Pátek 21. února 1930

Pøedseda (zvoní): Prosím o klid.

Posl. dr Stern (pokraèuje): Sie bleiben der feierlichen Sitzung fern, damit der Eindruck der Einmütigkeit des ganzen Volkes nicht gestört wird. Sie wollen auf der einen Seite nicht offen für Horthy eintreten und selbstverständlich noch viel weniger gegen ihn auftreten und diese patriotische Kundgebung stören. Hortthy-Ungarn braucht eine solche Kundgebung und die faszistische Èechoslovakei, die Masaryk-Èechoslovakei braucht solche Kundgebungen, sie brauchen sie gegen einander für den Krieg, den sie mit einander vorbereiten, aber vor allem beide Staaten für den Krieg, den sie gegen das Vaterland der Arbeitenden, gegen die Sowjetunion vorbereiten. (Posl. Horpynka: Haben Sie schon im Leben was gearbeitet? - Veselost. - Výkøiky komunistických poslancù.) An diesem ungeheueren Verbrechen nehmen die Sozialfaszisten überall teil und sie entlarven sich dadurch restlos als. schmutzige, schäbige Agenten des Kapitalismus und des Imperialismus, als die gefährlichsten Vorkämpfer der Kapitalistenfront [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 21. února 1930 podle § 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 99 této tìsnopisecké zprávy.] Daran arbeitet Ihr mit, doppelt die Arbeiter zu täuschen, sowohl in ihrer Eigenschaft als Arbeitende als auch in ihrer Eigenschaft als national Unterdrückte. Ihr feiert den Mann [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 21. února 1930 podle § 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] (Souhlas a potlesk komunistických poslancù.)

5. Øeè posl. Simma (viz str. 78 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Wir halten vor einer sehr unerfreulichen Situation der Budgetdebatte. Sie ist charakterisiert durch eine allgemeine Teilnahmslosigkeit. Vorgestern hat auf diesen Umstand schon Kollege Dr. Rosche verwiesen, obwohl während seiner Rede sich hier im Hause doch noch zumindest ein Teil der Kollegen als Zuhörer aufhielt. Aus den wenigen Kollegen, die an der Budgetdebatte noch als interessierte Zuhörer vorgestern teilgenommen haben, sind gestern schon etwas weniger Kollegen geworden und heute kann man wohl schon sagen, daß die Teilnahmslosigkeit gegenüber der Budgetdebatte nicht mehr übertroffen werden kann. Diese Bemerkungen gelten nicht dem Herrn Minister, der als Verwalter des Schulressorts, dessen Etat hier kritisiert werden soll, an der Debatte ja teilnimmt, diese Kritik gilt auch nicht den Beamten seines Ressorts, diese Kritik gilt der Mitgliedschaft dieses Hauses. Meine Herren, wir können manches begreifen. Wenn sich eine Debatte wie die Budgetdebatte tagelang hinzieht, mag es sein, daß es nicht möglich ist, daß sich die Teilnahme des Hauses in besonderen Grenzen ständig erh ält. Aber ich betrachte es als unbedingt notwendig, ein Regulativ zu schaffen, das diese Zustände einer Budgetdebatte, wie sie sich heute aus der Sitzung ergeben, in Zukunft unmöglich macht. Denn es gibt keine andere Feststellung bei der Betrachtung der heutigen Lage des Hauses als die, daß diese Lage nichts anderes sein kann, als eine schwere Kompromittierung des Parlamentes und wenn wir noch für das Haus einigermaßen interessierte Mitglieder darstellen wollen, so mü ssen wir meiner Ansicht nach ein Regulativ schaffen, das es unmögglich macht, daß die Debatte im Hause. auch wenn sie sich tagelang abspielt, bei einem solchen Tiefstande der allgeme nen Teilnahmslosigkeit endet. Es ist nicht möglich, daß wir die Debatte dann einem Zwecke zuführen, es ist nicht möglich, daß sich aus einer solchen Debatte, innerhalb welcher einer an dem anderem vorbeispricht, bestenfalls zu Kollegen spricht, daß sich aus einer solchen Debatte eine Linie herausentwickeln und herausarbeiten kann. Es ist das schlechterdings unmöglich und wenn wir eine Kritik wie heute zum Schuletat abführen zu dem Zwecke, dem Herrn Minister als Verwalter des Schulressorts eine Linie auf den Weg zu geben für seine Arbeiten innerhalb seines Ressorts, so ist es ganz unmöglich, diesen Zweck erfüllen zu können. Die Linie könnte aus einer solchen Debatte nur herausgearbeitet werden, wenn sie sich abführte aus dem interessierten, objektiven und sachlichen Kampf von Meinung zu Meinung.

