Meine verehrten Damen und Herren! Abermals sprechen wir über die Wirtschaftskrise, welcher Gegenstand schon so oft erörtert wurde. Es liegen uns zwei Wirtschaftsgesetze vor und man weiß eigentlich nicht, was man mit ihnen anfangen soll. Wir kommen in dieser Frage nicht weiter und doch wäre es wichtig, daß man diese Frage einer Lösung entgegenführt. Ich hatte Gelegenheit, im landwirtschaftlichen Ausschuß über diese Frage zu sprechen und habe bei dieser Gelegenheit auf den Umstand hingewiesen, daß sich alle Parteien ohne Unterschied zusammenfinden müßten, seien es die Nationalsozialisten, Sozialdemokraten oder Christlichsozialen, um diese Frage zu bereinigen, denn es liegt im Gesamtinteresse des Staates und der Länder, daß diese Frage gelöst wird. Wir sehen aber, daß die Lösung sehr langsam oder gar nicht von statten geht. Suchen wir die Ursache, so finden wir, daß die Parteien sich in dieser Frage nicht einigen können, weil sie sie zu einer parteipolitischen Frage machen. Wir hörten Redner von dieser Stelle aus sprechen, die in einem scharfen Ton geißelten und forderten. Wir dachten, daß dies oppositionelle Redner waren und als wir fragten, welcher Parteischattierung diese Redner angehörten, stellte es sich heraus, daß es Vertreter der Regierungsparteien waren. Ein Oppositioneller kann und wird auch nicht in einem solchen Ton sprechen und wird auch nicht so viel fordern; denn das ist nicht das Fazit der Sache, zu fordern, das Fazit ist zu leisten, zu bringen und zu helfen. Nicht das ist das Fazit, daß sich die landwirtschaftlichen Vertreter von diesem Forum aus gegenseitig beschimpfen, sondern, daß sie sich zur Lösung der Krise zusammenfinden, mögen nun die Vertreter im christlichsozialen oder nationalsozialistischen Lager sitzen. Dieses Verständnis muß erreicht werden und solange es nicht besteht, werden wir die Krise nicht lösen. Sie können verhandeln, solange Sie wollen, mit so kleinlichen Gesetzen wie mit den heute hier vorliegenden kommen wir in dieser Frage überhaupt nicht weiter. Sie sind ja alle praktische und tüchtige Nationalökonomen und Sie haben sicher gelesen und wissen es ja ganz genau, daß wenn eine gesetzliche Maßregel auf landwirtschaftlichem Gebiete kommt, Handel und Börse unruhig werden, daß die Preise in die Höhe schnellen. Wir haben dies nicht beim Korn gesehen und mußten konstatieren, daß, obwohl ein General mit seinem Adjutanten auf der Börse erschienen ist, sich die Kornpreise nicht gerührt haben, ja daß sie noch heruntergegangen sind. Streuen wir uns mit so kleinlichen Maßnahmen keinen Sand in die Augen! Daß ein General auf die Börse geht und hundert Waggons Korn kauft, das macht heute jeder Großmüller, damit kommt man nicht weiter. Auch mit dem Kornvermahlungsgesetz kommen wir nicht weiter. Es werden bloß neue Schikanen für das Gewerbe entstehen und wir bekommen auch schon massenhaft Briefe und Telegramme der Großmüller und der Mehlindustrie, in denen angefragt wird, was mit dem schwarzen Weizenmehl geschehen wird. Was bedeutet das Gesetz über die Belieferung der öffentlichen Anstalten? Soviel wie gar nichts! Ich möchte den Herren hier ans Herz legen, sie möchten den Passus in das Gesetz hineinnehmen, daß bei der Belieferung von öffentlichen Anstalten die Lieferanten, die die Offerte einreichten, nicht vom einseitigen chauvinistischen Standpunkt aus beurteilt werden sollen.
