellschaften gerade durch die Steuerreform, die er mitgemacht und ermöglicht hat, so gut abschneiden. Nun hören wir, daß diese Biersteuererhöhung kommt, deren Berechtigung ich zum Teile einsehe; aber diese Biersteuererhöhung soll nicht vielleicht dazu verwendet werden, denjenigen zu helfen, auf Grund deren Leistung sie möglich ist, sondern sie soll nach bekanntem Muster natürlich dazu dienen, um erstens gewisse Forderungen der öffentlichen Angestelltenschaft zu befriedigen und zweitens für den Herrn Finanzminister, für den Staatsschatz noch einen hübschen Überschuß zu geben. Denn darauf, daß immer etwas übrigbleiben muß, verzichtet unser Herr Finanzminister nicht. So sehr ich es begreife, daß der Herr Finanzminister einen festen Griff haben und die Hand auf der Tasche halten muß, damit nicht alles Geld, das er einnimmt, wieder hinausfliegt, so sehr ich einsehe, daß er darauf sehen muß, daß in Zeiten der Krisen auch Reserven da sind, so muß er doch andererseits, gerade in solchen Krisenzeiten, auch das Herz haben, von den Reserven herzugeben. Wenn die Erhöhung der Biersteuer erwogen wird, so nur unter dem Gesichtswinkel, angeblich den Staatsbeamten zu helfen. In Wirklichkeit geschieht es aber auch, um etwas für den Staat hereinzubekommen und etwas übrig zu haben. Wer ermöglicht die Biersteuer ohne Erhöhung des Bierpreises? Der Gerstenbauer, der um den eigentlichen Lohn seiner Arbeit im Wege eines zu niedrigen Gerstenpreises betrogen wurde, und der Hopfenbauer, der ebenfalls zu wenig bekommt. Dadurch ist es möglich, eine Biersteuererhöhung zu machen ohne Preiserhöhung für den Konsumenten. Selbstverständlich müssen wir auch daraus das Recht ableiten, daß das Erträgnis der erhöhten Biersteuer zur Förderung der Landwirtschaft verwendet wird. Und ich glaube, wenn heute noch die Einfuhrscheinfrage nicht gelöst ist, und zwar hauptsächlich wegen des Widerstandes des Herrn Finanzministers, welcher erklärt, dazu 200 Millionen zu brauchen, so kann man dem Herrn aus dem Traume helfen. Da werden 200 Millionen von der Landwirtschaft eingenommen, aber nicht für sie ausgegeben. Die Landwirtschaft wird nicht gefördert, wie es sich gebührt.
Und nun, meine Herren, wollen wir noch über einige Punkte reden, von denen wir vorläufig von der Koalition nichts hören. Wir hören nichts von den Rübenpreisen. Natürlich, hier in diesem Saale, wo man das Tageslicht nicht sieht, merkt man nicht, daß draußen schon Frühjahr ist. Wenn aber so ein Tag wie heute ist, so hält es keinen Bauern im Hause, sie sind draußen auf dem Feld; und glauben Sie vielleicht, die Bauern werden warten, bis das Prager Parlament beschließt, ob sie anbauen sollen oder nicht? Heute sind wir so weit, daß die Bauern draußen nicht warten, bis der Finan zminister und das Parlament in einer Frage entscheiden, die von eminenter Wichtigkeit ist, bis sie einen Beschluß fassen. Warum haben wir noch von keinen eigentlichen Preisverhandlungen betreffs der Rübe gehört? Während die Zuckerfabriken im Vorjahr vom Herrn Finanzminister das Versprechen erhalten haben, daß ihnen die Kommerz-, die Handelssteuern nachgelassen werden, auf Grund dessen sie einen erhöhten Rübenpreis bewilligt und auch ausgezahlt haben.