Wir haben ohne Zweifel auch hier in diesem Hause solche Debatten erlebt und wir haben sie in besonderem erlebt, wenn es einer Schulfrage, einer Kulturfrage galt, aber es ist lange her, daß wir solche dramatische Hauptpunkte im geistigen Ringen der Mitglieder des Parlamentes wahrnehmen konnten. Es ist lange her und heute halten wir, wie vorgestern Herr Koll. Dr. Rosche schon darstellte, vor einer unerträglichen Situation, die es jedem ernsten Mitglied dieses Hauses fast zu einer unlösbaren Aufgabe macht, über haupt noch das Wort zu ergreifen und zu einer Frage Stellung zu nehmen. Wenn ich trotz des Widerwillens, den ich in mir verspüre, in einer solchen Situation mich dennoch zum Schulvoranschlag gemeldet habe, so aus dem Grunde, weil ich eben diese Aufgabe übernommen habe und mich ihrer entledigen muß. Ich habe im Ausschuß bei der Behandlung des Schulvoranschlages darauf verwiesen, wie dieser Schulvoranschlag ein Gradmesser für das staatliche Leben ist. Der Schulvoranschlag beweist zweierlei, ganz allg emein gesprochen: Er beweist zunächst einmal den Willen des Staates zu kultureller Vorwärtsentwicklung und Aufwärtsentwicklung und er beweist zweitens das finanzielle Können des Staates in dieser Richtung.

Wenn wir den Staatsvoranschlag für das Jahr 1930, soweit er das Schulkapitel behandelt, nach diesen beiden Momenten hin beurteilen, müssen wir sagen, daß er seinen Zweck erfüllt. Wir präliminieren als Kulturbedarf 955·7 Millionen und präliminierten im Jahre 1929 923·9 Millionen, im Jahre 1928 893·8 Millionen und im Jahre 1927 782·3 Millionen Kè. Diese Zahlen zeigen für drei Jahre eine ununterbrochene Linie steigender Kulturleistungen des Staates. Vom Jahre 1927 bis 1928 zeigt sich eine Erhöhung der Kulturleistungen um 111·5 Millionen, von 1928 zu 31·8 Millionen mehr als im Jahre 1929.

Mithin könnten auch wir als Deutsche zufrieden sein: wir halten uns seit jeher bereit zu den größten Opfern gegenüber den Kulturbedürfnissen des Staates und wir müßten nicht gerade in der Èechoslovakischen Republik leben, um diesem Standpunkt Ausdruck zu verleihen. Leider aber sind wir nicht imstande, unsere Stellungnahme zu einem. Voranschlag wie etwa dem Schulvoranschlag ausschließlich nach der absoluten Größe der Ziffern desselben einzurichten, für uns ist der springende Punkt eines Votums die Untersuchung und das Ergebnis derselben, wie die absolute Ziffer sich relativ verteilt. Nach diesen Gesichtspunkten führten wir die Jahre herauf Kritik und es gilt heuer nicht minder klarzulegen, ob die für Kulturzwecke im Staatsvoranschlag für das Jahr 1930 bereitgestellten Mittel eine allen Nationen gleichmäßig dienende proportionale Verteilung erfahren. Das und gar nichts anderes ist die Hauptaufgabe bei unserer kritischen Untersuchung des Voranschlages des Schuletats. Diese Untersuchung wird zugleich erkennen lassen, ob in dem Jahre des Beginnes einer zweiten gemischtnationalen Regierung die Mängel in der Staatsführung, die sich nicht zuletzt in der Ungleichheit der Durchführung des Schuletats für die Minderheitsnationen bis heute deutlich kennzeichneten. endlich behoben erscheinen.