Wir hatten Gelegenheit, im landwirtschaftlichen Ausschuß einen Antrag einzubringen, wonach den Soldaten anstelle des schwarzen Kaffees Milch verabreicht werde und haben darauf hingewiesen, daß durch diese Maßnahme die Landwirtschaft von 75.000 Liter Milch täglich entlastet würde und daß wir dadurch in die landwirtschaftliche Produktion einen neuen Konsumenten einschalten. Wir haben diese unsere Forderung dem Herrn Ackerbauminister ans Herz gelegt und ich als Oppositioneller muß dem Herrn Ackerbauminister von dieser Stelle aus mein Lob aussprechen, denn er hat alles getan, was in seiner Macht stand, er hat angeordnet, daß die Milch und deren Produkte auf dem Speisezettel der Soldaten mehr Verwendung finden, als bisher. Leider konnte er mit seinem Antrag nicht ganz durchdringen. Dadurch, daß den Soldaten anstelle der Melasse- oder Rübenkonserve ein halber Liter Milch gegeben würde, würde sich laut Informationen, die ich vom Herrn Generalintendanten erhielt, eine Preisdifferenz von ca. 14 Millionen Kè ergeben und für diese fehlt die Bedeckung. Ich will da den Herren einen guten Rat geben. Der Herr Finanzminister will die Biersteuer einführen, denn er sagt: "Der Hopfen ist billig, die Gerste hat keinen Preis und das Bier ist teuer." Da die Landwirtschaft für die Gerste kein Geld bekommt, soll sie wenigstens auf der anderen Seite durch einen guten Milchpreis und guten Milchabsatz vergütet werden.
Mit Detailmaßnahmen wird niemand die landwirtschaftliche Frage und die Krise derselben lösen. Alle Nachbarländer ergreifen großzügige Maßnahmen und wenn wir schon, wie wir den Blättern entnehmen, das deutsche landwirtschaftliche Notstandsprogramm teilweise nachahmen, wenn wir schon aus demselben die Zusatzzölle und andere Maßnahmen herausnehmen, möchte ich den Vertretern der großen agrarischen Parteien den Rat geben, sie sollen einfach das deutsche Notstandsprogramm der Landwirtschaft, welches der Minister Schiele aufgelegt hat, so wie es ist, kopieren. Das wäre die einfachste Methode und wird die beste Lösung sein. Wir reißen hier wieder einzelne Teile heraus und lassen das Ganze liegen. Ich werde später in kurzen Umrissen das Wirtschaftsprogramm des Herrn Ministers Schiele vortragen. Vorderhand will ich nur erwähnen, daß die Wirtschaftskrise des 19. Jahrhunderts eine andere war, als die momentan herrschende. Die wirtschaftliche Krise des 19. Jahrhunderts ist dadurch entstanden, daß vieles Neulandgebiet für die Landwirtschaft eröffnet wurde, das den europäischen Kontinent überschwemmt hat. Die gegenwärtige Krise ist aber etwas ganz anderes. Der berühmte Nationalökonom Sering sagt, daß die gegenwärtige Krise in erster Reihe in der Disparität der Preise zwischen Industrie und Landwirtschaft zu suchen ist, in zweiter Reihe aber ist sie in der schwachen Aufnahmsfähigkeit der Konsumenten zu suchen. Von unserem Standpunkte in der Èechoslovakischen Republik müssen wir noch hinzufügen, daß die Krise auch darin zu suchen ist, daß wir infolge der großen Lasten viel zu teuer produzieren. Die Landwirtschaft hat eine viel zu hohe Belastung, die sie nicht aushalten kann. In Deutschland hat man sich mit dem Studium der Wirtschaftskrise viel tiefer befaßt und ein besonderes Programm ausgearbeitet. Die Deutschen haben aber auch ein Herz, den Landwirten budgetär beizustehen, ihnen zu helfen, nicht mit Kornvermahlungsgesetzen, sondern mit tatsächlicher pekuniärer Hilfe. So wurde sofort das Einfuhrkontingent des amerikanischen Gefrierfleisches in Deutschland von 1,200.000 auf 500.000 Meterzentner herabgesetzt, für Absatzorganisationen wurden folgende staatliche Unterstützungen bereitgestellt: zur Organisierung der Absatzmärkte für Schlachtvieh und Fleischprodukte 8 Mill. Mark, außerdem übernimmt der Staat eine Garantie für Fleischverwertungsgenossenschaften von 22 Millionen, für milchwirtschaftliche Produkte 10·9 Mill. Mark, für Eierverwertung 4 Millionen Mark, Obst- und Gemüseproduktion 8 Mill. Mark, Kartoffelverwertung 6 Millionen Mark aus, zusammen 30 Millionen Mark, also nur für die Absatzorganisationen eine Viertelmilliarde Kè. Dies alles wurde im Budget für 1928 bewilligt. Das ist eine Hilfe, aber das, was wir machen, ist keine Hilfe. Die Deutschen sind sogar weiter gegangen. Sie haben, als die Landwirtschaft arg verschuldet war, die sogenannte Umschuldung gemacht, haben Treuhandstellen gegründet, die die Garantie für die Landwirtschaft übernommen haben, die Wechsel beseitigten, die kurzfristigen Darlehen in 30 Jahren amortisierbar gemacht und bei einem Kurs von 93 mit 8·4 % konvertiert.