Aber der Finanzminister ist ihnen die Rückvergütung bis heute schuldig geblieben. Begreiflicherweise erklären sie, sie hätten natürlich nicht die Absicht und Lust, sich heuer wieder mit einem Versprechen des Herrn Finanzministers abfinden zu lassen; desh alb sind die Rübenpreisverhandlungen ins Stocken geraten. Deshalb müssen wir, die wir die Gerste vor drei Wochen anzubauen begonnen haben, die wir längst mit der Frühjahrsaussaat fertig sind, die wir die Rübe anbauen könnten, was unter Umständen Rentabilität oder auch nicht Rentabilität bedeutet, deshalb müssen wir warten, weil es den Herren hier nicht paßt, endlich einmal die Entscheidung zu treffen. Es ist unglaublich, daß ein Parlament, das von Leuten regiert wird, die im Wirtschaftsleben eine Rolle spielen auch Herr Dr. Hodáè könnte sich etwas davon nehmen, denn im landwirtschaftlichen Ausschuß spielt er die größte Rolle - noch immer keine Entscheidung trifft. Das ist ja nicht wie bei der Industrie; dort spielen acht Tage und auch ein Monat keine solche Rolle. Aber in der Landwirtschaft sind wir an die Jahreszeit gebunden. Da ist es nicht wie bei der industriellen Produktion. Wir haben bis heute in dieser Frage keine Klarheit, und es ist traurig, daß in dieser Koalition erfahrene Wirtschaftspolitiker und erfahrene Agrarier sitzen, ohne darauf Rücksicht zu nehmen. Wir hören in einem fort von praktischen Landwirten sprechen. "Wir als praktische Landwirte", heißt es, "werden die Frage lösen." Ich meine, diese praktischen Landwirte, die in der Regierungskoalition sitzen, haben scheinbar nicht soviel Praxis oder Interesse, unaufschiebbare Fragen lösen zu können.
Wir hören auch vorläufig nichts von den Viehzöllen. Wir hören nichts vom Flachszoll, wir hören nichts vom Schutz unserer Obst-, Gurken- und Weinproduktion. Wahrscheinlich sind die Herren der Ansicht, daß wir mit dem Einzigen, was sie machen wollen, mit dem Zuschlagszoll, schon zufrieden sein werden. Wir hören weiter nichts davon, daß in der Landwirtschaft sowie in Deutschland eine Entschuldungsaktion eintreten würde. Wir hören nichts von einer Zinsfußermäßigung, die unser gesamtes Wirtschaftsleben befruchten würde. Wir hörten immer von anderer Seite, von anderen Ländern, von London und New York solche Dinge, bei uns aber kommt das nicht in Frage. Und in Wirklichkeit ist doch der Preis des Geldes einer der wichtigsten Produktionsfaktoren. Davon hören wir nichts und wir müssen neuerdings mit aller Entschiedenheit und Deutlichkeit konstatieren - und das ist der Hauptgrund, warum ich mir hier das Wort erbeten habe daß grundlegende und rascheste Abhilfe notwendig ist, daß grundsätzlich der Wille da sein muß, nicht nur zu helfen, sondern auch rasch zu helfen. Als oberster Grundsatz unserer agrarischen Wirtschaftspolitik muß es gelten, daß zuerst das im Inland konsumiert wird, was der Bauer im Lande produziert. Denn wenn der Bauer Steuern zahlen und sonstige Leistungen vollbringen soll, muß er das alles in Geld zahlen. Auf unseren Äckern wächst Weizen, Gerste und Rübe, aber da wachsen keine Kronen und keine Dukaten, und wir können nur mit dem zahlen, was der Acker trägt, infolgedessen muß man uns die Möglichkeit geben, diese Produkte zu verkaufen; nur dann können wir mit Geld zahlen. Ich habe unlängst im landwirtschaftlichen Ausschuß einen Fall gerügt, der wohl nicht mehr krasser sein kann. Der Brünner Eisenbahnerkonsumverein kauft fünf Waggons Nullermehl bei der Arader Kunstmühle. Wenn ein Bauer aus Südmähren nach Brünn fahren will, muß er auf der