Drei Staatsvoranschläge absolvierten wir schon, die der Jahre 1927, 1928 und 1929, die mit von Deutschen verantwortet wurden und die diese von uns geforderte gerechte proportionale Verteilung in Bezug auf die BEdürfnisse der Nationen dieses Staates nicht enthielten. Ich habe im Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses bei Abführung der Schuldebatte den Schulvoranschlag ins deutsche Licht gerückt und habe nachgewiesen. wie der Mangel des Schuletats in dieser Beziehung. wie er in den Jahren 1927, 1928 und 1929 bestand, sich im Jahre 1930 erhält. Ich habe nachgew iesen. wie der Schulvoranschlag für das Jahr 1930 uns als Deutschen und gewiß auch den anderen Minderheitsnationen des Staates die alte schwere Benachteiligung aufbürd et, wie diese Benachteiligung immer das Charakteristikum, das Ergebnis der Durchführung des Staatsvoranschlages der verflossenen Jahre war. Das Zahlenmaterial, netenhauses vorgebracht habe, werde ich hier nicht wiederholen, ich habe nur die Aufgabe, auf dieses Material hinzuweisen und den Herrn Minister zu bitten, zu untersuchen, ob das von uns vorgebrachte Material als Beschwerde, als Klage stichhältig ist, diese Untersuchung genau und ordnungsgemäß zu führen und uns hierüber zu berichten. Wenn wir uns bei der Darlegung unserer Kritik zum Schuletat in der einen. oder anderen Beziehung geirrt hätten und diesbezüglich dann eine Aufklärung des Herrn Ministers empfingen, würden wir nur erfreut sein, feststellen zu können und feststellen zu dürfen, daß das Maß der Benachteiligung sich doch um einige Grade vermindert. Aber das müssen wir von der Schulverwaltung und seinem verantwortlichen Chef verlangen können und verlangen dürfen, daß er unsere Beschwerden und unsere Anklagen objektiv prüft, andererseits sollte er sich aber auch bemühen, uns in die Fürsorgemaßnahmen einzubeziehen, wie sie seiner Nation die ganzen Jahre über in so überreichem Maße zuteil wurden und nach den Zahlen des Staatsvoran schlages für 1930 zu schließen auch für die Zukunft erkennbar zuteil werden. Alles das, was ich im Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses an Klagen über die Benachteiligung des deutschen Hoch- und Mittelschulwesens gebracht habe. halte ich aufrecht, ohne es in meiner Rede zu reproduzieren. Ich halte aber auch ganz besonders jene Beschwerden aufrecht, die ich als Dolmetsch der Interessen meines Volkes bei der Behandlung des Schuletats im Finanz ausschuß des Abgeordnetenhauses bezüglich der Gestaltung der Verhältnisse des niederen Schulwesens in der Èechoslovakei vorgebracht habe.

Ich verwies darauf, daß dieses niedere Schulwesen. besonders soweit es deutsch ist, die ganzen Jahre über seit dem Bestande des Staates eine schwere Benachteiligung erfahren hat, wie es schwer in seinem Umfang geschädigt wurde, und ich habe darauf verwiesen, daß es eine hervorragende Aufgabe des Parlaments sein müßte, das Manko der Schulpolitik der Vergangenheit irgendwie auszugleichen. Es ist nicht sehr ehrenvoll für das Parlament, ganz gleichgültig, ob für das Abgeordnetenhaus oder den Senat, daß der erste Schritt zu einer leisen vernünftigen Schulpolitik bezüglich des niederen Schulwesens von der Landesvertretung gemacht worden ist, daß die Landesvertretung die Initiative in dieser Beziehung ergreifen mußte, daß das Parlament die ganzen Jahre über so sehr und so oft Gelegenheit nahm, auf die Mängel der Schulpolitik in dieser Beziehung hinzuweisen, aber niemals zu einer Initiative zu gelangen fähig. war. Dem Parlament bleibt deshalb. um das Manko seiner vergangenen Schulpolitik auszugleichen, nichts anderes übrig, als die Initiative der Landesvertretung, oder besser gesagt der Landesvertretungen überhaupt, fortzusetzen und die gleiche Fürsorge für das niedere Schulwesen zu zeigen, wie es die Landesvertretungen taten, die durch Stellungnahme zu dieser Frage im letzten Jahre diese Frage als lösbar und realisierbar erkennen ließen.