Bei uns geschieht auf diesem Gebiete gar nichts. Selbst Jugoslavien und Polen, von Ungarn nicht zu sprechen, welches die weitestgehenden Maßnahmen trifft, gehen daran, die Wirtschaftskrise zu lösen. Polen mit ungemein wichtigen, tarifarischen Nachlässen und Vorteilen für ihre Landwirte. Wir sehen es aus dem neuen Übereinkommen, aus dem neuen Handelsvertrag zwisch en Deutschland und Polen, wie das Bestreben besteht, sich gegenseitig zu helfen.
Die Wirtschaftskrise muß in zwei Etappen geregelt werden, einer momentanen und einer späteren. Die momentane Etappe wäre die, daß wir die Landwirtschaft jetzt mit Begünstigungen ausstatten, welche dazu dienen, die Regie zu vermindern, die Schulden zu decken, die Kreditfrage und die Tariffrage zu lösen. Die Kollegen werden sich erinnern, wie der Herr Ackerbauminister in treffendster Weise dafür eingetreten ist, die Tarif- und Verkehrsfrage zu regeln. Im landwirtschaftlichen Ausschuß habe ich ziffernmäßig nachgewiesen, daß die Parität Prag-Hamburg und Triest-Prag geringer ist als die zwischen Prag-Košice. Der Ackerbauminister hat versprochen, auf diesem Gebiete alles Mögliche zu veranlassen, um Gerechtigkeit zu schaffen. Wie diese Gerechtigkeit aussieht, sehen wir an den Tariferhöhungen, die bevorstehen. Die landwirtschaftliche Krise wird dadurch nicht abgebaut, sondern nur gesteigert werden. Die Vertreter der europäischen Länder in Genf wollen dort einen Zollfrieden schließen. Wir möchten ihnen diesen Zollfrieden wärmstens ans Herz legen und wünschen, daß die europäischen Staaten endlich zu der Erkenntnis kommen, daß sie sich gegenseitig helfen müssen. Europa soll sich selbst versorgen. Aber dieser Leitsatz wird sich noch lange nicht durchsetzen. Denn wir stehen noch fest unter dem Banne und unter der starken Hand Amerikas.