èechoslovakischen Eisenbahn fahren. Er muß dort das Fahrgeld entrichten und wenn er Kunstdünger bezieht oder sonst etwas kauft, so muß er der èechoslovakischen Eisenbahn die Fracht bezahlen und es dadurch ermöglichen, daß der èechoslovakische Eisenbahner in Brünn am Ersten seinen Gehalt und Lohn bekommt. Wir können nicht vielleicht auf der ungarischen, rumänischen oder südslavischen Eisenbahn nach Brünn fahren, der Staat hat da eine Monopolstellung, der Eisenbahner damit auch. Ich frage Sie: Ist es nicht unerhört, daß die Herren glauben, daß wir ihnen nur unser Geld hintragen sollen, aber daß sie nicht unsere Produkte kaufen müssen, sondern daß sie ausgerechnet bei den Jugoslaven und Rumänen kaufen müssen? Entweder sind wir eine wirtschaftliche Einheit, wo es neben den Pflichten auch Rechte gibt, oder wir lassen das Ganze einfach stehen. Dann würde sich verschiedenes aufhören müssen. Dann müssen wir aber verlangen, daß die hohen Zölle für die Industrie abgebaut werden, daß wir den Freihandel einführen; ob die Wirtschaft davon einen Nutzen hätte oder nicht, das ist allerdings die Frage. Sie werden natürlich einwenden, daß wir (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.) in dem Staate hier, vor allem Sie als Koalitionsgenossen, auf die Sozialdemokraten Rücksicht nehmen müssen, die sie drin haben, daß die Sozialisten eine rein wirtschaftliche Förderung der Agrarier nicht ertragen. Nun, Deutschland hat erst vor ganz kurzer Zeit den Weizenzoll auf ca 80 Kè nach unserem Geld erhöht und verhandelt neuerdings, es steht knapp vor dem Abschluß, daß der Weizenzoll auf 100 Kè nach unserem Gelde erhöht wird. Außerdem wird in Erwägung gezogen, ob man nicht noch einen Zuschlag zu diesem Zoll einführen soll, der als Krisenzuschlag wirken soll. Meine Herren, wir haben einen Zollschutz von 30 Kè. Gegen wen schützt sich Deutschland und gegen wen wir? Wir schützen uns beide gegen die Überflutung unseres inländischen Getreidemarktes gegen amerikanische Importe. Denken Sie einmal: Wenn eine solche Hochflut daherkommt, das eine Land hat den Zoll so hoch, während wir unseren Zoll so niedrig haben, so ist es klar, daß unser Land in erster Linie mit Getreide von anderwärts überschwemmt wird, vor allem aus Amerika. Man sagt uns: Der Bauer muß sich umstellen. Da ist es schon erstens eine große Frage: wie, und zweitens: Die Amerikaner haben während des Krieges und nach dem Kriege die Weizenanbaufläche auf das vierfache erhöht. Wir sollen nun deswegen, weil sie mehr produzieren wollen, uns umstellen und unseren Weizenbau aufgeben! Ich meine, ein solcher Defaitismus in wirtschaftlicher Hinsicht ist mir noch nicht untergekommen. Keine Industrie macht das.
Wenn sich eine Industrie rationalisiert, so macht sie es nicht deswegen, um vielleicht weniger zu produzieren, sondern um billiger zu produzieren und auf Grund der Billigkeit mehr zu produzieren und auf dem Weltmarkte eine bessere Position zu erringen. Ausgerechnet wir sollen immer nur ausweichen und uns umgruppieren. Nun, kaum stellen wir uns auf die Schweineproduktion um, kommt ein großer Import aus Polen und wir liegen wieder auf dem Bauche; das anderemal verlegen wir uns auf die Milchproduktion, und kommen auch wieder nicht einmal auf die Produktionskosten. Der Landwirt kann doch nicht den Herren zuliebe, die die Lösung nicht suchen wollen, weil ihr Parteiegoismus es nicht zuläßt, alltäglich eine neue Umstellung seiner Wirtschaft vornehmen, die schließlich unser Geld kostet und deren Erfolg und Erträgnis wir niemals sehen würden.