Ich habe im Finanzausschuß darauf verwiesen, daß diese Arbeit des Parlaments insofern auch bedeutsam wäre, als wir in dem ganzen niederen Schulwesen das Problem des Staates-gelegen sehen. Diese niederen Schulen stellen das Problem des Staates dar, da in ihnen ja die breiten Schichten der Bevölkerung gebildet werden. Es ist nun einmal nicht allen möglich, den Weg zur Mittel- und Hochschule zu betreten. In den niederen Schulen wird der größte Teil der Menschen ar sgebildet, und es muß infolgedessen das Interesse eines Parlamentes erregen, diesem niederen Schulwesen die nötige Fürsorge angedeihen zu lassen, weil aus ihm eben die Möglichkeit einer Lebensführung der breiten Schichten der Bevölkerung einzig und allein hervorgehen kann. Als deutsche Abgeordnete haben wir in dieser Beziehung schwere Anklagen bezüglich des Mangels an Fürsorge gegenüber den deutschen niederen Schulen vorgebracht. Ich verweise auf diese Anklagen auch nur wieder, ohne sie zu reproduzieren. Sie sind im Budgetausschuß bei der Behandlung des Schuletats sowie bei anderen Gelegenheiten vorgebracht worden und bedürfen einer gründlichen Prüfung seitens des Herrn Ministers. Aber auch die Art und Weise, wie der Herr Minister unsere Beschwerden bezüglich des cechischen Minderheitsschulwesens, oder bezüglich des Minderheitsschulwesens überhaupt abgetan hat - wenn ich so sagen darf, vielleicht ist der Ausdruck nicht ganz korrekt - ist eine solche, daß wir uns damit nicht einverstanden erklären können.

Der Herr Minister für Schulwesen hat unsere Klagen bezüglich der massenhaften Gründung èechischer Minderheitsschulen im deutschen Gebiet mit der Erklärung beantwortet, daß die Minderheitsschulen eine reine Frage der Schule und der Pädagogik sind und daß es sich hier nur um das Prinzip handelt, die Kinder der Minderheiten in ihrer Muttersprache zu unterrichten. Herr Minister! Ich muß meine Erklärung, die ich im Finanzausschuß abgegeben habe, wiederholen, daß wir weit davon entfernt sind, etwa zu fordern, daß etwa auch nur ein Kind nicht die Möglichkeit hätte, in seiner Muttersprache unterrichtet zu werdem. Aus diesem Standpunkt, den ich im Finanzausschuß dargelegt habe, resultiert auch unsere Stellungnahme zur Frage der Gründung èechischer Minderheitsschulen im deutschen Gebiete. Wir sind und ich betone das hier im Hause vor aller Öffentlichkeit - als deutsche Abgeordnete nicht gegen die Gründung èechischer Minderheitsschulen, wir sind auch nicht gegen die Gründung èechischer Minderheitsschulen im deutschen Gebiete. Aber es muß darin Maß gehalten werden, es dürfen die Gründungen èechischer Minderheitssch ulen im deutschen Gebiete nicht als Provokation gegenüber der deutschen Bevölkerung erscheinen. Das, was in dieser Beziehung im verlaufe des letzten Jahres geschehen ist, wird geschichtlich bleiben, allerdings im bösen Sinne, für die Schulpolitik dieses Staates. Wir können allerdings keinen verantwortlichen Verwalter des Schulressorts für die Maßnahmen verantwortlich machen, die in dieser Beziehung geschehen sind, obwohl wir das gerne täten, weil die Maßn ahmen einer Zeit entsprangen, in der der Minister der aalten Regierung nicht so recht in seinem Amte war und der jetzige Herr Minister noch nicht in seinem Amte tätig sein konnte. Aber wenn in dieser Zwischenzeit, in der Zeit des Interregnums, Fehler geschehen sind, so darf das nicht irgendwie mit dem Prestige der Schulpolitik verbunden und, wie es gewöhnlich geschieht, als unmöglich dargestellt werden, diese Fehler etwa zu korrigieren. Wenn wir uns zu dem sachlichen Standpunkt durchgearbeitet haben, die Gründung èechischer Minderheitsschulen auch im deutschen Gebiete irgendwie mit unseren Meinungen vereinbarlich zu finden, haben wir dtas Recht zu fordern, daß die Schulverwaltung objektiv sichtet und objektiv handelt im Bezug auf die Notwendigkeit der Errichtu ng èechischer Minderheitsschulen im deutschen Gebiete. Es darf nicht vorkommen, daß èechische Minderheitsschulen in deutschen Orten gegründet werden, in denen überhaupt keine èechischen Familien und demnach auch kein cechisches Kind existiert. Es ist das eine Meinung, die mir vielleicht von èechischer Seite als eine solche ausgelegt werden könnte, daß ich das hier als Agitation, bezw. in Demagogie äußere. Es ist aber nicht so, es ist tatsächlich vorgekommen, und nicht nur in einem Falle, sondern man könnte von sehr vielen Fällen sprechen, daß èechische Minderheitsschulen in deutschen Orten gegründet wurden, in denen nicht eine einzige èechische Familie existiert. Diese èechischen Minderheitsschulen wurden nur mit der Absicht in deutschen Gebieten begründet, diesen Schulen nicht die Tendenz zu geben, die der Herr Minister als verantwortliche. Person jeder Minderheitsschule geben will, etwa die Möglichkeit der Unterrichtserteilung für das letzte Kind irgendeiner Nation, sondern diese Schulen sollen der Entnationalisierung dienen und wurden einzig und allein diesem Zwecke dienstbar gemacht. Ich rede nicht pauschaliter, ich habe mir im Budgetausschuß die Müge genommen, auf Fälle dieser Art hinzuweisen. Ich ersuche Sie, Herr Minister, um nichts anderes. als diese von mir dargelegten konkreten Fälle zu untersuchen. Ich bitte Sie, Herr Minister, diese Fälle untersuchen zu lassen, aber von anderen Personen, als die, die eventuell aus einer solchen Untersuchung als verantwortlich für die Gründung solcher überflüssiger Minderheitsschulen erscheinen könnten. Ich bitte, die Untersuchung unserer Klagen und Beschwerden nicht etwa durch Personen vom Schlage des Sektionschefs Mlèoch vornehmen zu lassen, der vielleicht für diese Entwicklung verantwortlich ist, sondern eventuell von einer parlamentarischen Kommission. Wenn wir objektiv an diese Materie herantreten, die der Minister als eine sehr heikle bezeichnete, so werden wir eine Linie finden und die Möglichkeit haben, aus der Nervosität zu geraten, von der auch der Herr Minister spricht, und das Minderheitsschulwesen in dem Sinne zu gestalten in der Lage sein, daß es nicht eine ständige Bedrohung des Friedens ist, wie dies bei der heutigen Praxis stets das Ergebnis sein muß. Ich wiederhole, daß wir nicht gegen die Gründung notwendiger èechischer Schulen sind, auch nicht im deutschen Gebiete, aber daß wir ein für allemal eingestellt haben wollen, daß diesen Schulen die Tendenz des Seelenfangs und der Entnationalisierung als Charakteristikum anhaftet, daß diese Schulen gegründet werden, ohne dem Prinzip zu dienen, das der Herr Minister einzig und allein als das Prinzip der Funktion einer jeden Schule aufgerichtet haben möchte.