Ein Generalsekretär des Völkerbundes
in Genf hat unlängst im "Pester Lloyd" einen Artikel
geschrieben, in welchem er richtig darauf hinweist, daß Österreich
und die Èechoslovakei von Ungarn und Jugoslavien mit Lebensmitteln
versorgt werden könnten. Ich verstehe darunter natürlich nur das,
was ein Land an Zuschuß benötigt, um genug zu haben. Er hat darauf
hingewiesen, daß ein bischen guter Wille zwischen den europäischen
Staaten genügen würde, dieses Problem zu lösen. Deutschland führt
aus den Überseestaaten 2,430.000 Tonnen Getreide ein, aus Rumänien,
Jugoslavien und Ungarn bloß 8000 Tonnen. Ähnlich ist das Verhältnis
anderswo. Belgien importiert aus den Überseestaaten 1,150.000
Tonnen, aus Europa 10.000 Tonnen, Frankreich aus den Überseestaaten
1,616.000 Tonnen, aus Europa 56.000 Tonnen, England von Übersee
5,000.000 Tonnen, aus Europa nichts. Hier liegt des Pudels Kern
für die Wirtschaftskrise, in diesen Daten, die ich jetzt vorgelesen
habe. Diese Frage kann generell europäisch nicht gelöst werden,
wenn sich die europäischen Staaten weiter mit hohen Zollmauern
umgeben und durch Zollmaßregeln gegenseitig schikanieren. Der
ehemalige Minister Dr. Hotowetz hat in Mähr.-Ostrau in einer Rede
treffend darauf hingewiesen, daß wir nicht vorwärts schreiten,
sondern zurückgehen. Wir machen es so wie im Mittelalter, wo sich
jede Stadt mit hohen Zollmauern umgeben hat. Jeder kleine Staat
umgibt sich mit hohen Zollmauern und trachtet die Zölle ständig
zu erhöhen. Er vergißt dabei, daß die Amerikaner sich gegen diese
Zollerhöhungen durch ein Gesetz verteidigen, durch die Mac Mary
Haugen Bill, mit Exportprämien von 300 Millionen Dollars und daß
die europäischen Agrarstaaten mit der Erhöhung ihrer Zollmauern
gegen die Industrieartikel der Industriestaaten bewirken, daß
sie in ihrem eigenen Fett ersticken. Die Lösung dieser Frage besteht
nicht darin, daß man nur darauf ausgeht, die Zölle auf der ganzen
Linie zu erhöhen. Das hat sich bis jetzt noch nirgends gut ausgewirkt.
Es ist nicht möglich, den Dumping auf diese Art zu brechen. Aber
eines wäre notwendig: Die Kontingentierung der Einfuhr aus den
Nachbarstaaten. Die Deutschen sind glatt daran gegangen und in
dem deutsch-polnischen Abkommen finden wir die Kontingentierung
der Ein- und Ausfuhr. Hindenburg hat dies auch in seinem Brief
begründet. Wir finden dort, daß Polen 200.000 Schweine nach Deutschland
liefern kann, was sich in zwei Jahren noch um 75.000 Stück erhöht
und später noch mehr. Deutschland hat Kompensationen in der Ausfuhr
seiner Industrieartikel nach Polen, aber der greise Hindenburg
gibt seiner Industrie einen weisen Rat, der dahin lautet: Die
Industrie muß aber daran gehen, der Landwirtschaft zu helfen und
unter die Arme greifen, sie muß daran gehen, die Parität der Preise
zwischen Industrie und Landwirtschaft herbeizuführen, denn so
kann die Sache nicht weiter gehen, daß die Industrie durch ihre
mächtigen Organisationen die Preise hoch hält, die zerrüttete
Landwirtschaft aber immer weiter herunter sinkt. Das Ende vom
Lied wird sein, daß die Kaufkraft der landwirtschaftlichen Bevölkerung,
welche ja heute die Massen ausmacht, auf Null herabsinkt und darunter
leidet in erster Linie die Industrie des eigenen Landes. Mit derartigen
kleinen Maßregeln, wie dieses Vermahlungsgesetz, lohnt es sich
überhaupt nicht abzugeben. Ich habe mich in diese Frage gründlich
eingearbeitet, ich habe sie studiert und auch im Landwirtschaftsausschuß
darüber gesprochen. Deswegen sage ich: Diese zwei Vorlagen sind
von so minimalem Wert, daß ich es im Interesse der Landwirtschaft
nicht der Mühe für wert halte, bei den Verhandlungen im Saale
zu bleiben. (Potlesk.)
Hohes Haus! Als die neue Regierung gebildet wurde, trat sie vor das Parlament mit dem Versprechen, daß es ihre Hauptaufgabe sein werde, die schwere Krise zu lindern, in welcher sich unsere Landwirtschaft befindet. Daß diese Krise besteht, brauche ich nicht zu beweisen. Es ist keine Krise der Produktion, sondern des Absatzes, der Landwirt kann für viele seiner Produkte überhaupt keine Käufer finden oder nur einen Preis erzielen, der in keinem Verhältnis zu seiner Arbeit und den aufgewendeten Kosten steht. Die Not trifft so gut den kleinen wie den großen Landwirt, alle haben dringende Hilfe nötig.