Was wir gestern von unserem Koll. Böhm gehört haben, hört sich für einen Regierungsparteiler natürlich etwas sonderbar an. Man spricht gegen das Gesetz und nachher stimmt man dafür. Bis auf eine Erklärung am Ende, daß er für das Gesetz stimmen wird, hätte es eine Oppositionsrede nicht besser machen können. Alle Anerkennung, das trifft er. Nur die Schlußwendung, die paßt nicht darauf. Wenn man die Mentalität der Wählerschaft kennt, die hinter ihnen steht, begreift man es ja, warum dieser Weg eingeschlagen wird. Daß die Bauern, ob klein oder groß, einmal ein Verlustjahr ertragen, das dreißiger Jahr aber als Verlustjahr nicht mehr ertragen würden, daß sie natürlich revoltieren und meutern würden, das weiß er. Deswegen spricht er zum Fenster hinaus, hält eine Brandrede, damit unsere Bauern bis im Niederland und im Elbetal hören, was der Böhm für ein fescher Kerl ist. Der hat es ihnen gesagt! Der ist der Bauernretter, der hat ihnen gesagt, was wir brauchen. Aber hinterher ist er für das Gesetz, stimmt fromm und bieder dafür; ich bin überzeugt, er wird fromm und bieder für den Zollzuschlag st immen nach dem bekannten Exempel: 26 Kè sind mehr als gar nichts. Er wird es den Leuten klar machen: "Letzten Endes haben Euch nur wir geholfen, nur wir haben Euch das gebracht, und wenn jemand sagt, daß das zu wenig st, so müssen wir sagen, das ist genug und das Höchste, was wir erreichen konnten." Ich muß daran erinnern, was sie vor der Wahl erklärt haben. Der Herr Wagner hat in allen Wählerversammlungen gesagt: "Wählt's mich, wählt's den Bund der Landwirte, dann verspreche ich Euch für den Weizen 200 Kè." Unlängst in Znaim auf einer Demonstrationsvers ammlung, es dürfte 8 Wochen her sein, hat er den Bauern den Antrag der Agrarier so hingehalten und erklärt. "Da schauts, da sind unsere Anträge, die wir eingebracht haben. Der Antrag bringt die Rettung nicht nur für das heurige Jahr, sondern für eine ganze Generation und in vier Wochen wird das durchgeführt sein." Meine Herren, wir sind vorläufig 8 Wochen nach jener berühmten Versammlung, der Weizen ist billiger geworden. Es ist sonderbar, weder die Börse, noch der liebe Herrgott gibt auf das etwas, was so ein Abgeordneter prophezeit. Er verspricht, der Weizen wird steigen und teuerer werden, eine ganze Generation wird gerettet und dabei sehen wir einen neuerlichen Verfall, und man kann sich das nur so erklären, daß ein Abg. Wagner solche Versprechungen macht, weil sich der Mann vor Augen hält, daß wir den Abg. Windirsch haben, den gewesenen Klubobmann und Präsidenten des Landeskulturrates, der im Budgetausschuß erklärt hat: "Ja, wir behalten uns unsere Stellungnahme zum Budget noch vor und zwar wird das abhängen von der Lösung der Agrarkrise." Wahrscheinlich ist für ihn die Agrarkrise schon damlas gelöst gewesen, deswegen hat er für das Budget gestimmt. Wahrscheinlich wird er bei jeder Gelegenheit mit gutem Beispiel vorangehen; und warum soll der Abg. Wagner nicht genau so prophezeien? Wenn das am grünen Holz des Vorsitzenden geschieht, so kann das an den dürren Ästlein des Abgeordneten aus Sü dmähren auch passieren. Sie werden sich über eins klar werden müssen. Wenn Sie die Agrarkrise halb lösen, so rechnen Sie damit, daß die Koalition bis zum Herbst dauert. Wenn Sie sie gar nicht lösen, so erreichen Sie dasselbe. Denn nach der Ernte ist für mich das eine klar, daß der Bauer Ihnen zeigen wird, welche Meinung er über die Koaliton hat. Ich habe mir sagen lassen, daß der Herr am Lažanskýplatz in Brünn die Koffer wiederum vom Boden herunterbringen läßt, um wieder nach Prag zu übersiedeln. (Veselost.)