Ich erlaube mir, auf die speziellen Fälle zu verweisen, die ich im Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses dem Herrn Minister zur Überprüfung vorgelegt habe, ich bitte, diese Fälle auch in meiner Interpellation nachzulesen, die ich gemeinsam mit meinen Kollegen vor einigen Wochen eingebracht habe. Ich verweise auf das Material in meiner Rede im Finanzausschuß zum Kapitel "Schule" des Voranschlages. Ich verweise darauf, wie fast kein Kapitel des Schulvoranschlages besteht, das wir ruhig hinnehmen könnten, in dem wir ein gerechtes Walten zu erkennen in der Lage wären. Wir müssen meiner Meinung nach in eine andere Atmosphäre der Staatsführung überleiten und können auf keinem anderen Gebiet den Anfang eines anderen Lebens, auch eines anderen Zusammenlebens der Nationen in diesem Staate als gemischtnationalen, als einem Nationalitätenstaate machen, als daß wir vielleicht versuchen, auf dem Gebiete der Schule einen Frieden zu schaffen. Es kann in der heutigen Zeit nicht als sittlichkulturell betrachtet werden, wenn ein volk in diesem seinem teuersten Besitztum die Verwaltung und Führung durch Repräsentanten eines anderen Volkes erfährt und es kann nicht als sittlich gelten, diesen Repräsentanten des anderen Volkes die Pflicht abzuringen, uns in unseren Kultureinrichtungen zu verwalten. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.) Beides ist unserer Meinung nach sittlich-kulturell unhaltbar. Es muß ein Weg geschaffen werden, der beides vermeidet, sowohl daß unsere Kultureinrichtungen von Angehörigen des èechischen Volkes verwaltet werden, als auch daß es diesen Angehörigen als Aufgabe übertragen wird, uns in diesen Kultureinrichtungen zu verwalten. Als Weg aus diesem unerträglichen Zustand, der dann stets die Fehler erstehen läßt, die Jahr für Jahr vorkommen, kommt eine nationale Sektionierung des staatlichen Verwaltungsapparats für kulturelle Dinge in Frage. Der andere Weg führt über die Rechtsdelegation der staatlichen Verwaltungsrechte an nationalkulturelle Selbstverwaltungskörperschaften. Dabei muß festgestellt werden, daß das Nachdenken über die Erfüllung der ethisch-rechtlichen Forderung der Nation nach eigennationaler Kultur- und Schulpflege erst den Anfang des Denkens im neuzeitlichen Nationalitätenproblem darstellt, aber es wäre ein Anfang, nach dem wir seit Jahr und Tag rufen und wegen dessen wir manches vergäßen, was in der Verrgangenheit liegt. Wir rufen nach diesem Anfang.