Seitdem nun die neue Regierung besteht, sind bereits vier Monate ins Land gegangen. Es wurde viel über die landwirtschaftliche Krise gesprochen und geschrieben, allerlei Anträge eingebracht, die voll sind von guten Ratschlägen, aber geschehen ist für die Landwirtschaft bis heute so viel wie nichts. Von gedrucktem Papier aber kann der Landwirt nicht leben. Man hat sich in der Koalition hin und her gestritten, was der eine wollte, war dem anderen nicht recht und das Ende war, daß bisher die meisten Anträge unter den Tisch gefallen sind. Die Not der Landwirtschaft dauert aber unvermindert weiter. Da ist man nun froh, wenn endlich bestimmte Vorschläge gemacht werden, wie sie die zwei Vorlagen beinhalten. Es ist herzlich wenig, aber es ist wenigstens ein Anfang und der Landwirt ist froh, wenn es endlich von leeren Worten und Versprechungen zu Taten kommt.
Die beiden Vorlagen gehen darauf aus, dem Landwirt einen besseren Absatz seines Getreides im Inlande zu sichern, u. z. durch den Vermahlungszwang für den Roggen und durch die Verpflichtung der öffentlichen Institute, einheimische Prcdukte zu verwenden, auch für andere Erzeugnisse der Landwirtschaft. Ich glaube, daß sich diese Maßregeln, wenn auch im beschränkten Maße, bewähren werden. Allerdings, die große Hilfe, die man der Landwirtschaft versprochen hat, bringen sie nicht. Die Krise der Landwirtschaft wird durch solch kleine Mittel nicht gelöst. Dazu müssen viel tiefgreifendere und umsichtigere Maßregeln angewendet werden. Unser Klub, dem gegenwärtig ein Einfluß auf die Regierung, nicht zusteht, hat sich bemüht, durch einen eingehenden Antrag auf solche Mittel hinzuweisen. Wir haben ein landwirtschaftliches Programm vorgetragen, das teils sofortige Maßregeln vorsieht, teils Vorschläge auf längere Zeit enthält. Denn die landwirtschaftliche Krise ist keine vorübergehende Erscheinung, sondern wird in diesem Staate wie in vielen Staaten auf lange Zeit hinaus eine große Rolle spielen. Daher sind durchgreifende Maßnahmen nötig und es wird zum Teil mit einer Umstellung der landwirtschaftlichen Erzeugung gerechnet werden müssen.
Von Maßregeln, die sofort in Wirksamkeit treten sollen, haben wir in unserem Antrag, im Druck Nr. 195, folgende erwähnt. Wir nennen zuerst unser Ziel: Angemessene feste Preise, Unterbindung der wucherischen Spekulation. Die jetzigen Preise entsprechen bei weitem nicht den Gestehungskosten. Die Regierung muß unverzüglich alle jene Maßnahmen ergreifen, die dem Landwirt einen Preis ermöglichen, der den Gestehungskosten entspricht. Unter Punkt 3 erwähnen wir folgende handelspolitische Maßnahmen: Nur in dauernden Handelsverträgen erblicken wir ein geeignetes Mittel, um einerseits unsere heimische Landwirtschaft vor einer untragbaren Konkurrenz durch das Ausland zu schützen, andererseits unserer eigenen Produktion den nötigen Absatz ins Ausland zu sichern. Zollmaßnahmen für landwirtschaftliche Artikel sollen durchgeführt werden, um dadurch nach Möglichkeit einen Preis zu sichern, der den Produktionskosten entspricht. Die Regierung wird aufgefordert, die diesbezüglichen Anträge baldigst dem Parlamente vorzulegen und mit den betreffenden Staaten sofort eventuell nötige Verhandlungen einzuleiten.