Ich muß sagen: Ich bin aus demokratischen
Rücksichten kein Freund von Beamtenregierungen. Aber lieber mit
Tod und Teufel, lieber eine Beamtenregierung, wenn etwas geschieht
zur Lösung der Krise als mit einer solchen, angeblich demokratischen
Koalition, die keinen Schuß Pulver wert ist. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Die Gesetzesvorlagen Druck Nr. 288 und 289 auf Verlängerung des Mieterschutzgesetzes und der sogenannten lex Meissner sind eigentlich die ersten Enttäuschungen, die wir hier mit der neuen Regierung erleben. Die deutsche Nationalpartei als Vertreterin einer Gesellschaftsordnung, die für das vollkommen freie Verfügungsrecht eines jeden über sein Eigentum ist, ist selbstverständlich programmatisch gegen jede gebundene Wirtschaft. Es wird jeder Ausnahmen zuerkennen für Notzustände des Volkes, beispielsweise im Kriege oder in der ersten Zeit nach dem Kriege. Da war gebundene Wirtschaft auf dem Wohnungsmarkte notwendig. Deshalb wurden die Mieterschutzgesetze zuerst eingeführt für die Angehörigen der heimatschützenden Krieger. Sie wurden später auf die Industrieorte, auf Orte in denen Kriegsindustrie war, ausgedehnt, und wurden zum Schlusse verallgemeinert. Diese verallgemeinerte Mieterschutzgesetzgebung wurde in der Nachkriegszeit mit übernommen und die Èechoslovakei hat sich im Jahre 1920 ein Mieterschutzgesetz geschaffen, das zwar fast unmerklich, aber doch abgeschwächt und abgebaut wurde, im großen ganzen aber bis zum heutigen Tage besteht.
Es hat sich während der verschiedenen Versuche eines Abbaues des Mieterschutzes die Erkenntnis ausgebreitet, daß der Abbau des Mieterschutzes planmäßig nur dann möglich ist, wenn durch gleichzeitig größtmöglichen Ausbau der Baubeförderung die notwendige Anzahl von erschwinglichen Wohnungen für die wirtschaftlich Schwachen hergestellt wird. Deshalb hatten wir auch in den Jahren 1919 bis 1924 eine Bauförderung. Wir hatten Gesetze, auf Grund deren in dieser Zeit 4.070 Zinshäuser mit 38.000 Wohnungen und 24.000 Familienhäuser mit 27.000 Wohnungen gebaut wurden. Es ist in diesen Bestrebungen die Èechoslovakische Republik weit zurückgeblieben hinter der Baubewegung, wie sie in den Nachbarstaaten zu beobachten war, seien diese Nachbarstaaten sogenannte Sieger oder besiegte Staaten. In den Jahren 1925 und 1926 hatten wir überhaupt kein Gesetz über die Bauförderung. 1927 und 1928 hatten wir das sogenannte Bauförderungsgesetz, welches sich aber nur darauf beschränkte, eine ganz minimale und bescheidene Staatsgarantie für besondere Zwecke zu bestimmen und sonst nur Steuern und Abgabeerleichterungen für die Bauherren zu schaffen. Es ist selbstverständlich, daß auf diese Art und Weise die Bautätigkeit ständig abgenommen hat; und durch diese mangelhafte Gesetzgebung hat die Regierung selbst die Grundlagen, die Voraussetzungen für den Abbau des Mieterschutzes sabotiert. Zwar hat die bürgerlich konservative Regierungsmehrheit, die im Jahre 1926 das Regime aus den Händen einer Beamtenregierung übernommen hat, versucht, durch ein noch von der Beamtenregierung ausgearbeitetes großzügiges Wohnungsgesetz Ordnung in diese Verhältnisse zu bringen. Aber dieses Wohnungsgesetz ist sang- und klanglos vom Beratungstisch verschwunden, niemand hat mehr etwas davon gehört. Es wurde mit Provisorien weiter gewurstelt und die bürgerlich konservative Regierungsmehrheit, die leicht die Möglichkeit gehabt hätte, mit einem planmäßigen Abbau des Mieterschutzes zu beginnen, hat es vorgezogen, aus egoistischen und parteipolitischen Gründen dem Wohnungsproblem und seiner Lösung auszuweichen. Für die jetzige Regierungsmehrheit bildet vorläufig das Wohnungsproblem nur den Gegenstand eines Geplänkels zwischen Sozialisten und Agrariern. An Ausreden, warum man an das Wohnungsproblem nicht herangehen könne, hat es nie gefehlt. Jede Regierung, die ins Amt eingetreten ist, hat erklärt, sie brauche Zeit, um diese schwere und wichtige Gesetzesvorlage vorzubereiten und auszuarbeiten, und jede Regierrung hat soviel Zeit gebraucht, als sie im Amte war. Und jede neue Regierung fängt mit dem Zeitbrauchen wiederum an. Einmal hat man gesagt, man kann das Wohnungsproblem nicht lösen, man kann nicht abbauen, denn jetzt ist die Konjunktur günstig und sie darf nicht durch Lohnforderungen der Festbesoldeten und Arbeiter gestört werden; das anderemal gibt es eine Wirtschaftskrise, weshalb man wieder nicht an das Wohnungsproblem rühren könne, und ich wäre neugierig zu erfahren, wann eigentlich nach der Meinung der Regierenden der Moment gekommen sein wird, wo man sich mit diesem Wohnungsproblem ernstlich beschäftigen wird. Der jetzige Zustand - das sehen alle Teile ein - ist unhaltbar, denn er schafft unerhörte Ungerechtigkeiten.