"Der Umstand, daß nur in wenigen Staaten alle Staatsbürger zu ein- und derselben Nation gehören und daß die Staatsgrenzen nur in einigen Ausnahmsfällen genau mit den Sprachgrenzen übereinstimmen, hat das Minderheitenproblem in den Vordergrund gestellt. Noch vor wenigen Jahren wurde das Problem als Problem der Fremdvölker angesehen und versucht, es in primitiver Weise auf machtpolitischem Wege durch Unterdrückung oder relative Bevorzugung zu lösen. Die stets wachsende Einsicht, daß jede Nationalität ein natürliches Recht auf Schutz und Anerkennung ihrer staatlichen Bedeutung und auf feste Verankerung dieser Forderung besitzt, hat die Minoritätenfrage im Laufe des letzten Jahrzehnts von Jahr zu Jahr immer mehr vom rein machtpolitischen Boden auf den rechtspolitischen übergeführt. Dadurch ist sowohl im Völkerrecht. als auch im Staatsrecht ein wichtiges neues Gebiet geschaffen worden, an welchem wohl kein europäischer Staat seine Mitarbeit versagen darf. Dieses Rechtsgebiet umfaßt verschiedene Fragen des Minoritätenschutzes, darunter auch die Frage der Sicherstellung des kulturellen Eigenlebens, welche zweifellos den Eckstein des Problems bildet." So spricht der Motivenbericht des Gesetzes über die estländische Kulturselbstverwaltung. über dessen Grundsätze ich schon einigemale hier im Hause und in den Ausschüssen berichtet habe. Estland hat nach den anfänglichen Schwierigkeiten. die ihm die Nationalitätenfrage staatspolitisch machte. durch dieses Gesetz vom Jahre 1925 den Minderheiten bildenden Nationen, aber auch sich selbst genützt. Es ist bewunderungswürdig. mit welchem Ernste in diesem Gebiete weiter zugestanden wird. daß es eine unleugbare Tatsache ist, daß kein Volk die kulturellen Bedürfnisse eines anderen so gut erkennen und befriedigen kann, wie dieses selbst. Die estländische Kulturselbstverwaltungsgesetzgebung ist der erste große legislatorische Wurf eines Staates im Sinne der von der Genfer Nationalitätenkonferenz 1925 und erneut vom Nationalitätenkongreß 1926 erhobenen programmatischen Forderungen der organisierten nationalen Gruppen Europas. (Posl. Krebs: Die èechoslovakische Regierung hat aber scheinbar keinen Ehrgeiz auf diesem Gebiete!) Ich komme darauf zu sprechen, Kollege Krebs. Nicht nur in Estland ist diese Frage gelöst worden. Wir haben auch noch andere Staaten in Europa; in Europa spielen ja die Minderheitenstaaten am meisten eine Rolle. Ich verweise nur darauf, daß man in letzter Zeit in Polen daran gegangen ist, das polnische Institut für Forschungen über Nationalitätenangelegenheiten zu gründen. Das Institut ist gewiß kein Staatsinstitut, es ist zwar mit dem Innenministerium in einer gewissen Weise verbunden, aber es kann zumindest als halboffizielles Institut angesprochen werden. Es ist ganz interessant, in welcher Weise dieses Institut seine Aufgaben formuliert. Im § 1 der Satzungen dieses Institutes heißt es, daß seine Aufgaben folgende sind: Sammlung von Material in Nationalitätenangelegenheiten in Polen und außerhalb Polens; Erforschung der Beziehungen zwischendem polnischen Staat und den in Polen wohnenden Nationalitäten; Erforschung der Minderheitenprobleme auf internationalem Gebiet und im Gebiet anderer Staaten außerhalb Polens; Niederlegung von sachlichem diese Angelegenheiten betreffendem Material in staatlichen und sozialen Anstalten im In- und Ausland; Schaffung von Bedingungen eines freundschaftlichen Zusammenlebens der zu Polen gehörenden Nationalitäten. Das ist in Polen geschehen. Man hat in Rumänien vor kurzem durch die Regierung erklären lassen, daß man es im höchsten Staatsinteresse gelegen findet, alsbald ein Minderheitenamt zu schaffen. das die nationalen Angelegenheiten Rumäniens zu studieren und im Sinne der erhobenen Forderungen zu realisieren hätte. In allen anderen Staaten. in denen die Minderheitenfrage eine Rolle spielt. ist man initiativ vorgegangen und hat versucht, die kulturelle Frage in einem alle befriedigendem Sinne zu bereinigen, ob wir nach Polen, nach Rumänien, nach Österreich schauen. Ich verweise auf die Absicht in Kärnten, den Antrag Neutzler zu realisieren, was dann nicht geschah, weil man via facti die Forderung nach Schaffung einer Kultur bezw. Schulautonomie erfüllt hat. Ich verweise auf die vorbildliche Lösung der èechischen Schulfrage in Wien, worüber selbst èechische Zeitungen schrieben. Man hat da dort aus höchstem, staatspolitischem Interesse versucht, die Minderheitenfrage, das Nationalitätenproblem zu lösen, insbesondere die kulturellen Bedürfnisse der den Staat bewohnenden Völker, auch der nationalen Minderheiten, zu befriedigen.