Vor allem verlangen wir die Durchführung folgender Forderungen: Die Einfuhr von Luxusobst und Luxusgemüse ist möglichst zu erschweren. Die Einfuhr von chemisch gebleichtem Mehl ist zu verbieten. Die Mehleinfuhr ist auch deshalb zu drosseln, damit der Mühlenindustrie hinreichende Beschäftigung gegeben werde und die Futtermittel im Inlande bleiben. Wir verlangen ferner bezüglich der Futtermittel: Die Einfuhr guter Futtermittel ist zu fördern. Kleine Landwirte müssen die Erlaubnis erhalten, in den Staatsforsten im Ausmaß wie vor der Enteignung Streu zu sammeln und Heu zu gewinnen. Ganz besonders verlangen wir aber, daß der Landwirtschaft Betriebskapital verschafft wird und deswegen verlangen wir in Punkt 14 billige Kredite. Zu dies em Zwecke sind den Landwirten und den Genossenschaften aus der Zentralsozialversicherungsanstalt sowie der Pensionsanstalt und den staatlichen Zentralkassen im Wege von Einlagen bei den Volksgeldanstalten billige Kredite zur Verfügung zu stellen. Das habe ich über unseren Agrarantrag zu sagen.
Von Maßregeln auf längere Sicht handelt der erste Absatz dieses Antrages. Ich erlaube mir diesen unseren Antrag dem Hause zu empfehlen, wenn im weiteren Verlaufe die Landwirtschaftskrise in ihrem ganzen Umfange zur Debatte gestellt wird und weit ausschauende Maßnahmen beraten werden. Bei so wichtigen Anträgen sollte es nicht darauf ankommen, von welcher Seite die Anträge kommen, sondern ob sie wirklich Hilfe versprechen. Keine Partei hat da ein Monopol. Man darf nicht nur große Worte im Munde führen, die Landwirte werden es jedem danken, der ihnen wirklich hilft.
Im Senat haben einige meiner Klubgenossen einen Milchantrag gestellt, der in der Öffentlichkeit und gestern auch in diesem Hause Gegenstand scharfer Kritik gewesen ist. Ich verweise auf die gestrige Rede des Herrn Koll. Böhm. Nun, wenn einer schlecht liegt, dann ärgert ihn jede Fliege, die in der Stube herumfliegt und er läßt gerne seinen Zorn an jedem aus, der ihm vor das. Gesicht kommt. Ich begreife, daß die sog. Partei des Landvolks schlecht aufgelegt ist, sie liegt in der neuen Koalition schlecht, recht schlecht, in nationalen Dingen eher schlechter als besser, in der Sache des Mieterschutzes ein Fortwursteln und auch sonst nichts als Streit. Wie soll da die gute Laune kommen? Da sucht man gerne einen, an dem man seinen Zorn ausläßt und das sollen wir Christlichsozialen sein. Wir sind das schon gewohnt. Wenn die Landbündler nichts fertigbringen, sind immer wir Christlichsozialen schuld. Das war in der alten Koalition so und soll, scheint es, auch in der grün-roten Koalition so bleiben. Daher jetzt die Hetze wegen des Milchantrages Böhr. Da hängt man sich an ein Wort, nämlich an das Wort "Magermilch", und vergißt auf die Sache, aber die ist gut. Hätte ich den Antrag gemacht, so hätte ich das Wort "Magermilch" nicht gebraucht, denn unsere Leute verwenden dieses Wort gewöhnlich anders, nämlich für entrahmte, wie man sagt abgeschöpfte Milch. Und von der ist im Antrag Böhr gar keine Rede. Worauf es ihm ankommt, ist, den Landwirt vor allerlei Quälereien zu schützen, wenn seine Milch nicht den jetzt geforderten Fettgehalt erreicht, nämlich 3·2% Fettgehalt. Für die Niederungsrassen ist das bekanntlich zu viel, dieser Fettgehalt wird von ihnen zumeist nicht erreicht, ebensowenig von den frühmelkenden Kühen. Daher will der Antrag Böhr den allgemein geforderten Fettgehalt auf 2·8% herabgesetzt haben. Das ist vernünftig und jedenfalls eine Erleichterung für den Landwirt. Man tut aber von der anderen Seite so, und auch Abg. Windirsch hat es in Reichenberg so dargestellt, als ob Sen. Böhr von der normalen Milch 4% Fett verlangen wollte, so daß eine Milch mit einem geringeren Fettgehalt keine Normalmilch, also eine gefälschte, verdünnte Milch wäre. Das ist eine offenbare Verdrehung. Der Antrag Böhr nennt Milch über 4% Vollmilch. Auch über dieses Wort kann man streiten, aber wahr ist, daß der Antrag Böhr jede Milch über 2ÿ8% als Normalmilch, als unverfälschte Milch ansieht und den Preis verlangt. Das ist erträglich und vernünftig. Schließlich werden wir wie andere Staaten dahinkommen müssen, unsere Milchwirtschaft gesetzlich zu regeln und da wird der Fettgehalt gewiß eine große Rolle spielen. Man wird Milch nach dem Fettgehalt taxieren müssen. Dann kann der Antrag Böhr eine gute Anregung sein. Jedenfalls kommt es nicht auf Worte an, sondern auf die Sache und da will der Antrag Böhr den Landwirt schützen. Wir haben nichts zu beschönigen, aber wir können verlangen, daß man nicht böswillig verdreht.