Ich will das nur mit ein paar Beispielen illustrieren. Die Festbesoldeten, die öffentlichen Angestellten, die älter sind, höhere Bezüge haben, sitzen in billigen vom Gesetz geschützten Wohnungen. Die jungen, die Anfänger mit ihren geringeren Bezügen, die sich unter den größten Opfern einen Hausstand gründen, können die Mietzinse in den Neubauten nicht erschwingen. Bei den Handelsund Gewerbetreibenden ist es ebenso. Die einen sitzen unter Mieterschutz, die andern in einem Neubau. Die Preise der Waren, der Erzeugnisse, die sich nach den Mieten in den neuen Häusern richten, sind für beide gleich hoch. Der Mieter also, der unter Mieterschutz steht, besitzt eine Rente auf Kosten des Hausherrn. Die Valorisierung hat man in diesem Staate sehr schnell durchgeführt. Zuerst wurden selbstverständlich die Steuern übervalorisiert. Rasch valorisiert wurden alle Preise der Bedarfsartikel für das Leben. Halb valorisiert hat man die Bezüge der öffentlichen Angestellten. Und gar nicht hat man valorisiert - den Mietzins. Aber man sieht alledem zu, man schlägt sogar aus diesem ungerechten Zustand, der da geschaffen wurde, in falscher demagogischer Art und Weise Kapital zu parteipolitischen Zwecken. Wir begrüßen es. (Posl. Dubický: Vèera jste o tom ve výboru nemluvil! Škoda!) Proè bych o tom ve výboru mluvil, když je ta vìc hotová a nedá se o tom mluvit. Já také o tìch zákonech teï nemluvil, pane kolego! Wir nehmen das Versprechen der Regierung zur Kenntnis, daß sie bis zum Herbst dieses Wohnungsgesetz endlich ausarbeiten will.
Wir glauben allerdings nicht, daß dieses Versprechen erfüllt wird und werden daher gegen das vorliegende Provisorium stimmen. Es ist eines Parlamentes unwürdig, sich alle Jahre einmal oder zweimal mit derselben Frage beschäftigen zu müssen, nur deshalh, weil die Regierungsmehrheit aus Verlegenund Mutlosigkeit sich mit wichtigen wirtschaftlichen Problemen nicht beschäftigen will. Das ist unserer Ansicht nach undemokratisch. Wir verurteilen es, daß das Wohnungsproblem und seine Regelung gegenwärtig die Frage der Macht zwischen den Regierungsparteien ist, nicht aber eine Frage des Rechtes. Wir fordern daher ganz entschieden, daß dieses definitive Wohnungsgesetz noch vor Beginn der Sommerferien dem Abgeordnetenhaus vorgelegt wird, damit Zeit zur Beratung ist, damit aber auch die Festbesoldeten und Arbeiter Zeit gewinnen, um ihre Lohn- und Gehaltsforderungen stellen zu können. Mieter und Vermieter wollen einmal auf den Tag genau den Augenblick kennen, wo der Mieterschutz abgebaut sein wird, sie wollen die Form und das Tempo kennen, in welchem dies geschehen wird, und die Regierung ist verpflichtet, diesem allgemeinen Wunsche Rechnung zu tragen. Wir verlangen bei dieser definitiven Lösung des Wohnungsproblems gleiche Rechte und gleichen Schutz für den Mieter und für den Vermieter gegen die unhaltbare Ausbeutung und Schädigung in seiner Lebenshaltung und erklären uns schon heute bereit, an einem solchen Gesetz offen, ehrlich und aufrichtig mit allen unseren Kräften mitzuarbeiten.