Nur bei uns ist es bisher ruhig geblieben. Zwar taten verantwortliche Staatslenker da und dort Enunziationen. Ich verweise darauf, wie wir im Jahre 1926 die Enunziation des Herrn Ministers Dr Hodža hörten, wie aber die sspäteren Enunziationen, immer schwächer und schwächer wurden, wie man von diesen Enunziationen. die doch nur im Interesse der Staatspolitik gewesen wären, zurückwich. Ich bin selbst Zeuge dieser Abschwächungen gewesen. Wenn Hodža 1926 bei der Budgetberatung für 1927 äußerte, daß er es für selbstverständlich finde, die kulturelle Selbstverwaltung zu aktivieren, um über diese schwierige Problemstellung zwecks Befriedigung der Minderheiten herauszukommen, so äußerte er sich später bei der Beratung im Kulturausschusse, eine Folge der Reaktion auf diese Äußerung, nur vorsichtig; er verwies nur auf die 1926 getanen Äußerungen. Wir können auch für 1929, bezw. 1930 nichts anderes feststellen. Denn das, was der gegenwärtige Herr Minister für Schulwesen Dr. Dérer zu diesem Probleme bei der Beratung des Schuletats im Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses gesagt hat, läßt uns nicht sehr optimistisch sein. (Souhlas.) Als Deutsche, insbesondere oppositionelle Deutsche, kann uns das nicht befriedigen. Wir haben leider, wenn ich vorhin Gelegenheit nahm. auf die positive Entwicklung in anderen Staaten hinzuweisen, eine derartige positive Entwicklung im èechoslovakischen Staate nicht zu konstatieren. (Posl. dr Rosche: Bei uns wird zu viel Leerlaufarbeit geleistet!) Herr Koll. Rosche hat recht. und doch wäre in keinem anderen Staat Mitteleuropas die Möglichkeit einer Bereinigung des Minderheitenproblemes so gegeben und so notwendig gewesen. Das alte Österreich besaß ein ausgeprägtes Denken im Sinne neuzeitlicher Nationalitätenpolitik. Es dachte in diesem Sinne schon zu einer Zeit, in der dieses Denken bei den anderen sich nicht im entferntesten regte. Das war und ist schließlich begreiflich bei der ethnographischen Struktur des alten Staates als eines klassischen Nationalitätenstaates. Aber es ist auch eine Tat des alten Österreich gewesen, aus der Tatsache seiner ethnographischen Struktur die Konsequenzen zu ziehen. Eine der äußersten Konsequenzen in dieser Richtung war eine Gesetzgebung in Bezug auf Schule und Kulturpflege der einzelnen Nationen. und die lag so: Die Organisation der österreichischen Schulverwaltung ist durch das Gesetz vom 25. Mai 1868, R. G. Bl. 140, geschaffen worden, womit grundsätzlich die Errichtung von Orts-, Bezirks- und Landesschulräten als Aufsichtsbehörden angeordnet wurde. Die näheren Ausführungen waren der Landesgesetzgebung überlassen worden, die in dieser Hinsicht anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts erflossen sind. Durch dieses österreichische Gesetz wurde durchwegs die nationale Autonomie durchgeführt, indem die Orts- und Bezirksschulräte selbst national getrennt waren, demzufolge jede nationale Schule nur durch eine gleichnationale Behörde verwaltet, bezw. beaufsichtigt werden konnte. Damit war der Anschauung, daß die Volks- und Bürgerschule dem volke gehört und daß ihr eine freie Entwicklung mit Ausschluß jedes fremden Einflusses gewahrt bleiben muß, zum Siege verholfen. Die letzte Vervollständigung geschah dann 1890.