Herr Koll. Böhm hat es auch für angezeigt gehalten, mich persönlich wegen meiner Zugehörigkeit zur christlichsozialen Partei anzugreifen. Ich sage ihm nur Folgendes: Ich war politisch tätig schon längst, bevor es einen Bund der Landwirte gab. (Posl. Zajièek: Wahrscheinlich auch, bevor Böhm überhaupt geboren war!) Vielleicht auch das, und ich habe mich meinen Standesgenossen, den Landwirten, nützlich zu machen gesucht, soviel in meinen Kräften stand, und zwar war ich immer christlichsozial. Warum? Weil ich von der liberalen Bauernpartei im alten Österreich als guter Christ nichts wissen wollte. Das Landvolk, dem ich entstamme, ist christlich, daher wollte ich von den liberalen Herren, die damals im Bauernrock daherstolzierten, nichts wissen und schloß mich der Partei an, die von Wien aus die christliche Fahne unter unserem deutschen Volk vorantrug. Und darin hat mich auch der Bund der Landwirte nicht irremachen können. Ich sah darin einen großen Teil jener liberalen Führer von früher und hatte daher als Christ kein Vertrauen. Aber auch deshalb gefiel er mir nich t, weil er eine reine Klassenpartei ist, so gut wie die sozialdemokratische Arbeiterpartei. Klassenparteien aber sind meiner Ansicht nach schädlich, weil einseitig. Sie können radikale Forderungen stellen, diese aber nicht durchsetzen. Wollen sie sie durchsetzen, dann müssen sie ja doch mit anderen Parteien zusammenarbeiten und viel Wasser in ihren Wein gießen. (Posl. Horpynka: Das nennt man Kompromiß!) Jawohl! Und manchmal ein faules. Das erfahren unsere Landbündler jetzt mit jedem Tage mehr. Was haben sie denn von ihren großen Versprechungen durchgesetzt? Da bin ich schon lieber in meiner Partei, die strittige Fragen in ihrem eigenen Schoße ausmacht. Das ist nicht leicht, man kann nicht das Blaue vom Himmel versprechen, aber man macht keine Politik der grünen oder roten Schlagworte, sondern wahre Volkspolitik. Das Volk sind ja nicht die Landwirte allein oder die Industriearbeiter allein, es gibt auch kein eigenes Landvolk und kein eigenes Stadtvolk, das sind lauter Einseitigkeiten, ich kenne nur ein einziges deutsches Volk, zu dem Landwirte und Arbeiter, leibliche und geistige Arbeiter als lebendige Glieder gehören. Die einen können ohne die anderen nicht leben und darum muß man für alle sorgen. Hat der Arbeiter Geld, so spürt es der Landwirt und kommt der Landwirt in Not, muß es der Arbeiter entgelten, weil er für seine Erzeugnisse, seine Industrieprodukte keinen heimischen Markt findet. Das haben wir in unserem Agrarantrag deutlich ausgesprochen. Darum keine radikale Agrarpolitik und keine radikale Arbeiterpolitik, sondern Volkspolitik! Das ist der Grundsatz meiner Partei. Und so glaube ich meinen Berufsgenossen, den Landwirten besser zu dienen, als in einer grünen Klassenpartei, wie es der Bund der Landwirte immer war und ist. Das ist meine Antwort auf den unnötigen Angriff des Koll. Böhm.