Es wäre sehr interessant, eine historische Rückerinnerung in dieses Jahr zu tun, weil wir bei dieser Rückerinnerung eine Etappe gesunden und vernünftigen Geistes wahrnehmen können, den wir so gerne in diesen Staat verpflanzt sehen möchten, um diesen Problemen eine Lösung zu bringen. Geleitet von dem Bestreben, die Reibungsflächen zwischen den beiden die Länder der böhmischen Krone bewohnenden Völker zu verringern, wurde in den denkwürdigen Ausgleichskonferenzen vom 4. bis 19. Jänner 1890 der Landesschulrat in zwei Abteilungen gegliedert, in Böhmen wie in Mähren. Jeder der beiden in den Ländern wohnenden Volksstämme sollte auch das letzte Entscheidungsrecht über sein Schulwesen haben. Ganze Männer haben seinerzeit an dem Ausgleichswerke, das in der Sitzung des böhmischen Landtages vom 16. Mai 1890 Annahme fand, mitgearbeitet: Plener, Halwich, Schmeykal, Scharschmidt, Schlesinger von den Deutschen, Rieger, Matuš, Zeith ammer von den Èechen. Es ist ein wertvolles Werk, das sie mit der nationalen Selbstverwaltung auf dem Gebiete des Schulwesesn schufen. Aus der konsequenten Verfolgung des in ihm niedergelegten Gedankens sollte es zur Selbstverwaltung der Völker in allen Zweigen des staatlichen Lebens kommen. Auf dem Gebiete des Schulwesens setzte man also zunächst an. Die Voraussetzungen waren in der schon erwähnten tadellosen Schulgesetzgebung des alten Österreich gegeben. Das, was 1890 geschah, war nichts anderes als eine Durchführung der Möglichkeiten, zur Selbstverwaltung zu kommen, wie schon durch das Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1868 die weiteren Schulgesetzgebungen verbürgt waren. Die wichtigsten Teile der Schulverwaltung, wie die Errichtung von Schulen, die Einstellung von Lehrpersonen, die Aufbringung der erforderlichen Mittel usw. waren durch das Reichsvolksscnulgesetz den Landesbehörden überlassen worden. Es war eine wahrhaft historische Tat, die sich damals anließ und wir Deutsche waren an derselben ehrlich beteiligt. Es hätte also der èechoslov akische Staat als Nachfolgestaat des alten Österreich an diese Tradition nur anzuknüpfen gehabt, wenn anders der èechoslovakische Staat sich nicht zu einem Nationalitätenstaat entwickeln sollte, der notwendigerweise die in ihm lebenden Völker zu benachteiligen bestrebt war. Die Èechoslovakei hätte nur notwendig gehabt, die Gesetzgebung aus dem alten Österreich, aber nicht nur die Reichsgesetzgebung, sondern auch die Landesgesetzgebung bezüglich des Schulwesens und der Kultureinrichtungen der Völker in dem modernen, in den Friedensvertragstagen proponierten Sinne des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu vervollkommnen und wir hielten heute bei einem erträglichen Zustande. Wir wären heute aus dem Kampfe der Meinungen um die Schulfragen hinaus und wir könnten heute alle Nationen des Staates in friedlichem Wettbewerb an der Entwicklung der Kultur arbeiten sehen, wir müßten nicht hunderte und tausende Stunden dazu verwenden, im Kampfe der Meinungen unsere besten Kräfte zu vergeuden. Aber, und das muß der èechoslovakischen Schulverwaltung, damit auch der gesamten Staatsve rwaltung, zur Last gelegt werden, aber in der Èechoslovakei ging man nicht daran, im neuzeitlichen Sinne des Nationalitätenrechtes etwa die im alten sterreich schon vorhandenen Ansätze einer autonomen Regelung auszubauen, hier ging man daran, diese übernommenen Ansätze einer autonomen Führung der Nationen bezüglich des Schulwesens zu zerstören. Ich erinnere daran, daß in wenigen Tagen es zehn Jahre werden, da die Èechoslovakei vom richtigen Weg abirrte, vom Wege, den ich wies, der dort hätte beginnen müssen, wo der Weg des alten Österreich bei Gestaltung der nationalpolitischen Schulverhältnisse aufgehört hat.


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