Ich bin und bleibe als Landwirt und Christ bei der deutschen christlichsozialen Volkspartei, die für alle Stände arbeitet. Wir haben kein Patent auf die Rettung der Landwirtschaft, wie andere es zu haben glauben, aber wir werden unser bestes tun, damit unsere christlichdeutschen Landwirte so gut als möglich durch die schweren Zeiten kommen.
Und noch ein Wort: Die Krise der
Landwirtschaft ... (Posl. dr Luschka: Das ist eine Krise der
Landwirte, nicht der Landwirtschaft!) Sehr richtig! Die ist
viel zu traurig, als daß wir Landwirte uns unter einander streiten
sollten. Es bedarf einträchtiger Arbeit, damit rasch und gründlich
geholfen werde. In den vorliegenden Vorlagen sehen wir einen schwachen
Anfang, immerhin einen Anfang, darum werden wir für die Vorlagen
stimmen. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns jetzt mit zwei allerdings sehr dürftigen landwirtschaftlichen Vorlagen, und es ist meines Erachtens eine Kühnheit, diese zwei Vorlagen das sogenannte kleine Agrarprogramm zu nennen. Wenn die Koalition - die Herren Minister glänzen natürlich durch Abwesenheit - glaubt, daß dieses kleine Agrarprogramm die Öffentlichkeit befriedigen soll und kann, dann weiß ich eigentlich nicht, wie das große Agrarprogramm ausschauen wird. Die beiden Gesetze werden die landwirtschaftliche Krise überhaupt nicht beeinflussen, sie werden aber den Vorwand und Grund zu den weitestgehenden Schikanierungen in der Approvisionierung bilden. Ob heute die staatlichen Ämter, die letzten Endes meist im Inlande eingekauft haben, dazu gezwungen sind oder nicht, wird an der Tatsache, daß wir vom Ausland mit Waren überschwemmt werden, kaum etwas ändern. Und im übrigen hat das Parlament mit den Vermahlungsvorschriften für Korn und mit der ganzen Approvisionierung, wie sie sich das vorstellen, das Gegenteil von dem gemacht, was wir vor anderthalb Jahren in gesetzlicher Form vorgelegt erhalten haben und ich glaube fest, daß wir gerade durch das Kornbrotgesetz zwar vielleicht dem Kornkonsum eine Kleinigkeit helfen können, zu gleicher Zeit aber werden wir den Weizenpreis neuerdings erschlagen. Die Weizenpreismisere bei uns ist eigentlich der Ausfluß der Tatsache, daß unsere Bevölkerung die dünkleren Mehle nicht mehr konsumiert, daß also in den Mühlen nur Vordermehle weggehen, während dunkle liegen bleiben und dementsprechend die Müller sich die Kalkulation aufstellen müssen, daß dunkle Mehle nur als Futtermehl verwendbar und dementsprechend in Rechnung zu setzen sind. Jetzt werden wir es durch die Beschränkung der Beimischung von Weizenmehl zwar nicht hindern, daß Weizenmehl beigemischt wird, es wird dem Schwindel Tür und Tor geöffnet werden. (Výkøiky posl. dr Luschky.) Was die Müller nicht treffen, werden die Bäcker können. Ist ein Bäcker da? Diese selbstverständlich sind ausgenommen. (Veselost.) Ich glaube natürlich, daß die Tatsache, daß gesetzliche Bestimmungen hier eingreifen und den Weizenmehlkonsum drosseln wollen, sich bereits ausgewirkt hat in der Weizenpreisgestaltung in den letzten paar Wochen. Am letzten Wochenmarkte bei uns wurden für Weizen Ia Qualität nur noch 140 Kronen pro Meterzenter gezahlt, ein Tiefstand, wie wir ihn überhaupt noch nicht denken. Und es wird sich derselbe Fall wiederholen, wie seinerzeit mit der Einfuhrscheingeschichte, die eine halbe Sache war, daß man, weil die Einfuhrscheine unverwendbar waren, sie für anderes als für Weizen verwendete, daß wir zwar damit dem Haferpreis zum Teil notdürftig geholfen haben, aber damit die Einfuhr von Weizen in unser Land hereingezogen haben. Durch diese Halbheit der Einfuhrscheine ist bei uns eine Weizenüberschwemmung herbeigeführt worden. Und genau so wird es wieder auch hier sein.